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Einführung in die Humanethologie

Der integrative Ansatz


am Beispiel der Geschlechterdifferenz
Einleitung

Wie lassen sich Fragestellungen und Ergebnisse der unterschiedlichen Disziplinen


wissenschaftstheoretisch sinnvoll zusammenführen, um ein Bild vom Menschen zu
gewinnen?

Raster aus 4 biologische Grundfragen und bio-psycho-sozialen Bezugsebenen.

Bezugsebene Frage nach:


Verursachungen Ontogenese Anpassungswert Phylogenese
Molekül
Zelle proximate [unmittelbare] Zusammenhänge ultimate [grundlegende] Zusammenhänge
Organ lassen sich aktuell studieren evolutionär begründet
Individuum Ursache-Wirkungs-Prinzip Tier-Mensch- und Kulturenvergleich
Gruppe
Gesellschaft
Erkenntnisse „basaler“ Ebenen als Voraussetzung für das Verständnis der darüber liegenden
Ebenen. Kenntnisse der basalen Ebenen sind jedoch nicht ausreichend um komplexe
Zusammenhänge zu verstehen.
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
Mit jedem schichtspezifischen Novum sind auch ganz bestimmte Freiheiten wie andererseits
auch Begrenzungen der Freiheiten verbunden. [] natürliche Freiheit

Enge Verschränkung der vier Fragen miteinander. Diskussion eines Bereiches wirft Fragen
zu den übrigen Bereichen auf.
Beispiel: Die Frage ob Brutpflegeverfahren in das Sexualverhalten einfließt, oder umgekehrt,
lässt sich nicht mit den proximaten, wohl aber mit den ultimaten Zusammenhängen in der
Phylogenese beantworten.
Beispiel: Die Frage nach dem gemeinsamen Auftreten von männlichem Werbeverhalten und
Signalen der Liebe kann durch Einbeziehen von Stammesgeschichte beantwortet werden.

Die Antworten müssen wiederspruchsfrei zusammenpassen. So lassen sich Schwachpunkte


und falsche Vorstellungen aufdecken.

Es gibt sowohl angeborene als auch gelernte Verhaltensweisen.

Qualitativ verfügen beide Geschlechter über das gleiche Verhaltensrepertoire


Unterschiede ergeben sich erst in (1) Häufigkeit, (2) Intensität und (3) Reihenfolge der Teile
des Verhaltens.
Unterschiede ergeben sich vor allem, wenn damit ein Selektionsvorteil verbunden ist, oder
wenn Verhaltensmerkmale stammesgeschichtlich verbunden waren.

Vorgegebene Dispositionen können durch Lernen abgeschwächt oder verstärkt, durch


Einsicht und Wollen gesteuert werden.

Unterschiede bzgl. des psychosexuellen Dimorphismus in Wohnort, sozialer Schicht und


Kulturzughörigkeit.

Kulturunabhängige Universalien wie Mimik hinsichtlich der Stimmungsqualitäten und


Verständnis von Mimik sowie sexuelle Scham.

„Natürliche“, „kulturunabhängige“ Verhaltensweisen dürfen nicht moralisch gewertet


werden.

I.) Die Frage nach den Verursachungen


Wie funktioniert Verhalten auf Zell-, Organ-, Individuums- und Gruppen-Ebene?

Imponierverhalten im Alltag
Männer imponieren generell mehr als Frauen. Dieses Verhalten wird durch Frauen ausgelöst.
Große modifizierte (Stärkesymbole) Autos als Ausdruck männlichen Imponierverhaltens

Pornographie
Unterschiedlicher Umgang. Weibliche Sexualität ist mehr mit sozialem „Wenn-und-aber“
verbunden als die männliche.

