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Baden ist.

Infrastruktur

Maturarbeit von Betreuerinnen


Severin Etzensperger Andrea Hofmann
Gabriel Müller Brigitte Marti
Yvo Bühler
Klasse G4f 20.11.2008
Kantonsschule Baden
Baden ist. Infrastruktur Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung Seite 2

2. Vorgehen Seite 3

3. Definition Infrastruktur Seite 5

4. Unterteilung der Infrastruktur Seite 6

5. Selektionierte Unterteilung der Infrastruktur Seite 8

6. Interviewpartner Seite 10

7. Fragebogen Seite 11

8. Auswertung Seite 13
8.1. Verkehr Seite 14
8.2. Parkplätze Seite 20
8.3. Bäderquartier Seite 22
8.4. Hotellerie Seite 26
8.5. Plätze und Pärke Seite 31
8.6. Fussgänger Seite 35
8.7. Kultur Seite 40
8.8. Ausgangsmöglichkeiten für Jugendliche Seite 44
8.9. Fazit Seite 47

9. Interviews
9.1. Christine Zenz (QV Römer) Seite 49
9.2. Regula Dell’Anno (Einwohnerratspräsidentin) Seite 57
9.3. Elisabeth Fernandez-Sieber (QV Obere Altstadt) Seite 69
9.4. Max Romann (DV Rütihof, Stv. Komm. Stapo) Seite 77
9.5. Peter Sterk (sterk cine ag) Seite 87
9.6. Peter Heer (Präs. STV, Einwohnerrat) Seite 96
9.7. Monika Müller (DV Dättwil) Seite 103
9.8. René Müller (QV Kappelerhof) Seite 109
9.9. Willi Peng (QV Limmat Rechts) Seite 116
9.10. Dominic Chenaux (Kultur Merkker) Seite 125
9.11. Barbara Riecke (Leiterin Kurtheater) Seite 133
9.12. Anna Garavaglia Albrecht (Schulpflege) Seite 137

10. Auswertungstabellen Seite 142


10.1. Positive Aspekte Seite 143
10.2. Negative Aspekte Seite 151
10.3. Gegenüberstellung Seite 161

11. Schlusswort Seite 177

12. Literaturverzeichnis Seite 178

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Baden ist. Infrastruktur Einleitung

Einleitung
Als Bewohner der Stadt Baden werden wir tagtäglich mit ihrer Infrastruktur konfrontiert, sei es, wenn
wir uns in der Stadt aufhalten oder wenn wir den regionalen Teil der Zeitung lesen. Seit Jahren inter-
essieren wir uns auch für die politischen Diskussionen und verfolgen die rasante Stadtentwicklung
aufmerksam mit. Diese Maturarbeit bot uns nun Gelegenheit, eine Standortbestimmung in verschie-
denen Bereichen der Infrastruktur vorzunehmen.
Folgende Fragestellung ist die Basis unserer Arbeit:

In welchen Bereichen der Infrastruktur entspricht die Stadt Baden den Vorstellungen ihrer Bewohner
und wo besteht noch Handlungsbedarf?

Um diese Frage beantworten zu können, schien es uns unerlässlich, in den verschiedenen Infrastruk-
turbereichen kompetente VertreterInnen zu interviewen und ihre persönlichen Meinungen zu erfah-
ren. Die getroffene Auswahl an Interviewpartnern stellt sicher, dass möglichst viele unterschiedliche
Meinungen erfasst werden.
Die Durchführung und Auswertung der Interviews zeigte uns, dass sich die Hauptanliegen der Befrag-
ten auf acht Themenkreise reduzieren lassen.

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Baden ist. Infrastruktur Vorgehen

Vorgehen
1. Teil
Als Ziel bis zur Zwischenpräsentation setzten wir uns die Durchführung einer qualitativen Umfrage.
Die Arbeit bestand also hauptsächlich darin, die Interviews zu führen.

Um eine Basis zu schaffen, beschäftigten wir uns zuerst mit dem Begriff Infrastruktur. Wir stützten
uns anfänglich auf eine Definition aus der Brockhaus Enzyklopädie, die die Infrastruktur in mehrere
Teilbereiche gliedert. Im Laufe der Arbeit passten wir diese Unterteilung unseren Bedürfnissen an, da
wir uns auf die Infrastruktur der Stadt Baden konzentrierten, die nicht alle Bereiche tangiert.

Vor der Formulierung des Fragebogens lasen wir uns mit Hilfe dreier Sachbücher in das Thema Inter-
viewführung ein. Es war schon zum Vornherein klar, dass wir die Umfrage als Stichprobe (Teilerhe-
bung) durchführen mussten, weil eine Vollerhebung angesichts der Einwohnerzahl der Stadt unmög-
lich gewesen wäre. Beim Einlesen erkannten wir, dass eine repräsentative Umfrage den Rahmen
unserer Arbeit bei weitem gesprengt hätte. Daher entschieden wir uns für eine nicht repräsentative,
qualitative Umfrage, bei der die Anzahl der Befragten eher gering ist. Als Befragungsmethode wähl-
ten wir das persönlich mündliche Interview (Face-to-Face-Interview), da dieses längere Gespräche
und offene Fragen erlaubt und das Verhalten des Interviewpartners beobachtet werden kann. Dies
wäre bei Alternativen wie der telefonischen oder der schriftlichen Umfrage nicht möglich gewesen.
Das Problem der fehlenden Repräsentativität versuchten wir zu entschärfen, indem wir bei der Aus-
wahl der Interviewpartner darauf achteten, dass wir aus möglichst vielen Infrastrukturbereichen eine
Expertin, einen Experten befragen konnten. Als Experten betrachten wir Personen, die sich intensiv
mit diesem Bereich beschäftigen und daher verlässlich darüber Auskunft geben können. Zudem in-
terviewten wir VorsteherInnen verschiedener Quartiervereine, um etwas über die Befindlichkeiten in
den verschiedenen Quartieren zu erfahren. Diese Personen sollten am besten über die Anliegen der
Bevölkerung der jeweiligen Quartiere Bescheid wissen. Wichtig erschien uns auch, VertreterInnen
der Aussenquartiere Rütihof und Dättwil zu befragen, um mehr über deren Situation herauszufinden.
Im Gegensatz zu den Quartiervereinvertretern passten wir bei den Experten jeweils den Fragebogen
so an, dass ihr Infrastrukturbereich vertieft behandelt und dafür einige andere Bereiche weggelassen
wurden. 2

Als Grundlage für unsere Interviews erstellten wir einen Fragebogen, der auf unserer Selektionierung
der Infrastruktur basiert. Wir formulierten zu jedem Bereich einige Fragen, die zum Teil auf spezifi-
sche Sachverhalte in Baden Bezug nehmen. Vorgängig studierten wir die Einwohnerratsprotokolle
der letzten drei Jahre, um erste Erkenntnisse über aktuelle Diskussionen, die die Badener Infrastruk-
tur betreffen, zu gewinnen. Diese Erkenntnisse haben wir in die Fragen mit eingebunden, damit auch
aktuelle Themen berücksichtigt werden. Bei der Frageformulierung achteten wir auf möglichst objek-
tive und offene Fragen, die zu ausführlichen Antworten einladen sollten. Da dieser Fragebogen nur
als Leitfaden gedacht war, führte es zu eher offenen Gesprächen, bei denen auch Ausschweifungen

2
Jost Reinecke, „Interviewer- und Befragtenverhalten“, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1991
Möhring & Schlütz, „Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft“, VS Verlag, 2003
Mayer, „Interview und schriftliche Befragung“, Oldenbourg Wissenschaftsverlag,

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Baden ist. Infrastruktur Vorgehen

möglich und erwünscht waren. Desweiteren konnte man spezifische und spontane Fragen auf vorhe-
rige Antworten stellen.

2. Teil
Im zweiten Teil unserer Arbeit nach der Zwischenpräsentation stand die Auswertung der Interviews
im Vordergrund. Wir analysierten unsere abgetippten Interviews nach einer festgelegten Auswer-
tungsmethode. Dazu haben wir zwei verschiedene Tabellen erstellt. In der einen hielten wir die in
den Interviews genannten negativen Aspekte zur Infrastruktur in Baden fest, in der anderen die posi-
tiven. Neben dem konkreten Sachverhalt notierten wir dessen Grund, den betreffenden Ort, die da-
für Verantwortlichen und Lösungsvorschläge des Befragten, sowie Besonderheiten zur Person, die
konkret mit dieser Aussage in Zusammenhang stehen. In dieser Tabelle werden also nur die Ansich-
ten und Meinungen der Interviewpartner vermerkt und noch keine Ergänzungen und Interpretatio-
nen unsererseits vorgenommen.

Ähnliche und gleiche Sachverhalte, die von mehreren Befragten genannt wurden, hielten wir unter
gleichen vorgegebenen Begriffen fest. Beispiele für solche Sammelbegriffe sind öffentliche Sicherheit
oder Tourismus.

In einer nächsten Tabelle wurden nun die negativen und die positiven Aspekte zusammengelegt und
nach den Sachverhalten geordnet. So wurde ersichtlich, welche Sachverhalte am meisten genannt
wurden und dementsprechend von Bedeutung sind.
Zu den wichtigsten Themen verfassten wir jeweils einen Bericht. Als Quellen dienten neben den In-
terviews hauptsächlich Zeitungsartikel und Dokumente und Protokolle aus der Badener Politik. Jeder
Auswertungstext beinhaltet die folgenden Bereiche: Darstellung des Sachverhalts, historischer Hin-
tergrund, heutige Situation, geplante Projekte und Lösungsansätze der Stadt und, wo möglich, eigene
Lösungsvorschläge.
Um unsere Ergebnisse einem breiteren Publikum nahe zu legen, gestalteten wir als Endprodukt ne-
ben diesem Dossier einen thematischen Stadtführer. Dieser führt den Leser zu den wichtigsten Orten
unserer Auswertungen und stellt den jeweiligen Sachverhalt und unsere Ergebnisse in gekürzter
Form vor.

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Baden ist. Infrastruktur Definition

Definition Infrastruktur
Zuerst mussten wir eine Definition des Begriffes „Infrastruktur“ erarbeiten, auf die wir uns während
der Arbeit stützen konnten. Der Begriff „Infrastruktur“ ist aber nicht eindeutig zu definieren, daher
gibt es verschiedene Erläuterungsansätze. Als Basis für eine Definition, die unseren Ansprüchen ent-
sprach, verwendeten wir die Definition aus dem Brockhaus:

„*…+Erst seit Beginn der 1960er-Jahre ist Infrastruktur ein in den Wirtschaftswissenschaften und ver-
wandten Bereichen (z.B. Raumplanung, Sozialpolitik) gebräuchlicher Begriff für die Gesamtheit der
Anlagen, Einrichtungen und Gegebenheiten, die den Wirtschaftseinheiten als Grundlage ihrer Aktivi-
täten vorgegeben sind. *…+ Es wird unterschieden zwischen personeller Infrastruktur *…+, institutio-
neller Infrastruktur *…+ sowie materieller Infrastruktur *…+. Letztere, das heisst die Infrastruktur im
engeren Sinne, umfasst die Gesamtheit der staatlichen und privaten Einrichtungen, auf denen die
wirtschaftlichen Entwicklungen einer Gesellschaft beziehungsweise einer Region basiert, und gliedert
sich in technische Infrastruktur (Einrichtungen des Verkehrs- und Kommunikationswesens, der Ener-
gie- und Wasserversorgung sowie der Entsorgung von Abfallstoffen) und soziale Infrastruktur (Bil-
dungseinrichtungen, Krankenhäuser, Kindergärten, Alten- und Pflegeheime, Sport- und Erholungsan-
lagen, auch kulturelle Einrichtungen).“3

3
Brockhaus Band 13
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Baden ist. Infrastruktur Unterteilung

Unterteilung der Infrastruktur


Für unsere Arbeit ist nur die materielle Infrastruktur von Bedeutung. Gestützt auf die vorher zitierte
Definition lässt sich die materielle Infrastruktur in die technische und soziale Infrastruktur untertei-
len. Diese können in weitere Untergruppen und Bereiche aufgegliedert werden:

Technische Infrastruktur
 Versorgung
 Müllentsorgung
 Abwasser
 Wertstoffverwertung
 Trinkwasser
 Strom- / Gasversorgung
 Kommunikation
 Fernsehen
 Internet
 Telefon
 Verkehrsinfrastruktur
 Öffentlicher Verkehr
 Individualverkehr
 Strassen
 Radwege
 Gehwege

Soziale Infrastruktur
 Bildungssystem, Bildungseinrichtungen
 Bibliotheken
 Schulen
 Forschungseinrichtungen
 Kinderkrippen
 Dienstleistungen
 Kinderbetreuungseinrichtungen
 Pflegedienste
 Vereinswesen
 Sport- und Erholungsanlagen
 Gesundheitssystem
 Krankenhäuser
 Rettungsdienste
 Arztpraxen
 Kulturelle Einrichtungen
 Museen
 Sehenswürdigkeiten
 Tourismus
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Baden ist. Infrastruktur Unterteilung

 Öffentliche Sicherheit
 Feuerwehr
 Militär
 Katastrophenschutz
 Polizei
 Rechtssystem
 Gericht
 Kanzlei
 Recht
 Verwaltung
 Kommunalverwaltung
 Regierung
 Kirchen

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Baden ist. Infrastruktur Selektionierte Unterteilung

Selektionierte Unterteilung der Infrastruktur


Basierend auf der vorherigen Unterteilung haben wir eigene Anpassungen vorgenommen: Gewisse
Bereiche, die uns für unsere Arbeit nicht relevant erschienen, werden hier nicht mehr berücksichtigt,
andere wurden dafür neu hinzugefügt.
Daher ist unsere Definition nicht mehr völlig identisch mit der der Brockhaus Enzyklopädie, basiert
jedoch auf denselben Grundsätzen und Gliederungen.
Einige Definitionen unterteilen die Infrastrukturbereiche noch in staatliche und private Infrastruktur.
So beispielsweise umfasst laut dem Duden Wirtschaft von A bis Z die Infrastruktur „*…+ alle staatli-
chen und privaten Einrichtungen, die für eine ausreichende Daseinsvorsorge und wirtschaftliche
Entwicklung als erforderlich gelten“.4 Diese Unterscheidung ist auch für uns relevant, da man auf
politischem Wege praktisch nur die staatliche Infrastruktur beeinflussen kann. Da wir die Infrastruk-
tur einer Stadt analysieren, handelt es sich anstatt der staatlichen um die städtische Infrastruktur.
Wir haben dies auch in unsere Unterteilung integriert und sie mit verschiedenfarbigen Symbolen
gekennzeichnet:

 städtisch/staatlich
 städtisch und privat
 privat

Technische Infrastruktur
 Verkehrsinfrastruktur
 Öffentlicher Verkehr
 Individualverkehr
 Strassen
 Radwege
 Fussgängerzonen

Soziale Infrastruktur
 Bildungssystem, Bildungseinrichtungen
 Bibliotheken
 Schulen
 Dienstleistungen
 Kinderbetreuungseinrichtungen
 Pflegedienste
 Vereinswesen
 Sport- und Erholungsanlagen
 Geschäfte
 Gesundheitssystem
 Krankenhäuser
 Arztpraxen

4
„Duden Wirtschaft von A bis Z“, 2. Aufl. 2004
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Baden ist. Infrastruktur Selektionierte Unterteilung

 Kulturelle Einrichtungen
 Museen
 Galerien, Kunsträume
 Tourismus
 Sehenswürdigkeiten
 Bäderquartier
 Hotels
 Öffentliche Sicherheit
 Polizei

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Baden ist. Infrastruktur Interviewpartner

Interviewpartner
Severin
Name Funktion Datum
Max Romann Präsident Quartierverein Rüti- 07. Mai 2008, 16.00 Uhr
hof, stellvertretender Kom-
mandant der Stadtpolizei
Peter Sterk Präsident sterk cine ag 08. Mai 2008, 16.30 Uhr
Willi Peng Vorstand QV Limmat Rechts 14. Mai 2008, 15.00 Uhr
Dominic Chenaux Leiter Kultur Merkker 21. Mai 2008, 14.00 Uhr
Sabine Scheurer Präsidentin QV Allmend - Trotz mehrmaligem Anfragen
Münzlishausen kein Treffen zustande gekom-
men.
Ursula Willi Präsidentin QV Hasel- Trotz mehrmaligem Anfragen
Martinsberg kein Treffen zustande gekom-
men.

