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SPRACHLICHE

BESONDERHEITEN ÖSTERREICH Tsoi, 02051702


Österreichisches Deutsch, gleichbedeutend mit österreichischem Hochdeutsch und österreichischem
Standarddeutsch, ist die in Österreich gebräuchliche Varietät der neuhochdeutschen Standardsprache. Sie ist wie
die beiden anderen nationalen Standardvarietäten, Schweizer Hochdeutsch und bundesdeutsches Deutsch, aus der
sächsischen Kanzleisprache hervorgegangen.

 Das österreichische Deutsch verfügt, wie die anderen beiden nationalen Standardvarietäten, über einen
spezifischen Wortschatz, spezifische Redensarten (z. B. die Krot schlucken müssen) und Besonderheiten in
Grammatik, Aussprache (sowohl Phonologie als auch Intonation) und Rechtschreibung (soweit dies die Reform von
1996 zulässt) und ist auch statistisch durch das Fehlen oder seltenere Auftreten bestimmter Elemente des außerhalb
Österreichs verwendeten Deutsch charakterisiert. Das österreichische Standarddeutsch ist von der Umgangssprache
und den in Österreich gebräuchlichen bairischen und alemannischen Dialekten abzugrenzen.
Wechsel der Sprachschicht
In der sprachlichen Gegenwart des österreichischen Deutsch kann man sehr häufig einen Wechsel
der Sprachschichten beobachten. So werden in hochsprachlich gesprochene Sätze immer wieder
umgangssprachliche Wörter und Dialektbegriffe eingebaut. Umgekehrt werden zur Betonung
innerhalb der Umgangssprache einzelne, betonte Wörter zur Verstärkung in Hochsprache
ausgedrückt.

Dies geschieht nicht als Anbiederung an die jeweils andere Sprachschicht, sondern dient einer
stilistischen Nuancierung und Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeit. Es ist keine Vermischung,
sondern zeigt das Wissen um die jeweilig anderen Sprachschichten und deren Alltagsbedeutung –
vor allem deshalb, weil oftmals die gleichen Wörter in den jeweils anderen Sprachschichten
unterschiedliche Bedeutungen haben können.
Gebrauchsunterschiede bei einzelnen Sprachformen
Untersuchungen haben gezeigt, dass in
Österreich Sprachformen in formellen
Kontexten akzeptiert werden, die in
Deutschland unüblich sind, weil sie zu
informell wirken. Joachim Grzega
bezeichnet dieses Merkmal des
österreichischen Deutsch als
Nonchalance. Selbst in geschriebener
Sprache wie Zeitungen werden eher
Zitate mit umgangssprachlichen
Elementen verwendet, während im
Bundesdeutschen eher indirekte Rede
mit „geglätteter“ Sprache verwendet
wird.
Personennamen und Reihenfolge

Die Bezeichnung Name wird in Österreich (ähnlich wie bei den


benachbarten slawischen Sprachen), aber auch in Bayern meistens
nicht für den Nachnamen verwendet, sondern für die Kombination aus
Vor- und Nachnamen oder auch nur für den Vornamen.
In einigen Kontexten gibt es in Österreich, aber auch in Bayern die
Tendenz, das Format (ARTIKEL) NACHNAME VORNAME zu verwenden.
Dies entspricht der im Ungarischen generell üblichen Praxis. Bsp.: (die)
Huber Mitzi und (der) Gruber Franz entsprechend (az) Orbán Viktor und
(a) Petőfi Sándor.
Titel
In Österreich sind Namenszusätze in Beruf und
Alltag selbstverständlich und die dadurch
ausgedrückten Statusrelationen Teil des
gesellschaftlichen Umgangs. Hierbei werden nicht
nur wie in Deutschland die Namenszusätze „Dr.“
und „Prof.“ gepflegt, sondern auch „Mag.“
(gesprochen „Magister“), „DI“ oder „Dipl.-Ing.“
(gesprochen „Diplomingenieur“). In der Schule
üblich sind Anreden wie „Herr Lehrer“
(Volksschule) oder auch „Herr Professor“
(weiterführende Schule), während in Deutschland
derartige Verbalisierungen von Statusrelationen als
unangenehme Unterwürfigkeitsformulierungen
empfunden werden und, wenn überhaupt, ironisch
gebraucht werden.
Küchenvokabular

Anlässlich der Volksabstimmung in Österreich über den Beitritt zur


Europäischen Union im Juni 1994 ließ der Wiener Bürgermeister
Helmut Zilk mit politischer Relevanz „Erdäpfelsalat bleibt Erdäpfelsalat“
auf großflächigen Plakaten affichieren, woran das Spannungsfeld
„nationale Identität – EU-Identität“ an linguistischen Fragen deutlich
wurde. Im Beitrittsvertrag ließ Österreich im „Protokoll Nr. 10 über die
Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen
Sprache“ 23 Bezeichnungen unter Schutz stellen.
Im Folgenden einige Beispiele aus der österreichischen
Küchensprache, zunächst die österreichische Variante:

