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Herzogenriedstrae 111, 68169 Mannheim, Zelle 1016 (verschissen)

Die Fahrt hatte in der Justizvollzugsanstalt Mannheim ein Ende. Samstagabend ist ein unpraktischer Moment, um in eine JVA eingeliefert zu werden. Es gibt immerhin kaltes Wasser in der Zelle, aber nichts zu essen. Als mein am selben Tag inhaftierter Zellenkumpel A. von mir hrte, dass ich den ganzen Tag nichts zu essen bekommen hatte, klingelte er. Ein paar Scheiben Brot waren noch aufzutreiben. Zugegebenermaen hatte ich nicht den ganz groen Hunger. Ich hatte Glck, dass A. mein Zellenkumpel der ersten Nacht war. Er war erwachsen, sprach einigermaen Deutsch und hatte (auch) eine interessante Geschichte zu erzhlen. Die Zelle, in der ich die erste Nacht als Untersuchungsgefangener 546/2010 verbrachte, hatte die Nummer 1016, lag im Parterre und war wirklich so, dass sie auch in einem Film verwendbar gewesen wre, in dem Veronica Ferres zusammen mit einem blinden und blonden deutschen Schferhund in Aserbaidschan einen deutschen Bundeswehrsoldaten aus einem von aufstndischen Rebellen betriebenen Gefngnis fr Unglubige befreit: Sie war komplett versifft und von einer bemerkenswerten Zahl von Kakerlaken belebt. Du bist Deutschland, dachte ich zum Gefngnis, und eingedenk des Resozialisierungsgedankens und der Unschuldsvermutung, von denen man allenthalben in den Medien hren kann, hat es mich einfach gewundert, was man mit den frisch Eingelieferten so macht. Spter, als ich nach meiner Entlassung ber die komplett versiffte Zelle berichtete, behaupteten die JVA-Verantwortlichen, dass die Sauberkeit der Zellen generell in der Verantwortung der Gefangenen liege, insinuierend, dass der Kachelmann einfach nicht gefeudelt habe, wenn seine Zelle dreckig war.
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Ich wurde am zweiten Tag in der JVA Mannheim fotografiert, Schock und Elend sind unschwer zu erkennen. Wochen spter wurde ich Reiniger mit eingeschrnkter Innenlockerung.

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