Gabriel
Name Funktion Datum
Regula Dell’Anno Einwohnerratspräsidentin 30. April 2008, 17.00 Uhr
Monika Müller Präsidentin QV Dättwil 08. Mai 2008, 16.00 Uhr
Peter Heer Präsident Stadtturnverein, Ein- 09. Mai 2008, 15.30 Uhr
wohnerrat
Werner Eglin Geschäftsführer Eglin Holding Trotz mehrmaligem Anfragen
AG kein Treffen zustande gekom-
men.
Robert Sailer Präsident Citycom Trotz mehrmaligem Anfragen
kein Treffen zustande gekom-
men.

Yvo
Name Funktion Datum
Christine Zenz Präsidentin QV Römer 30. April 2008, 16.00 Uhr
Elisabeth Fernandez-Sieber Präsidentin QV Obere Altstadt 05. Mai 2008, 17.30 Uhr
René Müller Präsident QV Kappelerhof 13. Mai 2008, 11.30 Uhr
Barbara Riecke Leitung Kurtheater Baden 28. Mai 2008, 14.00 Uhr
Anne Garavaglia Albrecht Co-Präsidentin Schulpflege 04. Juni 2008, 16.30 Uhr

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Baden ist. Infrastruktur Fragebogen

Fragebogen - Infrastruktur Baden

Interviewer: ______________________________

Interviewpartner Name: ______________________________

Funktion: ______________________________

Anonym? Ja Nein

Datum, Ort: ______________________________

Technische Infrastruktur
1) Verkehrsinfrastruktur
a) Welche Verkehrsmittel benützen Sie hauptsächlich, um in die Stadt zu gelangen?
b) Benutzen Sie oft öffentliche Verkehrsmittel?
c) Sehen Sie das Angebot als ausreichend? Ist die Stadt gut mit dem ÖV erschlossen?
d) Ist das Velo eine gute Alternative zum Auto? (Parkplätze, Radwege, Sicherheit)
e) Wie beurteilen Sie die Anfahrt mit dem Auto? (Verkehrsleitsystem, Parkplätze, Parkprei-
se, Stau, Erreichbarkeit)
f) Erachten Sie Fussgängerzonen eher als hinderlich oder nützlich?

Soziale Infrastruktur
2) Bildung
a) Gibt es Ihrer Meinung nach in Baden genug Schulen? (Allmend)
b) Ist Ihrer Ansicht nach das Weiterbildungsangebot vielfältig? (Migros Klubschule, etc.)
Fehlt Ihnen ein Angebot?
c) Besuchen Sie gelegentlich die Stadtbibliothek?
Die Stadt Baden unterstützt die Stadtbibliothek jährlich mit rund 1 Mio. Befürworten Sie
diese Subventionen?

3) Dienstleistungen
a) Was wissen Sie über Kinderbetreuungsstätten in der Stadt Baden?
Wie sieht das Angebot aus?
b) Sind Sie in einem (Sport)Verein tätig?
c) Gibt es für Vereine Unterstützung von der Stadt (finanziell, organisatorisch, Ortsfin-
dung,…)?
d) Vermissen sie einen bestimmten Verein in Baden?
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Baden ist. Infrastruktur Fragebogen

4) Sport- und Erholungsanlagen


a) Sehen Sie das Angebot an Sportanlagen als genügend gross an oder ist das Angebot zu
klein? (Privat, wie auch aus Sicht von Sportvereinen)
b) Finden Sie die Entscheidung richtig, keine EM-Arena mitzufinanzieren? (Ca. 270‘000.-)
c) Wo in Baden kann man sich Ihrer Meinung nach am besten erholen, aufhalten, abschal-
ten? (Plätze, Pärke, etc.)
d) Bräuchte es in der Stadt einen weiteren grossen Park, oder zentralen Platz?
e) Tut die Stadt genug für den Unterhalt und Entwicklung dieser öffentlichen Plätze? 
über 1 Mio. für Kurparkrenovation

5) Geschäfte
a) Wo tätigen Sie Ihre Einkäufe? Weshalb?
b) Ist die Diversität der Geschäfte gross? Was für Geschäfte fehlen?
c) Fehlen in Baden noch weitere Cafés oder Restaurants?
d) Ist die Stadt für Auswärtige attraktiv bezüglich Einkaufsmöglichkeiten?

6) Gesundheitssystem
a) Wie weit entfernt ist die Praxis Ihres Hausarztes, Zahnarztes, etc.?

7) Kulturelle Einrichtungen
a) Welche Museen und Galerien kennen Sie in Baden? Nutzen Sie dieses Angebot?
b) Besuchen Sie öfter ein Kino oder ein Theater? Lohnt sich eine Investition von rund 10
Mio. für die Renovation des Kurtheaters?
c) Baden fehlt es an Räumlichkeiten für die jugendliche, kulturelle Szene. Ist es Aufgabe der
Stadt, diese zur Verfügung zu stellen?

8) Tourismus
a) Vermarktet sich die Stadt Baden touristisch zu wenig? Sorgt Sie für den Unterhalt der Se-
henswürdigkeiten? (Altstadt, Ruine Stein, Bäderquartier)
Befürworten Sie die Sanierung des Stadtturmes?
b) Ist das Grand Casino eine Bereicherung für die Stadt?
c) Gibt es ein Hotel, das Sie Auswärtigen empfehlen würden?
d) Sollte die Stadt selber Initiative ergreifen und sich an der Sanierung und Aufwertung der
Hotels beteiligen? Vor allem im Bäderquartier
e) Soll das Bäderquartier volksnah gestaltet werden oder eher auf Luxus setzen? Sehen Sie
im Bäderquartier überhaupt Handlungsbedarf?

9) Öffentliche Sicherheit
a) Haben sie das Gefühl, es gibt oft Gewalttaten in Baden? Wie beurteilen Sie die Sicher-
heitslage? (Z.B. Samstagabend)
b) Was denken Sie zu der Tatsache, dass immer mehr private Sicherheitsfirmen angestellt
werden, um die Sicherheit zu gewährleisten?
c) Sollte etwas unternommen werden gegen die Tatsache, dass viele gewaltbereite Jugend-
liche von aussen kommen? (Ausgang in Baden)

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Baden ist. Infrastruktur Auswertung

Auswertung
Die auf den nächsten Seiten folgenden Texte zu den wichtigsten Themen stellen den Auswertungsteil
der Arbeit dar. Dazu gehören jeweils eine Erörterung des Sachverhaltes, der historische Hintergrund,
die aktuelle Situation und ein Ausblick in die Zukunft. Eine Lagebeurteilung und allfällige Verbesse-
rungsvorschläge bilden den Schluss eines jeden Textes.
Bei dieser detaillierten Auswertung konzentrierten wir uns aufgrund des beschränkten Zeitrahmens
auf die acht Themen

 Verkehr
 Parkplätze
 Bäderquartier
 Hotellerie
 Plätze und Pärke
 Fussgänger
 Kultur
 Ausgangsmöglichkeiten für Jugendliche

Diese Themen betreffen aktuelle, für die Stadt Baden bedeutende Infrastrukturbereiche von grossem
öffentlichem Interesse.
Andere Bereiche, die ebenfalls verschiedentlich genannt wurden, haben wir nicht in unsere Auswer-
tung integriert, weil sie nicht im Kompetenzbereich der Stadt Baden liegen. Als Beispiele seien hier
die Bildung (vorwiegend kantonal) oder die Geschäfts- und Restaurantvielfalt (rein privatwirtschaft-
lich) erwähnt.

Wir sind der Ansicht, mit den gewählten acht Themenschwerpunkten einen Grossteil der aktuell in
der öffentlichen Diskussion stehenden Infrastrukturbereiche abzudecken.

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Baden ist. Infrastruktur Verkehr

Verkehr
Wie jede grössere Stadt hat auch Baden seine Verkehrsprobleme. Jeden Morgen und Abend stauen
sich auf den wichtigsten Einfallachsen die Autos während längerer Zeit. Dieses Problem wurde auch
von den Interviewpartnern als eines der wichtigsten erwähnt. Es herrsche eine sehr schlechte Ver-
kehrssituation, die Anfahrt mit dem Auto sei sehr mühsam, man stehe immer im Stau, besonders vor
der Hauptkreuzung, dem Schulhausplatz.5

Der Schulhausplatz ist mit über 50‘000 Fahrzeugen pro Tag der
6
grösste Verkehrsknotenpunkt der Region.

Das Problem ist den städtischen und vor allem auch den kantonalen Instanzen seit Jahrzehnten be-
kannt. Wie die Vergangenheit jedoch gezeigt hat, ist und war eine schnelle Lösung aus folgenden
Gründen nicht möglich.

Hauptverantwortlich für die sehr schwierige Verkehrssituation in der Stadt Baden ist ihre ausseror-
dentliche geographische und topographische Lage. Die Stadt ist auf der östlichen Seite durch die
Limmat, im Norden durch den Schlossberg (Lägern) und im Süden durch den Ausläufer des Heiters-
bergs begrenzt. Dadurch ist der Ausbau der vier Ausfallachsen, die auf dem Schulhausplatz aufeinan-
der stossen, sehr stark eingeschränkt. Als zentrale Kreuzung ist er der wichtigste Verkehrsknoten-
punkt der ganzen Region. Von vier Seiten drängen Autokolonnen auf diesen Platz. Einerseits sind es
die Autobahnzubringer zur A1 Richtung Zürich und Bern, andererseits die Hauptverbindungsstrassen
nach Wettingen, Brugg und Siggenthal (Surbtal), auf denen jeden Tag Zehntausende von Fahrzeugen
ins Stadtzentrum fahren. Die prekäre Verkehrssituation wurde noch verschärft durch die Sperrung
der Schiefen Brücke in Ennetbaden. Sämtliche Stadtbesucher aus Ennetbaden und aus Richtung Höh-
tal können nur noch über die sonst schon überlastete Hochbrücke oder die Siggenthaler Brücke in die
Stadt gelangen.

5
Interview Nr. 2, S. 57; Nr. 3, S. 69; Nr. 5, S. 87; Nr. 6, S. 96; Nr. 7, S. 103/105
6
Aargauer Zeitung – Tabloid Region Baden, 27.08.08, S. 2
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Baden ist. Infrastruktur Verkehr

So ist es nicht verwunderlich, dass sich sehr lange Rückstaus in alle vier Richtungen bilden. Wenn in
den Stosszeiten auch noch 60 Busse pro Stunde den Schulhausplatz queren müssen, ist dieser Ver-
kehrsknoten schlicht überlastet.

Um stehende Fahrzeuge im Wohnbereich der Einfallachsen zu vermeiden, wurden beim Badener Tor
(Stadteinfahrt Mellingerstrasse) und auf der Bruggerstrasse vor der Siggenthaler Brücke (Kappeler-
hof) Pförtneranlagen installiert. Sie regeln die Anzahl der stadtwärts fahrenden Autos. Es sollen nicht
mehr Fahrzeuge in die Stadt gelassen werden, als der Schulhausplatz aufnehmen und in die verschie-
denen Richtungen weiterleiten kann. Leider funktioniert dieses Konzept nur zum Teil. Am Morgen
stehen beispielsweise die Autos Richtung Baden-City bis nach Birmenstorf, was zu einem gefährli-
chen Rückstau in die Autobahnausfahrt führt. Sobald die Fahrzeuge bis auf die Autobahn stehen,
verlängern sich die Grünintervalle des Signals Richtung Zentrum. Dies hat unweigerlich einen Stau auf
der ganzen Mellingerstrasse bis nach Fislisbach zur Folge. Am Abend wiederholt sich dieses Szenario
in umgekehrter Richtung.

Die Eröffnung der dritten Röhre des Bareggtunnels im Jahre 2004 hätte eine massive Verkehrsentlas-
tung der Badener Innenstadt bringen sollen. Man hoffte, dass der Ausweichverkehr durch die Stadt
wegen der alltäglichen Staus vor dem Baregg verschwinden würde. Kurzfristig konnte man eine sol-
che Abnahme auch tatsächlich beobachten. Doch schon ein Jahr später kehrte der Trend wegen der
allgemeinen Verkehrszunahme wieder in die andere Richtung. In den letzten Jahren nimmt die Ver-
kehrsbelastung wieder kontinuierlich zu.7

Ein weiterer wichtiger Grund für die starke Ver-


kehrszunahme ist die Entwicklung im Industrie-
und Wohnquartier Baden Nord. Dieser Stadtteil
ist praktisch das letzte noch ausbaufähige Gebiet
in Baden und erlebt in letzter Zeit einen riesigen
Bauboom. Nach dem Bau der grossen Bürogebäu-
de und der neuen Produktions- und Prüfanlagen
von ABB und Alstom wurde in Baden Nord ein
grosser Teil der Berufsbildung konzentriert. Ne-
ben den schon dort ansässigen ABB-Lernzentren
wurde für das BBB (Berufsbildung Baden) ein
ABB und Alstom zählen zu den grössten Arbeitgebern grosser moderner Neubau errichtet, die alten
8
der Stadt Baden. Gebäude des ehemaligen ABB-Gemeinschafts-
hauses Martinsberg renoviert und verschiedene ehemalige ABB-Hallen zu Eventlokalen (Nordportal)
und Schulungs- und Beratungsräumen (Kantonale Schule für Berufsbildung, Berufsberatung, etc.)
umgenutzt. Die wichtige Forderung der Stadt nach 25% Wohnanteil gemäss Entwicklungsrichtplan
Baden Nord blieb jedoch bis vor kurzem unerfüllt. Mit der eben fertiggestellten Überbauung „Am
Martinsberg“, die aus fünf Gebäuden mit insgesamt 176 Wohnungen besteht, ist die ABB nun aber
dieser städtischen Forderung nach mehr Wohnungen nachgekommen.9

7
Verkehrsmanagement Baden-Wettingen, S. 60
8
Bild: www.panoramio.com/photo/7537076, herunterg.: 02.10.08
9
www.am-martinsberg.ch, aufgerufen am 02.10.08
AZT, 19.09.08, S. 6
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Baden ist. Infrastruktur Verkehr

Gemäss neuesten Informationen planen ABB und Alstom im Industrieareal den Bau zweier Hochhäu-
ser für insgesamt 1500 Arbeitsplätze, wovon 1000 neu entstehen sollen.10 All diese grossen Baupro-
jekte führen natürlich zu einem nicht zu unterschätzenden Verkehrszuwachs. Dieses Problem wird
noch dadurch verschärft, dass dieser Teil der Stadt verkehrstechnisch schlecht erreichbar ist. Die
beiden Zufahrtsachsen Richtung Autobahn (über den Schulhausplatz) oder Richtung Siggenthal /
Brugg sind permanent staugefährdet.

Die heutige Verkehrsführung auf dem Schulhausplatz ist auch für den Langsamverkehr, das heisst für
Radfahrer und Fussgänger, unattraktiv. Die Fussgänger werden in wenig einladende Fussgängerun-
terführungen verdrängt und für die Radfahrer bestehen lange Wartezeiten. Zudem ist die Überque-
rung des Schulhausplatzes mit dem Velo gefährlich, weil die Verkehrsverhältnisse auf der Kreuzung
sehr eng und viele Spurwechsel nötig sind.

