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Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg: 19 Menschen getötet – 511 Menschen verletzt –
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt – Versicherungs-Summe reicht nicht
aus – Auf die Angehörige der verletzten und getöteten Menschen kommen hohe Arzt-
Rechnungen und Beerdigungs-Kosten zu
Duisburg. 26. Juli 2010. Nur wenige Stunden nach der Katastrophe bei der Loveparade in
Duisburg werden auch ernste und Besorgnis-erregende Fragen von Angehörigen der 19
getöteten Menschen und der 511 verletzten Menschen öffentlich bekannt, diskutiert und
debattiert. Die wichtige Frage für die betroffenen Menschen lautet: Wer hilft den
Geschädigten und Angehörigen?
Verantwortung will nach den schrecklichen Ereignissen von Duisburg keiner übernehmen: Weder
politisch noch wirtschaftlich. Denn der erhoffte Image-Gewinn für Duisburg, der mit der
Loveparade kommen sollte, entwickelt sich zunehmend auch zu einer finanziellen Katastrophe für
Duisburg und die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die Stadt Duisburg ist extrem überschuldet
und steht unter Haushalts-Aufsicht. Die Veranstalter der Loveparade sind nur mit 7,5 Millionen
Euro bei einer der größten Versicherungen in Europa für eventuelle Schäden versichert.
Nach Einschätzung des Experten und dem renommierten Opfer-Recht-Anwalts Thomas Kämmer
von der Kanzlei Joachim (Graal-Müritz) in einem Interview mit der Bild Zeitung (
http://www.bild.de/BILD/politik/wirtschaft/2010/07/26/loveparade-wer-zahlt/fuer-die-opfer-
kaemmer-fordert-hilfe-fonds.html ) reicht eine solche geringe Versicherungssumme nach seinen
Berechnungen im Höchstfall für ein bis zwei getötete Menschen und deren Angehörige, wenn es
sich im Beispiel um einen Vater mit Kindern handelt oder um eine Ehefrau mit Kindern.
Bei der Loveparade in Duisburg wurden leider 19 Menschen getötet und 511 Menschen zum Teil
schwer verletzt.
Für die geschädigten Menschen und die Angehörigen der getöteten Menschen bedeutet der plötzlich
und unerwartete Verlust meist junger Menschen, die 18 bis 38 Jahre jung waren, nicht nur ein
psychischer Ausnahme-Zustand, für Menschen, die ihre Freunde, Kinder, Ehemänner oder
Ehefrauen verloren haben, sondern oft auch der wirtschaftliche und unerwartete Ausnahme-
Zustand.
Als Sohn eines ehemaligen Feuerwehr-Obermanns der Stadt Ludwigshafen am Rhein, der am 4.
Februar 2000 nach einem katastrophalen Unfall nach einer Übung mit der Rettungshunde-Staffel
verstorben ist, erinnere ich mich noch sehr gut daran, dass wir, das meint meine Mutter, Schwestern
und weitere Angehörige der Familie, nicht nur wegen des schweren Unfalls alle unter Schock
standen, sondern nach dem Tod des Vaters, Ehemanns und Bruder auf der Intensiv-Station für
Schwerstbrand-Verletzte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BG) in Ludwigshafen am
Rhein mitten im Schock und der Trauer mit schrecklichen Details des nüchtern und beklemmenden
Alltags konfrontiert wurden. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal in der Pfalz hatte damals die
Leiche meines im Krankenhaus verstorbenen Vaters beschlagnahmt, da dieser an den Folgen einer
nicht natürlichen Todesursache gestorben ist. Für uns alle stellte sich die Frage, wann die Leiche des
Vaters und Ehemanns freigegeben wird. Diese Frage stellt sich auch den angehörigen Menschen der
getöteten Menschen bei der Loveparade, denn auch die 19 Todes-Opfer starben in der Massenpanik
eines nicht natürlichen Todes.
Nach der Freigabe der Leichen durch die zuständige Staatsanwaltschaft belastet viele Angehörige
die nächste und sehr ernste Frage, die unsere Familie auch im Jahr 2000 sehr belastete: Woher
spontan und unerwartet die rund 10.000 Euro nehmen für eine recht einfach gehaltene Beerdigung
ohne Sonderwünsche, schlicht und einfach gehalten und auf das Nötigste beschränkt. In der Pfalz
kostete im Jahr 2000 eine schlichte und einfache Beerdigung des Ehemanns meiner Mutter und des
Vaters der drei Kinder, etwas mehr als 10.000 Euro.
