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Drogen-
und Suchtbericht
Drogen-
Juli 2017
und Suchtbericht
Juli 2014
www.drogenbeauftragte.de
Drogen-
und Suchtbericht
Juli 2017
www.drogenbeauftragte.de
Inhaltsverzeichnis
1 | Jahreskommentar der 5 | Jahresschwerpunkt: Kinder aus
Drogenbeauftragten 04 suchtbelasteten Familien 83
1 Kinder von suchtkranken Eltern – Grundsatz
2 | Einblicke: Die Arbeit der papier zu Fakten und Forschungslage 83
Drogenbeauftragten 07 2 Kinder stärken – Resilienz fördern 97
3 Frühzeitig helfen – Angebote für
3 | Fakten, Trends und Politik 17 Schwangere und Eltern mit Kleinkindern 105
1 Rahmenbedingungen und Politik 17 4 Kooperation gestalten – f amilien- und
1.1 Nationale Strategie – Die vier Säulen der fallorientierte Zusammenarbeit 108
Drogen- und Suchtpolitik 17 5 Mehr erfahren – Informationen,
1.2 Teilhabe 20 Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit 117
2 Suchtstoffe, Suchtformen, Regulierung 24
2.1 Tabak 24 6 | Projekte, Studien, Initiativen 121
2.2 Alkohol 35 1.1 Suchtstoff- bzw. suchtformbezogene
2.3 Medikamente 43 Projekte 121
2.4 Illegale Drogen 45 1.2 Suchtstoff- bzw. suchtformübergreifende
Überblick 45 Projekte 149
Cannabis 51 2 Weitere Projekte 162
Crystal Meth 54 2.1 Suchtstoff- bzw. suchtformbezogene
Opiate 55 Projekte 162
Neue psychoaktive Stoffe 59 2.2 Suchtstoff- bzw. suchtformübergreifende
2.5 Computerspiel- und Internetabhängigkeit 61 Projekte 167
2.6 Pathologisches Glücksspiel 67
Stichwortverzeichnis 176
4 | Internationales 73
1 Europäische Drogen- und Suchtpolitik 73 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 178
2 Drogenpolitik der Vereinten Nationen 74
3 Internationale Entwicklungszusammenarbeit 80 Danksagung179
Hinweise/Impressum 180
04
1 | Jahreskommentar der
Drogenbeauftragten
ein gutes Jahr ist seit der Veröffentlichung des letzten Auch beim Thema Fetales Alkoholsyndrom (FAS/FASD)
Drogen- und Suchtberichts vergangen. Hinter uns liegt ist es gelungen, Fachkräften im medizinischen und
eine ereignisreiche Zeit in der Drogen- und Suchtpoli- sozialen Versorgungssystem sowie Betroffenen und
tik: Im Herbst 2016 hat der Deutsche Bundestag dem ihren Familien mehr Orientierung zu geben. Die
Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz zugestimmt, Anfang S3-Leitlinie zur Diagnose von FAS/FASD wurde
dieses Jahres folgte das sogenannte „Cannabis als fertiggestellt, ebenso unser europaweit einzigartiges
Medizin“-Gesetz. Seit März dieses Jahres können Handbuch für Betroffene.
schwerkranke Menschen nach ärztlicher Verschrei-
bung in der Apotheke qualitätsgeprüftes und standar- Im Mittelpunkt meiner Arbeit standen 2016 die
disiertes Cannabis erhalten, mit Kostenerstattung der Herausforderungen, die sich für die Drogen- und
Krankenkassen. Besonders erfreulich für mich: Der Suchtpolitik aus der Allgegenwart der digitalen Medien
Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf aus dem ergeben: Smartphone, PC und Tablet sind aus unserem
Bundesministerium für Gesundheit einstimmig Leben nicht mehr wegzudenken. Sie prägen unseren
beschlossen – das gibt es selten. Im Mai 2017 wurde mit Alltag wie kaum etwas anderes. Unbestritten sind auch
der Zustimmung des Bundesrats auch eine grund die Chancen, die mit der Digitalisierung einhergehen.
Dabei dürfen wir aber die Risiken dieses Prozesses für Diese Kinder aus dem Schatten holen – das war das
die Gesundheit nicht unter den Tisch fallen lassen, Motto meiner Jahrestagung am 19. Juni dieses Jahres. In
sondern müssen ihnen offensiv begegnen. Es ist den vergangenen Jahren sind zahlreiche Hilfsangebote
wissenschaftlich erwiesen: Wenn es an Medienkompe- entstanden, die diese Kinder in den Blick nehmen.
tenz mangelt, können digitale Anwendungen eine Doch noch immer erreichen wir viele Kinder und ihre
Vielzahl gesundheitlicher Beeinträchtigungen hervor- Eltern nicht. Pädagogische Fachkräfte, die täglich mit
rufen, Online-Spiele genauso wie soziale Netzwerke. Kindern und Jugendlichen arbeiten, brauchen mehr
Nach Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Informationen, um den Hilfebedarf zu erkennen. Der
Aufklärung weisen etwa 6 Prozent aller Jugendlichen Umgang mit den Kindern und ihren Eltern benötigt
eine behandlungsbedürftige internetbezogene Störung besondere Handlungskompetenz. Außerdem müssen
auf, die auch als Internetabhängigkeit bezeichnet wird. die bestehenden Angebote besser ineinandergreifen. Zu
Hier ist der Internetkonsum völlig außer Kontrolle viele Kinder fallen noch durch das Hilfenetz. Das darf
geraten, wenig anderes im Leben hat noch Bedeutung nicht so bleiben! Kinder aus suchtbelasteten Familien
– nicht die Schule, nicht die Arbeit, häufig nicht einmal brauchen unsere Unterstützung – weil sie die gleichen
die eigene Familie. Ich habe deshalb den Drogen- und Chancen auf ein gesundes Aufwachsen haben sollen
Suchtrat unter Beteiligung der führenden Expertinnen wie alle anderen Kinder!
und Experten in diesem Feld gebeten, Empfehlungen
für die Politik zu erarbeiten. Das ist geschehen – sie Meine Arbeit als Drogenbeauftragte in dieser Legis
wurden bei meiner Jahrestagung im November 2016 laturperiode war und ist von vielen berührenden
vorgestellt. Seither arbeite ich daran, den Worten Taten Begegnungen mit Menschen geprägt: mit Betroffenen,
folgen zu lassen: Mehr Prävention, ein wirkungs ihren Angehörigen und den überaus engagierten
vollerer Jugendschutz im Netz und klare Orientierung Fachkräften in der Prävention, Suchthilfe, Behandlung
für die Eltern in Sachen Medienkonsum – das sind und Nachsorge. Dafür danke ich herzlich und wünsche
unsere zentralen Maßnahmen für einen sinnvollen mir, dass wir den Menschen und seine Gesundheit in
und gesunden Umgang mit digitalen Medien. unserer Arbeit weiter in den Mittelpunkt stellen!
Anders als in den Vorjahren finden Sie in diesem Band Es grüßt Sie herzlich
auch ein Sonderkapitel zum diesjährigen Jahresschwer
punkt: Kinder aus suchtbelasteten Familien. Drei
Millionen Kinder und Jugendliche haben allein in
Deutschland mindestens einen suchtkranken Eltern-
teil. Die Auswirkungen auf ihr eigenes Leben, ihre Marlene Mortler
Startbedingungen und ihre Zukunftsperspektiven sind
weitreichend. Stigmatisierung, Verunsicherung und die
Notwendigkeit, viel zu früh in die Rolle eines Erwach-
senen zu schlüpfen, sind nur einige davon. Wir wissen,
dass ein erheblicher Teil der betroffenen Kinder aus
diesen Gründen später selbst eine Suchterkrankung
oder eine andere psychische Störung entwickelt.
Die Arbeit einer Drogenbeauftragten ist vielfältig: • Am 2. Februar 2017 hat die Bundesregierung den
Marlene Mortler koordiniert die Drogenpolitik der Gesetzentwurf zur Ratifikation des Tabakschmuggel-
Bundesregierung, gibt Anstöße, nimmt Empfehlungen protokolls beschlossen und dem Deutschen Bundes-
der Fachwelt auf und vertritt die Drogenpolitik des tag zur Beschlussfassung übermittelt.
Bundes gegenüber Politik, Presse und Öffentlichkeit.
Außerdem leitet sie die deutsche UN-Delegation in der Am 20. Mai 2016 hat das Kabinett auch einen Gesetz-
Drogenpolitik und nimmt den deutschen Sitz in entwurf zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes
verschiedenen Gremien und Koordinierungsrunden beschlossen, der unter anderem eine weitgehende
der Europäischen Union wahr. Als Beratungsgremium Beschränkung der Tabakaußenwerbung vorsieht.
steht ihr der Drogen- und Suchtrat der Bundesregie- Hierfür hatte sich die Drogenbeauftragte seit Langem
rung zur Seite. nachdrücklich eingesetzt. Die Zustimmung des
Deutschen Bundestages steht bislang noch aus.
Von Cannabis als Medizin bis zu Schockbildern
auf Zigarettenschachteln – viel Neues in der Anders ist die Lage beim Neue-psychoaktive-Stoffe-
Gesetzgebung Gesetz, das am 26. November 2016 in Kraft getreten ist.
Forderungen zu erheben und neue Regelungen Mit diesem Regelwerk hat der Gesetzgeber ein neues,
vorzuschlagen – das ist nur eine Seite der Arbeit einer wirkungsvolles Instrument zur Bekämpfung des
Drogenbeauftragten. Sie muss auch versuchen, dafür Handels mit neuen synthetischen Drogen geschaffen:
Mehrheiten in der Bundesregierung, den Ländern und Die meisten der Stoffe, die bisher verharmlosend als
im Deutschen Bundestag zu erzielen. Hierbei kommt „Legal Highs“ beworben wurden, sind heute nicht
ihr ihre Doppelrolle als Beauftragte der Bundesregie- mehr legal. Der Handel kann von Polizei und Zoll
rung und Mitglied des Bundestages zugute. Schwer- unterbunden werden.
punkte der politischen Arbeit Marlene Mortlers in den
vergangenen Monaten waren die Bereiche Tabak, Am 10. März 2017 ist das Cannabis-als-Medizin-Gesetz
Cannabis und neue psychoaktive Stoffe (NPS). 2016 in Kraft getreten, für das sich Marlene Mortler von
und 2017 hat der Bundestag gleich mehrere Gesetzes- Beginn der Legislaturperiode an stark engagiert hat:
entwürfe der Bundesregierung in der Tabakpolitik Ärzte können schwerkranken Patienten, wenn es
beschlossen, für die sich die Drogenbeauftragte medizinisch indiziert ist, Cannabis in Arzneimittel
eingehend engagiert hat: qualität verschreiben, und das mit Kostenübernahme
durch die Krankenkassen. Mit dem Beschluss des
• Seit dem 1. April 2016 dürfen in Deutschland durch Deutschen Bundestages am 19. Januar 2017 fand eine
eine Änderung des Jugendschutzgesetzes keine intensive und überaus sachliche Diskussion im
elektronischen Zigaretten und E-Shishas mehr an Parlament ihren Abschluss. Das Erfreuliche: Am Ende
Kinder und Jugendliche verkauft werden. erhielt der Gesetzentwurf des Bundesministeriums
• Am 20. Mai 2016 ist das Tabakerzeugnisgesetz in für Gesundheit die Zustimmung aller Mitglieder des
Kraft getreten, mit dem unter anderem verpflichten- Parlaments.
de Bildwarnhinweise auf Zigarettenverpackungen
eingeführt, eine Vielzahl gesundheitsschädlicher Noch in dieser Legislaturperiode soll die 3. Verordnung
Inhaltsstoffe verboten und nach dem Jugendschutz zur Änderung der Betäubungsmittelverschreibungs-
auch die bestehenden Verbraucherschutzregelungen verordnung (BtMVV) in Kraft treten. Das Bundeskabi-
auf E-Zigaretten ausgedehnt wurden. nett hat am 15. März 2017 eine entsprechende Vorlage
beschlossen, der Bundesrat am 12. Mai 2017 zuge-
stimmt.
• Gleichzeitig konnten Zwischenergebnisse der • Es ist erforderlich, den Jugendschutz an die Heraus-
BLIKK-Studie (Bewältigung, Lernverhalten, Intelli- forderungen der Digitalisierung anzupassen.
genz, Kompetenz, Kommunikation) der FH Köln und −− Deshalb sollte bei der Alterseinstufung von
des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendmedizi- Onlinemedien künftig nicht mehr nur die Darstel-
ner vorgestellt werden, nach denen 75 Prozent der lung von Gewalt und Sexualität einbezogen
Kinder im Alter von 2 bis 4 Jahren bereits bis zu werden. Wichtig ist es auch, suchtfördernde
30 Minuten am Tag mit Smartphones spielen und es Merkmale zu berücksichtigen.
erkennbare Zusammenhänge zwischen einer fehlen- −− Das gegenwärtige System der Alterseinstufung
den Mediennutzungskompetenz und dem Vorliegen erweckt bei vielen Eltern den Eindruck, Spiele und
von einer Aufmerksamkeitsschwäche, Aggressivität andere Anwendungen, die mit der Altersfreigabe
sowie Schlafstörungen gibt. Ein weiteres Zwischener- „Ab 0 Jahren“ gekennzeichnet sind, seien automa-
gebnis: Die Mehrzahl der Eltern ist bei der Frage, tisch auch für Kleinkinder geeignet. Das ist nicht
welcher Umgang mit digitalen Medien für ihre Kinder der Fall. Wichtig ist eine Lösung, die Hinweise gibt,
der richtige ist, verunsichert und wünscht sich inwieweit ein Medium für Kinder in ihrer Ent-
Unterstützung. Außerdem wurden auf der Jahres wicklung geeignet ist.
tagung Empfehlungen einer wissenschaftlichen −− Die aktuelle Unterteilung der Altersstufen ist zu
Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Herrn PD Dr. grob und orientiert sich zu wenig an den Entwick-
Rumpf (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, lungsfortschritten von Kindern und Jugendlichen.
Zentrum für Integrative Psychiatrie der Universität Was für eine Elfjährige geeignet ist, muss für einen
Lübeck) vorgestellt, die der Drogen- und Suchtrat im Sechsjährigen noch lange nicht entwicklungs
September 2016 in ein Maßnahmenpapier zur Prä- gerecht sein. Deswegen brauchen wir feinere
vention von internetbezogenen Störungen überführt Abstufungen.
hat. Die Drogenbeauftragte hatte die Experten um • Die Spielewirtschaft muss ihrer Verantwortung bei
eine umfassende Analyse des Sachstandes und eine diesem Thema gerecht werden und Computerspiele
Zusammenstellung wissenschaftsbasierter Politik- suchtmindernd gestalten (zum Beispiel durch die
empfehlungen zu internetbasierten Störungen transparente Ausweisung von Geldausgaben in Euro
gebeten. anstatt in fiktiven Spielwährungen oder den Verzicht
auf den Verlust von Spielitems oder dem Spielstatus
Auf dieser Grundlage hat Marlene Mortler im Rahmen bei längerer Abwesenheit). Fazit: Jugendschutz per
der Jahrestagung eine Reihe politischer Forderungen Design muss zum Standard werden.
formuliert: • Erforderlich sind der bundesweite Ausbau von
• Wir brauchen eine Forschungsstrategie des Bundes Informationsangeboten zum Thema Medienkompe-
zu den individuellen und gesellschaftlichen Folgen tenz und Internetabhängigkeit in Schulen, Kinder-
der Digitalisierung. Hierzu gehört auch das Themen- gärten und Erziehungsberatungsstellen und eine
feld Internetabhängigkeit. bessere finanzielle Ausstattung für Angebote zur
Frühintervention und zur Behandlung bei Internet Die Drogenbeauftragte hat eine Übersichtsseite mit
abhängigkeit. Links zu Beratungs- und Hilfsangeboten für Eltern und
Betroffene geschaltet:
Der Beschluss des Drogen- und Suchtrates zur http://www.drogenbeauftragte.de/themen/
„Prävention internetbezogener Störungen“ ist abrufbar suchtstoffe-und-abhaengigkeiten/computerspiele-
unter: sucht-und-internetsucht/webholic-themenseite.html
http://www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-
dba/Drogenbeauftragte/4_Presse/1_Pressemitteilun- Mehr zum Thema Internetabhängigkeit lesen Sie im
gen/2016/2016_3/Reinschr.Beschlussfassg.-AG-Online- Kapitel Suchtstoffe, Suchtformen und Regulierung.
sucht.pdf
FASD: Diagnose und Unterstützung
Im ersten Jahr ihrer Amtszeit rückte Marlene Mortler
die Folgen des Alkoholkonsums in den Mittelpunkt
ihrer Arbeit: Jedes Jahr kommen Schätzungen zufolge
in Deutschland etwa 10.000 Babys mit alkoholbeding-
ten Schädigungen (sogenannte fetale Alkoholspekt-
rum-Störungen – FASD) auf die Welt, mehr als 2.000
von ihnen mit dem Vollbild des Fetalen Alkoholsyn-
droms (FAS). Ein Ergebnis des Jahresschwerpunktes
2014 war die Feststellung, dass ein großer Teil der
jungen Patientinnen und Patienten nicht richtig
diagnostiziert wird. Eine frühe, korrekte Diagnose ist
Die Drogenbeauftragte im Gespräch bei der Jahrestagung 2016, bei jedoch wichtig, um die betroffenen Kinder und
der Projekte aus dem ganzen Bundesgebiet über ihre Beratungs- Jugendlichen adäquat zu fördern und ihnen ein
und Unterstützungsangebote für Kinder, Jugendliche und Eltern
informierten | © Drogenbeauftragte/Grabowsky möglichst selbstständiges Leben zu ermöglichen. Aus
diesem Grund hat sich die Drogenbeauftragte sehr für
Auch die Sommerreise der Drogenbeauftragten stand Erfahrungen des bundesweit ersten Wohngruppenan-
im Zeichen des Jahresschwerpunktes zur Internetab- gebotes für internetabhängige Jugendliche. Dabei
hängigkeit. Marlene Mortler besuchte unter anderem betonten die Experten, dass das Therapieziel im Bereich
die Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psycho- der Internetabhängigkeit nicht Abstinenz lauten könne,
therapie der Medizinischen Hochschule Hannover, in sondern Medienkompetenz.
der sie mit jungen Männern ins Gespräch kam, die von
Internetspiel- und Internetkaufsucht betroffen sind.
Außerdem wurde ihr der Stand der Forschung zu den
neurobiologischen Hintergründen der Abhängigkeit von
digitalen Angeboten erläutert: Was ist im Gehirn eines
Menschen eigentlich geschehen, der es nicht mehr
schafft, die Welt eines Rollenspieles zu verlassen?
Es folgten Besuche bei der Drogenhilfe Köln, die ü ber
langjährige Erfahrungen in der Prävention von exzessi-
ver Mediennutzung verfügt und umfassende ambulante
Beratungsangebote bietet. Bei Auxilium Reloaded in
Dortmund informierte sich Marlene Mortler über die
Die Drogenbeauftragte beim Besuch der Medizinischen
Hochschule Hannover | © Drogenbeauftragte/Pietsch
die Entwicklung einer medizinischen Leitlinie zur hatte ihre Erstellung finanziell ermöglicht – unterstützt
FASD-Diagnostik eingesetzt, welche dann durch das die behandelnden Ärzte und Therapeuten dabei, die
Bundesministerium für Gesundheit gefördert worden richtige Behandlung für Abhängige zu finden.
ist. 2016 konnte die S3-Leitlinie fertiggestellt und der
Fachwelt präsentiert werden. Anhand der entwickelten
standardisierten Kriterien können betroffene Kinder
und Jugendliche in Deutschland besser diagnostiziert
und gefördert werden. Fehldiagnosen der Kinder und
Komplikationen von FASD können vermieden und
Pflege-, Adoptiv- und leibliche Eltern in geeigneter
Form unterstützt werden. Die Leitlinie kann in einer
Kurz- sowie in einer Langfassung abgerufen werden:
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/022-025.html
Außerdem konnte Marlene Mortler 2016 gemeinsam Pressekonferenz zur Vorstellung der S3-Leitlinie zu Methampheta-
mit dem Evangelischen Sonnenhof e. V. in Berlin ein min-bezogenen Störungen |
© Drogenbeauftragte/Altenburg
von der Drogenbeauftragten unterstütztes und am
Sonnenhof entwickeltes Handbuch vorstellen – das
erste in Deutschland, das sich direkt an von FASD Die Leitlinie kann in einer Kurz- sowie in einer
betroffene Menschen richtet. Bisher fehlte es an Langfassung abgerufen werden:
konkreten Unterstützungsangeboten, die den Betroffe- www.crystal-meth.aezq.de
nen helfen, ihren Alltag besser zu bewältigen. Diese
Lücke wurde mit dem Handbuch geschlossen. Es Die Präsentation war eingebettet in ein deutsch-tsche-
informiert nicht nur über die Erkrankung, sondern gibt chisches Symposium zur Prävention und Behandlung
auch praktische Tipps für das Zusammenleben mit der Methamphetamin-Abhängigkeit, das auf gemein
anderen Menschen. An der Erarbeitung des Handbuchs same Initiative der Drogenbeauftragten und ihres
haben Erwachsene mit FASD ebenso mitgewirkt wie tschechischen Amtskollegen Jindřich Vobořil durch
ihre Betreuerinnen und Betreuer. die Frankfurt University of Applied Sciences ausgerich-
Mehr zum Thema FASD lesen Sie im Kapitel Suchtstoffe, tet wurde. Für zwei Tage trafen sich in Berlin führende
Suchtformen und Regulierung. Suchtexperten beider Länder, um ihre Erfahrungen
zum Thema Crystal Meth auszutauschen. Für die
Crystal Meth: Prävention und Behandlung meisten von ihnen war es die erste Gelegenheit dieser
Auch der Jahresschwerpunkt 2015 zu Crystal Meth Art. Wie verbreitet ist der Konsum von Crystal Meth auf
wird fortgeführt. Eine Kernaussage der Drogenbeauf- der anderen Seite der Grenze? Welche Konsumenten-
tragten im Rahmen der damaligen Jahrestagung war: gruppen sind jeweils bekannt? Welche Maßnahmen zur
Methamphetamin-Abhängigkeit ist behandelbar. Klar Prävention und Behandlung haben sich als sinnvoll
wurde aber auch, dass vielerorts erhebliche Unsicher- erwiesen? Anders als in Deutschland ist die Substanz in
heiten über die richtige Art der Behandlung bestehen. Tschechien seit über 40 Jahren unter dem Namen
Am 2. Dezember 2016 konnte Marlene Mortler ge- Pervitin als Rauschmittel verbreitet – die Erfahrungen
meinsam mit der Bundesärztekammer und führenden sind umfassend. Im Rahmen einer Abendveranstal-
Suchtmedizinern die weltweit erste S3-Leitlinie zur tung informierten die Experten auf Einladung der
Behandlung von Methamphetamin-Abhängigkeit vor- Drogenbeauftragten auch interessierte Mitglieder des
stellen. Diese soll den Berufsgruppen im Gesundheits- Deutschen Bundestages über den Stand von Wissen-
wesen mehr Handlungssicherheit im Umgang mit akut schaft und Praxis. Die Kooperation zwischen Deutsch-
intoxikierten oder abhängigen Patienten gegeben. Die land und Tschechien wurde auch 2017 fortgesetzt.
Leitlinie – das Bundesministerium für Gesundheit Am 9. und 10. Mai trafen sich die beteiligten Fachleute
erneut, diesmal in Prag. Die grenzüberschreitende die nächsten drei Jahre aufzustocken und diese
Zusammenarbeit bei Prävention und Behandlung der Betriebe für mehr Menschen zu öffnen. Damit erhalten
Methamphetamin-Abhängigkeit zu stärken – auch das auch mehr Menschen mit Suchterkrankungen die
war ein Ergebnis der Jahrestagung 2015. Chance, den Weg zurück ins Arbeitsleben zu finden.
Mehr zum Thema Crystal Meth können Sie im Kapitel Einrichtungen der Suchthilfe sind aufgefordert,
Suchtstoffe, Suchtformen und Regulierung lesen. verstärkt den Kontakt zu Inklusionsbetrieben aufzu-
nehmen und mit diesen zu kooperieren.
Impulse für eine bessere Teilhabe Mehr zum Thema Teilhabe lesen Sie im Kapitel Rahmen-
suchtkranker Menschen bedingungen und Politik.
Von Beginn an hat Marlene Mortler das im Koalitions-
vertrag vereinbarte Ziel, ein modernes Teilhaberecht Nichtraucherschutz „Rauchfrei unterwegs –
für Menschen mit Behinderungen in Form eines Du und Dein Kind“
Bundesteilhabegesetzes zu entwickeln, sehr begrüßt.
Ihr zentrales Anliegen als Drogenbeauftragte war die
Einbeziehung von suchtkranken Menschen. Diese
sollen genauso wie Menschen mit körperlichen
Beeinträchtigungen unterstützt werden.
Eine repräsentative Bevölkerungsumfrage der GfK im Entscheidenden Anteil an der Suchtprävention haben
Frühjahr 2017 ergab, dass bislang etwa 20 Prozent aller unsere Städte, Gemeinden und Landkreise. Auf Anre-
Deutschen von der Kampagne erreicht worden sind. gung der Drogenbeauftragten hat die Bundeszentrale
Das Patenschaftsprojekt „Vergiss mich nicht“ aus Berlin ist einer der Preisträger des Wettbewerbs Kommunale Suchtprävention 2015/2016 |
© BZgA
für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) den 7. Bundes- Informationen zum „Bundeswettbewerb Kommunale
wettbewerb „Vorbildliche Strategien kommunaler Suchtprävention“ finden sich unter:
Suchtprävention“ ausgeschrieben. Ziel war es, vorbild- www.kommunale-suchtpraevention.de
liche innovative Ansätze und Projekte der Suchtvor-
beugung herauszustellen und andere Kommunen zur Eine Vielzahl weiterer Projekte versucht Marlene
Nachahmung zu motivieren. Mit dem Motto „Innovati- Mortler durch die Übernahme von Schirmherrschaften
ve Suchtprävention vor Ort“ sind beispielsweise zu würdigen und zu stärken. Dabei werden die fachli-
Aktivitäten gemeint, die bislang wenig im Fokus che Qualität, die bundespolitische Bedeutung oder
stehende Suchtstoffe in den Blick nehmen, neue auch ein besonderer Modellcharakter des betreffenden
Zielgruppen ansprechen, andere Zugangswege, wie Vorhabens berücksichtigt. Einige Beispiele:
zum Beispiel soziale Medien, nutzen oder bisher wenig • Kampagne „bunt statt blau“ (seit 2014)
eingebundene Kooperationspartner beteiligen. • „Klasse 2000“ (seit 2014)
Insgesamt haben 68 Städte, Gemeinden und Kreise aus • Deutsches Netz Rauchfreier Krankenhäuser &
dem gesamten Bundesgebiet Wettbewerbsbeiträge Gesundheitseinrichtungen DNRfK e. V. (seit 2014)
eingereicht. Es konnte ein Preisgeld in Höhe von • „Hackedicht – Schultour der Knappschaft“ (seit 2015)
insgesamt 60.000 Euro ausgelobt werden. Zudem gab • Deutscher Reha-Tag (2016)
es einen Sonderpreis in Höhe von 10.000 Euro der • Aktionswoche Sucht „Gib 8 auf Dich“ (2016)
gesetzlichen Krankenkassen. • Aktionsbündnis „Alkoholfrei Sport genießen“ (2016)
on und Gesundheitsförderung zu erreichen, desto zur Drogen- und Suchtpolitik mit ihren konkreten
wahrscheinlicher ist es, dass ein problematisches Maßnahmen und Zielvorgaben im Bereich der
Konsumverhalten verhindert werden kann. Suchtprävention in eine übergreifende nationale
Präventionsstrategie eingebettet werden soll. Vorrangi-
Beratung und Behandlung, Hilfen zum Ausstieg: ges Ziel von Suchtprävention ist es, die Gesundheit
Beratungs- und Behandlungsangebote sind notwendig, jedes Einzelnen zu fördern, Abstinenz zu erhalten
um Suchtkranken beim Ausstieg aus dem Kreislauf der sowie Missbrauch und Abhängigkeit entgegenzuwir-
Sucht zu helfen. Vielfältige Angebote ambulanter und ken. Der Fokus der nationalen Suchtprävention liegt
stationärer Hilfen existieren bereits in Deutschland. dabei entsprechend den beiden Nationalen Gesund-
Diese gilt es zu erhalten und zu stärken, damit jeder heitszielen „Tabakkonsum reduzieren“ und „Alkohol-
Suchtkranke das Angebot zur Beratung und Behand- konsum reduzieren“ auf den legalen und weitverbreite-
lung in Anspruch nehmen kann, das er benötigt. ten Substanzen Tabak und Alkohol.
Maßnahmen zur Schadensreduzierung: Überlebens Neben der Vermeidung bzw. Hinauszögerung des
hilfen oder Maßnahmen zur Schadensminimierung Einstiegs in den Konsum legaler und illegaler Drogen
wie zum Beispiel Drogenkonsumräume mit Angeboten sind die Früherkennung und Frühintervention bei
zum Spritzentausch stabilisieren die gesundheitliche riskantem Konsumverhalten und die Reduzierung von
und soziale Situation des Suchtkranken. Sie können Suchtmittelmissbrauch und -abhängigkeit wichtige
eine wichtige Voraussetzung für einen späteren Ziele der Suchtprävention. Verschiedene repräsentative
Ausstieg aus der Sucht sein. Bevölkerungsbefragungen (Drogenaffinitätsstudie,
Epidemiologischer Suchtsurvey, GEDA etc.), die
Repression und Regulierung: Ein weiteres Element der deutschlandweit in regelmäßigen Abständen durchge-
Drogen- und Suchtpolitik sind gesetzliche Regulierun- führt werden, zeigen, inwieweit sich der Suchtmittel-
gen zur Angebotsreduzierung und allgemeine Verbote. konsum verändert und die Ziele der Suchtprävention
Dazu gehören beispielsweise Nichtraucherschutzgeset- erreicht werden.
ze, das Jugendschutzgesetz und das Betäubungsmittel-
recht. Von großer, auch internationaler Bedeutung ist Moderne Suchtprävention erreicht Zielgruppen
die Bekämpfung der Drogenkriminalität. systematisch in ihren Lebenswelten und ist bestrebt,
eine gesundheitsförderliche Veränderung von Wissen,
Suchtprävention Einstellungen und Verhaltensweisen zu bewirken.
Jährlich sterben in Deutschland 120.000 Menschen an Dabei wird vorrangig ein salutogenetischer Ansatz im
den Folgen des Tabakkonsums, weitere 40.000 Men- Sinne einer Ressourcenstärkung, also Lebenskompe-
schen sterben an den Auswirkungen schädlichen tenz- und Risikokompetenzstärkung, verfolgt.
Alkoholkonsums und etwa 1.300 Todesfälle sind direkt
auf den Konsum illegaler Drogen zurückzuführen. Maßnahmen der Suchtprävention fallen in die
Neben Suchttherapie und Repression ist daher Sucht Zuständigkeit der Ministerien auf Bundes- und
prävention zentraler Bestandteil einer umfassenden Landesebene und werden insbesondere durch die
Sucht- und Drogenpolitik, denn zielgerichtete und auf Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA),
wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte Suchtpräven- die Länder, die kommunale Ebene und die Selbstver-
tion leistet einen bedeutsamen Beitrag dazu, die waltungen der Versicherungsträger umgesetzt.
Gesundheit der Bevölkerung zu steigern, die gesell-
schaftlichen Kosten zu senken und die Lebensqualität Bundesweite Maßnahmen der Suchtprävention sind
zu erhöhen. Der Stellenwert der Suchtprävention zeigt zum Beispiel die entsprechend dem Public Health
sich unter anderem darin, dass die Nationale Strategie Action Cycle und den Maßgaben des Social Marketings
Zur Unterstützung dieser gesetzlichen Pflicht sieht aufgrund psychischer Erkrankungen ist in den letzten
das BTHG ab 2018 die Förderung von auf fünf Jahre zehn Jahren deutlich angestiegen. Für einen bedeuten-
befristeten Modellvorhaben mit einem Finanzvolumen den Anteil an Fehltagen sind Suchtmittelmissbrauch
von insgesamt einer Milliarde Euro bei den Jobcentern und -abhängigkeit verantwortlich. So standen im Jahr
(im Rechtskreis SGB II) und der gesetzlichen Renten- 2014 beispielsweise Alkoholerkrankungen bei Män-
versicherung (im Rechtskreis SGB VI) vor. nern mit knapp sieben Prozent an dritter Stelle der
häufigsten Ursachen für psychisch bedingte Krank-
Die Jobcenter und Rentenversicherungsträger sollen schreibungen. Nicht nur erwerbstätige, sondern auch
Aktivitäten entwickeln, um den Eintritt einer Behinde- arbeitslose Menschen leiden unter psychischen
rung oder chronischen Krankheit zu vermeiden. Im Störungen und Suchtmittelkonsum. So ist bei mehr als
Rahmen der Modellvorhaben soll das Augenmerk auf einem Drittel der SGB-II-Leistungsbezieher innerhalb
komplexe Krankheitsbilder gerichtet werden. Damit eines Jahres mindestens eine psychische Beeinträchti-
soll insbesondere auch den psychischen Beeinträchti- gung festgestellt worden. Alkoholerkrankungen sind
gungen einschließlich Suchterkrankungen Rechnung nach Depressionen bei Männern der zweithäufigste
getragen werden. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage Grund für eine psychisch bedingte Frührente.
Die Modellvorhaben sollen vor dem Eintritt von Die Förderung in Höhe von jährlich 58 Millionen Euro
Rehabilitationsbedarfen, von Erwerbsminderungs erfolgt aus Bundesmitteln und ist zunächst bis zum
renten oder Übergängen in Werkstätten für behinderte 31. Dezember 2022 befristet.