Schliesslich ist auch der Schulhausplatz selbst, was die Bausubstanz angeht, mittlerweile in einem
sehr schlechten Zustand. Durch den enormen Verkehr und die vielen Busse sind tiefe Fahrrinnen und
schwerwiegende Belagsschäden entstanden.

Es ist somit schon seit längerem klar, dass der Schulhausplatz als wichtigste Verkehrsdrehscheibe des
Kantons Aargau dringend und komplett saniert werden muss.
Die Stadt Baden hat dazu im Jahre 2003 erstmals ein öffentliches Verkehrsforum durchgeführt, wo
Anliegen und Ideen zu den Themen Verkehr und Mobilität eingebracht und diskutiert werden konn-
ten. Die Teilnehmenden forderten vor allem einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Eindäm-
mung des Suchverkehrs, eine umfassende Verkehrsplanung und die Reduktion der hohen Lärm- und
Luftbelastungen. Zudem wünschen sie sich eine bessere Situation für den Langsamverkehr, die darin
besteht, sichere und attraktive Velo- und Fussgängerverbindungen zu schaffen.11 Aufgrund dieser
Ergebnisse erarbeitete die Stadt zum Beispiel das bereits funktionierende Parkleitsystem und ein
Fusswegkonzept, das ab 2008 umgesetzt werden soll.12 Auf Kantonsebene entstand zudem der Kon-
zeptbericht „Verkehrsmanagement Grossraum Baden-Wettingen“, der zum Ziel hat, den Verkehrsab-
lauf in der Region Baden optimaler zu gestalten.13 In den darauf folgenden Monaten fanden noch
zwei weitere Verkehrsforen zum Thema Fussgänger und Jugendliche statt. Die Reaktionen auf diese
öffentlichen Foren fielen durchwegs positiv aus. So war dann auch eine der abschliessenden Forde-
rungen, diese Idee des Verkehrsforums weiterzuführen.

2005 wurden weitere Verkehrsforen organisiert, in denen der Schulhausplatz ins Zentrum rückte.
Basierend auf den persönlichen Erfahrungen diskutierten die Teilnehmenden mögliche Lösungsan-
sätze für die Verbesserung der Verkehrssituation am Schulhausplatz. Alle waren sich einig, dass hier
der grösste Handlungsbedarf besteht, weil die aktuelle Situation nicht mehr tragbar ist. Bei der Dis-
kussion der Lösungsansätze zeigte sich aber, dass die Vorstellungen darüber weit auseinander lagen.
Einzig im Punkt, dass der neue Schulhausplatz zu einer städtebaulichen Aufwertung führen sollte,
war man einer Meinung. Beim zweiten Schulhausplatz-Forum stellte man sich die folgenden Fragen
zu den Sanierungsvarianten: Soll der neue Schulhausplatz eine Kreuzung bleiben oder zu einem
Grosskreisel umgebaut werden und soll der Verkehr mehrstöckig, d.h. ober- und unterirdisch, geführt
werden?

10
AZT, 19.09.08, S. 6/7
11
Antrag des Stadtrates an den Einwohnerrat 11/06
12
Fusswegkonzept Stadt Baden
13
Verkehrsmanagement Baden-Wettingen
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Baden ist. Infrastruktur Verkehr

Die Kreiselvariante sieht einen oberirdischen Kreisel


für den motorisierten Verkehr vor und unterirdisch
eine offene Ebene für Fussgänger, Radfahrer und
14
eventuell auch für Geschäfte.

Bei der Kreuzungsvariante wird der Verkehr wie bis-


her durch Lichtsignale gesteuert. Auch hier ist eine
helle, attraktive Unterführung für den Langsamver-
15
kehr geplant.

Der Grosskreisel fand am meisten Zustimmung, wobei sich hier Probleme für den öffentlichen und
den Langsamverkehr stellen. Laut Vertretern des öffentlichen Verkehrs ist ein Kreisel für die Busse
ein Nachteil, ebenso kam die Frage auf, ob diese Variante den enormen Verkehr überhaupt aufneh-
men kann. Aus städtebaulicher Sicht bietet die Kreiselvariante den Vorteil der besseren Belichtung
des unterirdischen Fussgängerbereiches. Die Kreuzungsvariante erlaubt jedoch eine bessere Bevor-
zugung des öffentlichen Verkehrs.16

Die Absichtserklärungen von Stadt und Kanton deuten in letzter Zeit darauf hin, dass der Varianten-
entscheid mit grosser Wahrscheinlichkeit zu Gunsten der Kreuzung ausfallen wird, da sie weniger
Nachteile aufweist.

Eine unterirdische Nord-Süd-Verbindung wurde aus städtebaulicher und verkehrstechnischer Sicht


als nicht realisierbar bewertet. Der Hauptgrund besteht im Neubau des Tunnels für die Eisenbahn-
strecke Baden - Zürich in den späten 1960er Jahren. Obwohl damals einige Experten für eine Verle-
gung des Bahnhofes an den Martinsberg und somit eines Martinsbergtunnels plädiert hatten, wurde
aus Kostengründen die Strecke über den bestehenden Bahnhof und unter der Schulhausplatzkreu-
zung hindurch geführt, was heute eine mehrstöckige Autoverkehrsführung verunmöglicht.17
Alle Beteiligten waren sich darin einig, dass die Sanierung des Schulhausplatzes zu keiner Kapazitäts-
erhöhung für den motorisierten Verkehr führen dürfe, damit die Lärm- und Luftbelastung nicht wei-
ter zunehmen. Klar war auch, dass eine einfache Belagssanierung nicht in Frage kommt, sondern die
Chance genutzt werden soll, eine effiziente und nachhaltige Lösung für den Schulhausplatz zu finden.

14
Verkehrsforum Baden „Schulhausplatz Baden – Lösungen in Sicht“, Auswertung vom 27.10.07
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VFB, Auswertung, 27.10.07
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VFB, Auswertung, 27.10.07
17
AZT, 08.04.08, S. 2
Seite | 17
Baden ist. Infrastruktur Verkehr

Der Kanton Aargau ist in diesem Bauvorhaben federführend, da es sich beim Schulhausplatz und den
hinführenden Strassen um Kantonsstrassen handelt. Im Jahre 2005 hat die kantonale Abteilung Tief-
bau und Verkehr in enger Zusammenarbeit mit der Stadt mit der konkreten Planung einer Gesamter-
neuerung Schulhausplatz begonnen. Es zeigte sich schon bald, dass bei der Projektierung neben dem
Knotenpunkt Schulhausplatz auch die Mellingerstrasse, der Brückenkopf Ost (Wettinger Seite der
Hochbrücke) und die zukünftige Busführung in die Planung miteinbezogen werden müssen. Die Stadt
ist also gezwungen, den Routenentscheid für die innerstädtische Busführung vorgängig zu fällen. Die
wichtigste, bis heute ungeklärte Frage ist, ob der Bus weiterhin durch die Weite Gasse verkehren soll.
Es bestehen Projekte, das Parkhaus Tunnelgarage zu einer Busrampe umzubauen und die Velounter-
führung Schulhausplatz für die Busdurchfahrt zu erweitern. Damit wird das Projekt Schulhausplatz zu
einem Agglomerationsvorhaben ausgeweitet, das es erlaubt, Unterstützungsgelder vom Agglomera-
tionsprogramm des Bundes zu erhalten. Diese Projektausweitung und die städtischen Abklärungen
zur Busführung vergrösserten den Planungsaufwand und machten im August dieses Jahres einen
ersten Zusatzkredit von 320‘000 CHF seitens der Stadt nötig.18

Für die grösste Zubringerstrasse zum Schulhausplatz, die Mellingerstrasse, wird eine durchgehende
Busspur gefordert, sodass die Busse ungehindert in die Stadt fahren können. Leider gibt es hier ein
Platzproblem, da praktisch das ganze bestehende Trottoir für eine Busspur genutzt werden müsste
und so der Langsamverkehr stark benachteiligt würde. Ein anderer wichtiger Punkt stellt die Eisen-
bahnbrücke vor dem Bahnhof Oberstadt dar, die mit einer Durchfahrtshöhe von 3.90 Meter nicht
mehr den heutigen Anforderungen entspricht. Regelmässig bleiben grosse Lastwagen stecken, die
die Warntafeln auf der Mellingerstrasse übersehen haben. Die Stadt hat kein Interesse daran, die
Strasse abzusenken, weil sonst der Weg für den Schwerverkehr über den Schulhausplatz freigegeben
würde. Aus Kostengründen wurde das Projekt Mellingerstrasse aber wieder aus dem Planungsperi-
meter des Schulhausplatzes gestrichen. Auch ein Ausbau des Brückenkopfes Ost wurde geprüft, je-
doch schon bald wieder verworfen, da dies keine spürbaren Verbesserungen zur Folge hätte.
Somit wird die Planung wieder auf den Schulhausplatz selbst fokussiert. Die einzelnen Varianten
werden vertieft analysiert und die Kosten berechnet, die auf rund 35 Millionen Franken geschätzt
werden. Der Variantenentscheid (Kreuzung oder Kreisel) des Kantons wird im Herbst 2008 erwartet.
Im Frühjahr 2009 soll der Einwohnerrat Baden über den Projektierungskredit entscheiden. Nach der
Genehmigung des Gesamtkredites durch den Grossen Rat werden rund ein Jahr später der Einwoh-
nerrat und wenig später das Volk über den Baukredit zu entscheiden haben. Der Baubeginn ist für
2012 geplant und die Bauzeit wird rund zwei Jahre betragen.19

Bereits in den 60er Jahren kam die Idee eines Martinsbergtunnels auf, der eine Umfahrung der In-
nenstadt und damit eine Verbindung zwischen Dättwil und Baden Nord bringen würde. Damit könnte
der gesamte Verkehr, den heute die Bruggerstrasse aufnimmt, vom Schulhausplatz ferngehalten
werden. Damals scheiterte das Projekt an den gewaltigen Kosten. In Anbetracht des weiter zuneh-
menden Verkehrs taucht diese Idee aber immer wieder neu auf. Man kann deshalb gespannt sein, ob
diese Vision im Hinblick auf eine nachhaltige Verkehrslösung doch noch eine Realisierungschance
erhält.20

18
Antrag 53/08
19
AZT, 04.09.08, S. 6/7
Antrag 53/08
20
AZT, 01.10.08, S. 8
Seite | 18
Baden ist. Infrastruktur Verkehr

Die Verkehrssituation in Baden ist hochkomplex und von grosser Tragweite für die ganze Region. Die
Sanierung des Knotens Schulhausplatz stellt nicht die Lösung sämtlicher Verkehrsprobleme dar. Das
ist allen Beteiligten klar und wird auch seitens der Stadt immer wieder betont. Aber es ist sicher ein
wichtiger Teil und die Grundvoraussetzung für weitere erfolgreiche Sanierungs- und Verkehrsverbes-
serungsmassnahmen, wie zum Beispiel die Projekte „Verkehrsfreie Weite Gasse“, „Mellingerstrasse“
und „Brückenkopf Ost“.

Die Verkehrs- und damit verbundenen Umweltbelastungen werden aber trotz dieser Umbauten und
Sanierungen nicht gelöst werden können. Auch wenn die Stadt eine Erhöhung der Verkehrskapazität
ausschliesst, wird der Verkehr auf den Einfallachsen weiter zunehmen. Die Luft- und Lärmbelastun-
gen in den Quartieren werden somit sicherlich hoch bleiben und kaum reduziert werden können.
Nicht zuletzt besteht im ganzen Verkehrsmanagement ein Interessenkonflikt. Nicht alle Betroffenen
begrüssen die Absicht, den Verkehr auf dem heutigen Niveau einzufrieren. Die Erreichbarkeit von
Tausenden von Arbeitsplätzen zum Beispiel muss weiterhin gut gewährleistet sein. Zudem ist Baden
ein regionales Zentrum für Bildung, Kultur, Sport, Wellness und Shopping. Die Interessenvertreter
dieser Bereiche sehen in einer Limitierung der Verkehrskapazität oder in der Schaffung von neuen
verkehrsfreien Zonen einen klaren Standortnachteil für die Stadt.

Daher ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Verkehrsproblem seitens der Stadt unabding-
bar für ihre Standortattraktivität und Weiterentwicklung. Mit den durchgeführten Verkehrsforen
wurde den Interessierten die Möglichkeit geboten, Lösungsvorschläge und Ideen einzubringen, die
nun bei den verschiedenen Varianten auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Uns scheint, dass da-
mit die Behörden ihre Bereitschaft zeigen, eine langfristige und nachhaltige Lösung zu finden, die
möglichst viele Anliegen der Bewohner und Verkehrsteilnehmenden berücksichtigt. Ein Zeichen dafür
ist auch die immer wieder verlängerte Vernehmlassungs- und Planungsphase, die bis heute noch
nicht abgeschlossen ist und zu der immer wieder neue Vorschläge eingebracht werden.21
Wir sind überzeugt, dass in absehbarer Zeit die Kritiken unserer Interviewpartner bezüglich einer
besseren Verkehrssituation in der Innenstadt nicht mehr berechtigt sein werden.

21
AZT, 30.09.08, S. 6
Seite | 19
Baden ist. Infrastruktur Parkplätze

Parkplätze
Gibt es in Baden genügend Parkplätze? Diese Frage stellten wir unseren Interviewpartnern. Die Ant-
worten fielen höchst unterschiedlich aus. Die einen meinten, es gäbe zu viele Parkplätze, die anderen
sagten, es habe viel zu wenig. Es ist sehr schwierig, diese Frage schlüssig zu beantworten, weil sehr
unterschiedliche Interessen bei der Beurteilung eine Rolle spielen. In jedem Quartier bietet sich eine
andere Parkplatzsituation. Es ist offensichtlich, dass von den 13 Parkhäusern mit unbeschränkter
Parkzeit nur die absolut zentralen eine gute Auslastung aufweisen. Das gleiche lässt sich auch für die
Parkplätze auf den fast 30 öffentlichen Plätzen feststellen, die den Autofahrern zur Verfügung ste-
hen.22
Der etwas ausserhalb liegende Schadenmühleplatz
ist einer der grössten öffentlichen Parkplätze der
23
Stadt.

Die gegenteiligen Meinungen der Interviewpartner spiegeln sich auch in den Diskussionen des Bade-
ner Einwohnerrates wider. Letztmals zeigten sich die grossen Interessenunterschiede bei der Planung
des neuen Theaterplatzes mit unterirdischem Parkhaus. Es ging dabei um die Aufhebung der auf die-
sem Platz bestehenden Parkplätze und deren ebenbürtigen Ersatz. In Erwartung des Bauprojektes
„Neugestaltung Schlossbergplatz und Blinddarm“ und der allfälligen Umnutzung der Tunnelgarage zu
einem Bustunnel sahen die Befürworter die massiv erhöhte Anzahl an Parkplätzen im neuen Park-
haus als gerechtfertigt. Die Gegner aber sahen in seiner zentralen Lage grosse Nachteile. Anstatt die
Parkmöglichkeiten an der Peripherie zu platzieren, würde damit noch mehr Verkehr ins Zentrum
geleitet. Die bereits durch den Busverkehr stark befahrene Bahnhofsregion erhielte dadurch eine
noch grössere Belastung.

Nachdem anfänglich das Theaterplatz-Projekt gescheitert war und die Neugestaltung des Schloss-
bergplatzes konkretere Formen annahm und damit klar wurde, dass weitere zentrale Parkplätze weg-
fallen würden, fand die zweite Vorlage im Jahre 2004 eine breite Zustimmung. Die Vorbehalte der
Linken, dass das neue Parking gar nicht gebraucht werde, konnten nie wirklich widerlegt werden,
weil verlässliche Auslastungszahlen fehlten. In diesen Jahren entstanden zudem neue unterirdische
Parkmöglichkeiten im Trafo-Center und im Langhaus (Coop).

