Kunst- und kulturwissenschaftliche Forschungen
Von Dorit Kluge, Monika Jagfeld, Christiane Morsbach und
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Über diese Serie
La Fonts Schriften riefen umfangreiche und bis in die 1760er Jahre fortwährende Reaktionen der Zeitgenossen hervor, die La Font wiederum in seinen Texten verarbeitete. Er wurde zum Katalysator für die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst, zum Initiator der Metakritik und zum Vorbild für andere Kunstkritiker und Literaten. Sein Schaffen findet Berührungspunkte bzw. Fortsetzungslinien in den Werken von Bachaumont, Le Blanc, Fréron, Cochin, Rousseau und Diderot. In Bezug auf Diderot wird das Werk von La Font grundsätzlich neu bewertet und abgegrenzt.
Titel in dieser Serie (6)
- Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815–1834)
Nachdem 1815 die Preussen die Herrschaft am Rhein übernommen hatte, bauten sie am Zusammenfluss von Rhein und Mosel die alte, ehemals kurtrierische, später französische Stadt Koblenz zur größten und modernsten Festung Europas aus. Verschiedene Bauten dieser Anlage, die sich über ein Areal von rd. 20 qkm ausbreitete, sind bis heute erhalten, darunter die Festung Ehrenbreitstein als Teil des Weltkulturerbes Mittelrheintal. Die Untersuchung, die als Dissertation an der Universität Mainz entstand, verfolgt die Entstehung und Ausführung der Festungsanlagen von den Anfängen 1815 bis zum Abschluss der Baumaßnahmen 1834. Planung und Ausführung der Bauten lag in den Händen der preußischen Generalität um Ernst Ludwig von Aster, Hermann von Boyen, August Graf Neidhardt von Gneisenau und Johann von Rauch, die von mehr als 120 Ingenieuroffizieren und Zivilbaumeistern unterstützt wurden. Sichtung und Bearbeitung umfangreichen Archivmaterials, das zu einem großen Teil erst seit 1992 zugänglich ist, ermöglichte die Darstellung einer quellengestützten Baugeschichte. Die Ergebnisse bieten Einblick in den Ablauf von Baumaßnahmen, bei denen es zur Enteignung ausgedehnter Ländereien kam, und berichten von der Organisation einer Baustelle, bei der zeitweilig über 6.000 Arbeiter beschäftigt waren. Eine wesentliche Leistung besteht in der rekonstruierenden Beschreibung der heute noch in Teilen erhaltenen Gesamtanlage. Darüber hinaus wird deutlich, dass die Erscheinung der Festungsanlagen schwankt zwischen fortifikatorischer Form, die von militärischen Notwendigkeiten bestimmt wird, und einer Bauästhetik, die unabhängig von militärischen Zwängen der Festungsarchitektur eigen ist. Die besondere Bedeutung, die die Anlage Koblenz innerhalb der Architektur des 19. Jahrhundert hat, wird grundlegend diskutiert und neu bewertet. Die Arbeit wirbt zugleich auch für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Militäranlagen als Teil der europäischen Kulturgeschichte. Der Verfasser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunstgeschichte der Universität Mainz und Lehrbeauftrager am Institut für Kunstwissenschaft der Universität Koblenz-Landau.