Menschen ansetzen und neue Wege entwickeln und
erproben. Die beiden sozialrechtlichen Grundprinzipi- Gleichwohl sind die Rehabilitationsträger, wie alle
en „Prävention vor Rehabilitation“ und „Rehabilitation Leistungsträger nach § 14 SGB I, auch weiterhin zur
vor Rente“ zur frühzeitigen Vermeidung von Zugängen umfassenden Beratung der Leistungsberechtigten
in die Erwerbsminderungsrente und in die Eingliede- verpflichtet und nach § 12 SGB IX nunmehr aufgefor-
rungshilfe erfahren damit eine wesentliche Stärkung. dert, hierzu untereinander vernetzte Ansprechstellen
Davon sollen auch Menschen mit Suchterkrankungen einzurichten. Diese Verpflichtung tritt an die Stelle der
bzw. -gefährdungen profitieren. bisherigen Gemeinsamen Servicestellen und ist
aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung der einzelnen
Teilhabeberatung Rehabilitationsträger verbindlicher als die bisherige
Das Ziel einer besseren Koordination und Kooperation Regelung. Die Verpflichtung nach § 12 SGB IX umfasst
der Rehabilitationsträger wird mit dem Bundesteil zukünftig auch die Jobcenter, obwohl sie keine
habegesetz (BTHG) konsequent weiterverfolgt. Insbe- Rehabilitationsträger sind, um Lücken in der Beratung
sondere das trägerübergreifende und partizipati- und Vernetzung zu schließen.
ve Teilhabeplanverfahren sowie die Einführung eines
ergänzenden, von Leistungsträgern und Leistungs Nach § 12 SGB IX müssen die Rehabilitationsträger
erbringern unabhängigen Teilhabeberatungsangebotes innerhalb ihrer Organisationen entscheiden, welche
sollen künftig deutlich bessere Beratung und Unter- Stelle im Sinne einer Auskunfts- oder Kontaktstelle für
stützung bieten, die Menschen mit (drohenden) die Vermittlung der Informationsangebote verantwort-
Behinderungen und ihren Angehörigen als niedrig- lich ist. Hiervon wird auch die Kommunikation mit
schwellige Angebote bundesweit zur Verfügung stehen. anderen Rehabilitationsträgern und mit Arbeitgebern
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales umfasst. Durch die konkrete Benennung von organisa-
erarbeitet derzeit die notwendigen Voraussetzungen tionsinternen Ansprechpartnern wird anstelle der
und Details für die ergänzende unabhängige Teil bisherigen Gemeinsamen Servicestellen ein wirksame-
habeberatung, damit die Förderung mit Inkrafttreten rer und effizienterer Informationsaustausch sicherge-
der Regelung des neuen § 32 SGB IX zum 1. Januar 2018 stellt. Weiter gehende Maßnahmen, wie zum Beispiel
beginnen kann. die Einrichtung von Beratungsteams oder internetba-
sierten Informationsangeboten, liegen im Ermessen
Grundsätzlich gefördert werden von Leistungsträgern der Rehabilitationsträger und sollen auf die Bedürfnis-
und Leistungserbringern unabhängige regionale se der Leistungsberechtigten ausgerichtet werden. Die
Beratungsangebote, die bestehende Beratungsangebote Regelung besonderer Ansprechstellen der Rehabilitati-
ergänzen. Die Beratungsmethode des „Peer Counse- onsträger ist erforderlich, da die allgemeine Auskunfts-
ling“, die Ratsuchende ermächtigt, mehr Selbstbe- pflicht nach § 15 SGB I nur ausgewählte Leistungsträ-
wusstsein und Eigenverantwortung wahrzunehmen, ger betrifft. Durch die Bezugnahme auf § 15 Absatz 3
ist ein besonderes Förderkriterium und wird Menschen SGB I werden die Ansprechstellen der Rehabilitations-
mit Behinderungen künftig eine deutlich bessere träger zudem verpflichtet, wirksam zusammenzuarbei-
Beratung und Unterstützung bieten. Die ergänzende ten, um eine umfassende Information durch eine Stelle
unabhängige Teilhabeberatung soll insbesondere im und die gegenseitige Information sicherzustellen.
Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen den
Ratsuchenden die notwendige Orientierung zur
Erkennung von Teilhabemöglichkeiten geben.
• Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt die Studie • Die Repräsentativbefragungen der Bundeszentrale
GEDA 2014/2015-EHIS (Gesundheit in Deutschland für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigen, dass
aktuell 2014/2015-European Health Interview sich der Anteil der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen,
Survey), eine bundesweite Befragung der erwachse- die rauchen, seit dem Jahr 2001 deutlich reduziert
nen Wohnbevölkerung in Deutschland, die im hat. Er ist von 27,5 % im Jahr 2001 auf unter 10 % im
Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit Jahr 2015 gesunken. Auch unter jungen Erwachsenen
vom Robert Koch-Institut (RKI) durchgeführt wird. im Alter von 18 bis 25 Jahren wird weniger geraucht.
Zwischen 2003 und dem letzten Erhebungszeitraum Während 2001 mit 44,5 % noch fast jeder Zweite
2014/2015 ist die Raucherquote demnach von 33,8 % dieser Altersgruppe rauchte, trifft das im Jahr 2015
auf 23,8 % gesunken. Bei Männern betrug der auf weniger als jeden Dritten zu. Sowohl bei den
Rückgang fast 12, bei Frauen gut 8 Prozentpunkte. Jugendlichen als auch den jungen Erwachsenen ist
diese Entwicklung in beiden Geschlechtergruppen
ABBILDUNG 01: erkennbar.
ZEITLICHE ENTWICKLUNG DER RAUCHQUOTE BEI
ERWACHSENEN MÄNNERN UND FRAUEN (18+) Der Anteil der Nieraucherinnen und Nieraucher ist im
(IN PROZENT)
Zeitraum von 2001 bis 2015 deutlich gestiegen. Bei der
Befragung der BZgA im Jahr 2001 gaben 40,5 % der 12-
50 bis 17-Jährigen an, noch nie geraucht zu haben – 2015
sind es fast doppelt so viele. Auch unter den jungen
40 Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren hat sich der
38,8
31,4
Anteil der Nieraucherinnen und Nieraucher statistisch
30
33,9 33,9 signifikant erhöht. Diese positiven Entwicklungen
27,0
zeigen sich sowohl bei den männlichen als auch den
29,2 26,2
26,1 weiblichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
23,9
20
20,8
ABBILDUNG 02:
VERBREITUNG DES RAUCHENS BEI 12- BIS 17-JÄHRIGEN JUGENDLICHEN UND 18- BIS 25-JÄHRIGEN JUNGEN
ERWACHSENEN INSGESAMT UND NACH GESCHLECHT VON 2001 BIS 2015
50
40
30 28,1
26,2
24,2
20
10
7,8
0
2001 2003 2004 2005 2007 2008 2010 2011 2012 2014 2015
50 50
40 40
30 30
20 20
10 10
0 0
Männer Frauen 18–29 Jahre 30–44 Jahre 45–64 Jahre 65+ Jahre
Mit Blick auf das Alter (siehe Abbildung 04) zeigt sich, ABBILDUNG 05:
dass die Rauchquote bei Männern im Alter zwischen 30 ANTEIL DER RAUCHER UND RAUCHERINNEN NACH
und 44 Jahren und bei Frauen in der Altersgruppe der SOZIALSTATUS (IN PROZENT)
18- bis 29-Jährigen am höchsten ist. Die niedrigsten
Rauchquoten finden sich bei den über 65-Jährigen. 50
ABBILDUNG 06:
VERBREITUNG DES RAUCHENS NACH BILDUNGS- UND SOZIALEN MERKMALEN BEI 12- BIS 25-JÄHRIGEN
IM JAHR 2015
50
40
30
20
10
0
e
le
se
le
de
e
de
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tig
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ud
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Gy
ru
Ha
St
w
s
sz
Gy
Ge
Be
Er
Au
Die Drogenaffinitätsstudie 2015 zeigt außerdem, dass Vor allem Raucher probieren E-Zigaretten aus, wobei
jeder vierte (27,3 %) 12- bis 17-jährige Jugendliche ein regelmäßiger Konsum selten ist. Raucher verwen-
Wasserpfeifen, jeder siebte (13,5 %) E-Shishas und jeder den die Produkte meist als weniger schädliche Alterna-
zehnte (12,1 %) E-Zigaretten ausprobiert hat. Das tive zu Tabakzigaretten, um weniger zu rauchen oder
Ausprobieren von E-Shishas ist bei den Jugendlichen um ganz mit dem Rauchen aufzuhören (DKFZ, 2016) –
weiter verbreitet als bei 18- bis 25-jährigen Erwachse- eine wissenschaftlich fundierte Aussage zum tatsäch
nen (10,1 %). Mit dem Konsum von Wasserpfeifen lichen Nutzen von E-Zigaretten als Hilfsmittel beim
(68,4 %) und E-Zigaretten (20,7 %) haben die jungen Rauchstopp ist derzeit allerdings nicht möglich
Erwachsenen die größere Erfahrung. (Hartmann-Boyce et al., 2016; El Dib et al., 2016). Auch
Jugendliche – selbst solche, die noch nie eine Tabak
Elektronische Zigaretten zigarette geraucht haben – interessieren sich für diese
Elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) vernebeln Produkte. In Deutschland ist der Jemalskonsum von
eine – meist nikotinhaltige – Flüssigkeit (Liquid) und E-Zigaretten unter Jugendlichen und jungen Erwach-
der Konsument inhaliert das dabei entstehende senen höher als bei älteren Menschen (DKFZ, 2016;
Aerosol ähnlich wie beim Rauchen. Die Hauptbestand- Yoong et al., 2016). Ein regelmäßiger Konsum ist
teile der E-Zigaretten-Liquids sind Propylenglykol allerdings auch unter Jugendlichen selten und sie
und/oder Glyzerin, Aromen und zumeist Nikotin. Die verwenden eher nikotinfreie als nikotinhaltige
Produkte werden seit etwa 2006 vor allem im Internet, E-Zigaretten (DKFZ, 2016; Eichler et al., 2016). Seit April
zunehmend auch in Spezialläden, Tabakwarenläden 2016 dürfen in Deutschland Kinder und Jugendliche
und in Supermärkten angeboten. bis 18 Jahre E-Zigaretten weder kaufen noch in der
Öffentlichkeit verwenden.
ABBILDUNG 07:
GRÜNDE VON RAUCHERN FÜR DIE VERWENDUNG VON E-ZIGARETTEN IM JAHR 2016
Um weniger zu rauchen
23,4
0 10 20 30 40 %
E-Zigaretten sind im Vergleich zu Tabakzigaretten Darüber hinaus leiden Raucherinnen und Raucher an
deutlich weniger schädlich, aber sie sind auch keine einer schlechteren Immunabwehr, weisen vermehrt
harmlosen Lifestyleprodukte. Das Aerosol enthält – in Erkrankungen an den Zähnen und der Mundhöhle auf,
deutlich geringerer Menge als Tabakrauch – gesund- leiden unter beschleunigter Hautalterung und haben
heitsschädliche und krebserzeugende Substanzen wie ein erhöhtes Risiko für Diabetes. Rauchende Männer
Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein, flüchtige Kohlen- sind häufiger impotent. Raucherinnen kommen früher
wasserstoffe und Metalle wie Blei, Nickel, Cadmium. ins Klimakterium, sind besonders osteoporosegefähr-
Um welche Größenordnung E-Zigaretten weniger det, haben häufiger Zyklusstörungen und eine herab-
schädlich als Tabakzigaretten sind, lässt sich momen- gesetzte Fruchtbarkeit. Das Rauchen in der Schwanger-
tan jedoch nicht quantifizieren. Die langfristigen schaft ist zudem mit erheblichen Gesundheitsrisiken
gesundheitlichen Folgen des E-Zigaretten-Konsums für das Ungeborene verbunden.
sind derzeit unbekannt (Pisinger, 2016).
Volkswirtschaftliche Folgen
Die Schadstoffe aus dem Aerosol gelangen auch in die Nach aktuellen Schätzungen belaufen sich die direkten
Raumluft und können von Nichtkonsumenten in den Kosten für die Versorgung von Krankheiten und
Körper aufgenommen werden. Derzeit ist eine Ab- Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit dem
schätzung der potenziellen Gesundheitsgefährdung für Rauchen auf 25,4 Milliarden Euro jährlich. Die direkten
Nichtkonsumenten nicht möglich, eine Gesundheits- Kosten unter Einbeziehung von Erwerbsunfähigkeit,
gefährdung Dritter kann jedoch nicht ausgeschlossen Frühberentung und Todesfällen wurden auf 53,7
werden (Fernández, 2016). Milliarden Euro jährlich geschätzt, sodass von einem
gesamtwirtschaftlichen Schaden von insgesamt 79,1
Gesundheitliche Folgen des Rauchens Milliarden Euro auszugehen ist (Deutsches Krebsfor-
In der Gesamtstichprobe des Epidemiologischen schungszentrum, 2015; Effertz, 2015).
Suchtsurveys wiesen 10,8 % der Männer und 8,2 % der
Frauen Hinweise auf eine Nikotinabhängigkeit nach Neue Regelungen
den Kriterien des FTND (Fagerström-Test für Nikotin- Bundesregierung und Deutscher Bundestag haben im
abhängigkeit) auf. Dies entspricht insgesamt etwa Berichtszeitraum in der Tabakpolitik eine Reihe neuer
4,84 Millionen Personen im Alter zwischen 18 und gesetzgeberischer Maßnahmen ergriffen. Die wichtigs-
64 Jahren. ten im Überblick:
IM FOKUS
Gehirn
● Abhängigkeit Augen
● Zerebrovaskuläre Erkrankungen ● Blindheit
(Schlaganfall) ● Katarakte (grauer Star)
● Altersbedingte Makuladegeneration
Atemwege
● Akute Erkrankungen der Atemwege Zähne und Zahnhalteapparat
(Lungenentzündung etc.) ● Parodontose
● Chronische Erkrankungen der ● Karies*
Atemwege (Atemnot etc.) ● Versagen von Zahnimplantaten*
● Chronische obstruktive Lungen
erkrankung (COPD) Stoffwechsel
● Tuberkulose ● Typ-2-Diabetes
● Asthma
Magen und Darm
● Chronische entzündliche
Herz-Kreislauf-System Darmerkrankungen*
● Koronare Herzerkrankungen
● Magengeschwüre
(Herzinfarkt) ● Aneurysmen der Bauchaorta
● Atherosklerose
● Periphere arterielle Verschluss
erkrankungen (Raucherbein etc.)
Fortpflanzung
● Erektionsstörungen
● Verminderte Fruchtbarkeit
Knochen und Gelenke
bei Frauen
● Rheumatische Arthritis
● Schwangerschaftskompli
● Verminderte Knochenstärke
kationen
bei Frauen nach der Menopause ● Schäden für das Ungeborene
● Hüftfrakturen
und Langzeitfolgen
Allgemeine Beeinträchtigungen …
● der Immunfunktion
● der allgemeinen Gesundheit
● von Operationserfolgen
* Kausaler Zusammenhang wahrscheinlich.
Krebs Krebspatienten
● Rachen ● Akute Myeloische ● Bauchspeicheldrüse ● Verschlechterung des Gesundheits
● Kehlkopf Leukämie ● Nieren und Harnleiter zustandes bei Krebspatienten und
● Speiseröhre ● Brust* ● Blase Überlebenden
● Luftröhre ● Magen ● Dick- und Enddarm ● Erhöhtes Risiko für weitere Krebs
● Lunge ● Leber ● Gebärmutterhals erkrankungen bei Überlebenden
• Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen sind physische Abhängigkeit und Herz-Kreislauf-Erkran-
verboten, wenn sie ein charakteristisches Aroma kungen, seit Längerem bekannt sind, hatten Studien
haben, in ihren Bestandteilen Aromastoffe enthalten des Bundesinstitutes für Risikobewertung und des
oder sonstige technische Merkmale aufweisen, die Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) auch
den Geruch, Geschmack oder die Rauchintensität die gesundheitlichen Risiken des Konsums von
verändern. Dies gilt ebenso, wenn der Filter, das nikotinfreien E-Zigaretten und E-Shishas für Kinder
Papier oder Kapseln Tabak oder Nikotin enthalten. und Jugendliche belegt.
• Für neuartige Tabakerzeugnisse ist künftig in
Deutschland eine Zulassung erforderlich. Zudem wurde mit der Gesetzesnovellierung sicher
• Erstmals werden auch spezielle Anforderungen an gestellt, dass die Abgabeverbote von Tabakwaren,
die Sicherheit und das Inverkehrbringen nikotinhal- E-Zigaretten und E-Shishas an Kinder und Jugendli-
tiger elektronischer Zigaretten und Nachfüllbehälter che auch im Wege des Versandhandels Anwendung
geregelt. Es gelten die gleichen Werbebeschränkun- finden.
gen, wie sie für Tabakerzeugnisse bereits bestehen.
– Erhöhung der Tabaksteuer
Zudem wurde am 21. Juni 2016 die Erste Verordnung Mit der fünften Steuererhöhung des Tabaksteuermo-
zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung im dells wurde die Tabaksteuer für Zigaretten und
Bundesgesetzblatt verkündet. Sie passt das nationale Feinschnitt am 1. Januar 2015 erneut erhöht. Zum
Tabakrecht durch Verweise an zwei Durchführungs- 15. Februar 2016 stieg zudem der Mindeststeuersatz
rechtsakte der EU-Kommission an. Ferner wurden für Zigaretten an. § 25 Absatz 2 des Tabaksteuergeset-
mit der Zweiten Änderungsverordnung der Tabaker- zes vom 15. Juli 2009 wurde zu Beginn des Jahres
zeugnisverordnung vom 19. Mai 2017 die Zusatz 2016 gleichfalls neu gefasst. Danach darf die Klein-
stoffverbote nach der Tabakprodukt-Richtlinie in verkaufspackung für Zigaretten 20 Stück (zuvor
Tabakerzeugnissen und in nikotinhaltigen elektroni- 19 Stück) nicht unterschreiten.
schen Zigaretten und Nachfüllbehältern durch
Einzelstoffe konkretisiert. – Bekämpfung Tabakschmuggel
Das Bundeskabinett hat am 8. Februar 2017 den
– Jugendschutz bei E-Zigaretten und E-Shishas Entwurf eines Gesetzes zur Ratifikation des Proto-
Nach dem Jugendschutzgesetz dürfen in Gaststätten, kolls der Weltgesundheitsorganisation zur Unter
Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit bindung des unerlaubten Handels mit Tabaker
Tabakwaren an Kinder oder Jugendliche unter zeugnissen (Tabakschmuggelprotokoll) beschlossen.
18 Jahren weder abgegeben noch darf diesen das Ziel des Protokolls ist es, den illegalen Handel mit
Rauchen gestattet werden. Mit dem Gesetz zum Tabakwaren einzudämmen, durch den besondere
Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den gesundheitliche Gefahren entstehen und Steuer
Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaret- einnahmen verloren gehen.
ten und elektronischen Shishas, das am 1. April 2016
in Kraft getreten ist, wurden die Abgabe- und Das Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten
Konsumverbote des Jugendschutzgesetzes und des Handels mit Tabakerzeugnissen geht auf Artikel 15
Jugendarbeitsschutzgesetzes für Tabakwaren auf des Tabakrahmenübereinkommens der Weltgesund-
E-Zigaretten und E-Shishas ausgedehnt. In den heitsorganisation (WHO-FCTC) zurück. Danach
Anwendungsbereich der gesetzlichen Vorschriften haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, gegen
wurden nicht nur nikotinhaltige, sondern auch alle Formen des illegalen Handels mit Tabakproduk-
nikotinfreie E-Zigaretten und E-Shishas einbezogen. ten, insbesondere gegen Schmuggel, illegale Herstel-
Denn nachdem die gesundheitlichen Risiken des lung und Fälschung, vorzugehen. Es setzt verbind
Suchtstoffs und Nervengifts Nikotin, darunter liche Standards zur Unterbindung des illegalen
Handels für die Vertragsstaaten und bildet einen Tabakpolitik der Weltgesundheitsorganisation
Rahmen für die internationale Zusammenarbeit. (WHO)
Dabei geht es unter anderem um ein Lizenz- bzw. Die 7. Vertragsparteienkonferenz zur Tabakrahmen-
Kontrollsystem sowie ein weltweites Verfolgungs- konvention der WHO fand im November 2016 in
und Rückverfolgungssystem für Tabakprodukte. Indien statt. Insgesamt erbrachte die Konferenz einige
Weiterhin werden im Protokoll Buchführungspflich- wichtige Fortschritte für die weitere Gestaltung und
ten und die Verfolgung von Verstößen gegen Umsetzung des Tabakrahmenabkommens, die mit den
Protokollbestimmungen geregelt. Das Protokoll zielt europäischen und deutschen Interessen übereinstim-
auf eine umfassende Überwachung der gesamten men und die gesundheitlichen Aspekte der Tabakkon
Lieferkette für Tabakerzeugnisse ab. Dazu wird jede trolle stärken. Der Beschluss zu E-Zigaretten nimmt
Verpackung (Zigaretten innerhalb von fünf Jahren, unter anderem auf den aktuellen WHO-Bericht zu den
andere Tabakerzeugnisse innerhalb von zehn Jahren) gesundheitlichen Risiken von E-Zigaretten und
mit einer eindeutigen Kennzeichnung (Code) nikotinfreien E-Zigaretten Bezug. Die Handlungsemp-
versehen, um den Lieferweg der Tabakerzeugnisse fehlungen im Beschlussentwurf richten sich vorrangig
rekonstruieren und um festzustellen zu können, an an Vertragsparteien, die noch keine Regulierungsmaß-
welchem Punkt der Lieferkette Tabakerzeugnisse nahmen getroffen haben.
entzogen wurden.
Seit der letzten Vertragsparteienkonferenz wurde in
Tabakwaren werden in der Bundesrepublik Deutsch- einer Arbeitsgruppe zu den Artikeln 9 und 10 der
land unter festgelegten Voraussetzungen produziert Tabakrahmenkonvention (Inhaltsstoffe von Tabaker-
und gehandelt. Nur entsprechend hergestellte zeugnissen) ein Leitlinienprozess vorangetrieben. Die
Tabakwaren sind verkehrsfähig und können mit Leitlinien enthalten wissenschaftlich basierte Maßnah-
einem deutschen Steuerzeichen in den Handel men, die die Vertragsparteien bei der Verringerung des
gelangen. Tabakkonsums durch Regelung der Inhaltsstoffe und
Emissionen von Tabakprodukten sowie deren Offenle-
Bei illegal hergestellten Tabakwaren gibt es keinerlei gung unterstützen sollen. Das Konzept zur Verringe-
Kontrollmechanismen im Herstellungsprozess. Die rung der Attraktivität von Tabakerzeugnissen wurde
Einhaltung der nach deutschem Recht vorgesehenen erfolgreich weiterentwickelt und von Inhaltsstoffen
Vorgaben – beispielsweise zu Inhaltsstoffen und auf Produkteigenschaften und Designmerkmale
Höchstmengen – ist bisher nicht gewährleistet. Die übertragen. Zum Suchtpotenzial wird es weitere
Bundeszollverwaltung hat 2015 75 Millionen und Expertenkonsultationen geben. Im Hinblick auf die
2016 121 Millionen geschmuggelte Zigaretten in Umsetzung von Artikel 19 (Haftungsfragen) wurde
Deutschland sichergestellt. beschlossen, dass das Sekretariat der Konvention das
von einer Expertengruppe entwickelte Toolkit auf der
In Deutschland und Europa werden viele Regelun- WHO-FCTC-Informationsplattform zur Verfügung
gen des Protokolls bereits umgesetzt. Ziel des stellt und regelmäßig aktualisiert.
Protokolls ist es, diese Standards weltweit zu etablie-
ren. Das Protokoll wurde von der 5. Konferenz der Die Tabakrahmenkonvention (Framework Convention
Vertragsparteien des Tabakrahmenübereinkommens on Tabacco Control) der WHO wurde als völkerrechtli-
am 12. November 2012 angenommen. Es tritt in cher Vertrag durch die 56. Weltgesundheitsversamm-
Kraft, wenn es 40 Vertragsparteien des Tabak lung 2003 beschlossen und trat 2005 in Kraft. 179 Ver-
rahmenübereinkommens ratifiziert, angenommen,
genehmigt oder förmlich bestätigt haben oder ihm
beigetreten sind. Zum Inkrafttreten fehlen derzeit
noch 15 Länder.
tragsparteien, darunter Deutschland und die EU, haben Ausgaben der Tabakindustrie für Werbung,
sich rechtlich an das Übereinkommen gebunden. Die Promotion und Sponsorship
Konvention umfasst Maßnahmen und Verpflichtungen
Gemäß Artikel 13 der Tabakrahmenkonvention
der Vertragspartner, die vor allem Herstellung, Wer-
(FCTC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind
bung, Deklarierung und Verkauf von Tabakprodukten
die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Werbeausgaben
betreffen. Damit sollen Menschen besser vor den
der Tabakindustrie offenzulegen. Die Verbände und
Folgen des Tabakkonsums und des Passivrauchens
Firmen der Tabakindustrie teilen ihre Werbeaufwen-
geschützt werden. Die Tabakrahmenkonvention ist das
dungen nach Werbeträgern gegliedert und notariell
erste globale Gesundheitsübereinkommen und gilt für beglaubigt jährlich der Drogenbeauftragten der
rund 90 % der Weltbevölkerung. Bundesregierung mit.
TABELLE 01:
ZUSAMMENSTELLUNG DER JÄHRLICHEN TABAKWERBEAUSGABEN (IN 1.000 EURO, WERT JEWEILS GERUNDET)
Direkte Werbung 53.089 86.296 81.345 69.214 70.270 80.225 70.186 73.957 93.813
Werbung in 436 504 1.536 719 345 235 300 156 220
Printmedien
Außenwerbung 49.190 78.010 70.983 66.798 68.133 75.986 69.807 72.718 91.206
Werbung im Kino 2.065 1.512 2 1.216 1.785 3.950 78 1.080 2.383
Werbung im Internet 295 188 277 1 7 4 1 4 3
Sonstige Werbung 1.103 6.005 8.494 480 0 50 0 0 1
Keine Zuordnung 0 77 53 0 0 0 0 0 0
Promotion 72.646 102.792 137.495 127.105 122.887 135.397 128.944 116.557 133.091
Sponsorship 3.207 3.681 3.422 2.770 4.517 5.139 6.509 5.610 5.086
Gesamte 128.942 192.769 222.262 199.089 197.674 220.761 205.639 196.124 231.989
Werbeausgaben
Quelle: eigene Darstellung (basierend auf den Angaben der deutschen Tabakwirtschaft nach Art. 13 der Tabakrahmenkonvention)
ABBILDUNG 08:
VERBREITUNG DES REGELMÄSSIGEN ALKOHOLKONSUMS BEI 12- BIS 17-JÄHRIGEN JUGENDLICHEN UND
18- BIS 25-JÄHRIGEN JUNGEN ERWACHSENEN INSGESAMT UND NACH GESCHLECHT VON 2001 BIS 2015
60
50
46,6
40
30 33,6
20
19,9
13,5
10 10,0
6,4
0
2001 2004 2005 2007 2008 2010 2011 2012 2014 2015 2001 2004 2005 2007 2008 2010 2011 2012 2014 2015
ABBILDUNG 09:
ALKOHOLKONSUM VON FRAUEN UND MÄNNERN STRATIFIZIERT NACH ALTERSGRUPPEN
25
20
15
10
0
Gesamt 18–24 25–34 35–44 45–54 55–64 65+
bei Männern als riskant eingestuft. Diese Menge Hinsichtlich des Risikokonsums in verschiedenen
orientiert sich an den Empfehlungen des wissen- Sozialstatusgruppen zeigt sich in der GEDA 2014/2015-
schaftlichen Kuratoriums der DHS (Deutsche EHIS-Studie das aus anderen Erhebungen bekannte
Hauptstelle für Suchtfragen e. V.) zu Grenzwerten für Bild: Bei Frauen ist die Prävalenz des Risikokonsums
den Konsum alkoholischer Getränke. Zur Bestim- in der hohen Sozialstatusgruppe am höchsten. Bei
mung des sozioökonomischen Status wurden Männern lässt sich keine eindeutige Tendenz des
Bildung, Beruf und Einkommen berücksichtigt. Risikokonsums nach Sozialstatusgruppen feststellen.
18,2 % der über 18-jährigen Männer und 13,8 % der Dieses Bild differenziert sich, wenn zum Sozialstatus
über 18-jährigen Frauen sind Risikokonsumenten auch das Alter betrachtet wird. In der Altersgruppe
entsprechend der Definition der Studie. Eine 18 bis 29 Jahre ist der Anteil der männlichen Risiko-
Betrachtung nach Altersgruppen und Geschlecht konsumenten in der niedrigsten Sozialstatusgruppe
zeigt, dass in der Altersgruppe 25 bis 44 Jahre der am höchsten. Bei Frauen dieses Alters zeigen sich
Anteil der Risikokonsumenten bei Männern am dagegen keine eindeutigen Unterschiede im Anteil der
niedrigsten ist. Die höchste Prävalenz des Risiko Risikokonsumentinnen. Bei den über 65-Jährigen ist
konsums weisen 55- bis 64-jährige Männer auf. Bei bei Frauen und Männern die Prävalenz des Risikokon-
Frauen findet sich die höchste Prävalenz in der sums in der hohen Sozialstatusgruppe am höchsten.
Altersgruppe 45 bis 54 Jahre, die niedrigste in der In der Altersgruppe 45 bis 64 Jahre ist bei Frauen die
Altersgruppe 25 bis 34 Jahre. höchste Prävalenz in der hohen Statusgruppe zu
beobachten, bei Männern dagegen unterscheidet sich
ABBILDUNG 10:
ALKOHOLKONSUM VON FRAUEN UND MÄNNERN STRATIFIZIERT NACH ALTERS- UND SOZIALSTATUSGRUPPEN
%
40
30
20
10
0
Hoch
Hoch
Hoch
Hoch
Hoch
Gesamt
Niedrig
Mittel
18–29 Jahre
Niedrig
Mittel
30–44 Jahre
Niedrig
Mittel
45–64 Jahre
Niedrig
Mittel
65+ Jahre
Niedrig
Mittel
Männer Frauen Quelle: RKI, GEDA 2014/2015-EHIS
die Prävalenz nicht in den Statusgruppen. In der und 18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen anhand
Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen zeichnet sich bei verschiedener Merkmale. Von den 12- bis 17-jährigen
Frauen der Zusammenhang mit dem sozialen Status Jugendlichen haben 68,0 % schon einmal Alkohol
bereits ab, bei Männern gibt es dagegen keine Unter- getrunken (Lebenszeitprävalenz des Alkoholkonsums)
schiede im Konsum nach Statusgruppen. bzw. ein Drittel aller Jugendlichen (32,0 %) noch nie.
Etwa jeder zehnte Jugendliche (10,9 %) und jeder dritte
Die Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurveys junge Erwachsene (33,7 %) konsumiert regelmäßig –
und der GEDA-Studie weisen Unterschiede auf. Dies ist also mindestens einmal in der Woche – Alkohol.
in den unterschiedlichen Methodiken der Studien Ungefähr jeder zwanzigste Jugendliche (4,5 %) und
begründet. Für die Definition riskanten Alkoholkon- jeder siebte junge Erwachsene (14,2 %) konsumiert so
sums werden beispielsweise leicht unterschiedliche viel Alkohol, dass die Grenzwerte für den riskanten
Grenzwerte verwendet. Obgleich einzelne Angaben Konsum Erwachsener überschritten werden.
variieren, bleiben die grundsätzlichen Aussagen zum
Alkoholkonsum bezogen auf Geschlecht, Alter und 14,1 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen haben in
Sozialstatus davon unberührt. den letzten 30 Tagen an mindestens einem Tag einen
Alkoholrausch gehabt (Jungen: mindestens fünf Gläser
– bei Jugendlichen Alkohol hintereinander; Mädchen: mindestens vier
Die Drogenaffinitätsstudie der BZgA untersucht den Gläser). Häufiges Rauschtrinken, also Rauschtrinken an
Alkoholkonsum der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen mindestens vier der letzten 30 Tage, ist bei 2,9 % der
Jugendlichen gegeben. Bei zwei von fünf jungen und 2012 unter Einbeziehung von Krankheiten, die
Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) (38,2 %) kam an mindes- nicht vollständig, aber maßgeblich auf Alkohol
tens einem der letzten 30 Tage Rauschtrinken vor. Bei zurückzuführen sind, zeigten ebenfalls eine Zunahme
9,7 % der jungen Erwachsenen ist häufiges Rauschtrin- der Krankenhausbehandlungen. Relativ zur Gesamt-
ken festzustellen. morbidität (alle Krankenhausfälle) blieb der Anteil der
alkoholbezogenen Morbidität jedoch konstant. Im
Die Geschlechtergruppen unterscheiden sich in der gleichen Zeitraum zeigte sich hingegen eine Abnahme
Verbreitung des regelmäßigen Konsums, des Rausch- der Rate der Sterbefälle. Die maßgeblich auf Alkohol-
trinkens und im Fall der jungen Erwachsenen auch im konsum zurückzuführende Mortalität ging zwischen
Konsum gesundheitlich riskanter Alkoholmengen. 2006 und 2012 insgesamt, aber auch in Bezug zur
Stärkerer Alkoholkonsum ist bei männlichen Befragten Gesamtmortalität zurück.
weiter verbreitet als bei weiblichen.
Neben Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit sind
Gesundheitliche Folgen des Konsums akute Risiken in erster Linie eine Folge höherer
In einer aktuellen Studie zu alkoholbezogener Morbi- Trinkmengen. Ab etwa 1 Promille spricht man vom
dität und Mortalität in Deutschland (Kraus et al., 2015) Rauschstadium. Das räumliche Sehen und die Orien-
wurde eine Zunahme der Krankenhausfälle in Bezug tierung verschlechtern sich, die Reaktionsfähigkeit
auf vollständig auf Alkohol zurückzuführende Fälle seit wird erheblich gestört. Die Risikobereitschaft steigt,
1995 bzw. 2000 berichtet. Vergleiche zwischen 2006 während das Urteilsvermögen herabgesetzt wird.
% %
100 100
80 80
60 60
40 40
20 20
0 0
Lebenszeit- Regel- Riskante 30-Tage- Häufiges Lebenszeit- Regel- Riskante 30-Tage- Häufiges
Prävalenz mäßiger Konsum- Prävalenz Rausch- Prävalenz mäßiger Konsum- Prävalenz Rausch-
Konsum mengen Rauschtrinken trinken Konsum mengen Rauschtrinken trinken
Dadurch kommt es im Alkoholrausch häufig zu In den westlichen Industrienationen ist Alkohol für
Unfällen, oft durch leichtsinniges Verhalten. Besonders rund die Hälfte aller Zirrhosen verantwortlich. Bei
im Straßenverkehr hat Alkoholkonsum oft schwerwie- langjährigem Alkoholismus ist die Leberzirrhose mit
gende, vergleichsweise häufig auch tödliche Unfälle zur ihren Komplikationen die häufigste Todesursache.
Folge.
Erschwerend kann bei allen Formen von Lebererkran-
Aufgrund der enthemmenden Wirkung neigen kungen eine Alkoholhepatitis hinzukommen. Das ist
manche Menschen unter dem Einfluss von Alkohol eine durch Alkohol hervorgerufene Entzündung der
auch zu aggressivem Verhalten und Gewalt. Alkoholi- Leber. Langjähriger Alkoholmissbrauch gilt zudem als
sierte Personen sind jedoch nicht nur Täter, sondern ein Risikofaktor für Leberkrebs und andere Krebser-
häufiger auch Opfer von Gewalt. krankungen, worunter vor allem Mund-, Rachen- und
Speiseröhrenkrebs sowie Brustkrebs bei Frauen fallen.
