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DIE LANGEN VOCALE A EO IN DEN EUROPAEISCHEN SPRACHEN. EIN BEITRAG ZUR VERGLEICHENDEN LAUTLEHRE DER INDOGERMANISCHEN SPRACHEN VON GEORG MAHLOW. 2 UNVERAENDERTE AUFLAGE. it eg BERLIN. MAYER & MULLER. 1888, D:. europaischen Sprachen des indogermanischen Stammes unterscheiden sich von den arischen durch die sogenannte Spal- tung des a-Lautes; dem einen a des Arischen stehen mehrere Laute, im Griechischen und Lateinischen z.B. a, ¢ und 0, gegen- ber. So lange man in dem Bestreben, die indogermanische Ur- sprache als eine héchst einfache und in den Lauten beschrankte dar- zustellen, in den europaischen e und o nur spiitere Veranderungen und Schwachungen des a sah, war man leicht geneigt,.tiber die Ab- weichungen und Schwankungen in diesen Vocalen innerhalb etymo- logisch zusammengehériger Worter hinwegzusehen, obgleich durch Mialenhoff und Curtius auf die grosse Uebereinstimmung aller europaischen Sprachen in der Vertheilung von a, e, o aufmerksam gemacht war, und obgleich man auf Grund dieser Uebereinstim- mung eine europaische Grundsprache annehmen zu miissen glaubte; so lange man zovg und pes auf ein gemeinsames pads zuriick- fahren konnte, half man sich fiber den Unterschied der beiden Wurzelvocale einfach mit der Erklarung hinweg, dass a im Griechischen zu 0, im Lateinischen zu ¢ geworden sei. In neuerer Zeit hat man sich aber der Ansicht genihert, dass das einformige arische a nicht das dltere ist, dass vielmehr die Verschiedenheit der a-Laute bis in die indogermanische Grundsprache hinein- reicht, und wenn auch ein ausfibrlicher Beweis dieser Annahme erst demnichst bekannt werden wird, so ist sie doch von allen Richtungen der vergleichenden Sprachforscbung jetzt schon an- erkannt und verwerthet. Legt man nicht mehr den arischen, sondern den europaischen Vocalismus zu Grunde, so ist natirlich die wichtigste Frage, welche Vocale allen europaischen Sprachen gemeinsam sind oder gewesen sind. Wie man friher von der- jenigen Sprache ausging, die am armsten an Vocalen ist, wird 1 —-2- man jetzt im Gegentheil den griechischen Vocalismus fiir den ur- springlichsten und regelmassigsten Vertreter des europaischen, also auch des allgemein indogermanischen zu halten geneigt sein. Diese Ansichi wird wahrscheinlich von allen Forschern getheilé, obne dass man den Versuch gemacht hat, ihre Richtigkeit ins Besondere nachzuweisen. Ich will versuchen, diesen Nachweis kurz zu liefern, da es fiir meine Untersuchung von der grissten Wichtigkeit ist, die Mannigfaltigkeit im griechischen Vocalismus als hervorragend alterthtimlich anerkannt zu sehen. Das Griechische besitzt drei a-Vocale, a e 0, die zum Theil Vocale verschiedener Geltung in sich vereinen: 1. «, als Vocal der ungeschwichten Silbe, mit den Diph- thongen e und ev correspondirend. Es ist in allen europiischen Sprachen als e, ¢ erhalten. 2. «, als Vocal der geschwachten Silbe, den einfachen + und wv entsprechend. Es ist tiberall mit dem vorigen zusammengefallen. 3. a, als Vocal der geschwachten Silbe, im Ablautverhiliniss mit ¢ und o. Das griechische a enthilt zwei ganz verschiedene Vocale, die méglicherweise in der Alteren Aussprache noch unter- schieden wurden; das eine a (No. 4) ist in allen europdischen Sprachen ohne Riicksicht auf Betonung oder Stellung reines a*), dem anderen entspricht in keiner Sprache a, sondern im Lateini- schen e vor n m, o vor r J, im Germanischen u, im Slavischen etwa i, im Litauischen 7 Man wiirde sehr irren, wollte man deswegen dem Griechischen den Vorwurf der Unurspringlichkeit machen; denn es ist unzweifelhaft, dass auch die angegebenen Vocale der anderen Sprachen auf @ zuriickgehen. Es hat nim- lich in einigen Fallen bei den mit einem dieser Vocale ver- bundenen r und / Metathesis stattgefunden, und der hinter r und J getretene Vocal ist in Folge dessen der Einwirkung der Liquida ganz entzogen worden. Findet sich irgendwo ein durch Metathesis entstandenes ra (oder Ja), so weiss man ganz sicher, dass dasselbe nicht aus er, ir, or oder ur entstanden ist, son- dern einzig und allein aus ar (reSp. al). Wenn also dem gt. kaurn, sl. zrino (ISV I 24), It. dirnis im Lateinischen nicht, wie zu erwarten, *gornum, sondern mit Metathesis granum ent- spricht, so geht daraus mit Evidenz heryor, dass das Lateinische _____*) Das slavische o, gegentiber germanischem und baltischem 2, ist jung; ich spreche deswegen von nordeuropaischem 2. —- 3 — genau wie das Griechische auch einmal eine Lautstufe ar fir das spatere or besessen hat. Dasselbe lasst sich mit folgenden Bei- spielen in weiterem Umfange erwcisen: 1. dana (aus *valna, ohne Metathesis *vulna) — gt. valla, Jt. vila. ir. lin — gt. fulls, sl. piins (ISV If 29), It pitnas, In comainad (ISV IL 370) ist nicht etwa eine aéltere Form als in comlin erhalten; comainad steht nach H. Zimmer far *cominad. plénus michte man wohl aus *pelnus er~ klaren, da anzunehmen ist, dass das lat. ol erst durch die Zwischenstufe e/ aus a/ entstanden ist; doch kann sich plenus auch an das Verbum pleo, impleo angelehnt haben, ygl. unten Segquéc. In Anbetracht der Bedeutung des lat. plerus, plerusque kénnte man 70246¢, aus *xedves, hierza stellen”). 1. grivis — Bagvs, gt. kaurus. Konnte grivis vielleicht aus “gravis entstanden sein, ebenso lévis brivis aus “levis *brévis, *lenhvis *brenhvis? Die Grundform “lenhois fir dewis ist sicher, und dass ein Nasal ohne Ersatzdebnung schwindet, ist nicht anzunehmen. ir. lam — medcquy, ahd. folma. Entweder ist 1. palma aus dem Griechischen entlehnt, oder folma ist aus *falma ent- standen, wie muntar, sl. mgdri, aus *mantr, wunsc aus *vansk, 8. vanéch; in \etzterem Falle gehdrt lam nicht hierher. lt. fldvus neben fudrus, ISV IL 353. lt. drqsus = Soacdis, dhrsnu, aus *drasnus. Das Ablautyer- haltniss ergiebt sich aus aol. Ség00¢, gt. gadars godaursum. 1l. radix, and. rét, gr. badk& — gt. vaurts, ISV I 352. 1. flagrare neben fulgeo, fulgur. 1. flamen wird zu flagrare gestellt, kénnte aber auch aus *fakmen entstanden sein und ware dann genau = brahmdn. L. trdgula — ahd. durchil, ISV IL 352. L. frango aus “fragno *fargno —-gt. brikan brukans. *) Im Griechischen ist 0 zuweilen unter dem Einfluss eines labialen Consonanten aus « oder ¢ entstanden; so in molic, nodlés, Boorws suBocoios, 696s, zoilos (caelum aus *cavilum), iupevror (isagtoy), oiwyds, Bodhouas, xobw, croc, Jeods, yhbos, Gvos (fiir *ves10s), olvos, molec (lit. pitis), olxos (? vicus), gorge (*ararva); seltner w aus langem «, drekj (Hes. yureihy), bydoos (octavus), Fowxos (Hes. Kipaxos), doiver (= *doivas, 8. dévane), ngdrs, nedinv. —-4— 1. crates — gt. haurds, ISV I 351. and. réa mhd. rifejen — lt. iriu, ISV IL 455. lt. trok3tu, troskau, troksti — vgl. gt. paursus. Es sind hier nur die sichersten Beispiele ausgewahlt, aber diese wenigen geniigen vollstiindig, um das griechische @ auch in den brigen Sprachen nachzuweisen. Das lateinische 0, das germanische u sind wieder erst aus e, ¢ entstanden; dies ergiebt sich aus L. primus — gt. fruma, lt. pirmas, ISV IL 861. Aus *parmos ist also *permos, “pirmos, primos geworden; wire nicht Metathesis eingetreten, so hiesse das Wort *pormus. l. frigo aus *ferego — s. bhrggdti. 1. ritus — dgriw, ISV I 362. ahd. liht, aus *linkt, verhalt sich 2u Zhaytc, wie lt. aukstas za sh. vysoki, ankétas zu getiktt, aggvus. Aber u in ahd. alts. lungar = zhagods. In einigen Fallen ist im Germanischen 7 erhalten, wie es scheint, durch dissimilirenden Einfluss von Labialen; man vergleiche gt. gino — bot. Bara, gt. wamildja- (unmildus?) ahd. milti — 1. mollis. gt. yairnus — sl. Aritny, lt. girnos, ISV U 24. gt. filu — vgl. den Wurzelvocal von fudls, mmdeves. gt. mimz, schwacher Stamm von mammo, ahd. guillu — Bé22o. gt. viljau, vgl. das Caus. valjan. Welche besonderen Umstinde hier bei der Erhaltung des i mit- gewirkt haben, ist nicht klar; die Thatsache wird sich aber schwer- lich abstreiten lassen. Da Metathesis bei Nasalen tiberaus selten ist, kann auch nicht in derselben Art, wie bei der Verbindung des Vocals mit r und 7, der Beweis gefiihri werden, dass das lat. e, germ. wu u.s. w. vor x m ebenfalls aus a entstanden sind; dem lat. nascor, natus kann ich nicht volle Beweiskraft zugestehen, da die Wurzelform gna sich schwerlich erst im Lateinischen entwickelt hat. Es ist indessen nicht anzunehmen, dass der Vocal vor Nasalen eine andere Klangfarbe gehabt hat, als vor Liquiden, und dass im Griechischen nur zufallig in beiden Fallen @ erscheint. Demnach ist fiir alle europiischen Sprachen als die alteste Form des schwachen Vocals der Ablautreihe e—o vor r i mn, wie im Griechischen, a anzu- setzen, allerdings ein a, welches sich von dem a der anderen Ab- oun een lautreihen (No. 4) erheblich unterscheidet. Ob wir auch in der indogermanischen Ursprache diesen Vocal als u anzusetzen haben, ist damit noch gar nicht bewiesen. Vor anderen Consonanten, als den genannten, ist der entsprechende schwache Vocal e, und es ware nicht undenkbar, dass a sich erst aus e entwickelt hat; dass diese Entwicklung in gleicher Weise in allen europiischen Sprachen vor sich gegangen ist, kann ebenso wenig anffailen, wie die ge- meinsame Tonerhdhung dieses @ zu ¢, die nur im Griechischen nicht stattgefunden hat. Einige griechische Wérter machen es sebr wahr- scheinlich, dass man als den urspriinglichen Laut ¢ anzusehen hat; dies sind. (lo — 2. veresjeiti, gt. vaurkjan. bike, a. i. *Feédja — gt. vaurts. gasyvess, Dheytac Dleyia heyies — s. bhrgu. gheyugos wie Auyugds zu duds, In Betreff des Ablauts ygl. gasé, ur. Auf dieselbe Weise, wie oben aus granum, lana ein Alteres *garnum, *valna erschlossen warde, gelangt man. von ééw auf *Féoyja, wabrend doch dem got. vaurkja regelrecht *Fegyjea, *Fodyjw entsprechen miisste, Da nun gar nicht einzusehen ist, wie # in él aus @ entstanden sein kénnte, und da ééfm nicht vereinzelt steht, so wird dadurch die oben ausgesprochene Vermuthang sehr noterstiitzt. Es ist zu beachten, dass bei keinem der Worter ein fremder Einfluss nachweisbar ist, der die Abweichung des Vocals veranlasst haben kénnte. Ich glaube also behaupten zu diirfen, dass in allen europiischen Sprachen einmal der schwache Vocal der Ablautreihe e—o e gewesen ist, ein e, welches bei folgender Liquida oder Nasalis mannigfichen Veranderungen unterlag. Es ist bekannt, dass man die Qualitit eines arischen a aus der Ein~ wirkung, die es auf vorhergehende Giutturale austibt, erkennen kann; wenn man nun, schon bei oberflichlicher Beobachtung, be- merkt, dass das dem angesetzten ¢ entsprechende a nicht immer Palatale vor sich hat, so ist dies keineswegs als Beweis gegen die Ansetzung des e zu benutzen. Es heisst allerdings guru, Gaghanvin, gaganvin, gata, 2. gata = fatés, ventus, aber auch hanmas, hatha, gahi, 2. gapait’, gampat, ganjat. Ich weiss bier nor einen Weg der Erkldrung; das aus o geschwichte ¢ ist ein anderes, als das mit e (No. 1) correspondirende, also z. B. der Unterschied von hanmas und gaghanvan hangt mit dem von hanmt und gaghana zusammen. Die schwachen Vocale in ihrem ur- —~6— spriinglichen Verhiiltniss zu den starken e und o sind mebrfach mit den slavischen i und % verglichen; man kann diese Ver- gleichuag leicht weiter ausdehnen. 