- Martin Schongauer: Materialien und Anregungen zur Erforschung früher Druckgraphik
Martin Schongauer (um 1450-1491) gilt nicht nur als herausragender Maler und Zeichner sondern vor allem als Pionier des Kupferstichs. Der am Oberrhein tätige Künstler trug in mehrfacher Hinsicht dazu bei, die Frühphase der neuen Drucktechnik in feste Bahnen zu lenken. In seinem Werk bot er ein Resümee der beharrenden und innovativen Tendenzen an der Wende vom Mittelalter zur frühen Neuzeit. Der Reichtum schöpferischer Gestaltungen Martin Schongauers liefert Stoff für vielfältige Annäherungen. Aus der Fülle möglicher Fragestellungen wurde deshalb eine kleine, aber breit gestreute Auswahl getroffen, die auf methodische und inhaltliche Anforderungen des Themas reagiert. Ein solches Anliegen ist die von "Künstlerlegenden" bereinigte Erörterung biographischer Quellen. Neue Entdeckungen bereichern die ergänzenden Betrachtungen zu den Druckzuständen der Kupferstiche. Schongauers Anteil an der Herstellung der unter seinem Namen verbreiteten Drucke wird unter verschiedenen Vorzeichen geprüft. Den historischen Eigenwert der Exemplare einer Graphik illustrieren einige Einzelschicksale der Kupferstiche Schongauers, um so das Spektrum unterschiedlicher Funktionen und Gebrauchssituationen zu erschließen. Die steigende Wertschätzung des Künstlers und seiner Werke im 16. Jahrhundert bekräftigt ein Blick in die Basler Sammlung Amerbach. Dem bedeutenden Graphikspezialisten Max Lehrs ist ein eigenes, forschungsgeschichtliches Kapitel gewidmet. Die verschiedenen Wege der Annäherung an Leben und Werk Martin Schongauers, wie sie in der vorliegenden Arbeit beschritten werden, stehen gleichzeitig exemplarisch für eine neue methodische Auseinandersetzung mit der frühen Druckgraphik.
- Rhetorik und Inszenierung des Heiligen: Eine kulturgeschichtliche Untersuchung zu barocken Gnadenbildern in Predigt und Festkultur des 18. Jahrhunderts
Mit der Reformation scheint die Geschichte des krafterfüllten Kult- bzw. Gnadenbildes im Westen konfessionsübergreifend an ein Ende gekommen zu sein: Von den Reformatoren wurde es als Idolatrie verworfen, von den Altgläubigen nur äußerst eingeschränkt als pädagogisch wertvolles Kultobjekt restituiert. Es habe, so eine gängige Forschungsmeinung, einer ästhetischen Aufwertung durch eine theatralische Inszenierung und intensiver Kultpropaganda bedurft, um den Sakralitätsverlust der Bilder zu kompensieren. Die vorliegende Arbeit verfolgt aus einer religionsgeschichtlichen und religionsästhetischen Perspektive eine andere These: Gnadenbilder besaßen auch noch im nachtridentinischen Barock-Katholizismus eine aktive sakrale Aura. Die Macht der Bilder erforderte nun einerseits theologische und institutionelle Kontrollen, ließ sich aber auch durch entsprechende ästhetische Investitionen massenwirksam ummünzen. Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Doppelstrategie sind zahlreiche Jubelfeiern im 18. Jahrhundert, bei denen Gnadenbilder eine letzte Apotheose erfuhren und die hier erstmalig in größerem Umfang untersucht werden. Als multimediale Kultbildinszenierungen bezeugten die Jubelfeste noch einmal den "liminalen" Status der Gnadenbilder, die zwischen numinos aufgeladenem Sakralobjekt und bildertheologisch diszipliniertem Schaubild changieren. Der komplexe Diskurs um die heiligen Bilder und ihren medialen Status im Spannungsfeld von Orthodoxie und laienfrommer Praxis findet seinen Ausdruck nicht zuletzt in den zahlreichen Predigten und programmatischen Festapparaten, deren Analyse im Zentrum dieser Arbeit steht.