Psychoendokrinologische Aspekte sexueller Gewalt


Manche Männer sind durch Phantasien von Gewalt an Sexualpartnern erregbar. Lustmorde
werden ausschließlich von Männern begangen, nie von Frauen.
Zusammenhang zwischen Hormonen (Testosteronmangel) und Verhalten (sexuelle
Gewaltbereitschaft). [] Funktionelle Nähe von männlicher Sexualität und Dominanz/Gewalt

Mimische Sender-Empfänger-Beziehungen und damit verbundene Emotionen


Wechselwirkungen zwischen Verhalten, Hormonen und Transmittern
Soz hautpflege  ausschüttung von Endorphinen
Verschränkungen zwischen angeborenen Grundlagen des Verhaltens, Lernen und
Kultur

II.) Die Frage nach der Ontogenese


Was bewirken wann welche inneren Programmschritte und wann welche
Umwelteinflüsse?
Gewisse Verhaltensweisen beim Menschen treten immer im mehr oder weniger ähnlichen
Lebensabschnitt auf. Die Ontogenese folgt einem inneren Plan, der in Chronologie und
Qualität auch nur gering beeinflussbar ist. Beispiel: Pubertät.
Bestimmte Zeitabschnitte bei Reifungs- und Lernprozessen während der Ontogenese spielen
eine besondere Rolle bzgl. der Geschlechterdifferenz.

Embryonale Testosteroninduktion
Der embryonale Hoden produziert Testosteron und beeinflusst die Entwicklung des zentralen
Nervensystems (Testosteroninduktion)
Beim Mann ergibt sich dadurch wahrscheinlich Art und Ausmaß der späteren
Stimulierbarkeit durch visuelle Eindrücke (z.B. durch Fotos von Italien :)

Lerndispositionen
Bevorzugtes Lernen. Manche Geschlechtsunterschiede sind zwar in allen Kulturen zu
finden, sind aber nicht direkt angeboren, sondern Folge angeborener Lerndispositionen.
Beispiel: Mädchen interessieren sich für Puppen, Jungs für schwere Baumaschinen.
Viele Geschlechtsunterschiede sind jedoch durch die Erziehung und Kultur formbar und
können durch Rollenidentifikation abgeschwächt oder verstärkt werden.

Frühkindliche Entwicklung und Sozialisation


Frühkindliche Bindung hat weitreichende Konsequenzen und betrifft auch postpubertäre
Verhaltensbereiche.
Beispiel: Schwere Persönlichkeitsstörungen als Folge einer beziehungsarmen Kindheit
können bei Männern sexuelle Lust beim bewussten Quälen eines Opfers hervorrufen. Bei
Frauen nicht.
Generell spielt Testosteron ab der Pubertät eine wichtige Rolle bzgl. Reifung der Libido und
sexueller Triebkraft beim Mann.
Man entwickelt in der Regel eine sexuelle Aversion gegen Menschen, die man in den ersten
fünf Lebensjahren gut kennen gelernt hat.

III.) Die Frage nach dem Anpassungswert


Wozu sind die einzelnen Leistungen der Wahrnehmung des subjektiven Innenlebens,
des Lernens und des Verhaltens da?

Anzahl der fortpflanzungsfähigen Nachkommen


Gilt als empirisches Maß der Anpassung. Ein phylogenetischer Erfahrungswert wie
„zweckvoll“ vererbte Merkmale sind.

Anpassung an (1) außerartliche Umwelt


Kosten und Nutzen einer Verhaltensweise.
Beispiel: Brutpflege ist eine wichtige Anpassung an die außerartliche Umwelt. Bestimmte
ökologische Nischen konnten in der Evolution nur genutzt werden indem Brutpflege betrieben
wurde. Bei fast allen Vögeln betreiben sogar beide Eltern Brutpflege.
Lernen führt fast immer zu einer Anpassungsverbesserung. Individuen, deren Lernleistungen
zu Anpassungsverbesserung führen werden durch die natürliche Selektion bevorzugt.

