- Molekulare Evolution II -
Katja Nowick
Themen der Vorlesung
Genregulation
• Zentrales Dogma der Molekularbiologie
• Transkriptionsfaktoren
• Nicht-kodierende RNAs
Biologische Netzwerke
• Beispiele für biologische Netze
• Analysierte Parameter
• Eigenschaften biologischer Netze
• Evolution biologischer Netze
Molekulare Evolution
• Vererbung und Variabilität
• Selektion und Netzwerke
Molekulare Evolution
Vererbung
Änderungen in Allelfrequenzen
Komplexe Merkmale
Genom des Menschen
Neutral Theory
Selektionstests
Netzwerk-Evolution
Mutationen – Neue Allele entstehen
… ATGATAGGACTAGTTCGAGGCATAATT…
… Met Ile Gly Leu Val Arg Gly Ile Ile …
Mutationen sind zufällig!
… ATGATAGGACTAGCTCGAGGAATAATT…
… Met Ile Gly Leu Ala Arg Gly Ile Ile …
Neutrale Theorie der molekularen Evolution
“Neutral Theory”
Motoo Kimura
Nachteilhafte Mutation: werden durch die natürliche Auslese schnell vom Genpool entfernt
Neutrale Mutation: Ein relativ großer Anteil der denkbaren Veränderungen der DNA-Sequenz
hat keinen wesentlichen Effekt auf die Funktion des Proteins (z.B. non-synonymous
mutations, Mutationen im Intergen-Bereich …)
Die Anhäufung (Akkumulation) dieser Mutationen hängt demnach nur von der Mutationsrate
ab, was mit der molekularen Uhr übereinstimmt
Mutationsrate = μ
Neutrale Mutationsrate = μ°
Molekulare Uhr
Wenn die meisten Mutationen neutral sind,
dann sollte die Anzahl Mutationen linear mit der Zeit ansteigen
Molekulare Uhr wird genutzt, um anhand von Sequenzunterschieden auf Zeitpunkt der Trennung zweier evolutionäre Linien zu
schließen (Alter von Arten)
Positionen im Alignment
Molekulare Evolution
Vererbung
Änderungen in Allelfrequenzen
Komplexe Merkmale
Genom des Menschen
Neutral Theory
Selektionstests • Codon-basierte Tests
• Allelfrequenz-basierte Tests
Netzwerk-Evolution • Linkage-basierte Tests
Selektionstests
Evolviert mein Gen X unter Selektionsdruck oder neutral?
Codon-basierte Tests Allel-Frequenz basierte Tests LD-basierte Tests
Vergleiche beobachtete Werte mit den bei neutraler Evolution erwarteten Werte
Mutationen – Neue Allele entstehen
Nicht-synonyme Änderungen können neue Merkmale hervorbringen
Oft “negativ” Krankheitsbild
Selten “positiv” evolutionäre Neuerungen
… ATGATAGGACTAGTTCGAGGCATAATT…
… Met Ile Gly Leu Val Arg Gly Ile Ile …
Mutationen sind zufällig!
… ATGATAGGACTAGCTCGAGGAATAATT…
… Met Ile Gly Leu Ala Arg Gly Ile Ile …
Nicht-synonyme Synonyme
Ӓnderung Ӓnderung
Codon-based tests
Genetischer Code:
Die meisten Aminosäuren werden durch mehr als ein Codon kodiert
Dritte Codon-Position oft nicht entscheidend
Codons können synonym sein (=synonymous)
Da die natürliche Selektion auf der Ebene der Proteine operiert, sind Nukleotidänderungen, die zu
einer Aminosäureänderung führen (nicht-synonyme Änderungen) unter höherem Selektionsdruck
• Non-synonymous changes: Aminosäure ändert sich
• Synonymous changes: Aminosäure ändert sich nicht, d.h. stille Mutation
ω = dN/dS (Ka/Ks)
wird verwendet, um die Stärke der Selektion zu bestimmen
Within species dN/dS = between species dN/dS Within species dN/dS < between species dN/dS
Evolution of ASPM
Beispiel: ASPM (Abnormal spindle-like microcephaly associated )
Beteiligt an Bestimmung der Gehirngröβe
Evans et al., 2003
ω in verschiedenen Linien:
McDonald-Kreitman-Test
mit 40 menschlichen Individuen:
Vergleiche beobachtete Werte mit den bei neutraler Evolution erwarteten Werte
Fixation Index Fst
Es gibt mehrere Definitionen für Fst
Eine einfache übliche Definition:
π = mittlere Anzahl paarweiser Sequenz-Unterschiede zwischen zwei Individuen zweier verschiedener Populationen (“between”)
bzw. derselben Population (“within”)
Häufigkeit
Permutierte Fst
Beobachteter Fst
Problem: Fst variiert stark zwischen Loci Fst
es gibt keinen genomweiten sinnvollen Schwellenwert für einen signifikanten F -Wert
Zeitliche Allelfrequenzänderungen
Mutation erzeugt neue Varianten
Jedoch, welche Varianten in die nächste Generation übergehen, hängt von Selektion ab
(A)
Varianten einer Genomsequenz in einer Population:
t
Ausgangspopulation
XP-CLR ist ähnlich einer Erweiterung von Fst auf mehrere Loci
Durch die Referenz-Population unabhängig von der Selektionsgeschichte des