Entgegen den Erwartungen der Befürworter weist das Theaterplatz-Parkhaus nur eine Auslastung
von rund 40% aus, obwohl es wahrscheinlich das am zentralsten gelegene Parkhaus der Stadt ist.
Gründe dafür könnten die schlechte Erreichbarkeit mit dem Auto und der etwas enge und kompli-
zierte Innenausbau sein. Das Parkhaus „Ländli“ ist lediglich an 20 Tagen im Jahr voll besetzt.

22
I. 1/3/4/5/7/8/9/12
www.baden.ch/xml_1/internet/de/application/d1/d594/f265.cfm, aufgerufen am 07.10.08
23
Bild: Gabriel Müller, 2008
Seite | 20
Baden ist. Infrastruktur Parkplätze

Bei der Diskussion um eine verkehrsbefreite Weite Gasse und der Verlegung des Busverkehrs in die
Tunnelgarage geht es unter anderem auch wieder um zentrale Parkplätze. Bei einer Umnutzung
müsste das praktisch immer ausgelastete Parkhaus Tunnelgarage aufgehoben werden. Der Stadt
Baden entgingen damit rund 660‘000 Franken an Parkgebühren.24

Um den durch die Zentralisierung der Parkmöglichkeiten befürchteten Suchverkehr in der Innenstadt
zu reduzieren, erstellte die Stadt ein Parkleitsystem und erhöhte die Parkgebühren auf zentralen
Parkplätzen massiv. Damit sollte eine Regulierung der Parkplatzbenützung erreicht werden. Die drei
zentralen Parkhäuser „Tunnelgarage“, „Theaterplatz“ und „Bahnhof“ weisen gegenwärtig die höchs-
ten Gebühren auf, die etwas ausserhalb liegenden Parkings „Klösterli“, „Linde“ oder „Schadenmüh-
leplatz“ bedeutend tiefere.25

Wir sind der Ansicht, dass mit diesen letzten beiden Massnahmen die Stadt Baden erste Schritte für
ein wirkungsvolles Verkehrsmanagement ergriffen hat. Wir fragen uns aber, warum für das Parkleit-
system die in anderen Städten bestens bewährte
Anzeige der in den verschiedenen Parkhäusern noch
verfügbaren Parkplätze nicht gewählt worden ist.
Beim jetzigen Parkleitsystem wird lediglich darüber
informiert, ob ein Parkhaus besetzt ist oder nicht.
Die Anzahl der freien Parkplätze wird aber nicht er-
wähnt. Als Parkplatz suchender Automobilist möchte
man aber bereits bei der Einfahrt in die Stadt wissen,
wo wie viele Parkplätze noch zur Verfügung stehen.
Momentan erfährt man erst nach der Überquerung
des Schulhausplatzes, ob im Zentrum parkiert wer-
den kann oder nicht. Mit einer Infotafel am Stadt-
eingang liessen sich viele unnötige Fahrten in die
Innenstadt vermeiden, weil dann direkt ein Parking
am Stadtrand angesteuert werden könnte.

Als Automobilist wird man heute erst in der Innen-


stadt über die Parkplatzsituation informiert, hier
zum Beispiel an der Bruggerstrasse aus Richtung
26
Schulhausplatz.

24
Protokoll der Einwohnerratssitzung vom 27.01.04
Antrag 11/04
25
Vergleich Parkkosten Parkhäuser der Stadt Baden
26
Bild: Gabriel Müller, 2008
Seite | 21
Baden ist. Infrastruktur Bäderquartier

Bäderquartier
Die Thermalquellen im heutigen Badener Bäderquartier wurden schon von den Römern genutzt. Bis
im Mittelalter entwickelte sich Baden zu einem weit herum bekannten Kurort. Doch von diesem
Glanz ist heute leider nicht mehr viel zu spüren. Die Anzahl der Kurgäste ging in den letzten Jahrzehn-
ten stark zurück, weil neue, modernere Bäder wie Schinznach oder Zurzach Baden den Rang abliefen.
Diese beiden Kurorte erkannten in den letzten beiden Jahrzehnten den aufkommenden Wellness-
Boom und schufen einerseits familienfreundliche Bade- und Vergnügungsmöglichkeiten und ande-
rerseits investierten sie sehr viel Geld in den medizinischen Rehabilitationsbereich.

Die ehemals grossen und bei den Badegästen hoch angesehenen Hotels „Verenahof“, „Ochsen“ und
„Bären“ mussten aufgrund mangelnder Auslastung ihren Betrieb einstellen. Ungenügende Investitio-
nen im Hotel- wie im Badebereich führten dazu, dass diese Einrichtungen nicht mehr den Ansprü-
chen der potentiellen Gäste entsprachen und darum je länger je mehr gemieden wurden. Damit be-
gann in den 1980er Jahren der verheerende Teufelskreis, der dem einst berühmten Badener Bäder-
quartier den Niedergang brachte. Das Fehlen von zeitgemässer Infrastruktur in Hotels und im Ther-
malbereich führte zu weniger Besuchern und damit zu Einnahmeausfällen, die keine neuen Investiti-
onen mehr zuliessen. Das Absinken in die Bedeutungslosigkeit als Bäderstadt fand damit seinen An-
fang. Diese negative Entwicklung konnte leider bis heute nicht gestoppt werden. Eine Interviewpart-
nerin sagte dazu treffend: „Es ist klar, dass die Stadt Baden nicht mehr die Bäderstadt ist, die sie vor
50 oder 100 Jahren war. Damals wusste man einfach, der Kurgast oder der Tourist kommt, ist einen
Monat lang hier, badet, ist in Baden. Heute ist es Tagestourismus.“27 Das heisst, die Langzeitgäste
sind zu Tagesgästen geworden. Die Hotels in Baden laden nicht mehr dazu ein, mehrere Tage oder
Wochen in der Stadt zu bleiben.

Bei einem Gang durch das heutige Bäderquartier


ist der Niedergang an den leerstehenden und he-
runtergekommenen Hotelgebäuden und den ehe-
mals schönen, heute aber wild überwachsenen
Pärken gut sichtbar. Auch der in den 70er Jahren
erstellte Neubau des einstigen Gasthauses „Staad-
hof“ ist bautechnisch in einem so miserablen Zu-
stand, dass er abgebrochen werden muss. So wer-
den die geplanten Investitionen ins Bäderquartier
von allen Interviewpartnern als dringend nötig
eingestuft, damit diesem vormals lebhaften und
für Baden bedeutenden Quartier neue Impulse
gegeben werden können.28

Der Ochsen ist eines von vielen Hotels, die


29
ihren früheren Glanz verloren haben.

27
I. 2, S. 64
28
AZT 18.03.08, S. 2
29
www.thermalbaden.ch/photoalbum/index.html, herunterg.: 04.10.08
Seite | 22
Baden ist. Infrastruktur Bäderquartier

Seit über 20 Jahren versuchen die Entwicklungsabteilungen von Baden und Ennetbaden in enger
Zusammenarbeit mit den Eigentümern der wichtigsten Hotels das Bäderquartier wieder zu neuem
Leben zu erwecken, bis jetzt leider nur mit mässigem Erfolg. Die Hauptursache dieses Stillstandes lag
in den schwierigen Besitzverhältnissen. Rund 75% des gesamten Quartiers gehörten der alten Besit-
zerfamilie des Verenahofs. Sie konnte damit praktisch allein über das Schicksal des Bäderquartieres
entscheiden.

Um eine nachhaltige Entwicklung zu garantieren, erarbeiteten die beiden betroffenen Gemeinden im


Jahre 2002 den gemeindeübergreifenden „Entwicklungsrichtplan Bäderquartier Baden / Ennetbaden
(ERP)“. Er setzt die Rahmenbedingungen für alle dieses Quartier betreffenden Projekte und sieht die
Entwicklung des gemeindeübergreifenden Gebietes in fünf Teilen vor: Kernbereich der Bäder, Quar-
tier Mättelipark / Thermalbad, Promenade Ennetbaden, Goldwand und Zentrum Ennetbaden. Damit
waren weitere Vorgaben für die Ausgestaltung dieser Zone festgelegt.30

1 Kernbereich Bäder
2 Mättelipark / Thermalbad
3 Promenade Ennetbaden
4 Goldwand
5 Zentrum Ennetbaden

Der ERP gliedert die Bäderregion in fünf Gebiete.

Nutzungskonzept31

Obwohl sich die Stadt stets in Verhandlungen mit den Grundbesitzern befand, fanden die Parteien
aber wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten keine gemeinsame Lösung. Die beiden
Partner hatten bezüglich des neuen Thermalbades und neuer Gebäudekomplexe zu unterschiedliche
Vorstellungen. Oft waren aber auch die Pläne der Verenahof AG nicht mit dem Ortsbild- und Denk-
malschutz vereinbar, sahen sie doch den Abbruch von denkmalgeschützten Bauten, wie dem „Och-
30
Entwicklungsrichtplan Bäderquartier Erläuterungen und Ziele
31
ERP Bäderquartier Bestimmungen und Pläne
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Baden ist. Infrastruktur Bäderquartier

sen“ oder dem „Bären“, vor. Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Bauherr (Verenahof AG)
und Stadtverwaltung bildete Ende 2005 die Ablehnung eines Baugesuches der Verenahof AG für ein
neues Thermalbad aus den oben genannten Gründen. Danach waren die Verhandlungen und Pro-
jektplanungen blockiert.32

Ein Meilenstein in der Entwicklung des Bäderquartiers war der Herbst 2006, als eine Investorengrup-
pe unter der Leitung von Benno Zehnder eine Aktienmehrheit von 70% der Verenahof AG übernahm
und die Absicht bekundete, ein Gesamtprojekt zur Überbauung auszuarbeiten. Die Stadt und die
Investoren setzten sich wieder an den runden Tisch und diskutierten ihre jeweiligen Vorstellungen.
Auf Bitten der Verenahof AG wurde der Planungszeithorizont erweitert, der eine genaue Analyse der
Rahmenbedingungen zulassen sollte. Die Bereiche Archäologie, Geologie, Quellennutzung und
Denkmalschutz, die verkehrstechnische Erschliessung und schliesslich auch städtebauliche Anforde-
rungen verlangten weitere Abklärungen, die in Zusammenarbeit mit den kantonalen Stellen durchzu-
führen waren. Ende 2007 war man so weit.

Priorität hat bei den Investoren der Bau eines neuen


öffentlichen Thermalbades. Damit sollen als erstes
die täglich 1 Million Liter des schweizweit mineral-
reichsten und 47 Grad warmen Thermalwassers ge-
nutzt werden. Heute fliesst aus den 20 Quellen der
grösste Teil ungenutzt in die Limmat. Zusätzlich
möchte man auch das enorme Energiepotential für
die Heizung des Aussenbades und der umliegenden
Gebäude einsetzen. Der Investor rechnet für die
Erstellung der Neubauten mit Kosten von rund 50
Millionen Franken. Die Etappierung der Investitionen
wird damit begründet, dass ein rentabler Betrieb des
Thermalbades die weiteren Projekte finanzieren soll.
Dafür braucht es laut einer Machbarkeitsstudie etwa
500‘000 Eintritte pro Jahr, rund dreimal so viele wie
Das jetzige Thermalbad entspricht nicht mehr den heute.
33
heutigen Anforderungen.

Anders als in Schinznach und in Zurzach sollen die neuen Anlagen weniger dem Vergnügen (Fun), als
eher der Erholung der Gäste dienen. Ein ausgewogenes Wellness-Angebot soll diesem Anliegen
Rechnung tragen.

Der Stadtammann Stephan Attiger sieht im Bäderquartier das grösste Entwicklungspotential der
Stadt Baden. Für das gesamte Bäderquartier rechnet die Stadt mit Investitionen von rund 200 Millio-
nen Franken. Die Nähe zu Zürich und zum süddeutschen Raum bietet ein Gästevolumen von unge-
ahnter Grösse, wenn es gelingt, den ehemaligen guten Ruf als Bade-, Wellness- und Pflegezentrum
wieder herzustellen.34

32
AZ 18.03.08, S. 19
Antrag 30/08
33
Bild: Buch Franz & Hugo W.Doppler, „Baden, Vielfalt in der Kleinstadt“, Baden-Verlag 1989
34
AZT 18.03.08, S. 2
AZ 18.03.08, S. 19
Seite | 24
Baden ist. Infrastruktur Bäderquartier

Die zumeist unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Hotelbauten können nicht abgebrochen
werden. Sie sollen „reaktiviert“, das heisst, mit modernster Infrastruktur versehen werden. Ziel ist es,
im Dreieck „Ochsen“, „Bären“ und „Verenahof“ ein neues kleines Boutiquehotel entstehen zu lassen.
Der Stadhoof ist neu für Wohnungen und Geschäfte vorgesehen, damit auch in diesem Quartier ein
attraktiver Mix von Wohnen, Arbeiten und Freizeitgestaltung erreicht werden kann.

Für die neue Gestaltung des Bäderquartiers sind ein Sondernutzungsplan und eine Revision der Bau-
und Nutzungsordnung (BNO) erforderlich, die Ende 2008 in Angriff genommen werden. Darin werden
unter anderem auch die verkehrstechnische Erschliessung und das Parkplatzangebot geregelt. Es
wird unumgänglich sein, neue Parkplätze zu schaffen. In der Abteilung Planung denkt man an einen
Ausbau des Parkhauses Mättelipark, was einen Umweltverträglichkeitsbericht erfordert.
Zurzeit läuft ein Studienauftragsverfahren, zu dem die Stadt zusammen mit der Verenahof AG fünf
renommierte Planungsbüros eingeladen hat. An den Planungskosten von knapp zwei Millionen Fran-
ken beteiligt sich die Stadt freiwillig zu rund einem Drittel. Damit zeigt sie ihr reales Interesse an einer
zügigen und nachhaltigen Planung für die Aufwertung des Bäderquartiers.

Die Neubelebung der Limmatpromenade erfordert auch von Ennetbaden grosse Investitionen, die
mit dem Bau des Umfahrungstunnels zum Teil bereits umgesetzt sind. Er ist eine der wichtigsten
Voraussetzungen für eine zukunftsweisende Entwicklung der Bäderhotels, weil nun die Uferprome-
nade vom grossen Durchgangsverkehr befreit werden konnte. Bereits haben erste Investoren die
Absicht bekundet, Ennetbadener Hotels zu renovieren und sie wieder als Badehotels zu führen. Mit
dem Ausbau der Limmatpromenade und der Renovation der rechtsufrigen Gebäude strebt Baden
eine allgemeine Aufwertung des gesamten Limmatraumes an. Weitere davon betroffene Aspekte
sind im „gemeindeübergreifenden Konzept zur Aufwertung des Limmatraums“ aufgeführt, das 2007
publiziert wurde. Es sieht einerseits verschiedene kleinere Massnahmen im Bereich des Flussufers
vor, die rasch umgesetzt werden können, andererseits aber auch grössere Projekte, die als separate
Bauvorhaben betrachtet werden, wie zum Beispiel ein neues Beleuchtungskonzept für die Lim-
matpromenade.

Die Projektstudien für das gesamte Bäderquartier sollen bis im Herbst 2008 vorliegen. Basierend
darauf entstehen in der Folge die Sondernutzungsplanung (SNP) und die Revision der BNO. Gleichzei-
tig wird das Baubewilligungsverfahren an die Hand genommen. Der Baubeginn ist nicht vor 2010, die
Eröffnung des neuen Thermalbades etwa im Jahre 2012 zu erwarten.35

Wir sind überzeugt, dass mit dieser nun klaren Planung wichtige Schritte in die Wege geleitet worden
sind, die den ehemals guten Ruf der Stadt Baden als Bäderstadt wieder herstellen können. Künftige
Investoren werden mit den zu erarbeitenden Planungsunterlagen (SNP und BNO) über klare Rah-
menbedingungen verfügen, die es ihnen erlauben, zukunftsträchtige Projekte zu erarbeiten, die der
alten Idee der „Blauen Stadt“ nachkommen werden.