Anpassung an (2) innerartliche Umwelt


Kosten und Nutzen sowie Verwandtschaftsgrad
Unterteilung innerartlicher Anpassung in (1) Anpassung gegenüber Geschlechtgenossen
(z.B. Rivalität zwischen den Männchen) und (2) Anpassung gegenüber dem anderen
Geschlecht (z.B. Attraktivität gegenüber dem anderen Geschlecht).
Beispiel: Buntes Federkleid bei Männchen mancher Vogelarten ist Resultat weiblicher
Vorlieben und so mit einem innerartlichen Selektionsvorteil verbunden. Diese
Imponierfedern Behindern zwar beim Flug und sind auffällig für Raubtiere, haben sich aber
dennoch als zweckmäßiges Merkmal durchgesetzt.
Wurzeln der Geschlechterdifferenz
Unterschied zwischen Ei- und Samenzellen.
Zwei Bedingungen müssen bei der Vereinigung der Keimzellen erfüllt werden:
(1) Die Wahrscheinlichkeit muss hoch sein, dass 2 Keimzellen aufeinander treffen
und außerdem (2) muss nach der Vereinigung eine bestimmte Mindestgröße der Zelle erreicht
sein. Es müssen also die Startchancen fürs Leben gegeben sein.
Die große, nährstoffreiche Eizelle sichert den Start ins Leben, die kleinen, zur Fortbewegung
fähigen Spermien erhöhen die Trefferrate (Anisogamie = männliche und weibliche
Keimzellen verschieden groß)
Trotz Überschuss-Produktion an Spermien ist der Fortpflanzungsaufwand an (1) Zeit, (2)
Energie, (3) Baustoffen und (4) Risiken für Männchen vielfach geringer als für Weibchen.
Daher können sich Männchen innerhalb eins bestimmten Zeitabschnittes häufiger paaren als
Weibchen. Somit kommen stets mehrere paarungswillige balzende Männchen auf ein
paarungsbereites Weibchen.
Wer balzt ergibt sich immer aus den geringeren Kosten für die Fortpflanzung.

Weiblicher Fortpflanzungserfolg ist durch (1) Zeit, (2) Ressourcen und (3) Nahrung
limitiert.
Männlicher Fortpflanzungserfolg ist durch den (1) Zugang zu (2) fruchtbaren, (3)
paarungsbereiten Weibchen limitiert.

Bei Männern sind die minimalen Kosten genau ein Ejakulat. Bei Frauen sind
Schwangerschaft und Stillen unumgängliche Bedingungen. Dementsprechend sind bzgl. der
zu leistenden Beiträge pro Kind größere Unterschiede zwischen den Geschlechtern möglich.

Bei Männern sind umgekehrt beim Fortpflanzungserfolg bzgl. (1) Rang, (2) Status und (3)
Besitz größere Unterschiede möglich als bei Frauen.

Ein Selektionsvorteil ergibt sich für diejenigen Männer, die (1) Rivalen vertreiben können,
(2) nach Frauen suchen, (3) intensiv werben und (4) sich um Begattung bemühen.
Außerdem ist es von Vorteil wenn rasch zwischen diesen Verhaltensweisen gewechselt
werden kann.

Verhaltensweisen zwischen denen rasch gewechselt werden kann und die sich zum Teil auch
motivational und im Ausdruck mischen können werden als „funktonal nah“ bezeichnet.
Beispiel: Bei Männern kann eine funktionale Nähe zwischen Dominanz/Aggressivität und
Sexualität beobachtet werden. Lustmorde können die Folge sein.
Bei Männern kann auch eine funktionale Ferne zwischen Unterlegenheit/Angst und
Sexualität beobachtet werden. Kindesmissbrauch kann die Folge sein.

Auswirkungen der unterschiedlichen Kosten bei der Fortpflanzung


Vorteil für Männer indem rasch ohne viel „Wenn-und-aber“ auf weibliche Reize
angesprochen wird und zur Fortpflanzung gedrängt wird.
Vorteil für Frauen indem mit Zurückhaltung reagiert wird und nach Entscheidungsfrist
Partnerselektion betrieben wird.