- Outside in: Zeitgeschehen in Werken der Sammlung Prinzhorn am Beispiel Rudolf Heinrichshofen
Nachhaltig prägt Hans Prinzhorns Modell des weltabgekehrten "Geisteskrankenbildners" das Verständnis von Outsider Art. Tatsächlich aber sind in den Arbeiten der Sammlung Prinzhorn sehr wohl kontemporäre Einflüsse zu erkennen. Im Stillstand der Dauerinternierung wird für Anstaltspatienten die Rezeption von Zeitgeschehen zur Überlebensstrategie. Um 1919 gestaltet der psychiatrisierte Rentier Rudolf Heinrichshofen (1858-1945) eine satirische Autobiografie und bindet sie zu einem mächtigen Folianten. Der 'modern' gestaltete Comicroman, gestützt auf Vorlagen aus dem Satireblatt Kladderadatsch, liest sich auch als politisches Manifest. Die oft verschlüsselte, mit Tages- und Weltgeschehen überblendete Vita ist in dieser Arbeit erstmals rekonstruiert. Eine Kernfrage zielt auf zeithistorische Bildthemen und die politische Absicht, mit der etwa die deutsche Revolution von 1848/49 und der "Schmachfrieden" des Ersten Weltkrieges inszeniert werden. Heinrichshofens nationalistische und antisemitische Positionen spiegeln bürgerlich-völkisches Denken am Ende des 19. Jh. und dessen Radikalisierung nach verlorenem Weltkrieg. Im staatlichen wie gesellschaftlichen Zusammenbruch reflektiert er sein persönliches Scheitern. Ein weiterer Fragenkomplex untersucht die Form der autobiografischen Bilderzählung zwischen Karikatur/Satire, Bildgeschichte und Comic. Spezifikum dieser Kunstgattung ist das Bedürfnis der Selbst-Vergewisserung als eines historischen wie leiblichen In-der-Welt-Seins. Durch ähnlich angelegte Arbeiten innerhalb und außerhalb psychiatrischer Institutionen, darunter Werke von Charlotte Salomon und Art Spiegelman, lässt sich Heinrichshofens Foliant in kunsthistorische Bezugsfelder verankern. Kontextualisierende monografische Bearbeitungen von Kunst aus psychiatrischen Anstalten sind ein dringendes Desiderat der Forschung zwischen "high art" und "low culture". Die vorliegende Untersuchung wagt sich auf diesen bisher kaum beschrittenen Weg. Dem Buch beigefügt ist eine CD-Rom, die das Gesamtwerk von Rudolf Heinrichshofen enthält.
- Die deutsche Genremalerei im 17. Jahrhundert
Die Arbeit stellt das erste Übersichts- und Nachschlagewerk zur deutschen Genremalerei im 17. Jahrhundert dar. In einem chronologisch aufgebauten Textteil werden mehr als sechzig in Deutschland tätige Malerpersönlichkeiten vorgestellt und bearbeitet, darunter Hans von Aachen, Johann Heinrich Schönfeld, Georg Philipp Rugendas, Roelant Savery und Johann Liss. Die Gemälde sind in einem Katalogteil ausführlich dokumentiert. Die Verfasserin ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Museum Ludwig in Koblenz.
- Kritik als Spiegel der Kunst: Die Kunstreflexionen des La Font de Saint-Yenne im Kontext der Entstehung der Kunstkritik im 18. Jahrhundert
La Font de Saint-Yenne (1688-1771) gilt als Schlüsselfigur in der Entwicklung der französischen Kunstkritik des 18. Jahrhunderts. Seine Réflexions (1747) stehen für den Beginn einer neuen Textsorte, für die La Font nicht nur ein theoretisches Grundgerüst sondern mittels einer Salonkritik gleichzeitig eine erste praktische Umsetzung liefert. Inhaltlich geht der Text weit über die Kunstkritik hinaus und ist eher als Kunstreflexion begrifflich zu erfassen. Die Réflexions werden in ihren Aussagen zur Ästhetik, Kunsttheorie, -praxis sowie -kritik analysiert und zur Situation vor 1747 in Beziehung gesetzt. Den zeitgenössischen wie auch den heutigen Lesern bietet der Text eine allumfassende Sicht auf die Kunst in Frankreich um die Mitte der 1740er Jahre ebenso wie auf deren historische Bedingungen und Entwicklungschancen. Neben den Réflexions wird das Gesamtwerk La Fonts, das bei Weitem nicht nur kunstkritische Schriften umfasst, auf die Weiterführung und Differenzierung der in den Réflexions angelegten Gedanken hin untersucht. La Fonts Schriften riefen umfangreiche und bis in die 1760er Jahre fortwährende Reaktionen der Zeitgenossen hervor, die La Font wiederum in seinen Texten verarbeitete. Er wurde zum Katalysator für die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst, zum Initiator der Metakritik und zum Vorbild für andere Kunstkritiker und Literaten. Sein Schaffen findet Berührungspunkte bzw. Fortsetzungslinien in den Werken von Bachaumont, Le Blanc, Fréron, Cochin, Rousseau und Diderot. In Bezug auf Diderot wird das Werk von La Font grundsätzlich neu bewertet und abgegrenzt.
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