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OTTO-VON-GUERICKE-UNIVERSITÄT MAGDEBURG
Fakultät für Geistes-, Sozial-und Erziehungswissenschaften
Medienbildung: Visuelle Kultur und Kommunikation
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BACHELORARBEIT

Soziale Netzwerke in der Transformation am Beispiel


von Facebook

21. August 2008

Eingereicht von: Gutachter:


Prof. Dr. Winfried Marotzki
Nina Kahrens

Matrikelnummer 173086 Dr. Benjamin Jörissen


Sternstraße 8
39104 Magdeburg
II
Danksagung

Mit folgender Danksagung möchte ich allen Personen danken, die mich während meines
Studiums im Studiengang Medienbildung: Visuelle Kultur und Kommunikation an der
Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg unterstützt haben.
Für diese Ausbildung danke ich vor allem Herrn Prof. Dr. Winfried Marotzki, der mich
durch seinen Enthusiasmus beim Lehren immer wieder Mitreißen konnte. Auch Herrn Dr.
Benjamin Jörissen möchte ich danken, da er mich mit seinen Denkanstößen stets in die
richtige Richtung lenken konnte.
Einen großen Dank spreche ich meiner Familie aus. Ohne meine Mutter, Ines Kahrens,
hätte ich die Entscheidung, diesen Studiengang zu wählen, nicht getroffen. Außerdem half
sie mir beim Korrekturlesen der Abschlussarbeit, hatte vielerlei kreative Ideen und steckte
großes Vertrauen in mich. Auch meinem Vater, René-Peter Kahrens möchte ich an dieser
Stelle danken, da er mir mit seinem technischen Wissen komplexe Zusammenhänge
verständlich machen konnte. Er ermöglichte mir in meiner Kindheit den Zugang zum
Computer und zum Internet.
Meinen StudienfreundenInnen bin ich ebenfalls sehr dankbar. Sie haben mich gefordert
und mir dort geholfen, wo ich allein nicht weiter gekommen bin. Sie haben mich kreativ
unterstützt und hatten immer ein offenes Ohr für meine Probleme. Doch auch über den
Studiengang hinaus, danke ich allen Freunden.
Mein jeher bestehendes Interesse am Gestalten konnte ich in Magdeburg entfalten und
mein Faible für digitales Design intensivieren. Der Studiengang Medienbildung lehrte
mich im kompetenten Umgang mit Medien und dem dazugehörenden wissenschaftlichen
Wissen, dass meinen Blick für zukünftige Entwicklungen offen halten wird.

Vielen Dank!

III
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ................................................................................... 1
1.1 Das Internet als Bildungsraum – Medienbildung ............................................................... 1

2 Web 2.0 ...................................................................................... 3


2.1 Vom Web 1.0 zum Web 2.0 ............................................................................................... 3
2.2 Verschiedene Ansätze zum Verständnis von Web 2.0 ....................................................... 4
2.3 Social Software als komplexes Instrument moderner Kommunikation ............................. 6

3 Virtuelle soziale Netzwerke ...................................................... 7


3.1 Allgemein ........................................................................................................................... 8
3.1.1 Definition von virtuellen sozialen Netzwerken .......................................................... 9
3.1.2 Charakter .................................................................................................................... 9
3.2 Geschichte virtueller sozialer Netzwerke ......................................................................... 11

4 Untersuchungsgrundlagen ..................................................... 13
4.1 Strukturanalyse: Online-Ethnographie nach Marotzki ..................................................... 14
4.1.1 Leitmetapher ............................................................................................................. 14
4.1.2 Regelwerk ................................................................................................................. 15
4.1.3 Soziographische Struktur.......................................................................................... 15
4.1.4 Kommunikationsstruktur .......................................................................................... 16
4.1.5 Informationsstruktur ................................................................................................. 16
4.1.6 Präsentationsstruktur ................................................................................................ 17
4.1.7 Partizipationsstruktur................................................................................................ 18
4.1.8 Verhältnis Online-Offline ......................................................................................... 18
4.2 Methoden zur Untersuchung ............................................................................................ 19
4.2.1 Teilnehmende Beobachtung ..................................................................................... 20
4.2.2 Inhaltsanalyse ........................................................................................................... 22
4.2.3 Begründung zur Nutzung dieser Methoden .............................................................. 23
4.3 Erläuterung der Materialsammlung .................................................................................. 23

5 Untersuchung .......................................................................... 24
5.1 Forschungsfrage ............................................................................................................... 24
5.2 StudiVZ ............................................................................................................................ 25
5.2.1 Allgemein ................................................................................................................. 25
5.2.2 Online-Ethnographie von StudiVZ........................................................................... 26
5.3 Facebook .......................................................................................................................... 31

IV
5.3.1 Geschichte ................................................................................................................ 31
5.3.2 Aktueller Entwicklungsstand.................................................................................... 32
5.3.3 Facebook-Beacon ..................................................................................................... 34
5.3.4 Online-Ethnographie nach Marotzki ........................................................................ 35
5.3.5 Applikationen ........................................................................................................... 41
5.4 Profilanalysen ................................................................................................................... 43
5.4.1 StudiVZ .................................................................................................................... 43
5.4.2 Facebook .................................................................................................................. 44
5.4.3 Tabellarische Übersicht ............................................................................................ 45
5.4.4 Ergebnisse ................................................................................................................ 48
5.5 Diskussion ........................................................................................................................ 55

6 Fazit .......................................................................................... 57
7 Quellenverzeichnis .................................................................. 59
7.1. Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... 59
7.2. Literatur ............................................................................................................................ 59
7.3. Internetquellen .................................................................................................................. 61

8 Anhang ..................................................................................... 63

Schlagworte:
Transformation, Internet, social networking sites, Facebook, Online-Ethnographie, Web
2.0

V
VI
1 Einleitung

Gegenwärtig zeigt sich in virtuellen sozialen Netzwerken ein verändertes Nutzerverhalten,


das auf eine technische und moralisch-soziale Transformation des Webs, im Rahmen der
Web 2.0-Diskussion, zurückzuführen ist. Ziel dieser Arbeit ist es, zu klären, wie und mit
welchen Mitteln sich die User in solchen sozialen Netzwerken präsentieren, in diesem Fall
auf der amerikanischen Plattform Facebook. Um ein möglichst aussagekräftiges Ergebnis
zu erhalten, wird diese Seite mit dem deutschen StudiVZ verglichen. Beide Netzwerke sind
sich sowohl optisch, als auch strukturell ähnlich, wobei sich Facebook „neue“, dynamische
Technologien, die auf der Web 2.0-Entwicklung basieren, zu Nutze macht und seinen
Mitgliedern ein umfangreicheres Angebot darlegt. Diese Entwicklungen beziehen sich bei
virtuellen sozialen Netzwerken auf ein Präsentation, Kommunikation und Partizipation,
was in dieser Arbeit bewiesen werden soll.

1.1 Das Internet als Bildungsraum – Medienbildung

Da heute Technik und Wissenschaft eine große Rolle spielen, hat sich der Mensch
Faktenwissen anzueignen, um moderne Geräte und Maschinen zu bedienen bzw. Software
anwenden zu können. Dieses Wissen, auch Verfügungswissen (Vgl. Mittelstraß, 2002, S.
151-170) genannt, befähigt die Person komplexe, wissenschaftliche Gegebenheiten zu
verstehen und sie zu nutzen. Doch um den Bildungsbegriff in seiner Gesamtheit zu
erfassen, reicht Faktenwissen allein nicht aus. Es sollte stets ein ausgeprägtes
Orientierungswissen vorhanden sein, welches dem Individuum ermöglicht, sich selbst in
Beziehung zu Erfahrungen, Erlebnissen und Informationen zu setzen, sowie eine kritische
Distanz zu vermitteltem Wissen beizubehalten. Mittelstraß definiert beide Begriffe wie
folgt:

„Verfügungswissen ist das Wissen um Ursachen, Wirkungen und Mittel; es ist das
Wissen, das Wissenschaft und Technik unter gegebenen Zwecken zur Verfügung
stellen. Orientierungswissen ist ein Wissen um gerechtfertigte Zwecke und Ziele…“
(Mittelstraß, 2002, S. 164)

Beim Gebrauch des Internets verhilft das Verfügungswissen dem User, den Computer oder
Browsers zweckmäßig zu bedienen, um eine Internetseite ausfindig zu machen. Ihm ist

1
also bewusst, was er machen muss, z. B. Links aktivieren oder Seiten aktualisieren, damit
er sein Ziel erreicht. Das Orientierungswissen hingegen ermöglicht ihm die Art und Weise
der Nutzung, um möglichst hohe persönliche Ergebnisse zu gewinnen. So weiß der
Internetnutzer beispielsweise, welche Daten er angeben muss, um sich auf einem sozialen
Netzwerk anzumelden. Damit erschließen sich ihm jedoch nicht die Übersicht und
Zusammenhänge der Plattform, auf der er sich befindet. Dieses Orientierungswissen erhält
der Nutzer erst durch aktives Handeln, Kommunikation mit seinen Mitmenschen/Mit-
Usern oder subjektive, sowohl kognitive, als auch praktische Erfahrungen. Er muss seine
Umgebung also aufmerksam wahrnehmen, sich erinnern können, um sich mit seinem
Wissen kreativ auseinander zu setzen und für folgende Entscheidungen zu planen.
Soziale Netzwerke beinhalten immer Nutzerbedingungen aus denen (unausgesprochene)
Werte und Normen im Umgang mit anderen Nutzern oder der Plattform resultieren. Der
sozialisierende Charakter wird deutlich, denn die User binden diese Werte und Normen in
ihr individuelles, zwischenmenschliches Gefüge ein, woraus sie sich ihrer sozialen
Stellung in der kulturellen, gesellschaftlichen Umgebung des Internets (Vgl. Marotzki,
2003), und im Besonderen in einer Community, bewusst werden. Dieses Bewusstwerden
kann dem Orientierungswissen zugeordnet werden, was der Grundgedanke der
Medienbildung ist.
Da die Nutzung von Medien essenziell ist und vor allem das Internet als wichtiges
Informations- und Kommunikationsmittel dient, reicht bloße Kompetenz im Umgang nicht
aus. Der Nutzer muss sich kritisch damit auseinandersetzen, welche Informationen korrekt
und für ihn von Bedeutung sind. Wenn das eigene Handeln in einen Kontext gesetzt wird,
spricht man von Bildung; in diesem Fall von Medienbildung.

Zu Beginn dieser Arbeit wird geklärt, welche Entwicklungen des Internet momentan von
Bedeutung sind und wie sie sich in die Thematik der sozialen Netzwerke einfügen.
Daraufhin wird der Begriff virtuelle soziale Netzwerke erläutert, charakterisiert und
anhand einer geschichtlichen Abhandlung in das Thema eingebettet. Das vierte Kapitel
beschäftigt sich mit den Grundlagen der Untersuchung und soll die Analysemethode der
Online-Ethnographie und zwei Untersuchungsmethoden vorstellen. Im Anschluss wird auf
die Materialsammlung eingegangen. Das folgende Kapitel befasst sich mit dem zentralen
Gegenstand der Arbeit. Hier werden zuerst die virtuellen sozialen Netzwerke Facebook
und StudiVZ erklärt und mit Hilfe der Online-Ethnographie analysiert werden. Daraufhin
wird ein Beispielprofil genauer auf Darstellung und Wirkung betrachtet. Aus dieser

2
Beobachtung leiten sich verschiedene Merkmale ab, die in einer Tabelle übersichtlich
präsentiert und anschließend kritisch diskutiert werden. Den Abschluss dieser
wissenschaftlichen Arbeit stellt ein Fazit dar, in dem alle Ergebnisse nochmals
zusammengefasst werden und einen Ausblick auf weitere mögliche Forschungsansätze
wirft.

2 Web 2.0

Die derzeitige enorme Entwicklung des Internets steht in engem Zusammenhang mit dem
sogenannten Web 2.0, deren wesentliche Innovationen im Folgenden kurz erklärt werden
soll.

2.1 Vom Web 1.0 zum Web 2.0

Das WWW (World Wide Web) wurde 1989 am schweizerischen Institut CERN unter
Aufsicht von Tim Berners Lee entwickelt. Zunächst wurde versucht, elektronische Daten
miteinander zu verknüpfen, damit Wissenschaftler auch über Distanzen hinweg
Informationen austauschen konnten. Mit Hilfe der Auszeichnungssprache Hypertext
konnten Inhalte auf Basis sogenannter Marken, auch Tags, festgehalten werden. Im April
1993 (Vgl. http://www.netplanet.org/geschichte/worldwideweb.shtml [Stand: 09.08.2008])
wurde es zum weltweiten Gebrauch freigegeben und kann als populärstes neues Medium
gekennzeichnet werden. Das Internet wird oftmals mit dem WWW gleichgesetzt, obwohl
dieses viel älter ist und aus dem 1969 entstandenen Arpa-Netz hervorging. Beispiele für
Funktionen des Internets, die nicht im WWW integriert sind, sind die E-Mail, der IRC
(Internet Relay Chat) und das TelNet (Telemommunication Network). Per URL (Uniform
Resource Locator), stellvertretend für die Internetadresse genutzt, wird eine bestimmte
Homepage aufgerufen. Diese „Web 1.0-Seiten“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie
statisch sind. Der Net-Surfer kann die jeweiligen angegebenen Informationen aufnehmen,
darüber jedoch nicht kommunizieren bzw. sie ändern. Dies ist einerseits
benutzerunfreundlich, weil er keinen Einfluss auf die Gestaltung und Inhalte hat,
andererseits jedoch sicher, da Veränderungen nicht auf Richtigkeit geprüft werden müssen.

3
Viele Internetseiten bedienen sich seit einigen Jahren verschiedener Technologien, die dem
Internet nach der Dotcom-Blase 1 zu erneutem Ruhm verholfen hat. Diese Technologien
werden allgemein zu der Entwicklung des Webs 2.0 gezählt, bei dem die Homepages
dynamisch sind. So hat sich auch die Rolle des Nutzers geändert. Er ist nun nicht mehr nur
passiver Konsument, sondern auch aktiver Produzent. Das Web 2.0 bietet die Möglichkeit
nicht nur Hypertexte, sondern „Inhalte, Orte, Menschen, Meinungen, Ereignisse zu
vernetzen und so einen ganz neuen Raum von Produktivität, Interaktion und Miteinander
aufzuspannen“ (Schroll, Neff, 2006, zitiert nach: Maaß, Pietsch, 2007, S.3).

2.2 Verschiedene Ansätze zum Verständnis von Web 2.0

Der Begriff Web 2.0 ist viel diskutiert und wird für den Wandel des Internets genannt, der
nicht exakt fassbar ist. Es gibt drei verschiedene Ansätze, wie das Web 2.0 verstanden
werden kann.
Der Begriff selbst wurde 2005 vor allem durch Verlagsgründer und Softwareentwickler
Tim O´Reilly geprägt, der sieben Schlüsselprinzipien (Vgl.
http://www.oreilly.de/artikel/web20.html [Stand: 08.07.2008]) entwarf, die Web 2.0-Dienste
charakterisieren. Er beschreibt den technischen Ansatz und sagt, dass das Internet eine
Oberfläche („The web as platform“), die nicht nur über den Web-Browser sondern auch
andere Dienste genutzt werden kann. Die Desktop-Anwendung Last.fm 2 beispielsweise
läuft ohne den Browser zu starten, jedoch mit Internet-Verbindung. Außerdem wird das
Wissen vieler Menschen genutzt („Harnessing Collective Intelligence“), um zu einem
umfangreichen, nahezu perfekten Ergebnis zu kommen. So profitiert jeder vom Wissen des
Anderen. Die Nutzer müssen umdenken und Dinge hinterfragen, aber selbst entscheiden,
was wahr ist. So kann bei Wikipedia jeder Anwender einen Artikel verfassen, jedoch ein
anderer User ihn wieder ändern. Je mehr Personen den Artikel lesen und Informationen
hinzufügen, desto umfassender und korrekter wird das Ergebnis. Software wird nun nicht
mehr nur als Produkt bereitgestellt („End of the software release cycle“) und muss
aufwendig aktualisiert oder käuflich erworben werden, sondern wird als Dienst verfügbar
gemacht. Ein Update erfolgt nach Aufforderung oder im besten Fall automatisch. Der

1
Die Dotcom-Blase ist ein Begriff, der auf das immer populär werdende Internet zum Ende der 90er Jahre
des letzten Jahrhunderts zurückzuführen ist. Aufgrund falscher Spekulationen kam es jedoch zum
Börsencrash und viele Online-Unternehmen, die von der Börse abhängig waren/sich über Aktien
finanzierten, mussten Insolvenz anmelden. Die Web 2.0-Entwicklung verhalf den Internet-Nutzern zu neuem
Selbstbewusstsein.
2
www.lastfm.de

4
Softwareverkauf steht nun nicht mehr im Mittelpunkt, sondern die Kontrolle der Daten.
Die Software kann nun aber nicht mehr nur auf dem PC genutzt werden („Software above
the level of single device“), sondern auch auf anderen Geräten, wie Handys oder anderen
mobilen Geräten. Momentan bieten allerhand Firmen Software für das mutimediale iPhone
an, auf dem nicht nur die iTunes, sondern auch diverse Internetservices verfügbar sind.
O´Reilly entwickelte sieben Schlüsselprinzipien, auf die hier nicht in ihrer Gesamtheit
eingegangen werden soll, und kam zu folgender Definition
(http://radar.oreilly.com/archives/2005/10/web-20-compact-definition.html [Stand: 08.07.2008]):

„Web 2.0 is the network as platform, spanning all connected devices; Web 2.0
applications are those that make the most of the intrinsic advantages of that platform:
delivering software as a continually-updated service that gets better the more people use it,
consuming and remixing data from multiple sources, including individual users, while
providing their own data and services in a form that allows remixing by others, creating
network effects through an "architecture of participation," and going beyond the page
metaphor of Web 1.0 to deliver rich user experiences.”

Ein weiterer Ansatz, um die Entwicklungen rund um das Web 2.0 zu verstehen, bezieht
sich auf die sozialpsychologischen Veränderungen. Es ist zu beobachten, dass die User des
Internets mit diesem Medium anders umgehen, als sie es zu Beginn taten. So beschreiben
Michael Kerres und Axel Nattland (Kerres, Nattland, 2007, S.4), dass es sich lediglich um
eine „veränderte Wahrnehmung und Nutzung des Internets“ handelt.

Der letzte Ansatz beschreibt das Web 2.0 als bloßes Modewort für Entwicklungen, die es
seit Langem gibt. Tim Berners Lee meint, dass der Begriff zusammenfassend für alle
neuen Phänomene des Internets steht, die niemand richtig beschreiben oder überhaupt
deuten kann. Die Kritik geht von dem Standpunkt aus, dass aktive Partizipation durch
komplexe, vielschichtige Programmiersprachen behindert wurde, da zu wenig
Hintergrundwissen zur Erstellung von Internetseiten vorlag. Um nun jedem Nutzer die
Grundgedanken des Internets (Partizipation, Kollaboration und Kommunikation) zu
ermöglichen, wurde die Technik vereinfacht und benutzerfreundlich gestaltet.
Hostingplattformen 3 bieten in Form von Weblogs nun Platz zur persönlichen Präsentation,
die oftmals stellvertretend für veraltete statische, selbstprogrammierte Homepages stehen.

3
Bsp: www.blogger.com

5
Doch auch die Bereitstellung von Software durch dynamische Seiten, können RSS- oder
ATOM-Feeds 4 eingebunden werden. Die sogenannten „Widgets“ sind kleine Hilf- und
Dienstleistungsprogramme, die selbstaktualisierende Software enthalten, ohne dabei die
gesamte Internetseite neu zu laden 5 .
Communities bedienen sich interaktiver Anwendungen, die die Beziehungen und
Interaktionen unter den Usern vereinfachen. Im folgenden Abschnitt soll näher auf diese
Software eingegangen werden.