Weibliche Vorteile bei der Partnerwahl


Entwicklung großer starker Männchen als Folge von Rivalität und weiblicher Vorlieben.
Für die Weibchen ergibt sich ein Selektionsvorteil wenn sie sich mit dominierenden
Männchen gepaart haben. Wenn die männlichem Gene erblich sind werden die großen starken
Söhne ihrerseits gegenüber von Rivalen einen Selektionsvorteil haben. Dadurch ergeben sich
mehr Nachkommen auf mehr Generationen.
So könnte aus Droh-Imponieren gegen Rivalen, „bedrohendes“ Werbe-Imponieren als Teil
des Balzverhaltens geworden sein. „bedrohendes“ Werbe-Imponieren erfüllt den geradezu
konträren Doppelzweck (1) Rivalen zu verdrängen und (2) Weibchen zu imponieren.
Beispiel: Auch wenn bei Buntbarschen die Weibchen „bedroht“ werden, haben sie in der
Regel nach wie vor den Vorteil der sexuellen Partnerselektion, idem sie sich nach Unterliegen
entweder paarungsbereit geben oder sich entfernen. Bei der „Bedrohung“ kommt es jedoch
nicht zu größeren Verletzungen oder gar zur Tötung des Weibchens.
Wenn sich zwei Männchen treffen flieht der Unterlegene, wenn sich zwei Weibchen treffen
kommt es gar nicht erst zu Aggressionen, da die Weibchen nicht balzen. Homosexualität ist
somit in der Regel ausgeschlossen.
[] Orientierung des Imponierverhaltens

Prinzip der Antithese [ ] Weibliche Vorteile bei der Partnerwahl


Merkmale, die bei der Kommunikation innerhalb einer Art für den Sender und Empfänger
Vorteile mit sich bringen, werden in Richtung Signaldeutlichkeit selektiert. Dementsprechend
gibt es bei vielen Arten beim weiblichen Geschlecht, im Vergleich zum Männlichen,
Entwicklungen in die andere Richtung: Frauen haben eine hohe Stimmlage, einen kleinere
Wuchs, weichere Gesichtszüge, eine weniger starke Körperbehaarung und sie sind im
Auftreten weniger imponierend als Männer. Es sind juvenile Merkmale, die dem
“Frauenschema” entsprechen und für Männer attraktiv sind. Der Umstand, dass größere
Weibchen mehr Jungen auf die Welt bringen, konnte sich stammesgeschichtlich nicht
durchsetzen.
Der sexuelle Dimorphismus ist in Bezug auf Körperbau und Verhalten bei polygynen Arten
am meisten ausgeprägt. Ein gutes Beispiel dafür sind die Seeelefanten, deren Männchen
viermal so schwer sind wie die Weibchen. Hier ist auch die Rivalität am stärksten, weil nur
wenige Männchen überhaupt Zugang zu den Weibchen bekommen.
Aber auch beim Menschen und vielen anderen Säugetieren gibt es untereinander größere
Unterschiede beim Fortpflanzungserfolg in Abhängigkeit vom Rang als zwischen Weibchen.

Bei allen monogamen Säugetieren teilen sich Weibchen und Männchen die Brutpflege.

Verwandtschaftsgrad
Entscheiden mit Hilfe von Lernen, Intellekt und Kultur

IV.) Die Frage nach der Phylogenese


Warum sind strukturelle Zusammenhänge „so und nicht anders“?

Theoretische Vorbemerkungen
Durch zufällige Mutation entstehen neue Varianten. Die natürliche Selektion fördert oder
hemmt diese Mutanten über die Anzahl ihrer Nachkommen. Bestimmte Merkmale haben sich
über die Entwicklung hinweg als (zweckmäßig) beständig erwiesen.
Es gibt unterschiedlich alte Merkmale in Anatomie und in den Leistungen des Verhaltens.
Hierbei waren ältere Merkmale Vorbedingungen der neueren und neuere Entwicklungen
haben ältere verändert und verdrängt.
Beispiel: Gegen die Partnerin gerichtetes Imponieren hat sich im Rahmen der sozialen
Paarbindung (wahrscheinlich wegen der Einflüsse des Brutpflegeverhaltens in das
Sexualverhalten) weg vom Weibchen hin zu den Rivalen umorientiert.

Artenvergleich (Tierartenvergleich und Tier-Mensch-Vergleich) und Kulturenvergleich als


Methoden.
Artenvergleich ergibt keine zwingenden Schlüsse. Direkter Schluss vom Menschen auf Tiere
und Vermenschlichung von Tieren ist unbedingt zu vermeiden.