Beiried – Roastbeef oder Rippenstück Kukuruz – Mais (beide Begriffe in Österreich in


Gebrauch)
Eierschwammerl – Pfifferling
Marille – Aprikose
Eierspeis(e) – Rührei
Obers, Rahm (auch in Deutschland) – Sahne
Erdapfel – Kartoffel (beide Begriffe in Österreich
Paradeiser – Tomate (beide Begriffe in Österreich in
in Gebrauch)
Gebrauch)
Faschiertes – Hackfleisch Rote Rübe – Rote Bete
Fisolen – grüne Bohnen (beide Begriffe in Sauerrahm (auch in Bayern) – saure Sahne
Österreich in Gebrauch)
Semmel (auch in Bayern) – Brötchen
Germ – Hefe Topfen (auch in Bayern) – Quark
Kochsalat – Römersalat Kren – Meerrettich
Gewichtsbezeichnungen

Bei Lebensmitteln wird statt 10 Gramm die Bezeichnung 1


Deka(gramm), abgekürzt dag, früher dkg, verwendet (analog zu den
anderen Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie,
vgl. im Italienischen das Hektogramm un etto = 100 g = 10 dag). So
lautet etwa die Bestellung 10 Deka Extrawurst und nicht 100 Gramm
Fleischwurst.
Zahlen

Zahlen werden als Substantive in Österreich generell auf -er gebildet


und sind dann männlich. Es heißt also österreichisch der Einser, wo
andernorts größtenteils die Eins die vorherrschende Form ist.
Dezimalbruchzahlen (Beispiel π = 3,14): Statt „drei Komma eins vier“
wird in Österreich und Südbayern „drei Komma vierzehn“, gelegentlich
auch „drei Ganze vierzehn“ gesprochen.
Buchstaben

Die österreichischen Benennungen der Buchstaben J und Q


unterscheiden sich von denen in Deutschland und der Schweiz: J = „je“
(D und CH: „jot“); Q = „kwee“ (in der Mathematik und in Deutschland
sowie der Schweiz: „ku“). Außerdem wird sch in Österreich bisweilen
„schee“ beziehungsweise „esch“ anstatt „es-ze-ha“ buchstabiert. Diese
Buchstabiergewohnheiten entsprechen denen der slawischen
Nachbarsprachen (z. B. der Aussprache im Tschechischen) und haben in
Österreich eine lange Tradition.
Grammatikalische Besonderheiten:
Konjugation: 2. Person Plural -s

Die zweite Person Plural wird, wie auch in Teilen des süddeutschen
Sprachraumes, im Präsens und Perfekt gern mit der Endung -ts
versehen, um gegenüber der 3. Person Singular klarer abzugrenzen, vor
allem wenn das Personalpronomen weggelassen wird (Habts (ihr) das
gesehen?).
Modalverben: Perfekt

In Österreich wird bei der Perfektbildung der Modalverben kein


Unterschied zwischen „Ich habe es nicht können“ (bundesdt.
„gekonnt“) und „Ich habe es nicht machen können“ gemacht. Gleiches
gilt für dürfen/gedurft, wollen/gewollt, sollen/gesollt und
müssen/gemusst.
Perfekt: haben und sein bei Positionsverben