Besonders extreme Formen des Rauschtrinkens
werden als „Komasaufen“ bezeichnet, womit eine Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD)
mögliche Folge des exzessiven Alkoholmissbrauchs Der Konsum von Alkohol in der Schwangerschaft kann
genannt ist. Ab etwa 3 Promille droht Bewusstlosigkeit. einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit des
Der Körper unterkühlt sehr schnell, Schutzreflexe Kindes und negative Folgen für seine weitere Entwick-
werden ausgeschaltet. Schließlich kann sich ein lung haben. Es lässt sich keine valide Feststellung über
lebensgefährlicher Atemstillstand einstellen, wenn eine unbedenkliche Alkoholmenge in der Schwanger-
nicht umgehend Notfallmaßnahmen eingeleitet schaft treffen. In der Konsequenz sollte auf Alkohol
werden. während der Schwangerschaft gänzlich verzichtet
werden. „Punktnüchternheit in Schwangerschaft und
Alkohol verteilt sich durch die Blutbahn im ganzen Stillzeit“ ist daher ein wichtiges Ziel der Nationalen
Körper. Länger andauernder Alkoholmissbrauch kann Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik.
daher beinahe alle Organe schädigen. Neben ver-
schlechterten Konzentrations- und Gedächtnisleistun- Untersuchungen zeigen, dass ältere Frauen, Frauen mit
gen kommt es auch zu Persönlichkeitsveränderungen. höherem sozialem Status, Frauen ohne Migrationshin-
Im fortgeschrittenen Stadium werden sowohl das tergrund, alleinstehende Frauen und Frauen, die bereits
zentrale als auch das periphere Nervensystem erheb- vor der Schwangerschaft regelmäßig Alkohol getrun-
lich beschädigt. Es kann auch zum Korsakow-Syndrom, ken haben, häufiger während einer Schwangerschaft
einer Demenzerkrankung, kommen, bei der Betroffene Alkohol trinken. Das Risiko von gesundheitlichen
sich keine neuen Informationen mehr merken können. Beeinträchtigungen des Kindes wird zudem dadurch
verstärkt, dass Frauen mit riskantem Alkoholkonsum
Eine typische Folge chronischen Alkoholkonsums sind auch häufiger rauchen.
Veränderungen der Leber, die beim Abbau von Alkohol
die Hauptlast zu tragen hat. Zunächst schwillt die Leber Schätzungen gehen davon aus, dass pro Jahr etwa
durch Fetteinlagerungen an, eine Alkoholfettleber 10.000 Babys in Deutschland mit alkoholbedingten
entsteht. Daraus kann sich eine Leberfibrose entwi- Folgeschäden geboren werden, davon 2.000 mit
ckeln, die durch Einlagerung von Bindegewebe schweren Beeinträchtigungen. Alle Formen dieser
gekennzeichnet ist. Bei fortgesetztem Alkoholkonsum vorgeburtlichen Schädigungen werden unter dem
ist die Leberfibrose meist ein Übergangsstadium zur Begriff FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder = Fetale
Leberzirrhose. Dabei werden Leberzellen zu funktions- Alkoholspektrumstörungen) zusammengefasst. Die
unfähigem Stützgewebe umgebaut, womit die Leber schwerste Form der Schädigung wird als Fetales
einen Teil ihrer Fähigkeit, das Blut zu reinigen, verliert. Alkoholsyndrom (FAS) bezeichnet.
Der Embryo ist über Nabelschnur und Plazenta mit praktische Unterstützung. Die Broschüre wurde in
dem Blutkreislauf der Mutter verbunden. Neben diesem Jahr aktualisiert und kann über die Webseite
Nährstoffen kommen so auch Giftstoffe wie Alkohol der Drogenbeauftragten bezogen werden.
beim Ungeborenen an. Der Abbau des Alkohols beim Auf Initiative der Drogenbeauftragten wurde FASD in
Embryo dauert erheblich länger als bei der Mutter, da die zweite Auflage des Nationalen Aktionsplans zur
die Leber des ungeborenen Kindes noch nicht vollstän- Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
dig entwickelt ist. In jeder Phase der Schwangerschaft aufgenommen (NAP 2.0).
kann es durch Alkoholkonsum zu Schädigungen des
Kindes kommen. Zu den auftretenden Beeinträchti- Zur Verbesserung der Situation der Kinder und
gungen zählen: Erwachsenen mit FAS/FASD sollen verschiedene
Projekte mit dem Ziel einer umfassenden Teilhabe am
• körperliche Fehlbildungen gesellschaftlichen Leben und an einer zielgerichteten
• Wachstums- und Entwicklungsstörungen medizinischen Versorgung durchgeführt werden. So
• Schädigungen von Gehirn und Nervensystem sind beispielsweise Expertengespräche zur Bündelung
• Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel weiterer Vorhaben zur Verbesserung der Situation von
Aufmerksamkeitsstörungen FAS/FASD-Betroffenen vorgesehen.
• Intelligenzminderung
• Auffälligkeiten im Gesichtsbereich (bei FAS) Besonderes Augenmerk liegt auf der Prävention, damit
die Risiken von Alkoholkonsum in der Schwanger-
Teilweise werden die Beeinträchtigungen erst im schaft bekannter werden und möglichst kein Alkohol
Verlauf der Kindheit deutlich. Betroffene brauchen oft in der Schwangerschaft konsumiert wird. Eine von TNS
auch als Erwachsene noch besondere Fürsorge und Infratest 2014 durchgeführte Umfrage ergab: Immer-
Unterstützung. hin 85 % gaben an, dass Alkohol in der Schwanger-
schaft generell problematisch ist. Jedoch wussten 44 %
Eine frühe, korrekte Diagnose von alkoholbedingten der Bevölkerung nicht, dass Alkoholkonsum in der
Schädigungen ist wichtig, um die betroffenen Kinder Schwangerschaft zu lebenslangen Behinderungen
und Jugendlichen adäquat zu fördern. Auch die führen kann.
Familien der Betroffenen – häufig leben die Kinder bei
Pflege- oder Adoptiveltern – können dann besser mit Das Bundesministerium für Gesundheit und die
den Besonderheiten des Kindes umgehen. Mit der vom Drogenbeauftragte fördern Projekte, die Jugendliche
Bundesministerium für Gesundheit geförderten über die Gefahren von Alkoholkonsum in der Schwan-
Entwicklung einer S3-Leitlinie, die 2016 vorgestellt gerschaft informieren und aufklären sowie werdende
wurde, soll die Diagnostik verbessert werden. Eltern bei der Umsetzung der Alkoholabstinenz
während Schwangerschaft und Stillzeit unterstützen.
Die Drogenbeauftragte hat FASD zu einem ihrer
Schwerpunktthemen gemacht, um stärker auf die Volkswirtschaftliche Folgen
besonderen Bedürfnisse der Betroffenen und ihrer Die Summe aus direkten und indirekten Kosten des
Familien aufmerksam zu machen. Dazu zählt auch, das Alkoholkonsums in Deutschland wird je nach Berech-
Wissen über FASD in medizinischen und sozialen nungsansatz auf 26 bis 40 Milliarden Euro jährlich
Berufen zu vergrößern. Das Fetale Alkoholsyndrom ist geschätzt (Adams & Effertz, 2011; Effertz, 2015).
in Deutschland im Vergleich zu anderen Behinderun-
gen relativ unbekannt, auch bei Ämtern und Behörden. Gemäß den Ergebnissen einer Studie zu den medizini-
Mit einer Broschüre, in der sozialrechtliche Fragen schen Kosten schädlichen Alkohol- und Tabakkonsums
bezüglich FASD beantwortet werden, erhalten Familien in Deutschland anhand von GKV-Routinedaten
Behandlung Medikamenten
1,1 % abhängigkeit: 151
Die Zahlen aus der Reha-Antrags- und Erledigungssta- Prävention von Alkoholmissbrauch
tistik der Deutschen Rentenversicherung für 2016 sind
Eines der wichtigsten Ziele der Gesundheitspolitik
nicht direkt mit den Zahlen aus den Vorjahren ver-
der Bundesregierung ist es, den missbräuchlichen
gleichbar, da zum 1. Januar 2015 statistische Änderun-
Alkoholkonsum zu reduzieren. Dabei sind in den
gen vorgenommen wurden. Es werden nur noch letzten Jahren einige Erfolge erzielt worden. Der
Anträge und Bewilligungen für Hauptleistungen Alkoholkonsum ist insgesamt betrachtet rückläufig,
dargestellt. Bei Adaptionen und Nachsorgeleistungen gerade Jugendliche und junge Erwachsene trinken
handelt es sich nicht um Haupt- sondern Folgeleistun- weniger.
gen. Es wird nunmehr konsequent zwischen Haupt-
und Folgeleistungen in der Statistik unterschieden. In der Alkoholprävention setzt die Bundesregierung auf
Damit erfolgt eine einheitliche statistische Behandlung langfristige und nachhaltig konzipierte Präventionsan-
aller Folgeleistungen. Allerdings ergibt sich dadurch gebote und gezielte Informationen, die wirken. Wichtig
ein Bruch in der Zeitreihenkontinuität der Auswer- ist der frühe Beginn mit Präventionsaktivitäten.
tungsergebnisse der Reha-Antrags- und Erledigungs-
Ausgewählte und aktuelle Maßnahmen der Alkohol
statistik der DRV. Die Mengen der Hauptleistungen der
prävention werden in Kapitel 6 „Projekte, Studien,
Entwöhnungsbehandlungen vor und nach der Umstel-
Initiativen“ vorgestellt.
lung sind deshalb nicht systematisch vergleichbar.
TABELLE 02:
HAUPTDIAGNOSEN BEI AMBULANTER BEHANDLUNG (DSHS AMBULANT)
auch im ambulanten Bereich, dass der Anteil derjeni- Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B
gen mit einer cannabisbezogenen Störung zunimmt. und C und anderen sexuell übertragbaren Infek
Cannabis ist auch nach wie vor der häufigste Grund tionen – „BIS 2030“
dafür, dass Personen sich erstmalig in eine sucht Die Bundesregierung hat im April 2016 eine Strategie
spezifische Behandlung begeben. zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und
anderen sexuell übertragbaren Infektionen – „BIS
Schadensminimierung 2030 – Bedarfsorientiert, Integriert, Sektorübergrei-
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erlaubt unter fend“ – beschlossen. Die vom Bundesministerium für
bestimmten Voraussetzungen den Betrieb von Drogen- Gesundheit und dem Bundesministerium für wirt-
konsumräumen. Das sind Einrichtungen, die die schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gemein-
Ausstattung für einen risikominimierenden, meist sam entwickelte Strategie bündelt die Erfahrungen mit
intravenösen Konsum von illegalen Drogen bereitstel- dem Ziel, sowohl national als auch international die
len. Dies umfasst zum Beispiel die Abgabe von sterilen Zahl der Neuinfektionen zu senken, Infektionen
Spritzen und Einweghandschuhen sowie die Möglich- frühzeitig zu erkennen und die medizinische Versor-
keit zur Desinfektion von Händen und Einstichstellen. gung zu verbessern.
Dadurch soll unsauberer Drogenkonsum und das
damit verbundene Infektionsrisiko reduziert werden. Da HIV, Hepatitis B und C sowie andere sexuell
Außerdem steht medizinische Beratung und Hilfe zur übertragbare Infektionen vergleichbare Übertragungs-
Verfügung, wodurch auch eine Notfallversorgung wege und -risiken haben, werden die verschiedenen
gewährleistet ist. Der Besitz der mitgebrachten Krankheitserreger künftig in einer gemeinsamen,
Substanz zum Eigenverbrauch wird geduldet. Die integrierten Strategie in den Blick genommen. So
Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb eines Drogen können Gemeinsamkeiten in der Prävention, Diagnos-
konsumraums obliegt den zuständigen Behörden der tik und Testung der Krankheiten und bei der Versor-
Bundesländer. In Deutschland gibt es derzeit 23 Dro- gung der Patientinnen und Patienten besser genutzt
genkonsumräume in sechs Bundesländern (Deutsche werden.
AIDS-Hilfe, 2017).
Die Bereiche „Früherkennung und Prävention“ werden
mit der neuen Strategie weiter ausgebaut. Denn durch
Drogenkonsumräume in Deutschland
das frühzeitige Erkennen von Infektionen können
Hamburg 5 Menschen schneller geheilt, Spätfolgen vermieden und
Niedersachsen 1 die Übertragung von Infektionen verhindert werden.
Nordrhein-Westfalen 10
Hessen 4 Um möglichst alle mit den notwendigen Angeboten zu
Saarland 1 erreichen, sollen die Präventions-, Test- und Versor-
Berlin 2 (plus 1 Drogenkonsummobil) gungsangebote verstärkt auf verschiedene Altersgrup-
pen und Lebensbereiche ausgerichtet werden.
Der Ansatz der Schadensminimierung und Überle- Drogengebraucher haben sowohl durch unsafe use
benshilfe wird auch mit Modellprojekten zum Einsatz bei injizierendem Gebrauch als auch teilweise durch
von Naloxon verfolgt. Das Medikament wird bei unsafe sex ein erhöhtes Risiko, sich mit HIV, Hepati-
Überdosierungen eingesetzt. Bisher war diese Anwen- tis B oder C oder einer anderen sexuell oder durch Blut
dung überwiegend medizinischem Personal vorbehal- übertragbaren Infektion anzustecken. Die Strategie
ten. In laufenden und geplanten Modellprojekten soll sieht verschiedene Ansatzpunkte zur Verbesserung der
evaluiert werden, ob der Einsatz des Medikaments Prävention und Versorgung vor: Es gilt, über riskante
durch medizinische Laien Drogentodesfälle vermeiden Konsummuster sowie die Risiken von Party- und
hilft. Sexdrogen gezielt aufzuklären und die eigene Kompe-
tenz zur Minimierung von Infektionsrisiken zu stärken. Die meisten Drogentoten wurden, wie bereits in den
Auch verbesserte Hepatitis-B-Impfraten sollen zur Vorjahren, in den bevölkerungsreichsten Bundeslän-
Reduktion von Übertragungen bei Drogenkonsumen- dern Bayern (321 Tote) und Nordrhein-Westfalen (204
ten beitragen. Testangebote für injizierende Drogenge- Tote) festgestellt.
brauchende und die Behandlung der Infektionskrank-
heiten sollen ausgebaut werden. Insgesamt ist eine gute Die polizeilich registrierten Drogentoten wurden
Vernetzung von niedrigschwelligen Beratungs- und durchschnittlich knapp über 38 Jahre alt. Der Anteil
Testeinrichtungen, Sucht- und Infektionsmedizinern der männlichen Drogentoten betrug 84 %.
wichtig, um den Zugang zu den Beratungs- und
Versorgungsangeboten weiter zu verbessern. Eine Wie bereits in den Vorjahren war vor allem der
stärkere Kooperation sowie Fortbildungen von Konsum von Opioiden/Opiaten allein oder in Verbin-
HIV-Beratungsstellen und Einrichtungen der Drogen- dung mit anderen Drogen/Substanzen todesursächlich.
hilfe sind notwendig, um insbesondere Männern, die Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anstieg der Drogen
Sex mit Männern haben und Crystal Meth oder andere todesfälle infolge von polyvalenten Vergiftungen durch
Chemsexdrogen konsumieren, zielgerichtete Beratung andere Substanzen als Opioide/Opiate am höchsten.
und Versorgung anzubieten. Auffällig ist der Anstieg der monovalenten/polyvalen-
ten Vergiftungen im Zusammenhang mit Kokain
In den vergangenen Jahren hat das Bundesministerium (insgesamt 71 Tote, Anstieg um rund 78 %).
für Gesundheit Studien gefördert, um die Wissens-
grundlage hinsichtlich Präventions- und Versor- Die gestiegene Anzahl von 24 auf 26 Drogentodesfälle
gungbedarfen zu verbessern und Angebote zukünftig durch monovalente/polyvalente Vergiftungen mit
entsprechend anzupassen. Methamphetamin (Crystal Meth) unterstreicht nach
wie vor die Bedeutung und Gefährlichkeit dieser
Weiterlesen Droge.
Datenerfassung Drogentodesfälle
In Deutschland werden seit vielen Jahren die Daten Stoffen und anderen Stoffen, die etwa als Medikamente
des Bundeskriminalamtes (BKA) zur bundesweiten erhältlich sind (zum Beispiel Fentanyl oder Psychophar-
Berichterstattung drogeninduzierter Todesfälle herange- maka), macht es im Einzelfall schwierig, die todesursäch-
zogen. Die in der sogenannten „Falldatei Rauschgift“ liche Substanz zu identifizieren.
dokumentierten Todesfälle weisen der Polizei bekannt
gewordene Vergiftungen im Zusammenhang mit dem Sicher ist, dass die Konsummuster in den letzten Jahren
Drogenkonsum wie auch Langzeitfolgeerkrankungen, einem Wandel unterlagen, der in Richtung eines
Suizide und Unfälle aus, die im Zusammenhang mit kombinierten Konsums mehrerer Substanzen und
Drogenkonsum stehen. Die Dokumentation und Erfas- Substanzgruppen weist. Der individuelle Nachweis der
sung dieser Todesfälle findet in den einzelnen Bundes- Todesursache in Form toxikologischer Gutachten liegt
ländern statt, von wo die Daten an das BKA weitergeleitet nicht bundesweit einheitlich für alle berichteten
und zu einer Gesamtübersicht zusammengeführt werden. Todesfälle vor. Daher ist es möglich, dass in der Darstel-
Die in den letzten Jahren beobachteten Veränderungen lung der Substanzbeteiligung aufgrund fehlender
auf dem Drogenmarkt haben es erforderlich gemacht, die exakter toxikologischer Informationen die Anzahl von
Datenerhebung weiterzuentwickeln. Mischintoxikationen (polyvalente Vergiftungen) nicht
immer angemessen abgebildet wird.
Dies begründet sich unter anderem mit dem Auftauchen
der sogenannten neuen psychoaktiven Stoffe (NPS) (zum Hinzu kommt, dass insbesondere hinsichtlich der
Beispiel synthetische Cannabinoide) als auch einem Verfügbarkeit dieser toxikologischen Gutachten
wachsenden Interesse, neue Konsummuster (zum erhebliche Variationen zwischen den einzelnen Bundes-
Beispiel die Kombination verschiedener Substanzen) ländern existieren. Die weitere Entwicklung und
angemessen abbilden zu können. Ausdifferenzierung der bundesweiten Berichterstattung
trägt dabei dem Bemühen Rechnung, vor dem Hinter-
Dabei stellt die Identifizierung dieser neuen Substanzen grund dieser zahlreichen Veränderungen des Drogen-
die Ermittler vor große Herausforderungen, da der marktes und der Unterschiede in Erfassungs- und
individuelle Nachweis unter anderem aus technischen Dokumentationsmethoden einen aktuellen und
Gründen nicht in jedem Fall unproblematisch ist. differenzierten Blick auf die Situation drogeninduzierter
Insbesondere der kombinierte Konsum von traditionellen Todesfälle in ganz Deutschland zu gewinnen.
Drogen (zum Beispiel Heroin), neuen psychoaktiven
ABBILDUNG 14:
SICHERSTELLUNG VON ILLEGALEN DROGEN 2016
SICHERSTELLUNG VON
ILLEGALEN DROGEN 2016
Cannabis 7,8 Tonnen
Haschisch 1.874 kg
Der Anteil der Cannabis-Handelsdelikte an allen
Rauschgifthandelsdelikten liegt bei rund 62 %.
Marihuana 5.955 kg
Synthetische Drogen
einrichtungen mit einer primären Cannabisproblema- Patientinnen und Patienten, denen durch bisherige
tik nannte gut die Hälfte der Befragten Probleme in der Behandlungsoptionen nicht ausreichend geholfen
Schule oder Familie (53,4 % bzw. 52,9 %) und etwa ein werden konnte, können nach Verordnung durch den
Drittel Probleme im Freundeskreis, im Beruf oder in Arzt Cannabisarzneimittel in Form von getrockneten
der Partnerschaft. Bei den von den Konsumenten Blüten und Extrakten in kontrollierter Qualität in der
berichteten Nebenwirkungen dominierten zunehmen- Apotheke erhalten. Eine Ausnahmeerlaubnis vom
de Vergesslichkeit (70 %), Konzentrationsschwierigkei- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
ten (61,1 %) und die Vernachlässigung früherer (BfArM) ist dafür nicht mehr nötig.
Aktivitäten (56,8 %).
Mit Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch
Volkswirtschaftliche Folgen (SGB V) wird die Erstattungsfähigkeit von Arznei
Die durch schädlichen Cannabiskonsum verursachten mitteln auf Cannabisbasis in der gesetzlichen Kranken-
ökonomischen Kosten werden auf 975 Millionen Euro versicherung erweitert, die bislang grundsätzlich auf
pro Jahr bei 400.000 angenommenen Konsumenten zugelassene Fertigarzneimittel im jeweils zugelassenen
mit schädlichem Konsum (entspricht 2.438 Euro pro Anwendungsgebiet begrenzt war. Um weitere Erkennt-
Kopf und Jahr) geschätzt (Effertz et al., 2016). Gegebe- nisse zur Wirkung dieser Cannabisarzneimittel zu
nenfalls fallen weitere Zusatzkosten durch Tabak erlangen, wird eine Begleiterhebung durchgeführt.
konsum an, wenn beides kombiniert konsumiert
wird. Schließlich zeigen die Befunde auch signifikant Für die Versorgung mit Cannabisarzneimitteln in
erhöhte immaterielle Folgen wie Erschöpfung, kontrollierter Qualität wird der Anbau von Cannabis
Depression und Schmerzen. Durch die direkte medizi- zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht.
nische Behandlung von Cannabiskonsumenten mit Dazu wird eine staatliche „Cannabisagentur“ beim
schädlichem Konsum wie auch durch deren gesunkene Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Produktivität entstehen hohe volkswirtschaftliche (BfArM) aufgebaut.
Verluste.
Weiterlesen
Gesundheitliche Folgen des Konsums die Adresse des verschreibenden Arztes sowie ge
Ein zentrales gesundheitliches Problem des intrave gebenenfalls auch den Namen und die Anschrift des
nösen Drogenkonsums stellen Infektionskrankheiten beratend hinzugezogenen Arztes (Konsiliarius). Die
wie Hepatitis B und C sowie HIV dar. Unter allen in Patientencodes werden nach Erfassung aus daten-
Deutschland 2015 neu gemeldeten Infektionen mit schutzrechtlichen Gründen unverzüglich in ein
ausreichender Information zum Übertragungsweg war Kryptogramm verschlüsselt.
intravenöser Drogenkonsum der wahrscheinlichste Ferner teilen die Ärztekammern der Bundesopium
Infektionsweg für 5 % der gemeldeten HIV-Infektionen stelle auf Anforderung mit, ob die an den Substituti-
und 76 % der Hepatitis-C-Infektionen. onsbehandlungen beteiligten Ärzte die Mindestan
forderungen an eine suchttherapeutische
In der DRUCK-Studie des Robert Koch-Instituts wiesen Qualifikation erfüllen.
70 % aller untersuchten intravenös konsumierenden
Drogenkonsumenten mindestens eine der drei Die Anzahl der gemeldeten Substitutionspatienten ist
Infektionen HIV, HCV oder HBV auf. Die HIV-Präva- in den ersten Jahren der Meldepflicht kontinuierlich
lenz lag je nach Stadt zwischen 0 % und 9 %, die angestiegen (von 46.000 Patienten in 2002 auf
HCV-Prävalenz lag zwischen 23 % und 54 % (aktive 77.400 Patienten in 2010). Seit 2011 hingegen ist die
HCV-Infektion, potenziell ansteckend), die HBV- Anzahl weitgehend gleichbleibend und lag am
Prävalenz betrug zwischen 5 % und 33 %. Ko-Infektio- 1. Juli 2016 bei 78.500 Patienten.
nen von zwei oder drei Infektionen lagen bei einem
Drittel der Infizierten vor. Im Jahr 2016 wurden im Substitutionsregister rund
93.000 An-, Ab- bzw. Ummeldungen von Patienten-
Darüber hinaus sind Überdosierungen ein häufiges codes erfasst. Diese hohe Zahl ergibt sich unter
Problem im Zusammenhang mit dem Konsum von anderem dadurch, dass dieselben Patienten mehrfach
Opiaten. Die Überdosierung von Heroin bzw. Morphin an- und wieder abgemeldet wurden – entweder durch
inklusive Vergiftung in Verbindung mit anderen denselben Arzt oder durch verschiedene Ärzte. Gründe
Substanzen stellt die häufigste Todesursache im hierfür können sowohl bei den Patienten (zum
Zusammenhang mit Drogenkonsum dar (siehe Kapitel Beispiel durch einen Wechsel des behandelnden Arztes
„Drogenbedingte Todesfälle“). oder längere Klinikaufenthalte) als auch bei den
Ärzten (zum Beispiel aufgrund eines ärztlichen
Personalwechsels in Substitutionsambulanzen) liegen.
Substitution 2016 haben insgesamt 2.590 Substitutionsärzte
Patienten an das Substitutionsregister gemeldet.
Substitutionsregister
Nach § 13 Absatz 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in 2016 nutzten 524 Ärzte – also etwa 20 % der substituie-
Verbindung mit § 5a der Betäubungsmittel-Verschrei- renden Ärzte – die Konsiliarregelung: Hiernach
bungsverordnung (BtMVV) führt das Bundesinstitut können Ärzte ohne suchttherapeutische Qualifikation
für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die bisher bis zu drei Patienten gleichzeitig substituieren,
Bundesländer das Substitutionsregister. Seit dem wenn sie einen suchttherapeutisch qualifizierten Arzt
1. Juli 2002 hat jeder Arzt, der Substitutionsmittel für als Konsiliarius in die Behandlung einbeziehen. Die
einen opiatabhängigen Patienten verschreibt, der Ärzte, die die Konsiliarregelung nutzten, haben rund
Bundesopiumstelle im BfArM unverzüglich die in 1 % aller Substitutionspatienten behandelt. Rund
§ 5a Absatz 2 BtMVV vorgeschriebenen Angaben zu 15 % der substituierenden Ärzte hatten am Stichtag
melden: den Patientencode, das Datum der ersten 1 Juli 2016 die Hälfte aller Substitutionspatienten
Verschreibung, das verschriebene Substitutionsmittel, gemeldet. Die durchschnittliche Anzahl der gemelde-
das Datum der letzten Verschreibung, den Namen und ten Substitutionspatienten pro substituierendem Arzt
ABBILDUNG 15:
ANZAHL GEMELDETER SUBSTITUTIONSPATIENTEN IN DEUTSCHLAND VON 2003 BIS 2016 (JEWEILS STICHTAG 1. JULI)
80.000 78.500
77.400 77.300 77.500
76.200 75.400
74.600
72.200
70.000 68.800
64.500
61.000
60.000
57.700
52.700
50.000
40.000
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
beträgt bundesweit 30, variiert zwischen den einzel- Das Substitutionsregister stellt in regelmäßigem
nen Bundesländern jedoch stark. Turnus sowie auf Einzelanforderung den 180 zustän
digen Überwachungsbehörden der Länder die arzt
Die substituierenden Ärzte melden dem Substitutions- bezogenen Daten (das heißt die Namen und Adressen
register für jeden Substitutionspatienten das Substitu- der substituierenden Ärzte und der gegebenenfalls
tionsmittel mit seiner Wirkstoffbezeichnung (Metha- eingesetzten Konsiliarien, die Anzahl der Substitu
don, Levomethadon, Buprenorphin etc.). 2015 kam in tionspatienten, Angaben zur suchttherapeutischen
Deutschland zusätzlich Morphin als zur Substitution Qualifikation) für ihren jeweiligen Zuständigkeits
zugelassenes Arzneimittel in den Handel. bereich zur Verfügung. Dies erfolgt über ein gesichertes
Online-Download-Verfahren. Die enge Zusammen
Das überwiegend gemeldete Substitutionsmittel ist arbeit des BfArM mit den Überwachungsbehörden
Methadon. Allerdings steigt der Anteil von Buprenor- hilft, bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelrecht
phin und Levomethadon kontinuierlich an. korrigierend tätig zu werden.
2016 wurden durch das Substitutionsregister bundes- Die 16 obersten Landesgesundheitsbehörden erhal-
weit rund 150 Doppelbehandlungen von Patienten ten regelmäßig anonymisierte Daten aus dem Sub
aufgedeckt und durch die betroffenen Ärzte ent stitutionsregister.
sprechend beendet.
ABBILDUNG 16:
ART UND ANTEIL DER GEMELDETEN SUBSTITUTIONSMITTEL (STICHTAG 1. JULI 2016)
23,1 %
Buprenorphin
0,1 %
Dihydrocodein
0,2 %
42,5 % Codein
Methadon
0,8 %
Diamorphin
0,3 %
Morphin
33,0 %
Levomethadon
als auch den Weg der Substitutionspatienten in ein Neue psychoaktive Stoffe
selbstbestimmtes Leben. Substanz und Wirkung
Neue psychoaktive Stoffe (NPS), sogenannte Legal
Um die wohnortnahe Versorgung der Betroffenen zu Highs, werden unter anderem als „Räuchermischun-
verbessern, wird zudem der Katalog der Einrichtungen, gen“, „Badesalze“ oder „Reiniger“ angeboten. Meist
die Substitutionsmittel an Betroffene ausgeben dürfen, ähneln diese neuen synthetischen Substanzen in ihrer
ausgeweitet. Hierzu zählen künftig etwa Rehabilita Wirkung bekannten Substanzen wie Cannabis, Ecstasy
tionseinrichtungen, Gesundheitsämter, Alten- und oder Amphetamin. Eine genaue Beschreibung der
Pflegeheime sowie Hospize. Wirkung ist aufgrund der Vielzahl an unterschiedli-
chen Substanzen nicht möglich. Gezielte Manipulatio-
Die Vorschriften zur Sicherheit und Kontrolle des nen der chemischen Struktur ermöglichen es, kontinu-
Betäubungsmittelverkehrs, die im Rahmen einer ierlich neue Substanzen auf den Markt zu bringen.
Substitutionstherapie unverzichtbar sind, werden Neue psychoaktive Stoffe werden zum Beispiel als
dagegen in der BtMVV fortgeführt. Pulver, Tabletten, Kräuter oder Kapseln angeboten. Die
größten Stoffgruppen sind synthetische Cannabinoide,
Die Neuregelungen zielen auch darauf ab, mehr die eine ähnliche Wirkung haben wie der Cannabis-
Ärztinnen und Ärzte für die Beteiligung an der Wirkstoff THC und synthetische Cathinone (Ampheta-
Substitutionsbehandlung zu gewinnen und damit die minderivate). In der Regel ist bei den NPS weder die
Versorgung der Substitutionspatientinnen und Zusammensetzung der Wirkstoffe noch deren Menge
Substitutionspatienten, vor allem im ländlichen Raum, bekannt. Daher ist der Konsum mit nicht zu kalkulie-
zu verbessern. renden gesundheitlichen Risiken und mit zum Teil
gravierenden Folgen verbunden.
Weiterlesen Trends
Aussagen zu den Trends des Konsums neuer psychoak-
Aktuelle opiatbezogene Projekte werden in
tiver Stoffe in Deutschland sind derzeit nicht möglich.
Kapitel 6 vorgestellt.
In den bundesweiten Befragungen des Epidemiologi-
schen Suchtsurvey und der Drogenaffinitätsstudie
wurde die einheitliche Erfassung dieser Gruppe von
Substanzen erst in den Erhebungen des Jahres 2015
eingeführt.
und Frauen. Bezogen auf die bundesdeutsche Bevölke- Konsum ( mindestens zehnmaliger Konsum einer
rung im Alter zwischen 18 und 64 Jahren haben somit Substanz) berichteten deutlich mehr negative Effekte
459.000 Personen im letzten Jahr neue psychoaktive als Personen mit gelegentlichem Konsum.
Stoffe konsumiert. Die höchsten Prävalenzen zeigte die
Altersgruppe der 18- bis 20-Jährigen. Neue Regelungen
Am 26. November 2016 ist das Neue-psychoaktive-
– bei Jugendlichen Stoffe-Gesetz (NpSG) in Kraft getreten.
Der Konsum der neuen psychoaktiven Stoffe wurde
erstmalig im Jahr 2015 in der Drogenaffinitätsstudie Das Bundesgesundheitsministerium hat mit diesem
der BZgA erfasst. Von den 12- bis 17-jährigen Jugend Gesetz in Ergänzung zum einzelstofflichen Ansatz des
lichen gaben 0,1 % an, schon einmal neue psychoaktive Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) einen neuen Ansatz
Stoffe konsumiert zu haben. Unter den 18- bis 25-jähri- entwickelt, mit dem erstmals in Deutschland ganze
gen jungen Erwachsenen war die Erfahrung mit dem Stoffgruppen, welche eine Vielzahl von Einzelsubstan-
Konsum dieser Stoffe höher. 2,2 % berichteten, mindes- zen umfassen, verboten werden. Dadurch wird den von
tens einmal NPS probiert zu haben. Für die Mehrheit NPS insbesondere für Jugendliche und junge Erwach-
dieser Gruppe lag der letzte Konsum aber schon mehr sene ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefahren
als zwölf Monate zurück. Insgesamt 0,3 % aller 18- bis vorausschauend und effektiver begegnet. Es ist nicht
25-Jährigen haben in den letzten zwölf Monaten vor mehr wie zuvor möglich, durch kleine chemische
der Befragung neue psychoaktive Stoffe konsumiert. Veränderungen die Verbote und Strafvorschriften des
BtMG zu umgehen und gefährliche Stoffe als ver-
Gesundheitliche Folgen des Konsums meintlich legal auf den Markt zu bringen.
Im Rahmen des EU-Projekts „SPICE II plus“ wurde in
den Jahren 2013 und 2014 eine Online-Erhebung unter Das NpSG sieht ein weitreichendes Verbot des Erwerbs,
im Konsum von NPS erfahrenen Personen durchge- Besitzes und Handels mit NPS und eine Strafbeweh-
führt. Hierbei wurden unter anderem kurz- sowie rung der Weitergabe von NPS vor. Ziel des Gesetzes ist
mittel- bis langfristige negative Effekte von NPS bei es, die Verbreitung von NPS zu bekämpfen und so ihre
771 Konsumenten erhoben. 666 der Konsumenten Verfügbarkeit als Konsum- und Rauschmittel einzu-
berichteten von Erfahrungen mit synthetischen schränken.
Cannabinoiden, 347 von Erfahrungen mit Research
Chemicals und 225 von Erfahrungen mit anderen soge- Die beiden Stoffgruppen von NPS, die dem Verbot
nannten Legal Highs wie etwa Badesalzen (Doppel unterliegen, sind in der Anlage des Gesetzes aufgeführt:
nennungen möglich). Die am häufigsten berichteten
kurzfristigen negativen Effekte waren Herzrasen, 1. Von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen
Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen, Übelkeit und (das heißt mit Amphetamin verwandte Stoffe,
Panikattacken. Als mittel- und langfristige negative einschließlich Cathinone)
Folgen wurden am häufigsten Craving (starkes Sub 2. Cannabimimetika/synthetische Cannabinoide (das
stanzverlangen) und Entzugssymptome berichtet. Die heißt Stoffe, die die Wirkung von Cannabis imitieren)
meisten negativen Effekte wurden für synthetische
Cannabinoide genannt, dies gilt ebenso für schwerere Diese Verbindungen machen seit dem Jahr 2005 zwei
Nebenwirkungen wie Bewusstlosigkeit oder Atemnot Drittel aller neuen Stoffe aus, die über das europäi-
und Entzugssymptome. Personen mit häufigerem sche Frühwarnsystem gemeldet werden. Insofern
besteht zunächst bei diesen Stoffgruppen ein 2.5 Computerspiel- und Internetabhängigkeit
vordringlicher gesetzgeberischer Handlungsbedarf.