Es gibt (1) homologe Leistungen (Abstammungsähnlichkeiten), die einer gemeinsamen


phylogenetischen Urform entstanden sind bzw. in ähnlicher Form bestehen bleiben.
Beispiel: Soziale Hautpflege und Kuss bei Primaten.
Es können durch Homologieschlüsse Verwandtschaftsgrade festgestellt werden.
„So-und-nicht-anders-Sein“ von Merkmalen lässt sich oft nicht durch funktionelle Zwänge
sondern durch phylogenetische Vorbedingungen deuten.
Der funktionelle Entstehungsgrund eines Merkmals ist oft ein anderer als die Funktion die es
später in der Stammesgeschichte zeigt.
Kulturunabhängige Universalien im Verhalten (z.B. menschliche Mimik) sind Hinweis auf
stammesgeschichtlich erworbene Vorprogrammierungen.

Es gibt (2) analoge Leistungen (Funktionsähnlichkeiten), die konvergent/unabhängig von


einander entstanden sind.
Solche „Lösungen“ sind Anpassungen an bestimmte Bedingungen
Beispiel: Linsenaugen bei Tintenfischen und Säugetieren
Es können durch Analogieschlüsse Hinweise auf Gesetzmäßigkeiten bei (1) Selektion und
Anpassungswert sowie (2) stammesgeschichtliche Abfolge von Vorbedingungen festgestellt
werden

Brutpflege und innerartliche Kommunikation


Brutpflege ist für alle paarbindenden Arten Vorbedingung für soziale Bindungen und
Bindungen zwischen Sexualpartnern.
Verhaltensweisen aus dem Brutpflegerepertoire sind in das Sozial- uns Sexualverhalten
miteingeflossen. Bei Arten die keine Brutpflege betreiben lassen sich auch keine solchen
Elemente im Sexualverhalten wiederfinden.
Für den Schritt zum menschlichen Sexualverhalten sind zwei Merkmale wichtig: (1) Mutter-
Kind-Band und (2) juvenile Merkmale (Kindchenschema). Der Anblick eines Kindes kann
von Erwachsenen als belohnend empfunden werden, freundliche Zuwendung auslösen und
Aggressionen mildern.
Beispiel: Küssen bei Affen und Schnäbeln bei Vögeln sind Verhaltensweisen die sich aus dem
Füttern von Jungen ableiten. Affen und Vögel haben als gemeinsamen Vorfahren ein
ausgestorbenes Reptil das wahrscheinlich keine Brutpflege betrieben hat. Das Verhalten ist
also analog entstanden. Soziale Hautpflege und der Kuss bei (unterschiedlichen)
Primatenarten sind homologe Entwicklungen.
Beispiel: Imponieren weg vom Weibchen kann beim Menschen und bei Graugänsen
beobachtet werden. Der gemeinsame Vorfahre ist aber wiederum das ominöse ausgestorbene
Reptil, das wahrscheinlich noch keine Brutpflege betrieben hat. Also liegt auch hier eine
analoge Entwicklung vor
Soziologie der Paarungssysteme bei Affen
Bei den mit uns am nächsten verwandten Primaten findet man verschiedene soziale
Strukturen und Paarungssysteme. (1) Polygynie, (2) Monogamie, (3) Polyandrie und (4)
Polygynandrie.
Polygynie findet man z.B. beim Gorilla, Pavian und Menschen: Ein Männchen
monopolisiert mehrere Weibchen sexuell. Dabei gibt es keinen direkten männlichen
Beitrag zur Brutpflege. Die Versorgung der eigenen Kinder bei Männern entsteht erst im
Tier-Mensch-Übergangsfeld. Deshalb ist die menschliche Polygynie eher eine kulturelle
Errungenschaft. Männern ist es wahrscheinlich erst seit der Erfindung von Ackerbau und
Viehzucht möglich, so viele Ressourcen anzuhäufen, dass sie mehrere Frauen samt Kindern
mitversorgen können.
Von vielen polygynen Affenarten zeigen die Weibchen optisch oder/ und geruchlich den
Östrus für Männchen deutlich an. In dieser Zeit sind die Weibchen für Männchen besonders
attraktiv. Es gibt aber auch Weibchen von polygynen Hominoiden, die den Östrus nicht
anzeigen, wie beispielsweise der Gorilla, der Orangutan und der Mensch.