7 und % werden im Serbischen unterschiedslos zu a, im Polnischen zu e, aber mit dem Unter- schiede, dass das aus i entstandene e den vorhergehenden Con- sonanten mouillirt, Ebenso gab es in der indogermanischen Ur- sprache zwei schwache Vocale, é und 6; beide werden im Arischen zu a, aber das aus @ entstandene a hat palatalisirende Wirkung; im Europiischen werden beide unterschiedslos zu e, oder besser @, da es mit dem schwachen e¢ der Ablautreihe --@ nicht immer zusammenfallt. Was mir das Vorhandensein zweier schwacher Vocale, und 6, sehr wahrscheinlich macht, ist, dass in einer anderen, unten zu besprechenden Ablautreihe mit den starken Vocalen é und @ in der That zwei schwache, e und a, vorhanden sind, vgl. wélw, &euer, Feiqy und xréopcr, situs. Wir hiatten demnach folgende Entwicklung anzunehmen: indog. é, 6 arisch europ. ja, a a vor Mata u.s. w. vorrimn e a gr. ag a |. or en, grm. ur un sl. lt. ar an. Selbst wenn man geneigt ist, anzunehmen, dass in der Ur- sprache einmal Nasalis und Liquida sonans existirt hat, so andert das an der oben gegebenen Darstellung nichts; denn es ist un- 2weifelhaft, dass sich in allen Sprachen vor r, J, m, n sonans ein Vocal entwickelt haben miisste. Warum dieser Vocal noch nicht in der Ursprache dagewesen sein soll, weiss ich nicht (vgl. Joh. Schmidt, Jen. Lit.-Z. 1877 Art. 691). Dass sich 1. or, grm. ur, lt. ¢ direkt aus vucalischem r entwickelt hatten, daran ist gar nicht zu denken. Ich hebe aus dem Vorhergehenden als besonders wichtig noch einmal hervor, dass das griechische @ vor den anderen euro- paischen Sprachen eine alterthtimliche Lautfarbung bewahrt hat. 4. a, aus den Ablautsreihen a—a und é—4, lavict in allen europaischen Sprachen a. 5. o ist im NordeuropBischen mit dem eben erwahnten a zusammengefallen. Es ist zwar von vorn herein ziemlich sicher, dass das eine nordeuropiische a nicht alter ist, als die beiden —- 7 stideuropiischen Vocale a und 0; indessen ist es ganz niitzlich, die Spuren der Verschiedenheit von a und o auch im Germani- schen, Slavischen und Baltischen nachzuweisen. Es ist ein bekanntes Lautgesetz’ des Lateinischen, dass ¢ vor v zu o wird; so sind novem, novus, suus, pluo u. a, entstan- den. Dasselbe Lautgesetz gilt im Irischen; ni = novus, vgl. alt- gall. Novismagus, Noviodunum ZE 56, noi = novem, das auf ein aus *novim contrahirtes “*noin zuriickgeht, da dem od im Neu- irischen und Gialischen der Vertreter des alten Diphthongs of ent- spricht, neuir. gil. naoi, Besonders zeigt sich die Wirkung dieses Gesetzes im Nom. plur. der u-Stémme; dem got. *magjus ent- spricht mogat, ohne i-Intection der Wurzelsilbe. mogaz ist = *mogoves, *mogais; ein 6 in auslautender Silbe verliert im Ini- schen seine dunkle Farbung; vgl. auch bat, ba = foec. Dieses Lantgesetz also, welches das Griechische und Germanische nicht kennen, hat auch im Slavischen gewirkt: synove, gt. sunjus, aus *siineves. slovo, gr. xAéog ix. cli, aus *slevos. novi, gr. véog 1. novus ir. ni, aus “nevon. vidova, s. vidhdva HFe0¢ 1, vidua gt. auffallend viduvo, aus *videvia. ploveti, gr. miéw 1. pluo perplovere, aus *pleveti; sloveti, gr. xAgopon, aus “sleveti. Dagegen steht reveti fir *rjoveti oder *riveti. Da jedes slavische o aus a entstanden ist, wirde synove zu- erst auf *sinaves zurtickgehen; *sinaves aber setzt ein *siinoves voraus, da ev natfirlich nicht zu av, sondern nur zu ov werden kann. Der Gang der Entwicklung war also ev, ov, av, ov. Nun kénnte man einwenden, dass ov erst zu der Zeit aus ev entstan- den sei, als das nordeuropiiische a im Slavischen schon 2a o ge- worden war, dass also synove direct auf *syneve, “sineves, nicht auf *sinaves zurtickzufihren sei. Dagegen spricht das Litauische, fir welches sich das Lautgesetz, zwar nicht mit denselben Bei- spielen, da genau entsprechende Worter und Flexionsformen fehlen, aber mit ahnlichen, sicher nachweisen lasst. It. tavo savo lett. tava sava — dor. céo hom. o¢o ost (far xéo, wie of fir rd, nach oot, of), sb Il. v 464, 1. tad sud altlat. sovom, ir. to do du ZE 336 u. Nebtr. Im slav. tebe, sebe ist durch das Kintreten von 5 fiir v das ¢ er- halten. favo kann nur aus *tovd, *éeva enistanden sein. —~ 38 — lk. sraviu, sravati geht wohl auf dieselbe Prasensbildung, wie éée 8. sravati, zurtick. lt. javai — 8. java gr. fac, vel. vews zu véoc. javai aus Moot, “evi. ltt. pelavas, deirnavas, ragavas, Bielenstein Lett. Spr. L 264 IL. 50, neben pedus, dairnus, ragus sind urspriing- lich weibliche @-Stamme, vgl. sl. Zriiny, gt. gairnus. -avas erklart sich aus einer Flexion, wie got. handjus, *qatrnjus. Wie dzirnavas zu dzirnus, verhalten sich die Suffixe -tava und -fuva zu einander, Bielenstein I. 274; beide sind aus einem urspriinglichen -tus abgeleitet, das dem gr. -rd¢ entspricht. Das Litanische kennt nur -turas und -tuvé, Kurszat Gr. d. lit. Spr. 89, 98, Schleicher Lit, Gr. 117. Die baltischen Sprachen haben also einmal *girnaves flectirt, wie sl. synove, nicht “girneves, wie gt. handjus. Im Lateinischen pflegt auch ein auf v folgendes o zu e ge- wandelt zu werden; dasselbe scheint im It. rakuras — sl. veterit, vasara — éop sl. vesna stattgefunden zu baben. Halt man It. tavo, javai*) mit sl. slovo, novit zusammen, so ist man gezwungen, den oben angenommenen Entwicklungsgang des slay. ov aus ev anzuerkennen. Wenn aber des nordeuropiaische a in allen diesen Fallen aus einem o entstanden ist, so ist damit bewiesen, dass ein urspriingliches o — siideuropiischem o zu a werden und mit a = siideuropéischem « zusammenfallen musste. Ich erwihne noch, dass es ein untriigliches Zeichen der Unur- springlichkeit ist, wenn im Slavischen oder Litauischen die Laut- verhindung ev sich Andet; dies ist wichtig bei der Beurtheilung von deveti, devyni und nesevé, das wie nesemi zu erklaren ist. Der Unterschied von a und o lasst sich noch weiter im Nordeuropaischen verfolgen. Die polnischen Warter wegiel, wegiet, weda, wegérz, wezet, zwelyé, wetowy, wezownik sind aus qgli, agit, qda, qgri, qzlit, qziti, *qlouyy, *gtounikit entstanden, vgl. rass. ugolis, ugoli, uda, wgori, ucelii, uaitt, ukovyj, uounilu. Dies anlautende we ist doch jedenfalls nicht so entstanden, dass g zu ¢ wurde und dann w vor ¢ trat; aus we ist vielmehr mit Sicherheit ein flteres wa zu erschliessen, das seimerseits aus urslavischem ¢ entstanden ist. Dies aus we erschlossene wq ist nicht etwa gleich dem poln. wq, das sich ebenfalls im Anlant findet; im Polnischen *) Preussische Worter, wie xazens, sind absichtlich nicht beriicksichtigt. Se er ist q erst unter gewissen Bedingungen aus ¢ entstanden, ebenso jq as je, das dem si. ¢ entspricht. Wie in nd2 avta 6 jiinger ist als 0, so ist auch in wq2 weda, bigd bégdu q, wy jiinger als ¢, we. Wie man also aus dem Vorschlag des x vor ¢ im Polnischen folgern kann, dass ¢ auf einen urspritnglich dunklen Vocal zurtick- geht, was sich auch durch Vergleichung der anderen slavischen Sprachen bestatigt, so wird man ans dem litauischen Vorschlag von v vor helle Vocale einen ahnlichen Schluss ziehen dirfen. Die siideuropiischen Diphthonge of und ai sind im Slavischen durch 2, an- und anslautend ¢, im Litanischen durch @ vertreten. # im Anlaut entspricht siideuropiischem ai, und fiir findet sich dann auch 7é, vgl. It. Zeskotd Itt. eskat — sl. iskati, ahd. etscon. 8. iééhati, dessen t ebenso stideuropaischem a: entspricht, wie das wu von ugds dem av von auyura. Aus umbr. efseurent ist der urspringliche Anlaut im Italischen nicht zu erkennen, da umbr. e¢ mit e und 7 wechselt, eiscwrent uleo fir *Axcurent stehen kann; vgl. auch sabin. aisos. Das lit. @ ist nicht = et; dieser Diphthong ist im Litauischen erhalten (vgl. Joh. Schmidt Z. XXMI 348 Anm.). lt. gédmas ltt. ésms -- gr. aiypn. lt. jéoa Itt. ga = sl. iva weicht von ahd. iwo, ab, ohne dass es zu entscheiden ware, welche der beiden Sprachfamilien den Alteren Anlaut in diesem Worte erhalten hat; sollte lit. Itt. ¢ hier ausnahmsweise aus e¢ entstanden sein, so konnte ebenfalls kein 2 im Anlaut stehen, vgl. ibrigens Isy 1 48 Dagegen entspricht dem gr. oivdc, 1. oinos Gnus, ir. oin, sl. init im Litauischen vénas, ltt. véns. Wie dieses v aufzufassen ist, lehren die angefithrten Beispiele aus dem Polnischen; wie sich dort aus q@ we entwickelte, ist im Litauischen aus urspringlichem of _vé_ geworden, und damit ist erwiesen, dass das Litauische ehemals zwei Diphthonge, of und ai, besass, dass es also den stideuropéi- schen Unterschied von o und a erst in jiingerer Zeit aufgegeben hat. Der Vorschlag eines v findet sich noch in lit. vairas = lett. airis, ISV TI 479, deren Ursprung nicht sicher anzugeben ist. Dass sich aus einigen Fallen von Ersatzdehnung, z. B. im lit, Ace. pl. us und tas, ebenfalls auf zwei nordeuropaische Vocale, o und a, schliessen lasst, wird weiter unten erdriert werden. — 10 — Der Zweck dieser ganzen Einleitung war, bestimmt nach- guweisen, dass das Griechische deu europaischen Vocalismus am treusten bewahrt hat, und dass man gendthigt ist, bei allen Unter- suchungen iiber denselben ¢, 0 und die beiden @ zu Grunde zu legen. Unter diesen Umstinden ist es zweifellos, dass man nicht mehr bei Ger Erklarung der langen Vocale der a-Reihen blos des- wegen, weil die nordeuropaischen @-Vocale von den entsprechen- den siideuropaischen sehr erheblich abweichen, von dem arischen oder indogermanischen allgemeinen 7 ausgehen darf, sondern dass die drei griechischen, und ebenso lateinischen, Liingen @, @, 6 far alle europaischen Sprachen als die urspriinglichen anzusetzen sind. Im Folgenden wird uns die Frage beschiftigen, was aus 4, &, 0 in den nordeuropaischen Hinzelsprachen geworden ist. é. Europaisches é erscheint als gr. 7, 1. 