Auf die Angehörigen der getöteten Menschen kommen jedoch weitere Kosten zu, denn zunächst
einmal müssen die Leichen der getöteten Menschen jeweils in die Heimat-Städte oder Heimat-
Gemeinden überführt werden, was nur mittels der zugelassenen Bestattungsunternehmen möglich
ist, so dass recht schnell Kosten für die Überführung und für eine Beerdigung in Höhe von 20.000
bis 30.000 Euro entstehen können. Noch schlimmer trifft es die angehörigen Menschen deren
Verwandte nicht aus Deutschland, sondern aus Spanien, Bosnien, Australien, den Niederlanden und
China stammen. Hier entstehen Überführungskosten für die getöteten Menschen, die astronomische,
kaum vorstellbare Höhen annehmen können.
Während die Suche nach verantwortlichen Menschen für die Katastrophe weitergeht, bleiben die
überlebenden Angehörigen der getöteten Menschen mit diesen Sorgen, Ängsten und Nöten mitten
in der Trauer und im Schock über den Verlust eines geliebten Menschen oft alleine gelassen.
Noch härter kann es die verletzten 511 Menschen treffen. Leider verfüge ich auch hier über
reichlich und nachhaltige Erfahrungen nach drei Unfällen und einem Arbeitsunfall in den Jahren
1994, 1995 und 1996, die mich als französisch-deutscher Journalist, Rundfunk-Journalist, Autor
und Gesundheits- und Krankenpfleger zu einem schwer behinderten und chronisch kranken
Menschen gemacht haben. Die geschädigten Menschen werden zunächst auf Kosten der
Krankenkassen versorgt. Die Krankenkassen werden die hohen Kosten für die Behandlungen im
Krankenhaus jedoch von den für die Katastrophe verantwortlichen Organisatoren und Behörden
versuchen einzufordern. Die geschädigten Menschen bleiben, wenn diese die Schwere der
Verletzungen erst einmal überstanden haben, in ihrer Not oft alleine. Das beginnt bereits mit der
Beweisführung, dauerhaft bleibende Schäden notfalls vor einem Gericht nachweisen zu müssen und
für die Rechte auf Entschädigung vor deutschen Gerichten klagen zu müssen. In meiner eigenen
Situation hat trotz mehrerer Gutachten der Fachkliniken und des Medizinischen Dienstes der
Krankenkassen, nach meinen Unfällen die Länge des Gerichts-Verfahrens, insgesamt drei Jahre vor
dem Landessozialgericht in Rheinland-Pfalz in Anspruch genommen, um in mehreren Gutachten
bewiesene schwere Unfall-Folgen, chronische Erkrankungen und eine bestehende Mehrfach-
Behinderung und die daraus erwachsenden Rechte und Hilfen einzuklagen.
Die Staatsanwaltschaft in Duisburg kündigte bereits an, dass die Ermittlungen unter Umständen
mehrere Monate andauern könnten. Schon in diesen Monaten sind die geschädigten Menschen, die
jetzt möglicherweise einen gesundheitlichen Dauerschaden in der Folge der Katastrophe bei der
Loveparade in Duisburg erlitten haben auf sich alleine gestellt, oft nicht nur psychisch sondern auch
finanziell.
Der Einsatz eines Notarztes kann bis zu 1.500 Euro kosten, in einigen Regionen von Deutschland
sogar mehr. Hinzu kommen rund 1.000 Euro Kosten für den Einsatz eines Rettungstransportwagen
(RTW) – die Kosten für Notfall-Einsätze können schnell kaum vorstellbare Höhen und
Dimensionen annehmen. Die Einsätze der Feuerwehr werden extra berechnet.
Schon ein einziger Tag auf der Intensiv-Station eines Krankenhauses, dies ist abhängig von der
Region und Größe eines Krankenhauses kann 1.000 bis 1.500 Euro kosten. Die Kosten für Reha-
Kliniken sind in der Regel, weil es sich hier um Fach-Krankenhäuser oder besondere Fach-
Institutionen handelt, wesentlich höher. Diese können von einer privaten Person in der Regel nicht
bezahlt werden, sofern es sich bei den Angehörigen der getöteten Menschen und den 511 verletzten
Menschen in Duisburg nicht ohne Ausnahme um Millionäre handelt. Bei den getöteten Menschen
handelt es sich um einen angesehenen Juristen und um Studenten und diese Menschen sind in der
Regel nicht mit finanziellem Reichtum gesegnet, sondern leben doch mehr sehr in bescheidenen
finanziellen Verhältnissen.