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Language: German
THOMAS MANN +
BUDDENBROOKS
THOMAS MANN
Buddenbrooks
DEUTSCHE BUCH-
GEMEINSCHAFT GMBH
Berlin
Mit Genehmigung von S. Fischer
Verlag, Berlin
Buddenbrooks
Erster Teil
Erstes Kapitel
Fünftes Kapitel
»Mein Vater!
=Gotthold Buddenbrook.=«
»Kurios! Kurios!«
Und zu Thomas:
Und zu Christian:
»Werde was Ordentliches!«
»Nichts.«
Fünftes Kapitel
»Hoffmanns Serapionsbrüder.«
»Christian.«
»Antonie —!«
»Nein — nein …«
»Das ist ein Wort!« rief Herr Grünlich
und sprang auf die Füße. Sofort aber, als
er Tonys erschrockene Bewegung sah,
ließ er sich noch einmal nieder und sagte
ängstlich beschwichtigend:
Fünftes Kapitel
Nach Travemünde geht es immer
geradeaus, mit der Fähre übers Wasser
und dann wieder geradeaus; der Weg
war beiden wohlbekannt. Die graue
Chaussee glitt flink unter den hohl und
taktmäßig aufschlagenden Hufen von
Lebrecht Krögers dicken Braunen aus
Mecklenburg dahin, obgleich die Sonne
brannte und der Staub die spärliche
Aussicht verhüllte. Man hatte
ausnahmsweise um 1 Uhr zu Mittag
gegessen, und die Geschwister waren
punkt 2 Uhr abgefahren, so würden sie
kurz nach 4 Uhr anlangen, denn wenn
eine Droschke drei Stunden gebraucht,
so hatte der Krögersche Jochen Ehrgeiz
genug, den Weg in zweien zu machen.
Tony nickte in träumerischem Halbschlaf
unter ihrem großen, flachen Strohhut und
ihrem mit cremefarbenen Spitzen
besetzten Sonnenschirm, der
bindfadengrau war, wie ihr schlicht
gearbeitetes, schlankes Kleid, und den
sie gegen das Rückverdeck gelehnt hatte.
Ihre Füße in Schuhen mit Kreuzbändern
und weißen Strümpfen hatte sie zierlich
übereinander gestellt; sie saß bequem
und elegant zurückgelehnt, wie für die
Equipage geschaffen.
Tony sagte:
»Nun! hübsch …«
»Mademoiselle Buddenbrook!«
»Sie hier?«
»Wie reizend!«
»Bei Schwarzkopfs?«
»Beim Lotsenkommandeur?«
»Wie originell!«
»Lieber Papa!
Zwölftes Kapitel
»Line — —!«
Fünfzehntes Kapitel
»Übermorgen.«
=B. Grünlich.=
T.
Zweites Kapitel
Fünftes Kapitel
»Sie prolongiert.«
»Ah …«
Donnerstags, an den
überlieferungsgemäßen »Kindertagen«,
um vier Uhr, fand man sich in dem
großen Hause in der Mengstraße
zusammen, um dort zu Mittag zu speisen
und den Abend zuzubringen —
manchmal erschienen auch Konsul
Krögers oder Sesemi Weichbrodt mit
ihrer ungelehrten Schwester — und hier
war es, wo die Damen Buddenbrook aus
der Breiten Straße mit ungezwungener
Vorliebe die Rede auf Tonys
verflossene Ehe brachten, um Madame
Grünlich zu einigen großen Worten zu
veranlassen und sich dabei kurze,
spitzige Blicke zuzusenden … oder wo
sie allgemeine Betrachtungen darüber
anstellten, welche unwürdige Eitelkeit
es doch sei, sich das Haar zu färben, und
allzu anteilnehmende Erkundigungen
über Jakob Kröger, den Neffen der
Konsulin, einzogen. Sie gaben der
armen, unschuldigen und geduldigen
Klothilde, der einzigen, die sich in der
Tat auch ihnen noch unterlegen fühlen
mußte, einen Spott zu kosten, der
durchaus nicht so harmlos war wie der,
den das mittellose und hungrige
Mädchen alltäglich von Tom oder Tony
mit gedehnter und erstaunter
Freundlichkeit entgegennahm. Sie
mokierten sich über Klaras Strenge und
Bigotterie, sie fanden schnell heraus,
daß Christian mit Thomas sich nicht zum
besten stand, und daß sie ihn überhaupt,
Gott sei Dank, nicht zu achten brauchten,
denn er war ein Hans Quast, ein
lächerlicher Mensch. Was Thomas
selbst betraf, an dem durchaus keine
Schwäche erfindlich war, und der ihnen
seinerseits mit einem nachsichtigen
Gleichmut entgegenkam, welcher
andeutete: Ich verstehe euch, und ihr tut
mir leid … so behandelten sie ihn mit
leicht vergifteter Hochachtung. Von der
kleinen Erika aber, rosig und
wohlgepflegt, wie sie war, mußte denn
doch gesagt werden, daß sie in
beunruhigender Weise im Wachstum
zurückgeblieben sei. Worauf Pfiffi,
indem sie sich schüttelte und
Feuchtigkeit in die Mundwinkel bekam,
zum Überfluß auf die erschreckende
Ähnlichkeit des Kindes mit dem
Betrüger Grünlich aufmerksam machte
…
Fünftes Kapitel
»Wieso, Tom?«
»Meines …«
»Ja. — Man hat mir in der `Harmonie´
von einer Bemerkung erzählt, die du
gestern abend im Klub hast fallen lassen,
und die so deplaziert, so über alle
Begriffe taktlos war, daß ich keine
Worte finde … Die Blamage hat nicht
auf sich warten lassen. Es ist dir eine
klägliche Abfertigung zuteil geworden.