2.3 Social Software als komplexes Instrument moderner


Kommunikation

Social Network Sites erscheinen heute im Rahmen der Web 2.0-Entwicklung. Mit Hilfe
von internetbasierten Anwendungen wird den Usern des Internets das Veröffentlichen von
Texten, Bildern, Videos oder Audio-Dateien ermöglicht und darüber hinaus das Teilen
(Sharing) dieser Inhalte mit anderen Menschen. Diese sogenannte „social Software“
gewährt die Kommunikation, Zusammenarbeit oder Interaktion auf eine andere/bestimmte
Art und Weise (Kollaboration). Da der Begriff „social Software“ für Tom Alby, Spezialist
für neue Entwicklungen im Internet, jedoch zu weit gefasst ist, erweitert er die Kriterien
um einen weiteren Aspekt. Er sagt, „dass sie [die social Software] den Aufbau und das
Selbstmanagement einer Community fördern und unterstützen muss; eine solche Software
sollte es der Community außerdem erlauben, sich selbst zu regulieren.“ (Alby, 2006, S. 89
Außerdem unterscheidet er zwei Kategorien (Vgl. Alby, 2006, S.90) von sozialer Software.
Zum Einen gibt es Dienste, bei denen die Kommunikation im Vordergrund steht, wozu
man beispielsweise Chats zählen kann. Zum Anderen kennzeichnet Alby solche
Anwendungen, bei denen zwar kommuniziert wird, jedoch der Inhalt das Wesentliche ist.
In diese Kategorie fallen social Networking Sites, wie StudiVZ 6 , Wikipedia 7 und Flickr 8 .
Nach Jan Schmidt (Vgl. Schmidt, 2007, S. 219-233) dienen social Software-Services dem
Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagement. Identität wird vermittelt, in dem

4
Feeds ähneln einem Nachrichtenticker. Es wird im Rahmen der Web 2.0-Entwicklung zwischen RSS- und
ATOM-Feeds unterschieden. Man kann von Ressourcen-Seiten die RSS oder ATOM unterstützen, Inhalte
von Seiten, die die gleichen Techniken verwenden, einbinden. RSS-und ATOM-ServicesLink enthalten einen
Link zur Originalseite. Wenn sie einmal abonniert wurden, werden immer automatisch neue Einträge
geliefert.
5
Ein Beispiel für eine Oberfläche, in die man Widgets einbinden kann, ist www.netvibes.com.
6
www.studivz.net
7
www.wikipedia.org
8
www.flickr.com

6
eine Person individuelle Eigenschaften/Angaben preisgibt. So kann in einem persönlichen
Weblog ein Autor seine Erfahrungen mit seinen Lesern teilen. Beziehungen werden durch
das Knüpfen neuer Bekanntschaften gefördert, aber auch die Kontaktaufnahme zu alten,
bekannten Freunden wird gewährt. MySpace-Nutzer haben die Möglichkeit ihrer
Lieblingsband eine Freundschaftsanfrage zu schicken und deren „Freund“ zu werden.
Doch auch Klassenkameraden oder Freizeitbekanntschaften sind hier wiederzufinden. Der
Informationsaspekt bezieht sich auf das Sammeln, Tauschen und Aufnehmen von
Informationen. Delicious 9 ist ein Dienst, bei dem deren Nutzer verschiedene Inhalte im
Internet taggen, d.h. Kennzeichnen mit Schlagworten, können. Bei einer Häufung des
Taggens, wird anderen Personen ein exakter Informationszugriff gewährt.
Vituelle soziale Netzwerke wie Orkut 10 , Xing 11 oder Facebook 12 , vereinen mehrere
Aufgaben von sozialer Software, wie zum Beispiel das Posten von Blog- oder
Foreneinträgen, das Instant Messaging oder diverse Funktionen der Suche. Die Vielzahl an
Möglichkeiten machen Netzwerke für Internetnutzer so attraktiv, dass ihre
Mitgliederzahlen stetig zunehmen.

In den vorausgegangenen Kapiteln wurden die Merkmale virtueller sozialer Netzwerke


erläutert und die Charakteristika der innovativen Plattform Facebook genauestens
analysiert. Anhand der Bedingungen des Web 2.0 konnte geklärt werden, welchen
Veränderungen das Internet momentan unterliegt.
Diese Transformation spiegelt sich nicht nur hier wieder, sondern auch auf den einzelnen
Seiten des Webs. Da sozialen Netzwerken eine bedeutende Rolle zukommt, soll am
Beispiel von Facebook dieser Wandel veranschaulicht werden. Im Vorfeld dazu wird im
nächsten Kapitel genauer auf virtuelle soziale Netzwerke eingegangen.

3 Virtuelle soziale Netzwerke

Soziale Netzwerke beschreiben ein komplexes Netz aller Bekanntschaften einer Person. Da
diese sozialen Kontakte, aufgrund vielschichtiger kultureller und gesellschaftlicher
Umgebungen, immer wichtiger für die Entwicklung eines Individuums werden, wirkt sich
dies auch auf das sich fortlaufend im Wandel befindende Medium Internet aus. Der

9
del.icio.us
10
www.orkut.com
11
www.xing.com
12
www.facebook.com

7
Charakter und die Geschichte solcher virtuellen sozialen Netzwerke werden im folgenden
Kapitel näher beschrieben.

3.1 Allgemein

In einer Zeit, in der virtuelle Gruppen an Bedeutung gewinnen, müssen sie für das
Individuum unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Virtuelle Beziehungen lassen sich
als interessenbezogene und spontane Interaktionen charakterisieren, die in einem
bestimmten Raum, beispielsweise im Chat-Channel oder im Themen-Forum, stattfinden.
Virtuelle Gruppen bilden sich dort, „...wo eine relative Dauer der Interaktionen möglich
ist, eine wechselseitige Identifikation der virtuellen Identitäten stattfindet und Regelwerke
sozialer Erwartungsstrukturen ausgeformt werden...“ (Thiedeke, 2000, S. 43). Das heißt,
dass virtuelle Beziehungen in unausgesprochenen Werten und Normen, welche unter
Umständen von Sanktionen begleitet werden, eingebettet sind.
Virtuelle soziale Netzwerke sind jedoch nicht mit Online-Communities (OC) zu
verwechseln. Sie charakterisieren sich durch eine Ansammlung von Personen, die sich im
Internet unter einem bestimmten, thematischen Kommunikationsaspekt treffen.
Die Unternehmensberater Hagel und Armstrong weisen in ihrem Buch „Net Gain – Profit
im Netz“ (Vgl. Hagel, Armstrong, 1997) auf spezifische Merkmale hin und betrachten
hiermit den wirtschaftlichen Standpunkt von virtuellen Communities. Sie zeigen, dass
Communities die Lösung für viele Unternehmen sein könnten. Auf Internet-Plattformen,
die von einer Firma zur Verfügung gestellt werden, können Verbraucher Informationen zu
einem bestimmten Produkt nachlesen, sich aber auch darüber austauschen. Somit haben die
Unternehmen die Möglichkeit, sich auf Grund des Austauschs der Konsumenten, ein Bild
über ihr Produkt zu machen und es gegebenenfalls zu verbessern. Aus wirtschaftlicher
Sicht dienen Online-Communities letztendlich der Gewinnerzielung und sind als
eigenständiges Produkt zu sehen, das vermarktet wird.
Der sozialwissenschaftliche Begriff beschreibt dagegen einen konkreten
Kommunikationsdienst, wie zum Beispiel Chats, Foren oder Newsgroups auf einer
Internet-Plattform. Diese verlaufen über die sogenannte computervermittelte
Kommunikation (CMC = Computer Mediated Communication), welche entweder
synchron oder asynchron verläuft. Das CMC-Medium ist weder ein Massenmedium (Einer
an Viele) noch ein Individualmedium (Einer an Einen), sondern beides gleichzeitig (Einer
an Viele, Einer an Einen, Viele an Viele).

8
Beiden Begriffen gemein ist, dass sich diese Personengruppe unter einem thematischen
Aspekt trifft, bei dem der eigene produzierte Inhalt der Kommunikation im Mittelpunkt
steht und über elektronischen Medien interagiert und kommuniziert wird. Hieraus kann
sich eine geschlossene Gruppe entwickeln.
Soziale Netzwerke grenzen sich von Online-Communities ab, da hier nicht das Thema im
Mittelpunkt steht, sondern die Kommunikation. Außerdem wird die Anonymität, durch
umfangreiche Profilseiten aufgebrochen. So werden in diesem Kapitel der Begriff des
virtuellen sozialen Netzwerks beschrieben, Merkmale aufgezeigt und die Geschichte mit
wesentlichen Beispielen dargelegt.

3.1.1 Definition von virtuellen sozialen Netzwerken

Durch den Kontakt einer Person mit vielen Anderen, von denen wiederum alle mit
weiteren Personen befreundet sind, entsteht ein umfangreiches soziales Netzwerk. Sobald
sich dieser Vorgang auf Internetplattformen abspielt, spricht man von virtuellen sozialen
Netzwerken, nach Boyd und Ellison auch „social network sites“ (SNS) (Vgl. Boyd,
Ellison, 2007). Hier treffen sich Menschen mit gleichen Interessen, sozialem Hintergrund
oder Hobbys. Sie haben die Möglichkeit sich der Welt so zu präsentieren, wie es ihnen
beliebt. Seiten sozialer Netzwerke haben charakteristische Merkmale, die Boyd und Ellison
wie folgt beschreiben:

„We define social network sites as web-based services that allow individuals to (1)
construct a public or semi-public profile within a bounded system, (2) articulate a
list of other users with whom they share a connection, and (3) view and traverse
their list of connections and those made by others within the system. The nature and
nomenclature of these connections may vary from site to site.” (Boyd, Ellison,
2007)

3.1.2 Charakter

Soziale Netzwerke erkennt man des Weiteren an einer Profilseite, auf der persönliche
Angaben des Nutzers zu finden sind, wobei die Art und Weise der Informationen von Seite

9
zu Seite unterschiedlich dargestellt wird. Bei dem sozialen Netzwerk Facebook 13
beispielsweise übernehmen die Applikationen 14 eine Form der individuellen Präsentation,
wohingegen bei StudiVZ die Gruppen 15 diese Aufgabe erfüllen. Nach dem Anfertigen einer
Profilseite muss das Mitglied entscheiden, ob er sie für Außenstehende sichtbar machen
möchte oder ob er anonym bleibt. Unabhängig davon bieten die Plattformen
unterschiedliche Möglichkeiten zur Sichtbarkeit an. Bei vielen besteht die Option, dass nur
Freunde Zugang auf die eigene Seite haben. Boyd und Ellison weisen außerdem darauf
hin, dass Sichtbarkeit von und Zugriff auf bestehende Freundeslisten grundlegende
Optionen sind, die Seiten sozialer Netzwerke von anderen Seiten unterscheidet.
Das Profil beinhaltet eine Liste von Bekanntschaften, die sogenannte „Freundesliste“.
Normalerweise befinden sich darin kaum fremde Personen. Die Meisten von ihnen kennt
der User bereits aus dem realen Leben. Manchmal werden jedoch auch neue Kontakte
geknüpft, beispielsweise durch gegenseitige Sympathie des ersten Eindrucks,
Gemeinsamkeiten oder aufgrund
des Fanseins (z. B.: Bei
MySpace haben bekannte Bands
die meisten „Freunde“). Das
Erstellen dieser
Freundschaftsliste ist
essenzieller Bestandteil eines
sozialen Netzwerks. Da jeder
Freund auf der Liste auf der
eigenen Profilseite verlinkt ist,
können sich neue Freunde durch
Abbildung 1 – Small-World-Theorem: Über sechs diese durchklicken und mögliche
Zwischenschritte ist Jeder mit Jedem bekannt Bekannte (Freundesfreunde,
auch „friend-of-a-friend“ 16 ) finden. Diese Form der Suche erleichtert die Entstehung eines
weitreichenden sozialen Netzwerkes. Nach Stanley Milgrams „Small-World-Theorem“
stehen alle Menschen über wenige Verbindungen in Beziehung zueinander. Die

13
Facebook ist Gegenstand der Untersuchung und wird in Kapitel 5.3 genauer erläutert.
14
Bei Facebook gibt es sogenannte Applikationen, auch Anwendungen genannt. Das sind kleine Widgets, die
beliebig verschiebbar, in die Profilseite integriert werden können. Sie verfügen über ein weites Themen- und
Funktionsspektrum.
15
Gruppen sind Themen-Foren, denen man beitreten muss, um an der Kommunikation teilzunehmen. Sie
können geschlossen oder offen sein.
16
Nach dem „Friend-of-a-Friend“-Prinzip (FoaF) werden Freunde zweiten Grades sichtbar und zugänglich
gemacht. (Vgl. Milgram, 1967)

10
sogenannten „Six Degrees of Separation“ besagen, dass Jeder mit Jedem über lediglich
sechs Personen miteinander bekannt ist. So besitzen virtuelle soziale Netzwerke einen
„glokalen“ (Jörissen, Marotzki, 2008, S.160) Charakter; d.h. sie manifestieren nicht nur
lokale Kontakte, sondern ermöglichen auch die Kommunikation zu globalen Beziehungen.
Diese Beziehungen können entweder starker („strong ties“) oder schwacher („weak ties“)
Natur sein, wobei beiden eine große Bedeutung zukommt. „strong ties“, zum Beispiel
Familie oder Freunde, zeichnen sich durch eine lange Kontaktdauer, tiefe emotionale
Bindung, gegenseitige Abhängigkeit und häufige Kommunikation aus. Dagegen
ermöglichen „weak ties“ (bspw. zufällige Bekanntschaften) einen Informationsaustausch,
der über die Grenzen eines sozialen Netzwerks hinaus ein komplexes Gesamtnetzwerk
entstehen lässt. Man spricht auch von der „Strength of weak ties“ (Vgl. Granovetter, 1983).
Da die Kommunikation innerhalb der Mitglieder einer Plattform ausschlaggebend ist,
werden meistens verschiedene Techniken hierzu bereitgestellt. Man kann seinem
Gegenüber eine Mitteilung senden, die sowohl öffentlich als auch privat sein kann.
Da soziale Netzwerke, genau wie das Internet, sich über die Jahre gewandelt haben, wird
diese Entwicklung im Folgenden genauer betrachtet. Anhand einiger prägnanter
Plattformen soll dieser Wandel veranschaulicht werden.

3.2 Geschichte virtueller sozialer Netzwerke

Die erste Online-Community war The WELL (The Whole Earth 'Lectronic Link), die 1985
von Stewart Brand und Larry Brilliant in Kalifornien entwickelt wurde, um den
gegenseitigen Informationsaustausch durch unterschiedliche Kommunikationstools (z. B.
Email, Chat oder Foren) zwischen den Mitglieder zu gewährleisten. Boyd und Ellison
benennen die Unterschiede wie folgt:

„Early public online communities […] were structured by topics or according to


topical hierarchies, but social network sites are structured as personal (or
„egocentric“) networks, with the individual at the center of their own community.“
(Boyd, Ellison, 2007)

In diesem Zitat beschreiben Boyd und Ellison abermals den Unterschied zwischen Online
Communities und den heutigen virtuellen sozialen Netzwerken, bei denen nicht ein Thema,
sondern das Individuum im Zentrum gesellschaftlicher Kommunikation steht.

11
Lynda Raphael (Vgl. Raphael, 2007) kennzeichnet Classmates.com, 17 im Jahr 1995
gegründet, als erstes soziales Netzwerk im Internet, das als Vorreiter bezeichnet werden
kann. In Deutschland nimmt die Plattform Young.de 18 eine Rolle als Community-Pionier
ein. Der ausschlaggebende Grund, warum sie jedoch nicht als erste social networking sites
gelten, ist der, dass beide nochmals überarbeitet wurden. Sie verfügen erst seit ein paar
Jahren über ihre derzeitigen Funktionen, die sie als soziales Netzwerk charakterisieren.
Davor waren sie lediglich Communities, in der es um die bloße Kommunikation ging. Aus
diesem Grund wird SixDegrees 19 als erstes soziales Netzwerk angeführt (Vgl. Boyd,
Ellison, 2007), das nach dem Phänomen des „six degrees of separation“ benannt wurde.
Die Plattform besaß von Beginn an Profilseiten sowie Freundeslisten und erlaubte es, diese
durchzustöbern. Obwohl auch andere Internetseiten solche Features besaßen, brachte
SixDegrees sie zum ersten Mal zusammen. Diese Plattform konnte sich allerdings nur ein
paar Jahre halten, da sich noch relativ wenig Menschen im Internet aufhielten. Die meisten

Abbildung 2 - Timeline wichtiger virtueller sozialer Netzwerke (Vgl. Boyd, Ellison, 2007)

Mitglieder kannten sich nicht untereinander und waren auch nicht an neuen, online
Bekanntschaften interessiert. Dennoch tauchten in den folgenden Jahren immer mehr
Seiten mit innovativen Techniken auf, die die User untereinander vernetzen sollten.

Das nächste erwähnenswerte soziale Netzwerk ist Friendster 20 . Es wurde 2002 als
Partnerbörse nach dem „Friend-of-a-Friend“-Prinzip entwickelt. Man war der Meinung im
näheren Freundeskreis geeignetere Partner zu finden, als unter völlig Fremden zu suchen.

17
www.classmates.com
18
www.young.de
19
www.sixdegrees.com (derzeit inaktiv)
20
www.friendster.com

12
Da sich die Plattform sehr großer Popularität erfreute, wuchsen jedoch auch die
technischen und sozialen Probleme (Vgl. Boyd, Ellison, 2007). Die Server hielten dem
Informationsfluss nicht mehr stand und waren völlig überfordert. Außerdem trafen
Angestellte auf ihre Vorgesetzten, die sich nun in ihrer Privatsphäre eingegrenzt fühlten.
Es gab auch viele Fake-Accounts, deren Hauptaufgabe das Sammeln von Freunden
beinhaltete. Die grundsätzliche Idee von Friendster wurde zunehmend missachtet, weshalb
viele Stammnutzer die Seite verließen.
Seit 2003 kann man einen rasanten Anstieg von sozialen Netzwerken beobachten, die sich
weltweit größter Beliebtheit erfreuten. Viele die ihre Zielgruppe lokal oder ideologisch
eingeschränkt hatten, erhielten plötzlich von einer ganz neuen Nutzerschaft Feedback. So
war Facebook 21 anfangs nur darauf ausgerichtet, die Studenten an der Harvard Universität
zu vernetzten, wohingegen sich MyChurch 22 beispielsweise auf User mit christlichen
Ansichten spezialisiert hat. Ihre Absichten ziel(t)en demzufolge auf einen beschränkten
Nutzerkreis ab, um ihre Zwecke in kleinem Maße zu verwirklichen. Hier haben Personen
mit gleichem kulturellem Hintergrund die Möglichkeit, über diverse Themen zu
diskutieren. Auf MyChurch bspw. finden sich viele christliche Personen zusammen, die
sich mit demselben Glauben identifizieren, also eine Gemeinsamkeit besitzen, der jedoch
nicht spezifischer Inhalt der Kommunikation ist.
Abschließend lässt sich feststellen, dass es mittlerweile für jeden Internet-Nutzer ein
soziales Netzwerk gibt, auf dem sich Gleichgesinnte und Freunde treffen, um in Kontakt
zu bleiben über diverse Themen zu diskutieren, das Netzwerk zu erweitern oder einfach
eine bestimmte Anwendung zu nutzen.

4 Untersuchungsgrundlagen

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Grundlagen für eine Untersuchung. Es wird nach
geeigneten Analyse- und Untersuchungsmethoden gesucht. Darüber hinaus wird
beschrieben, wie das Material gesammelt wurde.

21
www.Facebook.com
22
www.mychurch.com

13
4.1 Strukturanalyse: Online-Ethnographie nach Marotzki

Im vorangegangenen Kapitel wurde der Unterschied zwischen Online-Communities und


virtuellen sozialen Netzwerken geklärt. Da es bisher jedoch nur eine Strukturanalyse für
Communities gibt und die zu untersuchenden Plattformen dem Typus SNS angehören, soll
die Anwendbarkeit der klassischen Online-Ethnographie von Marotzki (Vgl. Marotzki,
2003) geprüft werden. Dies erfolgt unter Zugrundelegung der einzelnen Strukturmerkmale
Leitmetapher, Regelwerk, soziographische Struktur, Kommunikations-, Informations-,
Präsentations- und Partizipationsstruktur und dem Online-Offline-Verhältnis.
Da es bei sozialen Netzwerken aufgrund der Web 2.0-Technologie die Möglichkeit gibt,
Applikationen einzubinden, werden von ihnen viele dieser Strukturmerkmale aufgegriffen,
die im gesamten Kontext der Plattform eigentlich nicht von Bedeutung sind. Elemente, die
im klassischen Sinn nicht mehr anwendbar sind, werden im folgenden Abschnitt kritisch
reflektiert.