Je nach Entwicklung des Marktes kann es in der Verhalten und Diagnoseproblematik
Zukunft angezeigt sein, weitere Stoffgruppen den Mit verschiedenen Begriffen wie „Computerspiel
Regelungen des NpSG zu unterstellen oder aber abhängigkeit“, „pathologischer Internetgebrauch“ und
Stoffgruppen auszuweiten oder einzuschränken. Den „Internetsucht“ werden Verhaltensweisen bezeichnet,
Stoffgruppen unterfallende Einzelstoffe, die sich als die viele Merkmale von Sucht oder Abhängigkeit
nicht nur gering psychoaktiv und als in besonderer aufweisen. Nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand
Weise gesundheitsgefährdend erweisen sowie in werden die neu erforschten Störungsbilder im Bereich
größerem Ausmaß missbräuchlich verwendet der Computerspiel- und Internetnutzung den stoffun-
werden, werden auch weiterhin aufzählend in die gebundenen Suchterkrankungen (Verhaltenssüchten)
Anlagen des BtMG aufgenommen. In diesen Fällen zugerechnet.
gehen die strengeren Regelungen des BtMG denen
des NpSG vor. Die Betroffenen haben zum Beispiel ihren Umgang mit
dem Internet und Computerspielen nicht mehr unter
So hat die Bundesregierung mit der 31. Betäubungs- Kontrolle, sie beschäftigen sich gedanklich übermäßig
mittelrechts-Änderungsverordnung (BtMÄndV) vom stark damit, fühlen sich unruhig oder gereizt, wenn sie
31. Mai 2016 sechs NPS in die Anlagen des BtMG diese Angebote nicht nutzen können, oder sie vernach-
aufgenommen. Mit der 18. Verordnung zur Ände- lässigen andere wichtige Lebensaufgaben wegen des
rung von Anlagen des BtMG, die sich im parlamen Computerspielens oder der Internetnutzung. Während
tarischen Verfahren befindet, sollen weitere zwölf für den Bereich des Computerspielens weitgehende
Stoffe dem BtMG unterstellt werden, zu denen Einigkeit darüber besteht, dass es deutliche Parallelen
positive Voten des Betäubungsmittel-Sachverständi- zu einem Suchtverhalten gibt, ist derzeit noch nicht
genausschusses vorliegen. geklärt, ob weitere internetbezogene Verhaltenswei-
sen – hierbei ist insbesondere die exzessive Nutzung
sozialer Netzwerke zu nennen – ebenfalls den Verhal-
Weiterlesen tenssüchten zuzuordnen sind. Ein wichtiger Schritt zur
Klärung der Frage, wann eine Computerspielnutzung
Aktuelle NPS-bezogene Projekte werden in
mit Krankheitswert vorliegt, erfolgte 2013 durch die
Kapitel 6 vorgestellt.
Expertengruppe für die fünfte Revision des „Diagnosti-
schen und Statistischen Manuals Psychischer Störun-
gen“ (DSM-5) der American Psychiatric Association
(APA). Da Belege zu Störungen mit Krankheitswert vor
allem im Bereich der pathologischen Computerspiel-
nutzung vorliegen, wurde die Forschungsdiagnose auf
diese begrenzt und als Internet Gaming Disorder
bezeichnet.
Internet Gaming Disorder 12- bis 17-jährigen Jugendlichen von 2011 bis 2015
statistisch signifikant erhöht. Bei weiblichen Jugendli-
Wenn fünf (oder mehr) der folgenden Symptome
chen hat sie sich fast verdoppelt. Bei jungen Männern
über eine Periode von zwölf Monaten bestehen, liegt
und Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren liegen die
eine Internet Gaming Disorder vor (DSM-5):
• dauernde Beschäftigung mit Internet- bzw. Werte im Jahr 2015 geringfügig höher als noch 2011.
Online-Spielen
• Entzugssymptome, wenn nicht gespielt werden
kann, zum Beispiel Unruhe, Gereiztheit ABBILDUNG 17:
• Toleranzentwicklung: Bedürfnis, immer mehr VERBREITUNG DER COMPUTERSPIEL- UND INTERNET
zu spielen ABHÄNGIGKEIT UNTER MÄNNLICHEN UND WEIBLI-
• Kontrollverlust: Versuche, weniger oder nicht zu CHEN JUGENDLICHEN UND JUNGEN ERWACHSENEN IN
DEN JAHREN 2011 UND 2015
spielen, missglücken
• Verlust des Interesses an früheren Hobbys oder
%
anderen Aktivitäten
• Täuschung von Familienmitgliedern, Thera
peuten oder anderen Personen über das wirk 10
liche Ausmaß des Online-Spielens
• Gebrauch der Online-Spiele, um negativen 8
Emotionen (zum Beispiel Hilflosigkeit, Ängst-
lichkeit) zu entkommen 6 6,2
• Gefährdung oder Verlust von Beziehungen,
5,3
Arbeit oder Ausbildung wegen des Online-
4
Spielens
• exzessives Online-Spielen trotz des Wissens um 2,6
2,5
die psychosozialen Probleme 2
0
2011 2015 2011 2015
12- bis 17-Jährige 18- bis 25-Jährige
Andere Formen problematischer Computernutzung,
etwa bezüglich sozialer Netzwerke, gelten zurzeit als Männlich Weiblich
noch nicht hinreichend untersucht. Einheitlich
anerkannte Methoden zur Erfassung der Störung Quelle: BZgA, 2017; Definition Computerspiel- und Internetab
stehen zudem derzeit noch aus. hängigkeit: Befragte mit mindestens 30 Punkten in der Compulsive
Internet Use Scale (CIUS)
Trends
In der Drogenaffinitätsstudie der BZgA wird die Prävalenzen
Verbreitung der Computerspiel- und Internetabhän- Es gibt eine Reihe von Prävalenzstudien zu Internet
gigkeit unter 12- bis 25-jährigen Jugendlichen und bezogenen Störungen. Allerdings gibt es eine große
jungen Erwachsenen in Deutschland mit der „Compul- Bandbreite an ermittelten Zahlen, was insbesondere
sive Internet Use Scale“ (CIUS) untersucht. Diese Skala an den unterschiedlichen Studiendesigns liegt. Die
wurde erstmals im Jahr 2011 in einer Drogenaffinitäts- Ergebnisse variieren aufgrund studienspezifischer
studie eingesetzt. Mit der Drogenaffinitätsstudie 2015 Faktoren wie untersuchte Populationen, Repräsentati-
liegen nun Daten für einen zweiten Messzeitpunkt vor vität, Erhebungsverfahren und Definition der Störung.
und ein Vergleich der beiden Jahre ist möglich. Die Drei aktuelle Studien aus Deutschland sollen das
Verbreitung der Computerspiel- und Internetabhän- Ausmaß des Problems beschreiben:
gigkeit hat sich unter männlichen und weiblichen
ABBILDUNG 18:
VERBREITUNG DER COMPUTERSPIEL- UND INTERNETABHÄNGIGKEIT NACH BILDUNGS- UND SOZIALEN
MERKMALEN BEI 12- BIS 25-JÄHRIGEN IM JAHR 2015
10
0
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Ge
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Au
Quelle: BZgA, 2017; Definition Computerspiel- und Internetabhängigkeit: Befragte mit mindestens 30 Punkten in der
Compulsive Internet Use Scale (CIUS)
Studie „Game over“ der DAK-Gesundheit mindestens fünf von neun Standardfragen mit „Ja“
Für die repräsentative Untersuchung „Game over: beantwortet, gelten die Teilnehmer laut Fragebogen
Wie abhängig machen Computerspiele?“ der DAK- als „computerspielabhängig“.
Gesundheit und des Deutschen Zentrums für Suchtfra-
gen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklini- Danach erfüllen 8,4 % der männlichen Kinder, Jugend-
kum Hamburg-Eppendorf wurden 1.531 Kinder, lichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen
Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 12 bis 25 Jahren die Kriterien für eine Abhängigkeit
25 Jahren befragt. Erstmals wurde in dieser Studie die nach der „Internet Gaming Disorder Scale“. Jeder
Häufigkeit einer Computerspielabhängigkeit in einer zwölfte Junge oder junge Mann ist diesen Zahlen
für Deutschland repräsentativen Stichprobe unter- zufolge süchtig nach Computerspielen. Der Anteil der
sucht. betroffenen Mädchen und jungen Frauen liegt mit
2,9 % deutlich niedriger. Insgesamt beträgt der Anteil
Die Grundlage bildeten die Kriterien der amerikani- der Betroffenen in der Altersgruppe der 12- bis
schen „Internet Gaming Disorder Scale“. Werden 25-Jährigen 5,7 %.
ABBILDUNG 19:
AUSWIRKUNGEN DES SPIELVERHALTENS
Quelle: DAK; Angaben in Prozent; Basis: Befragte, die am Computer, Tablet, der Spielekonsole oder am Smartphone Spiele spielen
Wie die Studie weiter zeigt, verursacht die exzessive senen häufig negative soziale Auswirkungen in
Nutzung von Computerspielen massive Probleme bei verschiedenen Bereichen:
den Betroffenen. Für die befragten Jungen und jungen
Männer beinhaltet das, dass sie am Wochenende im • 46 % der Befragten vernachlässigen soziale Kontakte
Durchschnitt fast drei Stunden pro Tag am Computer zu Freunden oder zu Familienangehörigen, die ihnen
spielten. Sechs Prozent hatten „ernsthafte Probleme früher wichtig waren. In der Altersgruppe der 15- bis
mit Familie oder Freunden“ durch Computerspiele. 17-jährigen Jungen sind es mit 69 Prozent die
13 % konnten das Spielen, entgegen dem Rat anderer meisten.
Menschen, nicht reduzieren. 19 % hatten Streit durch • 40 % der Befragten haben wegen der Nutzung von
ihr Spielverhalten. 26 % fühlten sich unglücklich, weil Computerspielen Streit mit den Eltern. In der
sie nicht spielen konnten. Befragte Mädchen hingegen Altersgruppe der 12- bis 14-jährigen Jungen sind es
berichteten nur halb so häufig oder noch seltener von mit 89 % die meisten.
derartigen Problemen. • 16 % der Befragten nehmen wegen der Nutzung von
Computerspielen nicht an gemeinsamen Mahlzeiten
Laut Untersuchung haben Computerspiele bei den teil. In der Altersgruppe der 15- bis 17-jährigen
befragten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwach- Jungen sind es mit 34 % die meisten.
ABBILDUNG 20:
AUSWIRKUNGEN DER COMPUTERSPIELE
59 21 13 6
… gibt es Streit mit den Eltern
Quelle: DAK; Angaben in Prozent; Basis: Befragte, die am Computer, Tablet, an der Spielekonsole oder am Smartphone Spiele spielen
ABBILDUNG 21:
TRENDS TEILNAHME AN IRGENDEINEM GLÜCKSSPIEL IN DEN LETZTEN 12 MONATEN IN DEN BZGA-SURVEYS
2007 BIS 2015 (IN PROZENT)
70
60,0* 60,0*
60
55,0* 56,5*
53,8*
50,7* 50,0*
50 47,5*
44,7 44,8*
40,2* 43,3
40 37,3
35,3*
31,2
30
20
10
0
Gesamt Männlich Weiblich
2007 2009 2011 2013 2015
Stichprobe: 2007: 10.001, 2009: 10.000, 2011: 10.002, 2013: 11.501, 2015: 11.501 (Die Fallzahlen der einzelnen
Jahre weichen geringfügig von der Stichprobengröße ab, da „missings“ in der Auswertung nicht berücksichtigt
wurden). 2009 bis 2011: Festnetzstichprobe, 2013 und 2015: „Dual Frame“-Stichprobe.
* p < 0,05 %
Quelle: www.bzga.de/forschung/studien-untersuchungen/studien/gluecksspiel
ABBILDUNG 22:
TRENDS PROBLEMATISCHES UND PATHOLOGISCHES GLÜCKSSPIELVERHALTEN NACH
GESCHLECHT IN DEN BZGA-SURVEYS 2009 BIS 2015 (IN PROZENT)
3,0
2,5
1,32
2,0
1,5
0,82 0,55
0,58 0,68
1,0
0,45 0,49
0,37
0,34 0,39*
0,5
0,31
0,64 0,51 0,69 0,42 0,88 0,73 1,16 0,66 0,07
0,40 0,28 0,19 0,18
0
2009 2011 2013 2015 2009 2011 2013 2015 2009 2011 2013 2015
Stichprobe: 2007: 10.001, 2009: 10.000, 2011: 10.002, 2013: 11.501, 2015: 11.501 (Die Fallzahlen der einzelnen
Jahre weichen geringfügig von der Stichprobengröße ab, da „missings“ in der Auswertung nicht berücksichtigt
wurden). 2009 bis 2011: Festnetzstichprobe, 2013 und 2015: „Dual Frame“-Stichprobe.
* p < 0,05 %
Quelle: www.bzga.de/forschung/studien-untersuchungen/studien/gluecksspiel
spielen als Frauen. Hinsichtlich „auffälliger“ oder Auch wenn die 0,37 % der identifizierten Jugendlichen
„mindestens problematischer“ Spielweise ist ein (ausschließlich Jungen) noch nicht als pathologisch
signifikanter Geschlechtereffekt zu beobachten. 54,5 % klassifiziert wurden, kommt der Prävention in diesem
aller Befragten mit „unproblematischem“ Glücksspiel- Alterssegment eine besondere Bedeutung zu, da junge
verhalten sind Männer. Der Anteil der Männer steigt Erwachsene im Alter bis 25 Jahre ein signifikant
bei „auffälligem“ Glücksspielverhalten auf 64,6 % und erhöhtes Risiko aufweisen, „problematische“ oder
bei Befragten mit „mindestens problematischem“ pathologische Spielweisen zu entwickeln (1,40 % der
Glücksspielverhalten auf 84,7 % signifikant an. Fokus- 21- bis 25-Jährigen).
siert man sich auf Befragungspersonen mit „mindes-
tens problematischer“ Spielweise, sind weitere signifi- Volkswirtschaftliche Folgen
kante Effekte sichtbar. Befragte mit „mindestens Das Angebot von Glücksspielen geht für die Freizeit-
problematischem“ Glücksspielverhalten sind demnach spieler mit Spielfreude einher, beschert den Anbietern
zu 84,7 % männlich, spielen zu 64,4 % mehr als ein Unternehmensgewinne und dem Staat Steuereinnah-
Glücksspiel, setzen zu 54,4 % mindestens 100 Euro pro men. Zugleich entstehen aus dem Angebot von
Monat ein und spielen zu 53,7 % regelmäßig mindes- Glücksspielen auch negative Folgen für die Gesell-
tens ein Glücksspiel. Weiterhin erhöht sich das Risiko, schaft. Diese erwachsen im Wesentlichen aus dem
pathologisches Glücksspiel zu betreiben, signifikant bei Phänomen der Spielsucht, durch welche das Spielver-
Personen, die maximal über einen Hauptschulab- halten zwanghaft und unkontrolliert wird. Weitere
schluss verfügen oder einen Migrationshintergrund negative Folgen haben ihre Ursache in Begleitkrimina-
aufweisen. lität wie Wettmanipulation oder Geldwäsche.
TABELLE 04:
KOSTEN-NUTZEN-ANALYSE VON GLÜCKSSPIEL
Die verschiedenen Spielsegmente weisen stark Das Glücksspiel erfordert differenzierte Maßnahmen
unterschiedliche Effekte auf. Während Lotterien für die einzelnen Glücksspielformen, die spezifische
aufgrund der geringen Suchtgefahr eine insgesamt Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitäts
positive Wohlfahrtsbilanz aufweisen, sind Spielauto- potenziale berücksichtigen.
maten in Spielhallen, Gaststätten und staatlichen
Spielbanken am schädlichsten. Solche volkswirtschaft- Zu regeln sind auch Art und Umfang der Werbung
lichen Kosten-Nutzen-Analysen sind aufgrund vieler für Glücksspiele, die sich an diesem Ziel ausrichten
Limitationen in der Datengrundlage und zu treffender müssen. Alle Bundesländer haben dafür eine gemein-
Annahmen zwangsläufig ungenau. Trotz exakter same Werberichtlinie erlassen. Die konkrete Gestaltung
Zahlenwerte sollten die Ergebnisse daher nur als der Werbung muss das spezifische Gefährdungspoten-
Gradmesser verwendet werden. zial des beworbenen Glücksspielprodukts berücksich
tigen.
Neue Regelungen
Die Zuständigkeit für die Glücksspielregulierung liegt Die Ministerpräsidentenkonferenz hat Ende Oktober
im Wesentlichen bei den Bundesländern. Der Glücks- 2016 neue Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag
spielstaatsvertrag formuliert das Ziel, das Entstehen zum Thema Sportwetten beschlossen, die mehr
von Spielsucht zu verhindern und durch ein begrenztes Rechtssicherheit für Sportwettenanbieter und Spieler
Glücksspielangebot Voraussetzungen für eine wirksa- bieten sollen. Diese Änderungen sollen zum 1. Januar
me Suchtprävention zu schaffen. Der Glücksspiel- 2018 in Kraft treten. Bisher sind Sportwetten nicht
staatsvertrag ist immer im Zusammenhang mit den erlaubt. Außerdem treten dort am 1. Juli 2017 Regelun-
Spielhallengesetzen der Länder zu sehen, die die gen in Kraft, die die Kommunen verpflichten, Mindest-
Zulassung von Spielhallen regeln. abstände zwischen den Spielhallen neu zu regeln.
Weiterlesen
4 | Internationales
1 Europäische Drogen- und Für Acryloylfentanyl ist ein Vorschlag der Europäi-
schen Kommission erforderlich. In Umsetzung der von
Suchtpolitik der EBDD im Dezember 2015 vorgelegten Risikobewer-
tungen für den neuen psychoaktiven Stoff α-PVP
Die EU-Kommission konnte der Rat 2016 entsprechende Kontrollmaß
In den letzten beiden Jahrzehnten haben die EU- nahmen beschließen.
Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission
gemeinsam einen europäischen Ansatz zur nachhalti- Horizontale Gruppe Drogen
gen Drogenbekämpfung entwickelt und sich vor Die Horizontale Gruppe Drogen (HDG) ist eine
diesem Hintergrund auf eine enge Zusammenarbeit Arbeitsgruppe des Rates der EU, in der Regierungen
verständigt. In Umsetzung ihrer Mitteilung „Eine aller Mitgliedstaaten vertreten sind. Der jeweilige
entschlossenere europäische Reaktion auf das Drogen- Vorsitz und das Generalsekretariat gewährleisten, dass
problem“ aus dem Jahr 2011 liegen seit 2013 Legislativ- die Gruppe über alle drogenbezogenen Fragen, die in
vorschläge für ein schnelleres, effektiveres und anderen Gruppen (zum Beispiel Gesundheit, Strafrecht,
verhältnismäßiges Vorgehen gegen neue psychoaktive Justiz und Inneres, Handel, Zoll, Auswärtiges) behan-
Stoffe vor, über die derzeit noch beraten wird. delt werden, auf dem Laufenden gehalten wird.
Die Europäische Kommission hat 2016 ein Experten- Im Kontext der Drogenpolitik der Vereinten Nationen
treffen zum Thema „Internet und Drogen“ organisiert (VN) koordinierte die HDG die gemeinsamen Positio-
sowie eine Studie über Alternativen zu Zwangssanktio- nen der EU für die 59. Sitzung der Suchtstoffkommissi-
nen bei Verstößen gegen Drogengesetze bzw. Drogen- on der VN (CND). Die EU brachte einen Resolutions-
kriminalität vorgelegt. entwurf mit dem Titel „Application of the principle of
proportionality in implementing drug control policies“
Die Dokumentation des Expertentreffens sowie die in die 59. CND ein.
Studie finden Sie auf der Webseite:
https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/ Ein weiterer Fokus lag zu Beginn des Berichtszeitraums
policies/organized-crime-and-human-trafficking/ auf der abschließenden Abstimmung der EU-Positio-
drug-control/eu-response-to-drugs_en nen für die Sondersitzung der Generalversammlung
der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Weltdro-
Der Rat der EU genproblems (UNGASS 2016). Die EU bekräftigte
Dem Antrag der EU-Kommission und mehrerer erneut, dass man während UNGASS für bekannte
Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 des „Beschlusses Positionen wie Schadensreduzierung („risk and harm
2005/387/JI des Rates betreffend den Informationsaus- reduction“) und Abschaffung der Todesstrafe für
tausch, die Risikobewertung und die Kontrolle bei Drogendelikte eintreten wolle.
neuen psychoaktiven Stoffen“ folgend, beschloss der
Rat 2016, die Risiken bewerten zu lassen, die mit dem 2016 wurden schwerpunktmäßig politische Dialoge
Konsum und der Herstellung der neuen psychoaktiven mit den USA, der Russischen Föderation und Brasilien
Stoffe MDMB-CHMICA und Acryloylfentanyl verbun- abgehalten, um der weltweiten Dimension des Drogen-
den sind. Hierbei wurden auch die gesundheitlichen problems Rechnung zu tragen. Ein Treffen mit der
und sozialen Risiken berücksichtigt. Der Bewertung Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibi-
unterlagen darüber hinaus die Risiken des illegalen schen Staaten (CELAC) fand auf hoher Ebene in Den
Handels, die Beteiligung der organisierten Kriminalität Haag statt.
und die möglichen Folgen von Kontrollmaßnahmen.
Ein daran anknüpfender Durchführungsbeschluss des Treffen der EU-Drogenkoordinatoren
Rates über Kontrollmaßnahmen wurde für MDMB- Auch 2016 und 2017 trafen sich die Drogenkoordinato-
CHMICA vom Rat im Februar 2017 verabschiedet. ren der EU-Mitgliedstaaten regelmäßig, um über neue
4_Internationales
74
Strategien und Ansätze in der Drogenpolitik zu Cannabis ist nach wie vor die weltweit am meisten
beraten. gehandelte illegale Droge. Allerdings sind die Zahlen
zur Sicherstellung synthetischer Drogen, etwa von
Im Mai 2016 stand bei einem Treffen in Amsterdam Amphetaminen und Methamphetamin, zuletzt
das Thema „Drogen und Nachtleben“ auf der Agenda. signifikant gestiegen. Der globale Markt für syntheti-
Dabei wurden insbesondere die Erfahrungen mit sche Drogen wird nach wie vor durch Methampheta-
verschiedenen „Partyprojekten“ diskutiert. Gegenstand mine dominiert, insbesondere in Ost- und Südostasien
des Treffens im Oktober 2016 auf Einladung der sowie Nordamerika. Der Markt für neue psychoaktive
Slowakei war ein „Integrierter Ansatz zur gesundheitli- Stoffe ist weiterhin geprägt durch eine hohe Anzahl
chen und sozialen Versorgung von Drogenabhängigen“. neuer Substanzen. Waren die zwischen 2012 und 2014
Die maltesische EU-Präsidentschaft lud die Drogenko- gemeldeten Stoffe vor allem Bestandteil der Gruppe
ordinatoren ein, um im April 2017 die Erfahrungen mit der synthetischen Cannabinoide, so ist neuerdings zu
den in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlichen beobachten, dass viele neu auftauchende Stoffe nicht
„Alternativen zur Strafe“ zu diskutieren. mehr zu den Hauptgruppen gehören, die in der Ver-
gangenheit identifiziert wurden – das Spektrum der
Substanzen wird breiter.
2 Drogenpolitik der
Die globale Opiumproduktion ist 2015 auf das Niveau
Vereinten Nationen der späten 1990er-Jahre gefallen. Dies ist auf Rückgän-
ge in der Opiumproduktion in Afghanistan zurückzu-
Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung führen. Gleichwohl hat Afghanistan nach wie vor die
der Vereinten Nationen weltweit führende Position als Produzent und Anbauer
Deutschland ist seit vielen Jahren einer der Hauptun- für Opium inne. Nach Schätzungen von UNODC hat
terstützer des Drogenkontrollprogramms der Verein- sich die Zahl der Opiatnutzer weltweit in den vergan-
ten Nationen (UNDCP), das vom Büro für Drogen- und genen Jahren kaum verändert. 2014 haben ca. 17 Milli-
Verbrechensbekämpfung der VN (UNODC) durchge- onen Menschen Opiate konsumiert. Es erscheint eher
führt wird. UNODC veröffentlich jährlich einen unwahrscheinlich, dass sich der Rückgang der Produk-
Weltdrogenbericht, der einen umfassenden Überblick tion in 2015 auch auf das Konsumverhalten auswirken
über die aktuellen Entwicklungen auf dem Weltdro- wird. Infolge der Überproduktion der vergangenen
genmarkt gibt. Jahre ist der Markt nach wie vor mehr als gesättigt.
Weltweit konsumierte 2014 einer von 20 Erwachsenen Während es in den Anbaugebieten insgesamt kaum
zwischen 15 und 64 Jahren illegale Drogen. Wie in den Veränderungen gab, ist eine Verlagerung der Routen
vergangenen Jahren stellt Cannabis – global gesehen – für Drogenschmuggel zu beobachten. Die „Balkan
die am häufigsten konsumierte illegale Droge dar, ge- route“ ist weiterhin der wichtigste Weg für den
folgt von Amphetaminen, Opioiden und Opiaten. Die Heroinhandel und die Belieferung von West- und
Daten zeigen, welche verheerenden Auswirkungen der Zentraleuropa. Allerdings steigt die Bedeutung der
Drogenkonsum nach wie vor auf die menschliche „Südroute“ durch Pakistan und Iran nach Südostasien.
Gesundheit hat: 2014 sind weltweit 207.400 Menschen Auch die „Nordroute“ für den Opiumhandel von
an illegalen Drogen gestorben. Etwa 29 Millionen Afghanistan durch angrenzende zentralasiatische
Menschen leiden unter drogenkonsumbedingten Staaten, die Russische Föderation und die Gemein-
Erkrankungen. Von den 12 Millionen Menschen, die schaft unabhängiger Staaten (GUS) wird wieder
Drogen injizieren, leben 14 Prozent mit HIV. In vielen genutzt. Darüber hinaus ist ein Anstieg von Heroin-
Ländern sind insbesondere Gefängnisse ein Risikomilieu schmuggel auf dem amerikanischen Kontinent zu
für übertragbare Krankheiten. Häufig mangelt es gerade beobachten, einhergehend mit verstärkter Opium
hier an Präventions- und Behandlungsmaßnahmen. produktion in Lateinamerika.
4_Internationales
75
Im Jahr 2016 lag der Schwerpunkt des Weltdrogen innerhalb der Bundesregierung sowie aus deren Ge-
berichts in Kapitel II auf allen Aspekten der nachhalti- schäftsbereichsbehörden. Die Sitzung war zur Vorbe-
gen Entwicklung. Alle diese Aspekte, wie sie in den reitung der Sondersitzung der Generalversammlung
17 globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung der zum Weltdrogenproblem (UNGASS 2016) in ein
Agenda 2030 (Sustainable Development Goals – SDGs) UNGASS-Segment und einen regulären Abschnitt
bezeichnet wurden, sowie der Charakter und die aufgeteilt; die intensiven Verhandlungen um eine
Entwicklung des Weltdrogenproblems beeinflussen UNGASS-Abschlusserklärung überlagerten allerdings
sich gegenseitig: soziale Entwicklung, wirtschaftliche den Verlauf der gesamten CND. Am letzten Abend
Entwicklung, ökologische Nachhaltigkeit, friedvolle, wurde die UNGASS-Abschlusserklärung (Outcome
gerechte und integrative Gesellschaften sowie Partner- Document) verabschiedet. Damit kam ein sechsmona-
schaften. tiger Verhandlungsprozess zum Abschluss, in dem trotz
erheblicher Meinungsunterschiede zu vielen Aspekten
UNODC-Weltdrogenbericht 2016: der internationalen Drogenpolitik ein gemeinsames
https://www.unodc.org/doc/wdr2016/WORLD_DRUG_ Papier entstanden ist. Dieses soll in den nächsten
REPORT_2016_web.pdf Jahren als einer der Referenzpunkte der internationa-
len Zusammenarbeit der Drogenpolitik dienen.
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung Deutschland hat diese Verhandlungen aktiv vorange-
Mit der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ trieben. Die deutsche Delegation hat im EU-Rahmen
drückt die internationale Staatengemeinschaft ihre die Verhandlungsführung für den entwicklungspoliti-
Überzeugung aus, dass sich die globalen Herausforde- schen Teil des UNGASS-Abschlussdokuments über-
rungen nur gemeinsam lösen lassen. Die Agenda 2030 nommen. Zur Vorbereitung und Begleitung dieser
soll helfen, allen Menschen weltweit ein Leben in Verhandlungen führten die Drogenbeauftragte der
Würde zu ermöglichen. Sie soll Frieden fördern und Bundesregierung und die Deutsche Gesellschaft für
dazu beitragen, dass alle Menschen in Freiheit und Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gemeinsam mit
einer intakten Umwelt leben können. Sie gilt für alle internationalen Partnern (Großbritannien, Niederlan-
Staaten dieser Welt. Entwicklungsländer, Schwellen- de, Norwegen, Myanmar, Thailand) mehrere Dialogver-
länder und Industriestaaten: Alle müssen ihren Beitrag anstaltungen mit interessierten Regierungen durch,
leisten. Deutschland hat sich unter anderem für ein um gemeinsame Verhandlungspositionen zu identifi-
explizites Gesundheitsziel eingesetzt, das „ein gesundes zieren und abzustimmen.
Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten
und ihr Wohlergehen fördern“ soll. Als Unterziel ist die Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung leitete die
Stärkung der Prävention und Behandlung des Sub Delegation vom 14. bis 16. März 2016. Mit Blick auf
stanzmissbrauchs, namentlich des Suchtstoffmiss- UNGASS 2016 unterstrich sie in ihrer Eröffnungsrede
brauchs und des schädlichen Gebrauchs von Alkohol, die Notwendigkeit, sich international auf eine gemein-
verankert. Somit ist das Thema „Drogen und Sucht“ same Strategie zu verständigen, die die Gesundheit
weit oben auf der globalen Agenda platziert. der Menschen und die Menschenrechte in den Vor
dergrund stelle. UNGASS böte eine hervorragende
Die gesamte „Agenda 2030 für nachhaltige Gelegenheit, die Elemente für eine erfolgreiche inter-
Entwicklung“ finden Sie hier: nationale Drogenpolitik in den nächsten Jahren zu
http://www.un.org/depts/german/gv-70/a70-l1.pdf analysieren. Dabei sollten die drei VN-Drogenkonven-
tionen die Eckpfeiler des internationalen Drogenkon
Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen 2016 trollsystems bleiben. Das VN-Drogenkontrollsystem
Als Mitglied der Suchtstoffkommission der Vereinten lasse den Mitgliedstaaten genügend Flexibilität für
Nationen (CND) nahm Deutschland vom 14. bis individuelle Fortentwicklungen. Ferner betonte sie die
22. März 2016 an deren 59. Sitzung in Wien teil, Bedeutung, Alternativen zum illegalen Anbau von
vertreten durch Experten aller zuständigen Ressorts Drogenpflanzen zu schaffen.
4_Internationales
76
In einer Begleitveranstaltung zu Alternativer Entwick- aufbauen. Auch wird der Grundsatz der Verhältnis
lung (AE) stellte die Drogenbeauftragte das von mäßigkeit international erstmals definiert: Die Schwere
UNODC und Deutschland veröffentlichte Konferenz- einer Strafe muss im Verhältnis zur Schwere der
papier zu den Ergebnissen dreier Expertentreffen begangenen Straftat stehen. Drei von den USA,
(2013–2015) zu Alternativer Entwicklung vor. Hierbei Australien und Weißrussland eingebrachte Entwürfe
hob sie drei Kernthemen hervor: mangelnde internati- zu NPS, amphetaminartigen Stimulanzien (ATS) und
onale Finanzierung Alternativer Entwicklung, die Grundstoffen konnten dank der kooperativen Zusam-
zentrale Bedeutung von Landtiteln und die Verbindung menarbeit dieser drei Staaten schließlich zusammen-
von Alternativer Entwicklung mit den globalen Zielen gelegt werden.
für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der VN
(Sustainable Development Goals – SDGs). In einer Die Liste der VN-Resolutionen der 59. Sitzung der
gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für CND finden Sie hier:
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des https://www.unodc.org/unodc/en/commissions/CND/
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenar- session/59_Session_2016/59draft-resolutions.html
beit und Entwicklung (BMZ) und der Nichtregierungs-
organisation IDPC organisierten Veranstaltung „Harm Außerdem wurde im Rahmen der Sitzung auf Vor-
Reduction and the UNGASS: Feedback from the Expert schlag der WHO der Stoff Acetylfentanyl in die
Group Meeting in Berlin“ betonte die Drogenbeauf- Tabellen I und IV der 1961er-Drogenkonvention
tragte die dringende Notwendigkeit, Harm-Reduction- aufgenommen, das heißt, dieser Stoff ist international
Ansätze prominent im CND-Rahmen zu verankern, um nicht mehr verkehrsfähig. MT-45 wurde in Tabelle I der
die Übertragung von Infektionen erfolgreich zu 1961er-Drogenkonvention, PMMA in Tabelle I der
bekämpfen und die Menschenrechte von Drogenkon- 1971er-Konvention und die Stoffe α-PVP, 4,4'-DMAR
sumenten zu stärken. und Methoxetamine wurden in Tabelle II der 1971er-
Konvention aufgenommen. Die Entscheidungen fielen
Während des regulären Teils der 59. CND wurden jeweils mit breiter Mehrheit. Die von der WHO
insgesamt acht Resolutionen im Konsens verabschie- vorgeschlagene Aufnahme des Stoffes Phenazepam in
det. Schwerpunktthemen waren dabei unter anderem Tabelle IV der 1971er-Konvention wurde trotz Gegen-
Verhältnismäßigkeit von Strafen bei Drogendelikten, stimmen von der Russischen Föderation und Weiß-
Prävention, internationale Behandlungsstandards und russland mit großer Mehrheit angenommen. Die Russi-
neue psychoaktive Stoffe (NPS). Ein von der Russischen sche Föderation wies in einer nationalen Erklärung
Föderation vorgelegter Entwurf zum Paris Pact darauf hin, dass Phenazepam national für medizinische
(Initiative zur Bekämpfung des Opiathandels aus Zwecke genutzt werde und aus dortiger Sicht keine
Afghanistan) wurde wegen unüberbrückbarer Mei- psychotrope Substanz sei. Mit Blick auf die Bewertung
nungsverschiedenheiten zwischen den beiden Staaten von Ketamin durch die WHO im Jahr 2015 warf die
zurückgezogen. Russische Föderation der WHO vor, nicht immer nach
einheitlichen Maßstäben zu urteilen.