Hast du Lust, dich zu erinnern?«
Fünftes Kapitel
*
Die Konsulin wartete von Stunde zu
Stunde. Sie ruhte höchst ungenügend in
der Nacht, klingelte nach Ida Jungmann,
die jetzt neben ihr im hintersten Zimmer
des Zwischengeschosses schlief, ließ
sich Zuckerwasser bereiten und saß
sogar während längerer Zeit mit einer
Handarbeit aufrecht im Bett. Auch der
nächste Vormittag verstrich in
ängstlicher Spannung. Beim zweiten
Frühstück erklärte der Konsul, daß
Tony, wenn sie käme, nur drei Uhr
dreiunddreißig Minuten nachmittags von
Büchen eintreffen könne. Um diese Zeit
saß die Konsulin im
»Landschaftszimmer« am Fenster und
versuchte, in einem Buche zu lesen, auf
dessen schwarzem Lederdeckel ein in
Gold gepreßter Palmzweig zu sehen
war.
»Dreizehn, Großmama …«
»Esel.«
Fünftes Kapitel
Unsere Wünsche und Unternehmungen
gehen aus gewissen Bedürfnissen
unserer Nerven hervor, die mit Worten
schwer zu bestimmen sind. Das, was
man Thomas Buddenbrooks »Eitelkeit«
nannte, die Sorgfalt, die er seinem
Äußeren zuwandte, der Luxus, den er mit
seiner Toilette trieb, war in Wirklichkeit
etwas gründlich anderes. Es war
ursprünglich um nichts mehr, als das
Bestreben eines Menschen der Aktion,
sich vom Kopf bis zur Zehe stets jener
Korrektheit und Intaktheit bewußt zu
sein, die Haltung gibt. Die
Anforderungen aber wuchsen, die er
selbst und die Leute an seine Begabung
und seine Kräfte stellten. Er war mit
privaten und öffentlichen Pflichten
überhäuft. Bei der »Ratssetzung«, der
Verteilung der Ämter an die Mitglieder
des Senates, war ihm als Hauptressort
das Steuerwesen zugefallen. Aber auch
Eisenbahn-, Zoll-und andere staatliche
Geschäfte nahmen ihn in Anspruch, und
in tausend Sitzungen von Verwaltungs-
und Aufsichtsräten, in denen ihm seit
seiner Wahl das Präsidium zufiel,
bedurfte es seiner ganzen Umsicht,
Liebenswürdigkeit und Elastizität, um
beständig die Empfindlichkeit weit
bejahrterer Leute zu berücksichtigen,
sich scheinbar ihrer älteren Erfahrung
unterzuordnen und dennoch die Macht in
Händen zu behalten. Wenn das
Merkwürdige zu beobachten war, daß
gleichzeitig seine »Eitelkeit«, das heißt
dieses Bedürfnis, sich körperlich zu
erquicken, zu erneuern, mehrere Male
am Tage die Kleidung zu wechseln, sich
wiederherzustellen und morgenfrisch zu
machen, in auffälliger Weise zunahm, so
bedeutete das, obgleich Thomas
Buddenbrook kaum 37 Jahre zählte, ganz
einfach ein Nachlassen seiner
Spannkraft, eine raschere Abnützbarkeit
…
»Hundertsiebenundzwanzigtausendfünfhun
Kurantmark!« rief er und schüttelte die
gefalteten Hände vor seinem Gesicht.
»Sei’s um die Mitgift! Hätte er doch die
Achtzigtausend behalten mögen,
obgleich kein Kind vorhanden ist! Aber
das Erbe! Klaras Erbe ihm
zuzusprechen! Und du fragst mich nicht!
Du gehst über mich hinweg!« …
»Allerliebst!«
»Wieso?«
»Donnerwetter!«
»Fünfunddreißigtausend Kurantmark, die
binnen knapper zwei Wochen fällig sind.
Das Messer steht ihm an der Kehle, und,
um deutlich zu sein: er muß zusehen,
schon jetzt, sofort, zu verkaufen.«
Fünftes Kapitel
Sie schwiegen.
»Wieso?«
»Jawohl.«
»Vollkommen.«
»Ein Alpdrücken?«
»Warum nicht.«
»Genug! Genug!« —
»Schmerzen? Wo?«
»Was nun?«
»Leider.«
»Schlimmer?«
Hanno schwieg.
=Ende=
Breite Straße/Breitestraße
Comp./Komp. gentlemanlike/gentleman
like Hunyadi-Janos/Hunyadi-János
Kotelettes/Koteletts Kurantmark/Kurant-
Mark Oeverdieck/Överdieck
Portieren/Portièren
Regeldetri/Regeldetrie
Religionsstunde/Religionstunde
Rotspohn/Rotspon Table d’hote-
Glocke/Table-d’hote-Glocke ]
1.F.
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