4.1.1 Leitmetapher
Die Leitmetapher der Infrastruktur in einer Community ist etwa vergleichbar mit einem
Leitfaden, der sich durch die komplette Plattform zieht. So können Communities wie eine
Stadt, ein Kaufhaus oder ein Zimmer aufgebaut sein. Symbolisch für bestimmte Online-
Umgebungen stehen zum Beispiel Oberflächen in Form von einer Tür, durch die man
gehen muss, um auf eine andere Seite zu gelangen.
Sie spiegeln demnach das spezifische Themengebiet der Community wider. Als Beispiel
kann hier die Plattform Funama 23 genannt werden, in der die Stadt „Funcity“ im
Vordergrund steht. Sie wird durch eine Skyline visuell präsentiert, in der die Mitglieder in
verschiedenen Gebäuden
spezifische Informationen
erhalten. So gibt es ein
Rathaus, in dem die
„Bewohner“ eine
Übersicht über freie,

virtuelle Wohnungen
Abbildung 3 - Ein Ausschnitt der Stadt "Funcity" der Community
Funama erhalten oder Wohngeld

23
www.funama.de

14
beantragen können. Das Pressehaus beinhaltet Publikationen, Treffen und Galerien; und die
geweihte Online-Kirche bietet sogar eine digitale Seelsorge an.
Soziale Netzwerke hingegen verfügen über keine offensichtliche Leitmetapher. In einigen
Fällen kann jedoch eine Verbindung zwischen Namen (URL) und Inhalt bzw. Seitenaufbau
hergestellt werden. MySpace (my space, engl.: mein Platz) bspw. stellt eine Seite (Platz)
zur individuellen Nutzung zur Verfügung.

4.1.2 Regelwerk
Da jede Communitiy Wert auf bestimmtes Verhalten legt sowie individuell und anders in
ihrer Philosophie ist, gibt es bestimmte Regeln, an die sich jeder Nutzer halten soll. In den
sogenannten finden sich gewöhnlich Informationen über die Teilnahmeberechtigung und
Beendigung der Mitgliedschaft, das Benutzerverhalten, die geposteten Inhalte,
Verantwortlichkeit der Betreiber und Nutzer sowie rechtliche Inhalte. Darüber hinaus
entwickeln sich ein Gratifikations- und ein Sanktionssystem, die User für ihr Verhalten
belohnen oder bestrafen.
Sowohl Online-Communities, als auch SNS benötigen ein Regelwerk, in dem Grundsätze
dargelegt werden, nach denen jedes Mitglied sich zu verhalten hat. Hieraus resultieren
Werte und Normen, die den Charakter einer Plattform ausmachen. Jedoch kann man bei
virtuellen Communities auch ein Belohnungs- und Bestrafungssystem entdecken, das den
Anreiz zur Teilnahme fördert. Diese werden unterschiedlich dargestellt. Funama belohnt
häufige Besuche und die Teilnahme an den Kommunikationsmöglichkeiten (Chats oder
Foren) durch eine Erhöhung der Akkuleistung. Bei fallender Aktivität sinkt der Pegel und
man verliert die bezogene Wohnung. Eine gewisse Bestrafung wird hier ebenfalls deutlich.
Auch schwere Vergehen, wie rechtliche Straftaten, werden mit Ausschluss sanktioniert.
Bei sozialen Netzwerken im Internet entfällt dieses Gratifikationssystem, da nicht die
Aktivität an sich im Vordergrund steht, sondern die Vernetzung. Bei integrierbaren
Applikationen hingegen, sind Belohnungen durchaus möglich. Der User enthält daraufhin
eine Vergütung, in Form von Punkten oder virtuellem Geld, um sein Interesse an einer
weiteren/regen Benutzung der Applikation aufrecht zu erhalten. Ein Sanktionssystem der
Hauptplattform ist jedoch zwingend nötig, um Regelwidrigkeiten zu bestrafen.

4.1.3 Soziographische Struktur


Als soziographische Struktur einer Community wird die unterschiedliche Rollenverteilung
aller Mitglieder bezeichnet. So haben übergeordnete Nutzer, wie beispielsweise

15
Moderatoren oder Forenleiter mehr Pflichten und Rechte, als untergeordnete Nutzer
(Neulinge oder inaktive User). Diese Struktur wird nicht selten vom Gratifikation- und
Sanktionssystem gebildet, nachdem auch Positionen an- und aberkannt werden können.
So, wie in OC Moderatoren oder Gesprächsführer benannt werden und höhere
Zugriffsrechte haben, so können in Gruppen in SNS ebenfalls Diskussionsleiter in die
Kommunikation oder das Geschehen im Feld eingreifen. Die sogenannten Gruppengründer
treffen die Auswahl über Moderatoren und haben alleinig vollen Zugriff auf alle
Einstellungen der Gruppe.

4.1.4 Kommunikationsstruktur
Unter der Kommunikationsstruktur einer Online-Plattform wird der Austausch von
Informationen auf zwei Kanälen bezeichnet. Mitteilungen eines Nutzers können gesendet
und von einem anderen Nutzer empfangen werden und umgekehrt.
Die Kommunikation ist in Communities und sozialen Netzwerken von großer Bedeutung.
Es wird in Form von Chats (Internet Relay Chat oder Instant Messenger), Foren, Gruppen,
Gästebüchern oder privaten Nachrichten (E-Mail) miteinander kommuniziert.
Bei SNS können diverse Applikationen die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme übernehmen

4.1.5 Informationsstruktur
Im Gegensatz zur Kommunikationsstruktur, die das Senden der Information auf zwei
Kanälen beschreibt, spielt sich die Informationsstruktur nur auf einem Kanal ab. Hier wird
eine Mitteilung gesendet, mit der Absicht, eine Sache oder Meinung darzulegen. In der
Regel wird die Informationsverbreitung von der Community genutzt, um über interne
Angelegenheiten aufzuklären. Sowohl OC, als auch SNS profitieren von dieser Struktur, da
die Mitglieder hier Hintergrundinformationen über ihre Plattform erhalten. Darüber kann
Vertrauen aufgebaut werden, da sie diese Mitteilungen direkt von den Machern bzw.
Verantwortlichen der Seite erfahren.
Oftmals werden Informationen über Unternehmens-Weblogs weitergeleitet, bei denen der
User die Möglichkeit hat, Antworten zu posten und mit anderen Nutzern darüber zu
sprechen oder mit den Autoren zu diskutieren. Auch Informationen, wie sie bei
sogenannten Wikis 24 verbreitet werden, fallen nicht unter die klassische

24
Ein Wiki […] ist eine Software und Sammlung von Webseiten, die von den Benutzern nicht nur gelesen,
sondern meist auch direkt online geändert werden können. Wikis ermöglichen es verschiedenen Autoren,
gemeinschaftlich an Texten zu arbeiten. Ziel eines Wikis ist es im Allgemeinen, die Erfahrung und den

16
Informationsstruktur, da hier durch die Web 2.0-Entwicklung, dass Antworten bzw.
Ändern solcher Texte gewährleistet wird und eine asynchrone Kommunikation
vorherrscht.

4.1.6 Präsentationsstruktur
Durch die Art und Weise sowie die Möglichkeiten der individuellen Darstellung auf einer
sozialen Online-Plattform ergibt sich die Präsentationsstruktur. Nach Marotzki gibt es drei
verschiedene Präsentationsarten.
Das Identitätsmanagement kann durch eine sogenannte Identity-Card, auf der der
Nickname und/oder einige persönliche Informationen aufgelistet sind, dargeboten werden.
Desweiteren bieten einige Plattformen die Erstellung einer persönlichen Internetseite an,
auf der sich der Nutzer über die Identity-Card hinaus darstellen kann. Die Card beinhaltet
dann einen Link, der direkt auf diese Internetseite zeigt. Außerdem gibt es private und
halböffentliche Arenen. Private Bereiche charakterisieren sich, wie der Name bereits sagt,
durch eine abgeriegelte Umgebung, wobei nur der User und „Freunde“ mit Zugangsrechten
vollen Zugriff haben. So besitzt bei Funama jedes Mitglied eine Wohnung, die es nach
Belieben einrichten kann. Besuchen können ihn dort jedoch nur vertraute Personen.
Geschlossene Gruppen sind ein Beispiel für halböffentliche Arenen. Hier können nur diese
Mitglieder in der Gruppe interagieren.
Bei sozialen Netzwerken ist die Präsentationsstruktur anders charakterisiert. Die
sogenannte Identity-Card steht meistens in Verbindung mit der persönlichen Homepage.
Die sogenannte Profilseite umfasst neben persönlichen Informationen auch Platz, um sich
selbst darzustellen. Oftmals gibt es ein breites Spektrum an Angaben/Daten (Beruf,
Hobbys, Beziehung, Lieblingsmusik, usw.), die der Nutzer ausfüllen kann. Hier erscheint
ebenso die „Freundesliste“, die einen Besucher der Seite über die verschiedenen
Beziehungen des Profilinhabers aufklärt. Darüber hinaus können bei vielen SNS
heutzutage verschiedenste Applikationen eingebunden werden, die den individuellen
Charakter eines Users unterstreicht. Einige Plattformen bieten sogar die Gestaltung eines
Weblogs an, der oftmals einer persönlichen Homepage entspricht. Auch private und
halböffentliche Arenen sind hier vorzufinden, wobei die Profilseite meistens nicht privat,
sondern als halböffentlich oder gar mit vollem Zugriff zu kennzeichnen ist. Hier kann der
Nutzer mit Hilfe der Privatsphäre-Einstellungen über die Zugangsrechte seiner

Wissensschatz der Autoren kollaborativ in Texten auszudrücken. (http://de.wikipedia.org/wiki/Wiki [Stand:


12.08.2008])

17
persönlichen Seite entscheiden. „Freunde“ haben meistens komplette Einsicht, Fremde
unter Umständen keinen oder das Profil ist gänzlich sichtbar. Vollständig privat ist
meistens die Startseite eines Nutzers auf der diverse Informationen (neue Nachrichten,
letzte Besucher des Profil, Foto-Verlinkungen, usw.) aufgelistet werden. Als
halböffentliche Umgebungen können hier ebenfalls Gruppen angeführt werden.

4.1.7 Partizipationsstruktur
Die Mitgestaltung und Mitbestimmung eines Users in einer Community wird als
Partizipation bezeichnet. Verbesserungsvorschläge zur Usability, Oberfläche oder zum
Inhalt sind Beispiele der aktiven Teilnahme, aber auch die Erweiterung einer
Linksammlung ist möglich.
Virtuelle soziale Netzwerke bieten dem Nutzer eine Fülle an aktiver Partizipation. Hier
können zwar auch Verbesserungsvorschläge zu einzelnen Themen in den Unternehmens-
Weblogs gemacht werden, sich doch auch an der visuellen oder strukturellen Erweiterung
einer Plattform beteiligen. Neben dem Gründen von Gruppen können sie Elemente ihrer
Profilseite bspw. per „Drag and Drop“ 25 (siehe Anhang fiktives Facebook-Profil) in eine
gewünschte Anordnung bringen. Doch auch technisch versierte User können sich
einbringen, in dem sie, wie bei MySpace, per HTML-Code das Aussehen ihrer Profilseite
modifizieren und ihren Vorstellungen anpassen. Bei Wikipedia hingegen können die
Teilnehmer partizipieren, in dem sie aktiv Texte erstellen oder bearbeiten. Somit wird der
Inhalt erweitert und jeder Leser profitiert von der Kollaboration.

4.1.8 Verhältnis Online-Offline


Nach Marotzki ist das Verhältnis der Online-Offline-Beziehungen unter zwei
Gesichtspunkten zu betrachten. Einerseits sind es die strukturellen Vorkehrungen der
Community, durch die es zu realen Treffen kommen kann oder nicht. Es handelt sich
hierbei um die sogenannten „spill-over-Effekte“. Diese Effekte können z. B. durch eine
Wohnortsangabe begünstigt werden, wonach eine Kontaktaufnahme mit möglichem
Treffen folgen kann. Zum Anderen beeinflussen aber auch virtuelle, kommerzielle
Angaben und Werbung den Nutzer über das Internet hinaus.

25
Drag and Drop (engl.: ziehen und fallen lassen). Diese Funktion wird nun nicht nur beim Verschieben von
Datei-Piktogrammen auf dem Desktop genutzt, sondern auch mittlerweile Online. Das Objekt wird markiert
und gezogen, wobei dies durch eine Visualisierung veranschaulicht wird. Die neue mögliche Platzierung
wird ebenfalls angezeigt, woraufhin dann dort das Element fallengelassen werden kann.

18
Dieses Verhältnis findet man ebenfalls auf SNS, die überdies einen positiven Nutzen von
Verlinkungen erlangen/erhalten. So werden bspw. Ortsangaben nicht nur einfach genannt,
sondern mit einem Schlagwort verknüpft. Wenn man auf einen solchen Tag klickt, werden
dem User daraufhin alle Personen angezeigt, die aus demselben Ort oder der gleichen
Region stammen. Diese Tags können für verschiedenste persönliche Angaben oder
Interessengebiete vergeben werden, wonach eine Suche unter beliebigem Stichpunkt
erfolgen kann. Aber auch andere Phrasen werden mit Links versehen. So werden bei der
geschäftlichen Kontaktplattform Xing Qualifikationen, Berufserfahrungen oder Interessen
verlinkt, die es möglichen zukünftigen Geschäftspartnern oder Unternehmen erleichtern,
Nutzer mit gewünschten Eigenschaften ausfindig zu machen.
Auch Werbung spielt bei virtuellen sozialen Netzwerken eine große Rolle. Kommerzielle
Links zu Unternehmenspartnern sind Merkmale, die einen Nutzer im Offline-Leben
beeinflussen können. So erscheint auf Last.fm wahrscheinlich Werbung für ein neues
Album eines Künstlers, welches vom Mitglied beim nächsten Besuch im
Musikfachgeschäft gekauft wird. Auf MySpace wirbt indessen möglicherweise eine
Modefirma für ein bestimmtes Produkt, an das sich der Nutzer im favorisierten
Bekleidungsgeschäft erinnert.

Der Analyse von Online-Communities unter allen oben genannten Gesichtspunkten kommt
ein hoher Stellenwert zu, da hierdurch jegliche Merkmale geklärt werden können. Für ein
virtuelles soziales Netzwerk kann diese Methode der Strukturanalyse jedoch nicht
ganzheitlich gebraucht werden, da aufgrund der Web 2.0-Entwicklungen viele
Eigenschaften ineinander übergehen oder von Applikationen übernommen werden, was in
Kapitel 5 anhand der Untersuchung bewiesen werden soll. Dazu werden die Methoden der
teilnehmenden Beobachtung und der Inhaltsanalyse genutzt, die im nächsten Abschnitt
erklärt werden sollen.

4.2 Methoden zur Untersuchung

Um zu einem Ergebnis zu kommen, müssen zunächst Daten ermittelt werden. Diese Daten
werden mit Hilfe von wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden analysiert und
anschließend ausgewertet. Im Rahmen verschiedener qualitativer Methoden der
Sozialforschung sollen Ergebnisse gefunden und die Untersuchungsgegenstand, wie die
Transformation in virtuellen sozialen Netzwerken stattfindet, beantwortet werden.

19
Es wurde eine qualitative Herangehensweise ausgewählt, da hier nicht standardisierte
Daten erhoben werden. Im Gegensatz zur quantitativen Forschung, die eine Vielzahl von
allgemeinen Mustern statistisch erhebt, geht es bei dieser Form der Untersuchung um
Einzelfälle, die intensiv analysiert, verglichen und im Anschluss die Forschungsfrage
beantwortet werden.
Die Methode, mit der man sich dem zu untersuchenden Feld nähert, beschreibt, wie Daten
unter bestimmten Bedingungen gesammelt und aufgeschlüsselt werden. In dieser
Untersuchung wird eine Feldforschung angewendet, die natürliche Phänomene und
soziales Verhalten betrachtet, wodurch empirische Daten ermittelt werden können.

4.2.1 Teilnehmende Beobachtung

Im Rahmen der qualitativen Sozialforschung sollen mit Hilfe der „Teilnehmenden


Beobachtung“ notwenige Daten erhoben werden, um die beiden vorgestellten sozialen
Netzwerke zu vergleichen. Da diese Untersuchungsmethode 26 meistens Hand in Hand mit
einer weiteren Methode geht, wird hierbei die Inhaltsanalyse mitbenutzt.
Uwe Flick, Professor für qualitative Sozialforschung, definiert die Methode der
teilnehmenden Beobachtung wie folgt:

„Teilnehmende Beobachtung ist eine Feldstrategie, die gleichzeitig


Dokumentenanalyse, Interviews mit Interviewpartnern und Informanten, direkte Teilnahme
und Beobachtung sowie Introspektion [Selbstbeobachtung] kombiniert.“(Flick, 1995, S.
157)

Diese Methode wird im alltäglichen Leben eines zu beobachtenden Gegenstands


(Individuum oder Gruppe) angewendet, indem der Forscher als natürliche Person
teilnimmt. Das Feld der Beobachtung ist lokal, durch eine kleine, räumlich eingegrenzte
Gruppe, und zeitlich, durch einen bestimmten Zeitraum, eingeschränkt. Es werden also nur
Ausschnitte der sozialen Realität betrachtet. Eine wissenschaftliche Beobachtung wird in
fünf verschiedene Dimensionen (Friedrichs, 1982, S.272) geteilt:
• Verdeckt – Offen: Weiß der beobachtete Gegenstand/Teilnehmer/-gruppe, dass er
Mittelpunkt einer Untersuchung ist?

26
Weitere Untersuchungsmethoden sind die Einzelfallstudie, das Qualitative Interview, die
Gruppendiskussion und die Biographische Methode. (Vgl. Lamnek, 1989)

20
• Nicht teilnehmend – Teilnehmend: Nimmt der Beobachter an den Aktionen in der
Untersuchungsumgebung teil?
• Systematisch – Unsystematisch: Wurde die Beobachtung nach einem
vordefinierten/bestimmten Schema durchgeführt?
• Natürlich – Künstlich: Findet die Untersuchung in einer natürlichen Umgebung
statt, oder wurde ein künstlicher Raum geschaffen?
• Selbst – Fremd: Ist der Beobachter selbst Gegenstand der Untersuchung?
Es gibt unterschiedliche Formen der Beobachtung, wobei diese Arbeit einer qualitativ,
unstrukturierten, teilnehmenden Beobachtung (Lamnek, 1989, S.303) zugrunde liegt. Bei
dieser Form ist eine Einheit von Forscher und Beobachter notwendig, denn er allein besitzt
den Überblick und das Vorwissen zum Gegenstand und erhebt die Daten nach seinem
Ermessen. Er muss sich jedoch mit den Beobachteten identifizieren, um „objektiv“ zu
werten. Der Beobachter kann eine beliebige Rolle in der Untersuchungsumgebung
einnehmen; so kann er also auch die konkrete Position des Forschers einnehmen. Das zu
beobachtenden Feld ist offen und man erhält schnellen Zugang, jedoch können sich die
Situationen verhältnismäßig schnell verändern, was die Untersuchung erschwert. Die
Beobachtung hier erfolgt offen, also mit dem Wissen der Beobachteten, dass sein Handeln
untersucht wird. Der Forscher benötigt kein Vorwissen für die Abläufe in der sozialen
Umgebung, da sich sein Wissen aus der Arbeit im Feld generiert. Dieses erworbene
Wissen nutzt der Forscher, um eine Theorie zu entwickeln und nicht, um sie zu überprüfen.
Im Anschluss zur Beobachtung werden die Daten aufgezeichnet und gegebenenfalls mit
anderen Medien (Interviewprotokolle, Tonbandaufnahmen, Videoaufzeichnungen,…)
ergänzt.
Spradley unterteilt die Teilnehmende Beobachtung in drei Phasen (Vgl. Spradley, 1980).
Die „deskriptive Beobachtung“ bezeichnet die Orientierung im Feld und die
Datenbeschreibung, ohne diese dabei zu bewerten oder dabei Prinzipien abzuleiten. Die
Umgebung soll umfangreich erfasst und konkretere Untersuchungsfragen und Hypothesen
entwickelt werden. Während der „fokussierten Beobachtung“ steht die zu erforschenden
Frage im Mittelpunkt. Probleme, Prozesse und Personen werden diskutiert. Zuletzt erfolgt
die „selektive Beobachtung“, in der die ermittelten Fragen und Hypothesen bewiesen
werden können.