In Österreich (wie auch in der Deutschschweiz und im gesamten süddeutschen


Sprachraum) wird für die Bildung des Perfekts von Verben, die die Körperhaltung
ausdrücken, genauso wie für Verben der Bewegung, (auch hochsprachlich) generell
als Hilfsverb „sein“ verwendet. Zu den betroffenen Verben gehören zum Beispiel:
• „sitzen“ (sitzen – bin gesessen, aber: einsitzen (im Gefängnis) – habe gesessen),
• „stehen“ (stehen – bin gestanden, aber: gestehen – habe gestanden),
• „liegen“ (liegen – bin gelegen)
• „schlafen“ (schlafen – bin geschlafen).
Präteritum/Imperfekt
Ebenso wie im gesamten Dialektgebiet südlich der Speyerer Linie (Appel/Apfel-
Linie) ist das Präteritum, in Österreich auch Mitvergangenheit genannt, in der
österreichischen Umgangssprache eher ungebräuchlich. „Ich ging“ oder „ich sah“
wird als fremdartig empfunden, lediglich die Verben sein und wollen werden im
Präteritum gebraucht. Normal ist zu sagen: „ich bin gegangen“ oder „ich habe
gesehen“. In der Schriftsprache allerdings wird die Mitvergangenheit verwendet.
 Das Präteritum ist in den oberdeutschen Dialekten in frühneuhochdeutscher
Zeit ausgestorben. Eine Erklärung dafür ist, dass im Oberdeutschen generell das
auslautende „-e“ u. a. bei den Vergangenheitsformen auf „-te“ ausgefallen war:
„sagt-e“ > „sagt“, „kauft-e“ > „kauft“. Dadurch konnten von vielen Verben die
Vergangenheits- und Gegenwartsformen lautlich nicht mehr unterschieden
werden, was dazu geführt haben soll, dass das Präteritum insgesamt außer
Gebrauch gekommen ist. Einer anderen Theorie zufolge wurde das Präteritum zu
Gunsten des synthetischen Konjunktivs aufgegeben, bzw. von ihm verdrängt.
Gebrauch des Konjunktivs
In Österreich wird, wie in Deutschland, für die indirekte
Rede in der Umgangssprache eher der Indikativ verwendet.
Wenn ein Satz tatsächlich im Konjunktiv I gesprochen wird,
so drückt das in Österreich ein Misstrauen aus.
Beispiel: Er hat gesagt, dass er in der Stadt gewesen ist. Im
Gegensatz dazu: Er sagte, dass er in der Stadt gewesen sei.
– drückt aus, dass man es eigentlich nicht glaubt.
Der Konjunktiv selbst wird eher als Irrealis gebraucht.
Geschlecht (Genus)
Die Zuordnung von Substantiven zu einem der drei Genera variiert
zwischen den Standardvarietäten des Deutschen geringfügig. Zur
Veranschaulichung der Besonderheiten in der österreichischen
Standardsprache seien hier Beispiele angeführt, die
österreichische Variante jeweils an erster Stelle genannt:
• die Ausschank – der Ausschank (in der Schweiz und Deutschland)
• das Brösel – der Brösel (in Deutschland mit Ausnahme des
Südostens)
• das Puff – der Puff (in Deutschland mit Ausnahme des
Südostens)
• die Schneid – der Schneid (in der Schweiz und Deutschland mit
Ausnahme des Südostens)
Auch bei der Übernahme von Fremdwörtern hat sich in
einigen Fällen ein anderes Genus etabliert, Beispiele:
• das Cola – die Cola (in der Schweiz und Südost-Deutschland
auch Neutrum in Gebrauch)
• das E-Mail – die E-Mail (in Österreich und der Schweiz sind
beide Formen in Gebrauch)
• das Keks – der Keks (in Österreich Neutrum in Gebrauch)
• das Service – der Service (in Österreich sind beide Formen in
Gebrauch)
• der Spray – das Spray (in Deutschland neben der Form in
Neutrum in Gebrauch)
Idiomatik, Kollokationen
Unterschiede gibt es auch beim Gebrauch von
Präpositionen zur Angabe von Zeiten oder Orten.
Österreich Deutschland

etwas um fünf Euro kaufen etwas für fünf Euro kaufen


(auch in Bayern, im Schriftdeutsch zurückgedrängt)
„am“ als Kurzform für auf dem (umgangssprachlich; auch auf dem (ugs. auf’m) Berg, auf dem Tisch
in Altbayern): am Berg, am Opernball, am Tisch (z. B. in
„das Essen steht am Tisch“)
auf Urlaub fahren (auch Altbayern) in den Urlaub fahren

in die Schule gehen auch: zur Schule gehen

in der Arbeit (auch süddeutsch) auf oder bei der Arbeit

zu Weihnachten, Ostern (auch Südbayern) an (mehr im Süden) bzw. zu (mehr im Norden)


Weihnachten, Ostern
Die österreichische Aussprache und das Lautsystem (Phonetik
und Phonologie) enthalten zahlreiche nationale
Besonderheiten.
Im Anlaut verlieren:
• /b/ (Bsp.: das Band = [tas pant]),
• /d/ (Bsp.: das Dach = [tas tax]),
• /g/ (Bsp.: das Gold = [tas ko̞lt])
• /s/ (Bsp.: die Sonne = [ti so̞nɛ])
generell ihre Stimmhaftigkeit. Davon teilweise ausgenommen sind
/b/, /d/ und /g/ bei manchen Sprechern aus Teilen Kärntens.
Im Inlaut wird die Stimmhaftigkeit abgeschwächt oder geht ganz verloren, d. h., die
folgenden Laute variieren von schwach stimmhaft bis stimmlos.
 