2, (ir. i), sl. 2, It. ltt. 2, gt.e, ahd. a. Diese Reihe ist wohl allgemein anerkannt; ich will indess die wichtigsten und sichersten Beispiele dafiir hier noch einmal im Zusammenhang auffihren: gr. dno (Ahrens II 152), sl. evéri, lt. tuéris ltt. zvérs. gr. qu (s. a. a. O.), 1. sémé-, ahd. sdmi-. hom. tegrés moddrenros att. toque ovvepyjou, an. pradr (a-St.), mhd. drat. Ags. bravan mhd. drayen s, 8, 22. gr. slaguvog (d. i. *haguvds), 1. -vér aus *véer, and. var. 1. vérus, gt. un- tuaverjan ahd. war, sl véra. gr. t49y ,Grossmutter’, sl. dédi, lt. dédé ltt. dédét ,alt werden‘. fol. ion. wets dor. ugs (Ahrens I 242) aus *ugvs (wie yvotg aus “yvevts) Gen. ugvds aol. pivvos (Abrens I 51, II 153), 1. ménsis, sl. méseci, It. mént ltt. méness, gt. mena menops ahd, mano méanod. Die europiische Grundform kann nur *méns sein; auch das arische mas verlangt ein *mane, nicht *mans. 1. rate, lt. rétis. 1. lénts, sl. Zenit, ltt. lens. gr. chqu, sl. dejiq déchi: déti domi délo, Yt. demi déaiu desi ltt. déju débu dét, gt. gadeds abd. tat gitin. Ueber abd. tuom 8. U. gr. Pycaro Fylq Inddlo Fylapdv Fpivc (Ahrens UI 152), 1, félare fémina, sl. déte déti pl., lt. pirmdélys ltt. déls. Ahd. tau s. 8. 21. gr. ique, 1. svi Saja, sl. siq sbeti, It. soju séeiu siti sékla lit. séju sét séja sékla, gt. mannaseps ahd. sat f. sata prt. Gt. satan abd. saan s. S. 19 #. Dazu 1. sémen, sl. séme, lt. sémenys, ahd. samo. — 2 — . Anus dnras, sl. vdjgq vitri, It. vétyti véjas vétra lett. védit ‘ a véjd vétra, hd, wata pri. Gt. vatan ahd. watan s. 8.19. 1. spés sperare, sl. spechis m. spoq speti, It. spéju epéti spétas ltt. spéju epét spéts Kraft’, gt. spedists ahd. epati spato mhd. spete spate. Ahd. apuoan s. w. gr. Guqros, mhd. mat Gen. mades. dudw neben cqintos 8. U. gr. ytd vie rargov, 1. névt pfet. némen, gt. nebla abd. nadela nat £ nata prit. gindt. Abd. naan s. 8. 22. L. fldvi flere flétus, sl: blag ,bléken‘, abd. plazan mhd. dlazen ags. bletan. Mhd. blayen s. 8. 22. gr. parc pattoucd pqorwe, 1. métior méta, sl. mésto méra, (lt. méra méstas ltt. mésts entlehnt, auch ltt. mérs »Mass‘?), gt mel meljan mela ahd. mal miilen. L rari, gt. garedaba garedan (Prit. fauragarairop) ahd. rat and. rad ahd. ratan and. rida, Abd. rat and. rad zu reor, wie gt. blop and. bléd ahd. bluot zu bluojun; rat aus europ. *raiém, ratan Denominativ. gr. orgnuyc, 1. strényus, sl. stréla, ltt. stréla (It. stréla ist entlehnt), ahd. strala stralan mhd. strale f. streel m. shrelen stram. Mhd. *strajen strate ist zweifelhaft. gr. marie pine Suyecyg. |. pater miter, sl. mati aus *matt didti, Vb. dukté \tt, mate, gt. fudar dauhtar ahd. muotar aus *fadar u. s. w. 1. sédi, gt. setum ahd. saeun. gr. &Ondo: (for *Fda, s. ada), 1. adi, and. at gt. fret Lue. 15, 30 fir *fra et, wie fretun Mre. 4, 4 Luc. 8, 5 fiir *fra etun. Hier erklart sich auch die Abweichung der Diphthonge in mdghoy und and. fleiri. Es entsprechen im s. prajas, 2. frajo ISV Il 239; sletov mietorog ist also aus *sAgywy *axdmoros entstanden, wortber u. m., und and. fleiri aus *flajiza, *faira. Lt. pleores plures aus “pléjdzes, plus aus pléjus. Verba mit dem Stammvocal & Der Zusammenbang der gotischen Verba auf at, der altho-hdeutschen auf ¢ mit den Jatei- nischen Verben auf -ére ist anerkannt und durch mehrere Ueber- einstimmungen erwiesen; vgl. thahan taceo, haban habeo, silan sileo, vitan video gr. in Wée, Idnod, Theocr. TIT 37. Nichts- destoweniger kann man das lateinische ¢ mit dem hochdeutschen nicht anf eme Stufe stellen; wie man 2 mit dem gotischen a? zu — 13 — vermitteln hat, ist noch nicht aufgeklart. Daza kommt, dass die lateimischen Verba auf -ére von den griechischen auf -sw nicht ga trennen sind, und dass diese wieder mit den germanischen Causativen in engster Beziehung stehen. Es handelt sich hier augeuscheinlich um zwei verschiedene Klassen abgeleiteter Verba, die im Griechischen und Lateinischen vermischt sind; worin sie sich urspriinglich unterschieden, ist leicht festzustellen, wenn man sich einmal die Bildung der abgeleiteten Verba in den europiii- schen Sprachen ganz ohne HRiicksicht auf die arischen, in denen das Verschiedenste zusammengeworfen ist, genauer ansieht. Eine Klasse von Denominativen, welche in allen europaischen Sprachen stark vertreten ist, hat den Stammcharakter a; es sind die griechischen Verba auf -aw, die lateinischen auf -are, die ger- manischen auf -on, die slavischen auf ~aéi, die litauischen auf -ott, ltt. -a¢. Dass das griechische -ae, -¢ auf -aje zuriickgeht, ist also zweifellos; die Lange hat sich noch haufig ‘bei Homer unter dem Schutze des Verses erhalten, z. B. in pevowde, wsvosves U.8.W., bei denen man nicht etwa an Dehnung durch Schwinden des j denken darf, da die Verkirzung des a tberhaupt erst eintreten konnte, als 7 schon geschwunden war, da also aus -ajes zwar -des, aber nicht -djes entstehen kann. Die Verkirzung des @ zu @, bevor aus & q entstehen konnte, beweist iibrigens, dass das j in diesen Fallen schon sehr frih verloren gegangen war, und dass von einer Nachwirkung desselben bei Homer nicht mehr die Rede sein kann. Das @ dieser Verba ist im Griechischen auch sonst nachzuweisen. Abgeleitete Verba hatten in indogermanischer Zeit nur einen Prasensstamm; die fibrigen Tempora werden erst in den Einzelsprachen nach Analogie der primaren Verba neugebildet. Wenn nun zu tehéw ein Fut. redéoow, ein Aor. aéiscow, zu yehtw yshioow sythacsa, 2 sgéoow sgetuds Feeoa, zu oqpaives onucvea soquava, 2 ayyéhho ayyeld Hyyssha gebildet wird, so ergiebt sich daraus deutlich, dass bei der Bildung dieser Tempora der Prasensstamm noch vollstindig unverandert und durch die griechischen Lautgesetze noch nicht umgestaltet war; es hiess da- mals noch *redsajw, *yehadjes, “deers, *oaponje, *ayyshjo. Wenn man aber berechtigt ist, aus telécow, Gyysha die Verbalstamme tsheo-, &yysA- zu folgern und die urspriingliche Gestalt des Prasens- themas, das in der vorliegenden Sprache nicht mehr rein erhalten sein kann, aus diesen Verbalstimmen zu reconstruiren, so darf man bei megdow, éégaaa ebenso verfahren; wenn von téleo-ow BH atte auf ein Prisens *redeo-j zu schliessen ist, muss 2u meg@-ow das Prisens *wegd-jw angesetzt werden. In msgéow eine Contraction aus “sregajsow za sehen, widerspricht einerseits den Lautgesetzen des Griechischen, andererseits der aus tedéoow sicher zu folgern- den Weise der Temporalbildung. Wie megéow ist auch amavi, amdtus, amare zu erklaren, und diejenigen Sprachen, welche 7 nicht schwinden lassen, haben das angenommene Verhiltniss des Prisens zu den abgeleiteten Temporibus ganz klar erhalten; das Prisens sl. délajg, It. mazgoju ltt. maegaju gegentiber délachi: délati, lt. mazgosyu mazgoti ltt. mazgasu mazgat. Wire das @ dieser Formen aus aja entstanden, wie man es fiir das griechische @ an- genommen nat, so miisste doch auch délajeti auf eine Grundform “délgjajeti zuréickgefiihrt werden. Demnach ist man gezwungen, mit Hinblick auf délajqg mazgoju, auch ein gr. *7egdjeo lt. *amajo als iilteste Gestalt des Prasens anzusetzen. Hiermit ist der Weg fir die Erklarung der beiden anderen Klassen der abgeleiteten Verba angegeben; wenn aus zegéow das Prasens *megdja zu folgern ist, kann das Prisens zu gsdjow, invedow nur *gilnjo *inveje gelautet haben. Dem entsprechend findet sich in der alteren Sprache noch zuweilen die Lange; aol. adixges o9qa, Abrens I 133, delph. ovdgovrec, Hes. iursiovens oixsin, Hom. dxveteo mevSeievov (Aor. nevPqoo) mit «, das fir q oder gedehntes «, z. B. int dxaysiato 2u dxccynucn, xavapelouer, rdeiw aus *r)éFoo, oft geschrieben wird, wenn die spiitere Sprache nur die Ktirze kennt; ferner, Hom. idgwovoe izvuovrec, delph. Orepavesce u. s.w., Curtius Verbum I 362. Mit *prdgjm *inveyo Fat. gidqow dreveSow stimmt wieder das sl. umbjq umbchii umbti, lt. dykbtéju Sykitégju Sykiten’ Mth. vdeéju véséiu viest (Kurszat S. 121, 351, Schleicher 163, Bielenstein I 403 ff.) genau tiberein. . Es sind bisher drei Arten der Denominativa von a-Stimmen in den europiischen Sprachen festgestellt, die auf ~ao, -%5 und ~676; es findet sich noch eine andere, in welcher der Stammvocal yor dem ableitenden j ausgeworfen wird. Dahin gehéren 2. B, im Sanskrit adhvarjént von adhvara, bhuranjati von bhurana u. a., aus dem Griechischen @yyéldu von dyyelos, éegoow@ von éggero-, das nur in éeérqc erhalten ist, xaPaigw von xadagss, yepeiga von ysgagds, daidédlw von deidalos, Aspoow neben Jsveds, Pope Von Feudc, olxrigo aol. olxeigow aus “oixvoj@ von olxtgoc, auch slav. glagolig glagoljeti von glagolit. dyyéldw verbilt sich zu ~ 6 — dyyeloc, wie yihior, d. i. *yschior, zu sahasram, draxdowe dor duxétror zu éxoroy. Genau genommen ist dies die regelmissigste Bildung; denn wenn an den Stamm angelo- betontes -jeti (3. Sing.) antriti, so fallt der kurze Stammvocal o aus; eine Bildung *angeléjett giebt es tiberhaupt nicht. Wenn dies -jé2 unvermittelt einem weiblichen 7-Stamme angefiigt wird, so muss das auslautende @ verkiirzt werden, aus “guia + jéti wird *gviajétd; auf diese Weise sind die griechischen Verba auf -aefw entstanden. Curtius Verbum I 341, identificirt die Verba auf -efw und -aw voll- stindig, aber mit Unrecht; -aw ist aus -ajw entstanden, -ato kann nur auf -dj zuriickgehen, da fir die Verktirzung eines & vor ¢ keine Veranlassung war. Waren die Verba auf -aw und -atw, ebenso die auf -ew und -if@ auf ein- und dieselbe Grund- form zuriickzufiihren, miisste es auch Verba anf -ofw neben -ow geben, was durchaus nicht der Fall ist. Dass sich -alw und -cw hiutig nebeneinander finden, beweist nicht ihre urspriingliche Gleichheit; da beide Ableitungen von G-Stémmen méglich waren, kamen auch beide nebeneinander ‘vor. Ausserdem gehen beide deswegen in einander iiber, weil aus -dja sowohl -afw, wie -cw, -aw entstanden ist. Neben den Denominativen auf -sw = europ. -a5 (8. s. -étt) liegen die Verba auf -idm; diese sind nichts anderes, als die alten Causativa, europ. -26 (-Gett). Die eigent- liche’ Causativbildung von Verbalwurzeln haben -nur das Germa- nische und Slavische mit einiger Regelmassigkeit erhalten; das Lateinische und Griechische haben nur noch Spuren davon. Die Ursache des Verlustes derselben war, dass simmtliche Sprachen auch von Nominalstémmen nach Art der Causativa abgeleitete Verba mit: Causativbedeutung bildeten; damit sank die Causativ- bildung zu einer blossen Denominativbildung herab. Dies allein wirde indessen den Zusammenbang der. Verba auf -em und -1bo noch nicht erklaren; derselbe muss einen tieferen Grund gehabt haben. Eine Anleitung zur Erklarung giebt vielleicht das soge- nannte attische Futurum auf -1, welches genau mit indischen Formen, wie. dharajisjati, mit denen auch die Aoriste dnajis, dhvanajit zasammenzustellen sind, dbereinstimmt. -1é steht fir +yeojo, *-sjsoje; das s fir « ist aus dem Prisens eingedrungen. Im Faturum ist 7 nie 2a ¢ geworden, denn ein *xouufd fiir xouso existirt nicht. Hiernach hat es den Anschein, dass das j der De- nominativa sich nicht unter allen Umstanden zu £ verhirtete, son- dern dass diese Entwicklung von der Qualitat des folgenden Vocals — 6 — abhangig war. Ein j bedarf vor