21
4.2.2 Inhaltsanalyse
Da die Teilnehmende Beobachtung, wie oben beschrieben, steht nicht allein, sondern in
Verbindung mit einer weiteren Methode. In dieser Untersuchung soll die Inhaltsanalyse
dabei helfen, erhobene Daten aufzubrechen und zu deuten. Sie beschäftigt sich mit
folgendem Phänomen:

„In dem, was Menschen sprechen, schreiben, drücken sich ihre Absichten,
Einstellungen, Situationsdeutungen, ihr Wissen und ihre stillschweigenden Annahmen über
die Umwelt aus. Diese Absichten, Einstellungen usw. sind dabei mitbestimmt durch das
soziokulturelle System, dem die Sprecher und Schreiber angehören und spiegeln deshalb
nicht nur Persönlichkeitsmerkmale der Autoren, sondern auch Merkmale der sie
umgebenden Gesellschaft wieder – institutionalisierte Werte, Normen, sozial vermittelte
Situationsdefinitionen usw. Die Analyse von sprachlichem Material erlaubt aus diesem
Grunde Rückschlüsse auf die betreffenden individuellen und gesellschaftlichen, nicht
sprachlichen Phänomene zu ziehen.“(Mayntz, Holm, Hübner, 1974, S.151)

Philipp Mayring, Professor für pädagogische Psychologie, definiert die Inhaltsanalyse, wie
folgt:

„Das Ziel von Inhaltsanalysen ist die systematische Bearbeitung von Material aus
Kommunikationen. Das müssen nicht ausschließlich Texte sein, es kann sich auch um
musikalisches, bildliches, plastisches o.ä. Material handeln. In jedem Falle aber soll das
Kommunikationsmaterial in irgendeiner Form festgehalten, protokolliert sein.“(Mayring,
1995, S.209)

Diese Untersuchungsmethode beschreibt also eine Technik, die dem Inhalt einer speziellen
Situation eine generalisierte Bedeutung zuweist. Die Daten können aus Dialogen, Texten,
Filmen oder Bildern des Alltags entnommen werden.
Diese Arbeit wird sich der qualitativen, inhaltsanalytischen Technik (Lamnek, 1989,
S.202) bedienen, wobei zuerst das Material gesichtet, dann ein System von Kategorien
festgelegt und zuletzt darauf geprüft werden soll. Die ausgewerteten Daten werden
zusammengefasst, verdeutlicht und strukturiert und den Kategorien zugeordnet. Dabei
können Merkmale von Einzelfällen für die Gesamtheit stehen und verallgemeinert werden.

22
4.2.3 Begründung zur Nutzung dieser Methoden
Diese qualitativen Methoden der Untersuchung wurden gewählt, da die vorliegenden
Daten auf der Internetseite Facebook beobachtbar sind. Die Teilnehmende Beobachtung
hilft dem Forscher Verhaltensweisen eines Gegenstands zu erklären. Selbst als Teilnehmer
und Mitglied beider sozialen Netzwerke macht der Forscher Erfahrungen und erhält hier
Hintergrundinformationen über das Untersuchungsfeld, was ihm dabei hilft, den
Gegenstand besser zu verstehen.
Die Inhaltsanalyse wurde genutzt, um die Teilnehmende Beobachtung zu unterstützen und
Daten einer Internetseite zu erklären. Die Aufgabe dieser Methode liegt in der
Aufschlüsselung des sprachlichen 27 Material in nicht-sprachliche Erkenntnisse. Der
subjektive Inhalt des Gegenstands wird somit in übersichtlicher Form allgemein
verständlich gemacht ohne ihn zu verfälschen. Die Nachvollziehbarkeit ist gegeben, eine
weitere Analyse nicht erforderlich.

4.3 Erläuterung der Materialsammlung

Zur Erhebung der notwendigen Daten, wurden den sozialen Netzwerken Facebook und
StudiVZ verschiedene Profile vom jeweils gleichen User entnommen. Am Abend des
Stichtages, des 25. Juli 2008, konnten insgesamt 66 Screenshots gemacht werden. Das
waren 33 Teilnehmer von jeder Plattform, davon 18 weibliche und 15 männliche Nutzer.
Danach wurden fünf User ausgewählt, die viele Angaben gemacht haben, und deren
Profilseiten genauer analysiert. Von diesen wurde zur genauen Beobachtung ein
männlicher User herausgenommen, dessen Profile zur Beantwortung der Forschungsfrage
am geeignetsten schienen. Er nutzt von beiden Plattformen alle der ihm zur Verfügung
gestellten Optionen, wonach Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich festgestellt
werden können.
Es ergab sich die Schwierigkeit, dass man aufgrund der individuellen Einstellungen zur
Privatsphäre beider Netzwerke nicht jedes beliebige Profil komplett anschauen kann. Bei
Facebook sind zudem nur die Seiten der User einsehbar, die sich im selben Netzwerk
befinden; ausgenommen, man ist mit ihm befreundet oder derjenige Nutzer hat sein Profil
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Großteil der Userprofile befindet sich somit
auf meinen persönlichen Freundeslisten von Facebook und StudiVZ. Trotzdem ist eine

27
„Sprachlich“ meint hier nicht gesprochene Kommunikation, sondern auch die Kommunikation über Texte,
Bilder, Gruppen oder Applikationen.

23
Bekanntschaft zu allen Nutzern vorhanden, so dass mir von allen Usern die realen Namen
bekannt sind. Dabei wurden die beiden eigenen Profile bei der Beobachtung nicht in die
Untersuchung integriert.
Aufgrund der umfangreichen Daten, die im Beispielprofil vorhanden sind, erwies es sich
als problematisch, einfache Screenshots von den Seiten zu machen. So musste bei der
amerikanischen Plattform Facebook mehrfach gescrollt werden, um das Ausmaß des
Profils zu erfassen. Die sich im Anhang befindenden Online-Darstellungen des Nutzers
konnten nicht auf eine Seite reduziert werden, da sonst die Elemente und Merkmale nicht
sichtbar würden, deshalb sind alle Profile auf einer CD im Anhang (siehe Kapitel 8)
gespeichert.
Des Weiteren stellte sich nach Erhebung des Materials heraus, dass eine der Facebook-
Applikationen inaktiv war, da sie zum Stichtag aktualisiert und verbessert wurde. Die
Oberfläche ist minimiert und ihr normales Aussehen in dieser Arbeit nicht nachvollziehbar.
Außerdem werden in der Abschlussdiskussion Applikationen benannt, die nicht auf dem
Beispielprofil zu finden sind. Sie dienen als Veranschaulichung weitreichender Funktionen
von Facebook und konnten nur von meinem persönlichen Account, jedoch weitestgehend
objektiv, bewertet werden.

Nachdem geklärt wurde, wie und mit welchem Material die Untersuchung vollzogen wird,
wird sie Gegenstand des nächsten Kapitels sein.

5 Untersuchung

5.1 Forschungsfrage

Das Internet, und somit auch virtuelle soziale Netzwerke, haben sich innerhalb kurzer Zeit
transformiert. Am Beispiel von Facebook wird dies analysiert und die Entwicklung im
Vergleich zur deutschen Plattform StudiVZ dargestellt. Es wird untersucht, inwiefern sich
die Profilseiten von Usern, die Mitglied in beiden sozialen Netzwerken sind, in Bezug auf
die ihnen zur Verfügung gestellten Möglichkeiten, strukturell unterscheiden? Wird das
Angebot der modernen, dynamischeren Plattform wahrgenommen, wie werden die
Optionen verwendet und wie präsentiert sich dadurch der Nutzer?

24
5.2 StudiVZ

Zunächst erfolgt eine genaue Betrachtung des


virtuellen sozialen Netzwerks StudiVZ. Unter Abbildung 4 - StudiVZ-Logo  
Anwendung der Online-Ethnographie von Marotzki werden dann der Aufbau und die
Struktur der Plattform analysiert, um einen Überblick der Funktionen zu gewinnen.
Außerdem soll geprüft werden, in wieweit sich diese Strukturanalyse auf die Seite
anwenden lässt.

5.2.1 Allgemein
Um die Transformation sozialer Netzwerke am Beispiel von Facebook zu verdeutlichen,
wird anhand der deutschen Plattform StudiVZ ein Vergleich erstellt. Dieses Netzwerk
wurde gewählt, da es der frühen Version von Facebook sehr ähnelte und sich dieser
Grundaufbau bis heute bewahrt hat. Ein erster sichtbarer Unterschied besteht in der
farblichen Gestaltung; bei StudiVZ dominiert die Farbe Rot, bei Facebook Blau. In der
Blogosphäre finden sich Aussagen, dass Code-Teile von Facebook nachweislich in
StudiVZ übernommen worden seien. Dies macht deutlich, dass StudiVZ als ein sehr gutes
Beispiel für die Vergleichbarkeit mit Facebook und die Darstellung der Transformation
von virtuellen sozialen Netzwerken geeignet ist.

StudiVZ, auch StudentenVerzeichnis, wurde im Oktober 2005 von Ehssan Dariani und
Dennis Bemmann in einer kleinen Wohngemeinschaft in Berlin, Prenzlauer Berg
gegründet. Ihnen schloss sich ein halbes Jahr später Michael Brehm an. StudiVZ ist eine
Community, die einst alle deutschen, österreichischen und schweizerischen Studenten
miteinander verknüpfen sollte. Die Plattform hat folgende Ziele:

„Ziel dieses Projektes ist es, die Netzwerkkultur an europäischen Hochschulen zu


fördern, die Anonymität an den Hochschulen zu senken und eine intuitiv bedienbare
Plattform zu bieten, auf der sich Studierende sowie studentische Initiativen kostenlos zu
überwiegend lokalen Campusthemen organisieren und austauschen
können.“(http://www.studivz.net/l/impressum [Stand: 20.07.2008])
 

25
Mittlerweile gibt es die Plattform auch als italienische, französische, polnische und
spanische Variante. Aufgrund der hohen Beliebtheit der Seite 28 entwickelte man Anfang
2007 speziell für Schüler das Online-Netzwerk SchuelerVZ, das momentan mit 6,4
Milliarden Seitenaufrufen pro Monat (http://www.studivz.net/l/about_us/1[Stand:
20.07.2008]), die meistbesuchte Internetpage im deutschsprachigen Raum ist. Neben
SchuelerVZ publiziert das Unternehmen StudiVZ Ltd. seit Februar 2008 die
netzwerkübergreifende Community MeinVZ, dessen Zielgruppe alle Nicht-Studenten sind.
Diese Plattform und StudiVZ sind durch eine Schnittstelle miteinander verbunden. Somit
haben User beider Seiten gegenseitigen Zugriff auf die Nutzerprofile. Derzeitig kann
StudiVZ Ltd. insgesamt über 10 Millionen Mitglieder (http://www.studivz.net/l/about_us/1
[Stand: 20.07.2008) verzeichnen.
Das Unternehmen fällt jedoch immer wieder negativ in den Online-Medien auf, da Mängel
in der Privatsphäre, dem Datenschutz und der Technik bestehen sollen. Außerdem wird
StudiVZ Ltd. dafür kritisiert, sich Ideen, Funktionen und das Aussehen von der
amerikanischen Schwester Facebook angeeignet zu haben. Aufgrund dieser
Plagiatsvorwürfe reichte Facebook am 19. Juli 2008 Klage wegen „Missbrauch von
geistigem Eigentum“
(http://www.faz.net/s/RubD16E1F55D21144C4AE3F9DDF52B6E1D9/Doc~E8348168B1
A164D2792AFC848A1DFB742~ATpl~Ecommon~Scontent.html [Stand:20.07.2008]) ein.

5.2.2 Online-Ethnographie von StudiVZ

Die Strukturanalyse in Form der Online-Ethnographie wird im Folgenden den Aufbau und
die Funktionen der Plattform darstellen. Zudem soll kritisch reflektiert werden, in wieweit
sich alle Merkmale auf StudiVZ anwenden lassen bzw. warum nicht.
Ein fiktives StudiVZ-Profil 29 (siehe Anhang) gibt einen öffentlichen Überblick über alle
Funktionen und Angaben einer Profilseite bei StudiVZ.

Die Leitmetapher der Infrastruktur von StudiVZ ist relativ simpel und es liegt kein
besonderes Thema vor. Das Netzwerk ist wie eine Online-Kartei strukturiert, durch die
man sich durchklickt. Verschiedene Funktionen sind gegeben, die sowohl von der
Startseite, als auch von der Profilseite des Nutzers miteinander verknüpft sind. So kann

28
Laut www.ivwonline.de (März 2008) wird StudiVZ 6 Milliarden Mal pro Monat aufgerufen. (Vgl.
http://www.studivz.net/l/about_us/1[Stand: 20.08.2008])
29
Dieses Profil wurde speziell für diese Arbeit angefertigt. Alle Daten sind frei erfunden.

26
man das Netzwerk als Verzeichnis beschreiben, was sich auch im Namen wiederspiegelt
(StudentenVerzeichnis).

Das Regelwerk bestimmt zum Einen die Nutzerbestimmungen, sowie Regelung des
Zugangs, zum Anderen das Gratifikations- und das Sanktionssystem.
Um auf die Plattform von StudiVZ zu kommen, ist zunächst eine Anmeldung erforderlich.
Nach dem Anklicken des „Immatrikulieren“-Button (Studium wird suggeriert) auf der
Startseite gelangt man zur nächsten Seite, auf der die Frage gestellt wird, ob man Student
ist oder nicht. Wenn diese Frage verneint werden kann, wird man zu MeinVZ
weitergeleitet. Als Studierende/r sind nun Vor- und Nachname, Geburtstag, Geschlecht,
Hochschule, E-Mail-Adresse und Passwort nötig, um sich zu registrieren. Wenn alle Felder
ordnungsgemäß ausgefüllt wurden, hat der Student die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen und den Verhaltenskodex zu akzeptieren. Im Anschluss bekommt
er eine Benachrichtigung an die angegebene E-Mail-Adresse gesandt, die zum Beenden der
Anmeldung einen Bestätigungslink enthält. Falls man mit den Bedingungen nicht
einverstanden ist, wird der Zugriff auf die Seite verweigert.
Ein Gratifikationssystem, in dem das Mitglied beispielsweise für häufige Nutzung belohnt
wird, ist nicht zu verzeichnen. Auch ein direktes Sanktionssystem, dass den User bestraft,
gibt es nicht. Jedoch werden im Verhaltenskodex (Vgl. http://www.studivz.net/l/rules)
Verstöße gegen die AGB´s (http://www.studivz.net/l/terms) geahndet, was zu einer
einfachen Verwarnung, einer temporären oder permanenten Sperrung des Profils oder
sogar zur absoluten Löschung einer Mitgliedschaft führen kann.

Eine unterschiedliche Rollenverteilung ist bei StudiVZ lediglich in den Gruppen zu


vermerken. Die soziographische Struktur kennzeichnet hier einen Gruppengründer, der
volle Verwaltungsmacht und Zugangsberechtigung auf alle Funktionen hat. Er kann
beliebig viele Moderatoren benennen, die ebenfalls gewisse Rechte haben. Diese sind
jedoch eingeschränkt, im Vergleich zum Gruppengründer. Des Weiteren sind keine
anderen Positionen bemerkbar. Lediglich im Hintergrund lässt sich StudiVZ als oberste
Instanz vermuten (siehe Verhaltenskodex).

StudiVZ bietet seinen Mitgliedern unterschiedliche Möglichkeiten zur Kommunikation.


Auf der „Pinnwand“ findet die hauptsächliche, öffentliche Kommunikation statt, welche
für alle Freunde und Andere einsehbar ist, die das Profil bzw. die Pinnwand des Users

27
anschauen können. Nicht-Freunde sind nicht berechtigt hier ein Kommentar zu
hinterlassen.
Des Weiteren gibt es einen Nachrichtendienst, über den private Mails verschickt werden
können. Sie ähneln einer normalen E-Mail, die mit Empfänger und Absender
gekennzeichnet ist. Diese Nachrichten können jedoch nur innerhalb der Community
versendet werden, aber auch von Personen, die nicht auf der Freundesliste stehen.
Die Kommunikation in den Gruppen wird durch die integrierten Themen-Foren begünstigt.
Unter einem bestimmten Schwerpunkt steht man hier in halböffentlichem Kontakt zu
anderen Mitgliedern des Netzwerks, mit denen man nicht bekannt ist.
Auf jeder Profilseite erhält der User die Möglichkeit, seine momentanen Gedanken,
Gefühle oder Tätigkeiten zu beschreiben. Mit einer maximalen Länge von 140 Zeichen
wird eine persönliche Statusmeldung an alle Freunde bekannt gegeben.
Eine weitere Möglichkeit der Kommunikation findet über das „Gruscheln“ statt. Das
Gruscheln ist eine Kombination aus Grüßen und Kuscheln und bietet allen Usern, ob
Freund oder nicht, eine Kontaktmöglichkeit.

Neben der Kommunikation werden auch Informationen an die Nutzer weitergegeben.


Bereits auf der Startseite erhalten die Mitglieder die verschiedensten Benachrichtigungen.
Man wird davon in Kenntnis gesetzt, wer der letzte Besucher seines Profils war, welcher
seiner Freunde demnächst Geburtstag hat, ob man gegruschelt oder in eine Gruppe
eingeladen wurde. Zusätzlich werden dem Mitglied drei unbekannte Nutzer vorgeschlagen,
die sich im näheren Umfeld (in der gleichen Stadt bzw. an der Hochschule) befinden, um
sein persönliches Netzwerk zu erweitern. Nutzer werden darüber hinaus über Neuigkeiten
der Plattform informiert, die jedoch von der Netzwerk-Redaktion selektiert werden. Es
steht meistens ein Thema mit werbendem Charakter (z. B. Wechsel zu MeinVZ) zur
Auswahl. Auf ältere Meldungen hat man jedoch keinen Zugriff.
StudiVZ verfügt über einen Blog-ähnlichen Informationsdienst, auf dem Community
interne Updates erscheinen. Der Leser kann auf einen Eintrag jedoch nicht antworten und
somit nicht direkt an der Diskussion über Neuheiten im Netzwerk teilnehmen.

Auf StudiVZ gibt es unterschiedliche Präsentationsmöglichkeiten, die in


Identitätsmanagement, das Erstellen einer Homepage und in halböffentliche und private
Arenen zu gliedern sind.

28
Für die Darstellung der eigenen Identität kann sich der User einen beliebigen Nickname
überlegen. Es wird zwar ein realer Name verlangt, aber nicht kontrolliert. Im Gegensatz zu
den ersten Jahren, als die Netzwerkler ihre echten Namen angaben, greifen heute viele auf
einen Fantasie-Namen zurück. Aufgrund dieser Tatsache lässt sich ein Mitglied nicht so
schnell ausfindig machen und erschwert die Ausweitung des Netzwerks. Grund dieser
Entwicklung sind vermutlich Anklagen über Lücken im Sicherheitssystem und die
Missachtung des Datenschutzes
(http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,523906,00.html [Stand: 10.08.2008]).
Auf der sogenannten Identity-Card kann der User Angaben zu seiner Person machen. Es
gibt Pflichtfelder, die bereits bei der Anmeldung ausgefüllt werden müssen, aber auch
freiwillige Optionen. Allgemeine Daten, die angegeben werden können, sind
Informationen zur Hochschule, Studienrichtung, Dauer des Studiums und zum
Heimatwohnort des Mitglieds. Kontaktdaten, wie ICQ-Nummer, Skype-Name, Handy-
Nummer, Adresse oder Website, sind nur Freunden sichtbar. Unter dem Punkt
„Persönliches“ kann der User angeben, wonach er auf der Suche ist, ob er sich in einer
Beziehung befindet, welcher politischen Richtung er angehört, welche Interessen, Musik,
Bücher und Filme er favorisiert. Er kann aber auch sein Lieblingszitat nennen oder etwas
Eigenes notieren („Über mich“). In der Kategorie „Arbeit“ wird nach dem derzeitigen
(Neben-)Job und der bisherigen Karriere gefragt; unter „Lehrveranstaltungen“ nach
Kursen, die man im Semester besucht. Zuletzt kann sich der Nutzer entscheiden, ob er ein
Userbild von sich hochläd, wobei verlangt wird, dass er hierauf zu erkennen ist. Alle
benannten Daten der Identity-Card erscheinen auf der Profilseite des Nutzers. Ebenfalls auf
dieser persönlichen Seite ist die Verbindung zu sehen, die man zu einer anderen Person
pflegt (Friend-of-a-Friend). Hier wird jedoch nur die Bekanntschaft bis zum zweiten Grad
(d. h. ein Freund hat einen anderen Freund, den ich aber nicht kenne) in einer kleinen
Graphik angezeigt. Des Weiteren
werden hier auch alle Gruppen
aufgelistet, denen man beigetreten ist.
Den Usern wird es nicht ermöglicht,
eine Homepage im klassischen Sinne
zu erstellen. Die Profilseite eines
jeden Nutzers übernimmt diese
Abbildung 5 - Friend-of-a-Friend-Beziehungen werden Funktion. Mit Hilfe einer
bei StudiVZ sichtbar  zugewiesenen Internetadresse, wird

29
jede Seite individuell gekennzeichnet und ist somit identifizierbar. Wie bereits erwähnt,
kann er neben der Identity-Card auch Lehrveranstaltungen und Gruppen hinzufügen. Zur
Erweiterung der vorgegebenen Möglichkeiten wird gestattet, ein Fotoalbum zur visuellen
Unterstützung des Charakters einzubinden. Hier kann er sich und Freunde verlinken (dieser
Link zeigt dann auf die Profilseite der jeweiligen Person), was wiederum auf der Profilseite
erscheint.
Das Mitglied kann sich jedoch nicht nur im öffentlichen Bereich des sozialen Netzwerks
präsentieren, sondern auch auf privaten bzw. halböffentlichen Arenen. Zu den privaten
Bereichen kann man eindeutig die Startseite und die Umgebung des Nachrichtendiensts
zählen, worauf nur der Nutzer Zugriff hat. Gruppen befinden sich auf einem
halböffentlichen Gebiet, welche ebenfalls nur andere Gruppenmitglieder komplett einsehen
können.