• /b/ (Bsp.: die Gabe),
• /d/ (Bsp.: die Lade),
• /g/ (Bsp.: die Waage),
• /s/ (Bsp.: die Nase)
Daraus folgt, dass die Unterscheidung zwischen ‹s› auf der einen Seite und ‹ß› sowie ‹ss›
auf der anderen Seite im Österreichischen Deutsch oft nicht aufgrund von
Stimmhaftigkeitsunterschieden geschieht, sondern durch andere Merkmale, wie etwa die
relative zeitliche Länge und die Intensität der Friktion (Hüllkurvenförmiges Rauschen durch
Wirbel im Luftstrom, also jenes Merkmal, das Frikative wie etwa [f] oder [s] ausmacht)
 
Im Auslaut bzw. vor stimmlosen Konsonanten geht die Stimmhaftigkeit generell verloren.
Plosive

In Anlehnung an die im Mittelbairischen im Anlaut weitgehend


fehlende Unterscheidung zwischen den Konsonanten „p“ und „b“, „t“
und „d“ sowie (in geringerem Maße und nur regional) „k“ und „g“, der
sogenannten Lenisierung, hören sich diese Konsonanten bei vielen
Sprechern gleich an. Die Endungen auf -ig werden zumeist als solche
ausgesprochen (so heißt es beispielsweise Könik oder fertik und nicht
wie in Deutschland größtenteils üblich Könich, fertich). Für die Endung
-ig wurden daher in der Rechtschreibung von 1996, die von der
gesprochenen Sprache ausgeht, zwei getrennte Regeln definiert, die
beide gesprochenen Varianten zu einer verschriftlichten
zusammenführen (sowohl -[iç] als auch -[ik] ergibt geschrieben -ig).
Aspiration
Die im bundesdeutschen Deutsch übliche Aspiration von Plosiven tritt im
österreichischen Deutsch nur kaum bis gar nicht auf: [p] statt [pʰ], [t] statt [tʰ].
Einzig und allein /k/ wird häufig als [kʰ] realisiert.
Nasale

Im österreichischen Deutsch gibt es eine starke Tendenz zu silbischen Nasalen und


Nasalplosiven (in der englischsprachigen Terminologie Nasal release), bei denen
der nasale Anteil den Silbengipfel bildet. Dies tritt insbesondere bei der Endung -en
auf. Bei Nasalplosiven erfolgt die Verschlusssprengung nicht an den Lippen oder der
Zunge, sondern am Velum, sodass der orale Verschluss bestehen bleibt. Der
Luftstrom geht daher durch die Nase und nicht durch den Mund, wie es bei
nichtnasalen Plosiven der Fall wäre. Der Artikulationsort wird dabei vom
vorangehenden Plosiv oder Frikativ bestimmt. Beispiele für Nasalplosive: Kluppen
['klupᵐ], Krawatten [kra'ʋatⁿ], Frittaten [fri'tatⁿ]. Beispiele für silbische Nasale:
Krankenkassen ['kraŋʔŋ̩ˌkʰasn̩], Affen ['afn̩] oder ['afm̩] etc.
Lateralapproximanten

Wie bei den Nasalen tendiert das österreichische Deutsch zu


silbischem /l/. Dabei wird der Artikulationsort von /l/ ebenfalls
an den vorangehenden Plosiv oder Frikativ angepasst. Beispiele:
Kugel ['kuːɡɫ]̩ , Apfel ['apfl̩], Strudel [ʃtruːdl].̩
Schwa-Laute

Anstelle der im bundesdeutschen Deutsch üblichen Schwa-Laute [ə]


(für /-e/) und [ɐ] (für /-er/) tritt im österreichischen Deutsch
üblicherweise ein kurzes [ɛ] bzw. ein kurzes [a] auf, also für <Mitte>
['mitɛ] statt ['mɪtʰə] und für <Winter> ['ʋinta] statt ['vɪntʰɐ].
Lehnwörter

Viele Lehnwörter unterscheiden sich in Betonung


und Aussprache vom Gebrauch in anderen
deutschen Sprachgebieten, so etwa keine
Nasalierung bei Beton, Saison (auch mit -ei-),
Aussprache mit /k/ von Chemie, China,
abweichende Betonung von Kaffee, Mathematik,
Tabak, Telefon, Anis, Platin.
Lehnwörter aus dem Französischen wie Chance
werden fast immer französisch ausgesprochen.
Des Weiteren sprechen viele Österreicher das „st“ und „sp“ in manchen
lateinischen, griechischen, französischen oder englischen Wörtern nicht
als „scht-“ oder „schp-“, sondern als „st-“ und „sp-“, z. B. Standard,
Statistik, spezifisch (aber etwa: speziell immer mit „schp-“gesprochen).

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