Besonders schwierig gestalteten sich Verhandlungen
zu dem von der EU eingebrachten Entwurf zur Verhält- Die zentralen drogenpolitischen Übereinkommen
nismäßigkeit von Bestrafungen. Auf Druck einiger der Vereinten Nationen:
Staaten (insbesondere China, Vietnam und Ägypten) • Einheits-Übereinkommen von 1961
wurde der Fokus schließlich auf die Anwendung des über Suchtstoffe
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Strafrecht Dieses Übereinkommen ersetzte insgesamt neun
verengt. Allerdings blieben die Kernpunkte des davor abgeschlossene Drogenabkommen durch
Entwurfs enthalten. So wird festgehalten, dass die drei einen einheitlichen völkerrechtlichen Vertrag und
VN-Suchtstoffübereinkommen den Grundsatz der bildet bis heute die Basis der weltweiten Drogen-
Verhältnismäßigkeit voraussetzen bzw. auf diesem kontrolle. Das Einheits-Übereinkommen teilt
4_Internationales
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beauftragten nahm auch UNODC-Exekutivdirektor nen: „Ich kann nicht ruhig bleiben, wenn Drogenab-
Yuri Fedotov als Sprecher an der Nebenveranstaltung hängige und Kleindealer mit dem Tode bestraft oder –
teil. Schwerpunkte der Beiträge und Diskussion waren ohne jede Form rechtsstaatlichen Verfahrens – unter
auch hier die Anbindung von Maßnahmen zur Alterna- offensichtlicher Duldung oder sogar unter Beteiligung
tiven Entwicklung an die globalen Ziele für nachhaltige staatlicher Institutionen ermordet werden.“
Entwicklung der Agenda 2030 der VN, die mangelnde
Finanzierung für Alternative Entwicklung (AE) sowie Die Mitgliedstaaten der CND legten durch eine Resolu-
die potenzielle Erweiterung des AE-Konzepts auf tion die Modalitäten der VN-Debatte zur internationa-
urbane Umfelder. len Drogenpolitik im Jahre 2019 fest. Dieses Datum ist
in der Politischen Erklärung von 2009 als Evaluie-
In einer von Deutschland, den Niederlanden, Kenia, rungszeitpunkt festgesetzt worden. Demnach wird es
UNODC, UNAIDS, der WHO und Nichtregierungs 2019 ein zusätzliches zweitägiges hochrangiges Seg-
organisationen organisierten Nebenveranstaltung ment der CND geben, das sich hauptsächlich der
zum Thema „A call for leadership: HIV, human rights Implementierung der Empfehlungen der UNGASS-
and harm reduction“ wurde die notwendige enge Abschlusserklärung (siehe vorheriger Abschnitt)
Kooperation von Regierungen und Zivilgesellschaft bei widmen wird. Bestrebungen einiger Staaten, 2019
der Bewältigung der mit dem injizierenden Drogen- erneut eine UNGASS durchzuführen, waren damit
konsum verbundenen gesundheitsbezogenen Schäden nicht erfolgreich.
unterstrichen. Dabei wurden „harm reduction“-Maß
nahmen als wirksamste Strategie identifiziert, wobei Internationaler Suchtstoffkontrollrat
der in Deutschland übliche integrierte Ansatz als gut der Vereinten Nationen
geeignet hervorgehoben wurde. Es wurde deutlich, Der Internationale Suchtstoffkontrollrat der Vereinten
dass die deutsche Erfahrung und Politik weltweit eine Nationen (International Narcotics Control Board –
große Reputation besitzen. INCB) in Wien wurde 1968 gegründet und besteht aus
13 regierungsunabhängigen Experten, die vom
Die Abschlusserklärung der UNGASS 2016 können Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen
Sie hier nachlesen: (ECOSOC) gewählt werden. Zum Präsidenten des INCB
https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/ wurde 2015 das deutsche INCB-Mitglied Werner Sipp
N16/110/24/PDF/N1611024.pdf?OpenElement gewählt. Die zentrale Aufgabe des INCB ist die Über
wachung der Einhaltung der VN-Drogenkonventionen
Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen 2017 über Anbau, Produktion und Verwendung von Drogen.
Vom 13. bis 17. März 2017 nahmen Vertreter der Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, dem INCB
zuständigen Bundesministerien an der 60. Suchtstoff- regelmäßig Informationen zu liefern. Zur Erfüllung
kommission der Vereinten Nationen (CND) teil. Die seiner Aufgaben erstellt der INCB unter anderem einen
60. CND war mit 1.700 Teilnehmern und etwa Jahresbericht, in welchem insbesondere die weltweite
100 Nebenveranstaltungen die bisher größte ihrer Art. Drogensituation analysiert wird. Der INCB veröffent-
In ihrer Eröffnungsrede im Plenum stellte die Drogen- lichte seinen Jahresbericht 2016 Anfang März 2017.
beauftragte die neue deutsche Gesetzgebung zu Der aktuelle Bericht widmet sich insbesondere den
neuen psychoaktiven Stoffen und zur medizinischen thematischen Schwerpunkten: „Geschlechtsspezifische
Nutzung von Cannabis vor. Herzstück ihrer Rede war Aspekte der Drogenpolitik“ „Funktionsweise des
jedoch der deutliche Hinweis auf die Beachtung von internationalen Drogenkontrollsystems“ und „Die
Menschenrechten in der Drogenpolitik. Dabei kritisier- Situation weltweit“.
te sie die immer noch stattfindenden Todesstrafen für
drogenbezogene Delikte und mit klaren Worten die Im Rahmen des Schwerpunkts „Geschlechtsspezifische
außergerichtlichen Tötungen von vermeintlichen Aspekte der Drogenpolitik“ wird betont, dass Regie-
Drogenhändlern und -konsumenten auf den Philippi- rungen drogenabhängigen Frauen besseren Zugang zur
4_Internationales
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Gesundheitsversorgung gewähren sollten. Der INCB auf, ihre Bemühungen und ihre Unterstützung der
fordert bessere Koordinierung und mehr Finanzmittel afghanischen Regierung im Kampf gegen illegale
für die Prävention und die Behandlung des Drogen- Drogen fortzusetzen. Ein weiteres Thema ist die
missbrauchs von Frauen. Frauen und Mädchen ma- Antwort vieler Staaten auf drogenbezogene Delikte.
chen ein Drittel der Drogenkonsumenten weltweit aus. Der INCB betont, dass die Drogenabkommen für
Trotzdem sind nur ein Fünftel aller Menschen, die eine Menschen, die Drogen konsumieren oder kleinere
Behandlung bekommen, Frauen, häufig durch signifi- Drogendelikte begehen, nicht zwingend eine Inhaftie-
kante systembegründete, strukturelle, soziale, kulturel- rung verlangen. Darüber hinaus ermutigt er diejenigen
le und persönliche Barrieren begründet. Zu verzeich- Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, die Abschaf-
nen ist auch ein signifikanter Anstieg bei der Zahl der fung der Todesstrafe für Drogendelikte in Betracht zu
aufgrund von Drogendelikten festgenommenen ziehen.
Frauen.
Im dritten Teil des Berichts analysiert der INCB die
Im zweiten Schwerpunkt „Funktionsweise des interna- Situation in den verschiedenen Regionen der Welt.
tionalen Drogenkontrollsystems“ beschäftigt sich der Afrika bleibt eine Transitregion für Drogenhandel,
Bericht insbesondere mit der Einhaltung der internati- entwickelt sich aber auch immer mehr zu einer
onalen Drogenkonventionen und Maßnahmen zu Zielregion für alle Arten von Drogen. Die Ausbreitung
deren Umsetzung. Der INCB weist darauf hin, dass illegaler Märkte für Methamphetamine sowie der
immer noch nicht alle Staaten die drei VN-Drogenkon- illegale Opiumanbau und -handel bleiben weiterhin
ventionen ratifiziert haben (Konvention von 1961: elf das größte Problem in Ost- und Süd-Ost-Asien; die
Staaten noch nicht ratifiziert, Konvention von 1971: schnelle Ausbreitung von neuen psychoaktiven Stoffen
vierzehn Staaten, Konvention von 1988: neun Staaten), stellt eine weitere große Herausforderung dar. Die
allen voran die ozeanischen Staaten. Weiter wird die andauernde Konfliktsituation in einigen Ländern
Einhaltung der VN-Drogenkontrollverträge für das Westasiens bietet weiterhin erhebliche Möglichkeiten
Jahr 2016 insbesondere in Australien, Kolumbien, für das organisierte Verbrechen im Zusammenhang
Dänemark, Mauretanien, Spanien und den USA mit Drogenschmuggel. Korruption, Terrorismus und
ausgewertet. Daneben werden die 2016 durchgeführten politische Instabilität behindern darüber hinaus
sogenannten „country missions“ des INCB vorgestellt, Fortschritte. In Ozeanien ist ein Anstieg des Miss-
welche in Afghanistan, Argentinien, Bolivien, Kanada, brauchs von Amphetaminen unter der indigenen
China, Israel, Myanmar, Oman, Senegal, Südafrika, Bevölkerung zu verzeichnen. Australien hat 2016 ein
Palästina, Uruguay und Vietnam stattfanden. Mit den Gesetz zum medizinischen Gebrauch von Cannabis
jeweiligen Staaten diskutierte der INCB Maßnahmen verabschiedet.
und Fortschritte in den verschiedenen Bereichen der
Drogenkontrolle. Vorgesehene „country missions“ in Zentralamerika und die Karibik bleiben weiterhin Liefe-
Kolumbien, Ägypten, Jamaika, Kuwait, Usbekistan und ranten für Cannabis und bilden eine Transitregion für
dem Irak konnten im Berichtszeitraum nicht durchge- Kokain nach Nordamerika und Europa. Auch in dieser
führt werden. Zudem wird die Umsetzung der in frühe- Region stellt der Missbrauch von synthetischen Drogen
ren „country missions“ ausgesprochenen Empfehlun- mittlerweile ein zunehmendes Problem dar. Positive
gen in Kenia, Malaysia, Panama, Singapur bewertet. Entwicklungen sind in Mexiko mit einer neuen
Dabei betont der INCB, wie wichtig die Zusammenar- Strategie zur Verfügbarkeit von kontrollierten Substan-
beit und Kooperation der Staaten mit dem INCB sei. zen für medizinische Zwecke und mit dem Friedens-
prozess in Kolumbien zu verzeichnen. Nordamerika
Bezüglich der aus seiner Sicht besorgniserregenden weist einen signifikanten Anstieg von Drogenüberdo-
Situation in Afghanistan (Anstieg der illegalen Opium- sierungen mit Todesfolge auf. Dabei stellen die unbeab-
produktion, Anstieg der Herstellung von Methamphet- sichtigten Todesfälle mit Fentanyl-versetzten Drogen
aminen) ruft der INCB die internationale Gemeinschaft ein besonderes Problem in den USA und in Kanada dar.
4_Internationales
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Die Nutzung von neuen psychoaktiven Stoffen bleibt 2016 (UNODC)), gefolgt von Myanmar (55.500 Hektar
vor allem in West- und Zentraleuropa weiterhin ein in 2015 (UNODC)). Daneben wird auch in Kolumbien,
Hauptproblem für den Schutz der öffentlichen Gesund- Mexiko, Laos und Guatemala Schlafmohn zum Zweck
heit. Darüber hinaus ist ein Anstieg der Verfügbarkeit der illegalen Opiatproduktion angebaut. UNODC hat
von Ecstasy zu verzeichnen. Die Balkanroute bleibt der 2016 erstmals offizielle Anbaustatistiken für Schlaf-
wichtigste Korridor für den Heroinhandel. mohn in Mexiko veröffentlicht. Demnach lagen die
dortigen Anbauflächen für Schlafmohn 2015 bei 24.800
Den INCB-Bericht 2016 finden Sie hier: Hektar. Laut Weltdrogenbericht 2016 wird Cannabis –
https://www.incb.org/documents/Publications/ im Gegensatz zu den anderen beiden Drogenpflanzen –
AnnualReports/AR2016/English/AR2016_E_Ebook.pdf auch in vielen Industrieländern angebaut. Gleichwohl
befindet sich der weltweit größte Teil der Anbaufläche
in den Partnerländern der Entwicklungszusammenar-
beit, etwa in Nordafrika (Marokko: ca. 47.196 Hektar
3 Internationale Entwicklungs- 2013) sowie in verschiedenen Ländern des Mittleren
Ostens, Süd- und Zentralasiens (zum Beispiel Mongo-
zusammenarbeit lei: 15.000 Hektar 2013). Die Zahlen, sofern sie zur
Verfügung stehen, finden sich in den Weltdrogenbe-
Die entwicklungspolitische Dimension der richten 2015 und 2016 des UNODC.
globalen Drogenproblematik
Das globale Drogenproblem, sowohl die Angebots-, Drogenökonomien siedeln sich primär dort an, wo
Handels- als auch die Konsumproblematik, ist nicht die strukturellen Rahmenbedingungen nur wenige
nur durch eine gesundheits- und sicherheitspolitische, alternative Lebensgrundlagen ermöglichen. Für die
sondern auch durch seine entwicklungspolitische Kleinbäuerinnen und Kleinbauern macht sich der
Dimension gekennzeichnet. Dies wird am Beispiel des Anbau der Drogenpflanzen entgegen der allgemeinen
Anbaus von Drogenpflanzen wie Koka, Schlafmohn – Annahme nur selten bezahlt. Tatsächlich führen
den Vorläuferpflanzen für sogenannte harte Drogen Drogenökonomien oft zur Verstetigung von Armut
wie Kokain, Crack, Heroin und Opium – und Cannabis und bringen Unsicherheit, Korruption und Gewalt mit
deutlich: Armut, fragile Staatlichkeit und ungenügen- sich. Für einige Partnerländer der deutschen Entwick-
der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen sind lungszusammenarbeit ist die ungelöste Drogenproble-
zentrale Ursachen für den illegalen Anbau von Drogen- matik zu einem der größten Entwicklungshemmnisse
pflanzen und die Produktion von Drogen. Die Anbau- geworden. Durch die enge Verbindung zwischen
gebiete sind meistens geprägt durch eingeschränkten Armut, Marginalisierung und der Problematik des
Zugang zu Ressourcen wie Land und Wasser, eine Anbaus und der Produktion illegaler Drogen ergibt
mangelhafte Infrastruktur, fehlende Marktanbindung sich für die Entwicklungszusammenarbeit ein Hand-
sowie Gewalt und organisierte Kriminalität. lungsauftrag, dem sich nicht mit den in den Konsum-
ländern üblichen polizeilichen und gesundheits
Koka wird nahezu ausschließlich in den Andenländern politischen Maßnahmen begegnen lässt. Für die
Bolivien, Kolumbien und Peru angebaut. Gemäß Entwicklungszusammenarbeit gilt der Grundsatz, an
Schätzungen des UNODC war Kolumbien 2015 mit den ursächlichen Entwicklungsbedarfen und nicht nur
96.084 Hektar das Land mit der größten Anbaufläche, an den Symptomen von Drogenökonomien anzusetzen.
gefolgt von Peru mit 40.300 Hektar und Bolivien mit
20.200 Hektar. Während der Anbau in Bolivien und in Eine weitere Herausforderung für die Länder, in denen
Peru in den vergangenen Jahren stetig abgenommen Drogenpflanzen angebaut werden, stellt der sich dort
hat, ist die Anbaufläche in Kolumbien seit 2013 stark entwickelnde Drogenkonsum dar. Gelten einige
gewachsen. Der Anbau von Schlafmohn verteilt sich Regionen zunächst überwiegend als Produktionsge
auf Asien und Lateinamerika. Hauptanbauland ist mit biete, so ist im Laufe der Zeit oft auch ein erhöhter
deutlichem Abstand Afghanistan (201.000 Hektar in Drogenkonsum bei der lokalen Bevölkerung zu ver-
81
zeichnen. Auch entlang der Transitrouten zwischen Einkommensmöglichkeiten und eine Verbesserung der
Anbau- und Konsumland kann eine Zunahme des Lebenssituation der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.
Drogenkonsums festgestellt werden. Die Querbezüge Die zentrale Wirkung der geförderten Projekte ist die
zwischen Anbau-, Handels- und Konsumproblematik Bekämpfung der strukturellen Ursachen des Drogen
sind vielfältig: Der entwicklungspolitische Zusammen- anbaus, insbesondere durch die Diversifizierung land-
hang, auch mit Themen wie fehlendem Zugang zu wirtschaftlicher Produktion in den Koka- und Schlaf-
Gesundheitssystemen und Schmerzmitteln, muss mohnanbauregionen, in denen die Drogenökonomie
weiter untersucht werden, um entsprechende Hand- die Haupteinkommensquelle darstellt.
lungsoptionen zu generieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusam-
Reduzierung des Drogenanbaus durch Alternative menarbeit (GIZ) GmbH berät das BMZ zu Fragen der
Entwicklung Drogenanbauproblematik. Die deutsche Entwicklungs-
Für die meisten Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ist zusammenarbeit finanziert derzeit Maßnahmen der
der Anbau von Drogenpflanzen tatsächlich nur wenig Alternativen Entwicklung in Bolivien, Kolumbien, Peru
attraktiv. Häufig zählen sie zum ärmsten Segment der und Myanmar, implementiert durch oder gemeinsam
ländlichen Bevölkerung. Faktisch sind Drogenpflanzen mit dem UNODC. Im Rahmen des Vorhabens Globale
niedrigpreisige Agrarprodukte, die – wenn überhaupt – Partnerschaft für Drogenpolitik und Entwicklung
nur wenig mehr Ertrag als andere, legale landwirt- (GPDPD) fördert die GIZ im Auftrag des BMZ den
schaftliche Erzeugnisse einbringen, oft aber für die drogenpolitischen Dialog auf internationaler Ebene
Bauern das einzige Produkt mit garantierter Abnahme und setzt bilaterale Beratungsmaßnahmen in ausge-
durch Zwischenhändler darstellen. Daneben geht mit wählten Partnerländern um. Die Beratungsmaßnah-
dem Anbau dieser Pflanzen ein hohes Risiko für die men zielen auf einen verbesserten Umgang mit der
Kleinbäuerinnen und Kleinbauern einher: Staatliche Drogenanbau- sowie der Drogenkonsumproblematik.
Repression des illegalen Anbaus zählt ebenso dazu wie Hinzu kommt die Förderung der wissenschaftlichen
klimatische Auswirkungen auf den Anbau von Drogen- Grundlagen für eine evidenzbasierte Drogenpolitik.
pflanzen in Monokultur sowie die Willkür irregulärer Schirmherrin des Vorhabens ist die Drogenbeauftragte
Gewaltakteure und krimineller Netzwerke, die vielfach der Bundesregierung. Daneben setzt die GIZ im Auftrag
die Hauptabnehmer der Ernten sind. Es ist kein Zufall, des BMZ und unter Führung der Spanischen Entwick-
dass illegale Anbauregionen für Drogenpflanzen meist lungszusammenarbeit Fundación Internacional y para
fernab staatlicher Kontrollinstanzen und häufig in Iberoamérica de Administración y Políticas Públicas
Gebieten mit Präsenz bewaffneter Gruppierungen (FIIAPP) die Komponente Alternative Entwicklung im
liegen. Dies ist etwa der Fall in einigen Regionen in Kooperationsvorhaben der EU zur Drogenpolitik mit
Afghanistan, Kolumbien und Myanmar. Die betroffe- Lateinamerika und der Karibik – COPOLAD – um. Im
nen Familien haben also starke Anreize, ein Leben in Rahmen dieses Vorhabens werden zahlreiche Bera-
der Illegalität und Willkür aufzugeben und legale tungs- und Pilotmaßnahmen im Bereich Alternative
Alternativen zu etablieren. An diesem Punkt setzt die Entwicklung mit fast allen Staaten Lateinamerikas mit
Entwicklungszusammenarbeit an. einer Anbauproblematik durchgeführt. 2016 ist die
COPOLAD-Initiative mit einer zweiten Phase gestartet.
Die Bundesregierung ist international einer der Im Bereich Alternative Entwicklung wurde zum
größten Geber im Bereich der Alternativen Entwick- Auftakt ein Dialogforum in Kolumbien veranstaltet, an
lung. Das Bundesministeriums für wirtschaftliche dem neben Vertretern aus den traditionellen Kokaan-
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verfügt über bauländern auch neue Akteure in dem Feld, etwa
mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung in diesem Feld und Mexiko, Guatemala und Paraguay sowie einige
hat eine klare Position zum Umgang mit der Drogen Karibikstaaten, teilnahmen.
anbauproblematik entwickelt. Sie beschreibt integrale
Projekte der ländlichen Entwicklung zur Substitution Weitere Informationen finden Sie hier:
des illegalen Drogenanbaus durch legale alternative www.gpdpd.org
4_Internationales
Kinder aus
suchtbelasteten
Familien
Kinder von Eltern mit Konsum von illegalen entspricht dies etwa 37.500 bis 150.000 Kindern von
Drogen glücksspielsüchtigen Eltern. Im stationären Bereich
Aussagekräftige Zahlen zu Kindern von Eltern, die lebt etwa ein Fünftel der Spieler, die sich in Behand-
illegale Drogen konsumieren, sind in Deutschland lung befinden, in Familien mit Kindern (Meyer et al.,
kaum vorhanden. Dies ist mit der Schwierigkeit der 2011). Zahlen über Kinder von Eltern, die unter
Erhebung derart sensibler Daten im Dunkelfeld anderen Verhaltenssüchten leiden, wie z. B. Kaufsucht
verbunden. Schätzungen zufolge stammen etwa 60.000 oder Online-Sucht, liegen in Deutschland bislang nicht
Kinder von einem opiatabhängigen Elternteil ab und vor.
leben teilweise mit diesem zusammen (NACOA
Deutschland, 2006). Zahlen über Kinder aus Familien, Fazit zur Epidemiologie
in denen andere illegale Drogen, wie z. B. Cannabis, Die bestehenden Daten legen nahe, dass die Anzahl der
Kokain, (Meth-)Amphetamine und neue psychoaktive Kinder und Jugendlichen aus suchtbelasteten Familien
Substanzen (NPS), oder Medikamente eine Rolle hoch ist. Allein in den Bereichen Alkohol und illegale
spielen, liegen in Deutschland nicht vor. Drogen ist auf Basis einer konservativen Schätzung von
insgesamt mindestens 3 Millionen Kindern auszuge-
Kinder von tabakkonsumierenden Eltern hen, die einen alkohol- oder drogenabhängigen
Den Daten des deutschen Kinder- und Jugendgesund- Elternteil haben. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist
heitssurveys (KiGGS) ist zu entnehmen, dass 7,9 % aller aber von einer erheblichen Dunkelziffer und somit von
befragten Eltern in ihrer Wohnung in Gegenwart einer noch höheren Gesamtzahl betroffener Kinder
ihres Kindes rauchen (RKI, 2015). Insgesamt halten auszugehen. Es ist kritisch zu bewerten, dass die
sich 18,8 % der befragten Jugendlichen täglich oder bisherigen Statistiken zu Kindern aus suchtbelasteten
mehrmals pro Woche in Räumen auf, in denen Familien häufig auf Schätzungen oder Hochrechnun-
entweder zu Hause oder außerhalb geraucht wird. Bei gen beruhen, sofern Informationen dazu vorhanden
Mädchen und Jungen aus Familien mit hohem sind.
Sozialstatus ist die Passivrauchbelastung signifikant
geringer als bei Kindern aus Familien mit niedrigem
Sozialstatus (Lampert et al., 2014). Kinder und Jugendli-
che aus einer niedrigen Statusgruppe haben 3,7-mal
häufiger rauchende Eltern als Gleichaltrige aus einer
hohen Statusgruppe. Dass die Eltern in Gegenwart
ihrer Kinder in der Wohnung rauchen, wird in Famili-
en mit niedrigem Sozialstatus 5,1-mal häufiger
angegeben. Entsprechende Unterschiede bestehen
auch beim Rauchen der Mütter während der Schwan-
gerschaft.
emotionalen Grundbedürfnisse des Kindes nach Nähe, len, Grenzen innerhalb der Familie beschreiben und
Zuwendung und Liebe (Klein et al., 2016). Durch die Regeln so definieren, dass sich Kinder darüber bewusst
Vernachlässigung der elterlichen Pflichten werden die werden, wie die Familie (und andere soziale Gefüge
alltäglichen Aufgaben innerhalb der Familie oftmals und Beziehungen) funktioniert und wie sie sich in der
neu verteilt. Kinder können dann bestimmte Rollen Familie sicher fühlen können.
zugeschrieben bekommen, die nicht altersgerecht sind,
wie z. B. jüngere Geschwister oder einen Elternteil zu Familiäre Konflikte und häusliche Gewalt
versorgen („Parentifizierung“) (Backett-Milburn et al., Kinder aus suchtbelasteten Familien erleben häufig
2008). Betroffene Kinder können dadurch ihre altersty- Streitigkeiten in der elterlichen Partnerschaft (Rounsa-
pischen Entwicklungsaufgaben nicht richtig bewälti- ville et al., 2014) und werden dementsprechend oftmals
gen und sind chronisch überfordert. Insbesondere Zeuge von elterlichen Auseinandersetzungen (Temple-
Mädchen scheinen hiervon betroffen zu sein (Paster- ton et al., 2009). Betroffene Kinder sind außerdem oft
nak et al., 2014). selbst in Konflikte mit ihren Eltern involviert (Barber et
al., 1999). Sie können dabei sehr gegensätzliche Gefühle
Alkohol- oder drogenabhängige Eltern zeigen außer- entwickeln, insbesondere gegenüber ihrem suchtab-
dem oftmals ein problematisches Erziehungsverhalten hängigen Elternteil (Klein, 2005), wie z. B. Hass und
(Calhoun et al., 2015). Beobachtete Formen ungünstiger Verachtung vs. Sorge um den Elternteil. Konflikte
Erziehung waren z. B. ein sehr scharfer Ton, häufiges werden in suchtbelasteten Familien nicht nur lautstark
Schreien oder körperliche Bestrafung des Kindes. Auch verbal ausgetragen, sondern können auch körperliche
ein sprunghaft wechselndes Verhalten des suchtkran- Gewalt beinhalten (Conners-Burrow et al., 2013). Es ist
ken Elternteils konnte immer wieder beobachtet seit Langem bekannt, dass Kinder aus suchtbelasteten
werden und gehört zu einer der wesentlichsten Familien eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen,
Veränderungen durch die Suchterkrankung, von der Zeuge oder Opfer von häuslicher Gewalt zu werden, als
die Familie direkt betroffen ist (Templeton et al., 2009). Kinder aus unbelasteten Familien (Ellis et al., 1997). Die
Kinder erleben ihre Eltern grundsätzlich verändert, Ausmaße der berichteten häuslichen Gewalt in
wenn sich diese im Rauschzustand befinden. Dies kann suchtbelasteten Familien sind teilweise extrem ausge-
sich abwechselnd z. B. in Form von übertriebener Milde prägt und können zu schwerwiegenden körperlichen
oder Härte in der Erziehung des Kindes äußern (Klein Verletzungen und psychischen Traumatisierungen
et al., 2016), aber auch in Form eines unpassenden führen (Vellemann et al., 2008).
Kommunikationsstils (z. B. undeutliche oder lautere
Sprache; ausgeprägtes Bedürfnis nach körperlicher Suchtmittelspezifische Risikofaktoren
Zuneigung vs. Ablehnung). Insgesamt zeigen sich Zusätzlich zu den genannten, substanzunabhängigen
suchtkranke Eltern in ihrem Erziehungsverhalten Risikofaktoren gibt es auch substanztypische Risiko-
schneller veränderlich, instabiler und unberechenbarer faktoren, wie z. B. die jeweiligen Wirkweisen der
als andere Eltern. Durch die fehlende Konsequenz und Substanzen. Hierzu gehören z. B. Aggressivität und
Kontinuität in der Erziehung mangelt es den Kindern rasche Stimmungswechsel nach Alkoholkonsum,
an verlässlicher Orientierung. Auch kann es in alkohol- Teilnahmslosigkeit nach Heroinkonsum oder langan-
oder drogenbelasteten Familien vorkommen, dass z. B. haltende Wachheit, starke Unruhe oder sogenanntes
Versprechungen der Eltern oder gemeinsame Pläne „Punding“ (z. B. zwanghaft anmutendes Sortieren
durch einen übermäßigen Konsum vergessen oder von Gegenständen oder Putzen) nach Konsum von
geändert werden. Dies kann eine Störung wichtiger Crystal Meth. Die dauerhafte Einwirkung der Substan-
Familienrituale, wie z. B. gemeinsamer Mahlzeiten oder zen auf den Organismus verändert das elterliche
Familienausflüge, mit sich bringen (Templeton et al., Verhalten grundsätzlich (im negativen Sinne) und
2009). Das ist für die Kinder ungünstig, denn verlässlich führt so zu ungünstigen und unerwünschten Verhal-
geplante und gemeinsam durchgeführte Aktivitäten tensweisen gegenüber dem Kind.
wirken stabilisierend, da sie erwartete Rollen klarstel-
Besonderheiten der Lebenswelten von Kindern mit Folgen von Suchterkrankungen der Eltern
Eltern, die illegale Drogen konsumieren für ihre Kinder können sein:
Kinder von drogenabhängigen Eltern erleben im
• nachteilige soziodemografische Bedingungen
Gegensatz zu Kindern alkoholabhängiger Eltern • soziale Ausgrenzung
häufiger eine Abhängigkeitserkrankung bei beiden • Vernachlässigung
Elternteilen, da bei Drogenabhängigen ein entspre- • instabiles Erziehungsverhalten und wenig
chendes Partnerwahlverhalten üblicher ist als bei Verlässlichkeit
Alkoholabhängigen (Klein, 2007). Dadurch können die • unsichere Bindung
negativen Erfahrungen noch weniger durch einen • Trennung von den Eltern, Fremdunterbringung
gesunden Elternteil kompensiert werden. Die höhere • Parentifizierung der Kinder
Rate an Frühgeburten und das oftmals schwierige • Konflikte, Aggressivität und Gewalt in der Familie
Temperament (z. B. im Sinne einer negativen Stim- • psychische Erkrankungen der Kinder
mungslage, geringes Anpassungsvermögen) von
Kindern drogenabhängiger Mütter kann bei den Eltern dadurch ein geringeres Selbstwertgefühl und fühlen
Überforderung und Stress auslösen und ihre Beziehung sich wertloser (Klein, 2007). Durch die vergleichsweise
zu den Kindern beeinträchtigen. höhere Rate an psychischen Begleiterkrankungen bei
drogenabhängigen Eltern laufen deren Kinder zudem
Kinder aus drogenbelasteten Familien erleben häufig Gefahr, schwerwiegendere psychologische Probleme
die typischen Bedingungen der Drogensubkultur, wie zu erleiden.
z. B. Beschaffungskriminalität, Prostitution, Strafver
folgung o. Ä. (Calhoun et al., 2015). Inhaftierungen und esonderheiten der Lebenswelten von Kindern
B
längere stationäre Aufenthalte bei Drogenabhängigkeit glücksspielsüchtiger Eltern
sorgen für einen Beziehungsabbruch zwischen Eltern Die Probleme, die Angehörige von pathologischen
und Kind. Eine Trennung von Eltern und Kind erfolgt Glücksspielern erleben, ähneln grundsätzlich denen
häufig auch durch Fremdunterbringungen und von Angehörigen Alkohol- oder Drogenabhängiger
Inobhutnahmen im Kontext von Kindeswohlgefähr- (Krishnan et al., 2002). Ein besonderes Merkmal bei
dung. Eine Analyse von 306 Fallakten aus sächsischen pathologischem Spielen ist jedoch, dass Glücksspiel-
Suchtberatungsstellen ergab z. B., dass sich jedes dritte süchtige zur Finanzierung ihrer Abhängigkeit teils sehr
Kind eines Methamphetamin-abhängigen Elternteils hohe Geldsummen benötigen, die ihre finanziellen
in Fremdunterbringung befindet (Klein et al., 2016). Möglichkeiten in der Regel weit übersteigen (Bach-
Obwohl eine Fremdunterbringung sowohl durch das mann, 2004). Mehr als 16 % der Glücksspieler haben
Kind als auch durch den Elternteil als traumatisch Schulden über 25.000 Euro (Meyer, 2015). Bei z. B.
erlebt werden kann, kann ein Verbleib in der Familie Alkohol- oder Kokainabhängigen trifft das nur für 4 %
einen hohen Risikofaktor für die weitere Entwicklung bzw. 8 % der Fälle zu. Diese Verschuldung kann zu
des Kindes darstellen (Forrester et al., 2008), sofern Armut führen und die damit verbundenen Existenz
keine intensiven, begleitenden Unterstützungsmaß- nöte der Familie übertragen sich auch auf die Kinder.
nahmen für die Familie angeboten werden (Forrester et
al., 2014). Fazit zu belastenden Lebensumständen
Die Lebensbedingungen in alkohol- und drogenbelas-
Eine Abhängigkeit von illegalen Drogen wird in der teten Familien sind oft kritisch. Neben den nachteili-
gesellschaftlichen Wahrnehmung noch negativer gen strukturellen Bedingungen ist vor allem das
bewertet als eine Alkoholabhängigkeit. Stigmatisierung ungünstige Elternverhalten im Kontext von Alkohol-
und soziale Ausgrenzung erleben drogenbelastete oder Drogenkonsum als besonders problematisch zu
Familien daher häufiger und intensiver als alkoholbela- betrachten. Dieses Handeln kann sich abträglich auf
stete Familien. Kinder drogenabhängiger Eltern lernen verschiedene Verhaltensweisen und unterschiedliche
so weniger sozial förderliche Verhaltensweisen, haben zwischenmenschliche Interaktionen auswirken,
Wissenschaftlich erwiesene Hilfeangebote, speziell gang mit Stress und Kommunikation behandelt. Das
für Kinder suchtkranker Eltern, sind in Deutschland Programm hatte auf verschiedenen Ebenen positive
insgesamt nur wenig vorhanden. Es existiert aber eine Effekte für die Familien (Baldus et al., 2016). Derzeit
Vielzahl an qualifizierten Hilfeangeboten, die entweder erprobt und wissenschaftlich überprüft wird das
auf die Förderung der Erziehungs- und Elternkompe- SHIFT-Elterntraining (Suchthilfe und Familientrai-
tenz von suchtkranken Eltern abzielen oder sich direkt ning). SHIFT ist ein Gruppenprogramm speziell für
an die betroffenen Kinder wenden. Andere Programme Eltern mit Crystal Meth-Erfahrung, die Kinder zwi-
richten sich eher an Risikofamilien im Allgemeinen schen 0 und 8 Jahren haben (Moesgen et al., 2016).
und schließen damit suchtkranke Eltern und deren SHIFT versucht unter anderem die Elternkompetenzen
Kinder ein. Darüber hinaus existieren verschiedene und familiären Resilienzen zu stärken. Erste Evaluati-
Qualifizierungsmaßnahmen für Fachkräfte, die diese onsergebnisse aus Sachsen und Thüringen werden
für den Umgang mit Kindern aus suchtbelasteten 2018 erwartet. Das Programm soll später für alle
Familien ausbilden sollen. Im Folgenden werden elterlichen Suchtformen erweitert werden. Für Männer
Beispiele bestehender Unterstützungsangebote mit einer Alkoholabhängigkeit existiert das Gruppen-
vorgestellt. programm „Männlichkeiten und Sucht“ (Landschafts-
verband Westfalen-Lippe, 2014). Dieses Programm
Interventionen für suchtmittelabhängige Eltern richtet sich zwar nicht an Väter im Speziellen, widmet
In Deutschland existieren kaum Hilfeangebote, die sich aber auch dem Thema Vaterschaft. Dabei werden
speziell für suchtkranke Eltern konzipiert wurden beispielsweise die Folgen einer Alkoholabhängigkeit
und deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist. auf das Erziehungsverhalten thematisiert, wie z. B.
Programme, deren Wirksamkeit wissenschaftlich häusliche Gewalt. Ziel ist es, die eigene Vaterrolle zu
belegt werden konnte, sind fast ausschließlich im reflektieren, das Zusammensein mit dem Kind zu
US-amerikanischen Raum zu finden. verbessern und die Männer für die Perspektive ihrer
Kinder zu sensibilisieren. Das Programm erzielte
Ein in Deutschland bestehendes und wissenschaftlich sowohl bei Teilnehmern als auch bei den Fachkräften
untersuchtes Programm ist das Mütter-Unterstüt- eine gute Akzeptanz. Bella Donna e. V. in Essen bietet
zungs-Training (MUT!), ein Gruppentraining für seit vielen Jahren hilfreiche Angebote und Aktivitäten
opiatabhängige, substituierte Mütter zur Förderung der für suchtmittelabhängige Frauen an und hat den Fokus
Erziehungskompetenz (Klein, 2006). MUT! soll bei den inzwischen auch auf den problematischen Substanz-
Müttern unter anderem das Wissen über die kindliche konsum von Vätern erweitert.