35
AZ 18.03.08, S. 2/19
Antrag 54/07
www.baden.ch/xml_1/internet/de/application/d1/d1210/f633.cfm, aufgerufen am 05.10.08
Antrag 30/08
Seite | 25
Baden ist. Infrastruktur Hotellerie

Hotellerie
Schon lange sind die glorreichen Zeiten vorbei, als Touristen von weit her gereist kamen, um im Ba-
dener Thermalwasser zu kuren. Baden war lange Zeit als Kurort weit bekannt, wovon auch die Hotel-
lerie profitierte. Viele prächtige Hotels standen den Kurenden zur Verfügung. Noch heute erinnern
einige dieser Hotels an den Glanz vergangener Zeiten. In Betrieb sind leider nur noch zwei. Zum einen
das Atrium Hotel Blume, welches bereits 1421 das erste Mal in der Stadtgeschichte erwähnt wird36,
zum anderen der Limmathof, welcher bereits im Jahre 1834 erbaut und in den letzten Jahren einer
vollständigen Renovation unterzogen wurde.37 Aber beim Spaziergang durch das Bäderquartier fallen
einem auch viele Hotels auf, die geschlossen und am Verlottern sind. Sie haben vieles von ihrem ur-
sprünglichem Glanz verloren, wie etwa auch das einstige „Flaggschiff des Kantons Aargau“ 38, der
Verenahof.

Doch wie sieht die allgemeine Situation in der Hotellerie heute aus? Fehlen wirklich die Gäste?
Laut der Meinung unserer Interviewpartner ist dies überhaupt nicht der Fall. Es ist eher umgekehrt.
Es fehlen die Hotels.

Mit der Schliessung des Verenahofes im Jahre 2002 erlitten die seit Jahren sinkenden Logiernacht-Zahlen
39
einen weiteren Einbruch. Die Kehrtwende Ende 2003 lässt aber auf eine bessere Zukunft hoffen.

Nach Jahrzehnten des Abschwungs hat in den letzten Jahren eine Kehrtwende stattgefunden und die
Logiernächte nehmen mit über 5% pro Jahr zu.40 Doch könnte die Zunahme nicht noch viel höher
sein, wenn mehr Hotels vorhanden wären? Wahrscheinlich wäre dies der Fall, denn die meisten Ho-
tels brillieren mit guten Auslastungen. Aber leider sind viele Hotels Urgesteine, die die goldenen Zei-
ten schon hinter sich haben und mit der Entwicklung nicht Schritt halten konnten. So mussten unsere
Interviewpartner oft etwas nachdenken, um auf die Frage zu antworten, ob sie ein empfehlenswer-
tes Hotel in Baden kennen.

36
„Baden Portrait einer Stadt“, Hier + Jetzt Verlag, 2005, S. 64
37
www.limmathof.ch, aufgerufen am 05.10.08
38
I. 5, S. 91
39
Geschäftsbericht der Stadt Baden 2007, S. 54
40
GB 2007, S. 27
Seite | 26
Baden ist. Infrastruktur Hotellerie

In den letzten Jahrzehnten hat die Hotellerie in Baden eindeutig eine Veränderung mitgemacht. Frü-
her machten die Kurgäste den grössten Teil der Übernachtungen aus. Doch dies ist seit längerem bei
weitem nicht mehr der Fall. Mit den international erfolgreichen Firmen ABB und Alstom, die ihren
Firmensitz in Baden haben, kommen sehr viele Geschäftsleute nach Baden. Man muss sich bloss
einmal über die Mittagszeit vor den Trafokomplex stellen und die grosse Schar Personen in Anzügen
ansehen, die vorbeimarschieren und in allen möglichen Sprachen miteinander sprechen. Es ist natür-
lich nicht mehr so wie früher, als die Weite Gasse nach Feierabend von ABB Mitarbeitern überflutet
war. Aber im Gegensatz zu damals kommen viel mehr Geschäftsleute aus aller Welt nach Baden im
Auftrag der ABB oder Alstom. Diesen Wandel hat man auch beim Hotel Blume festgestellt. Obwohl
die Blume im Bäderquartier liegt, also etwas weiter weg von den Firmenstandorten, sind 90% der
Besucher Geschäftsleute von ABB, Alstom und anderen, kleineren Unternehmen. Die Auslastung von
70% ist ebenfalls im Steigen begriffen.41

Diese Leute sind nicht unbedingt an einem Luxushotel in den


Bädern interessiert, sondern sie brauchen ein Geschäftshotel,
das nahe an ihrem Arbeitsort liegt und auch einfach zu errei-
chen ist. Dies haben die Gründer der Blue City AG erkannt.
Genau den Bedürfnissen der Geschäftsleute entsprechend,
haben sie das neue Businesshotel Blue City gebaut. Dieses liegt
ideal an der Güterstrasse, also direkt zwischen Bahnhof und
Industrieareal. Bei der Einrichtung der Zimmer wurde sogar mit
der Alstom gesprochen, damit die Zimmer alle technischen
Eigenschaften haben, die die Gäste benötigen. Die Zielgruppe
sind nämlich Geschäftsleute und Stadtgäste. Es überrascht also
nicht, dass schon nach kürzester Zeit dieses Hotel mit einer
Belegung von 90% brillieren kann.

Das Blue City Hotel gilt als Vorzeige-


42
projekt für weitere Geschäftshotels.

Seit dem Jahre 1912 befand sich in diesem Haus das Gasthaus Löwen, bis zur Eröffnung des neuen
Hotels im November 2007. Diesem Vorhaben ging die Gründung der Blue City Hotel AG im Jahre
2005 unter dem Unternehmer Werner Eglin und dem Architekt Stefan Wetzel voraus. Werner Eglin
ist eine Figur, auf die man früher oder später stossen muss, wenn man sich mit der Entwicklung in
Baden beschäftigt. Denn auch das neu eröffnete Restaurant Piazza am Theaterplatz gehört zur Blue
City Hotel AG und mit dem Limmathof im Bäderquartier hat Baden ein weiteres Hotel Werner Eglin
zu verdanken. Diese Konstellation soll auch Synergien bringen. So kann man zu guten Konditionen
auch als Gast des Blue City Hotels das Wellness-Angebot des Limmathofes nutzen. Auch in Zukunft
wird man wieder von Werner Eglin hören. Bereits plant er neue Investitionen, beispielsweise das
Projekt „Hirschen“ im Bäderquartier und ein Bistro / Bar beim neu gestalteten Schlossbergplatz.43

41
„Baden Portrait einer Stadt“, Hier + Jetzt Verlag, 2005, S. 65
42
www.bluecityhotel.ch/xml_1/internet/de/application/d23/f2.cfm, aufgerufen am 06.10.08
43
AZT 27.10.07, S. 5
AZT 14.12.07, S. 6
AZT 21.12.07, S. 2
www.bluecityhotel.ch/xml_1/internet/de/application/d23/f24.cfm, aufgerufen am 06.10.08
Protokoll der Einwohnerversammlung Ennetbaden 14.06.2007, S. 12
Seite | 27
Baden ist. Infrastruktur Hotellerie

Ganz in der Nähe des Blue City Hotels befindet sich ein weiterer Gebäudekomplex, der unter dem
Bettenmangel leidet: Das Kultur- und Kongresszentrum Trafo. Durch dessen Eröffnung vor wenigen
Jahren wurde Baden eine sehr attraktive Stadt für Kongresse und Events. Baden liegt verkehrstech-
nisch optimal an der Hauptverkehrsachse Zürich – Bern und ist auch mit dem Zug sehr gut erreichbar.
Die Trafohalle bietet alles, was man für einen gelungenen Kongress braucht, und auch Parkplätze
sind genügend vorhanden. Doch es gibt einen grossen Nachteil. Man könnte hier Tagungen mit weit
über 300 Personen durchführen, aber mit einem Hotelangebot mit gerade mal 390 Betten in der
ganzen Stadt Baden ist es absolut unattraktiv, zweitägige Tagungen oder Tagungen mit Teilnehmern
aus aller Welt durchzuführen. Bei solchen Anlässen sind die Teilnehmer gezwungen, sich in der wei-
teren Umgebung ein Hotel zu suchen. Dieses Problem hat auch Peter Sterk erkannt, Inhaber der
sterk cine ag, welche fünf Kinos im Trafo betreibt. Aus eigener Erfahrung weiss er, dass grosse Firmen
interessiert wären, eine Veranstaltung im Trafo abzuhalten, aber aufgrund des Bettenmangels dies
nicht tun. „Damit haben wir ein Problem mit der Hotellerie“44, findet Peter Sterk. Bei etwa 200
Events pro Jahr im Trafo würde sich also wohl auch hier eine Investition in ein neues Hotel lohnen.45

Leidtragende des Bettenmangels sind unter anderem das Kultur- und Kongresszentrum Trafo und das Grand
46
Casino Baden.

Als letzter Punkt bezüglich der Hotellerie ist das Grand Casino Baden zu erwähnen. Dieses ist seit
einigen Jahren wohl das wichtigste Casino im ganzen Grossraum Zürich. Daher ist es verständlich,
dass sehr viele Casinobesucher von weit her kommen. Dies hat erneut zu einer Zunahme der Gäste
geführt, die hier gerne übernachten würden, denn nicht jeder will nach einem Abend im Casino wie-
der nach Hause fahren. Für lediglich eine Nacht werden diese Gäste kaum den Luxus eines Badeho-
tels brauchen, sie wären wohl froh um ein Stadthotel. Badens Tourismus besteht nicht nur aus Bade-
gästen und Geschäftsleuten, die normalen Stadtbesucher darf man ebenfalls nicht vergessen.47

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eindeutig ein Bettenmangel in der Stadt Baden vorhanden
ist. Grundsätzlich bestehen die folgenden drei Problemfelder:

 Badehotels fehlen
 Zu wenige Geschäfts-/Stadthotels
 Hotel für das Kultur- und Kongresszentrum fehlt

44
I. 5, S. 91
45
www.trafobaden.ch, aufgerufen am 06.10.08
I. 5, S. 91/92
46
Bild links: www.aargautourismus.ch/de/page.cfm/Kongressorte/SeminarHotelsAG/1927, herunterg.:10.10.08
Bild rechts:www.grandcasinobaden.ch/unternehmen/jobs.php, herunterg.: 07.10.08
47
I. 2, S. 66
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Baden ist. Infrastruktur Hotellerie

Da der Gesamtsituation im Bäder-


quartier ein eigener Bericht gewid-
met ist, gehen wir hier nur auf des-
sen Hotelsituation ein. Ohne Zweifel
haben die Badehotels viel von ihrer
Bedeutung verloren. Dies ist darauf
zurückzuführen, dass die gesamte
Situation im Bäderquartier nicht
ideal ist. Man ist sich einig, dass die
Hotels nur zum alten Glanz zurück-
finden können, wenn als erstes ein-
mal das Thermalbad neu gestaltet
wird. Nur so bringt man die Gäste
zurück ins Bäderquartier, wodurch
die Übernachtungen wieder steigen
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob der geschlossene Verenahof würden.
48
wieder zu einem führenden Badehotel werden wird.

Seit dem Investorenwechsel bei der Verenahof AG im Jahre 2006 hat sich nun einiges getan. Auf-
grund des riesigen Ausmasses des Bäderquartierprojektes will sich der Investor zuerst einmal auf das
Thermalbad konzentrieren. Erst in einem späteren Schritt sollen Hotels und Wohnungen folgen. Ge-
plant ist ein Boutiquehotel (eher kleines Hotel mit Ambiente). Dafür werden eventuell die ehemali-
gen Hotels „Verenahof“, „Ochsen“ oder „Bären“ reaktiviert. Da taucht aber das Problem des Denk-
malschutzes auf, worüber eine kürzlich veranlasste Studie Aufschluss geben soll.49

Mit dem Umfahrungstunnel in Ennetbaden hat auch dieses Gebiet wieder an Reiz gewonnen und die
sogenannten „kleinen Bäder“ auf der Ennetbadener Seite gewinnen wieder an Bedeutung. Dort in-
vestiert bereits Werner Eglin mit seinem Projekt „Hirschen“. „Geplant ist ein sechsgeschossiger Bau
mit 30 Wohnungen à la Apparthotel, 18 Hotelzimmern sowie ein Wellness- und Medizinbereich im
Erdgeschoss. Ursprünglich sah man sieben Geschosse vor, reduzierte das Projekt jedoch aufgrund des
Auflageverfahrens.“50 Dabei sollen auch Synergien mit dem Limmathof genutzt werden.
Bereits Ende 2009 soll das neue Gebäude bezugsbereit sein.51

Die Eröffnung des Blue City Hotels in der Innenstadt war wohl nur der Anfang, denn noch immer be-
steht ein grosses Potential. Der Bettenmangel ist bei weitem noch nicht behoben. Doch weshalb
dauerte es solange, bis überhaupt etwas getan wurde? Die Realisierung des Projekts Blue City Hotel
hat mehrere Millionen gekostet. Dies ist eine eher langfristige Investition, die nicht einfach leichtfer-
tig getätigt wird. Peter Sterk, selber einmal Eigentümer eines Hotels, führt dies auch darauf zurück,
dass man glaubt, es rentiere sich nicht. Wenn man genügend investiert und ein gewisser Komfort
besteht, dann kommen die Gäste schon.52 Im Nachhinein kann man sagen, dass das Blue City ein
Vorzeigeobjekt ist, welches die Erwartungen sogar übertroffen hat und Vorbild für neue Projekte sein
kann. Ein solches Projekt ist auch bereits in Planung. Dieses wird dem Kongress- und Kulturzentrum
Trafo, wie auch den Geschäftsleuten helfen. Das Trafo 2, die ehemalige Halle 38, soll aufgestockt und

48
www.thermalbaden.ch/photoalbum/index.html, aufgerufen am 07.10.08
49
AZT 18.03.08, S. 2
50
AZT 21.12.07, S. 2
51
AZT 21.12.07, S. 2
52
I. 5, S. 92
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Baden ist. Infrastruktur Hotellerie

ein neues Boutiquehotel inklusive Restaurant gebaut werden. Die Initiative geht dabei von der
Alstom aus, welche dies dringend benötigt. Zurzeit werden noch Investoren gesucht, doch Stadtam-
man Stephan Attiger ist guter Dinge, dass auch dieses Projekt gelingen wird. Es steht zwar noch am
Anfang der Planung, aber es ist bestimmt eine notwendige Investition, um den Wirtschafts- bezie-
hungsweise den Kongressstandort Baden zu erhalten und zu stärken.53

Aus unseren Interviews ging hervor, dass der Hotelmangel bekannt ist. Doch bei unseren Recherchen
haben wir bemerkt, dass dies nicht nur der Bevölkerung bekannt ist. Die Stadt engagiert sich sehr,
zurzeit vor allem im Bäderquartier. Auch verschiedene Investoren, allen voran Werner Eglin, haben
diese Situation bemerkt und handeln entsprechend. Keine Frage braucht Baden weitere Hotels. Ge-
nau wie es vorgesehen ist, finden auch wir, dass man zuerst das Thermalbad in Schwung bringen
muss. Danach würden die Gäste automatisch wieder kommen. Am ehesten sähen wir da eine Reno-
vation und Wiedereröffnung der alten Hotels. Dieses Ambiente und die Geschichte die in diesen
Wänden stecken, können durch einen kompletten Neubau nicht ersetzt werden. Dies ist ein schwie-
riges und kostenaufwendiges Unternehmen auch in Bezug auf den Denkmalschutz. Doch wir denken,
diese Investition würde sich lohnen. Gegen die allgemeine Bettennot wurde mit dem Blue City Hotel
eine gute Teillösung gefunden. Eine idealere Lage gibt es aus unserer Sicht fast nicht. Doch es
braucht weitere Hotels, da sind wir uns sicher. Am besten im Gebiet des Trafos. Zwischen Bahnhof
und Industrieareal und in der Nähe des Trafokomplex wäre dies ideal. Dem würde das Boutiquehotel
im Trafo 2 entgegenkommen.