dunklen Vocalen viel starkerer Articulation, als vor hellen; durch die geschiirfte Aussprache ent- wickelt sich in jenem Falle dj resp. yj, wahrend vor e das 7 rein bleibt und spiter, wie jedes andere j, verloren geht. Derselbe Unterschied ist im Germanischen; das got. ddj tritt auch nur vor dunklen Vocalen ein, Unter dieser Voraussetzung liesse sich die urspriingliche Flexion eines Causativs folgendermassen darstellen: xoutlo, xouéers, xouéer, xoutlomer, xouéere, xomilover Dass das Griechische in historischer Zeit nicht mehr so flectirt, sondern sowoh] xouttes als xouéw braucht, beruht auf einer Aus- gleichung der von einander abweichenden Formen, deren urspriing- lich wohl begrindeter Wechsel seit der Enistehung des [ und dem Verlust des 7 nicht mehr verstanden wurde. Ebenso wurde anfang- lich Brotlo, Buterc u. s. w. flectirt. Hinter langem Vocal fand die Entwicklung eines ¢ aus j iberhaupt nicht statt; so ist auch aus *dyjdc, mit & zu It. okys, nicht *éfdc, sondern alyéc, aus *adjwy, *idj@ nicht *ylov, *ite, sondern #twv, idiw entstanden. xouéo fiel mit gstéo, Pico mit megce zusammen, und so warden je zwei urspriinglich verschiedene Verbalclassen im Griechischen mit einander vermischt. Ein ahnliches Verhiltniss, wie das fiir xouile xouéo, Biélo fico angenommene, kénnte zwischen Javycto Javpaive, dvouclw svowaivw bestanden haben; aus *onomgjé ent- stand *onomgdjé, *onomadjé dvopetw (wie aus *thawmgtés Sav- words), aus *onomgjets dvouctverc. Der Annahme, dass 7 vor dunklen Vocalen zu ¢ wird, widerspricht nicht, dass das Suffix 8. ajé nur zu sv, nicht su *ety geworden ist (vgl. Wackernagel Z. XXIV 295 #.), da v im Griechischen ein ,erweichter’ Laut ist. Obschon die Aussprache als i anscheinend erst in historischer Zeit aufgekommen ist, so ist doch schon fiir die alteste Zeit nicht mehr reines u, sondern ‘uz, die Mittelstufe zwischen u und i, an- zusetzen, Derjenige Dialekt namlich, welcher den Augaben der Grammatiker nach den u-Laut am langsten erhalten zu haben schien, der béotische, zeigt in Inschriften nicht blos ov, sondern auch sov fir v, welches beweist, dass auch die Béoter das reine u nicht besassen; vgl. 2. B. Nuovupddweoc, Hodsouxdsic, Aumviotoros, twodye, Fadsobdoyes. So erklirt sich auch, warum jedes an- lautende v im Griechischen aspirirt wird, z.B. ind, dméo, dwg; ono ist aus *jupé entstanden. Far dies § hat das Lesbische 2, Ahrens I 81, woraus man nicht etwa schliessen darf, dass schon in so fraher Zeit dialektiseh v wie 7 ausgesprochen wurde. Denn — 7 — 7 dies ¢ fiir v findet sich nur im Anlaut, und das lesbische » wurde nicht einmal wie # ausgesprochen, sondern wie das biotische ov, da es haufig mit o wechselt, vgl. Ahrens I 81 ff, 97 f, 154 f. H 582; die Schreibung di fir dod ware bei einer Aussprache apt unbegreiflich. Indy, ior ist ebenso aus *juper, *jupsoi ent- standen, wie umbr. iveka aus juvenka, Aufrecht-Kirchhoff I 39. Joh. Schmidt Jen, Lit.-Z. 1877 Art. 691 giebt dem bdotischen vov die Aussprache #; es ist nur nicht einzusehen, warum die Booter cin % nicht mit ihrem Zeichen fiir %, mit v, bezeichnet haben sollten. «ov und v missen zwei verschiedene Laute ge- wesen sein, und da sov mit ov wechselt und nicht mit », so ist anzunehmen, dass es auch einem u ahnlicher gesprochen wurde, als einem # Aus den Angaben der Grammatiker ist nur zu schliessen, was sich auch aus den Inschriften ergiebt, dass nim- lich ow geschrieben wurde, wo die anderen Dialekte v schrieben; tiber die Aussprache wussten die Grammatiker nicht mehr, als wir. Aus den Prasensstimmen xopitw, Pitt ist der vor 7 ent- wickelte Consonant auch in die tibrigen Tempora tbertragen, vgl. Joh. Schmidt Z. XXIT 290 ff.; die Entwicklungsstufen *xoysjo *xouedjo *xousdjo xopite lassen sich noch an dxnzeuévan, Gunyédo’ mm dxoyilouer, xousdy zu xopite verfolgen. xouilw aus *xouedja wie ite aus *fedja. muétw steht nicht fiir *edjw, sondern fir *meodn, vgl. doc, Ko, wie s. pid, aus *piizd, *piazd beweist; roelén = 8. pidajati. Es sind oben aus mepdow, giijow, inveicw die Prasentia *zegajw, *gedgjn, *irevajw erschlossea worden; um- gekehrt wird man, wenn die Prasentia *xouejw, *Prdjw angesetzt sind, auch in anderen Tempora und in Ableitungen die kurzen Voeale ¢ und @ nachweisen miissen. Der Temporalbildung zu xouttes, Pitt werden als Stimme xzousd-, fuad- 2u Grunde ge- legt, Prasentia wie xouéw, fica werden nach Analogie von gidéo, reegéw weiterflectirt, d. h. xoq-, fra- werden als Stimme ange- nommen; es finden sich aber deutliche Spuren, dass einmal Verbal- stamme, wie xope-, Prdi-, vorhanden waren. Zu doycloues gehort doydeege (dogegen jlinger Zoyaoriqvov), za Inldlw Spdapov, ma xstlo sdxbovoc; Egyécns ver~ halt sich zu Zgydtouar, d. i. *egyéjomos, wie mepards au magde, d. i. *megajoo. Dem lateinischen arceo, arcére entapricht dgxéo, Fut. &gxtow und &gxsi, Hexera, das niemals mit oo vorkommt; die alteste Flexion war “dgxsja, *égxecja, *dgxece. z — 18 — Neben fyqewe findet sich von qyéopay das alte Nomen HY Ewe. dxnyepéves neben exdynwor dxdyyce, vel. dxcexiCoucn, xidecca Aesch., xqdeuoiv neben xndicw azcoxndjoaytes vou *xndéa, Caus, zu xidw; axidece ist wegen dxpdscroc nicht hierherzustellen. Von xogéyvvus hat Homer das Fut. xogéo, axdgcoa, xexd— Qnpar, Gxooytos, spiter auch axdgetoc; hieraus ergiebt sich, dass der Stamm nicht xogeo-, sondern xoge- ist, und dass dxogéooato, gxogécIqv bei Homer nur aus metrischem Bediirfniss fir éxopéoero gebildet sind, wie xaléoow, dxddecon fiir xadéow, éxcAeca. noSéo, Aor. hom. 16Fsoa att. érd Fyoc, ist das Causativ mu. bidjan. aivéo aivitouc, hom. aivgow iryyce, dor. alvyow, att. aivéos iweca qvédqy. Im Lateinischen war der Zusammenfall der Verba auf é mit den Causativen einfacher. Nach dem Muster von pontes pontium aus *pontejes *pontejom, gr. médeg mods» ist die urspringliche Flexion eines Causativs so anzusetzen: “onto monés monét *mo- nimus monttis *moniunt, monébam, monébo, monére, also nur mit geringen Abweichungen von der Flexion von taceo. Wie einige primare Verba vom Prisens aus in die Analogie der Denominativa auf z ‘ibergegangen sind, z. B. vento, salio, farcio u. s. w. (ebenso die abgeleiteten Verba auf -iwrio), so auch vielleicht ein oder das andere Causativ. Meist aber haben sich die Causativa mit den Verben auf @ vermischt, in der Weise, dass sie Formen, wie *monio, aufgaben, aber ihr Perfectum und Part. Pass. beibehielten, und damit sogar die Bildung -gvi -étus bei den Denominativen fast ganz verdringten; nur abolévi, exolétus, obsolétus, acétum, olétwm haben. sich von derselben erhalten. Nach diesen Auseinandersetzungen halte ich es fiir ausge~ macht, dass in den europiiischen Sprachen Causativa auf -ej5 und Denominativa auf -2j5 vorhanden waren, die nur im Sideuropai- schen zusagnmengefallen sind. Es giebt also im Ganzen fiinf Arten abgeleiteter Verba, die von a-Stimmen herkommen; die auf 6 und auf -d6, die fast nur noch im Griechischen nachweisbar sind, und die auf ~46, -djo, -ajd. Die letzteren scheinen sich zu den ersteren zu verhalten, wie vamitd duetos vomitus zu gatd Batdc venius, ganitar yeverig yevert, genitor genstus xu tatd reds tentus, d. h. in dem einen Falle tritt das abtetende Suffix unmittelbar an und bewirkt Schwiichung der Stammsilbe, wie in dyyéldo, Bscfo von den Stimmen @yyedo-, frd-, in dem anderen geschieht die Anfiigung durch den sogenannten Bindevocal, und die Stamme bleiben ungeschwicht. Aus svopno + 6 wird *svopnijo, invea wie im Nom. dual. roi aus to +e; aus pera + 66 wird *egajoo, negdw, wie aus -@ + es -ds im Nom. Pl. Fem.; -o ist aus -e + 66 entstanden. Der Unterschied des Stammes in gidéw *pidyjo und tnvdw “inva ist derselbe, wie in gide Voc. und giloc, vanitas pietas gt. diupiba und guddrye sl. dobrota, sucec und édunov. Die Bildung gidéw sieht alterthimlicher aus als imvow, wie diu- piba Alter ist als dobrota; aber beide sind allgemein europiisch, wie sich unten zeigen wird. Wir wenden uns zur Erklarung der germanischen Verba auf at. Dem lateinischen habeo gemiss hat das Prisens des ent- sprechenden Wortes im Germanischen einmal — indem ich das gotische e, althochdeutsche a durch a° bezeichne — folgender- massen gelautet: *habatja *habatjiz “*habatjid u. 8. w., *habajau *haba'jaiz u. s.w., *haba't, *haba'jande, *haba'jan. Sehen wir, was aus diesen Formen werden musste. Dem sl. s&q, véjq lt. séju entspricht gt. saian vaian, und aus diesen hat Leo Meyer, Got. Spr. 697, geschlossen, dass gotisches ej zu ai wird; ebenso hat er bemerkt, dass die Ver- bindung ov im Gotischen nicht vorkommt, sondern durch aw er- setzt wird, a. a. O. 388, 709. Diese Bemerkung ist durchaus richtig, nur dass a7 und aw nicht im Gotischen aus ¢ ov, sondern im Urgermanischen aus a‘j und a°v entstanden sind, und dass die- selbe Regel, die fiir das Gotische aufgestellt ist, fir alle germa- nischen Sprachen gilt. Ueber die Entwicklung von aw aus a°v ist spiter zu handeln; hier sei nur hervorgehoben, dass aus ahd. stouwan stowita, = gt. stojan stawida, hervorgeht, dass dies Laut- gesetz nicht blos fir das Gotische gilt. Da aber gt. at auf die- selbe Weise fir a°j eingetreten ist, wie au fir a°v, so ist es auch nicht wahrscheinlich, dass ai sich blos im Gotischen finden soll, aber nicht im Althochdeutschen, au dagegen in beiden Sprachen. Das ai in satan vaian will Joh. Schmidt, Z. XIX. 279f, “satan *vaian lesen; dann erklarten sich adh..séan waan anscheinend besser. Es lasst sich leicht zeigen, dass man dem ahd. @ dieser Warter damit nicht beikommen kann. Wenn man “saan liest, muss man auch “stZuida lesen; ahd. stowita hat aber den einfachen 2° — 20 — Diphthongen ou = gt. av. In dinem Worte ist die Entstehung eines at aus a‘ fir das Ahd. gesichert, in ed eves = dvum; dass aus europaischem “ivjom, = @éy Gvum jaje, im Germanischen *a°vyjam und mit Verlust des v a‘j werden musste, wird weiterhin besprochen werden. Wie ef hat auch ahd. haden in der Stamm- silbe ef 2, nicht ai a (S. 23), und deswegen ist es sehr zu be- zweifeln, dass die Gleichstellung von saan und saan, suf der allein die Ansetzung eines “saan beruht, aufrecht erhalten werden kann. Fir saian sollte man ahd. *secan erwarten, und da das Mittelhoch- deutsche in manchen Fallen Formen erhalten hat, die sich im Alt- hochdeutschen des geringen Umfanges der Quellen ‘wegen nicht belegen lassen, so ware es nicht unméglich, dass die far Verba auf -ajen vorkommenden Nebenformen auf -eten -eigen -aigen nicht blos falsche Schreibungen sind, wie Grimm Gr. I 437 an- nimmt; auch im Althochdeutschen findet sich netu neie fir naiu, Graff IL 997. Ferner kommt neben ahd. crdwa craa, = mhd. kere erage, ahd. kreia vor, Graff [V 587, das mit dem