Entwicklung erweitern und ihren Umgang mit dem
Kind verbessern. Sie sollen außerdem in ihrer Rolle als Interventionen speziell für Kinder aus sucht
Mütter gestärkt werden sowie das Gefühl erhalten, in belasteten Familien
der Erziehung etwas bewirken zu können. Das Pro- Im internationalen Raum gibt es verschiedene Pro-
gramm konnte mehrfach positive Effekte erzielen. gramme für Kinder aus suchtbelasteten Familien,
deren Wirksamkeit wissenschaftlich bestätigt wurde
Das Strengthening Families Program 10-14 (SFP 10-14) (Bröning et al., 2012; Johnson et al., 2011). In Deutsch-
(deutsch: Familien stärken) (Bröning et al., 2014) wurde land ist das Angebot an wissenschaftlich untersuchten
ebenfalls in Deutschland an mehreren Standorten Programmen für Kinder aus suchtbelasteten Familien
angeboten und wissenschaftlich untersucht. SFP 10-14 überschaubar (Arenz-Greiving et al., 2007; Ruths et al.,
richtet sich speziell an Risikofamilien und versucht, der 2013).
Entwicklung von Sucht- und anderen psychischen
Erkrankungen vorzubeugen. Das Programm beinhaltet Das Trampolin-Projekt ist bundesweit das einzige
getrennte Sitzungen für die Eltern und Jugendlichen wissenschaftlich belegte Unterstützungsangebot,
sowie gemeinsame Familiensitzungen. In diesen Sitzun- welches sich direkt und speziell an Kinder aus alkohol-
gen werden z. B. die Themen Erziehung, Gefühle, Um- oder drogenbelasteten Familien im Alter zwischen
8 und 12 Jahren richtet (Klein et al., 2013). Ziel des niedrigschwellige Programme, wie z. B. das Paten-
Gruppenprogramms ist es, den Kindern hilfreiche schaftsprojekt „Vergiss mich nicht“ in Berlin. In
Stressbewältigungsfertigkeiten und Wissen zu den besonders von Crystal Meth-Konsum betroffenen
Themen Sucht und Substanzen zu vermitteln und sie Regionen, wie z. B. Sachsen oder Thüringen, gibt es
in ihrem Selbstwert und in dem Gefühl, selbst etwas Hilfeangebote, die speziell für Kinder konzipiert
bewirken zu können, zu stärken. Außerdem sollen sie wurden, deren Eltern Methamphetamin-abhängig
durch die Enttabuisierung des Themas Sucht psychisch sind, wie z. B. PICKNICK in Chemnitz oder sCHILD-
entlastet werden. In den begleitenden Elternsitzungen kröte im Vogtland. Beides sind Gruppenangebote für
sollen die Eltern u. a. für die Bedürfnisse ihrer Kinder betroffene Kinder mit begleitender Elternarbeit.
und die Auswirkungen der Suchterkrankung sensibili-
siert werden und Vertrauen in ihre Erziehungskompe- Neben diesen professionellen Präventionsangeboten
tenz gewinnen. Studienergebnisse zeigen, dass teilneh- gibt es auch solche der Suchtselbsthilfe (z. B. Alateen-
mende Kinder von der Trampolin-Gruppe kurz- und Gruppen oder die Smiley-Gruppen des Kreuzbundes
mittelfristig profitieren. Trampolin wurde 2016 von in Westfalen) sowie überregionale Hilfeangebote, z. B.
der zentralen Prüfstelle des GKV-Spitzenverbands als das zielgruppenspezifische Online-Projekt Kidkit
Stressbewältigungsprogramm zertifiziert und kann (www.kidkit.de) oder das kostenfreie Nottelefon für
seitdem von den Krankenkassen erstattet werden. Kinder suchtkranker Eltern des Sucht- und Wende-
Neben Trampolin existieren in Deutschland weitere punkt e. V. aus Hamburg (Tel.-Nr. 0800-280 2801). Mit
qualifizierte und erfolgreiche Unterstützungsangebote NACOA Deutschland e. V. (www.nacoa.de) besteht
für Kinder aus suchtbelasteten Familien. Diese sind außerdem eine Interessenvertretung für Kinder aus
häufig im Bereich der lokalen Suchthilfe angesiedelt, Suchtfamilien, welche Betroffenen nicht nur umfas-
wie z. B. die Gruppenprogramme FitKids in Wesel, sende Informationen, sondern auch direkte Hilfen in
Feuervogel in Aachen, Huckleberry & Pippilotta in Form von E-Mail- oder Telefonberatung anbietet.
Balingen, MAKS in Freiburg, MIKADO in Köln,
Wigwam in Berlin, HiKiDra in Kiel usw., nur um einige
wenige Beispiele zu nennen. Darüber hinaus gibt es
Angebote, die sich unter anderem an sucht Kooperationsbeziehungen zwischen Jugend- und
belastete Familien richten Suchthilfe zu optimieren, bestätigen den hohen
Neben den genannten, suchtspezifischen Unterstüt- Kooperationsbedarf, der im Alltag der Fachkräfte aber
zungsangeboten gibt es Angebote, die nicht ausschließ- oft nicht abgedeckt werden kann.
lich für suchtbelastete Familien vorhanden sind, jedoch
sehr häufig von ihnen in Anspruch genommen werden. Direkt an betroffene Kinder im frühen Kindesalter
können sich auch z. B. Projekte wie Papilio oder
Kinder suchtbelasteter Familien unter drei Jahren und Jolinchen Kids richten. Papilio ist ein universelles
deren Eltern können z. B. durch die Einrichtung der Sucht- und Gewaltpräventionsprogramm, welches in
Frühen Hilfen profitieren. Die Frühen Hilfen bilden Kindergärten durchgeführt wird. Jolinchen Kids ist ein
lokale und regionale Unterstützungssysteme mit Kita-Programm zur Förderung der Gesundheit von
koordinierten Hilfeangeboten für Eltern und Kinder Kindern bis zu sechs Jahren. Im Fokus stehen die
ab Beginn der Schwangerschaft und in den ersten Themen Ernährung, Bewegung und seelisches Wohl
Lebensjahren. Kleine sowie ältere Kinder können befinden. Beide Projekte werden von den Kranken
ebenfalls Hilfen über die Angebote aus dem Bereich kassen gefördert.
der Jugendhilfe nach SGB VIII erhalten, wie die
Sozialpädagogischen Familienhilfen und andere Hilfen Angebote zur Qualifizierung von Fachkräften
zur Erziehung für suchtbelastete Familien sowie die Es gibt verschiedene Schulungen und Qualifizierungs-
Erziehungsberatung nach SGB VIII. In Regionen mit maßnahmen auf lokaler, regionaler oder landesweiter
einer überdurchschnittlichen Prävalenz von Metham- Ebene, die sich an unterschiedliche Fachkräfte und
phetamin-abhängigkeit, wie z. B. in Sachsen, kümmern Multiplikatoren richten, welche mit suchtbelasteten
sich zuständige Bereiche oftmals vorrangig bzw. Familien in Berührung kommen. Als aktuelle und
besonders intensiv um Familien mit Crystal Meth- überregionale Beispielprojekte können in diesem
Problematik. Beispiele hierfür sind die Sozialpädagogi- Kontext das derzeit laufende Projekt „Entwicklung und
sche Familienhilfe Sucht (SoFaSu) in Zwickau, der Erprobung eines internetbasierten Schulungsmoduls“
Fachbereich Familienhilfe des St. Georg Klinikums in für Fachkräfte, die mit gesundheitlich belasteten Eltern
Leipzig oder die Angebote des sozialpsychiatrischen arbeiten, an der Universität Ulm sowie die Broschüre
Dienstes des Gesundheitsamtes Dresden sowie die „Mia, Mats und Moritz“ der Deutschen Hauptstelle für
fachübergreifende Initiative „Mama, denk an mich“ am Suchtfragen (DHS) mit einem Begleitheft, welches eine
Universitätsklinikum Dresden, welche die Expertise Anleitung für Fachkräfte, Ehrenamtler und Angehörige
von Geburtshilfe, Neugeborenenmedizin und Sucht- zum Umgang mit Kindern suchtkranker Eltern
therapie bündelt und Crystal Meth-Konsumentinnen anbietet, genannt werden. Für die Durchführung des
zu einem suchtmittelfreien Leben verhilft. Generell Trampolin-Programms wurden bundesweit inzwi-
empfiehlt sich eine dauerhafte und verbindliche schen mehr als 300 Fachkräfte geschult, die dadurch
Kooperation zwischen der lokalen Jugend- und auch als zertifizierte Trainer für Krankenkassen im
Suchthilfe. Eine derartige strukturelle Zusammenarbeit Bereich der Stressprävention für Kinder tätig werden
ist gemäß § 81 SGB VIII bereits rechtlich verankert; es können.
ist sehr wichtig, dass alle Akteure dieser Verpflichtung
entsprechen. Vorzugsweise wird für jede beteiligte Fazit zu den Unterstützungsangeboten für
Einrichtung eine verantwortliche Schlüsselperson suchtbelastete Familien
benannt. Verbindliche Kooperationen zwischen Trotz bestehender Angebote ist insbesondere die
Sucht- und Jugendhilfe sowie der medizinischen zielgruppenspezifische Versorgung von Kindern aus
Versorgung bestehen bereits auf kommunaler Ebene, alkohol- oder drogenbelasteten Familien unzurei-
wie z. B. in Essen oder München. Die Evaluationsergeb- chend. Einen Ausgangspunkt für entsprechende Hilfen
nisse des Projektes Schulterschluss, welches in Bayern bieten das Suchthilfesystem und der Bereich der
und Baden-Württemberg durchgeführt wurde, um die Kinder- und Jugendhilfe. Im Idealfall besteht eine
Kooperationsvereinbarung zwischen den beiden wäre von großer Bedeutung. Das Thema Kindeswohl
Bereichen, die von allen Akteuren verbindlich einge- sollte außerdem stärker in die Behandlung von
halten wird. Um auch suchtbelastete Familien zu suchtkranken Eltern integriert werden, da es zum
erreichen, die (noch) keinen Kontakt zur Sucht- oder einen eine wesentliche Motivation für Abstinenz und
Jugendhilfe haben, sollten auch der Öffentliche zum anderen ein zentrales Thema des Alltags der
Gesundheitsdienst und die Ärzteschaft (insbesondere betroffenen Mütter und Väter darstellt. Da ein funktio-
Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte sowie Gynäkolo- nales Elternverhalten eines der größten Defizite in
gen) in entsprechende Kooperationen und Hilfenetz- suchtbelasteten Familien darstellt und die entspre-
werke eingebunden werden. Die angebotenen Hilfe- chenden Auswirkungen für die Kinder gravierend sein
maßnahmen für suchtbelastete Familien müssen leicht können, muss das Angebot an entsprechenden Hilfean-
auffindbar sein und möglichst viele Hemmschwellen geboten für suchtkranke Eltern und ihre Kinder
abbauen können. Ein Ausbau von wissenschaftlicher dringend verstärkt werden.
Begleitforschung für die angebotenen Maßnahmen
„Mir fällt es
schwer, mich in
der Schule zu
konzentrieren“ „Mir geht’s „Mein einziger Wunsch ist es,
wirklich schlecht, dass es Mama wieder besser
weil ich mir so viele geht. Wie es mir geht, ist nicht
Sorgen mache.“ so wichtig, aber Mama soll es
gut gehen“
Beratung an. Der Schwerpunkt dabei liegt in einer KidKit: das ist gar kein problem und normal! ich freue
qualifizierten, kostenlosen und anonymen E-Mail- und mich, dass du da bist!:-) du hast ja bei der anmeldung
Chat-Beratung. Da KidKit eine gesicherte Online- schon etwas zu deinem anliegen geschrieben. magst du
Beratungstechnik nutzt, wird für die Beratung keine mir die schwierigkeiten in deiner familie etwas
eigene E-Mail-Adresse benötigt. Stattdessen können genauer beschreiben?
sich die Betroffenen mit einem selbst gewählten Leon: ja schon. es ist mir halt sehr peinlich. meine
Benutzernamen und Passwort anonym anmelden und eltern können nicht so für uns sorgen wie sie es sollten.
die Antworten in ihrem „Postfach“ bei KidKit abrufen. KidKit: das tut mir sehr leid! wieso schaffen deine
Die gebotene Anonymität führt zu einer erhöhten eltern es nicht, sich um euch zu kümmern? geht es
Erreichbarkeit der oftmals unter enormen Angst- und ihnen nicht gut?
Schuldgefühlen leidenden und nicht selten sozial Leon: nein ihnen geht es nicht gut. mein vater trinkt
isoliert aufwachsenden Kinder und Jugendlichen. viel und so.
KidKit: da wir bei kidkit sehr viel mit problemen in
Darüber hinaus findet bei Bedarf eine Weitervermitt- familien zu tun haben, muss dir das nicht peinlich sein.
lung der Betroffenen an passgenaue Kontakt- und auch bleibt alles, was du mir erzählst, unter uns, da ich
Beratungseinrichtungen vor Ort statt. Um diese der schweigepflicht unterliege.
Vermittlung verlässlich gewährleisten zu können, wird Leon: das heißt egal wie schlimm es bei mir ist, ich
aktuell eine bundesweite Datenbank mit bestehenden habe nichts zu befürchten?
Hilfeangeboten für Kinder und Jugendliche suchtkran- KidKit: nein, wir möchten versuchen, mit dir gemein-
ker Eltern aufgebaut. Durch eine gleichzeitig entste- sam nach einer lösung zu suchen. magst du mir etwas
hende digitale Landkarte auf der Website von KidKit mehr über deine familie erzählen? wohnst du z. B. mit
werden auch betroffene Kinder und Jugendliche selbst deinem vater, deiner mutter und deinen geschwistern
sowie Fachkräfte und andere Interessierte auf die zusammen?
Datenbank zugreifen können. Diese Erweiterung wird Leon: egal was auch immer ist?
derzeit im Rahmen des Projekts „KidKit networks“ KidKit: natürlich gibt es ausnahmen, z. B. wenn das
bundesweit entwickelt und auf Initiative der Drogen- leben von jemandem akut in gefahr ist, aber ansonsten
beauftragten durch das Bundesministerium für unterliege ich erst mal der schweigepflicht.
Gesundheit gefördert. Leon: hm ok. also … wir wohnen alle zusammen. ich
habe zwei geschwister. meine eltern nehmen beide
drogen, mein vater trinkt auch sehr viel und meine
Chat mit Leon1 mutter ist selten zuhause.
KidKit: ich kann mir gut vorstellen, dass die situation
Bemerkung bei der Anmeldung: Hallo. Bin neu hier sehr belastend für dich ist. Ich bin froh, dass du dich an
und hab mich angemeldet, weil ich Probleme in uns gewendet hast, damit wir dich unterstützen
meiner Familie habe. Ähm … ich weiß nicht, mir fällt es können. kannst du in etwa sagen, seit wann die
schwer drüber zu schreiben. Ich bin 14 Jahre und situation so ist und wie sich das auswirkt?
Schüler. Ich brauch dringend Hilfe, denn meine Eltern Leon: ich weiß nicht genau wie lang das schon so geht.
verhalten sich nicht wie welche. Ich habe noch 2 kleine es sind bestimmt ein paar jahre. wie es sich auswirkt?
Geschwister, um die ich mich kümmere. meine mutter ist oft feiern. und wenn sie da ist, dann ist
sie entweder total aufgedreht oder total kaputt.
Leon: hallo KidKit: das hört sich sehr anstrengend für dich an,
KidKit: hallo leon, willkommen in unserem chat! auch weil du noch sehr jung bist. 14 jahre, richtig? du
Leon: das ist mein erster chat heute. ähm, ich bin hattest auch geschrieben, dass du dich um deine
ziemlich aufgeregt. kleinen geschwister kümmerst. wie alt sind deine
geschwister?
1
Nickname geändert, Chatverlauf gekürzt
Leon: sie sind jünger als ich. ja ich bin 14. Leon: und die werden nichts machen was ich nicht
KidKit: gibt es jemanden außerhalb deiner familie, der will?
von der situation weiß? oder hast du schon mal mit KidKit: sie werden alles mit dir absprechen.
jemandem über deine situation gesprochen? Leon: hm. es ist irgendwie so falsch. so wie verrat.
Leon: nein. es soll auch niemand etwas mitbekommen. KidKit: das geht fast allen kindern und jugendlichen
das darf nicht sein. so, die in einer ähnlichen situation wie du sind. sie
KidKit: du hattest in der anmeldung geschrieben, dass denken, dass sie ihre eltern verraten. trotzdem ist es
du dringend hilfe benötigst. wollen wir mal zusammen aber doch wichtig, dass die situation nicht so bleibt,
überlegen, was es für möglichkeiten gibt? was für eine oder? und dass es euch allen, und vor allem dir, in
art hilfe könntest du dir vorstellen? wobei brauchst du zukunft besser geht, oder?
am meisten unterstützung? Leon: wenn es nach mir gehen würde … dann soll es
Leon: ich schaffe das alles manchmal nicht mehr. wir zumindest meinen geschwistern gut gehen.
haben auch schon wieder kein geld. ich weiß nicht KidKit: könntest du dir vielleicht vorstellen, nach
mehr wie ich für meine geschwister sorgen soll. unserem chat an unsere online-beratung zu schreiben?
KidKit: es ist vollkommen klar, dass dir das zu viel dort könnten wir dich intensiver beraten und dich z. B.
wird. gehen deine eltern noch arbeiten? an eine geeignete beratungstelle vermitteln.
Leon: nein. ich trage zeitung aus aber das ist auch nicht Leon: ist der kontakt da ungefähr so wie hier im chat?
der hit. haben die dort auch schweigepflicht?
KidKit: eigentlich ist es nicht deine aufgabe, für deine KidKit: ja, der kontakt in der online-beratung ist
geschwister zu sorgen, sondern deine eltern haben für genauso wie hier. die berater haben dieselbe schweige-
dich und deine geschwister die verantwortung. leider pflicht:-) es wird dich dort ein zuständiger berater oder
sind sie aber, so wie du es beschreibst, zurzeit nicht in eine beraterin durchgehend begleiten.
der lage dazu. gerade deshalb wäre es sehr wichtig, dass Leon: ist das denn wirklich ok, wenn ich davon
wir nach einer hilfsmöglichkeit für dich und deine jemanden erzähle?
familie suchen, damit du entlastet wirst. KidKit: ja, das ist wirklich total in ordnung! und vor
Leon: hm. was passiert denn, wenn jemand davon was allem ist es sehr wichtig, dass du darüber sprichst. das
mitbekommt? die werden uns doch sicher trennen. ist der erste schritt zur hilfe.
und mama sagt ja auch immer davon darf niemand Leon: hm … ok.
was wissen. KidKit: das ist toll! ich werde unseren beratern
KidKit: es gibt z. B. beratungsstellen, bei denen du bescheid geben, dass du schreibst, ok?
zunächst anonym bleiben könntest. und grundsätzlich Leon: ja ok. ich mach das gleich.
ist es so, dass immer versucht wird, eine lösung für die KidKit: super, schön, dass du den mut hast, auch an
ganze familie zu finden, damit sie nicht getrennt wird. unsere online-beratung zu schreiben, damit wir dir
Leon: und wer bezahlt so eine beratung? besser helfen können. ich wünsche dir ganz viel kraft
KidKit: eine beratung ist kostenlos:-) und alles gute!
Leon: hm … ich weiß nicht. Leon: danke. bis bald.
KidKit: du kannst mit einer beratung ja nichts falsch
machen, wenn du zunächst anonym bleibst. du
könntest dir ja einfach erst mal anhören, was sie dort
für vorschläge machen?
Drachenherz Marburg
Vergiss
Vergiss mich nicht
mich
Seit 2008 vermittelt das Projekt
nicht
„Vergiss mich nicht“ (Diakoni-
sches Werk Berlin Stadtmitte e. V.)
ehrenamtliche Patenschaften an
Trampolin ist ein evaluiertes Gruppenprogramm für Kinder aus suchtbetroffenen
8- bis 12-jährige Kinder. In neun Gruppenterminen mit Familien mit dem Ziel, die Kinder
einem zertifizierten Trampolin-Trainer werden so zu stärken, dass sie sich stabil
altersgerecht und manualbasiert folgende Inhalte und gesund entwickeln. Kinder
vermittelt: aus suchtbelasteten Familien werden häufig übersehen.
Das Patenschaftsprojekt richtet sich an Kinder, die in
• Vertrauensvolle Gruppenatmosphäre schaffen Familien leben, in denen eines oder beide der Eltern
• Selbstwert fördern teile suchtmittelabhängig sind. Das betrifft in Berlin
• Über Sucht in der Familie reden etwa 70.000 Kinder.
• Informationen zum Thema Sucht
• Adäquaten Umgang mit Emotionen fördern „Vergiss mich nicht“ ist ein Projekt, das sich durch
• Probleme lösen und Selbstwirksamkeit erhöhen einen besonders niedrigschwelligen Zugang auszeich-
• Verhaltensstrategien in der suchtbelasteten Familie net, um die oft vergessenen Kinder suchtbelasteter
erlernen Familien zu erreichen und ihnen einen entwicklungs-
• Hilfe und Unterstützung einholen fördernden Schutzfaktor, eine Patin oder einen Paten,
• Positives Abschiednehmen zur Seite zu stellen. So erfahren die Kinder eine stabile
Beziehung zu einem verlässlichen Erwachsenen. Die
Methodisch werden Gespräche, Rollenspiele, Fantasie Resilienzforschung der letzten Jahre führte zu dem
reisen, Spiele, Übungen und Geschichten eingesetzt. Ergebnis, dass eine stabile Beziehung zu mindestens
Vor und nach dem Gruppenprogramm wird jeweils ein einer erwachsenen Bezugsperson einen entscheiden-
Elternabend durchgeführt, bei dem die Eltern Informa- den Schutzfaktor für die Kinder darstellt. Die stabile
tionen zu Trampolin erhalten sowie für die Situation Beziehung zur Patin oder zum Paten fördert die
ihrer Kinder sensibilisiert werden sollen. Beziehungsfähigkeit und das Vertrauen auf die
Unterstützung durch Erwachsene. Die Patinnen und
Trampolin wurde als Stressbewältigungsprogramm für Paten treffen sich regelmäßig einmal pro Woche für
Kinder von der Zentralen Prüfstelle Prävention der einige Stunden mit dem Kind und verbringen eine
GKV zertifiziert. Die Kosten können somit von den unbeschwerte Zeit mit ihm. Durch gemeinsame
gesetzlichen Krankenkassen anteilig oder vollständig Aktivitäten und eine wertschätzende Haltung den
übernommen werden, wenn das Programm von einem Kindern gegenüber werden wichtige Schutzmechanis-
zertifizierten Kursleiter durchgeführt wird. Trampolin men, ihr Selbstwertgefühl und ihre sozialen Kompe-
ist derzeit das einzige Gruppenprogramm, für das eine tenzen gestärkt. All diese Aspekte sind wichtige
solche Kostenübernahmemöglichkeit durch die Fakoren für ein suchtmittelfreies Leben.
Krankenkassen vorliegt. Auf der Webseite können www.diakonie-stadtmitte.de
sowohl angebotene Trampolin-Kurse als auch Fortbil-
dungen zum Trampolin-Trainer abgerufen werden. „Unbeschwert Kind sein können“
www.projekt-trampolin.de Wie eine Patenschaft Kinder aus suchtbelasteten
Familien stärken kann, erzählt Christian Z., seit drei
Jahren Pate von Elias* (12).
*
Name geändert
glücklichen, fürsorglichen Schwangeren oder einer mit Schwangeren ist die niedrigschwellige, zeitnahe
„guten“ Mutter. Schuld- und Schamgefühle sowie die sowie traumasensible Begleitung und Vermittlung zu
Angst vor Sorgerechtsentzug halten viele davon ab, den Gesundheits-, Kinder- und Jugendhilfen
bestehende Angebote anzunehmen. Bei Lilith e. V. zielführend. Gefährdungsmomente für das Kindes-
sollen sie sich in der Rolle der (werdenden) Mutter wohl konnten so frühzeitiger erkannt und abgewen-
gesehen und wertgeschätzt fühlen sowie durch die det werden. Zudem können Frauen und Kinder den
gezielten Angebote angesprochen werden. Das Thema kostenlosen Mittagstisch sowie die regelmäßigen
Sucht – Schwangerschaft – Mutterschaft ist nicht medizinischen Sprechstunden bei Lilith e. V. nutzen.
tabuisiert. Liliput – M
utter + Kind gelingt es, durch • Gruppenangebote und Elternbildung werden zum
einen akzeptierenden und niedrigschwelligen Ansatz Teil in Kooperation mit externen Referentinnen
das Vertrauen von Schwangeren, Müttern und Kindern durchgeführt und konzeptionell auf die Zielgruppe
zu gewinnen. abgestimmt. Hier hat sich gezeigt, dass etablierte
Elternbildungsangebote („Starke Eltern – Starke
Die intensive Netzwerkarbeit von Lilith e. V. führt Kinder“), die von der Zielgruppe bei anderen
außerdem dazu, dass verstärkt Geburtskliniken, Institutionen in der Regel kaum besucht werden, bei
Kinderkliniken, Suchtberatungsstellen, Substituti- Lilith unter diesen Prämissen von den Klientinnen
onspraxen, Jugendämter, Schwangerenberatungsstel- gut genutzt werden. Freizeitangebote für Mütter mit
len und viele mehr Klientinnen an Liliput vermitteln. Kindern sind ebenfalls wichtiger Bestandteil des
Gesamtkonzeptes.
Liliput – Mutter + Kind umfasst im Wesentlichen vier • Angebote für Fachkräfte: Für Fachkräfte aus den
Bausteine: verschiedensten Institutionen, insbesondere auch
der Jugendhilfe, werden fallübergreifend auf Anfrage
• Einzelfallarbeit: Beratung, Vermittlung an und Informationen und Fortbildungen bereitgestellt.
Begleitung zu den Kinder- und Jugendhilfen sowie in Daneben werden anonymisierte Fallberatungen
das Netz der Gesundheits- und Frühen Hilfen: Die durchgeführt.
qualitativen und quantitativen Auswertungen zeigen, • Netzwerkarbeit: Mit zahlreichen Institutionen
dass mit diesem Konzept die Zielgruppe erfolgreich konnten verbindliche Kooperationen geschlossen
angesprochen werden konnte. Gerade in der Arbeit werden. Besonders zu erwähnen sind hier die
Kooperationsvereinbarungen mit Substitutions
praxen zur Verbesserung der Versorgung
schwangerer Substituierter, den Entbindungs
kliniken/Neonatologien und Jugendhilfen.
Clearingwohnen für suchtkranke Schwangere Präventive und frühe Förderung der Bindungs-
und Mütter und Erziehungskompetenzen drogenabhängiger
Basierend auf seinen Erfahrungen mit konsumieren- Mütter
den und suchtkranken Müttern entwickelte der BELLA DONNA – Verein zur Hilfe suchtmittelabhängi-
Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Köln das Konzept ger Frauen Essen e. V. bietet individuelle Unterstützung
des „Clearingwohnens“, das seit 2005 unterstützt von in unterschiedlichen Lebensbereichen. Das im Rahmen
der Cornelius-Stiftung im „Corneliushaus“ in Köln des Aktionsplanes gegen Sucht Nordrhein-Westfalen
umgesetzt wird. Für die vier Mutter-Kind-Apartments geförderte Projekt „Präventive und frühe Förderung
für drogen- und/oder alkoholkonsumierende Schwan- der Bindungs- und Erziehungskompetenzen drogenab-
gere und Mütter gibt es eine große Nachfrage von hängiger Mütter“ beinhaltet die Entwicklung, Umset-
Jugendämtern bundesweit. zung und Evaluation einer differenzierten Angebots-
struktur für drogenabhängige Mütter und ihre Kinder.
Alleinstellungsmerkmal ist, dass die Frauen bei der Übergeordnete Projektziele sind die Förderung und
Aufnahme noch nicht abstinent oder therapiebereit Stärkung der Bindungsqualität und Erziehungskompe-
sein müssen. Der bis zu 18 Monate dauernde Aufent- tenz drogenabhängiger Mütter, ihre psychosoziale und
halt dient der Sicherung des Kindeswohls sowie der gesundheitliche Stabilisierung, die Stärkung ihrer
Klärung der Veränderungsbereitschaft, der Erziehungs- Selbstwirksamkeit und ihrer Motivation zum Ausstieg
und Bindungskompetenz der Mutter und der Fähigkeit aus der Drogenbindung. Gleichzeitig wird durch frühe
zur Verantwortungsübernahme für das eigene Leben Unterstützungsmaßnahmen im Sinne von Suchtprä-
und das des Kindes. Ist die Trennung von Mutter und vention und der Stärkung von Schutzfaktoren (Resili-
Kind notwendig, wird dieser Prozess begleitet. enz) ein wesentlicher Beitrag zum Schutz der betroffe-
nen Kinder vor (bekannten) Risiken, die zu späterem
Bei 70 bis 75 % der Frauen sind frühkindliche Trauma- Suchtmittelmissbrauch führen können, angestrebt.
tisierungen durch Vernachlässigung und Misshandlun-
gen in den Herkunftsfamilien Ursachen oder Auslöser Die Zielgruppen sollen durch verschiedene Angebots-
von Suchterkrankungen und psychischen Auffälligkei- module erreicht werden: eine Frühstücks- und
ten. Daher werden in einem vernetzten Hilfesystem angeleitete Spielgruppe für drogenabhängige Mütter
mit den Bewohnerinnen ganzheitliche Ansätze mit Kleinkindern (bis Kindergartenalter), ein Gruppen-
bestehend aus Diagnostik, Therapie, sozialer Absiche- angebot zur frühen Bindungsintervention (angelehnt
rung, Ressourcenstärkung und Perspektiventwicklung an „PEKIP“, modifiziert hinsichtlich der spezifischen
initiiert und begleitet. Die Kinder werden bezüglich der Zielgruppe) für drogenabhängige Mütter mit Babys bis
Folgen des Konsums in der Schwangerschaft medizi- zum Alter von einem Jahr und eine Kochgruppe für
nisch begleitet und durch bedarfs- und altersgerechte Mädchen im Übergang vom Kindergarten zur Schule.
Frühförderangebote in ihrer Entwicklung gestützt.
www.skf-koeln.de Das Projekt beinhaltet eine selektive Aufhebung der
Komm-Struktur zugunsten einer Hol-Struktur,
wodurch eine kontinuierliche Arbeit mit drogenabhän-
gigen Müttern und ihren Kindern ermöglicht werden
soll. Die konsequente qualifizierte und geschlechtsbe-
zogene Ausrichtung des Projekts soll die Erreichbarkeit
der Frauen und ihrer Kinder sowie die Wirksamkeit der
Angebote zusätzlich erhöhen.
www.belladonna-essen.de
In Hamburg existiert mit connect seit mehreren Welche Schwierigkeiten gab es beim Aufbau
Jahren ein regionales Hilfenetz. Welche Ziele des Netzwerkes und wie konnten Sie diese
verfolgen Sie? bewältigen?
Es geht darum, die Fachkräfte rund um Kind und Es wird zunächst häufig bezweifelt, ob so ein Netzwerk
Familie auf regionaler Ebene für das Thema Kinder überhaupt nötig sei. connect versteht sich aber nicht
aus suchtbelasteten Familien zu sensibilisieren und als zusätzliches Gremium, sondern als ein Strukturele-
fortzubilden, dort, wo sich Fachkräfte aus den unter- ment, das vorhandene Gremien mit einem spezifischen
schiedlichen Arbeitsfeldern gemeinsam, aber an Thema verknüpft und professionalisiert. Entscheidend
unterschiedlichen Stellen um dieselben Familien ist, dass ein (fach-)politischer Wille auf der Ebene der
kümmern. Die Zusammenarbeit im Alltag soll praxis kommunalen, Bezirks- oder Kreisverwaltung formu-
orientiert gefördert werden, sodass sich eine nachhalti- liert wird. Damit sind die Türen für ein Netzwerk
ge Vernetzung entwickelt. Dafür wird ein klarer und geöffnet. Parallel ist natürlich die Haltung der Akteure
entlastender Rahmen geschaffen: connect-Fallberatun- aus den Praxisfeldern wichtig, denn sie sind das
gen sind professionell vorbereitet und moderiert, Netzwerk.
anonymisiert, systemisch und ressourcenorientiert
gestaltet. Sie leben von der Mitwirkung der Teilnehmer
und dem Know-how, das sie aus ihren unterschiedli-
chen Arbeitsfeldern mitbringen.
Nach der anfänglichen Motivation, ein entspre- Woran merken Sie, dass Ihr Netzwerk effektiv
chendes Netzwerk aufzubauen, folgt oft die funktioniert?
Schwierigkeit, dieses langfristig zu etablieren. Wech- Das wichtigste Kennzeichen: Die Fachkräfte kommen
selnde Mitarbeiter in Institutionen, die allgemeine wieder. Und sie äußern selber immer wieder den
Arbeitsbelastung oder unterschiedliche Bedürfnisse konkreten Nutzen und Gewinn. Sie denken mit und
der Netzwerkmitglieder können beispielsweise zu entwickeln bei den Jahrestreffen gemeinsam kleine,
Hindernissen werden. Wie schaffen Sie es bei connect, aber tragende Ideen für die weitere Perspektive.
dass das Netz keine Löcher bekommt? Connect-Fallberatungen haben aufgrund der Professi-
Der Durchbruch gelingt, wenn die ersten Fallberatun- onalität und des persönlichen Nutzens insbesondere
gen durchgeführt werden und der konkrete Nutzen für schwierige Fälle einen guten Ruf in der Region.
erfahrbar wird: Zwischen den Mitgliedern des Netz-
werks wird Vertrauen aufgebaut. Die Handlungssicher- Gab es ein Erlebnis, das Ihnen besonders vor
heit steigt. Die Fachkräfte erfahren durch den Blick der Augen geführt hat, wie wichtig Ihre Arbeit ist?
anderen neue Perspektiven und lernen Abläufe und Wenn ich ein einzelnes Erlebnis nennen soll, dann ist
innere Dynamik der anderen Institutionen kennen. es gleich die erste Fallberatung in der Modellregion
Ganz wichtig ist die Erkenntnis, Probleme nicht allein gewesen. Es ging um eine 13-Jährige und für sie und ihr
lösen zu müssen. Es sind viele Schultern, die den jewei- Umfeld konnten grundlegende Veränderungen initiiert
ligen Fall tragen. Eine entscheidende Rolle spielt auch werden. Besonders ist mir der Kommentar der Fallge-
die Koordinationskraft. Ihre Professionalität und ihre berin in Erinnerung geblieben. Sie leitete ihren Bericht
Akzeptanz bei den Beteiligten haben große Bedeutung. beim zweiten Treffen, in dem es um die Fallentwick-
Sie steuert die Qualität der Fallberatung und sorgt für lung ging, mit den Worten ein, es sei eigentlich nicht
einen wertschätzenden Umgang. Dadurch entsteht viel passiert. Tatsächlich aber hatten sich sowohl die
Motivation für weiteres Engagement und aktive Jugendliche als auch ihre Eltern für neue Maßnahmen
Zusammenarbeit in einer Region. geöffnet. Das heikle Thema war auf dem Tisch und
nicht mehr unter dem Teppich. Ein zentrales Element
Welche Empfehlungen können Sie kommuna- ist also die Wertschätzung für das eigene Handeln, das
len Netzwerken aus Ihrer Erfahrung noch positive Entwicklungen ermöglicht. Und genau solche
geben? Erlebnisse gibt es bei jeder Fallberatung immer wieder
Struktur und Inhalt müssen ineinandergreifen und aufs Neue – das ist wirklich wunderbar. Auch wenn es
parallel entwickelt werden: Wir starten mit einer keine sofortige Lösung für alle Probleme gibt, wir
Fortbildung – daraus entwickelt sich der Wunsch nach bleiben dran und connect schafft den Rahmen dafür,
Austausch und Vernetzung in der Regel von ganz allein. dass das gut gelingt.