Detektiert ältere Sweeps als XP-EHH Locus’ Loci werden untereinander vergleichbar Chen et al. Genome Res. 2010
Selektionstests
Vergleiche beobachtete Werte mit den bei neutraler Evolution erwarteten Werte
EHH: Selektionstest basierend auf LD
Genomweite Scans nach Regionen mit EHH, um
positiv selektierte Kandidaten-Regionen zu finden
LD nimmt zu
Region mit “Extended
Haplotype Homozygosity (EHH)
LD nimmt zu
Region mit “Extended
Haplotype Homozygosity (EHH)
• Linien-spezifische Netzwerkkomponenten
• Art-spezifische Netzwerkkomponenten
zu bestimmen
Duplikationen
Genome wachsen durch Duplikationen Hinzufügen von Knoten zu molekularen Netzwerken
Einzelgen-Duplikation Gesamt-Genom-Duplikation
(Single Gene Duplication (SD)) Whole Genome Duplication (WGD)
Z
Z
Nach WGD:
Organismen sind für kurze Zeit tetraploid
danach starker Genverlust und genomische Rearrangements bis Organismus wieder diploid ist
• Protein-Dosis-Effekt
• Pufferung essentieller Gene
• Verstärkung des metabolischen Fluxes
• Sehr schnelle Divergenz der Kopien
Netzwerk-Rewiring:
Obwohl WGDs und SGDs im Durchschnitt die gleiche Konnektivität haben (ca. 10 PPIs pro Protein)
haben Duplikate eines WGDs mehr gemeinsame Nachbarn als Duplikate eines SGDs
Duplikationen
Einzelgen-Duplikation Gesamt-Genom-Duplikation
(Single Gene Duplication (SD)) Whole Genome Duplication (WGD)
TF-Duplikation
TF-Deletion
Human
Mouse
Ciona
Drosophila
C.elegans
Archaea
Bacteria
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 0 100 200 300 400 500 600 700 0 100 200 300 400 500 600 700 0 100 200 300 400 500 600 0 100 200 300 400 500 0 100 200 300 0 50 100 150 200
Human
Mouse
Ciona
Drosophila
C.elegans
Archaea
Bacteria
0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 0 20 40 60 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 0 5 10 15 20 0 5 10 15
Runx 1: Blutzellen
Runx 1, 2, 3: Knochen
Runx 2, 3: Zähne
Runx 1, 2, 3
T
Sequenz von Runx 1-3 ist sehr ähnlich
Unterscheiden sich stark im Expressionsmuster
Rewiring des GRN Evolution neuer Gewebe
Beispiel: Sequenzänderung in einem TF
• Evolution von Sprache: Das Gen FOXP2
• 1990-er Jahre: Untersuchungen einer Londoner Familie
(“KE-Familie) mit mehreren Fällen von Sprachproblemen
• 2001 Mutation in dem Gen FOXP2 als Ursache gefunden
• Evolution von 2 human-spezifischen Aminosäuren
Untersuchung von Bindestellen zweier TFs mittels ChIP-Seq: (A) CEBPA und (B) HNF4A
Pie charts: Anzahl überlappender Bindestellen und deren Lage im Genom für paarweise Vergleiche
Knoten: Proteine
Kanten: Bindung, Aktivierung, Inaktivierung
ungerichtet oder gerichtet
Beispiel: Dimerisierungsnetzwerke
Ein TF kann verschiedene Dimersierungspartner haben
Je nach Partner unterschiedliche Funktion (Bindestellen im Genom)
Wenn dimerisierende TFs dupliziert werden, behalten sie zunächst ihre Interaktionspartner;
später kann Divergenz erfolgen
Evolution von Dimerisierungsnetzwerken
SGD SGD WGD
Mutations Mutations
Gained interaction
Lost interaction
Beispiel: Dimerisierungsnetzwerke
Hierarchie
Core layer
Bottom layer
Differenzierungsbatterien
Terminale TFs
Netzwerk-Robustheit: gewisse Redundanz, um Funktionen aufrechtzuerhalten, selbst wenn einige Komponenten ausfallen
Network-Evolution: “Ausprobieren” von Mutationen ohne fatale Folgen für das Individuum
Evolution und hierarchische Netzwerkorganisation
Großer Effekt:
Top layer
Kernels
Hubs
Initiale TFs Initiale TFs
seltener
Unterschiede zwischen Arten
Hierarchy
Krankheiten
Core layer
Kleiner Effekt:
Bottom layer
Periphere Knoten
Differenzierungsbatterien Terminale TFs
Terminale TFs
häufiger
Zelluläre Differenzierung
Vorhersagen:
• Mutationen in zentralen Knoten (z.B. Hub, core) und initialen Knoten (z.B. Kernels, Top-TFs), haben die
stärksten Auswirkungen auf das Individuum, da sie viele Teile des Netzwerkes beeinflussen
• Hubs, core, Kernels, Top-TFs evolvieren langsamer als andere Knoten, da Mutationen in ihnen oft kritische
Funktionen des Netzwerkes (zer)stören würden und letal sein können
Evolution und hierarchische Netzwerkorganisation
• Wichtigkeit eines TFs nicht nur durch seine Anzahl Kanten sondern auch durch seine Position in der Hierarchie bestimmt
• Konsequenzen von Mutationen können besser anhand der Position in der Hierarchie vorhergesagt werden