mhd. kreie ibereinstimmt. Dies Wort wiirde im Gotischen ein Fem. von der Gestalt *krevi *kraios sein (vgl. taut toyis); kraios, entstanden aus *kratjos *kra*yjos. Im Althochdeutschen, welches die Nom. F. auf a verliert, wird aus *eréwi craoa und crata, mhd. bra und kraje; ahd. kreta, mhd. rete ist aus der Stammform von “kraios entstan- den. Bei Graff a.a.O. findet sich auch ein chreia »grus‘, welches Vielleicht nicht identisch ist mit dem oben genannten kreia, sondern, wie 1. grus, durch Metathesis entstanden und zu It. gerve zu stellen ist; die germ, Grandform wire aber sbenfalls *kra°vi “ratios. Die Prisensform saan wian erklire ich als entstanden unter dem Einfluss des Usberganges dieser Verba in die schwache Flexion, welche ihren Amsgang von dem Participium genommen hat. Das Participium starker Verba wird allerdings meist durch suff. ana gebildet, wie im Slavisehen durch enti; dber wie das Slavische hauptsichlich hinter Vocalen atich das suff. -ti; erhalten hat, so haben auch im Germanischen Participia wie *sada- zn satan, “rida- zu *rijan existirt; “sana-, *réna, die man nach gt. bidans and. dainn erwarten miisste, finden sich nirgends. Als im Ahd. zu den Participien sat wat die Priterita sita wata gebildet wurden, wie schon urgermanisch *vor/yan durch sei Part. *vorhte- der Analogie der schwachen Verba verfallen war, drang der Stamm ea: wa- auch in das Prasens ein, und sijan wijan verdréngten “seian *weian. — a — Eine solche Beeinflussung des Prisens durch das schwache Priteritum ist bei vocalisch auslautenden Wurzeln ganz gewohn- lich. Das dem got. stgjan entsprechende stuowan ist im Ahd. nur ganz selten; dafiir ist aus dem Prateritum gt. stauida ahd. stouita, stouta ein Prisens stouwan mhd. stéuwen stouwen gebildet. Dem got. strawan stravida entspricht abd. strewen strewita, mhd. neben strewen streute auch noch striuwen stroute. Dasselbe Verbum lautet im Altnordischen stra strada; aus straujan musste *streyja werden, stra hat sich an strada aus *stravda angelebnt. Diesen Uebergang kann man genau verfolgen an heya Prit. hada, und preyja neben pra Prat. prada, vgl. Wimmer-Sievers 127, 130. Das Causativ der Wurzel phx wirde im Gotischen *flawan *flavida lauten, wie oben strawan; dem entspricht ahd. flewen, mhd. vléuwen vlouwen und fleun. Dem gt. fullnan, 1. Sing. fullna fullnoda, ent- spricht im Altmordischen nicht fullna *fylln fullnada, sondern fullna fullna fullnada; and. fullna wird wie ein gt. *fullnon flectirt. Im Angelsichsichen findet sich sowohl védenan, als véicnian, eacnian. Auch im Slavisch-Litauischen ist eine solche Umgestaltung des Prasens nach den anderen Temporibus nicht selten. Sl plujg pluti far plovg pluti nach kujg kuti. Lit. stoju, lett. staju gegen- ber sl. stojg zu stojau stoti, staju stat nach moju boju loju u.s.w. Lett. déju daju dét gegentiber lit. dedu déjau déti nach séju, spéju. Lit. siueu gegen sl. 3ijq nach siwvau; lit. idtu fir *adkiu — of nach dau. Zu den Prasentien jg, smbjq, réjq sind die Infinitive lijati smijati rivoti und régjatt, Miklosich III 123 £; auch das Lettische hat mehrere Stimme leiu laju let, smeiju sméju smét, reiju réju rét, sleju sléju slét, Bielenstein I 354f, 366f, aber das Litauische flectirt léju léjau lti u. s. w. Die Unurspriinglichkeit von séan waan bestitigt aufs Ueber- raschendste ahd. tau, = gt. daddja sl. dojg s. dhajami, von der Wourzel dké, S. 11, deren Prasens niemals einen langen Vocal gehabt hat. Von grosser Wichtigkeit sind ferner die Formen des Altsichsischen, welches auch hier den Uebergang zwischen Alt- hochdeutsch und Angelsichsisch bildet. Linerseits giebt es ein schwaches Verbum sajan saida; aber Hel. 2536 bietet das redupl. Prateritum -sew = ags. seov. Dazu kommt sehan Hel. 2389 Mon. (saian Cott.) und biknegan Hel. 1810 = ahd. bichnian; man mag diese Formen als *sejan *biknejan, oder als *stjan *biknéjan auf- fassen, — letzteres ist des Angelsdchsischen wegen das wahr- scheinlichere —, jedenfalls kénnen sie nicht aus “*sdjan *biknajan, — 2 — sondern nur ans *sezan *bikneian entstanden sein. Angels. sévan vivan ist genau = satan vaian. Aus diesen Griinden glaube ich nicht, dass man das ahd. saan waan zor Erklarung von satan vaian heranziehen und ihr @ dem é des sl. séjq veyg gleichsetzen darf. Prasentia, wie satan, sind in den germanischen Sprachen nicht ~elten; vgl. Leo Meyer Z. VIII 245 ff. gt. sovan ags. sivan mhd. sajen — sl. séjq, It. ltt. séju. gt. vatan ags. vavan mhd. wayjen — sl. vdjq. mhd. Blajen ,bléken‘ — sl. bléjq, 1. fleo. mhd. nejen — gr. vée, 1. neo. Far einige sind entsprechende Prasentia in anderen Sprachen noch nicht gefunden. ags. mévan mhd. majen; Wurzel mé, s. 8. 12. Gr. duaw ist gebildet wie “Soper, dojg. ags. bravan whd. drayen, verhalt sich zu érgqou, tontds, wie 1. pleo zu édqoa, russ. préjq zu émonoa. mhd. sprajen (sprat), vgl. menos Dl. 16, 350 ro (alua) Cava orépea xa xord Sivas neqce, wo an mendw ,an- zinden‘ gar nicht zu denken ist. Wir kehren wieder zu der Flexion der abgeleiteten Verba mit dem Stammauslaut ¢ zurick. Das als urgermanisch erwiesene Lanutgesetz verlangt, dass aus aj aij ai wird, also aus *habatja “haba'jamz, *haba‘jau *haba'jaiz, *haba‘yan (8.19) *habaia, *habaiame, *habaiau habaiaiz, *habaian; *habatjiz *habayid wurden durch *habatiz *habavid, wie and. fleiri S. 12, zu *habaiz *habaid; der Imper. *haba’j wird haba’. Demnach ist als urgermanische Flexion des Stammes Aabé- anzusetzen: Ind. habaia habdtiz hadaid habaiamz — habaiand Opt. habaiau habaiaiz habaiai a. 3. -w. Imp. habat, Inf. hadaian, Prat. habaida. Ob das Partic. Pass. (und darnach das Prat.) als *habaidz anzusetzen ist, oder als *haba'dz, ist vielleicht in Frage zu stellen. Fir *Aaba'de, das gebildet ware wie gidqzés, sprache das and. hafat, sagat, lifat u. s. w. (Wimmer-Sievers S. 125 t, 181), da aus “habaid *hafit geworden ware, vgl. erfidi und gt. “arbaips; doch kann difat auch nach kallat gebildet sein. Das Angelsichsische und Altsichsische kommen nicht in Betracht, da sie af und 4 in Endsilben gleich behandeln; das Althochdeutsche hat zwar. ver einzelt a fir e; doch kénnte dies a auch auf ai zuriickgehen. Ahd. habet, gt: habaifs weisen auf *habaide, das aus dem Stamme ~ 3 — haba’- mit dem Suffixe der Causativa -ida- gebildet ist. Der Unterschied von ahd. aradeit und habet wird durch die Annahme von Epenthese, ISV II 478, noch nicht erklart, da auch epen- thetisches e¢ 2u @ wird, vgl. -més aus *-meis a. a. O. 481; arabeit verhalt sich zu habet, wie armuot zu salbot. Das angesetzte Paradigma ist nirgends mehr in dieser Ge- stalt anzutreffen; in der Verinderung desselben sind die einzelnen Sprachen sehr verschieden verfahren. Das Gotische hat regel- missig die schon urgermanisch zweisilbig gewordenen habais habat'b habai erhalten; die ibrigen Formen sind in die starke Conjugation tibergetreten, und zwar vom Optativ aus. *habavaiz u.s.w. wurde mit Auslassang des einen af zu habais verkiirzt und verfiel da- durch der Analogie von farais; zuerst wurde habau und dann auch haba u.s.w. neugebildet. Auf lautgesetzlichem Wege konnte haba nicht aus *habaia entstehen. Dass einmal eine Flexion *habaia u. 8. w. existirte, und dass in der That das aj dieser ab- geleiteten Verba zu ai geworden war, wird auf das Schlagendste auch fiir das Gotische erwiesen durch armaio, dem Verbalsubstantiv zu arman armaida, das in seiner Bildung genau mit idéa, aus *Fidqje zy video vitan, ibereinstimmt. Auch die gotischen Verbal- substantia auf -ain7- sind hier zu erwihnen. Aus hazeins laiseins ergiebt sich, dass das Suffix -nd (aus zni sl. sni, basni £. = and. bon ags. bén germ. *bdni-, S. 28; z ist nach A und s erhalten, gt. garehsns, anabusns, vailavizns aus *vailaviz-zns, rohsns) an den Causalstamm “*hazeje-, laizeje- angetreten ist, nicht an einen Stamm, den man aus dem Part. datsips hatte erschliessen kénnen. “*hazejenni~ wurde *hazijinnt-, *haztinni-, *hazini-. So ist pulains aus *ula‘jine ent- standen. Im Althochdeutschen sind die gewinschten Formen mit ef erhalten. Im Indicativ wird das @ von habes habet, jedenfalls unter dem Einfluss des Priteritums habeta (vgl. sdian sata fir *seian sata), in die tibrigen Personen eingefahrt; es tritt auch in den Infinitiv und das Participium. Dagegen ist der Optativ, wenigstens im alemannischen Dialekte regelmassig, von einer Analogiebildung verschont geblieben; es heisst bei Notker noch haftete, habetest, habeien. Weinhold, Al. Gr. 368 ff. 386, will das j der aleman- nischen Optative der e- und o-Klasse aus einem ,jiingeren Wucher- trieb‘ erklaren, ohne sich dartiber anszulassen, woher es eigent- lich gekommen ist; er behauptet sogar, dass derartige Formen im alteren Alemannischen nicht vorkommen, obgleich lebee, kerdes, — a — auhkhoes auch nichts anderes, als *lebeje*), *kerdjes sein kénnen, deren j nur, wie in den meisten Fallen, nicht geschrieben ist. Der Uebergang der ai-Verba in die ja-Klasse, der in anderen germanischen Sprachen zur Regel geworden ist, findet sich im Alt- hochdeutschen nur scheinbar, namlich bei den haufig gebrauchten Verben faben und sagen. Bei diesen schwachte sich e zuweilen zu ¢, und dann wurde in habis, habit, habita unurspringlich der Umlaut eingefihrt; hebis hebit sind gar nicht zu neris nerié zu stellen, denn als 1. Sing. brauchte man habu, habo, nicht *hebbu, wie im Altsichsischen. Der Umlaut ist gerade in den Formen ein- getreten, wo ihn die anderen Dialekte nicht haben; deswegen darf man nicht beide Erscheinungen zusammenwerfen. Das Alt- und Angelsichsische und das Altnordische treten dadurch in einen starken Gegensatz zum Althochdeutschen, dass sie aus *habeju mit Verlust des inlautenden kurzen e — was sich auch sonst in diesen Sprachen dem Althochdeutschen gegeniiber findet — “habju *hebju machen; der Umlaut von *hebju ist aber ein lautgesetzlicher und yon dem in ahd. hedis wohl zu unterscheiden. Hierdurch fallt eine Reihe von Formen der ai-Verba (nur 2. 