Ist das Netz gegründet, sind auch weiterhin inhaltliche
Impulse wichtig. Eine schriftliche Vereinbarung ist auf Wie funktioniert die Fallberatung im Netzwerk?*
jeden Fall ein wichtiger Grundbaustein. Sie macht In einer Kita fällt auf, dass Nina, ein dreijähriges
transparent und greifbar, worum es geht, und sie Mädchen, in der letzten Zeit sehr unregelmäßig
schafft Verbindlichkeit und Kontinuität. Aber der erscheint. Die alleinerziehende Mutter bringt das Kind
politische Wille in der Kommune, dieses Thema als morgens oft sehr spät, manchmal gar nicht. Die
relevant für die Region zu definieren, ist die entschei- Erzieherinnen stellen fest, dass Nina oft viel zu dünn
dende Basis. Nur so können die Ressourcen für die angezogen und die Kleidung häufig verschmutzt ist.
Koordinationskraft bereitgestellt werden, ohne die die Das Mädchen wirkt sehr zurückgezogen und still. Die
Netzwerkarbeit nicht möglich wäre. Mutter bringt das Kind meist nur bis zum Kita-Eingang
und vermeidet den Kontakt mit den Erziehern. Heute
ist eine Erzieherin dennoch auf die Mutter zugegangen
und hat sie begrüßt. Danach grübelt sie: Hat sich
* bei connect aus mehreren Fällen generiertes und dadurch anonymisiertes Beispiel
Frau M. nicht etwas ungelenk bewegt und eine Fahne für Alleinerziehende der Jugendhilfeeinrichtung auf
gehabt? und war bei einem ersten Gespräch im Suchthilfezen
trum. Nina wirkt weniger angespannt und nimmt
Die Kollegen besprechen die Situation mit der Kita- vermehrt Kontakt zu anderen Kindern in der Kita auf.
Leiterin und wenden sich an die connect-Koordinato-
rin in ihrer Region. Diese lädt sie zur nächsten Fallbera- Schulterschluss Bayern
tung des Netzwerkes ein. Das ist zwar ein zusätzlicher Prävention und frühzeitige Interventionen für Kinder
Aufwand für die Kita, aber der Wunsch, dem Kind und aus suchtbelasteten Familien sind aufgrund der
der Mutter zu helfen, ist groß – und gleichzeitig auch komplexen Anforderungen nur über gut funktionie-
die Unsicherheit, was am besten zu tun ist. rende Netzwerke und zielführende Kooperationen
zwischen Jugend- und Suchthilfe zu implementieren.
In der Fallberatung erzählt die Erzieherin von Nina
und ihrer Mutter, ohne deren Namen zu nennen. Das zentrale Element von Schulterschluss bilden
Gemeinsam wird herausgearbeitet, welche der zweitätige regionale Inhouse-Seminare auf Landkreis-
geschilderten Zusammenhänge auf Vermutungen oder städtischer Ebene. Zielgruppen der Seminare sind
basieren und welche Dinge die Erzieherin sicher weiß. Mitarbeiter/innen der Jugend- und der Suchthilfe in
Nur diese können im Gespräch mit der Mutter thema- bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten.
tisiert werden. Nach einigen Nachfragen zum Ver- Dabei sind insbesondere die Allgemeinen Sozialen
ständnis werden Ideen gesammelt. Als wichtig wird Dienste (ASD), die Koordinierenden Kinderschutzstel-
erachtet, Kontakt mit einer Suchthilfeeinrichtung len (KoKi), Suchtberatungsstellen, Erziehungsbera-
aufzunehmen, um mit fachlicher Unterstützung Wege tungsstellen sowie die familienunterstützenden Hilfen
zu finden, wie das Gespräch mit der Mutter gestaltet angesprochen. Im Rahmen eines gemeinsamen
werden kann. Außerdem werden für die Mutter Kooperationsseminars zum Thema „Kinder suchtkran-
unterschiedliche Angebote gesammelt, die sie unter- ker Eltern“ wird das Verständnis für die Problemsitua-
stützen könnten, wie eine Beratung für Alleinerziehen- tionen in den betroffenen Familien und der Kinder
de oder ein Müttertreff. Die Erzieherin hat nun eine gestärkt sowie die Kooperationsbeziehungen zwischen
Palette an passenden Angeboten für die junge Frau. Jugend- und Suchthilfe gefördert. Ziel ist unter
Wie sie in Gesprächen mit ihr agiert, kann sie immer anderem der gegenseitige Austausch der fachlichen
wieder mit der Suchthilfeeinrichtung besprechen. Expertise, einerseits im Hinblick auf die Schwere der
Suchtproblematik und andererseits im Hinblick auf die
Die Erzieher der Kita erhalten über das Netzwerk Beurteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung.
Informationsmaterialien, Kontakte und Fortbildungs- Ergänzend werden gemeinsam Frühinterventionsstra-
angebote. Sie vereinbaren eine Fachberatung mit tegien und weitere präventive Angebote für betroffene
einem Träger, der spezielle Hilfen für Kinder aus Kinder, Jugendliche und ihre Familien entwickelt.
alkoholbelasteten Familien anbietet. Die Kolleginnen
besprechen, wie sie Nina in der Kita bestärken und Die Umsetzung des Projektes erfolgt im Rahmen des
fördern können. Bayerischen Präventionsplans mit Beschluss des
Bayerischen Landtags. Das Projekt wird vom Bayeri-
Ein halbes Jahr später berichtet die Erzieherin, wie sich schen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
die Situation entwickelt hat. Die fachliche Beratung gefördert und im Schulterschluss mit dem Bayerischen
und Anleitung durch die Suchthilfeeinrichtung und die Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und
Schulung der Mitarbeiterinnen zeigen Erfolge. Zur Integration durchgeführt. Projektnehmer ist die Aktion
Mutter konnte ein stabiles Vertrauensverhältnis Jugendschutz Bayern in Kooperation mit dem Sucht-
aufgebaut werden. Sie wurde auf ihren Alkoholkonsum hilfeträger Prop – Verein für Prävention, Jugendhilfe
angesprochen und öffnete sich für Unterstützungsan- und Suchttherapie e. V. Das Vorbild für Schulterschluss
gebote. Inzwischen sucht sie regelmäßig die Beratung in Bayern stammt aus Baden-Württemberg. In Bayern
konnten für 2016/2017 bereits über 30 Schulterschluss- • Suchtkranke Eltern werden zur Reflexion über ihren
Kooperationsseminare umgesetzt bzw. verbindlich Suchtmittelgebrauch und dessen nachteiligen
terminiert werden. Einfluss auf das Familiensystem und den Familien-
www.schulterschluss-bayern.de alltag angeregt. Mit der Familie werden ein Krisen-
management und eine verlässliche Anbindung an
PLAN B in Chemnitz das familientherapeutische und suchttherapeutische
Hilfesystem entwickelt. Eltern werden bei der
Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung
unterstützt.
• Die Netzwerkpartner der Jugendhilfe erhalten
Informationen zur Suchterkrankung und zu deren
Auswirkungen auf das Familiensystem. Das suchtbe-
lastete Familiensystem wird bezüglich einer unter-
stützenden Beziehungsabhängigkeit (Co-Verhalten)
von Helferinnen, Helfern und Angehörigen betrach-
tet und diese Abhängigkeit wird beendet. Es werden
kollegiale Fallreflexionen zur Planung weiterer
Schritte durchgeführt und eine kollegiale Zusam-
menarbeit zwischen den Akteuren der Hilfesysteme
hergestellt.
Das interdisziplinäre Hilfsangebot Plan B richtet sich
an konsumierende Eltern und deren Kinder (0 bis 18 Weitere Methoden, die zum Einsatz kommen, sind Case
Jahre). Adressaten der familienorientierten Suchthilfe Management, nachgehende und aufsuchende Hilfe,
sind außerdem Angehörige, Freunde sowie professio- Einzel-, Paar- und Familienberatung, motivierende
nelle Helfer der Familie. Gesprächsführung, nicht direktive Beratungsansätze,
systemische Familienberatung und -therapie und
Mit Plan B gelang es, die vorhandenen professionellen sozialpädagogische Gruppenarbeit.
Hilfsangebote der Suchtkrankenhilfe, Jugendhilfe und
anderer Hilfeformen, zum Beispiel sozialpädagogische Plan B ist ein Angebot der Stadtmission Chemnitz e. V.
Familienhilfen, mit ihren Kompetenzen zusammenzu- und wird durch das Sächsische Staatsministerium für
führen, wissenschaftlich begründete Handlungsgrund- Soziales und Verbraucherschutz und das Amt für
sätze wie Case Management in der professionellen Jugend und Familie der Stadt Chemnitz gefördert.
Arbeit mit suchtbelasteten Familiensystemen einzu-
führen und fach- sowie substanzspezifische Weiterbil- Eine Weiterentwicklung des Konzeptes auf Grundlage
dung in erster Linie für Mitarbeiter der Jugendhilfe von Evaluation, Supervision und kollegialer Fallreflexi-
anzubieten. on ist notwendig, um diesen neuen Ansatz der Zusam-
menarbeit zu professionalisieren und die strukturellen
Mit Plan B sollen Kindeswohlgefährdungen und daraus Hindernisse zu überwinden.
erfolgende Fremdunterbringung verhindert werden. www.stadtmission-chemnitz.de
Um diese Ziele zu erreichen, setzt Plan B folgende
Arbeitsschwerpunkte um:
Netzwerke „Frühe Hilfen“ den für die Frühen Hilfen maßgeblichen gesetzlichen
Grundlagen zählen unter anderem das Bundeskinder-
Frühe Hilfen im Kontext von suchtbelasteten schutzgesetz, die Sozialgesetzbücher und landesgesetz
Familien liche Bestimmungen.
Frühe Hilfen sind lokale und regionale Unterstüt-
zungssysteme mit koordinierten Hilfsangeboten für Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) wurde
Eltern und Kinder ab Beginn der Schwangerschaft mit 2007 vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
einem Schwerpunkt auf der Altersgruppe der Frauen und Jugend (BMFSFJ) gegründet. Es entstand
0- bis 3-Jährigen. Neben alltagspraktischer Unterstüt- im Rahmen des Aktionsprogramms „Frühe Hilfen für
zung leisten Frühe Hilfen insbesondere einen Beitrag Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme“.
zur Förderung der Beziehungs- und Erziehungskompe- Träger des NZFH ist die Bundeszentrale für gesund-
tenz von (werdenden) Müttern und Vätern. Damit heitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit dem
tragen sie zum gesunden Aufwachsen von Kindern bei. Deutschen Jugendinstitut e. V.
Der Auf- und Ausbau von Netzwerken „Frühe Hilfen“
der zuständigen regionalen Leistungsträger und Die unterschiedlichen Angebote der Akteure, Einrich-
Institutionen wird ergänzt durch den Einsatz von tungen und Institutionen aus den verschiedenen
Familienhebammen. Durch die Bundesinitiative Frühe Sozialsystemen werden in „Netzwerken Frühe Hilfen“
Hilfen sollen die bereits bestehenden Aktivitäten von koordiniert. Die Netzwerke haben die Aufgabe, den
Ländern und Kommunen zur Etablierung verbindli- fachlichen Austausch zu organisieren und die Zusam-
cher Netzwerkstrukturen und zur Einbindung von menarbeit zu sichern. Wichtige Voraussetzung ist die
Familienhebammen und vergleichbaren Berufsgrup- gemeinsame Erarbeitung geregelter Verfahren zur
pen verstärkt werden. Dafür werden durch den Bund übergreifenden, aber auch familienbezogenen Zusam-
jährlich 51 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zu menarbeit, verknüpft mit der beständigen Weiterent-
wicklung und Aushandlung eines gemeinsamen Von Dezember 2013 bis März 2015 hat das NZFH eine
Fachverständnisses. Online-Erhebung bei den Familienhebammen (Fam-
Heb) und Familien-, Gesundheits- und Kinderkranken-
Frühe Hilfen schaffen niederschwellige Zugänge zu pflegenden (FGKiKP) durchgeführt (Renner & Schar-
Unterstützungsangeboten für Eltern aus dem Gesund- manski, 2016). FamHeb und FGKiKP sind staatlich
heitsbereich und der Kinder- und Jugendhilfe. Ziel examinierte Hebammen und Kinderkrankenpflegerin-
ist, allen Familien die Teilhabe an diesen Hilfen zu nen bzw. -pfleger mit einer Zusatzqualifikation, die in
ermöglichen. Dies gilt insbesondere für belastete den Frühen Hilfen eingesetzt werden. Die Zusatzquali-
Familien, die es aus eigener Kraft häufig nicht schaffen, fikation befähigt die Angehörigen beider Berufsgrup-
sich Unterstützung zu holen. Das setzt ein frühzeitiges, pen in besonderem Maße dazu, Familien zu unterstüt-
systematisches Erkennen relevanter Belastungsfakto- zen, die unter psychosozial belastenden Bedingungen
ren von Eltern auf der Grundlage eines möglichst Kinder erziehen (NZFH 2013, NZFH 2014). Ihr Einsatz
umfassenden Zugangs voraus. Die Zusammenarbeit ist Förderschwerpunkt der Bundesinitiative Frühe
und die Vernetzung von Angeboten des Gesundheits- Hilfen.
systems und der Kinder- und Jugendhilfe sind hier
besonders wichtig, um vor allem Eltern mit hohem Die Fachkräfte (FamHeb und FGKiKP) machten
Hilfebedarf (z. B. aufgrund einer Suchterkrankung) Angaben zum Konsum von Tabak, Alkohol und
zu unterstützen: Das Gesundheitswesen verfügt über illegalen Drogen in den betreuten Familien. Hohe
notwendige, nichtstigmatisierende Zugänge zu Prävalenzen berichteten die Fachkräfte in Bezug auf
allen – und somit auch zu den belasteten, schwer Tabakkonsum: So waren 22,8 Prozent der Säuglinge in
erreichbaren – Familien. Die Kinder- und Jugendhilfe den betreuten Familien Tabakrauch ausgesetzt. Am
kann hingegen auf eine breite Palette an psychosozia- Ende der Betreuung reduzierte sich der Anteil der
len Hilfen zurückgreifen, um die Kompetenzen der Betreuungspersonen, die in Anwesenheit des Kindes
Eltern zu stärken. rauchten, auf 19,8 Prozent.
Spezifische Risiken bei Säuglingen und Kleinkindern Bei 13 Prozent der Familien stellten die Fachkräfte bei
sind die Etablierung einer unsicheren Bindung zum Betreuungsbeginn einen Bedarf an professioneller
psychisch kranken Elternteil und die Entwicklung einer Hilfe aufgrund einer Suchterkrankung fest. 62,7
Bindungsstörung, gegebenenfalls im Kontext von Prozent dieser Familien nahmen zu Beginn der
Vernachlässigung oder Misshandlung (Ziegenhain & Betreuung durch die Fachkraft (noch) keine Hilfen zur
Deneke, 2014). Bewältigung der Suchterkrankung an. Dieser Anteil
reduziert sich im Betreuungsverlauf auf 56,6 Prozent.
Der repräsentativen Studie „Kinder in Deutschland
(KiD 0-3)“ des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen Bei 0,5 Prozent der Hauptbezugspersonen war Drogen-
(NZFH) zufolge wurden bei 12,3 Prozent der Eltern mit konsum „sicher erkennbar“. In weiteren 1,8 Prozent der
Suchtanzeichen Hinweise auf Gewalt gegenüber dem Familien konsumierte eine weitere Person im Haushalt
Kind oder eine Vernachlässigung des Kindes festge- Drogen. In 1,5 Prozent der Familien nahm die Haupt-
stellt. Bei Eltern ohne Suchtanzeichen lag die Häufig- bezugsperson an einem Substitutionsprogramm
keit bei 2,3 Prozent. Die Ergebnisse deuten darauf hin, (Methadon) teil, in 0,6 Prozent (mindestens) eine
dass eine Suchterkrankung der Eltern einen eigenstän- weitere Person im Haushalt (NZFH, 2017).
digen Risikofaktor für das Auftreten von Kindesmiss-
handlung oder -vernachlässigung darstellt und der Mittlerweise wurden die Netzwerke Frühe Hilfen
Zusammenhang nicht allein durch den Zusammen- flächendeckend in Deutschland durch die Bundesiniti-
hang mit anderen Risikofaktoren erklärt werden kann ative Frühe Hilfen auf- und ausgebaut. Allerdings sind
(Fullerton, B., Eickhorst, A., Sann, A., Simon, L., 2017). noch nicht alle relevanten Institutionen und Akteure
ausreichend in die lokalen Netzwerke eingebunden. In
einem Drittel der Kommunen sind niedergelassene stärkere Familienorientierung wirkt vor allem das
psychiatrische bzw. psychotherapeutische Praxen, aber gegliederte Sozialsystem mit seinen unterschiedlichen
auch stationäre psychiatrische Einrichtungen in die Kostenträgern. Einzelne Rehabilitationseinrichtungen
Netzwerke integriert. Die Suchtberatung beteiligte sich setzen daher verschiedene Kooperationsmodelle um,
in knapp über 40 Prozent der analysierten Netzwerke um die ganze Familie in die Behandlung einzubinden.
an der fallübergreifenden bzw. fallbezogenen Koopera- Dadurch sollen die Erziehungskompetenzen der Eltern
tion (NZFH, 2014). und die Beziehung zwischen Eltern und Kindern
gestärkt werden. Da Kinder suchtkranker Eltern häufig
Bei einer Suchterkrankung von Eltern ist eine alleinige selbst psychische Störungen entwickeln, wird mit der
Versorgung der Familien durch die Frühen Hilfen nicht familienorientierten Rehabilitation auch eine präventi-
ausreichend. Die Familienhebammen und -pfleger ve Wirkung bei den Kindern angestrebt.
können als Netzwerkpartner der psychiatrischen und
suchtmedizinischen Versorgung unterstützend tätig Kinderhaus Tannenhof in Berlin
sein, die Fachkräfte weisen aber darauf hin, dass die
Installierung weiterer Hilfen in diesen Fällen erforder-
lich ist, um beispielsweise eine Kindeswohlgefährdung
sicher abzuwenden. Versorgungslücken zeigen sich
beim Übergang mancher Eltern aus den Frühen Hilfen
zu weiter gehenden Unterstützungsangeboten, da diese
oftmals nicht (zeitnah) verfügbar sind.
Mechthild Paul, Leiterin des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen
Familienorientierte Rehabilitation
Im Kinderhaus Tannenhof können 16 Kinder bis zum
Behandlung und Rehabilitation sind überwiegend auf Alter von 10 Jahren betreut werden, deren Eltern
den suchtkranken Menschen ausgerichtet. Die Ein parallel im Tannenhof Zentrum I eine stationäre
beziehung der Kinder erfolgt nicht regelhaft. Wenn Entwöhnungsbehandlung absolvieren. Je nach Alter
ein Elternteil (oft die Mutter) die Kinder mit in eine sind die Kinder während des 6- bis 10-monatigen
Reha-Einrichtung nimmt, werden diese meist als Aufenthaltes zusammen mit ihren Eltern oder in
sogenannte „Begleitkinder“ betreut. Dies beinhaltet einem eigenen Zimmer neben dem Elternzimmer
hauptsächlich die Unterbringung, die Organisation des untergebracht. Auch schwangere Rehabilitandinnen
Schul- bzw. Kindergartenbesuchs und die Betreuung in werden im Haupthaus aufgenommen und nach der
der Freizeit. Die Kosten für die „Begleitkinder“ werden Geburt mit ihren Säuglingen betreut. Die Konzepte
überwiegend von der Rentenversicherung bzw. zu beider Häuser sind darauf ausgerichtet, auch in
einem geringeren Anteil von den Krankenkassen oder schwierigen Konstellationen Eltern mit ihren Kindern
der Jugendhilfe übernommen (Sucht Aktuell, 1/2017). aufzunehmen. Dazu zählen beispielsweise Kinder-
schutzfälle, Zwangskontexte (Auflagen des Gerichts
Liegt ein Behandlungsbedarf bei den Kindern aufgrund oder des Jugendamts) oder eine Rückführung der
einer diagnostizierten Erkrankung vor, stehen einzelne Kinder in die Familien.
Angebote für eine Kinder- und Jugendrehabilitation
parallel zur Entwöhnungsbehandlung der Eltern zur Tannenhof ermöglicht es den Eltern, ihre Suchtthera-
Verfügung. pie zu absolvieren, ohne von ihren Kindern getrennt zu
werden. Zum anderen wird durch die pädagogische
Familienorientierte therapeutische Leistungen in und familientherapeutische Begleitung das ganze
Rehabilitationseinrichtungen werden bislang nur in Familiensystem gestärkt sowie die Erziehungskompe-
geringem Umfang umgesetzt. Als Barriere für eine tenzen gezielt gefördert. Die Eltern erhalten besondere
Therapiepläne und Unterstützung, um die Anforde- Die Rehabilitation erfolgt für jedes Familienmitglied
rungen der Therapie neben den Elternaufgaben zu bei erkennbarem Rehabilitationsbedarf entsprechend
bewältigen. den eigenen Indikationen vor allem an den Vormitta-
gen. Einige Nachmittage werden je nach Bedarf für
Die Angebote des Kinderhausteams orientieren sich gemeinsame familientherapeutische Angebote und
an den Belastungen suchtkranker Familien und sind Familiengespräche genutzt. Für die Koordination der
speziell auf die Bedürfnisse von Kindern suchtkranker Angebote und Begleitung der Familien während des
Eltern ausgerichtet. Rehabilitationsaufenthaltes ist als Fallmanager ein
www.tannenhof.de/kinderhilfe/das-kinderhaus/ Mitarbeiter der beiden Rehabilitationseinrichtungen
für die Familien zuständig.
Modellprojekt der Rentenversicherung
Baden-Württemberg Das Angebot der familienorientierten Suchtrehabili
Die Rentenversicherung Baden-Württemberg testet tation besteht seit Ende 2015 und wird von einer
im Rahmen eines Modellprojekts die stationäre und regelmäßig tagenden Projektbegleitgruppe gesteuert.
ambulante familienorientierte Suchtrehabilitation.
Im ambulanten Setting wird über das Projekt FoRaN
Im stationären Setting werden für die familienorien- (Familienorientierte Rehabilitation und Nachsorge)
tierte Suchtrehabilitation Synergieeffekte von zwei eine speziell auf die Familie der Rehabilitandin/des
Rehabilitationseinrichtungen auf demselben Gelände Rehabilitanden ausgerichtete ambulante Rehabilitati-
genutzt. Die Rehaklinik Birkenbuck bietet Suchtrehabi- on mit anschließender Nachsorge erprobt. An dem
litationen an, die Rehaklinik Kandertal psychosomati- Projekt sind fünf Beratungsstellen des Caritasverban-
sche Rehabilitationsleistungen für Jugendliche und des der Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. beteiligt,
Erwachsene sowie Familienrehabilitationen. Für welche zusätzlich zu den Leistungen für die Rehabili-
suchtbelastete Rehabilitanden und deren ebenfalls tandinnen und Rehabilitanden im Rahmen der
behandlungsbedürftige Familienmitglieder kann ambulanten Rehabilitation bzw. Nachsorge entspre-
durch die Kombination dieser Angebotspalette beider chende Angebote für Familien vorhalten. Durch
Einrichtungen eine gemeinsame, familienorientierte Familiengespräche, Familientage oder Familienwo-
Rehabilitation durchgeführt werden. chenenden soll die gesamte Familie, welche durch die
Suchtmittelabhängigkeit eines Elternteils belastet ist,
Vor Ort können bei gemeinsamer Unterbringung der gestärkt werden. Das Projekt FoRaN wird seit Anfang
Familie sowohl der abhängigkeitskranke Elternteil als 2016 in den teilnehmenden Beratungsstellen umge-
auch Partner und Kinder mit eigenem Rehabilitations- setzt und ebenfalls von einer regelmäßig tagenden
bedarf therapiert werden. Für die Kinder stehen auf Projektbegleitgruppe gesteuert.
dem Gelände der Rehaklinik Kandertal neben den
Rehabilitationsangeboten ein Kinderhaus mit Kinder-
krippe und Kindergarten sowie eine Klinikschule zur
Verfügung, sodass eine Betreuung gewährleistet ist.
ABBILDUNG 23:
Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zur Situation von Lehrern und Erziehern
im Auftrag der Drogenbeauftragten der Bundesregierung:
(CATI-Umfrage, März 2017, GMS Dr. Jung GmbH)
58 %
wünschen sich größere Unter-
• Aufzeigen von Unterstützungsmöglichkeiten: Auf Ein Nachdruck der Broschüre „Alles total geheim“
der Webseite wird ein umfangreiches Verzeichnis wird durch die Geschäftsstelle der Bundesdrogen
von Hilfsangeboten für Kinder suchtkranker Eltern beauftragten geprüft.
und ihre Angehörigen zur Verfügung gestellt
• Online-Beratung von Kindern und Jugendlichen Mia, Mats und Moritz – Broschüren der Deutschen
• Fortbildung, Information und Fachberatung von Hauptstelle für Suchtfragen
Menschen, die beruflich mit Kindern arbeiten, zur Die Geschichte „Mia, Mats und Moritz“
Vermittlung von Kenntnissen, die ihnen dabei erzählt von den Alltagsproblemen in einer
helfen, Kinder aus Suchtfamilien zu erkennen, zu Familie mit einem suchtkranken Eltern-
verstehen und zu unterstützen teil. Sie erzählt aber auch von den Stärken
• Organisation der jährlichen bundesweiten Aktions- der Kinder, von ihrem kreativen Umgang
woche für Kinder aus Suchtfamilien mit Schwierigkeiten und davon, dass es
www.nacoa.de nicht immer alleine gehen muss.
www.coa-aktionswoche.de
Die von der DHS herausgegebene Bro-
Kindern von Suchtkranken Halt geben – Broschüre der schüre wurde von der Bundeszentrale für
Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im
Die Broschüre der Selbsthilfeor- Auftrag des Bundesministeriums für
ganisation „Freundeskreise für Gesundheit gefördert.
Suchtkrankenhilfe“ in Kooperati-
on mit dem BKK Bundesverband Zur Geschichte gibt es ein Begleitheft für
wird in diesem Jahr aktualisiert Fachkräfte und Ehrenamtliche im Sozial-,
und neu aufgelegt. Enthalten sind Gesundheits- und Bildungswesen sowie
neben Informationen und für Angehörige zum Umgang mit Kindern sucht
Projekten zum Thema auch viele kranker Eltern.
Hinweise für Lehrer, Erzieher und www.dhs.de
andere Betreuungspersonen zum
Umgang mit Kindern suchtkranker Eltern. Entwicklung eines internetbasierten Schulungsmoduls
www.freundeskreise-sucht.de für Mitarbeiter der Suchthilfe
Ziel des noch laufenden Projekts ist die Entwicklung
Alles total geheim – Fortbildung und Broschüre der eines internetbasierten Schulungsmoduls für die
Fachstellen für Suchtprävention Sachsen Einschätzung von elterlichen Erziehungskompetenzen
Damit nicht „alles total geheim“ sowie von Belastungen bzw. möglichen (Entwick-
bleibt, richtet sich diese Broschüre lungs-)Gefährdungen von Kindern aus suchtbelasteten
zum Thema Kinder aus suchtbe- Familien. Das internetbasierte Schulungsmodul wird
lasteten Familien in erster Linie auf der Internetplattform des E-Learning-Kurses
an pädagogische Fachkräfte. Die „Frühe Hilfen und frühe Interventionen im Kinder-
Broschüre wurde als Begleitmate- schutz“ angesiedelt und von Blended-Learning-Kursen
rial für die Fortbildung „Alles total flankiert. Adressaten sind Mitarbeiter von Suchthilfe-
geheim“ entwickelt. Sie enthält einrichtungen sowie aus der Kinder- und Jugendhilfe.
Hinweise, wie Kinder aus suchtbe- Das vom Bundesministerium für Gesundheit geförder-
lasteten Familien erkannt und te Modul wird in Kooperation des Universitätsklini-
unterstützt werden können, sowie G esprächstechniken kums Ulm, Abteilung für Kinder- und Jugendpsychia
für die Kommunikation mit den Eltern. trie/Psychotherapie, mit dem Paritätischen
www.suchtpraevention-sachsen.de Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg entwickelt.
https://fruehehilfen-bw.de
FITKIDS – Gesundes Aufwachsen für Kinder mit entwickelt und im Rahmen einer Pilotphase (2011–
süchtigen Eltern 2012) an sieben Standorten umgesetzt. Das Programm
wird evaluiert und verfügt über ein Manual, das
FITKIDS-Ringbuch. Im Rahmen von 10 Inhouse-
Schulungen innerhalb von 3 Jahren wurde und wird
FITKIDS inzwischen in 40 andere Kommunen über
tragen. Darüber hinaus stellen die Weseler Fitkids-
Mitarbeiter Erfahrungswissen, Methoden, Arbeits
hilfen, Kontaktadressen, Literaturhinweise, Fachartikel,
FITKIDS ist ein Organisationsentwicklungsprogramm QM-Prozesse, Möglichkeiten der EDV-gestützten
zur Familienorientierung für Drogen- und Suchtbera- Dokumentation und vieles mehr für die praktische
tungsstellen. Ergänzend zu den bestehenden Angebo- Arbeit vor Ort zur Verfügung.
ten der Beratungsstellen wird die Thematik „Kinder www.fitkids.de
aus suchtbelasteten Familien“ nachhaltig in die
Arbeitsstrukturen und Handlungsabläufe integriert. Kind s/Sucht Familie – Fortbildungsprogramm
der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in
Die Kinder suchtkranker Mütter und Väter werden mit Rheinland-Pfalz e. V.
in den Blick der Beratungsstellen genommen und die Durch die Fortbildung werden Multipli-
für eine adäquate Versorgung der Personengruppe katorinnen und Multiplikatoren befähigt,
notwendigen internen und externen Organisations- Schulungen für Fachkräfte in Jugendäm-
strukturen werden geschaffen. Hierzu zählen eine tern, Kinder- und Jugendhilfeeinrich
standardisierte Datenerfassung der Kinder, Beurteilung tungen bzw. Kindertageseinrichtungen
von Gefährdungssituationen, Entwicklung von und anderen Institutionen durchzuführen. Praxisnah
internen Handlungsabläufen bei möglichen Kindes- werden Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit dem
wohlgefährdungen, Entwicklung von Kooperations- Kind und seinen Bezugspersonen beleuchtet und Wege
strukturen und -verträgen, Schnittstellenarbeit und zur Unterstützung dieser Kinder und Jugendlichen
die Einbindung der Beratungsstellen in das regionale entwickelt.
Hilfesystem zur Wahrnehmung der notwendigen www.lzg-rlp.de
„Lotsenfunktion“ für Eltern und ihre Kinder.
Das Programm besteht aus zwei Basis- und vier ZOEY – Spielfilm über die Lebenswelt von Kindern in
Praxisbausteinen: einer suchtbelasteten Familie
In dem 40-minütigen Spielfilm geht
• Die Kinder in den Blick nehmen – interne Vorausset- es um die 14-jährige Zoey, die mit
zungen dem Rückfall ihres alkoholkranken
• Netze knüpfen – Kooperationen und Netzwerke Vaters zu kämpfen hat. Der Alltag des
• Bevor es zu spät ist – praktische Arbeit mit den Teenagers gerät ins Wanken und sie
Kindern muss Verantwortung für ihren Vater,
• Früh hilft früh – Arbeit mit Schwangeren und Frühe ihren 8-jährigen Bruder und sich
Hilfen selbst übernehmen. Der Film wurde
• Sprache finden – Arbeit mit substituierten Eltern vom Medienprojekt Wuppertal im
• Voneinander lernen – Multiplikatorenschulung Auftrag des Blauen Kreuzes Deutsch-
land e. V. produziert. Der DVD liegt
Die FITKIDS-Beratungsstelle in Wesel beschäftigt eine Broschüre mit anschaulichem
sich seit 1996 mit Kindern suchtkranker Eltern. Aus Arbeitsmaterial für die Nutzung des Filmes in Schulen
der langjährigen Erfahrung und Expertenwissen aus und Einrichtungen der Jugendhilfe bei.
verschiedenen Ländern wurde das Programm FITKIDS http://zoey-der-film.blaues-kreuz.de/zoeyfilm.html
Gesundheitskompetenz
Rauchfrei in der Pflege
München, den Einsatz der E-Zigarette in Tabakentwöh- Abstinenzmotivation ausbildet und sich ein rauchfrei-
nungskursen und deren Nutzen für die Erlangung der er Lebensstil etabliert, und begünstigt somit einen
Abstinenz zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden Rückfall. Anders als bei den medizinischen Nikotinpro-
über 600 Kursteilnehmer des „Rauchfrei Programms“ dukten gibt es auch keine spezifischen Regeln, wie die
ein Jahr nach Kursende telefonisch befragt. Das E-Zigarette als zeitlich befristete Hilfsmaßnahme
„Rauchfrei Programm“ ist ein seit vielen Jahren im konkret eingesetzt und wieder beendet wird. Aufgrund
deutschsprachigen Raum etabliertes Gruppenpro- des Ergebnisses der Studie wird davon abgeraten, die
gramm zur Tabakentwöhnung, welches durch das E-Zigarette im Rahmen von verhaltenstherapeutisch
Institut für Therapieforschung (IFT) mit Förderung der orientierten Gruppenprogrammen zur Tabakentwöh-
BZgA entwickelt wurde. nung einzusetzen.