An der aktiven Mitgestaltung des sozialen Netzwerkes hat das Mitglied nur geringe
Teilhabe. Es können die unterschiedlichsten Gruppen zum Beispiel in den Kategorien
Campus Leben, Geographie, Organisationen oder Unterhaltung & Kunst gegründet
werden. Darüber hinaus ist der Nutzer berechtigt, Lehrveranstaltungen zum
Kursverzeichnis seiner Hochschule hinzuzufügen. Diese Funktionen werden jedoch nicht
selten als scherzhaftes Ausdrucksmittel für einen Standpunkt oder eine Empfindung
ausgenutzt.

Der letzte zu analysierende Punkt behandelt das Verhältnis der Online-Offline-


Beziehungen, wobei zwischen „spill-over“-Effekten und Werbung zu unterscheiden ist.
Reale Treffen werden bei StudiVZ dadurch gefördert, dass nach Wohn- und Heimatort oder
diversen Kontaktadressen und -nummern gefragt wird. Doch auch Partnerschaften werden
gefördert, was durch die Angaben „Auf der Suche nach“ und des Beziehungsstatus‘
unterstützt wird. Wichtig zu erwähnen ist jedoch auch hier, dass digitale Treffen meistens
face-to-face Treffen voraus gehen und nicht umgekehrt. Die meistens Studierenden kennen
sich aus dem wirklichen Leben, bevor sie den Kontakt zu einer Internetbekanntschaft
machen.
Auch kommerzieller Basis wird Werbung geschaltet, um die Zielgruppe als reale Kunden
zu gewinnen. Vor allem auf der Startseite wird der User mit Reklame überschüttet, die in
unübersehbaren Bannern aufflackern.

30
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die klassische Online-Ethnographie bereits
hier nicht mehr anwendbar ist, da Merkmale, wie Gratifikationssystem, Nickname oder zur
Verfügung gestellte Homepage, nicht mehr vorhanden sind.
Nach der Strukturanalyse von StudiVZ wird nun als zweites soziales Netzwerk die
amerikanische Plattform Facebook untersucht.

5.3 Facebook

Im Rahmen dieser Abschlussarbeit steht das


virtuelle soziale Netzwerk Facebook im
Mittelpunkt der Betrachtung. So ist zunächst zu Abbildung 6 - Facebook-Logo 

klären, wie sich diese Plattform im Laufe der Zeit entwickelt hat und wie sie zu
charakterisieren ist. Im Anschluss wird auch hier das Modell der Online-Ethnographie
angewendet. Da sich die Plattform durch gewisse Funktionen im Rahmen der Web 2.0-
Entwicklung auszeichnet, sollen diese am Ende des Kapitels erläutert werden.

5.3.1 Geschichte

Facebook wurde im Februar 2004 von Mark Zuckerberg und den Co-Gründern Dustin
Moskovitz und Chris Hughes an der Harvard Universität erstmals online gestellt. Sie
hatten folgende Intention:

“Facebook is a social utility that connects people with friends and others who
work, study and live around them. People use Facebook to keep up with friends, upload an
unlimited number of photos, share links and videos, and learn more about the people they
meet.”(http://www.Facebook.com/about.php [Stand: 08.08.2008])

Noch im Juni desselben Jahres wird der Hauptsitz nach Palo Alto verschoben und bereits
im Dezember kann Facebook knapp 1 Million aktive Nutzer verzeichnen.
Im darauffolgenden Jahr legt die Community ihre URL auf die Adresse
www.Facebook.com fest. Im September wird das Netzwerk auch auf Highschools
erweitert, wonach zum Ende des Jahres nunmehr als 5,5 Millionen Mitglieder anzutreffen
sind.

31
2006 strotzt Facebook nur so vor Innovationen. Firmen-Netzwerke werden hinzugefügt
und die vorläufige Oberfläche entwickelt. Die Notizen-Applikation, das News- und das
Mini-Feed, sie ähneln einem Nachrichtenticker, werden integriert. Dieses kommt der
Plattform zu Gute, denn in nur einem Jahr hat sich die Nutzerzahl auf über 12 Millionen
verdoppelt.
Im Jahr 2007 präsentiert sich Facebook bereits international und kann in Kanada 2
Millionen und in Groß Britannien 1 Million aktive Nutzer verzeichnen. Derweil arbeitet
die stetig wachsende Community mit 65 Entwicklungspartnern zusammen und weist über
85 Applikationen auf. So werden im Oktober etwa 54 Millionen aktive Nutzer registriert,
was zur Folge hat, dass der Werbevertrag zwischen Facebook und Microsoft erweitert
wird, um internationale Märkte zu decken. Microsoft kauft einen Anteil von 1,6% (für 240
Mio. $), wodurch der Marktwert der Community auf etwa 15 Milliarden $ geschätzt wird.
Finanziert wird das Unternehmen jedoch hauptsächlich von Greylock Partners, Accel
Partners, Meritec Capital Partners und Peter Thiel
(http://www.new.facebook.com/press/info.php?factsheet [Stand: 31.07.2008]), die ihre
Investitionen immer wieder erhöhen.
Auch 2008 hat das erfolgreiche soziale Netzwerk weitere Neuheiten veröffentlicht. Seit
Februar kann man nach Belieben, die Seite auf Spanisch, Französisch oder Deutsch
anzeigen lassen. Und durch den Facebook-Chat ist im April eine weitere beliebte Funktion
für Community-User hinzugekommen. 30
Derzeit kann Facebook mehr als 80 Millionen aktive Nutzer verzeichnen. Außerdem ist
sie die Internetseite mit dem sechsstärksten Zugriff weltweit und belegt Platz 2 der
beliebtesten social networking sites (Vgl.
http://www.facebook.com/press/info.php?statistics [Stand: 31.07.2008]). Die Plattform
zeigt derzeit eine unheimlich dynamische Entwicklung, gilt als sehr zukunftsorientiert und
innovativ, so dass man große Fortschritte erwarten kann.

5.3.2 Aktueller Entwicklungsstand

Facebook durchlebt momentan eine sehr dynamische Entwicklung. Die Oberfläche


verändert sich fast täglich auffallend. Innerhalb der letzten zwei Monate [Stand: Anfang
Juni 2008] haben sich weitere Erneuerungen auf der Plattform gezeigt.

30
Vgl. alle Fakten des Abschnitts: http://www.Facebook.com/press/info.php?timeline

32
Die wohl wichtigste Änderung wurde Ende Mai angekündigt. Die Darstellung der
Profilseite wird komplett überarbeitet und soll in Zukunft über Tabs und Spalten verfügen,
die den Überblick für das Mitglied vereinfachen. Feed, Infos, Fotos und Applikationen
werden getrennt voneinander dargestellt und die bisherige Fülle von Inhalten klarer
präsentiert werden (siehe Anhang: neues Facebook-Profil).
Außerdem ist es seit Mai möglich, unter Zuhilfenahme der Web 2.0-Technologien (siehe
Kapitel 2), eigene Aktivitäten von anderen, dynamischen Seiten zu importieren.
Beispielsweise kann man sich bei der Anwendung von Last.fm nach Eingabe der eigenen
Daten zur Identifizierung alle aktuellen Tätigkeiten im Mini-Feed anzeigen lassen.
Um sein Netzwerk zu erweitern und neue Freunde zu finden, hat Facebook den „Friend-
Suggester“ seit Anfang Juni integriert. Neben dem „Friend-Finder“, bei dem man lediglich
den Namen die oder Email-Adresse eines Nutzers eingibt, kann man hier einem Freund
Mitglieder vorschlagen, die er wohlmöglich auch kennt (und umgekehrt). Die Suche nach
einer bestimmten Nachricht im privaten Postfach wird durch den „Inbox Search“
vereinfacht. Um den internationalen Charakter des sozialen Netzwerks zu wahren und sie
für noch mehr User zugänglich zu machen, ist Facebook in 20 verschiedenen Sprachen
anwendbar. Mit Hilfe einer sogenannten Übersetzungs-Applikation kann man sich die
Seite auf 55 speziellen Dialekten, verschiedenen asiatischen oder selten gesprochene
Sprachen anzeigen lassen. Wer die Anwendung hinzugefügt hat, kann aktiv an der
Übersetzung verschiedener Sätze mitarbeiten. Diese Sprachenvielfalt verhilft Facebook zu
einer internationalen Nutzerschaft und spiegelt sich auch in den Besucherzahlen wieder.
Da Englisch als Weltsprache bezeichnet werden kann, ergibt sich die Möglichkeit der
Kommunikation zwischen Mitgliedern verschiedener Nationalitäten. Um die
Kommunikation zwischen den Mitgliedern zu vereinfachen und effizienter zu gestalten, ist
es einem User nun auch möglich auf einen Eintrag im Mini-Feed seines Freundes zu
reagieren. Dieser Feed beinhaltet nun nicht mehr einzig den Informationsaspekt, sondern
auch den Kommunikationsaspekt. Auf eine Anmerkung zu einem Eintrag kann der
Adressat ebenso antworten.
Eine interessante Entwicklung, die mehrfach am Ende des letzten Jahres kritisiert wurde,
ist der Facebook-Beacon, der im nächsten Abschnitt konkreter erläutert werden soll.

33
5.3.3 Facebook-Beacon

Der Facebook-Beacon ist ein viel diskutiertes und kritisiertes Phänomen, welches Ende
2007 nicht nur Facebook-Mitglieder, sondern auch andere Internetnutzer beunruhigte. Die
Entwicklungsdynamik virtueller sozialer Netzwerke wird an diesem Beispiel besonders
deutlich, denn Handlungen beschränken sich nun nicht mehr nur auf die Plattform, sondern
weiten sich auf das Web aus.
Facebook wirbt für Beacon wie folgt:

„Ermöglichen Sie es Ihren Kunden, ihre Facebook-Freunde an den von ihnen auf
Ihrer Website vorgenommenen Handlungen teilhaben zu lassen.“
(http://www.Facebook.com/business/?beacon=#/business/?beacon= [Stand: 09.08.2008])

Der Facebook-Beacon [engl.: Leuchtfeuer, Lichtsignal] ist eine Funktion der Facebook
Geschäftslösungen und übermittelt Aktivitäten von Drittseiten an Facebook. Der Nutzer
wird nach dieser Aktion nun darüber informiert, was genau gemacht wurde. Diese
Information (bspw. der
Kauf eines Produkts, die
Registrierung für einen
Dienst oder das
Hinzufügen eines
Artikels zu einer

Amazon-Wunschliste)
Abbildung 7 - Facebook-Beacon-Benachrichtigung
wird an das jeweilige
Facebook-Nutzerprofil gesendet und erscheint in der Neuigkeiten-/News-Sektion. Diese
Aktion beinhaltet jedoch nicht nur den einseitigen Informationsaustausch, sondern gewährt
auch den Zugriff der externen Seite auf Facebook, um Auskünfte zu erhalten. Dadurch,
dass diese Information auf einer Profilseite auftaucht, kann ein Produkt auch für andere
Freunde interessant gemacht werden. Der User hat jedoch die Möglichkeit Facebook-
Beacon zu untersagen, sodass keine Mitteilungen versendet werden können.
In der besagten Debatte wurde vor allem kritisiert, dass nachdem man die Beacon-
Information aus seiner Neuigkeiten-Sektion entfernt hat, die zugehörigen Daten jedoch
weiterhin bei Facebook gesammelt würden. Facebook dementierte dies jedoch und
visualisierte Beacon-Aktionen zusätzlich durch kleine aufblinkende Anzeigen, womit

34
Diskussionen vorläufig beendet sind (Vgl. http://www.basicthinking.de/blog/tag/facebook-
beacon/).

Der aktuelle Entwicklungsstand der Plattform zeigt ein vielfältiges Angebot von
innovativen Funktionen, die den Mitgliedern neue Möglichkeiten eröffnet sich zu
präsentieren, jedoch nicht immer ganz ausgereift sind. Die Charakteristika des Netzwerkes
sollen im nächsten Abschnitt aufgeschlüsselt werden.

5.3.4 Online-Ethnographie nach Marotzki

Die Online-Ethnographie wird im Folgenden ebenfalls auf Facebook angewendet. Es wird


darauf geprüft, welche Funktionen welche Eigenschaften übernehmen.
Ein fiktives Facebook-Profil 31 , das sich im Anhang befindet, gibt eine Übersicht, wie sich
hier die Mitglieder präsentieren können.

Die Leitmetapher von Facebook ist ebenfalls mit einer Karteikarte vergleichbar. Sie ist
strukturiert und aufgebaut wie eine Internetseite, durch die man sich per Buttons und Links
durchklicken kann. So lässt sich die Leitmetapher der Internetseite anhand des Namen
„Facebook“ 32 beschreiben. So wie man in einem Buch die Seiten durchblättert, kann man
sich hier durch die verschiedenen Ebenen durchklicken. Außerdem bezeichnet der Begriff
ein Buch, das verschiedenste Themen beinhaltet und somit eine Vielfalt der Nutzer
beschreibt.

Bevor man diesem sozialen Netzwerk beitritt, muss man sich unter bestimmten
Bedingungen anmelden. So gibt es bereits für den Zugang auf die Internetseite Regeln, die
eingehalten werden sollten. Bei Facebook wird erst jedes neue Mitglied aufgefordert,
seinen vollständigen Namen anzugeben. Hier wird mit Hilfe einer automatischen Kontrolle
geprüft, ob der Nutzername real ist, die jedoch mit ein wenig Kreativität getäuscht werden
kann. Weiterhin wird eine E-Mail-Adresse benötigt, um den neuen Nutzer zu registrieren
und bei Bedarf benachrichtigen zu können. Wichtig bei der Anmeldung sind auch die
Eingabe eines Passworts sowie das vollständige Geburtsdatum. Aufgrund der

31
Dieses Profil wurde speziell für diese Arbeit angefertigt. Alle Daten sind frei erfunden.
32
Facebook ist ein zusammengesetztes Wort (engl. to face: auskleiden, ins Auge sehen; engl. book: Buch)
und bedeutet soviel wie „Profilbuch“; also ein Buch, durch das man sich seinen Mitmenschen präsentiert. Mit
diesem Begriff ist nicht „yearbook“ gemeint, das amerikanische Schüler nach dem Absolvieren eines
Schuljahr bekommen und eben nur dieses eine Jahr repräsentiert.

35
Sicherheitsmaßnahmen und der Integrität der Seite werden diese Daten benötigt, können
jedoch später auf der Profilseite ausgeblendet werden. Wenn alle Daten akzeptiert wurden,
wird eine E-Mail mit einem Bestätigungslink an die angegebene Adresse geschickt. Sobald
dieser Link aktiviert wurde, ist die Anmeldung erfolgt und man kann sein persönliches
Facebook-Profil erstellen.
Ein klassisches Gratifikationssystem gibt es bei Facebook nicht. Man erhält weder Punkte,
noch bekommt man durch häufiges Einloggen einen Vorteil. Eine Ausnahme bilden die bei
Facebook integrierten Applikationen, von denen einige durchaus Belohnungen durch
häufige Nutzung verteilen. Diese Gratifikation birgt aber nur Nutzen innerhalb der
Applikation. Auf der Basisplattform von Facebook ist sie irrelevant.
Bei Straftaten und Missachtungen der Nutzungsbestimmungen, werden Mitglieder
sanktioniert, indem bspw. die Profilseiten gelöscht werden.

Die soziographische Struktur ist bei Facebook lediglich in den Gruppen erkennbar.
Gruppengründer und Moderatoren haben dort logischerweise mehr Rechte als einfache
Mitglieder, können Inhalte ändern und Leute einladen oder rauswerfen, etc.. Auf der
Basisplattform von Facebook ist diese Struktur nicht sichtbar, nur die Mitarbeiter des
Sicherheitsteams überwachen die Plattform.

Auf Facebook gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation, die im


Folgenden beschrieben werden.
Die sogenannte „Wall“ (vergleichbar mit der Pinnwand bei StudiVZ) ist bei Facebook eine
Basisoption der Kommunikation und fester Bestandteil des sozialen Netzwerks. Auf ihr
können Freunde eines Mitglieds Nachrichten hinterlassen. Die „Wall-to-Wall“-Funktion
ermöglicht es, den wechselseitigen Dialog zwischen zwei Usern vollständig anzuzeigen,
ohne ständiges Switchen zur jeweils anderen Profilseite.
Im Postfach, das vergleichbar mit einem E-Mail-Konto ist, befinden sich die privaten
Nachrichten eines Nutzers. Die nichtöffentliche Kommunikation läuft nur innerhalb der
Plattform ab, kann hier aber auch zwischen Nicht-Freunden erfolgen.

36
Ein weiteres Mittel der
Kommunikation und
Kontaktaufnahme ist das „Poken“
(to poke, engl.: Anstoßen,
knuffen), das mit dem
„Gruscheln“ des deutschen
StudiVZ’s vergleichbar ist und
unter allen Mitgliedern, ob
Freund oder nicht, angewendet

werden kann.
Abbildung 8 - Facebook-Chat als Pop-Up
Auch die klassische Variante des
Instant Messaging 33 -Chats ist seit April 2008 bei Facebook möglich. Mitglieder die gerade
auf der Community aktiv sind, können sich miteinander „unterhalten“. Diese
Kommunikation ist wiederum nur unter Bekannten möglich. So wie sich der Chat in einem
extra Fenster stets im unteren Bereich der Internetseite befindet, verhält es sich auch mit
dem Benachrichtigungsfenster. Dieses existiert ebenfalls erst seit April 2008 und teilt dem
Mitglied während seines Besuchs auf der Plattform mit, wenn es Neuigkeiten gibt. Diese
erscheinen kurz und knapp und werden mit Hilfe eines integrierten Link zur detaillierten
Benachrichtigung weitergeleitet.
Im News-Feed wird der Social Graph eines Nutzers widergespiegelt. Dieser Graph
repräsentiert persönliche, familiäre oder Geschäftsbeziehungen einer Person in virtuellen
sozialen Netzwerken (Vgl. Owyang, 2007). Der Newsfeed erscheint direkt auf der
Startseite jedes Benutzers und bietet einen Überblick über eigene Aktionen und die der
Freunde. Man wird über Statusänderungen, Dialoge zwischen Freunden, Uploads,
Gruppenbeitritte, neue Freundschaften und diversen andere Tätigkeiten der Freunde auf
dem Laufenden gehalten. Persönliche Neuigkeiten werden auf einer anderen Seite
angezeigt.
Der Mini-Feed, eine Abwandlung des News-Feeds, ist auf jeder Profilseite zu sehen und
bietet eine Zusammenfassung der Aktivitäten des Users, wie zum Beispiel
Statusänderungen oder neue Bekanntschaften.

33
Das Instant Messaging (IM) ist eine Form der synchronen, computervermittelten Kommunikation (CMC)
über ein Computerprogramm (Client), das über eine Verbindung mit einem Server oder dem Internet verfügt.
Der Internet Relay Chat (IRC) hingegen ist zwar ebenfalls eine Form der synchronen CMC, jedoch findet die
Kommunikation hier in speziellen Chat-Rooms statt und ist ausschließlich textbasiert.

37
Die Kommunikation in Foren findet hier auch in Gruppen statt. Diese Gruppen haben eine
eigene Seite, auf denen man sich über ein bestimmtes Thema unterhalten kann. Sie sind
eine Art der externen Erweiterung des Profils, auf der man seinen Standpunkt in
Diskussionsforen oder auf der Gruppen-Pinnwand darlegen kann. Meistens handelt es sich
bei diesen Beiträgen um das spezifische Gruppenthema.