Polyandrie gibt es beim Menschen in weniger als 1% der Kulturen. Die Männer sind immer
Brüder.
Polyandrie findet man bei Schimpansen. Hochrangige Männchen teilen sich ihre sexuellen
Privilegien. Rangniedere Männchen haben bestenfalls heimlichen Zugang zu Weibchen im
Östrus.

Monogamie findet man nur bei ca. 12% der 190 Primatenarten. Monogame Bindungen
kommen bei Säugetieren nur dann vor, wenn sich beide Elternteile an der Brutpflege
beteiligen, da es sich für die Männchen nur dann auszahlt, wenn die Jungen die eigenen sind.
Wir Menschen hingegen sind offensichtlich nur milde monogam: es konnte von
Schiefenhövel festgestellt werden, dass die Hälfte der Ehepaare bei Trobriandern ohne
kulturellen Druck lebenslang beisammen bleiben.
In Städten überwiegen bei uns die Großfamilien, daher überwiegt die soziale und
ökonomische Absicherung.

Orientierung des Imponierverhaltens


Allzu aggressiv gegen die Partnerin gerichtetes Imponieren wird im Rahmen der sozialen
Paarbindung (wahrscheinlich wegen der Einflüsse des Brutpflegeverhaltens in das
Sexualverhalten) als unattraktiv empfunden. Daher hat das männliche Imponierverhalten eine
Umorientierung weg vom Weibchen hin zu den Rivalen erfahren, wobei seine konträre
Doppelfunktion nach wie vor erhalten bleibt.
Männer geben sich als Beschützer und geben sich oft stärker und sicherer als sie tatsächlich
sind. Im Kontrast dazu geben sich Frauen oft schutzbedürftiger und unsicherer als sie
tatsächlich sind. Dadurch ergibt sich ein erleichterter Zugang zu Sexualpartnern.
Frauen können sich vom Imponierverhalten der Männer angezogen fühlen, während andere
Männer in der Regel aversiv reagieren. Deshalb auch

Kommunikation bei Primaten


Bei einigen Primaten sind neben dem Brutpflegeverhalten auch Elemente des
Sexualverhaltens in das Sozialverhalten eingeflossen.
Phallisches Imponieren und Wutaufreiten bei Männchen sind Gesten der Dominanz.
Genitalpräsentieren bei Weibchen ist dagegen eine Geste des Einlenkens.
Diese Verhaltensweisen sind im sozialen Zusammenhang nicht sexuell motiviert und werden
von beiden Geschlechtern ausgeübt. Sie dienen der Kommunikation und ist ein Teil sozialer
Kompetenz die grundlegend ist für das Zusammenleben in der Gruppe.

Deviantes menschliches Sexualverhalten


Bei manchen Männern besteht eine enge Verbindung zwischen (Dominanz/)Aggression und
Sexualität. Bei manchen Frauen besteht passend dazu eine Attraktion zu gewalttätigen
(Sexual-) Straftätern. Bei Frauen wirkt sich eine Persönlichkeitsstörung äußerst selten in
destruktiv-aggressiver Sexualität aus.

Schlussfolgerung

Um Lebensphänomene zu verstehen ist es besonders fruchtbar alle vier Grundfragen der


biologische Forschung zu berücksichtigen.
Varianten des menschlichen Sexualverhaltens dürfen nicht legitimiert oder entschuldigt
werden. Bei der Frage was beim „natürlichen“ menschlichen Verhalten „gut“ und „böse“ ist
hilft die goldenen Regeln weiter. Sie können unter Vorbehalt als Pendant zum reziproken
Altruismus dienen. Prinzipiell soll das Wissen um die Geschlechtsunterschiede und ihre
Ursachen zu einem besseren Einschätzen und Schätzen des jeweils anderen Geschlechts
beitagen.

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