3. Sing., Impt. und Prat. nicht) mit den entsprechenden der ja-Klasse zusammen, und beide Klassen werden vermischt; einzelne Verba aber werden in den sachsischen Dialekten noch ganz regelmissig flectirt. Dass zwischen j und dem vorhergehenden Consonanten ein Vocal ge- schwunden ist, wird im Besonderen noch erwiesen durch and. segja, pegja; aus urspringlichem gj hatte im Altnordischen gqj werden miissen, Wimmer-Sievers 24. Wie dies 7 auf a umlautend wirkt, so verhindert es die Brechung von 7 und w; einem *hebju *habais entspricht *libju *lebais. Im Altsichsischen sind die Verba der ai-Klasse zum gréssten Theil in die o-Klasse iibergetreten, nicht auf dem Wege laut- lichen Zusammenfalles, sondern einer auch im Althochdeutschen stark hervoriretenden Neigung folgend, vgl. truon, wakon, thagon, hangon, folgon, fragon, halon, haton, langon. Eine regelmassige Fortentwicklung hat hauptsiichlich bei den Verben ,haben, sagen, leben‘ stattgefunden. Das Paradigma ist folgendermassen fiir die beiden sachsischen Sprachen anzusetzen; *) Auch hafteie habcien sind als *hafteze *habeyen aufzufassen, d. h. das urspriingliche ei hatte sich, wo es vor Vocalen stand, liquidirt, was in be- tonter Silbe nicht stattfand. Das ftir «auch bei Notker meistentheils stehende ¢ ist nie mit einem Lingezeichen versehen, also kurz. — B&B — Ind. hebju habas habad Pi. hebjand. Opt. hebja hebjas u. s. w. Imp. haba, Inf. Aebjan, Part. hebjand, Prit. habada. Das fir ai angesetzte a wechselt im Altsiichsischen, wie in anderen Fallen, mit e, 7 Dem entsprechend flectirt das Alt- sachsische Ind. hebbiu habas habad Pl. hebbiad. Opt. hebbia, Inf. hebbian, Imp. haba. Ind. seggiu sagis sagad. Opt. seggia, Inf. seggean, Imp. saga. Die Priterita habda, sagda, lebda haben den inlautenden Vocal verloren. Von Uibbian findet sich nicht *dbad, sondern nur nach der o-Klasse Jebot (Cott., Zidod Mon.). e wechselt mit ¢, wie in arbid neben arbed; daher kommen neben einander vor habes habis, habed habit, habe habi, sagis, sagit, sagt. Ganz vereinzelt ist segis, als 2. Pers. zu seggiw, und umgekehrt Formen ohne Umlaut, wie habbian, habbiad nach habis, Im Angelsichsischen fallen die betreffenden Verba in einigen Formen mit den ja-, in anderen mit den o-Verben zusammen. li’ban (altfries. Wbba) flectirt Ind. Ube lifige, leofast, leofad (levath), Pl. Ubbad lifigad. Opt. Lifige, Imp. leofa*), Inf. Uibban, Prat. leofode. Selten und spat ist die Verwechslung beider Stamme, Jegjige, lfad. habban hat den Umlaut wieder aufgegeben, halt auch die beiden Stémme nicht mehr recht auseinander: 1. Sg. habbe hafa, 2. Sg. hafast hafest hafest hafst, 3. Sg. hafad hafed hifed hafd, Pl. habbad habbad. Opt. habbe, Imp. hafa, Inf. habban habban, Prat. hafde. Ganz regelmissig ist secyan: Ind. seege, sagast, sagad stiged, Pl. secgad. Opt. seege, Imp. saga sage, Inf. secgan, Prat. sdgde. Sehr selten ist secged fir sagad. Hier sind auch zu nennen Sylgian, = and. fylgja, neben folgian, hycgan neben hogian aus urspringlichem fylge folgast, hyege hogast; ihr Prateritum lautet Folgode, hogode. Das Angelsachsische hat also von allen germa- nischeyn Sprachen die urspriingliche Flexion der ai-Verba am regel- *) leofa flix *Jeofe, wie man. 2u erwarten hatte, durch Einfluss der Singularformen, ebenso seaifa; umgekehrt ist im Conj. Pl. Aclfen fir *helpan aus *helpain nach dem Sg. Aelfe = *helfai eingefihrt. — 62 — missigsten bewahrt; dass dasselbe bei den o-Verben der Fall ist, wird sich unten zeigen. Das Altnordische, vgl. Wimmer - Sievers 125 f. 130 f, steht in der Mitte zwischen Gotisch und Sichsisch; es hat aber yon den Eigenthimlichkeiten der ai-Verba nur ganz geringe Spuren erhalten, die man ohne Hiilfe der westgermanischen Dialekte kaum erkennen wirde. 2. Sg. bolir, Imp. “poli sind = gt. *pulais, *pulad; die anderen Prasensformen sind, wie im Gotischen, stark. Den Umlaut hat erhalten hef, alt hea. a.O. 180 A. 2, aus *hefju; hier ist er aber bei dem Zusammenhang, der im Altnordischen zwischen den drei Singularformen des Indic. Pras. stattfindet, auch in hefir eingedrungen. Im ganzen Prasens findet sich Umlaut in sega und pegja, weil vor g Umlaut sehr beliebt ist, aber Prat. sagda, hagda, Part. sagat sagt, bagat pagt. Andere, wie fylgja, Prat. fylgda, sind véllig za ja-Verben geworden. Der Unterschied des Wurzelvocals von ahd. leben und alts. ags. litban findet sich wieder in and. ola gegeniiber lifa, gt. pulan, Liban. Hiermit glaube ich das Verhiltniss der germanischen Verba, auf at zu den Iateinischen auf é erklart zu haben, und kann die Untersuchung aber das @ der europiischen Sprachen abschliessen; es bleibt nur noch tibrig, das Verhaliniss des. gotischen ¢ zum althochdeutschen @ u. s. w. kurz zu besprechen. Es ist aller- dings sehr verlockend, das gotische e dem @ der anderen euro- paischen Sprachen vollstindig gleich zu stellen, um so mehr als auch die siichsischen Dialekte einen e-Laut neben @ fir das gotische ¢ haben, und ein @ auch den dilteren hochdeutschen Dislekten nicht fremd war, vgl. Scherer ZGDS 126. In- dessen wird sich unten zeigen, dass das germanische 2, @ noch einem ganz anderen Laut entspricht, und schon dies wiirde die Gleichsetzung des gotischen ¢ mit dem europdischen 2 bedenklich machen. Es giebt ferner noch andere Griinde, die uns verhin- dern, als urgermanische Gestalt des Vocals @ anzusetzen; es muss vielmehr ein langer Vocal gewesen sein, der dem’ kurzen @ ndher stand als dem ¢. Dies ist,zu schliessen aus der Entstehung von at, die eben besprochen ist, der Karzung zu a in fadar dauktar, der Contraction in gt. fret, fretun, die aus *fra et, *fra etun nicht entstanden waren. Ich setze daher als urgermanischen Vertreter des europiischen @ ein helles 4 an, das oben mit a‘ bezeichnet warde; dies a* wurde in allen germanischen Dialekten zu «, dann theils zu é, theils wieder zu a. a .Siideuropaischem 4 entspricht, wie bekannt, im Slavischen a, im Litauischen o, im Lettischen @, im Germanischen 6. Diese Lautvertretung kommt so ungemein haufig vor, dass ich nur die wichtigsten Beispiele hier anzufiihren brauche. gr. gnyoc, 1. fagus, ags. boc ahd. buocha. gr. miyus méyvo Ahrens I 87 IL 148, and. dogr ags. big ahd. buog. gr. ydvs adic Ahrens I 85 II 130, 1. sudvis, ahd. swozt ags, svéte gt. suts aus “svots. 1, nares ndsus, \t. nosis ltt. nasis Pl. Ags. nosu nach Sievers PB. Btr. I 488 mit kurzem o. osk. faamat jhabitat* (vgl. 1. clamare), gt. doms ahd. tuom. 1. natus natio, gt. knodat Dtv. ahd. chnot chnuat. lt. protas ltt. prats ,Verstand‘, gt. frops frodaba and. frodr ahd. fruot. 1. sénus, and. son f. abd. suona. gr. yatedat oddai Hes. (s. S. 3 Anm.), It. votis Itt. vats. 1. rapa aus *rapja wie dvum aus *dujum, lt. ropé, ahd. ruoba ruoppa mhd. riebe. Grundform ist *rapja; also scheint sl. réya durch Epenthese entstanden zu sein. ir. lar, and. ags. flor mhd. vluor. gal. rad, sl. radii, lt. rodas, ags. rot. 1. cérus, Itt. kars, gt. hors ahd. huora. gr. xqrcog xGrcog Ahrens II 140, 559, alts. hova ahd. huoba: It: koséti ltt. kasét kisa ,Husten‘, ags. hvosta ahd. huosto. gr: MeounFevs Hgopedsts Ahrens II 130, gt. *mops (modis moda) and. médr ahd. muot. hom. ssiwy Od. 4, 425 (d. i. *xgev) xéale aus *xyFato (vgl. dor. xautdas, Hesych xateva), lt. kova Schlacht' ltt. kavéns kavejs. — 8 — gr. qyéouer cyéoucr Ahrens II 130, 1. sagio, gt. sokjan. Ein a-Stamm derselben Wurzel ist enthalten in 1. sagus, gt. unandsoks (i-Stamm, s.u.) sokarets mhd. suoch. solyan ist primar (s. u.); daher sokne, nicht *sokeins. L gramen, ahd. gruont alts. grant ags. gréne ahd. gruoan mhd. griiejen gruote gruot f. 1, pabulum, and. fodr ahd. fuotar. Dazu 1. pastor, sl. pastyri, and. fostr ags. fostur n. Br. locus locas, |. stamus 1.Pl. stare stator staturus, sl. stati, lt. stoti Itt. stat, gt. gastoban. Ueber gt. staua stojan ahd. stowean und ther ahd. st@m s. u. Dazu gr. orgdy ovéde Ahrens II 130, lt. pastolat, gt. stols ahd. stuol. sl. start, It. storas, and. stirr. gr. orquay, 1. stamen, lt. stom, gt. stoma. Br xj yey = *xn Fe (das Wort ist in der homerischen Form in die anderen Dialekte tibergegangen), 1. hiare hiatus, It. Riots Ziggy Itt. Saat Zavas, and. gomr ags. goma ahd. guomo. Auch sf. zijati ist vielleicht zija-ti zu theilen und zija- als *zija- aus *zia- aufzufassen. Ahd. gewon aus *geon, *gion? gr. paeng eeng Ahrens I 87 IL 148, 1. mater, sl. mati, lt. moté motina ltt. mate, and. médir ahd. muotar. 1. clamor clamare, ags. hlovan ahd. hloan luon mhd. liiejen. gr. podrag hom. gonrey, 1. frater, sl. brati:, \t. brolis ltt. bralis, gt. bropar ahd. druoder. sl. mama, lt. moma ltt. maminja, abd. muoma. L. planus, It. plonas Itt. plans. 1. Limentum latrare, sl. lajq lati, \t. loju loti Itt. Uaju Uae. Gt. laian s. a. : gr. gms piu, \. fari fatum fama fabula, sh. bajati basi, lt. daboju -bosiu -boti, and. Bon f. engl. Boon ags. ben f. germ. Thema *d6nz-. gr. xyxcéto (neben xoxds mit a), ahd. huoh huohon. gr. xqyvous Snake (Ahrens Il 130, = senda) ngyde (fir *nyxds nach miyvom), 1. pax pacare, mhd. vuoge abd. hafogi mhd. geviiege und das Caus. der Wurzel ags. fégan alts. fogian abd. fuoyan mbhd. viiegen. gr. nijoow nérdnya nigyh mayd, |. playa, sl. platg plakati, gt. faiflokun alts. ~fiscan ahd. —fluakhan fluok fluochen. Wurzel plakh. — 9 — L rana (2), sh. rari, lt. rojott Mt. raju rat, ahd. ruod ,Ge- brill‘ Notk. mhd. riicden ahd. irruota Notk. Ps. 37, 9 jirrugiit, rugiebam‘, was entweder Prateritum zu *ruodan = mbhd. riieden oder zu *ruoan = Itt. raju ist. Die deut- schen Wérter kénnten ein h im Anlaut verloren haben; aber so lange nur hAruom und hruod dafir angefihrt wer- den, ist der angenommenen Zusammenstellung der Vorzug za geben. Perfectum von Wurzeln der a-Reihe, z. B. Aédqxs Trag. Adena, abd. vag alts. ags log (Pras. ahd. alts. dahan ags. lean); Fypas dor. dypas Ahrens II 129, and. ok (Pris. Gye, aka); 1. soabi, and. scof (Pras. scabo, scafa). Gt. hof ist nicht mit Amelung Z. fd. A. XVIII 193 dem 1. c&pi gleichzustellen; fof verhilt sich zu cepi, wie nam zu nemun. Causativa derselben Wurzeln. Anwéo dor. daxsa; suideo; pareo, alts. forjan ahd. fuorran mhd. viieren. Perfectum und Causativ von Wurzeln der 2-Reihe, woriiber unten das Weitere, z. B. uéugda wepoddres Pind. Ol. I 89 (Pris. wéhw), gt. gaigrot alts. grotjan ahd. gruozan mhd. griiezen (Pris. gt. gretan). Dies sind die wichtigsten Beispiele far europiisches @ in der Wurzelsilbe; im Anschluss hieran sind einige Fille zu be- sprechen, in denen es im Germanischen nicht zur Entwicklong eines 6 gekommen ist. Als Muster greife ich das Verbum gt. stojan stawida und das Neutrum tawi tops heraus, in denen aw vor Vocalen mit o vor 7 wechselt. Es ist schon erwahnt, dass Leo Meyer dies aw und o auf ov zariickgefihrt und darnach einige Lautgescize des Gotischen festgestellt hat, wie das gotische ai fir ¢ ale allgemein germanisch erwiesen ist, so lassen sich auch hier die Spuren eines gleichen Lautgesetzes in den anderen germanischen Sprachen nachweisen, aur dass in denselben von einer so regelmassigen Stammabstufung, wie im Gotischen, nicht mehr die Rede ist, und wie oben S. 26 aus der Entstehung von ai geschlossen wurde, dass ihm nicht ein 4, sondern ein a°f zu Grunde lag, so ist auch als altere Stufe fir au nicht Go mit dem tiefen o der germanischen Sprachen, sondern a’v anzusetzen, worin @ ein & dunkler Firbung bezeichnet. Aus den angefihrten Bei- — 30 — spielen ersicht man, dass die