Bei Facebook gibt es verschiedene Wege, sich zu informieren, so gibt es hier ein Presse-
Center (Vgl. http://www.facebook.com/home.php#/press.php [Stand: 31.06.2008]), auf
dem Informationen veröffentlich werden, die die Plattform selbst betreffen. Wenn es
Fortschritte im Netzwerk gibt, werden diese als Pressemitteilungen bekannt gegeben. Im
Knowledge-Blog geben Mitarbeiter ihre Gedanken über aktuelle Entwicklungen preis und
Mitglieder erhalten Informationen aus erster Hand, wodurch die Anonymität der
Community aufgehoben wird.

Die Identität eines Nutzers wird meistens in Form eines Nicknames, einer sogenannten
Identity-Card und einem Profilbild präsentiert.
Bei Facebook wird bereits beim Anmelden nach dem realen Namen gefragt. Da der
eingegebene Name überprüft wird, bleibt nur ein geringer Spielraum, um sich einen
falschen Namen auszudenken. Das Generieren einer irrealen Identität ist jedoch nicht Sinn
einer Plattform, da virtuelle soziale Netzwerke immer einen Bezug zur Realität aufweisen.
Sie verfügen also über Offline-Schnittstellen, wobei Fake-Accounts das Vertrauen der
Plattform missbrauchen könnten. Des Weiteren kann man sich per Profil vorstellen. Auf
dieser öffentlichen Identity-Card präsentiert sich der User der Community. Er hat
verschiedene Möglichkeiten, sein Profil einzurichten. Bei den allgemeinen Angaben wird
nach Geburtsdatum, Geschlecht, Heimatstadt und nach politischen und religiösen
Gesinnungen gefragt. Kontaktdaten können genannt und seinen Freunden Adresse,
Telefon- oder Messenger-Nummer sowie Internet- und E-Mail-Adresse bekannt gegeben
werden. Der Nutzer hat auch die Möglichkeit, Informationen zu seinem Beziehungsstatus,
seiner Ausbildung, dem Studium oder seinem Beruf zu geben. Persönliche Angaben
beinhalten Auskünfte zu Hobbys, Lieblingsmusik, -filmen, -bücher, -sendungen, und -
zitaten. Außerdem kann man sich im „about me“-Feld näher beschreiben. Zuletzt wird dem
User angeboten, ein (den Nutzungsbedingungen entsprechendes) Bild von sich
hochzuladen. Das Besondere hierbei ist die Speicherung aller vorherigen Userpics in einem
gesonderten Album, das für den einzelnen Nutzer zugänglich gemacht wird. Wichtig zu

38
erwähnen ist, dass alle Profilangaben bei Facebook freiwillig sind und sich jeder auf seiner
Identity-Card soweit präsentieren kann, wie es ihm recht ist.
In der Regel stellt jede Online-Plattform für den User neben der Identity-Card eine
persönliche Internetseite zu Verfügung, die durch einen gesonderten Link direkt auf diese
verweist. Die sogenannte Homepage bietet dem Nutzer die Möglichkeit, sich über die
vorgegebenen Optionen hinaus vorzustellen. Eine solche Homepage gibt es bei Facebook
nicht. Jedem Mitglied wird eine Adresse zugeteilt, auf der er sich präsentieren kann, wo
auch die Identity-Card erscheint. Hier ist es dem User nicht möglich, per
Programmiersprache und Code, wie es zum Beispiel bei MySpace der Fall ist, eine bunte,
individuelle Seite zu gestalten. Facebook setzt auf Applikationen, die allerlei Vielfalt und
Abwechslung bringen. Musikplayer, erweiterte Pinnwände, Landkarten, Spiele, Quizze
und diverse andere externe Anwendungen lassen sich mit wenigen Mausklicks in die
Profilseite einbinden. Neben den Applikationen erscheinen auf der persönlichen Seite die
Pinnwand, die Freundesliste, Fotoalben und die Gruppen des jeweiligen Users, soweit er
welche besitzt.
In Communities gibt es jedoch nicht nur öffentliche Arenen, wie zum Beispiel die
Profilseite eines Nutzers, sondern auch halböffentliche und/oder private Umgebungen.
Auch Facebook verfügt über solche Arenen. Im rein privaten Umfeld hält sich das
Mitglied auf seiner persönlichen Startseite oder auf der Benachrichtigungsseite auf. Private
Nachrichten sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Umgebungen der halböffentlichen
Arena sind Seiten von Nicht-Freunden, die sich jedoch im selben Netzwerk aufhalten.
Außerdem hat jeder Nutzer die Möglichkeit, seine Privatsphäre zu schützen, indem er sich
entscheidet, ob nur Freunde, Freunde von Freunden, das zugehörige Netzwerk oder alle
Facebook-User die Profilseite und alle persönlichen Angaben anschauen können. So
verhält es sich auch mit den Applikationen, auf denen man nur miteinander agieren kann,
wenn man sie eingebunden hat.
Abschließend ist zu erwähnen, dass man auf Facebook letztendlich selbst darüber
entscheiden kann, wie und in welchem Ausmaß man sich auf der Online-Plattform
präsentieren möchte.

Facebook gibt seinen Mitgliedern die Chance zur Partizipation; in Form von
Gruppengründungen unter den verschiedensten Gesichtspunkten (Wirtschaft, Politik,
Freizeit, Technik, gemeinsame Interessen, etc.) können Mitglieder ihre Gedanken zum
Ausdruck bringen. Doch auch die Konstruktion von Anwendungen ist ein Teil der

39
Partizipation. Technisch versierten Usern wird ermöglicht, Applikationen zu
programmieren, über die andere Nutzer kommunizieren, handeln oder sich informieren
können.

Der Online-Offline-Effekt wird bei Facebook gefördert, indem nach Adresse, Telefon- und
Messenger-Nummer, E-Mail-Adresse oder Beziehungsstatus gefragt wird. Die Partner-
bzw. Freundschaftssuche wird durch die konkrete Frage, wonach man auf der Suche ist,
begünstigt. Da man selbst entscheiden kann, wie viel man von sich preisgeben möchte,
kann man den Effekt nach Belieben beeinflussen. Viele Nutzer stärken jedoch eher die
vorhandenen Beziehungen, anstatt aktiv nach einem Partner zu suchen. Es gibt aber auch
Anwendungen, dessen Ziel es ist, soviel wie möglich zu flirten, wonach reale Treffen
möglich sind. Die verlinkte Wohnortangabe und der „Friend-Finder“ 34 begünstigen das
Finden von Freunden, die sich auf der Community aufhalten, sowie Offline-Treffen. Ein
weiterer Vorteil ist auch die Möglichkeit feststellen zu können, ob sich im gleichen
Netzwerk Freunde befinden, die man aus dem Alltag oder aus anderen Communities kennt.
Facebook besitzt integrierte Werbung, die beiläufig an den Rand der Startseite oder
zwischen zwei Benachrichtigungen eingefügt wird. Man entdeckt sie aber auch in den
Anwendungen, wo diese Firma oder jenes Produkt anpreist.
Doch Facebook bietet auch einen Service für Anzeigenkunden. Hier können mit Hilfe der
Facebook-Geschäftslösungen 35 Annoncen, interne „Seiten“ 36 , Statistiken oder Umfragen
zielgruppenspezifisch für ein Produkt erstellt werden.

Es lässt sich feststellen, dass auf Facebook besonders großen Wert auf Kommunikation,
Partizipation, Präsentation und Information gelegt wird. Durch „Wall“, News-Feed,
Postfach oder Pressecenter wird die computervermittelte Kommunikation ermöglicht und
allen Nutzern zugänglich gemacht. Doch auch die Selbstpräsentation ist dank umfassender
Identity-Card, der Freundesliste und Fotoalben in hohem Maße gegeben.
Die frei wählbaren, integrierbaren Applikationen nehmen eine besondere Rolle ein, denn
sie machen Facebook einzigartig. Sie erweitern das Netzwerk auf allen Ebenen und

34
Der „Friend-Finder“ hilft Mitgliedern bekannte Personen durch Eingabe des Namens, der E-Mail-Adresse
oder IM-Freundesliste zu finden.
35
Vgl. http://www.new.facebook.com/business/
36
Die Facebook-Seiten, auch Pages, sind individuelle Profile speziell für Unternehmen. Ein Produkt oder
eine Firma kann seine eigene Seite gestalten und sich den Nutzern präsentieren. Anstatt also auf einer
externen Homepage aufzutreten und möglicherweise kein Feedback der Kunden zu erhalten, können sich
Mitglieder von Facebook als „Fans“ offenbaren und ihre Sympathie einer bestimmten Sache aussprechen.

40
belegen dessen Innovativität. Im nächsten Abschnitt werden diese Erweiterungen
dargestellt und gezeigt, wie sie sich in die Plattform integrieren.

5.3.5 Applikationen

Eine wichtige Funktion, die Facebook besitzt und womit sich dieses soziale Netzwerk von
anderen Seiten unterscheidet, sind die sogenannten Applikationen. Es gibt mittlerweile
über 23.000 (http://flowingdata.com/2008/05/01/chart-of-the-day-a-breakdown-of-Facebook-
applications/ [Stand: 24.07.2008]) insgesamt und bereits über 13.000
(http://netzwertig.com/2008/01/14/zn-Facebook-applikationen-aus-dem-deutschsprachigen-raum/
[Stand: 24.07.2008]) verschiedene deutschsprachige, die in die Community integriert sind
und viele kommunikative und präsentative Aufgaben übernehmen. Durch das Hinzufügen
spezieller Anwendungen kann ein Mitglied sein Profil erweitern und sich nach Belieben
darstellen.
Sie haben zudem einen ludischen Charakter, was bedeutet, dass sich viele Applikationen
vom Hauptaugenmerk der Kommunikation entfernen und den Usern eine Oberfläche
bieten, auf der sie „Spielen“ können. Die verschiedenen Anwendungen bieten zwar auch
die Möglichkeit, sich mit seinen Mitspielern über das Spiel unterhalten, jedoch sind sie
nutzlos, wenn Freunde sie nicht verwenden. Man kann sich mit ihnen messen und anhand
von Punkten feststellen, wer der Beste ist.

5.3.5.1 Technik
Die Software zur Erstellung von Facebook-Applikationen wird von der Plattform
bereitgestellt. Es wurde eine eigene Markup-Language FBML entwickelt, die ähnlich wie
HTML funktioniert. Auf dem Devster-Blog wird der funktionale Ablauf so erklärt:

„Alle Anfragen an die Applikation werden über eine Proxy an den Server, auf dem
die Applikation gehostet wird, intern weitergeleitet. Die Applikation muss dann einen FBL-
Code zurück geben. Der FBML-Code wird dann ins sichere HTML umgeschrieben und
dem User präsentiert. Es findet eine Server-to-Server-Kommunikation statt, deswegen sind
alle Applikation etwas langsamer.“ (http://www.devster.de/blog/was-man-bei-einer-Facebook-
applikation-beachten-muss [Stand: 26.07.2008])

41
5.3.5.2 Verwendung
Die Wahl einer bestimmten Applikation kann auf unterschiedliche Art und Weise
geschehen. Im linken Bereich der Startseite jedes Mitglieds befindet sich eine knappe
Übersicht der Anwendungen, die bereits genutzt werden. Klickt man dort auf
„Applications“ (im deutschsprachigen Modus „Anwendungen“), wird man auf die
detaillierte Liste der vom User genutzten Applikationen geführt. Um auf alle zur
Verfügung gestellte Anwendungen zu gelangen, muss man hier „Browse more
applications“ (auf Deutsch: weitere Anwendungen durchstöbern) klicken. Im rechten
Bereich befinden sich nun 23 Kategorien, nach denen man eine Auswahl treffen kann.
Neben einer kompletten Ansicht aller Anwendungen gibt es die Einteilungen in z. B.
Dating, Essen oder Trinken, Musik, Nützliches, Sport und Veranstaltungen. Diese Vielzahl
an Themen deutet darauf hin, dass pro Motiv eine große Menge an Applikationen zur
Verfügung steht und wie umfangreich der Pool an Anwendungen für die Mitglieder von
Facebook ist. Weiterhin kann der User nach Applikationen „für Facebook-Profile“, „für
deinen Desktop“, „für das Internet“ oder auch „von Facebook“ (von der Seite selbst
entworfene Anwendungen) suchen. Das Mitglied kann auch je nach Nationalität und
Sprache entsprechende Applikationen auswählen, denn hier gibt es ebenfalls Unterschiede.
Wenn man sich nun für eine Kategorie entschieden hat, sind vier Anzeigemöglichkeiten
gegeben. Die Anwendungen werden als „In letzter Zeit beliebt“, „Meist genutzt“,
„Aktivste Benutzer“ und „Neuste“ dargestellt. Sobald man eine Applikation hinzugefügt
hat, erscheint die Aufforderung Freunde einzuladen, die sich daraufhin einer Anwendung
anschließen können.
Wie bereits oben angeführt, übernehmen Applikationen bei Facebook eine wichtige
Funktion. Sie greifen Community-Funktionen, wie Gratifikationssystem, Präsentations-
und Partizipationselemente, auf und bieten über die Netzwerkmerkmale hinaus, ein
umfangreiches Angebot an Kollaboration (jede Handlung in einer Applikationen erweitert
den Informationspool und wird dadurch umfangreicher) und Sharing (Fotos, Videos). Wie
sie sich in den Gesamtkontext bei Facebook eingliedern, wird im Rahmen der
Profilanalysen genauer beleuchtet.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das amerikanische soziale Netzwerk


Facebook über eine umfangreiche Präsentations- und Partizipationsstruktur verfügt. So
können die Mitglieder durch Applikationen verschiedenster Kategorien (Ausbildung,
Musik, Computer oder Film (siehe Abschnitt 5.4.4) ihre Profile erweitern und auf sich auf

42
innovative Weise offenbaren. Doch nicht nur Privatpersonen haben hier die Möglichkeiten
sich darzustellen, sondern auch Unternehmen. Die Geschäftslösungen bieten ihnen ein
zusätzliches Angebot zur Absatzerhöhung, da konkrete Zielgruppen erreichbar gemacht
werden. Außergewöhnlich umfassend ist das plattforminterne Pressecenter. Hier erfahren
alle Nutzer Informationen aus erster Hand. Im Unternehmensblog schreiben Mitarbeiter
des Netzwerks über aktuelle Entwicklungen. Es steht ein Stammdatenblatt, eine Timeline,
mit wesentlichen Veränderungen, Produkten, Bildern, eine Übersicht des Managements
und diverse andere Daten zur Verfügung.
Anhand von zwei Nutzerprofilen einer Person, die sowohl Mitglied bei StudiVZ, als auch
bei Facebook ist, werden im nächsten Abschnitt Unterschiede in der Darstellung, aufgrund
verschiedener technischen Möglichkeiten, genauer analysiert.

5.4 Profilanalysen

In der folgenden Gegenüberstellung werden beide Netzwerke verglichen Die Präsentation


und daraus resultierende Darstellungen des Nutzers werden analysiert, in einer Tabelle
veranschaulicht und abschließend ausgewertet.

5.4.1 StudiVZ
Der Nutzer verfügt über ein StudiVZ-Profil, auf dem er den Besucher mit echtem Namen
und realem Userbild begrüßt. Die Account-Informationen (Name, Verzeichnis, Dauer der
Mitgliedschaft und letztes Update) geben grundsätzliche Angaben, die auch immer bei
allen anderen Usern der Plattform genannt werden. Das letzte Update (08. April 2008)
spiegelt die unregelmäßige Nutzung der Plattform durch den User wider. Des Weiteren
werden die Hochschule und sein Studentenstatus bekannt, was ebenfalls Pflichtangaben bei
StudiVZ sind. Der Nutzer gibt seinen Studiengang (Medieninformatik) und die –richtung
(Informationswissenschaft, Medienwissenschaft/Journalismus) an, womit man ihn als
medieninteressiert kennzeichnen kann. Seinen Geburtstag gibt er hier jedoch nicht an. Er
benennt seinen Heimatort, das Heimatland und seine letzte Schule, was einen starken
Bezug zu seiner Heimat suggeriert. Auch hier informiert uns das Mitglied über
Persönliches. Man erfährt, wonach er sucht, den Beziehungsstatus und seine politische
Richtung. Seine Interessen beschreiben ihn als vielseitig interessierten Nutzer, so hat er ein
Faible für Filme, Computerspiele, Fotografie, Philosophie und seine, und andere, Websites.
Er gibt Daten zum Musikgeschmack, seinen Lieblingsbüchern, -filmen, -zitat und

43
beschreibt sich in einem kurzen, humorvollen Reim (siehe Anhang: Beispiel-Profil
StudiVZ) selbst. Diese Daten charakterisieren ihn medieninteressierten, Science-Fiction-
begeisterten (siehe Bücher, Filme und Zitat) Netzwerk-User. In der Sektion „Arbeit“ nennt
er seinen aktuellen Job als Systembetreuer. Eine weitere Stelle als Verkäufer für Presse
und Buch wird lediglich im Punkt „Bisherige Karriere“ genannt. Das Mitglied hat darüber
hinaus die Möglichkeit Lehrveranstaltungen auszuwählen, um einen Überblick zu erhalten,
wer sich noch im Seminar oder in der Vorlesung befindet. Er hat sieben Veranstaltungen
ausgesucht, die jedoch nicht aktuell sind und bereits mehrere Semester vergangen sind.
Bei StudiVZ übernehmen die sogenannten Gruppen einen repräsentativen Charakter zur
Darstellung der Mitglieder. Der User besitzt nur drei Gruppen die seinen Heimatbezug
(„Norbertusgymnasium Abi 2002“) und seine Affinität zu Computerspielen und Technik
(„Acagamics“, „Magdeburger Open-Source-Tag“) belegen.
Man kann der Profilseite jedoch noch mehr Daten entnehmen. So sagt er selber, dass er an
Fotografie interessiert ist, besitzt aber kein einziges Album, um Aufnahmen zu zeigen. Auf
neun externen Fotos haben ihr Freunde verlinkt, womit der Betrachter der Seite den User
in anderen Umgebungen entdecken kann.

5.4.2 Facebook
Das Facebook-Profil dieses Nutzers hingegen ist sehr ausführlich. Bereits beim Betreten
der Seite gibt er seinen wahren Namen bekannt und zeigt ein reales Bild von sich. Durch
beide Informationen wird seine Identität offenbart. Der Besucher der Seite erfährt über die
Statusmeldung, womit er sich momentan beschäftigt und die letzte Aktualisierung der
Seite, die am Tag der Datenerhebung stattfand. Ein formaler Überblick zu seiner Person
wird uns durch die Angaben des Netzwerkes, des Geschlechts, des Beziehungsstatus, der
Heimatstadt und wonach er auf der Suche ist, vermittelt. Sein Geburtsdatum verrät er uns
hier jedoch ebenfalls nicht. Beim weiteren Betrachten das Profil stößt man auf seine
persönlichen Informationen, die ebenfalls recht aufschlussreich sind. Aufgrund der
verschiedenen Daten zur Kontaktaufnahme lässt sich ein kommunikationsfreudiger User
vermuten. Der Name der E-Mail-Adresse trägt den gleichen wie der angegebenen
Webseite, wonach diese als seine persönlich verwaltete Page angesehen werden kann und
er als technisch interessiert sowie mitteilungsbedürftig zu charakterisieren ist. Das Mitglied
informiert den Gast aber auch über seine Interessen, Lieblingsmusik, -sendungen, -filme, -
bücher und -zitate und beschreibt sich selbst in einem kurzen, humorvollen Text („'Me'
was born in 1983 and that's not really an interesting thing to know, probably because I was

44
not actively involved…“). Er interessiert sich für Science-Fiction, Computer, Spiele,
Schreiben und Philosophie, was sich in den Angaben nachvollziehen lässt (z.B.
Lieblingsfilm: Star Wars). Der Nutzer nennt seine aktuelle Hochschule und berufliche
Angaben. Sein Wesen ist somit als sehr strebsam und geschäftig zu beschreiben. Da er den
Besucher über Ausbildung und Beruf informiert, können seine Absichten der
Mitgliedschaft als professionell, ernsthaft und glaubwürdig gesehen werden. Die
Möglichkeiten zur textlichen Selbstdarstellung, die ihm das Netzwerk zur Verfügung stellt,
wurden von ihm zwar nicht ausgeschöpft, jedoch in hohem Maße genutzt.
Die Internetseite enthält jedoch noch mehr Daten über den User und sein Verhalten auf der
Plattform. Er ist Mitglied in vier Gruppen, verschiedener Kategorien, die seine Einstellung
(„No, I will NOT invite 20 friends just to add your application!“) und seine Interessen
(„Linux user Germany.“, „Addicted to the Matrix“) repräsentieren. Außerdem hat er fünf
„Seiten“ abonniert, die seine Vorlieben für visuelle und auditive Medien („Star Trek“,
„Coldplay“) stützen.
Einen wichtigen Part der Selbstdarstellung übernehmen bei Facebook die Applikationen,
die das Mitglied rege nutzt. 25 Verschiedene zur Informationsverbreitung von Medien in
allen Varianten („Video Games“, „Movies“, „Visual Bookshelf“, „last.fm Charts“), zur
Präsentation der Persönlichkeit und des Charakters („Socialistics“, „Which Hero Are
You“), Freundschaft („Circle of Friends“, „SuperPoke!“) und Spiele („The Brain Game“,
„My City“) lassen auf einen vielseitigen User schließen. Erwähnenswert ist, dass er zwei
Fotoapplikation besitzt, jedoch kein Facebook-Fotoalbum. Seine 20 Freunde haben ihn
auch auf anderen Bildern nicht verlinkt.