Weitere Investitionen sind unserer Meinung nach unbedingt notwendig, doch dies ist nicht von heute
auf morgen zu lösen. Unsere Interviewpartner sind der Meinung, dass dies nicht die Aufgabe der
Stadt, sondern von Privaten ist. Es sind auch einige sehr gute Projekte im Gange. Im Bereich der Ho-
tellerie ist es noch ein langer Weg, doch die laufenden Projekte zeigen aus unserer Sicht in die richti-
ge Richtung.

Hotels im Stadtzentrum54

1 Hotel Linde
2 Blue City Hotel
3 Best Western Hotel Du Parc
4 Hotel Limmathof
5 Atrium Hotel Blume

53
AZT 19.09.08, S. 6
54
Karte: http://maps.google.ch/maps?hl=de&ie=UTF8&q=hotel+Baden&fb=1&view=map&cd=1, herunterg.:
11.10.08
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Baden ist. Infrastruktur Plätze / Pärke

Plätze und Pärke


Baden verfügt über ein relativ grosses Angebot an öffentlichen Plätzen und Pärken. Dabei sind je-
doch längst nicht alle bei der Bevölkerung gleich beliebt. Ein häufiger Kritikpunkt ist dabei beispiels-
weise, dass diverse Plätze zu wenig belebt sind und dass sie falsch gestaltet wurden. Zudem gibt es
auch erhebliche Unterschiede zwischen privaten Pärken (z.B. Boveripark, Langmatt) und solchen, die
unter öffentlicher Verwaltung stehen. Es zeigt sich, dass private Pärke häufiger als besser gepflegt
und gestaltet eingestuft werden. Die Bevölkerung schätzt die grosse Anzahl an Plätzen und Parkanla-
gen und heisst deren Aufwertung durch Sanierungen (Kurpark, Schlossbergplatz, Theaterplatz) mit
grosser Mehrheit gut. Da sich aber die Situation an den diversen Orten äusserst unterschiedlich prä-
sentiert, werden wir nun die wichtigsten Plätze und Pärke genauer analysieren.

Trafoplatz
Der Trafoplatz hat bei unseren Interviews überwiegend negative Kritik einstecken müssen. So wurde
er unter anderem als „völlig missraten“55, ja sogar als „pure Katastrophe“56 bezeichnet. Kritisiert
wird, dass der Trafoplatz „nun mal ein Platz ist, der nicht so lebt“ oder dass er „weit weg ist von
dem, was er sein könnte“57. Ausserdem fehlen dort eine passende Möblierung und Sitzgelegenhei-
ten und der Kiesbelag wird als ungeeignet beurteilt. Auch die Stadt gesteht Fehler ein: „Prämissen
bei der Platzgestaltung waren das Open-Air Kino und andere Events. Dazu benötigte man einen Bo-
denbelag, der die Anlieferung mit schweren Lastwagen zulässt“, erklärt Stadtamman Stephan Atti-
ger. In der Realität habe sich nun gezeigt, dass die Nähe zum Wohnquartier Martinsberg nur eine
beschränkte Nutzung solcher Anlässe zulasse, sagte Attiger weiter.58 Die Aargauer Zeitung schrieb
dazu: „Bei der Kreditabrechnung für den Trafoplatz wird wohl weniger der finanzielle Aspekt zur
Diskussion kommen, denn mit 2.325 Mio. Franken schliesst die Investition praktisch im Rahmen des
bewilligten Kredites. Vielmehr hat der
Platz als solcher die Herzen der Bevölke-
rung noch nicht erobern können; oder
anders herum: Die Gestaltung stösst ver-
einzelt auf Kritik.“59 Demnach hat die
Stadt bereits bei der Gestaltungs- und
Nutzungsplanung Fehler begangen und
die Nähe zum neu entstehenden Wohn-
quartier nicht beachtet.

60
Der völlig ausgestorbene Trafoplatz

55
I. 3, S. 71
56
I. 6, S. 97
57
I. 2, S. 60
58
AZT 04.12.07, S. 6
59
AZT 04.12.07, S. 6
60
Bild: Yvo Bühler, 2008

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Baden ist. Infrastruktur Plätze / Pärke

Gemäss der Meinung unserer Interviewpartner „müsste man halt ein paar Strassencafés mehr ma-
chen, weil das Leben bringt“61. Mehr Sitzgelegenheiten würden auch Leute anlocken, um ein Buch zu
lesen oder einfach dort zu verweilen. Die Stadt liess dazu jedoch verlauten: „Ja, der Trafoplatz ist
nicht so herausgekommen, wie wir es uns vorgestellt hatten.“ Die Situation werde sich verbessern,
wenn der zweite Teil des Trafocenters einmal in Betrieb gehe und die neuen Wohnbauten in der
Nachbarschaft bezogen seien, ist der Stadtamman überzeugt.62

Diese Aussage wiederspiegelt klar, dass die Stadt momentan keinen Handlungsbedarf sieht und da-
von ausgeht, dass sich das Problem in Zukunft von selbst lösen wird.

Theaterplatz
Neben dem Trafoplatz hat bei unseren Interviews auch der Theaterplatz einiges an Kritik abbekom-
men. Im Gegensatz zum Trafoplatz gab es aber auch einige positive Aussagen. Ein wichtiger Kritik-
punkt war wie beim Trafoplatz der Kiesbelag. Dieser sei nämlich bei Trockenheit sehr staubig und bei
Nässe sei er ebenfalls unangenehm.63 Ein Leserbrief in der Aargauer Zeitung geht noch weiter: „Der
Theaterplatz wurde mit einer gestalterischen Kälte angelegt, dass sich die Leute nicht begegnen wol-
len. Man durchquert den Platz irritiert, die meisten Menschen gehen intuitiv die asphaltierte Strasse
um den Platz entlang.“64 Dieser Leserbrief aus der AZ wird bestätigt durch die Aussage, dass es ein
wenig mehr Leben auf dem Theaterplatz haben dürfte.65 Dies sollte nach Meinung der Befragten
durch zusätzliche Möblierung
erreicht werden. Es gibt jedoch
auch diverse positive Meinungen.
Beispielsweise wird die Möblie-
rung als gut beschrieben. Der
zentrale freie Platz lässt sich gut
für Veranstaltungen nutzen.66 So
wurde zum Beispiel die Live-
übertragung der EM-Spiele auf
dem Theaterplatz von diversen
Seiten gelobt, da dadurch der
Platz optimal genutzt werden
konnte.

67
Der neue Theaterplatz mit seiner kargen Möblierung und dem Kiesbelag

Es ist aber nach wie vor so, dass sich die Geister am Theaterplatz scheiden. Die einen finden ihn ge-
lungen, während andere ihn kritisieren. Der Stadtammann Stephan Attiger beschwichtigt und glaubt,
dass der Theaterplatz einfach seine Zeit brauche.68 Auch hier sieht der Stadtrat momentan keinen

61
I. 8, S. 111
62
AZT 26.11.07, S. 6
63
I. 3, S. 71
64
AZT 22.11.07, S. 11 (Leserbrief)
65
I. 8, S. 111
66
I. 4, S. 80
67
Bild: Yvo Bühler, 2008
68
AZT 26.11.07, S. 6

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Baden ist. Infrastruktur Plätze / Pärke

Handlungsbedarf und hofft, wie beim Trafoplatz, auf eine zunehmende Akzeptanz dieser Plätze in
der Zukunft. Diese Haltung stimmt die Kritiker aber keineswegs zufrieden und sie verlangen einen
durch Strassencafés belebteren Platz und die Schaffung zusätzlicher Sitzmöglichkeiten, die mehr
Leute zum Verweilen einladen sollen.

Schlossbergplatz
Momentan sind die Bauarbeiten am Schlossbergplatz voll im Gange. Doch was soll eigentlich mit
dieser millionenschweren Sanierung erreicht werden? Primäre Ziele sind sicherlich die Aufwertung
des Stadtbildes und die Verbesserung der heiklen Verkehrssituation, treffen dort doch motorisierter
Individualverkehr, Busse und reger Langsamverkehr (Fussgänger und Radfahrer) aufeinander. Zudem
soll die Raserei in der Sodakurve, umgangssprachlich auch Manorkurve genannt, unterbunden wer-
den.69 Ein Ziel sei es weiter, mit der Neugestaltung des Blinddarmes (Unterführung Stadtturmstras-
se) eine attraktive Verbindung zwischen der Innenstadt in den Gebieten westlich des Bahnhofs zu
erreichen, in denen gegenwärtig 320 Wohnungen und 450 Arbeitsplätze neu geschaffen werden.70
Der Schlossbergplatz ist der meistfrequentierte Platz der Innenstadt, der entsprechend seiner Be-
deutung gestaltet werden soll.71 Die Bevölkerung hat den Baukredit über 8.123 Millionen mit 2924
Ja zu 749 Nein Stimmen
klar angenommen72 und
damit ihre Unterstützung
zu diesem Projekt klar un-
ter Beweis gestellt. Den-
noch gibt es auch Kritiker
der neuen Schlossberg-
platzgestaltung. Sie fordern
insbesondere eine Ver-
kehrsbefreiung vom Bus
und damit mehr Fussgän-
gerfreundlichkeit.73

74
Computersimulation des geplanten Schlossbergplatzes

Die Befürchtung, dass sich durch die Schliessung des Blinddarmes die Verkehrssituation bei der Ha-
selstrasse merklich verschlechtern würde, hat sich zum Glück nicht bewahrheitet.75 Die Mehrzahl
unserer Interviewpartner begrüsst aber die Sanierung. Man wünschte insbesondere mehr Fussgän-
gerzonen, die sich bestimmt positiv auf das Kaufverhalten in den Innenstadtgeschäften auswirken
würden.76 Im Grossen und Ganzen freut sich die Bevölkerung auf einen neuen zentralen Platz.

69
AZT 27.09.07, S. 1
70
AZT 27.09.07, S. 6
71
AZT 27.09.07, S. 25
72
AZT 26.11.07, S. 1
73
I. 3, S. 71
74
http://www.hkp-bauing.ch/uploads/pics/big_WAB_innen_bearb_04.jpg, herunterg.: 24.10.08
75
I. 3, S. 70
76
I. 1, S. 50; I. 8, S. 109

Seite | 33
Baden ist. Infrastruktur Plätze / Pärke

Kurpark
Auch beim Kurpark gehen die Meinungen der Befragten auseinander. Einige begrüssen die Sanie-
rung, andere reden von verschwendetem Geld. Die grösste bauliche Veränderung, der Ersatz des
alten, undichten Weihers durch einen grösseren, stösst überall auf positive Resonanz. Auch die neue
Beleuchtung und die Verlegung des Gehweges werden von allen gutgeheissen. Die bessere Beleuch-
tung soll dazu beitragen, die Sicherheit im Park zu erhöhen und das Problem des Litterings in den
Griff zu bekommen.77

Grundsätzlich wirft man aber den Verantwortlichen vor, dass sie sich in der Vergangenheit nicht
wirklich überlegt haben, was man grundsätzlich im Park ändern müsste, um ihn für eine Nutzung
während des ganzen Jahres attraktiver zu machen.78 Eine Antwort darauf kann sicher die aktuelle
Umgestaltung nur zum Teil sein. Gefragt sind Ideen, die den Park als ganzes benutzerfreundlicher
erscheinen lassen und möglichst viele Besucher zum Aufenthalt in diesem Park einladen.

Boveripark
Vorab ist zum Boveripark zu sagen, dass dies der einzige private Park ist, der in unserer Auswertung
berücksichtigt wurde. Er erhielt seitens unserer Interviewpartner nur positive Rückmeldungen. Die
folgende Aussage eines Interviewpartners fasst die allgemeine Meinung sehr gut zusammen: „Also
sicher etwas vom Schönsten
ist der Boveripark, dort hat
es sehr wenige Leute, er ist
wunderschön gepflegt, er ist
historisch erhalten, und um
ein wenig draussen zu sein,
gehe ich dorthin.“79 Dem-
nach besteht beim Boveri-
park momentan kein Hand-
lungsbedarf für Verbesse-
rungen und wir können nur
hoffen, dass er auch in Zu-
kunft so schön und gepflegt
bleibt.
80
Der Boveripark in seiner ganzen Schönheit

Zusammenfassend kann man sich aber fragen, ob Baden mit seinen grossen und attraktiven Naher-
holungsgebieten (Baldegg, Lägern, Teufelskeller) überhaupt ein derartiges Angebot an Parks braucht,
deren Pflege und Unterhalt relativ aufwändig sind. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Stadtbe-
wohner kleinere Ausflüge in die Umgebung anscheinend vorziehen.

77
I. 4, S. 81
78
I. 6, S. 97
79
I. 3, S. 71
80
http://www.heimatschutz.ch/cms/dyn_media/gallery/pics/GP_Baden_Villa_Boveri.jpg, herunterg.: 24.10.08

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Baden ist. Infrastruktur Fussgänger

Fussgänger
Geologisch und topographisch gesehen befindet sich Baden an einem idealen Standort. Als im
13. Jahrhundert die Holzbrücke über die Limmat gebaut wurde, entwickelte sich Baden zum regiona-
len Verkehrsknotenpunkt.81 Daher wurde schon immer viel unternommen, um die Verkehrssituation
zu verbessern. Auch jetzt steht mit der Schulhausplatzsanierung ein riesiges Projekt vor der Tür.
Daneben darf man aber nicht die Fussgänger vergessen. Oft wird der Fussverkehr unterschätzt, ob-
wohl das Zufussgehen 40% des Unterwegsseins ausmacht.82 Er sollte also ein wichtiger Bestandteil
jedes Verkehrskonzeptes sein.

In Baden hat man das schon früh gemerkt. Im Jahre 1973 führte Baden in der Badstrasse als erste
Gemeinde der Schweiz eine verkehrsfreie Zone ein.83 Die Badstrasse ist nun nicht mehr die Verkehrs-
verbindung zwischen Altstadt und Bäderquartier, die sie über Jahrhunderte gewesen war. Bereits ab
dem Jahre 1830 wurde die damalige Badhalde zur Ladenstrasse von Baden. Die Buchhandlung Dopp-
ler an der Badstrasse gibt es beispielsweise schon seit über 120 Jahren.84 Durch den Entscheid im
Jahre 1973 wurde die Badstrasse endgültig zur Flaniermeile in der Stadt. Heute ist sie fast zu jedem
Zeitpunkt mit Menschen bevölkert. Auch unsere Interviewpartner sind sich weitgehend einig, dass
Fussgängerzonen sich positiv auf die Lebensqualität einer Stadt auswirken.