betreffenden Lautveranderungen erst nach dem Wirken des Auslautgesetzes eingetreten sind; sie ordnen sich chronologisch folgendermassen : Aus “ta°viai *ta°via? *sta*vija® *sta'vida’a *kra’vi *kra*via’s entstand “tart *ta"yja “*ata’yja *sta’vida *lera’et *hratyjate dann “taxi = *ta%ja*statja | *sta’vida |= *hra’ut kra’ja’s endlich taut *toja —staja’—«S=Ssstaruida ~—*herevt *leraios Ein v vor Consonanten, z. B. j, und im Auslaut wird im Ger~ manischen sehr verschieden behandelt. Mit vorhergehendem kurzem Vocal verschmilzt es zu einem Diphthongen, so gt. pins, piu, nits, strawan, maujos; sonst bleibt es als v erhalten, schwindet aber vollstindig vor 7. Hinige Beispiele fir diesen Verlust des » vor j will ich hier anftihren, gt. stejan ahd. stuowan arstuota — sl. stavijg, lt. stoviu ltt. Stéiyju stévn. gt. toja Dat. von tau ubtltojis neben tawjan tavida, das ein primares Verbum gewesen zu sein scheint.. Etymon fehlt. gt. hardja- ahd. herti, gt. sulja- abd. suozi mhd. silese age. svéte. Bei den Adjectiven auf u ist der ja-Stamm nicht obne Weiteres fiir den u-Stamm eingetreten; er ist, wie Joh. Schmidt annimmt, aus dem Femininum einge- drungen, das durch das Suffix 1a gebildet wurde. Augen- scheinlich ist er mit dem lateinischen i-Stamme in suavis, gravis 2a vergleichen, und da es im Lateinischen suavis, nicht *suadis heisst, so muss germ. *sva'tja- aus *sva°tyja- entstanden sein, mit Verlusi des » vor 7. Das wv blieb auch hier als w erhalten, wenn ein kurzer Vocal vorher- ging; daher mavi maujos, fem. zu magus. ahd. faterro fetero mhd. vetere ags. fadera germ. fadarja aus *patryja~ — s. pitryja, 1. patruus. ISV IL 229 vere sucht zwar, das v des Sanskrit als unurspriinglich nach- zuweisen; da es sich aber auch in den siideuropaischen Sprachen findet, und z, bratiirja- ebenso gut aus *bhratryja entstanden sein kann, muss das v fir alt gehalten werden, Wenn v vor j hinter einem a* schwindet, tritt auch das oben be- sprochene Lautgesetz ber a’; in Kraft; daher ahd. alts. ev ags. dg and. egg — ddy, 1. dvum, sl. jaje, euro- paische Grundform *yom, germanische *ayfam (nicht *a'viam, da die verwandten Sprachen consonantisches 7 verlangen), woraus durch das Auslautgesetz *aryy, *a’j, — 31 — *aij wird. *azj ist anders bebandelt, als sudan und habdai, weil j nicht vor einem Vocal, aber doch: in betonter Silbe stand; als gotische Flexion des Wortes ist *addj, *atis anzusetzen, *a°yj ist entstanden wie gt. pivadv; echt con- sonantische v und j werden, wenn sie in den Auslaut kommen, nicht sofort vocalisirt, héchstens hinter Vocalen. ahd. crefa mhd. kreije, Stamm *kra‘yja-, wortiber 8. 20 ge- handelt ist. germa. flaian mhd. fleen aus *fla*yan, s. u. Es finden sich allerdings Wérter, in denen v vor 7 erhalten ist: in diesen sind aber beide Laute erst nach dem Wirken des Ge- setzes zusammengekommen. So in gt. *ayguja~, gaugyvjan 20 *aggvus, manyja- zu manvus, wo das v aus Formen. wie aygvy, manvus, in denen es selbst schon unurspringlich war, wieder in den ja-Stamm eingefiihrt ist. Ferner in gt. levjan ags. gelevan ahd. gilaen, ein Denominativ von lev, u. a. Nicht hierher ge- héren Worter, wie gt. saggjan, in denen v cin integrirender Be- standtheil des vorhergehenden Consonanten ist. Dasselbe Laut- gesetz fiber die Behandlung des v vor j herrscht merkwirdiyer Weise im Slavischen und Litauischen, nur tritt in diesen Sprachen die Verhindung v seltner auf; vgl. It. nawas aus *nevjos — s. navja, gr. ves. lt. krawjas aus *krevjos — gr. xegas. ? juju ltt. pYarpe 5 aus gary — gr. malo mralw, |, pavio. sl. jaje aus ayje — gov, dvum. It. seld3a-, Stamm zu saldus, aus *saldyja~, wie im Ger- manischen. It. gyju aus *gteju ,genesen‘ von gyvas; aber sl. hint hivdjg ist Causativ. sl. Sijq — s. stvjati. Das sl. 347g koénnte auch aus *sijg entstanden sein; ein solches Prisens kommt aber nirgends vor. Die siideuropiischen Sprachen haben *s7ij6, von dem Stamme sji-, der sonst vor dental anlautenden Suffixen eintritt. 3 in 3yg wie in Si. sl. minje aus *minyje, vgl. gt. minniza aus *minyjiza, wie ahd. dunni aus *bunvja-. Wo » und j secundaér zusammengestossen sind, bleibt » erhalten: daher stavtja = stoviu, 2. Sing. stavidi. Gt. stojan hat als Prateritum stauida, nicht *stovida; au ist vor Vocalen aus a’v entstanden, wie ai aus a‘j. Es ist echwer oe H eet Beispiele fir diesen Uebergang beizubringen, wenn die betreffen- den. Worter im Gotischen nicht erhalten sind; die strenge Unter- scheidung von au und av, die das Gotische durchfiihrt, haben die meisten anderen Sprachen aufgegeben. Ich ‘begntige mich mit der Anfzaihlung folgender Fille: : : gt. stauida aus *sta°vida zu stojan, alid. stowvan stowwita stouta mbd. -stéuwen stiute, s. S. 21. Die Verdringung des Prasens stwoan im Hochdeutschen war um s0 leichter, als die 2. 3. Sing. an und far sich stouis stow? lauten mussien; denn aus urgerm. *sta°vijiz wurde *sta’viz, gt. *stauets *staueip, die durch stojis stejth verdrangt sind. ‘Von derselben Wurzelform gi. staua £. staua m., dazu abd. stouwon, vgl. sl. stavi: pristavii stava, lt. stova pastova ltt. stave. Zu staua wird gestellt and. sté ags. stv f., denen nach Analogie von and. ri ags. rov ahd. ruowa ein ahd. *stwowa entsprechen miisste; da aber stave im Ahd. nur *stowoa lauten kann, ergiebt sich, dass std und staua, die auch in der Bedeutung stark abweichen, zu trennen sind. std und stdv stehen fiir *st5ju, vgl. and. groa ags. grdvan aus *gréjan, und gehdren zu sl. staja. gt. tawi neben Div. toja. and. naust aus *nawist *na’vist *na’vivist nach Osthoff Z. XXIM 319; doch kénnte naust auch aus *na’u-vist ent~ standen sein, mit *na°u- = gr. vav-. gt. sauil aus *sa°vil, vgl. 7édsag aus *&Féds0c, dessen & nicht desselben Ursprungs ist, wie das in quis duc, da aol. atm und &doc Sapph. 69 von einander abweichen. Lat. dt aus *sGol, wie amo aus *amdo, sto aus *stao, lotus aus “laotus *lévtus zu lave. *sdol ist aus *savel entstanden; der Genitiv sollte nicht solis, sondern *saulis fir *savilie, nach gaudeo elaudo, lauten; solis aus *savelis ist ebenso an den Nom. *savel angelehnt, wie juvenis (nicht *juvinis) an “juven, oder nésus (nicht *narus) an *nds. Gt. sail findet sich wieder im ags. sig segl sigel, vgl. hig heg = gt. havi ahd. hewi. Das Wort *sivel wurde urspringlich consonantisch flectirt; beim Uebergang in die vocalische Declination konnte sowohl die Stammform “*savel- als die sehwache *savl- verallgemeinert werden. Erstere ist in sauil, sigt enthalten, letztere in ags, and. s6J, in dem der — 3 — lange Vocal, weil v vor einem Consonanten stand, er- halten blieb. and. gja aus *giauz, wie s/@ aus *stau, urspr.*giava—ltt. Zavas Pl. In *gjave ISV IT 394 ware die Kéixze des Wurzelvocals auf- fallend. and. deyja ,sterben‘, dey dé dainn Wimmer-Sievers 104, ist ein primares Verbum, das got. *dawa *do oder *dov *davans lauten wirde; es hat dieselbe Tempusbildung, wie dai dédqga. Das Causativ dazu ist sl. davijg daviti ,dricken erwirgen‘; lit. dowyti mit dem Pris. dovyju ist entlehnt. Dem sl. davjjg entspriche germ. *dojan *dauida, vgl. gt. ofdawidai Nom. Pl. Part. Prat. Das Causativ selbst scheint nirgends mehr erhalten zu sein; das primire Verbum ist im ahd. towoan mhd. téuwen zu einem schwachen geworden. Die Wurzel dieser Worter ist dhav, von dem ISV I 165 angenommenen dhu in daujs verschieden. gt. afmauidat ist vielleicht zu and. ma mada ,abnutzen‘ zu stellen, dessen Prasens dann wie stra, S. 21, zu erklaren ist. germ. *fraua- aus “*fra°va- zu sl. pravir ,grade recht wahr‘, ltt. pravs ,gross ansehnlich’. Der Stamm *frava- ist ent- halten in ahd. fro frouwer mhd. vrd vrouwer ags. frea and. frar; ahd. frouwida mhd. vréude aus *fra°vipa. Der Nom. Sg. Mase. hiess urgermanisch *fra’vz; a°v kann sich hier vor Consonanten nicht in au verwandeln. Das Alt- hochdeutsche kennt zwar *fruo nicht, sondern hat dafiir aus den fibrigen Casus jré, d. i. *fraw, eingefiihrt; aber in altn. fror, Wimmer-Sievers 67, glaube ich den Ver- treter von *fra°vz sehen zu dirfen. Dass das 6 durch u-Umlaut entstanden ist, ist deswegen unwahrscheinlich, weil in Wortern wie blar grar, a. a. O. 66, der Umlaut nicht vorkommt, wahrend man ihn hier viel eher zu er- warten hatte. Als urspriingliche Flexion ware demnach anzunehmen frér fratt aus *frour *frauat. Mit hor neben har ist es ebenso; hdr ist aus *hauhr entstanden, wie 16 fld smi aus *lauh *flauh *emauh, fld aus *flauk = ags. fleah, wabrend vor Vocalen h spurlos verschwand; Altere Flexion also hor hatt aus *hohr *hauhat. Auch altfries. fro scheint wie and. frér erklart werden zu miissen. Wenn dem lat. flévus, révus im Germanischen nicht *blaua-, “grawa- ent- sprechen, so kann das nicht auffallen. flavus ist, wie 3 — B44 — Joh. Schmidt Voc. II 353 nachgewiesen hat, durch Meta- thesis entstanden; der Vocal @ hiater der Liquida ist also auf das Lateinische beschrankt. And. d/ar gray ahd. blao gra, denen im Gotischen *Z/evs, *grevs entsprechen wiirde, gehen auf *blévos, *grévos zuriick, die aus *belvos, *gervos durch Metathesis entstanden sind; *blévos *grévos stehen also ungefabr auf derselben Stufe, wie 1. primus, ritus, s. 8. 4. Dies ist die Berthrung zwischen 6 und aw im Germanischen; was man sonst fir die Entstehung eines 6 aus av anfihrt, ist nicht anzuerkennen. So enthilt vor allem gt. flodus nicht die Wurzel zilu, wie man behauptet. Die als Grundform von flodus angesetzten *flavdus oder *flovdus oder *flaudus sind wider alle Regeln der Wortbildung, da es ein priméres Verbum mit der- artiger Gestalt der Wurzel gar nicht giebt, von plu aber nur *fiudus kommen kann. Amelung Z.f.d. A. XVIII 193 stellt flodus 2u nips; aber dass mdpSic ein enthilt, kann wegen dor. wApFog béot. wderFoc, Ahrens I 85 184 II 131 507, nicht bezweifelt werden. Ausserdem zeigt ahd. mhd. floder nhd. flider, dass flo- dus zu theilen ist. Das dazu gehdrige primaire Verbum ist ags. flovan fleov ,fiuthen‘, d. i. germ. *fa%jan von einer Wurzel pla; es ist genau gleich It. ploju ploti ,klatschen‘, Kursz. ,breit zusammen- schlagen‘. In welchem Verhiltniss fon und funins stehen, gehért nicht hierher; es gentige der Hinweis, dass das wu des letzteren gar nicht ein ursprangliches ~ zu sein braucht. Unbekannt ist mir, wie die 1. Dual. *gidos, galeipos entstanden ist; aus *gibave ware “gibaws geworden, und wollte man selbst annehmen, dass vor vz der Vocal gedehnt wurde, so hatte man e oder a und nicht o zu erwarten; *gibos kann nur aus “gibovz, *giba’vez entstanden sein. Die Bildung des Duals ist zu dunkel; als dass aus diesen Formen irgend etwas geschloasen werden dirfte. Ich gehe zur Behandlung des ouropiischen @ in Suffixsilben fiber, in denen es eine sehr bedeutende Rolle spielt, und wende mich zuerst zu den Femininen mit Suffix @ und ia. Genitiv Sing. Die Endung ist -as, nicht -ajas; sonst misste das Griechische, wie im Gen. Pl. auf -w» aus -dwy, stets *-G¢, *-a¢ betonen. Wer in Jat. Dianaes einen Gen. auf ~as zu erkennen glaubt, der muss auch fiir osk. sakaraklets, umbr. popler und fir den Nom. Pl. lat. pudlicets, gnateis nach indogermanischen Urformen suchen. Die arischen -djas und -qjai Ea sind nach dem Loc. -ajam eingeftihrt. Der alte Genitiy ist im Veda erhalten in gnaspati, vgl. brhaspati, brakmanaspati; auch der alte Gen. Pl. Masc. ist in einem solchen Compositum nachweisbar, in devas ganma; gnas ist genau = ir. mnc. Die Endung des Genitivs ist im Europaischen ds; vgl. xéeac, 1. familias osk. molas umbr. tutas totar, ir. nur mna, lt. pos ltt. pas, gt. gibos and. gjafar ags. gife alemann. gebo Weinhold 418, alts. noch vereinzelt erdu iro thinaro. Ueber die Erhaltung der Liinge im germ. Auslaut s. u.; die Genitive auf -a im Althochdeutschen und Altsiichsischen kénnen nicht auf ~os 2uriickgehen, da ein o in diesen Sprachen nicht za a wird. Ich miéchte an dieser Stelle erwihnen, dass sich die Stammerweiterang im Gen. Sg. der Pronomina auch im Griechischen erhalten hats éy¢ Il. 16, 208 ist = jasjae, huar-jizos; dass sich j hier in ¢ verwandelt hat, Curtius Erliut. 