Erste Unterschiede zur Darstellung auf beiden virtuellen sozialen Netzwerken sind bereits
zu erkennen, die in einer Graphik nun noch einmal aufgelistet werden sollen.

5.4.3 Tabellarische Übersicht

Um den Transformationsprozess niederzulegen, werden Merkmale benannt und in


Angaben und Inhalt aufgeschlüsselt. Die Angaben enthalten die abstrakte Datenangabe, der
Inhalt hingegen die Art, wie die Daten dem Profil zu entnehmen sind.

45
     
Merkmal  StudiVZ    Facebook 

Angabe  Inhalt  Angabe  Inhalt 

Realer Name  Jenz Holze    Realer Name  Jens Holze 


Geschlecht  männlich    Geschlecht  männlich 
Magdeburg,  Magdeburg, 
Heimatort    Heimatort 
  Deutschland  Deutschland 
Magdeburg, 
polit. Einstellung  unpolitisch    derz. Wohnort 
  Deutschland 
Filme, 
Computerspiele, 
Persönliche Angaben 

Science‐Fiction, 
Fotographie, 
Interessen    Interessen  Computers, Gaming, 
  Philosophie, meine 
Writing, Philosophy 
Website (und die 
anderer Leute) 
"Wars not make one  "Wars not make one 
Zitat  great" ‐ Jedi Master    Zitat  great" ‐ Jedi Master 
 
Yoda, ...  Yoda 
"'Me' was born in 
"Bevor ich rede,  1983 and that's not 
Über sich selbst    Über sich selbst 
  denke ich,…"  really an interesting 
thing to know,.." 
MyStuff, The OFFICIAL 
Clubs/Vereine  Aikido    Applikationen  Dilbert Widget 
 
400x300 
                
  
Kommunikati

     Kontaktdaten  ICQ, E‐Mail, Website 
   
on

Super Wall, 
     Applikationen 
    SuperPoke! 
                
  

Status  solo    Status  single 


Beziehungen 

netten Leuten, 
auf der Suche nach    auf der Suche nach  Kontakte knüpfen 
  Dating 
Circle of Friends, 
     Applikationen 
    Socialistics 
                
  

Pop bis Klassik,  Moby, John Williams, 
Coldplay, Moby,  Keane, Ben Folds, 
Musikgeschmack  Keane, John Williams,    Lieblingsmusik  Yann Tiersen, Rainald 
 
Danny Elfman (und  Grebe, Wir sind 
Musik 

und und)  Helden, Coldplay 
     Seiten  Coldplay, Moby 
last.fm Charts, 
     Applikationen  MediaMaster Radio, 
   
iLike 

46
                   
Star Wars, Matrix, 
Louis de Funès‐Filme, 
Lieblingsfilme    Lieblingsfilme  Star Wars 
  Absolute Giganten 
(und und und) 
The Simpsons, 
Interessen  Filme    Lieblingssendungen
  Nightwash 
Film 

Addicted to Matrix 
     Gruppen 
    Trilogy 
Star Trek, The IT 
        Seiten  Crowd, Dr. Horrible's 
 
Sing‐Along Blog 
Movies, Which Hero 
     Applikationen 
    Are You? 
                
  

Snow Crash, 
Snow Crash, Die 
Unendliche 
Literatur 

Lieblingsbücher    Lieblingsbücher  unendliche 


  Geschichte, Peter 
Geschichte, Peter Pan 
Pan, Sci‐Fi allgemein 

     Applikationen  Visual Bookshelf 
   
                
Fotographie    

Zooomr RSS Reader, 
Interessen  Fotographie    Applikationen  My Picasa Web 
 
Albums 

                   
Interessen  Computerspiele    Interessen  Computers, Gaming 
No, I will NOT invite 
   Gruppen  Acagamics    Gruppen  20 friends just to add 
Spiel 

your application! 
Video Games, The 
     Applikationen  Brain Game, Guitar 
   
Hero 3, My City 
                
  
Compute

Interessen  Website    Interessen  Computers 


Magdeburger Open‐ Linux User Germany., 
r

Gruppen    Gruppen 
  Source‐Tag  True Geek 
                
  

Norbertusgymnasium
ehem. Schule      
Ausbildung 

  , Magdeburg   
Hochschule  Uni Magdeburg    Netzwerke  UniMagdeburg 

Status  Student(in)    Hochschule  Uni. Magdeburg 


 

47
 Medieninformatik, 
Informationswissensc
Studiengang/‐
haft,      
  richtung   
Medienwissenschaft/
Journalismus 
Norbertusgmnaysium 
Gruppen      
  Abi 2002   
Computerspiele und 
Subkultur (Jens 
Lehrveranstaltungen  Wiemken),      
  

   
Filmgeschichte Teil III 
(Winfried Marotzki) 
                
  

Impara GmbH, BHG 
Art des Jobs  Bürostuhlakrobat(in)    Arbeitgeber 
  Presse & Buch 
assistant system 
Firma  Impara    Stellung  administrator, shop 
 
assistent 
Arbeit 

Oktober 2003 ‐ heute, 
Position  Systembetreuer    Zeitraum 
  Mai 2002 ‐ heute 
Rechner schief 
Was er da macht    Ort  Magdeburg, Germany 
  angucken, … 
Our products are 
parallel noch ein Job 
educational 
bisherige Karriere  als Verkäufer für    Beschreibung 
  software…., selling 
Presse und Buch 
newspapers… 
                
  

Feedheads, 
Sharing 

del.icio.us, Clipmarks, 
     Applikationen 
    FriendFeed, Ayos 
iShare 
                
Ergebnis    

viele Optionen, textbasiert, multimedial 
viele Optionen, textbasiert   
  (Einbinden von RSS‐Feeds,…) 

5.4.4 Ergebnisse

Beim Vergleich beider Profilseiten wird deutlich, dass der User sich sehr sachlich und klar
darstellt. Er nutzt auf beiden Plattformen fast alle zur Verfügung stehenden Funktionen
und präsentiert sich somit sehr umfangreich. Die persönlichen Angaben ähneln sich stark
und er kann als eine medienbegeisterte Person, die sich sowohl für Musik, Film, Literatur,
Internet als auch Computersoftware und Technik interessiert, charakterisiert werden.

48
Bei Facebook wirkt er sehr offen, aufrichtig und kommunikationsbewusst. Vor allem die
Angaben zu Ausbildung und Beruf geben dem Profil einen ehrlichen und offiziellen
Eindruck. Beide Berufe werden ausführlich beschrieben, was bei StudiVZ nicht ermöglicht
wird. Auch sein Interesse an Fotographie wird nur bei der amerikanischen Plattform
deutlich. Man hat bei beiden Netzwerken die Möglichkeit Fotoalben hochzuladen, die der
Nutzer jedoch nicht in Anspruch nimmt, da er seine Bilder auf einer anderen Internetseite
veröffentlicht hat. Dank der Applikationen auf Facebook und das Einbinden von Inhalten
durch Web 2.0-Dienste, kann er die Alben von anderen Internetseiten auf seine
Community-Seite stellen.
Die in der Tabelle dargestellten Merkmale werden nun aufgeschlüsselt und
gegenübergestellt. Unterschiede zwischen beiden Netzwerken sollen herauskristallisiert
werden.

5.4.4.1 Persönliche Angaben


Sowohl auf StudiVZ, als auch auf Facebook können die Mitglieder persönliche Angaben
nennen. Hierunter fallen Fakten wie Geburtstag, Geschlecht, frühere Adressen (Heimat),
Zitate oder Einstellungen. Sie sind nahezu identisch.
Wo bei StudiVZ jedoch mit textlichen Angaben der Umfang der Darstellung beendet ist,
bietet Facebook mit seinen Applikationen umfangreichere Präsentationsmöglichkeiten. Die
Anwendung „MyStuff“ bspw. wird vom User genutzt, um sich in Form eines Avatars 37 ,
der mit verschiedenen, kennzeichnenden Attributen versehen ist, darzustellen. Attribute,
wie Photos, Bookmarks, School & Work oder Personality & Style, sind textlich in den
Avatar eingebunden und übernehmen die Funktion einer Identity Card 38 .

5.4.4.2 Kommunikation
Es gibt viele Optionen zur Darstellung, die sich dem Merkmal Kommunikation zuordnen
lassen. Mit Kommunikation sind hier ausschließlich die Möglichkeiten zur
Kontakterhaltung und –aufnahme gemeint.

37
Ein Avatar ist ein künstliche Person oder ein graphischer Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen
Welt, beispielsweise in einem Computerspiel. (http://de.wikipedia.org/wiki/Avatar_%28Internet%29 [Stand:
17.08.2008])
38
Elemente der OE, die von Facebook-Applikationen aufgegriffen werden, sind in diesem Abschnitt
hervorgehoben.

49
Bei StudiVZ hat der Nutzer zwar keine Kontaktdaten angegeben, jedoch bietet man ihm
hier die Option zur Angabe von Adressen oder persönlichen Nummern, wie Handy oder
anderen Messenger. Er kann ebenfalls „Gruscheln“ und Kommentare auf der „Pinnwand“
hinterlegen, doch das Einbinden von Bildern oder Videos wird ihm jedoch nicht gestattet.
Bei Facebook hingegen gibt er Besuchern seiner Seite nicht nur durch die Angabe von
ICQ-Nummer, E-Mail-Adresse und Website die Möglichkeit mit zu kommunizieren,
sondern auch durch die „Superwall“. Sie ist der „Wall“ nachempfunden. Hier hat der
Nutzer aber zusätzlich die Möglichkeit Bilder oder Videos einzubinden, womit der Dialog
nicht nur textgebunden, sondern auch durch Bilder/Visualisierungen stattfindet. Es kann
nicht nur durch Nachrichten kommuniziert werden, sondern auch durch Bilder. Die
Applikation „SuperPoke!“ erweitert durch zusätzliche Floskeln die Facebook-Funktion
„Poke“. In Form von kurzen Wortgruppen und einer kleinen Karikatur können Freunde
kreativ den Kontakt miteinander halten und die Mitteilung mit einem Symbol als kleine
Aufmerksamkeit verschicken.

5.4.4.3 Beziehungen
Bei beiden virtuellen sozialen Netzwerken wird nach den Beziehungsverhältnissen gefragt:
einerseits nach dem Status und andererseits wonach man auf der Suche ist. Facebook bietet
hier wiederum Applikationen zur
Entfaltung der Angaben an. „Socialistics“
ist eine Anwendung, die im Hintergrund
aller Handlungen (Pinnwandeinträge,
Nachrichten, …) agiert, Informationen
analysiert und in Form einer Tag-Cloud
alle Freunde auflistet. Personen mit denen
eine tiefe Verbindung besteht, werden groß
und dick präsentiert, weniger wichtige
Personen, kleiner. So erfährt man auf den

ersten Blick, welche Freunde beim User


Abbildung 9 – Die „most popular and relevant“-
Tag-Cloud von “Socialistics”  von Bedeutung sind.

50
5.4.4.4 Musik
Bei StudiVZ und Facebook gehört der Musikgeschmack zur Darstellung der Nutzer. Bei
der deutschen Plattform ist es hier jedoch wieder nur möglich Künstler aufzulisten. Die
amerikanische Seite bietet darüber hinaus mehr Möglichkeiten. Der Beispieluser fügt hier
„Seiten“ (siehe Kapitel 5.3.4.) seinem Profil hinzu, auf denen man konkrete Informationen
zu den Bands oder Künstlern nachlesen kann. Im Bereich Musik präsentiert er sich ebenso
durch verschiedene Applikationen. So kann anhand der „last.fm Chart“-Anwendung
festgestellt werden, welche Songs und Artists er momentan hört. Man kann sich aber auch
eine komplette Liste aller gehörten Tracks anschauen. Hieraus wird ersichtlich, dass er
nicht nur die im Punkt Musikgeschmack angegebenen Künstler hört, sondern auch andere.
Wo bei Facebook ein weitgefächertes Feld an bevorzugter Musik präsentiert wird, muss
man sich bei StudiVZ mit den wenigen genannten Daten zufrieden geben.

5.4.4.5 Film
Über das Merkmal Film verfügen sowohl Facebook, als auch StudiVZ; Lieblingsfilme
können bei beiden Plattformen benannt werden. Bei StudiVZ wird dies wiederum in
kurzen Stichpunkten sichtbar, wohingegen man bei Facebook zusätzlich noch seine
Lieblingssendungen angeben kann. Doch auch Applikationen spielen hier wieder eine
wichtige Rolle. So beschäftigt sich die „Movies“-Anwendung hauptsächlich mit diesem
Thema. Der Nutzer kann hier Filme bewerten, die er gesehen hat. Darüber hinaus sich mit
Freunden, die ebenfalls diese Applikation benutzen, vergleichen. Dadurch entsteht eine
Kompatibilitätsübersicht, wodurch sich feststellen lässt, wer den gleichen Geschmack hat,
wie der individuelle Nutzer. Die User kommunizieren somit nicht direkt miteinander,
sondern über die Anwendung. Nützlich ist die Applikation jedoch nur, wenn möglichst
viele der eigenen Freunde sie auch benutzen. „Movies“ verfügt über eine Kritik-Funktion,
bei der man Filme in einem kurzen Text bewerten kann. Diese Kritik erscheint daraufhin
den Freunden beim nächsten Gebrauch der Anwendung. Außerdem kann man an Quizn
teilnehmen, bei denen sich die Rangordnung unter Freunden anschauen lässt, falls diese
das Quiz ebenfalls gelöst haben. Aber auch der Spielstand von anderen Facebook-Usern,
die vor Kurzem am Quiz gerätselt haben, wird angezeigt.
Das alles sind auch Formen der Partizipation, denn „Movies“ lebt quasi davon, dass die
Nutzer durch ihre Teilnahme, dass Applikations-Netzwerk erweitern. Darüber hinaus
haben sie die Möglichkeit eigene Quizze zu erstellen, wodurch sie aktiv an der Gestaltung

51
der Applikation mitwirken. Dadurch, dass er seinen Filmgeschmack darstellt sowie
Freunde und Besucher der Seite wahrnehmen können, welche Filme er gesehen und
bewertet hat, präsentiert er sich ihnen, als filminteressierter User. Bei StudiVZ erfährt
man nur, welche Filme das Mitglied mag, jedoch nicht warum. Auch unbeliebte Filme
tauchen hier nicht auf.
Das Online-Offline-Verhältnis wird dadurch geprägt, dass Freunde rezensierte Filme
bemerken. Aufgrund dieser Kritik können sie einschätzen, ob sie sich diesen Film
vielleicht beim nächsten Besuch in einer Videothek ausleihen oder kaufen.

5.4.4.6 Literatur
Nach Lieblingsbüchern wird ebenfalls bei beiden Netzwerken gefragt. Wo bei StudiVZ die
Notiz unreflektiert, für sich allein steht, können bei Facebook Applikationen verwendet
werden, bei dem der User seine gelesene Literatur kritisch kommentiert. Der Nutzer des
Beispielprofils gebraucht die Applikation „Visual Bookshelf“, die ähnlich wie „Movies“
funktioniert. Er kann sehen, was seine Freunde und andere Nutzer der Plattform lesen und
ihnen zeigen, womit er sich momentan beschäftigt. Außerdem hat er die Möglichkeit,
Bücher zu rezensieren und Freunden zu empfehlen. Diese Applikation funktioniert zwar
auch, wenn Bekannte sie nicht nutzen, jedoch ist der volle Umfang der Optionen dann
nicht gegeben. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der User mit dieser
Anwendung seinen Literaturgeschmack präsentieren, mit seinen Freunden darüber
kommunizieren und durch Rezensionen partizipieren kann, um die Online-Bibliothek
von „Visual Bookshelf“ reflexiv zu vervollständigen.
Auch hier kann die Online-Information ausschlaggebend für eine Offline-Handlung sein,
indem sich ein Nutzer an die Literatur-Kritik seines Netzwerk-Freundes erinnert und das
Buch selbst erwirbt.

5.4.4.7 Foto
Das Merkmal „Foto“ kennzeichnet beide Netzwerke von der Basis her durch Fotoalben,
die angelegt werden können. Obwohl der Beispieluser bei StudiVZ „Fotographie“ als
Interesse nennt, hat er kein Album hochgeladen; auch bei Facebook nicht. Trotzdem findet
man hier Anzeichen dafür, denn er hat zwei verschiedene Applikationen seinem Profil
hinzugefügt, die bereits auf anderen Seiten hochgeladene Bilder zeigen. Dies ist
möglicherweise der Grund dafür, warum er dies bei beiden Plattformen nicht getan hat,

52
denn dank der Web 2.0-Entwicklung ist es möglich, Inhalte von Seiten, die RSS oder
ATOM unterstützen, in andere Seiten, die diese Formate unterstützen, einzubinden. Durch
Bilder präsentiert er seine Erlebnisse und kann darüber mit seinen Freunden
kommunizieren. Diese können wiederum ihre Eindrücke zu einem Foto schildern.

5.4.4.8 Spiel
Der Proband gibt als seine Interessen jeweils an, dass er sich für Computerspiele
begeistert. Bei StudiVZ ist er Mitglied in einer Gruppe, in der sich studierende PC-
Spieleentwickler aus Magdeburg austauschen. Für welche Art von Spielen sich der Nutzer
begeistert, kann man bei StudiVZ jedoch nicht nachvollziehen. Facebook gibt auch hier
dem Nutzer die Chance, seine Vorlieben genauer zu präsentieren. Er benutzt verschiedene
Applikationen, um seine Aktivitäten vorzuführen. Mit der Anwendung „Video Games“
können Nutzer Spiele bewerten und reflexiv besprechen, wodurch ein kommunikativer
Charakter bewiesen ist. Die beliebtesten Spiele stehen in den persönlichen Charts an
oberster Stelle, so dass Freunde sofort sehen können, welche dem User am meisten
gefallen. Doch auch die beliebtesten Games aller User von Facebook werden aufgelistet.
Wenn ein Spiel gespielt wurde, werden diese Daten an die Applikation übertragen und sind
später immer wieder abrufbar. Man kann nach Namen oder Entwickler in der integrierten
Suche ein Spiel finden und z. B. bei dem Internet-Versandhaus Amazon online kaufen.
Online-Verhalten wird somit ins Offline-Leben übertragen, wenn ein User das gekaufte
Spiel über eine Videogame-Konsole spielt.
Auch hier wird der partizipierende Charakter einer Applikation deutlich. Vom
Kollaborieren mehrerer Nutzer profitiert eine Anwendung und kann ihren
Informationspool vertiefen.

5.4.4.9 Computer
Die technische Versiertheit des Users wird bei StudiVZ zum Einen durch das genannte
Interesse an seiner Website und zum Anderen durch die „Magdeburger Open-Source-Tag“-
Gruppe deutlich. Bei Facebook beschreibt er sich ebenfalls als Computer-interessiert und
demonstriert dies in zwei Gruppen. Er verfügt zwar nicht über entsprechende
Applikationen, doch der Anwendungen-Pool von Facebook bietet auch hier die
Möglichkeit sich entsprechende auszuwählen. So können Informationen eines eigenen PCs
mit Hilfe der Applikation „My Computer“ angezeigt werden. Auch die Rechner von

53
Freunden, die diese Anwendung benutzen, sind, genau wie eine globale Statistik,
einsehbar.

5.4.4.10 Ausbildung
Das Merkmal Ausbildung spielt bei beiden Plattformen eine Rolle, da ihre Zielgruppen
bekanntlich Studenten und andere Akademiker sind. So kann man bei Facebook seine
Hochschule, das Hauptfach und seine letzte Schule nennen. Bei StudiVZ Hochschule,
Status, Studiengang und -richtung und ebenfalls die letzte besuchte Schule. Das deutsche
Netzwerk umfasst mehr Angabemöglichkeiten, jedoch beschreiben die Daten auf beiden
Netzwerken den gleichen Inhalt. Der Beispieluser gibt bei StudiVZ mehr Informationen an,
als bei Facebook.
Durch Verlinkungen der Hochschule und der Studiengangsbezeichnung finden sich
Studierende gleichen Faches, wodurch Kommunikation und reale Treffen begünstigt
werden. Viele Studiengänge werden durch entsprechende Gruppen repräsentiert, in denen
sich die Studenten untereinander austauschen können; doch auf dem Beispielprofil sind
keine zu verzeichnen. Auch Applikationen zu diesem Merkmal findet man auf diesem
Profil nicht, obwohl man durchaus vergleichbare Anwendungen entdecken kann.
Mediziner könnten „PubMed Search“ hinzufügen. Dies ist eine in Facebook integrierte
Suche für englischsprachige Artikel im Bereich der Biomedizin. 