85
Aus der ehemals befahrenen Badstrasse wurde die erste Fussgängerzone der Schweiz.

Ein Alternative zur Fussgängerzone ist die Begegnungszone, die es als rechtlich definiertes Gebilde
seit dem Jahre 2002 gibt. Bereits vorher existierten Projekte, die einen ähnlichen Charakter hatten.
Aber erst 2002 wurde die Begegnungszone offiziell zugelassen.86 Den Bahnhofplatz in Baden baute
man daraufhin zu einer Begegnungszone um. Baden gehörte also auch hier zu den ersten Gemein-
den, die dies einführten.87

81
Fusswegkonzept, S. 13
82
Fusswegkonzept, S. 10
83
Uli Münzel, „Daten zur Badener Geschichte“, 1991, S. 32/44
84
Festschrift: Hugo W. Doppler, „Hundert Jahre Buchhandlung Doppler an der Badstrasse in Baden“, 1985
85
Bild links: Hans Krissler, „Badstrasse im Wandel der Zeit“, 1997
Bild rechts: Severin Etzensperger, 2008
86
www.begegnungszonen.ch/home/geschichte.aspx, aufgerufen am 06.10.08
87
www.begegnungszonen.ch/home/zone_liste.aspx, aufgerufen am 06.10.08
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Baden ist. Infrastruktur Fussgänger

In der Altstadt befindet sich weder eine Fussgängerzone noch eine Begegnungszone, trotzdem hat sie
eine gewisse Attraktivität für die Fussgänger. Früher sah dies noch anders aus. Bis im Jahre 1845
zwängte sich noch der gesamte Durchgangsverkehr nach Mellingen durch die enge Mittlere Gasse.
Mit dem steigenden Verkehrsaufkommen, bedingt durch den Bau der Spanischbrödlibahn (1847) und
der Industrialisierung, entwickelte sich dann die Weite Gasse zur Verkehrsader. Diese war vorher
lediglich die Marktgasse gewesen. Nun bildeten sich vor dem Schulhauplatz oft lange Fahrrad- und
Autokolonnen, vor allem nach Dienstschluss bei der BBC. Heute ist der Individualverkehr weitgehend
aus der gesamten Altstadt verbannt. Nur noch Zulieferern und Anstössern ist die Zufahrt erlaubt.
Dies auch dank dem Bau der Hochbrücke im Jahre 1926, was eine grosse Verkehrsentlastung für die
untere Altstadt zur Folge hatte.88

Auch wenn die Mehrheit der Befragten die heutige Fussgängersituation an sich als gut beschreibt,
gibt es doch auch einige Schwachstellen. Noch immer zwängen sich viele Busse durch die Weite Gas-
se. Dies wird nicht von allen gutgeheissen. Mehrheitlich wären die Anwohner dafür, dass man den
Bus aus der Weiten Gasse verbannen würde, bestätigt uns die Präsidentin des Quartiervereins obere
Altstadt.89 Man ist auch bereits daran, eine Lösung zu suchen. Mit der Sanierung des Schulhausplat-
zes sollte auch gleich dieses Problem beseitigt werden. Eine Möglichkeit wäre, den Bus durch die
Tunnelgarage zu führen, doch die Entscheide dazu stehen noch aus90 Einen ersten Schritt, um den
Fussgängern in der Weiten Gasse das Leben zu erleichtern, hat man bereits provisorisch bis zum de-
finitiven Entscheid getan. Die Strasse wurde für den Verkehr enger gemacht und ist zwischen „Mode
Baumgartner“ und „Little Italy“ nur noch einspurig befahrbar. Die Strassencafés können nun auf der
verbreiterten Fussgängerzone Tische aufstellen und Fussgänger haben allgemein mehr Platz. Auf
dieses Projekt gab es fast nur positive Rückmeldungen, was noch einmal verdeutlicht, dass man Pro-
jekte zur Verkehrsberuhigung und zum Vorteil der Fussgänger unterstützt.91

Doch es gibt auch Projekte, die etwas umstritten sind. So beispielsweise die vier Begegnungszonen in
Baden (Bahnhofplatz, Lägernstrasse, Martins-
berg, Schmiedeplatz).92 Diese Zonen können
auch Gefahren mit sich führen, bemerkten eini-
ge unserer Interviewpartner. Dies ist darauf
zurückzuführen, dass die Begegnungszonen
noch nicht weit verbreitet und bekannt sind.
Eigentlich hätte immer der Fussgänger Vortritt,
aber dies ist bei weitem nicht der Fall. Es ist
nicht immer allen Verkehrsteilnehmenden be-
wusst, wie sie sich verhalten müssten. Dies kann
auch zu gefährlichen Situationen führen.93
Bei der umstrittenen Begegnungszone Bahnhof Ost
94
kreuzen sich Busse, Autos und Fussgänger.

88
Hugo W. Doppler & Edi Zander „Baden seine Weite Gasse“, Baden Verlag, 1987, S. 7/17
Uli Münzel, „Daten zur Badener Geschichte“, 1991, S. 41
89
I. 3, S. 69/70
90
AZT 08.04.08, S. 2
91
AZT 12.04.03, S. 1
AZT 26.04.03, S. 2
92
www.begegnungszonen.ch/home/zone_liste.aspx, aufgerufen am 06.10.08
93
I. 2, S. 58
94
Bild: Gabriel Müller, 2008
Seite | 36
Baden ist. Infrastruktur Fussgänger

Auch bei den Fussgängerzonen gibt es Ungereimtheiten. So gibt es sehr viele Ausnahmebewilligun-
gen, um doch oder länger in die Fussgängerzone fahren zu können, was sich sehr störend auswirkt.
Max Romann, stellvertretender Kommandant der Stadtpolizei Baden, hat uns aber mitgeteilt, dass
sich dies in nächster Zeit ändern soll.95

Ein anderes, kürzlich realisiertes Projekt hat


mehr Zustimmung gefunden: Der neue Prome-
nadenlift inklusive Limmatsteg, der Ennetbaden
mit dem Bahnhofplatz verbindet. Doch sogar
hier finden sich kritische Stimmen. Die Gewerbe-
treibenden aus der Unteren Altstadt klagen nun
über weniger Kundschaft.96 Der Limmatraum
hingegen hat dadurch wieder mehr Aufwind
erhalten.

Der architektonisch gelungene Limmatsteg erhielt im


97
Jahre 2007 den Schweizer Stahlbaupreis „Prix Acier“.

Doch auch dort besteht noch Handlungsbedarf, damit er zu einem sehr schönen Erholungsraum wird.
Er wurde lange Zeit vernachlässigt, doch nun will dies die Stadt mit dem Konzept „Aufwertung Lim-
matraum“ gemeinsam mit Ennetbaden ändern. Es stehen daher einige Veränderungen an. Man will
beispielsweise die Möblierung verbessern, damit einige Stellen an der Limmat wieder richtig erlebbar
werden.98

Um auch die Meinung der Bevölkerung zum Thema Verkehr zu erfahren, wurden in den letzten Jah-
ren Verkehrsforen durchgeführt. Beim zweiten, das im Jahre 2004 stattfand, ging es um die Fussgän-
ger. Dabei kam heraus, dass die Situation an sich nicht schlecht ist, aber ein Fusswegkonzept fehlt.
Die Fussgängeranliegen seien unorganisiert und würden dadurch zum Teil vernachlässigt.99 Die Stadt
hat daraufhin reagiert und zusammen mit dem Verein „Fussverkehr Schweiz“ ein Fusswegkonzept
erarbeitet, welches Ende 2007 präsentiert wurde. Dieses soll „[...]die Voraussetzungen für die konti-
nuierliche Optimierung und Verbesserung der Fussgängersituation schaffen.“100 Dabei wurde die
ganze Innenstadt systematisch vor Ort untersucht und im Ganzen 197 Schwachstellen festgestellt.
Problematisch zeigte sich die Trennwirkung der Hauptverkehrsachsen und die vielen Fussgängerun-
terführungen wurden als unattraktiv eingestuft. Diese sind auf vergangene Planungsphilosophien der
Verkehrstrennung zurückzuführen. Doch auch positive Sachverhalte zeigten sich. Als Qualitäten stell-
ten sich die zentralen Fussgängerzonen, die Altstadt sowie die guten Bezüge zur Natur heraus. Die
Ergebnisse wurden unter anderem in einer Qualitäts- und Problemkarte festgehalten. 101

95
I. 4, S. 78
96
AZT 08.03.08, S. 6
97
www.hsb.bfh.ch/ahb/de/Meta/Medien/prix_acier_2007.htm, herunterg.: 10.10.08
98
AZT 05.12.07, S. 6
99
Antrag 11/06, S. 4/5
100
Fusswegkonzept, S. 5
101
Fusswegkonzept, S. 5
Seite | 37
Baden ist. Infrastruktur Fussgänger

Die Karte zeigt klar die Hauptprobleme des Langsamverkehrs: Die Trennwirkung des Bahntrassees und der
Bruggerstrasse, die unattraktiven Fussgängerunterführungen und die die Fussgänger benachteiligenden Licht-
102
signale in Baden Nord.

Zurzeit unternimmt die Stadt Baden sehr viel in Bezug auf den Verkehr und auch im Bereich des Fuss-
verkehrs bleibt sie nicht untätig. Dank der Schlossbergplatzerneuerung wird auch dieser zu einer
Begegnungszone umfunktioniert.103 Dies wird sicher die Qualität steigern, auch wenn aus unseren
Interviews hervorging, dass man sich möglichst viele Fussgängerzonen wünscht. Eine Begegnungszo-
ne ist aber sicher ein Anfang. Mit den Jahren werden diese Zonen sich wohl auch mehr etablieren
und das Verhalten darin klarer werden. Mit dem Projekt Schulhausplatz wird sich schon bald auch die
Frage klären, ob man den Bus aus der Weiten Gasse nehmen wird.
Daneben kümmert man sich nun Schritt für Schritt um die vielen Schwachstellen, die man dank dem
Fusswegkonzept entdeckt hat. Dies soll in den kommenden Jahren verwirklicht werden. Der Kredit
von CHF 500`000 wurde Anfang dieses Jahres einstimmig vom Einwohnerrat genehmigt.104
In der gleichen Sitzung wurde auch das Projekt Fussgängersignaletik bewilligt. Dies ist ein Anliegen,
das schon seit Jahren besteht und nun aufgrund des Fusswegkonzepts realisiert werden soll. Es soll
damit die Orientierung in der Stadt verbessert werden.105

102
Fusswegkonzept, S. 5
103
Antrag 43/07
104
ER-Protokoll, 29.01.08, S. 20
105
ER-Protokoll, 29.01.08, S. 26
Seite | 38
Baden ist. Infrastruktur Fussgänger

Man kann nicht sagen, Baden wäre extrem fussgängerfreundlich, es gibt noch einige Ungereimthei-
ten. Doch diese sind den Behörden klar. Die Stadt Baden hat oft eine Vorreiterrolle gespielt und ist
nun auch wieder auf einem guten Weg, zu einer fussgängerfreundlichen Stadt zu werden. Eigene
Lösungsvorschläge zu machen, wäre hier fast vermessen. Die Stadt hat in den letzten Jahren riesige
Studien veranlasst, die wohl alle Probleme aufgedeckt haben. Diese muss man nun in den kommen-
den Jahren beheben. Von uns aus gesehen ist es wichtig, die Innenstadt möglichst vom Individualver-
kehr und auch von den Bussen zu befreien. Dies würde die Lebensqualität erheblich steigern. Doch
auch da sind Experten daran, eine Lösung zu finden. Daher kann man in diesem Bereich sagen, dass
die Stadt einen guten Job macht.

Seite | 39
Baden ist. Infrastruktur Kultur

Kultur
Will man die Qualität des Badener Kulturangebotes beurteilen, muss man auch hier die einzelnen
Bereiche genauer unter die Lupe nehmen. In den verschiedenen Interviews wurde das grosse Ange-
bot an kulturellen Anlässen immer wieder lobend erwähnt.

Kurtheater
Beim Thema Kurtheater waren sich alle Interviewpartner in einem Punkt einig, der dringend nötigen
Renovation, die in den letzten Monaten Gegenstand vieler öffentlicher und politischer Diskussionen
war.106 Zentraler Punkt dabei waren der Umbau und die Neugestaltung des Sachsfoyers. Die eher
konservativen Meinungen bevorzugen aus Respekt gegenüber den ehemaligen Architekten eine
Renovation der bestehenden Gebäudeteile, die eher progressiven wünschen sich eine moderne
Neugestaltung der Foyers, um das Kurtheater neu zu positionieren. Es wird von unseren Interview-
partnern grösstenteils als eine kulturelle Bereicherung angesehen, die die Stadt unbedingt finanziell
unterstützen muss.107 Das Kurtheater soll neben seiner Funktion als wichtigstes Theater einer Gross-
region im Rahmen der Wiederbelebungsversuche des Bäderquartiers auch seiner ehemaligen Funk-
tion als Theater für die Kurgäste („Kur-Theater“) gerecht werden. Es ist unerlässlicher Bestandteil
des Kulturangebotes in Baden. Das Theater soll jedoch nicht nur äusserlich renoviert werden, son-
dern auch in der Programmgestaltung moderner werden und damit auch andere Besuchergruppen
ansprechen.108
Bedauert wird, dass dem
Kurtheater Baden nicht
die kantonale Funktion
der „Mittleren Bühne“
zugeteilt wurde.109
Neben dem Kurtheater
verfügt Baden auch noch
über mehrere Kleinthea-
ter, unter denen das Thik
(Theater im Kornhaus)
eine führende Stellung
einnimmt.

110
Das Sachsfoyer des Kurtheaters, das bald renoviert wird.

106
I. 4, S. 83
107
I. 9, S. 121
108
I. 5, S. 89
109
I. 1, S. 52
110
Bild: Yvo Bühler, 2008

Seite | 40
Baden ist. Infrastruktur Kultur

Museen und Galerien


Auch im Bereich der Museen und Galerien hat Baden einiges zu bieten. Die beiden grössten und
wichtigsten Museen sind das Historische Museum („Melonenschnitz“) und das Kindermuseum, das
sich zu einem Publikumsmagnet entwickelt hat.111 Die Villa Langmatt verfügt über eine über die Lan-
desgrenzen hinaus bekannte Sammlung von hochkarätigen Bildern und organisiert regelmässig Aus-
stellungen und musikalische Anlässe. Im städtischen Kunstraum, der vor allem bei den Politikern
nicht unbestritten ist, wird vor allem lokalen und jungen Künstlern Gelegenheit geboten, ihre Werke
auszustellen.

Trafo
Durch die Schaffung eines Multiplex-Kinos konnte im Trafo ein Angebot geschaffen werden, das je-
des Wochenende unzählige Filmfreunde nach Baden lockt.112 Daneben entstand ein neues Kultur-
und Kongresszentrum, weil vor ein paar Jahren auch der damalige Kursaal hierher verlegt wurde.
Kritisiert wird aber nach wie vor, dass der neue Trafosaal keinen ebenbürtigen Ersatz für den ehema-
ligen Kursaal im Casino darstellt, da ihm der Charme fehlt. 113 Heute finden im Trafosaal unzählige
Konzerte, Parties, nationale und internationale Tagungen und Ausstellungen statt.
Weiter sind im Komplex unterschiedli-
che Bars und Restaurants unterge-
bracht, die das breite Angebot an Kul-
tur sinnvoll ergänzen. Dank des gros-
sen unterirdischen Parkhauses haben
sich zudem besucherintensive Betriebe
des Wellness-Fitness-Bereiches und
verschiedene Geschäfte eingemietet.
Das Trafo ist heute ein allseitig akzep-
tiertes Begegnungszentrum, das ein
breit gefächertes Freizeitangebot auf-
weist.

114
Der Haupteingang zum Trafokomplex

111
I. 2, S.62
112
I. 4, S. 82
113
I. 1, S. 54
114
Bild: Yvo Bühler, 2008

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Baden ist. Infrastruktur Kultur

Casino
Die bei der Schaffung des Grand Casinos mit A-Lizenz geäusserten Bedenken im moralischen Bereich
sind bei einem Teil der Bevölkerung auch heute noch nicht verstummt, obwohl die Casino-Betreiber
alles unternehmen, um Spiel-
süchtige vom ständigen Be-
such abzuhalten.115 Das Casino
ist andererseits aber zu einem
wichtigen Steuerzahler der
Stadt Baden geworden und
trägt damit zur guten finanziel-
len Lage der Stadt bei.116

117
Das Casino der Stadtzürcher, das Grand Casino in Baden.

Musikangebot
Das Musikangebot wird im Grossen und Ganzen von der Bevölkerung als sehr gut eingestuft.118
Speziell werden immer wieder das Blues Festival und die Jazzwoche erwähnt. Zudem ist es der Stadt
gelungen, im Nordportal der lokalen Musikszene Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen.