79, kann ich nicht glauben. Nominativ Plur. Die Endung ist dieselbe, wie im Genitiv; vgl. s. datas, z. dataéogda. In den europiischen Sprachen haben die Form erhalten osk. asas sab. asignas umbr. urtas motar, ir. ranna, \t. lépos ltt. lépas, gt. gibos and. gjafar ags. blinde ahd. blindo wo drio sio dio alemann. auch gebo Weinhold 419. Das Angelsiichsische lasst zwar beim Pronomen Fem. und Neutr. Pl. durch das Mase. vertreten; da aber beim Adjectiv das Neutr. Pl. erhalten ist, so ist auch das Fem. diinde dem ahd. dlindo gleich- zusetzen. Auch beim Substantivum findet sich noch e, gife Sievers PB. Btr. I 487; das abliche gifa ist Accusativ Pl. Der Grund der Uebertragung ist klar; gife fiel mit drei Casus des Sing. zu- sammen, was bei blinde nicht der Fall war. Dass gifa Acc. ist, erweist auch va; dem got. Nom. Pl. tvos wurde t# entsprechen. Im Altsachsischen hat der Acc. den Nom. ganz verdringt; nur das einmalige two Hel. 4110 = ahd. zwo swuo bezeugt das Vor- handensein der Endung 0. Von den althochdeutschen Dialekten bat beim Substantivum nur das Alemannische o, wahrend beim Adjectiv und Pronomen in allen Dialekten der Nom. auch den Ace. vertritts Blindo verhilt sich zu geba, wie im Mase. blinde zu daga. Beim Substantivum ist im Fem., wie im Masc., der Nom. Pl. durch den Acc. ersetzt, und zwar hat im Althochdeutschen und Altsachsischen ein eigenthiimlicher Uebergriff des Accusativs stattgefunden. Gleichlautend mit dem Nom. Pl. gebo war auch der Gen. Sg., und als man anfing, im Nom. Pl. geba fir gebo zu gebrauchen, drang geba auch in den Gen. Sg. ein. Dieser Vor- 3 — 6 — gang hat eine ganz genaue Analogie im Slavischen; Schleicher und Scherer haben richtig erkannt, dass der Gen. ryby nichts anderes als der Acc. Pl. sein kann, der, vermittelt durch den Nom. Pl, auch den mit demselben gleichlautenden Genitiv ver- dringt hat, natirlich au einer Zeit, als das auslautende s im Sla- vischen noch nicht geachwunden war. Leskien Dekl. 43 halt zwar diese Erklarung fir unwabrscheinlich, ersetzt sie aber durch eine andere, wie sie unwahrscheinlicher kaum gedacht werden kann. Er sagt als Entgegnung, dass sich Analogiebildungen immer im Kreise der Bedeutungsgleichheit halten; was darunter zu verstehen ist, ergiebt sich am besten aus Leskiens eigenen Analogiebil- dungen und Formendeutungen. So soll es in einer so alterthim- lichen Sprache, wie das Slavische ist, mdglich gewesen sein, dase fir einen Nom, Neutr. cin beliebiger anderer Nom. Neutr. (S. 68 a.a. O.) eintrat, der Nom. des as-Stammes fir den des a-Stammes, igo far *igi als Anlehnung an slovo. Hier scheint fir Leskien ~Bedeutungsgleichheit* vorhanden zu sein! In der That war nicht die geringste Aehnlichkeit zwischen beiden Stimmen; ihre Ver- mischung ist tiberhaupt nur aus dem Zusammenfall ihrer Nomina- tive erklarlich. Was geschieht denn im Griechischen? Es wech- seln nicht etwa neutrale as- und a-Stimme, sondern 6 und to oxdtos, 6 und to dyoc, 6 und 6 sdeyxos. Die Formengleich- heit ist es, aus welcher Formeniibertragungen hervorgehen; Be- deutungsgieichheit tritt in den meisten Fallen dazu, ist aber gar nicht das wirkende Moment. Um nur ein Beispiel anzufihren, in dem zweifellos Formenibertragung in den Singularis aus dem Ploralis stattgefunden hat, gt. dlindaizoes and. peirrar und besonders der Dat. Sg. petm. Diese Analogiebildungen unterscheiden sich von geba ryby nur hinsichtlich der Stelle, an der die Uebertragung stattfand; hier an der Endung, dort am Stamme. Ich kann also Leskiens Einwendung nicht gelten lassen, um so weniger, als er nicht im Stande ist, eine bessere Erklarung von dem Gen. ryby zu geben. An der angefthrten Stelle verweist er auf die litaui- schen Genitive mangs tavgs, aber ohne einen ,bistorischen Zu- sammenhang* von mangs und glavy annehmen zn wollen; jeden- falls soll der Genitiv mit Nasal aus der Pronominaldeclination stammen. Zufilligerweise hat manes eine solche Analogiebildung wirklich hervorgerufen, indem im Litauischen vereinzelt Semes za seme. gebildet wird, worauf Schmidt in seiner Anzeige von Leskiens Buch Jen. Lit.-Z. 1877 Art. 247 aufmerksam macht; — 87 — aus diesem Zemgs — falls es tberhaupt eine in der Volkssprache Jebende Form und nicht blos von solchen gebildet ist, denen beim Niederschreiben die Unterscheidung von manes und Zemés unbegriindet schien — ist nicht twa demés abzuleiten, wie das lettische zemes (aber manis) beweist. Der slavische Pronominalgenitiv mit Nasa- lirung ist toje, mit dem ry4y auch augenscheinlich zusammenhingt; deswegen verweist Leskien auf den Abschnitt, der sich mit der Pronominaldeclination beschaftigt, und ,bemerkt nur vorliufig“, dass faves aus “tavens entstanden und durchaus nicht ganz jung ist. Urspriinglich auslautendes ns in tavgs kann an dieser Stelle nar zu dem Zwecke nachgewiesen sein, um yon vorn herein dem Einwand zu begegnen, dass glavy aus *galvans, aber taves aus *tevinas entstanden sei. Neugierig, iiber den Zusammenhang von taves und glavy mehr zu erfahren, schlagt man hinten nach und findet S. 122 zuerst zu seinem Erstaunen, dass toje und taves gar nichts mit einander zu thun haben, ,,wenn man die Sache von ihrer historischen Seite ansieht“, da tavgs eine litauische Neubildung ist. Man beruhigt sich damit, dass, wenn taves mit der Bildung des Accusativs tave (a.a.O. 146, 151) zusammenhingt, wie Leskien wieder ,nur vorliufig bemerkt“, auch rgky und toje ihrerseits mit dem Accusativ verwandt sind; dann findet allerdings ein Zu- sammenhang zwischen taves und tae statt, und zwar ein Zu- sammenhang, der doch kein historischer ist, wie man ihn sich grade nach S. 43 winscht. In dieser Erwartung tauscht man sich natiirlich. Es wird toje mit s, tasjam identificirt, wohl ‘in der Vor- aussetzung, dass die Leser unterdess vergessen hiatten, dass vorn taves und glavy in energischer und vielversprechender Weise zu- sammengestellt sind. Leskien sagt dazu: Dass der Loc. den Gen. ersetzen kann, bedarf wohl keines besonderen Nachweises, die Bedeutungen des ,an bei in‘ sind annihernd im Stande, die mannigfachen Beziehungen des Genitivs auszudricken“, d. h. an- nahernd ist jeder Casus im Stande, far einen anderen einzutreten. Locativ und Genitiv berthren sich im Slavischen niemals, ausser wenn sie lautgesetzlich zusammengefallen sind, wie pgtt, synu; sie werden tiberbaupt in keiner Sprache syntactisch mit einander ver- mischt, wie es mit Genitiv und Ablativ, Locativ und Dativ ge- schieht. Auch das lateinische vir7 ist kein Locativ, wieJoh. Schmidt erkannt hat: Der Auslaut des Gen. Sg. ist in den Altesten In- schriften -i, z. B, SC. de Bacch., der Genitiv von ja-Stammen lautet stets contrahirt -1, consili; der Locativ ist dagegen gleich- — 38 — lautend mit dem Nom. Pl. anf -ef, und lautet von ja-Stimmen ~ti, Brundisii.“ Damit stimmt tberein, dass im Altgallischen der Gen. auf ~i, segomart, der Nom. Pl. auf -o%, tanotalienci, auslautet. Der Genitiv ryby toje soll also ein Locativ sein; da aber das Sla- vische auch einen Locativ durchaus braucht, so nimmt es dafir den Dativ ryZé tof’, wie Leskien meint*). Eine hibsche Casus- verschiebung! Man liesse es sich noch gefallen, wenn rydy und toje auch Locative waren und wenn ihre Erklérung als Locative gar keine lautlichen Schwierigkeiten machte; dann ware ein Ueber- sehen der syntactischen Schwierigkeiten leichter méglich gewesen. Nichts davon. rydy wird auf eine indogermanische Locativform zurtickgefihrt, die gar nicht existirt. s. aguajaim wird richtig in agva-j-dm. aufgelést, und als Casussuffix -dm angenommen, das, wie ich beilaufig bemerke, in ved. usrdm auch bei einem conso- nantischen Femininum vorkommt; zu agvajam gehirt z. *agpaja aus *agpaja (vgl. Instr. Gen. Dat. Sg. agpaja agpajao agpajat, simmtlich mit regelmissiger Verktirzung von 4; -ja aus *¥d zu jam, wie -bja zu -bhjam). Aus der Existenz von agvajam wird geschlossen, dass auch ein Locativ *agvam hatte existiren kénnen, und rgky diesem *agvam gleichgesetzt; rqky soll sich dann zu lt. rankoje verhalten, wie Instr. lt. ranka zu rgkojq. Dass der Instr. rgkojq einen kurzen Stammyocal hat, dass 8.71 ranka von raqkojq volistindig getrennt und S. 46 und 70 rankoje nicht auf *rankajam, sondern auf *rankaja zurickgeféhrt wird, ist bemerkens- werth, Der Locativ *agvam ist indess nur zur Probe construirt; mit toje ist mehr anzufangen. éoje miisste aus *tajém entstanden sein, wie kore aus *karén, wenn es urspriinglich auf Vocal + Nasal ausgelautet hatte; damit vertrigt sich rgky nicht. Aus *tajam *rankam kann nach Leskiens eigener Auseinandersetzung weder toje noch rgky werden. tgje kann auch nicht fiir tojg stehen, wie Leskien anzunehmen geneigt ist; denn dass ein Wechsel von ¢ und ¢ stattfindet, ist kein Beweis dafiir, dass er lautgesetzlich ge- xechtfertigt ist. Dieser Wechsel ist ausserdem nur scheinbar; nése ist aus *nés-ent entstanden, nicht aus *ndso-nt, dagegen nestachy aus “neséacho-nt, da die altere Flexion des Imperfects nestachomit *) Wenn auch diese Erkliirungen nicht von Leskien stammen, son- dern yon Anderen gelegentlich aufgestellt sind, so ist er doch dafiir ver- antwortlich zu machen, da sich sein Buch nur mit der kritischen Priifung der Ansichten Anderer beschaftigt, wnd da er selbst in Einhaltung von Sprachgesetzen immer die grisste Genanigkeit verlangt.

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