5.4.4.11 Arbeit
Das Merkmal Arbeit ähnelt sich ebenfalls bei beiden virtuellen sozialen Netzwerken.
StudiVZ fragt nach Art des Jobs, Firma, Position, bisheriger Karriere und was er da macht.
Facebook fordert Angaben über den Arbeitgeber, Stellung in der Firma, Zeitraum, Ort und
Beschreibung der ausführenden Tätigkeit. Alle Daten sind zwar rein textbasiert, doch
verlinkt, wodurch Personen mit gleichen Angaben auszumachen sind.

5.4.4.12 Sharing
Während der Profilanalyse kristallisierten sich bei Facebook verschiedenen Applikationen
heraus, die dem Merkmal Sharing zuzuordnen sind. Mit diesen Anwendungen präsentiert
der User seine Interessen zu diversen Medien. Seine Aktivitäten im Internet werden
aufgelistet. Die „FriendFeed“-Applikation führt auf einen Service der gleichnamigen

54
Internetseite zurück, der es Nutzern erlaubt, Feeds von unterschiedlichen Webseiten
(Last.fm, YouTube, Stumble Upon, etc.) einzubinden. Diese Inhalte können Notizen,
Lesezeichen, Interessengebiete oder Aktivitäten verschiedenster Thematik aufweisen und
sind deshalb keinem der vorab beschriebenen Merkmale zuzuordnen. Die Bedeutung der
Sharing-Merkmalen liegt darin, dass der User mittels dieser Informationen seine
Interessen präsentiert und dadurch Themen zur Kommunikation anbietet. Zwar
partizipiert er mit diesen Feeds nicht direkt auf der Plattform, doch durch die aktive
Teilnahme am Internet werden Inhalte weitergegeben und veröffentlicht.
StudiVZ hingegen ermöglicht es seinen Mitgliedern nicht, Feeds einzubinden, da RSS- und
ATOM-Services nicht unterstützt werden.

5.5 Diskussion

Bei der Gegenüberstellung beider sozialer Netzwerke ist auffällig, dass sich die Daten
(Lieblingsmusik, Interessen, Ausbildung, etc.) größtenteils ähneln, ebenso sind Gruppen
auf beiden Plattformen zu finden. Sie bieten die Möglichkeit, sich über die vorgegebenen
persönlichen Pflichtangaben hinaus, auf individuelle Weise zu darzustellen. Nicht selten
stehen sie stellvertretend für einen Standpunkt. Anagben werden bei StudiVZ jedoch
ausschließlich textbasiert gegeben, bei Facebook hingegen multimedial in Form von
Applikationen.
Wie bereits erwähnt, nehmen Applikationen hier eine wichtige Rolle ein. Facebook kann
als Metaplattform für Anwendungen, die viele kleine Subnetzwerke ergeben, beschrieben
werden. Im Rahmen der Online-Ethnographie bieten die meisten Applikation zusätzliche

Abbildung 10 - Applikationen als Subnetzwerke

55
Optionen zur Ausweitung der Kommunikations-, Partizipations- und
Präsentationsstruktur. Der User hat die Möglichkeit Feeds, Spiele oder Quize
einzubinden, wobei Anwendungen erst nützlich werden, wenn möglichst viele der eigenen
Freunde sie ebenfalls gebrauchen.
Diese Elemente sind bei virtuellen sozialen Netzwerken von großer Bedeutung, so wird z.
B. mit Hilfe der Applikation „Charakteristics“ eine Charakter-Tag-Cloud erstellt. Freunde
eines Nutzers, die auch diese Anwendung hinzugefügt haben, können Eigenschaften
benennen, die den Nutzer ihrer Meinung nach am besten beschreiben. Durch ihre Aktionen
werden Begriffe gefunden, die den User objektiv darstellen. Da dieser in Kenntnis gesetzt
wird, wer welche Eigenschaften zugewiesen hat, wird Oberfläche für eine Kommunikation
geboten. Der Nutzer wird an die Applikation erinnert und kann nun ggfls. selbst
Eigenschaften auswählen und Freunden zuordnen.
Die Anwendung „Friendwheel“ visualisiert sogar vorhandene Freundschaftsbeziehungen,
in dem auch die Verbindungen der Freunde untereinander dargestellt werden. Das eigene
Netzwerk wird also verbildlicht und der Umfang der Kontakte somit greifbarer.
Im Rahmen der Informationsstruktur werden die Facebook-Seiten oft nicht nur dazu
genutzt werden, beliebige Unternehmen oder Produkte zu repräsentieren, sondern vor
allem Applikationen vorzustellen. Mitglieder, die sich nicht darüber im Klaren sind,
welchen Nutzen oder Inhalt eine Anwendung hat, können sich hier vor Gebrauch darüber
informieren.
Ein Regelwerk ist bei allen virtuellen Gruppen von Bedeutung, um Werte und Normen
festzulegen. Obwohl Applikationen als Subnetzwerke angesehen werden können,
benötigen sie jedoch keine Regeln, da sie über die Basisplattform sanktioniert werden
können. Ein Gratifikationssystem ist irrelevant, da der Kontakt mit Freunden und anderen
Personen genug Anreiz bietet, die Plattform zu betreten. Belohnt wird bei einigen
Applikationen, wie „Friends for sale“ oder „Flirtable“, die sich selbst durch
unterschiedliche Arten der Bewertung auszeichnen.
Das Element Leitmetapher spielt keine Rolle mehr für virtuelle soziale Netzwerke. Zwar
sollten Inhalt, Internetadresse und erster optischer Eindruck ungefähr übereinstimmen,
doch kann eine Seite durch verschiedenste eingebundene Feeds ohnehin überladen wirken.
Auch Applikationen, die Bilder, Videos und Texte beinhalten, besitzen farbige
Oberflächen, die durch ihre Vielzahl schnell unübersichtlich wirken. Klare Formen und
definierte Farben geben dem Gesamtbild eine Struktur und richten den Blick auf das
Wesentliche.

56
Es wird deutlich, dass die klassische Online-Ethnographie auf moderne virtuelle soziale
Netzwerke nicht mehr angewendet werden kann, da viele Faktoren der Web 2.0-
Entwicklung Funktionen ersetzen oder erweitern. Zunehmend an Bedeutung gewinnen
Kommunikation, Präsentation und Partizipation, die durch Applikationen verstärkt werden
und den aktuellen Entwicklungstrend im Internet (vom passiven Konsumenten zum aktiven
Produzenten) widerspiegeln.

6 Fazit

Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich die Profilseiten eines Nutzers zweier virtueller
sozialer Netzwerke unterscheiden, da ihm verschiedene Darstellungsmöglichkeiten zur
Verfügung stehen. Das Angebot der modernen, dynamischen Plattform Facebook wird
durchaus wahrgenommen, Applikationen verwendet und auf dem Profil präsentiert.
Hier stellt sich die Frage, was Facebook zu einer dynamischen Plattform macht und wieso
StudiVZ nur Ansätze von Dynamik aufweist. Das amerikanische Netzwerk unterstützt
verschiedene Formate zum externen oder internen Einbinden von Inhalten. Facebook-
Feeds (Bsp. Facebook-Blog) können einerseits auf einem persönlichen Weblog eines Users
oder einer anderen Internetseite erscheinen. Zum Anderen können aber auch Inhalte des
Nutzer-Blogs können bei Facebook eingebunden und veröffentlicht werden. Diese
wechselseitige Mobilität von Informationen verdeutlicht die große Mobilität, die der Web
2.0-Techniken zu verdanken ist. Doch auch auf dem Profil selbst, hat der User
Gestaltungsfreiheit. Es gibt zwar Felder (bspw. Mini-Feed oder Freundesliste), die nicht
verschoben werden können, doch alle Applikationen sind per „Drag and Drop“ an eine
beliebige Stelle zu befördern. Eine individuelle Darbietung der Profilseite wird somit
jedem Mitglied ermöglicht. Nach der Philosophie der neuen Web-Entwicklungen wird
auch hier das aktive Produzieren erlaubt, so sind neben Gruppengründungen auch das
Entwickeln und Programmieren von Applikationen möglich.
StudiVZ beinhaltet sowohl statische, als auch dynamische Elemente. Neben dem Gruppen-
und Lehrveranstaltungserstellen sind keine weiteren Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme
gegeben. Die Nutzer können zwar Fotoalben hochladen und erweitern somit auch den
Inhalt der Plattform (dynamisch), jedoch schaffen sie dadurch nichts Neues, Innovatives
(statisch). Die Mitglieder sind fest an die Vorgaben gebunden, wodurch nur geringe
Partizipation gewährleistet wird.

57
So ist auch die Online-Ethnographie von Marotzki nicht vollständig auf SNS anwendbar,
denn Elemente wie Präsentation, Partizipation und Kommunikation nehmen eine immer
stärker werdende Position ein und müssten im Mittelpunkt der Analyse stehen. Die
Entwicklung einer neuen Methode könnte Gegenstand weiterer wissenschaftlicher
Arbeiten sein, die die dynamischen Aspekte aktueller Entwicklungen berücksichtigt. Auch
die Applikationen von Facebook könnten Zentrum einer Forschungsarbeit sein, wobei zu
klären ist, wie sie zu kategorisieren sind. Nicht der thematische Inhalt sollte eingeordnet
werden, sondern die Funktion, die übernommen wird.
Diese Arbeit kann als Grundlage für neue Analysemethoden dienen, da sich das „neue“
Medium Internet stets im Wandel befindet. Alle Veränderungen werden auf den
verschiedensten Webseiten sichtbar, wodurch auch die virtuellen sozialen Netzwerke
betroffen sind. Am Beispiel Facebook konnte gezeigt werden, das der Trend dahin geht,
selbst aktiv an der Gestaltung teilzunehmen. Diese Transformation wird sich aufgrund
innovativer Techniken in den kommenden Jahren deutlicher zeigen und weiterentwickeln.
Von dieser Transformation ist jedoch nicht nur die Software betroffen, sondern auch das
Nutzerverhalten und die Hardware. Da es z. B. mobile Geräte gibt, auf denen die neue
Software anwendbar ist, wird sich auch diese Technik weiterentwickeln. Daraus folgt ein
reger Bedarf an kompetentem Umgangswissen (Verfügungswissen) mit dem Medium, an
das sich die Nutzer anpassen und alte Verhaltensweisen überdenken müssen.

58
7 Quellenverzeichnis

7.1 Abbildungsverzeichnis

• Abbildung 1 – Small World-Theorem: Über sechs Zwischenschritte ist Jeder mit


Jedem bekannt. In:
http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Six_degrees_of_separation.png [Stand:
19.08.2008]
• Abbildung 2 – Timeline wichtiger virtueller sozialer Netzwerke (Vgl. Boyd,
Ellison, 2007)
• Abbildung 3 – Ein Ausschnitt der Stadt „Funcity“ der Online Community Funama.
In: http://www.funama.de/ [Stand: 19.08.2008]
• Abbildung 4 – StudiVZ-Logo. In:
http://static.pe.studivz.net/lp/Svz/de/press/img/logo_rgb_300pixel.jpg [Stand:
19.08.2008]
• Abbildung 5 – Friend-of-a-Friend-Beziehungen werden bei StudiVZ sichtbar. In:
http://www.studivz.net/Profile/201657d9627bda7a [Stand: 20.08.2008]
• Abbildung 6 – Facebook-Logo. In: http://www.danielbuchanan.net/blog/wp-
content/uploads/2008/03/facebook-logo.jpg [Stand: 19.08.2008]
• Abbildung 7 – Facebook-Beacon-Benachrichtigung. In:
http://www.ryanblock.com/wp/files/facebook-beacon.jpg [Stand: 15.07.2008]
• Abbildung 8 – Facebook-Chat als Pop-Up. In:
http://www.facebook.com/profile.php?id=618607425 [Stand: 10.07.2008] Dieser
Chat entstammt meinem persönlichen Profil.
• Abbildung 9 - Die „most popular and relevant“-Tag-Cloud von “Socialistics”. In:
http://apps.new.facebook.com/socialistics/friendcloud.php [Stand: 19.08.2008]
Diese Tag-Cloud entstammt meinem persönlichen Profil.
• Abbildung 10 – Applikationen als Subnetzwerke.

7.2 Literatur

Flick, Uwe (1995): Qualitative Forschung. Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie


und Sozialwissenschaften. Reinbek: Rowohlt.

Friedrichs, Jürgen (1982): Methoden empirischer Sozialforschung (10.Auflage). Opladen:


Westdeutscher Verlag.

Hagel, John, Armstrong, Arthur (1997): Net Gain – Profit im Netz. Märkte erobern mit
virtuellen Communities. Gabler Verlag, Wiesbaden.

59
Jörissen, Benjamin, Marotzki, Winfried (2008): Online-Communities und Social
Networking. Neue Entwicklungsrichtungen im Rahmen des Web 2.0. In: Meyer, T.,
Scheibel, M., Münte-Goussar, S., Meisel, T., Schawe, J. (Hrsg.): Bildung im Neuen
Medium. Wissensformation und digitale Infrastruktur. Waxmann, Münster, New York,
München, Berlin.
 
Lamnek, Siegfried (1989): Qualitative Sozialforschung. Band 2, Methoden und Techniken.
Psychologie Verlags Union, München.

Marotzki (2003): Online-Ethnographie –Wege und Ergebnisse zur Forschung im


Kulturraum Internet. In: Jahrbuch für Medienpädagogik, Leske+Budrich

Mayntz, R., Holm, K., Hübner, P. (1974): Einführung in die Methoden der empirischen
Soziologie. Opladen: Köln.

Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. In Flick, U., von Kardoff, E., Keupp, H.,
Rosenstiel, L., Wolff, S. (Hrsg.)(1995): Handbuch qualitative Sozialforschung.
Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. (2. Auflage) Psychologie Verlags
Union, Weinheim.

Milgram, Stanley (1967): The Small World Problem. In: Psychology Today. (S. 60-67)

Mittelstraß, Jürgen (2002): Bildung und ethische Maße. In: Killius, Nelson, Kluge, Jürgen,
Reisch, Linda (Hrsg.): Die Zukunft der Bildung. Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main.

Thiedeke, Udo (Hrsg.) (2000): Virtuelle Gruppen. Charakteristika und


Problemdimensionen. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag/Opladen.

Wiedemann, Peter: Gegenstandsnahe Theoriebildung. In Flick, U., von Kardoff, E.,


Keupp, H., Rosenstie, L., Wolff, S. (Hrsg.)(1995) : Handbuch qualitative Sozialforschung.
Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. (2. Auflage) Psychologie Verlags
Union, Weinheim.

60
Schmidt, Jan (2007): Potenziale von Social Software für Bildungsportale. In: Gaiser,
Birgit/Hesse, Friedrich W./Lütke-Entrup, Monika (Hrsg.): Bildungsportale - Potenziale
und Perspektiven netzbasierter Bildungsressourcen. München: Oldenbourg.

7.3 Internetquellen

• www.facebook.com
• www.studivz.net
• www.wikipedia.de

Alby, Tom (2006): Web 2.0. Konzepte, Anwendungen, Technologien. In:


http://www.edvbuch.net/ProductImages/Leseproben/978-3-446-41449-5.pdf [Stand:
15.07.2008]

Boyd, Danah, Ellison, Nicole (2007), Social Network Sites: Definition, History, and
Scholarship. In: Journal of Computer-Mediated Communication, 13(1), Artikel 11.
http://jcmc.indiana.edu/vol13/issue1/boyd.ellison.html [Stand: 25.06.2008]

Devster Blog (2007): Was man bei einer Facebook-Applikation beachten muss. In:
http://www.devster.de/blog/was-man-bei-einer-facebook-applikation-beachten-muss
[Stand: 09.08.2008]

Granovetter, Mark (1983): The Strenght of Weak Ties: A Network Theory revisited.
(Auszug, S.201-233) In:
http://www.si.umich.edu/~rfrost/courses/SI110/readings/In_Out_and_Beyond/Granovetter.
pdf [Stand: 20.08.2008]

Karadeniz, Besim (o. J.): Das Phänomen World Wide Web. In:
http://www.netplanet.org/geschichte/worldwideweb.shtml [Stand: 09.08.2008]

Kartman, Ortwin (2007): FOAF – Friend of a Friend. In: http://ortw.in/wp-


content/uploads/2008/01/vortrag_foaf.pdf [Stand: 20.08.2008]

61
Kerres, Michael, Nattland, Axel (2007): Implikationen von Web 2.0 für das E-Learning.
In: http://mediendidaktik.uni-duisburg-essen.de/system/files/kerres-nattland-mekonet.doc
[Stand: 15.07.2008]

Maaß, Christian, Pietsch, Gotthard (2007): Web 2.0 als Mythos, Symbol und Erwartung.
In:
http://www.feu.de/imperia/md/content/fakultaetfuerwirtschaftswissenschaft/lehrstuhlscher
m/maasspietsch_web__2_0_als_mythos_und_symbol_und_erwartung.pdf [Stand:
17.07.08]

Marotzki, Winfried (2003): Medienbildung und digitale Kultur. Erschienen in:


Magdeburger Wissenschaftmagazin 1-2/2003. In: http://www.uni-
magdeburg.de/MWJ/MWJ2003/marotzki.pdf [Stand: 12.08.2008]

Owyang, Jeremiah (2007): Explaining what the “Social Graph” is to your Executives. In:
http://www.web-strategist.com/blog/2007/11/10/what-is-social-graph-executives/ [Stand:
20.08.2008]

O’Reilly, Tim (2005): Web 2.0: Compact Definition? In:


http://radar.oreilly.com/archives/2005/10/web-20-compact-definition.html [Stand:
08.07.2008]

Raphael, Lynda (2007), A Brief History of Social Networking Sites. In: NFI Studios,
http://www.nfistudios.com/blog/2007/06/21/a-brief-history-of-social-networking-sites/
[Stand: 25.06.08]

Schmidt, Holger (2008): Netzwerker im Clinch: Facebook verklagt StudiVZ. In:


http://www.faz.net/s/RubD16E1F55D21144C4AE3F9DDF52B6E1D9/Doc~E8348168B1
A164D2792AFC848A1DFB742~ATpl~Ecommon~Scontent.html [Stand: 20.07.08]

Spradley, James P.(1980): Participant Observation. New York: Holt, Rinehart and
Winston. In: Schöne, Hellmar (2003): Die teilnehmende Beobachtung als
Datenerhebungsmethode in der Politikwissenschaft. Methodologische Reflexion und
Werkstattbericht. http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/view/720/1559
[Stand: 08.08.2008])
62
Wieschowski, Stefan (2007): Studenten demonstrieren gegen das Schnüffel-VZ. In:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,523906,00.html [Stand: 10.08.2008]

Weigert, Martin (2008): Facebook-Applikationen aus dem deutschsprachigen Raum. In:


http://netzwertig.com/2008/01/14/zn-facebook-applikationen-aus-dem-deutschsprachigen-
raum/ [Stand: 24.07.2008]

Yau, Nathan (2008): Chart of the Day: A Breakdown of Facebook Applications. In:
http://flowingdata.com/2008/05/01/chart-of-the-day-a-breakdown-of-facebook-
applications/ [Stand: 24.07.2008]

8 Anhang

Die Daten im Anhang befinden sich auf einer angefügten CD. Alle Dateien sind mit Adobe
Acrobat zu öffnen.

• Fiktives StudiVZ-Profil
• Fiktives Facebook-Profil (Die „Drag and Drop“-Funktion wird ersichtlich.)
• Neues, fiktives Facebook-Profil (Hier wird nur ein Ausschnitt der Seite gezeigt.)
• Beispiel-Profil StudiVZ
• Beispiel-Profil Facebook

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