Grosse kulturelle Events


Baden bietet neben dem grossen etablierten Kulturangebot eine Viel-
zahl von zusätzlichen Events, die in den letzten Jahren eine nationale
und sogar internationale Ausstrahlung erreicht haben. Dazu gehören
neben dem Blues Festival das Fantoche (Internationales Filmfestival
für Animationsfilme) oder das Figura Festival (Theaterfestival).119
Sie haben sich zu richtigen Publikumsmagneten entwickelt und neh-
men im Badener Kulturkalender einen wichtigen Platz ein.

120
Fantoche-Plakat aus dem Jahr 2007

115
I. 3, S. 74
116
I. 4, S. 83
117
Bild: Yvo Bühler, 2008
118
I. 11, S. 134
119
I. 5, S. 90

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Baden ist. Infrastruktur Kultur

Fazit
Baden hat als doch relativ kleine Stadt ein verhältnismässig überdurchschnittliches Kulturangebot,
das sehr vielen Interessen und Altersgruppen gerecht wird. Die von der Stadt für die Kultur einsetz-
baren finanziellen Mittel sind jedoch beschränkt und das grosse kulturelle Angebot führt dazu, dass
vor allem Nischenkultur ständig mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. In den letzten Jahren
sind aus diesem Grunde verschiedene kleinere Kulturanbieter und auch Kulturräume verschwunden.
Dies führte jedoch kaum zu einer Verkleinerung der Angebotsvielfalt, weil dieser Bereich in einem
ständigen Wandel begriffen ist und immer wieder viel Neues entstehen lässt.

120
http://www.theswitzerlandtraveler.com/wp-content/uploads/2007/09/pic-presse-fantoche07.jpg,
herunterg.: 24.10.08

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Baden ist. Infrastruktur Ausgangsmöglichkeiten

Ausgangsmöglichkeiten für Jugendliche


Baden ist durch seine Grösse und zentrale Lage eine Zentrumsstadt. Sie zieht aus der ganzen Region
Leute an, unter anderem auch viele Jugendliche. Jedes Wochenende strömen sie zu Hunderten aus
den umliegenden Gemeinden nach Baden, um hier ihre Abende zu verbringen. Ein solcher Ansturm
braucht eine entsprechende Infrastruktur, die nach Aussage unserer Befragten nicht überall gleich
gut ausgebaut ist.

Kritisiert wird vor allem das Fehlen eines frei zugänglichen Jugendhauses, das nicht gewinnorientiert
arbeiten muss. Ein solches sollte vor allem Jugendlichen unter 16 Jahren die Möglichkeit bieten, ihre
Wochenendabende gemeinsam zu verbringen, da sie aufgrund ihres Alters oft keinen Zutritt in die
anderen Lokale bekommen. Demzufolge hängen sie oft draussen herum, so zum Beispiel im Kurpark
oder auf der Ruine Stein.121 Bei schlechtem oder kaltem Wetter jedoch fehlt eine geeignete Alterna-
tive. Vor allem auch für diesen Fall wird immer wieder von der Stadt gefordert, dass sie den Jugend-
lichen zwischen 14 und 18 Jahren Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in denen sie sich auch wäh-
rend der Woche treffen können. Es würde sich dabei um betreute Treffmöglichkeiten handeln, die es
den Jugendlichen erlauben würden, hier junge Erwachsene zu finden, mit denen sie über ihre Prob-
leme diskutieren können.
Diese betreuten Angebote
sollten aber sehr offen sein,
damit sich die Jugendlichen
immer noch frei fühlen, da
sie sonst dieses Angebot
kaum mehr nutzen wür-
den.122 Durch solche Mass-
nahmen gingen gewiss ein
Stück weit das viel getadelte
„draussen Herumlungern“
der Jugendlichen und der
durch gewisse Innenstadt-
bewohner kritisierte Lärm
zurück.123
124
Das Jugendhaus Merkker, das von der Stadt unterstützt wird.

Ein weiterer Kritikpunkt besteht darin, dass allgemein das Angebot an Lokalen für die Jugendlichen
in der Stadt zu wenig gross ist. Als Lösungsvorschlag zur Verbesserung dieses Schwachpunktes wurde
vorgeschlagen, die Stadt solle den Jugendlichen mehr Ausgangsmöglichkeiten bieten. Hier wurde
aber erneut unterstrichen, dass es auf keinen Fall nur kontrollierte Angebote geben sollte, weil sich
dadurch die Jugendlichen wiederum unwohl fühlen würden.125 Wir denken aber, dass durch das
Angebot zusätzlicher Räumlichkeiten für Jugendliche das Problem der steigenden Kriminalität und

121
I. 1, S. 53
122
I. 10, S. 126
123
I. 3, S. 73
124
Bild: Yvo Bühler, 2008
125
I. 1, S. 55

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Baden ist. Infrastruktur Ausgangsmöglichkeiten

Schlägereien unter Alkoholeinfluss nicht zurück ginge. Ein Teil der Jugendlichen geht heutzutage
nämlich nur noch in den Ausgang, um sich zu betrinken. Was sie dann in diesem Zustand tun, ist
ihnen völlig egal. Da sie oft auch in Gruppen unterwegs sind, kommt es nicht selten zu einer negati-
ven Gruppendynamik, was zu sinnloser Gewaltanwendung und Vandalismus führt.126 Um dieses
Problem in den Griff zu bekommen, müsste man wohl vermehrt auf Prävention setzen und vor allem
bei Minderjährigen auch die Eltern für das Verhalten ihrer Kinder haftbar machen.127 Bis jetzt ist aber
in dem Bereich noch zu wenig geschehen. Die Aufstockung des Polizeikorps und das Engagement von
privaten Sicherheitsfirmen haben dazu beigetragen, die Situation vielerorts zu verbessern.

Durch die grossen Veränderungen im Immobilienbereich vor allem in Baden Nord, hat die Stadt im-
mer wieder grosse Probleme, das momentane Angebot an Treffmöglichkeiten für Jugendliche auf-
recht zu erhalten. So hatte die Stadt beispielsweise 2007 grosse Mühe, neue Räumlichkeiten für das
Merkker zu finden, da sie viel zu lange untätig war, obwohl sie genau wusste, dass der Mietvertrag
auslaufen würde.128 Glücklicherweise hat sich nun die Situation dank Entgegenkommen der Merker
Immobilien zum Guten gewendet. Das Merkker konnte nach erfolgtem Umbau nun wieder am glei-
chen Ort eröffnet werden.

Nebst dem Merkker gibt es in der


Stadt weitere grosse Lokale, in
denen die Jugendlichen ihre freien
Abende verbringen können. Eines
ist das Löschwasserbecken (LWB).
Wie in anderen Lokalen gilt auch
hier: Wer nicht 18 Jahre alt ist, hat
keinen Zutritt. Dieser Grund und
der relativ hohe Eintrittspreis ver-
unmöglichen es manchen Jugend-
lichen, vom Angebot des LWB zu
profitieren.

129
Das heute für Kulturzwecke umgenutzte Löschwasserbecken.

Das Ventil ist eine weitere gute Adresse für Jugendliche, weil neben Parties auch viele Konzerte und
andere Events auf dem Programm stehen. Doch auch hier bestehen Alterslimiten für die Besuche-
rInnen.

Das relativ grosse Nordportal organisiert immer wieder Konzerte für jüngere Bands. In diesem Jahr
fand dort zum Beispiel das Band-X Aargau statt, ein Wettbewerb für Schülerbands, der den verschie-
densten Bands die Möglichkeit bot, sich erstmals auf einer grösseren Bühne dem Publikum vor zu-
stellen. Daneben finden vermehrt auch ganz spezielle Parties und Tanz-Workshops (Tango-Festival)
statt, die sehr unterschiedliches Publikum anziehen.

126
I. 4, S. 85
127
AZT 09.06.07, S. 2
128
AZT 05.04.07, S. 5
129
Bild: Yvo Bühler, 2008

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Baden ist. Infrastruktur Ausgangsmöglichkeiten

Leider ist es heutzutage so, dass es immer mehr Jugendliche gibt, die die Angebote der Stadt gar
nicht nutzen, sondern sich irgendwo herumtreiben wollen.130 Zudem bildeten sich in letzter Zeit im-
mer mehr Jugendgruppen, die sich untereinander nicht gut verstehen und demzufolge sich auch
nicht an einem gemeinsamen Ort treffen wollen.131 So kommt es immer mehr vor, dass wenn ein
Lokal von einer bestimmten Gruppierung besucht wird, dieses für eine andere Gruppe als Aus-
gangsmöglichkeit wegfällt.

Die Stadt hat wirklich eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, wenn sie allen Gruppierungen gerecht
werden will. Auch wir sind der Ansicht, dass vor allem für die jüngeren Jugendlichen eine günstige
Ausgangsmöglichkeit geschaffen werden sollte. Auch viele kulturelle Veranstalter gewähren nur
Leuten über 18 Jahren Zutritt, sodass es für die Jüngeren nicht einfach ist, ihre Abende in einem Lo-
kal zu verbringen.

130
I. 4, S. 85
131
I. 1, S. 53

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Baden ist. Infrastruktur Fazit

Fazit
Baden ist. Zukunft. Dieser riesige Schriftzug ziert momentan
den Badener Stadtturm und macht weit herum sichtbar, was
die Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik über ihre
Stadt denken: Baden hat Zukunft und Zukunft heisst Verän-
derung.
Unsere Recherchen haben diesen Eindruck bestätigt und wir
sind uns der rasanten Stadtentwicklung in den verschiedens-
ten Bereichen bewusst geworden. Fast überall sind grosse
Projekte in Planung oder sogar bereits in der Umsetzungs-
phase. Schwerpunkte bilden die Aufwertung des Bäderquar-
tiers, die Sanierung des Schulhausplatzes und die Neugestal-
tung des Schlossbergplatzes. Sie alle werden in den nächsten
Monaten und Jahren das Stadtbild nachhaltig verändern.
Unsere Interviews und die in letzter Zeit durchgeführten Volksabstimmungen zu Projektierungs- und
Baukrediten zeigen, dass auch die Mehrheit der Badener Bevölkerung diese Grossprojekte unter-
stützt und einer zukunftsgerichteten Entwicklung der Stadt positiv gegenüber steht. Die bestehende
Infrastruktur wird von unseren Interviewpartnern in grossen Teilen als gut beurteilt. In einzelnen
Bereichen wie dem Verkehr besteht zwar dringender Handlungsbedarf, man ist sich aber auch der
hohen Komplexität oder sogar der Unlösbarkeit des Problems bewusst.

Unsere Meinung deckt sich weitgehend mit der unserer Interviewpartner. Auch wir erkennen einige
grössere Probleme, wie die schlechte Verkehrssituation, die Vernachlässigung und der Niedergang
des Bäderquartiers, das fehlende Angebot in der Hotellerie, die teilweise schlechte Gestaltung öf-
fentlicher Plätze und Pärke und das knappe Ausgangsangebot für Jugendliche. Einige dieser Probleme
werden verstärkt durch die Zentrumsfunktion der Stadt Baden. Als Zentrumsstadt einer sehr grossen
Region mit hoher Bevölkerungsdichte zieht Baden sehr viele Leute an. Ein grösseres Verkehrsauf-
kommen vor allem am Abend und an den Wochenenden und ein grosser Bedarf an Ausgehmöglich-
keiten für die Jugendlichen sind unmittelbare Folgen davon. Als Standort internationaler Konzerne
weist die Stadt auch eine grosse Nachfrage nach Hotels im gehobenen Bereich auf, die durch den
momentanen Bau von neuen Hotels erst nach und nach befriedigt werden kann. Die grössere Anzahl
an Übernachtungen von Geschäftsleuten verlangt auch ein besseres Gastronomie- und Ausgehange-
bot (Casino, Bars).
Eng verknüpft mit der grossen Anzahl von Leuten, die nach Baden in den Ausgang kommen, ist das
Thema der öffentlichen Sicherheit, die wir nicht explizit in unseren Auswertungstexten behandelt
haben. Vor allem in den letzten Jahren nahm die Zahl von Delikten stark zu, was zu einem beträchtli-
chen Mehraufwand im Sicherheitsbereich führte, zu dem die umliegenden Gemeinden kaum etwas
beitragen. Neben den Subventionen im Kulturbereich muss Baden als Zentrumsgemeinde auch er-
hebliche finanzielle Mittel für die Sicherheit der Besucher aufwenden.

Viele positive Rückmeldungen betreffen vor allem das Kulturangebot, die Fussgängerzonen und den
dichten öffentlichen Verkehr. Um diesen erfreulichen Zustand zu erreichen, hat die Stadt sehr viele
Steuergelder investiert.

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Baden ist. Infrastruktur Fazit

In welchen Bereichen der Infrastruktur entspricht nun die Stadt Baden den Vorstellungen ihrer Be-
wohner und wo besteht noch Handlungsbedarf? Bereiche, die überwiegend positives Echo erhielten,
sind die Bildung, Fussgängerzonen, öffentlicher Verkehr, Restaurants, Kultur und die Tourismuspolitik
der Stadt. Eher negativ bewertet wurden das Ausgangsangebot, die Parkplätze und die Verkehrssitu-
ation. Viele gegenteilige Meinungen erhielten wir bei den Themen Kinderbetreuung, Geschäfte, Plät-
ze / Pärke und der Fussgängersituation.

Soll sich die Stadt in nächster Zeit für Besucher und Einwohner qualitativ verbessern, müssen unseres
Erachtens die folgenden Punkte umgesetzt werden. Erste Priorität hat sicher die absolut unbefriedi-
gende Verkehrssituation. Neben dem Um- und Ausbau des Schulhausplatzes müssen überregional
rasch Lösungen gefunden werden, die das Verkehrsaufkommen in der Stadt massiv reduzieren. Wir
sind der Ansicht, dass weitergehende Mobilitätskonzepte bei den grossen Arbeitgebern in der Stadt
vonnöten sind, um den Individualverkehr zugunsten des öffentlichen Verkehrs auf ein Minimum zu
beschränken. Die Firmen müssen dazu gebracht werden, mit attraktiven Mobilitätsangeboten ihre
Mitarbeitenden zum Umstieg auf den ÖV zu motivieren. Dem Langsamverkehr und insbesondere den
Radfahrern ist grösste Aufmerksamkeit zu schenken und die nötige Infrastruktur in Form von Veloab-
stellplätzen und attraktiven und sicheren Velowegen bereit zu stellen.
Die Stadt Baden würde im Weiteren sicher von einer neu geschaffenen Bäderinfrastruktur enorm
profitieren. Erste Projekte stimmen zuversichtlich, dass einerseits das Kurzentrum wiederbelebt,
andererseits neu ein Wellnesszentrum in Baden geschaffen wird. Die Voraussetzungen dazu sind sehr
gut. Sind einmal die ersten Schritte in diese Richtung gemacht, werden sich die nötigen Investoren
finden lassen, um das einstige Ziel der „Blauen Stadt“ verwirklichen zu können.

Neben einem künftigen guten Angebot an schönen Wohnungen sind die zwei oben genannten
Grossprojekte sicherlich entscheidend für die Zukunft der Stadt Baden und insbesondere für die Le-
bensqualität ihrer Einwohner. Baden ist. Zukunft.

132
Baden im Wandel

132
Bild: http://www.panoramio.com/photo/9229290, herunterg.: 01.10.08
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