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/
12,5 Prozent der Teilnehmer hatten während des fileadmin/Dateien/Publikationen/Drogen_Sucht/
Kurses die E-Zigarette genutzt. Von den Anwendern der Abschlussbericht/161005_Anlage_6-Abschlussbericht_
E-Zigarette gaben 88 Prozent an, dass die E-Zigarette IFT.pdf
sie beim Rauchstopp unterstützen sollte. Zum Zeit-
punkt der Befragung benutzten 67 Prozent die Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
E-Zigarette nicht mehr. Die Nutzer der E-Zigarette
schätzten die E-Zigarette in den meisten Aspekten Der Konsum von elektronischen Dampferzeugnis-
positiver ein als Raucher, die die E-Zigarette nicht sen unter Jugendlichen
angewendet hatten. Sowohl ein Nutzen für die Abkehr Das Forschungsprojekt „Der Konsum von elektroni-
von der Tabakzigarette als auch positive Eigenschaften schen Dampferzeugnissen (eDe) unter Jugendlichen“
wie guter Geschmack, guter Geruch und geringere hatte die Generierung von validem Grundlagenwissen
Kosten werden von den Anwendenden häufiger berich- über Prävalenzen sowie Muster des Konsums von eDe
tet. Die Nutzer der E-Zigarette waren im Durchschnitt unter Jugendlichen (14–24 Jahre) unter Berücksichti-
stärker körperlich von der Zigarette abhängig als gung möglicher Zusammenhänge mit konventionel-
Teilnehmer, die keine zusätzlichen Hilfsmittel in lem Tabakkonsum zum Ziel. Die Forschungsergebnisse
Anspruch nahmen. Hinsichtlich sozialökonomischer basieren auf der Durchführung einer systematischen
Merkmale waren die Personengruppen vergleichbar. Literaturstudie, qualitativen problemzentrierten Inter-
E-Zigaretten-Nutzer waren ein Jahr nach Kursende views und einer quantitativen Online-Umfrage. Zudem
deutlich seltener abstinent als die übrigen Kursteilneh- wurde eine Sekundäranalyse im Rahmen der repräsen-
mer. Nur 20 Prozent der Nutzer von E-Zigaretten tativen Frankfurter Befragung von Schülerinnen und
waren abstinent, während 39 Prozent der Kursteilneh- Schülern (MoSyD) durchgeführt. Hinsichtlich der
menden, die keine E-Zigarette genutzt hatten, und 36 wesentlichen Projektergebnisse ist vor allem ein
Prozent der Nutzer medizinischer Nikotinprodukte ansteigender Trend der Lebenszeit- und der 30-Tages-
(Nikotinpflaster, Nikotinkaugummi, Nikotinspray) Prävalenz für E-Zigaretten und E-Shishas unter
angaben, abstinent zu sein. Auch wenn man in der Jugendlichen und jungen Erwachsenen festzuhalten.
statistischen Auswertung berücksichtigt, dass die Trotz der vergleichsweise hohen Prävalenzraten zeigen
Nutzenden der E-Zigarette stärker abhängig waren und die Ergebnisse der repräsentativen Befragung aller-
somit eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit für dings, dass nur sehr wenige der Schülerinnen und
einen Rauchstopp aufwiesen, ist der Unterschied Schüler in Frankfurt am Main täglich E-Produkte
signifikant. Das Ergebnis zeigt, dass die Nutzung der konsumieren.
E-Zigarette als Hilfsmittel in einem strukturierten
Gruppenprogramm zum Rauchstopp den langfristigen Allgemein zeigten sich differenzierte Ergebnisse im
Erfolg deutlich verringert. Die Ähnlichkeit im Nut- Hinblick auf unterschiedliche E-Produkte in unter-
zungsverhalten von Tabakzigaretten und E-Zigaretten schiedlichen Altersgruppen sowie im Kontext eigener
verhindert möglicherweise, dass sich eine stabile Raucherfahrungen.
So besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen ren ein positiveres Image zu haben als die E-Shisha.
dem Konsum von konventionellen Tabakprodukten Festzuhalten ist ein allgemein hoher Aufklärungsbe-
und E-Produkten. Dabei scheinen E-Produkte vor darf für alle Arten von E-Produkten.
allem in der Altersgruppe der 15- bis 18-jährigen http://isff.info
Raucher als Ergänzung zu bestehenden Konsummus-
tern zu funktionieren, oft, um bestimmte Nachteile Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
herkömmlicher Zigaretten zeitweise umgehen zu
können. Nur sehr wenige in dieser Altersgruppe beab- MIRAS – Miteinander Rauchbelastung senken
sichtigen, eDe als Ausstiegshilfe zu verwenden. Ein
MIRAS
gewisser Anstieg 2015 im Vergleich zu 2014 zeigte sich
im Hinblick auf Personen mit Tabakerfahrungen ohne
aktuellen Zigarettenkonsum, die auf nikotinfreie
E-Produkte zurückgreifen. Die Gateway-Hypothese Miteinander Rauchbelastung senken
bestätigt sich in den vorliegenden Daten nicht. Es gibt
zwar in beiden Stichproben eine kleine Gruppe an Zielgruppe des 18-monatigen Projekts sind sozial
Schülern, die zunächst ein E-Produkt und erst danach benachteiligte Eltern, die Zigaretten rauchen. Ziel ist,
Tabak konsumierten, diese weisen jedoch – zumindest die Passivrauchbelastung ihrer Kinder zu verringern.
in der repräsentativen Erhebung – eine geringere Hintergrund der Studie sind Ergebnisse des Deutschen
Wahrscheinlichkeit als ihre Mitschüler auf, einen Krebsforschungszentrums, wonach insbesondere
regelmäßigen Zigarettenkonsum zu entwickeln. Bisher Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen
scheinen sich keine intensiven Konsummuster in der Status und diejenigen mit einem Migrationshinter-
Breite zu etablieren, Probier- und Gelegenheitskonsum grund Tabakprodukte rauchen. Kinder und Jugendliche
sind hier die Regel. Hinsichtlich der Konsummotivatio- aus diesen Familien sind in einem besonderen Maße
nen offenbart sich ein breites Spektrum an Motivlagen, durch Passivrauchen gefährdet.
wobei neben dem häufigsten Probiergrund „Neugier-
de“ unter anderem diverse „Vorteile“ gegenüber her- Das Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung
kömmlichen Zigaretten eine wichtige Rolle spielen, (ZIS) in Hamburg und die FOGS GmbH in Köln führen
aber auch soziale Motive und ein (zumindest zeitweise das Projekt in Kooperation durch. In den Städten
und in bestimmten Gruppen) positives Image von Hamburg und Köln wurden Eltern einbezogen, die
E-Produkten. In der Altersgruppe der 19- bis 24-Jähri- keinen Migrationshintergrund bzw. einen türkischen
gen stehen sowohl aktuelle Motive als auch Einstiegs- oder russischsprachigen Migrationshintergrund auf
motive von E-Zigaretten häufig im Zusammenhang weisen. In geschlechtshomogenen Gruppen wurden
mit konventionellem Zigarettenkonsum. Es zeigte sich, die Eltern zu ihrem Rauchverhalten und zu gewünsch-
dass die Befragten umso häufiger zur E-Zigarette als ten Aufklärungsmaßnahmen befragt. Zudem wurden
zur E-Shisha greifen, je älter sie sind. Zudem werden Fachkräfte aus verschiedenen Organisationen für Mi
mit ansteigendem Alter Motive wichtiger, die sich auf granten, Eltern, Gesundheit etc. systematisch in die
Harm Reduction oder Rauchausstieg beziehen. Erarbeitungsprozesse einbezogen. Methodisch basiert
das Projekt auf einem partizipativen und qualitativen
E-Produkte werden im Vergleich zu Tabakerzeugnissen Ansatz, um gendergerechte Zugangswege und Aufklä-
mehrheitlich als weniger schädlich wahrgenommen. rungsmaterialien zu entwickeln und die Akzeptanz des
Interessanterweise scheint jedoch gegenüber der entwickelten Konzepts zu erproben.
E-Shisha eine größere Verunsicherung bezüglich ihrer
Gesundheitsgefahren vorzuherrschen als gegenüber Nach Abschluss aller Befragungen wurden auf deren
der E-Zigarette. Insgesamt scheint die E-Zigarette, vor Grundlage verschiedene Aufklärungsmaterialien
allem in der spezifischen Stichprobe der Dampf- und entwickelt. So wurde ein kurzer dreisprachiger
Raucherfahrenen, hinsichtlich ihrer Gesundheitsgefah- Videofilm für die Zielgruppe der Eltern produziert und
sehr gut bewertet. Um eine dauerhafte Verstetigung der vier Unterstützungsbereiche entwickelt:
Angebote zu gewährleisten, wurden in einem zweiten 1. Eine Fortbildung für astra-Trainerinnen und -Trai-
Schritt die Konzepte von astra und PA-TRES integriert. ner ermöglicht die selbstständige Durchführung
PA-TRES ist mit seinem Ansatz primär verhaltensprä- des manualisierten Programms. 21 Trainerinnen
ventiv, astra verfolgt hingegen schwerpunktmäßig und Trainer an 9 Schulen wurden geschult und
verhältnispräventive Angebote. das Programm in das Curriculum integriert. Ein
www.pa-tres.de Unterrichtsmodul zur Kurzintervention bei
www.astra-programm.de rauchenden Patientinnen und Patienten durch
Pflegeschüler und Pflegeschülerinnen wurde
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit entwickelt und getestet.
2. Zur Steigerung des Problembewusstseins und
astra – Implementierungsforschung Förderung der Implementierungsbereitschaft,
einschließlich der Förderung rauchfreier Normen
in der Berufsgruppe, wurde eine gemeinsame
Initiative „Rauchfrei Pflegen“ gestartet, die von
Interessenvertretungen gezeichnet wird. astra-
Gesundheitskompetenz
Rauchfrei in der Pflege Botschafterinnen und -Botschafter wurden als
Multiplikatoren in der Berufsgruppe ernannt.
Pflegeberufe übernehmen eine wichtige Rolle in der 3. Eine Betreuungsstruktur wird über das Deutsche
Tabakprävention und Tabakentwöhnung. Sie stellen Netz Rauchfreier Krankenhäuser & Gesundheits-
jedoch aufgrund der hohen Raucherprävalenz selbst einrichtungen (DNRfK e. V.) und die Förderung
eine Zielgruppe für Tabakpräventionsmaßnahmen dar. durch Krankenkassen gewährleistet.
Während die Raucherprävalenz in der Allgemeinbevöl- 4. Evidenzen zum langfristigen Nutzen des Pro-
kerung auf ca. 25 Prozent zurückgegangen ist, rauchen gramms sowie zur Beurteilung der Implementati-
noch 30 Prozent der Gesundheits- und Krankenpflege- onsprozesse wurden über eine Nutzerbefragung
rinnen und Krankenpfleger, 42 Prozent der Altenpfle- generiert.
gerinnen und Altenpfleger sowie bis zu 50 Prozent der
Pflegeschüler und Pflegeschülerinnen (Mikrozensus Mit astra plus ist es gelungen, die zentralen Bausteine
2013, Statistisches Bundesamt 2015, Schulze 2014). des astra-Projekts mit dem parallel geförderten Projekt
Im Modellprojekt „astra – Aktive Stressprävention PA-TRES synergetisch zu verknüpfen und in einem
durch Rauchfreiheit in der Pflege“ wurde 2013 bis 2015 gemeinsamen Programm zu implementieren. Ziel ist
ein verhaltens- und verhältnisorientiertes Programm es, eine professionelle Gesundheitskompetenz in den
entwickelt, das sich komplett in das Ausbildungscurri- Pflegeberufen aufzubauen. Diese umfasst nicht nur die
culum integrieren lässt. Machbarkeit und Verände- Bereitschaft und Fähigkeit, die eigene Gesundheit zu
rungspotenzial des astra-Interventionsprogramms erhalten und zu fördern, sondern auch die Befähigung,
konnten belegt werden. Bedarf an systematischer das eigene gesundheitliche Wissen auf individueller
Unterstützung für eine nachhaltige Umsetzung wurde und organisatorischer Ebene im beruflichen Handeln
als erforderlich angesehen. umzusetzen.
www.astra-plus.de
Im Folgeprojekt „astra-Implementationsforschung“
wurden daher Implementierungsvoraussetzungen der
astra-Intervention erarbeitet. Basierend auf den
Ergebnissen des Modellprojekts sowie Erkenntnissen
aus der Implementationsforschung wurden folgende
Durchgeführt von der Bundeszentrale für Ergänzend bietet das Präventionsprogramm „rauch-
gesundheitliche Aufklärung frei“ der BZgA auch zielgruppenspezifische Informati-
onsmedien für Schwangere, Eltern und Ärztinnen
„rauchfrei“ sowie Ärzte.
Mit den beiden „rauchfrei“-Kampagnen, zum einen für www.rauchfrei-info.de
die Zielgruppe der Jugendlichen, zum anderen für die
Zielgruppe der Erwachsenen, leistet die Bundeszentrale Durchgeführt von der Bundeszentrale für
für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) einen Beitrag gesundheitliche Aufklärung
zur Strategie der nationalen Tabakprävention in
Deutschland. Ziele der Kampagnen sind im Wesentli- Be Smart – Don't Start
chen, den Einstieg in das Rauchen zu verhindern bzw. Der Wettbewerb für rauchfreie Schulklassen „Be Smart
einen möglichst frühzeitigen Ausstieg aus dem – Don't Start“ motiviert seit dem Schuljahr 1997/98
Rauchen zu fördern. Weitere Ziele sind der Schutz von Jugendliche in Deutschland zu einem rauchfreien
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor Passiv- Leben. Im Schuljahr 2016/2017 haben sich insgesamt
rauch, die Bereitstellung und Bekanntmachung von 6.800 Schulklassen mit rund 180.000 Schülern ange-
Hilfsangeboten zum Rauchverzicht sowie die Qualifi- meldet. Sie bekennen damit: Wir sind rauchfrei!
zierung von Multiplikatoren. www.besmart.info
die Gesellschaft zusammen. Dazu gehören neben den Schülerinnen und Schüler im Rahmen von Lehrerfort-
Wirkungen des Alkohols auf den Körper und die bildungen und Elternabenden informiert.
Gesundheit auch die Auswirkungen auf Mitmenschen.
Aktuelle Daten zum Ausmaß des Alkoholkonsums in Das Projekt wird vom IFT-Nord wissenschaftlich
der Bevölkerung und in ausgewählten Bevölkerungs- begleitet und evaluiert. Auch die Schauspielerin Sofie
gruppen werden zusammengetragen. Außerdem Schütt unterstützt das FASD-Projekt.
werden die in Deutschland durchgeführten Maßnah- www.äggf.de
men zur Eindämmung des Alkoholkonsums darge- http://www.äggf.de/fileadmin/user_upload/content/
stellt. Der Alkoholatlas erscheint Mitte 2017. PDF/AEGGF_FASD_Flyer_Webversion.pdf
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
Schwanger? Dein Kind trinkt mit! Alkohol? Kein S3-Leitlinie Diagnose der Fetalen Alkoholspek
Schluck – Kein Risiko! trumstörungen (FASD) bei Kindern und Jugend
lichen in Deutschland; Implementierungsmaß
nahmen der S3-Leitlinie FASD; Bedarfsplanung
von FASD-Forschung und -Versorgung
THINK KIDS
Im April 2015 startete die Ärztliche Gesellschaft zur
DON´T DRINK
Gesundheitsförderung (ÄGGF) bundesweit ein schuli- STOP FASD spektrumstörungen
Fetale Alkohol-
Herausgeber:
FASD, das ausschließlich durch mütterlichen Alkohol- Druckerei im Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Gestaltung:
Kathrin Schneider, München www.grafikschneider.de
STOP
konsum in der Schwangerschaft entsteht, ist die Fotonachweise:
Mirjam N. Landgraf, Ludwig-Maximilians-Universität München
Susan Astley, University of Washington
Wenn Sie Bestellungen aufgeben möchten:
extreme Verhaltensauffälligkeiten. Festnetzen und maximal 42 Cent pro Minute aus den Mobilfunknetzen
¡
o
st|
s}rt FASD
Jährlich werden in Deutschland etwa 10.000 Kinder mit
FASD geboren. Mit dem deutschlandweit einzigartigen
Projekt unter dem Motto „Schwanger? Dein Kind
trinkt mit! Alkohol? Kein Schluck – Kein Risiko!“ Pocketguide FASD
werden die Ärztinnen der ÄGGF bis Anfang 2018
1.200 schulische Informationsstunden für die 8. bis Das Ziel des Projekts war die Entwicklung eines
13. Klassen, vor allem an Haupt-, Mittel-, Gesamt- und evidenzbasierten, formalen Expertenkonsenes über die
Berufsschulen, durchführen. Dabei werden die Schüle- notwendigen diagnostischen Kriterien und relevanten
rinnen und Schüler alters- und entwicklungsbezogen Empfehlungen für das partielle Fetale Alkoholsyndrom
über die Folgen von Alkoholkonsum in der Schwanger- (pFAS), die alkoholbedingte entwicklungsneurologische
schaft informiert. Zu den bisher durchgeführten Störung (ARND) und die alkoholbedingten angebore-
90-minütigen ärztlichen Informationsstunden haben nen Malformationen (ARBD) aus dem Formenkreis der
die Schülerinnen und Schüler ein positives Feedback Fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD). Die für
gegeben. Begleitend werden Lehrkräfte und Eltern der diese FASD entwickelten diagnostischen Kriterien
wurden als Ergänzung und Update in die S3-Leitlinie integrierten Sozialpädiatrischen Zentrum im Dr. von
zur Diagnose des Fetalen Alkoholsyndroms von 2012 Haunerschen Kinderspital (iSPZ Hauner) der Ludwig-
integriert. Nach Abschluss des Projekts wurde eine Maximilians-Universität München durchgeführt.
aktualisierte S3-Leitlinie für die Diagnose aller Fetalen http://www.klinikum.uni-muenchen.de/mashup/
Alkoholspektrumstörungen bei Kindern und Jugendli- blaetterkatalog_ispz_fas_pocketcard_brochure/
chen in Deutschland vorgestellt. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/022-
025k_S3_Fetale_Alkoholspektrumstoerung_Diagnos-
Die Inhalte der S3-Leitlinie wurden auf verschiedenen tik_FASD_2016-06.pdf
nationalen und internationalen Kongressen präsentiert
und in der medizinischen Fachzeitschrift „Kinderheil- Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
kunde“ veröffentlicht. Als weiterer Implementierungs-
schritt wurde ein Pocketguide FASD (siehe Abbildung) Joint Action Reducing Alcohol Related Problems
entwickelt, der die diagnostischen Empfehlungen für (RARHA)
Kinder und Jugendliche mit FASD anhand von Diagno-
se-Algorithmen für den klinischen und psychologischen
Alltag veranschaulicht, Differenzialdiagnosen darstellt
und weitere Informationsquellen aufzeigt.
staaten. Zudem wurden Verbesserungen der methodi- Anhand einer (Literatur-)Recherche zu relevanten
schen Voraussetzungen für vergleichende Alkohol- Forschungsergebnissen sowie existierenden Leitlinien
forschung vorgeschlagen. in deutscher und englischer Sprache und einer
Befragung der Mitglieder des EU-Ausschusses „Natio-
In Arbeitspaket 4 wurden zwei Teilprojekte durchge- nale Alkoholpolitik und -maßnahmen“ (CNAPA)
führt. In Teil 1 wurde ein neuer Survey mit einer wurden Leitlinien/Empfehlungen für junge Menschen,
gemeinsamen Methodologie auf der Grundlage des relevante Forschungsergebnisse und Kurzinterventi-
zwischen 2008 und 2010 von der Europäischen onsansätze für junge Menschen in den beteiligten
Kommission geförderten Projekts „Standardizing Ländern erhoben. Zentrale Aussagen und Empfehlun-
Measurement of Alcohol-Related Troubles (SMART)“ gen, die sich aus der Recherche, Befragung und der
durchgeführt. Teil 2 sah unter Leitung des IFT eine Diskussion mit den Projektpartnern ergaben, wurden
Datenanalyse auf Basis bestehender aktueller nationa- mit 61 europäischen Experten aus Forschung und
ler Surveys zum Alkoholkonsum vor. Für diese Analyse Praxis mittels eines Online-Delphi-Prozesses abge-
wurde ein Protokoll vergleichbarer Variablen erarbeitet stimmt. Die Ergebnisse wurden zusammengefasst und
und eine gemeinsame Datenbank bestehend aus 24 durch aktuelle Forschungserkenntnisse und weitere
Datensätzen aus 20 europäischen Ländern erstellt. Hintergrundinformationen ergänzt.
Neben regionalen Mustern des Alkoholkonsums
wurden insbesondere Einflüsse von Alter, Geschlecht Die Ergebnisse zeigen die unterschiedlichen Ansichten
und sozioökonomischem Status betrachtet. Das Projekt der europäischen Experten zu jugendlichem Alkohol-
machte deutlich, dass die Mehrheit der EU-Mitglied- konsum, es gibt jedoch auch einige Annäherungspunk-
staaten etablierte nationale Befragungen zum Alkohol- te. Wichtig sind vor allem die Differenzierung der
konsum durchführt, die jedoch nur zum Teil internati- Zielgruppe nach Alter sowie spezifische Empfehlungen
onal vergleichbar sind. Besonders schwierig ist die für junge Menschen, ihre Eltern und Fachkräfte, wobei
Vergleichbarkeit von Konsummengen und problemati- genau auf die Formulierung der Empfehlungen
schen Trinkmustern. Informationen zu alkoholbezoge- geachtet werden sollte. Der Fokus sollte auf qualitati-
nen Problemen werden nur in einem kleinen Teil der ven Empfehlungen liegen, bei denen kulturelle Aspekte
Länder regelmäßig erhoben. Die Ergebnisse legen nahe, sowie gesetzliche Rahmenbedingungen beachtet
dass weiterer Harmonisierungsbedarf besteht, um werden.
Surveydaten aus unterschiedlichen Ländern verglei- https://www.lwl.org/LWL/Jugend/lwl_ks/unsere-
chen zu können. Die Festlegung zentraler Kernfragen schwerpunkte-fuer-die-suchthilfe/projekte/start-
und die Entwicklung und Anwendung von Standardre- RARHA
geln für die Transformation nationaler Variablen
werden empfohlen. Durchgeführt von der Bundeszentrale für
www.rarha.eu gesundheitliche Aufklärung
RARHA – Empfehlungen zur Reduzierung alkohol- RARHA – Förderung der Aufklärung zur Alko-
bedingter Schäden bei jungen Menschen holprävention
Innerhalb des Arbeitspakets 5 „Guidelines“ wurden Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Grundsätze guter Praxis für Leitlinien zum risikoarmen (BZgA) war beim Arbeitspaket 6 von RARHA „Förde-
Alkoholkonsum als Public-Health-Instrument be- rung der Aufklärung zur Alkoholprävention“ als
stimmt. In diesem Rahmen erarbeitete die Koordinati- Co-Lead tätig. Die Hauptverantwortung in diesem
onsstelle Sucht des Landschaftsverbands Westfalen- Bereich trug das National Institut of Public Health
Lippe (LWL) Empfehlungen für die Reduzierung (NIJZ) in Slowenien. Zwölf weitere Mitgliedstaaten
alkoholbedingter Schäden speziell bei jungen Menschen. der EU waren als assoziierte Partner beteiligt.
Ziel des Arbeitspakets 6 war es, den Austausch über Information über alkoholbedingte Probleme und
Good Practice bei Aufklärungsmaßnahmen der Risiken rücken positive Verhaltensalternativen in den
Alkoholprävention zwischen den Mitgliedstaaten zu Fokus. Die Internetplattform wird ergänzt durch die
erleichtern und so die Umsetzung von evidenzbasier- Jugendbroschüre „Infos über Alkohol. Wissen was
ten Maßnahmen in Europa zu befördern. Hierzu sollte geht“.
ein Toolkit – in einer Print- und zusätzlich in einer
Online-Fassung – erstellt werden, das zum einen die Seit 2015 wird außerdem die „Voll Power“-Schultour
Kriterien für Good Practice bei der Alkoholprävention entwickelt und erprobt. Ziel ist die Förderung und
transparent darstellt und zum anderen entsprechende Einübung von Lebenskompetenzen mit Bezug zu den
Beispiele aus den Mitgliedstaaten zusammenstellt und Lebenswelten der Jugendlichen. Hierzu werden in
so für andere verfügbar macht. ausgewählten, kooperierenden Schulen Workshops zu
den Themen Tanz, Parcours, Theater, Band und
Das Toolkit ist in der Printfassung unter dem Titel Gesang/Rap angeboten. 2017 soll nach der Auswertung
„Public awareness, school-based and early intervention der Modellprojektphase geprüft werden, inwieweit
to reduce alcohol related harm – A Toolkit for evidence eine bundesweite Implementierung ermöglicht
based good practice“ veröffentlicht worden. Es umfasst werden kann.
26 Good-Practice-Beispiele aus 16 Mitgliedsländern in www.null-alkohol-voll-power.de
drei Bereichen (Aufklärungskampagnen, Schulpro-
gramme, Frühinterventionen). Die Maßnahmen sind Durchgeführt von der Bundeszentrale für
entsprechend einem Bewertungssystem nach verschie- gesundheitliche Aufklärung
denen Evidenzniveaus skaliert.
„Alkohol? Kenn dein Limit.“ – Präventionskampag-
Eine Online-Version des Toolkits ist ebenfalls abrufbar. ne für 16- bis 20-Jährige
Die BZgA hat an der Entwicklung des Toolkits maßgeb- Seit 2009 führt die Bundeszentrale für gesundheitliche
lich konzeptionell und inhaltlich mitgearbeitet. Die Aufklärung (BZgA) – unterstützt durch den Verband
Online-Fassung ist eigenverantwortlich in der BZgA der Privaten Krankenversicherung (PKV) – die größte
entstanden. deutsche Kampagne zur Prävention von Alkoholmiss-
http://www.rarha.eu/Resources/Deliverables/Pages/ brauch durch. Sie richtet sich an 16- bis 20-Jährige mit
details.aspx?itemId=10&lista=Work%20Package%20 dem Ziel, den verantwortungsvollen Umgang mit
6&bkUrl=/Resources/Deliverables/ Alkohol zu fördern und riskante Konsummuster wie
www.rarha-good-practice.eu das Rauschtrinken zu reduzieren.
Durchgeführt von der Bundeszentrale für Die Kampagnenwebseite stellt das zentrale Informati-
gesundheitliche Aufklärung onsmedium dar. Die Facebook-Fanpage, der Kampag-
nenblog und der YouTube-Kanal bieten die Möglich-
„Null Alkohol – Voll Power“ – BZgA-Präventions- keit, in einen direkten Austausch mit der Zielgruppe zu
programm für 12- bis 16-Jährige kommen und auf weiterführende Informationsange-
Das Präventionsprogramm „Null Alkohol – Voll Power“ bote wie Broschüren und Beratung hinzuweisen.
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung „Alkohol? Kenn dein Limit.“ ist bei über 80 Prozent der
(BZgA) richtet sich an Jugendliche im Alter von 12 bis Zielgruppe bekannt und akzeptiert.
16 Jahren. Das Programm informiert über Alkohol und
hat das Ziel, eine kritische Einstellung zum Alkohol- Unterstützung bei einer Verhaltensänderung hin zu
konsum zu fördern. Um den aktuell rückläufigen einem verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol
Alkoholkonsumtrend der Zielgruppe zu unterstützen, erhalten Nutzer mit dem Online-Programm „Change
soll dabei vor allem der Erstkonsum hinausgezögert your drinking“ auf der Webseite.
und Nichtkonsumierende bestärkt werden. Neben der
2016 waren zudem 25 speziell geschulte Peer-Educa- als zwei Millionen Personen mit dem neuen Online-
tors im Alter von 18 bis 24 Jahren im Einsatz, um mit Angebot erreicht werden. Als besondere Zielgruppe
den Jugendlichen auf Augenhöhe über Alkohol und spricht das Präventionsprogramm für Erwachsene
seine Risiken zu reden und zu einem verantwortungs- auch Schwangere und ihre Partner an, um sie für ihre
bewussten Umgang zu motivieren. Sie sprachen mit Verantwortung gegenüber dem ungeborenen Kind zu
mehr als 22.000 Jugendlichen in 85 Städten sowie auf sensibilisieren. In Kooperation mit den wichtigen
Festivals und Veranstaltungen. Berufsverbänden wurden Informationsmaterialien
rund um eine gesunde, alkoholfreie Schwangerschaft
Im Schulbereich war die Kampagne durch die interak- und Stillzeit an Schwangere abgegeben.
tiven Mitmachangebote der BZgA, die Jugendfilmtage www.kenn-dein-limit.de
„Nikotin und Alkohol – Alltagsdrogen im Visier“ und
den BZgA-MitmachParcours „KlarSicht“ präsent. Durchgeführt von der Bundeszentrale für
Seit 2015 wird im Rahmen der Kampagne auch das gesundheitliche Aufklärung
Modellprojekt „Klar bleiben – feiern ohne Alkohol-
rausch“ durchgeführt. Die Präventionsmaßnahme für „Alkoholfrei Sport genießen“
10. Klassen stellt – mit Förderung der PKV – allen Flankierend zu den Kampagnen „Alkohol? Kenn dein
Bundesländern kostenfreie KlarSicht-Koffer für die Limit.“ und „Null Alkohol – Voll Power“ kooperiert die
Präventionsarbeit in Schulen zur Verfügung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
mit den Breitensportverbänden im Bereich der
In der Lebenswelt Kommune wird außerdem aktuell Alkoholprävention. Im Mittelpunkt steht die Sensibili-
das Modellprojekt „Gemeinsam initiativ gegen Alko- sierung von Trainern und Trainerinnen und anderen
holmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen“ (GigA) erwachsenen Vereinsmitgliedern für den verantwor-
bis 2018 fortgesetzt. Im Rahmen von „Alkohol? Kenn tungsvollen Umgang mit Alkohol im Sportverein. Ziel
dein Limit.“ werden interessierte Bundesländer bei der ist es, dass Erwachsene sich beim Thema Alkohol ihrer
Durchführung von themenspezifischen Länderkonfe- Vorbildfunktion gegenüber Kindern und Jugendlichen
renzen zur kommunalen Alkoholprävention unter- bewusst sind und entsprechend handeln.
stützt.
www.kenn-dein-limit.info Um noch mehr Sportvereine zur Teilnahme an der
www.klarsicht.bzga.de Aktion „Alkoholfrei Sport genießen“, die seit 2011 läuft,
zu motivieren, hat die BZgA im Jahr 2016 gemeinsam
Durchgeführt von der Bundeszentrale für mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB),
gesundheitliche Aufklärung dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), dem Deutschen
Turner-Bund (DTB), dem Deutschen Handballbund
„Alkohol? Kenn dein Limit.“ – Präventionspro- (DHB) und dem DJK Sportverband das Aktionsbündnis
gramm für Erwachsene „Alkoholfrei Sport genießen“ ins Leben gerufen.
In Ergänzung zur Jugendkampagne richtet sich Schirmherrin ist die Drogenbeauftragte der Bundesre-
„Alkohol? Kenn dein Limit.“ – Erwachsene an die gierung. Um die meist ehrenamtlichen Kräfte in den
erwachsene Allgemeinbevölkerung mit dem Ziel, Sportvereinen bei der Umsetzung der Aktion zu
riskanten Alkoholkonsum zu vermindern. Das Online- unterstützen, stellt die BZgA eine kostenlose Aktions-
Portal beinhaltet Information, Tests zur Selbstreflexion box zur Verfügung, die unter anderem ein Werbeban-
und Angebote zur Konsumreduktion. Mit der im April ner, T-Shirts, Rezepthefte für alkoholfreie Cocktails
2016 gestarteten Facebook-Seite soll eine Community sowie eine Handlungsanleitung für die Durchführung
aufgebaut werden – in Verbindung mit Anregungen von Aktionen im Sportverein enthält. Auf der Internet-
zur Interaktion und zum Austausch über das Thema seite werden gute Beispiele von teilnehmenden
Alkoholkonsum. Seit dem Start konnten bereits mehr Vereinen vorgestellt. Seit Beginn der Aktion im
Oktober 2011 wurden bundesweit rund 6.600 Aktionen Unterstrichen wird die Notwendigkeit weiterer
unter dem Motto „Alkoholfrei Sport genießen“ in Untersuchungen, um die empirische Basis der Er-
Sportvereinen durchgeführt. kenntnisse zu verbreitern und geeignete Präventions-
www.alkoholfrei-sport-geniessen.de maßnahmen abzuleiten.
http://bast.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2015/1402/pdf/
Gefördert durch: Bundesministerium für Verkehr M259_barrierefrei.pdf
und digitale Infrastruktur
Gefördert durch: Bundesministerium für Verkehr
Alkoholkonsum und Verkehrsunfallgefahren bei und digitale Infrastruktur
Jugendlichen
Die jährlichen Berichte der Bundeszentrale für Plakataktion gegen Alkohol
gesundheitliche Aufklärung belegen einen regelmäßi- Die Landesverkehrswacht Nordrhein-Westfalen e. V. hat
gen Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen, auch 2016 die bundesweite „Plakataktion gegen
entsprechende Verkehrsunfälle können anhand der Alkohol“ durchgeführt. Hierbei waren Großflächenpla-
vorliegenden Statistiken jedoch nur vereinzelt festge- kate in einer Auflagenhöhe von 8.100 Stück im Herbst/
stellt werden. In einem Forschungsprojekt der Bundes- Winter 2016/2017 bundesweit an wechselnden
anstalt für Straßenwesen (BASt) wurde der Frage Standorten zu sehen.
nachgegangen, inwieweit Jugendliche durch Alkohol-
konsum einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt sind. Mit der Aktion sollte eine Vielzahl von Kraftfahrern
Expertengespräche, qualitative Interviews mit Jugend- erreicht werden. Angestrebt wurden 220 Millionen
lichen, Feldbeobachtungen und eine schriftliche Blickkontakte. Mit der Kampagne soll das Bewusstsein
Befragung mit rund 1.900 Jugendlichen führten zu gestärkt werden, kein Kraftfahrzeug unter Alkoholein-
folgenden Ergebnissen: fluss zu führen. Dadurch soll ein Rückgang von
• Etwa zwei Drittel der befragten 12- bis 22-Jährigen alkoholbedingten Unfällen sowie der damit in Zusam-
waren vor dem 18. Lebensjahr mindestens einmal im menhang stehenden Reduzierung von Verletzten und
Monat übermäßig alkoholisiert mobil. Mit durch- Verkehrstoten erreicht werden.
schnittlich 15 Jahren tritt nicht nur der erste über-
mäßige Alkoholkonsum auf, sondern auch die ersten Medikamente
Situationen alkoholisierter Mobilität finden statt,
vorrangig bei männlichen Jugendlichen. Wenngleich Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
nur rund 5 Prozent der Befragten eine erlebte gefähr-
liche Verkehrssituation als „echten“ Verkehrsunfall „… da gab es so wunderbare Schlaftabletten“ – Verord-
bezeichneten, verwiesen immerhin etwa 27 Prozent nungen von Benzodiazepinen und Z-Substanzen an der
auf mindestens eine gefährliche Verkehrssituation Schnittstelle von Krankenhaus und Hausarzt
unter Alkoholeinfluss vor dem 18. Lebensjahr. Das Forschungsprojekt der Universität Göttingen
• Von den insgesamt 349 berichteten gefährlichen beleuchtet die Gefahr eines Medikamentenmiss-
Verkehrssituationen gingen etwa ein Drittel mit brauchs bei Schlafproblemen im Krankenhaus und
leichten und rund 7 Prozent mit schweren Verlet- dessen mögliche Folgen. Nahezu die Hälfte aller in
zungen einher. Aber auch die Nichtverletzten einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung
verwiesen auf zahlreiche erlebte Gefahren bei ihrer befragten Patienten nimmt während ihres Kranken-
Mobilität unter Alkoholeinfluss. hausaufenthalts mindestens einmal ein Schlaf- oder
• Die alkoholisierten Kinder und Jugendlichen Beruhigungsmittel ein. Dies bestätigt sich auch in der
verunfallten zumeist als Fahrradfahrer und Fußgän- Krankenhausdokumentation. Häufig handelt es sich
ger. In ca. 40 Prozent der Fälle erfolgte eine medizini- bei den Schlafmitteln um Medikamente aus der Grup-
sche Versorgung, von nur rund 20 Prozent dieser pe der Benzodiazepine oder Z-Substanzen. Gerade bei
Alkoholunfälle erlangt die Polizei Kenntnis. älteren Patienten erhöhen diese Substanzen – auch bei
einmaliger Gabe – das Risiko eines Sturzes. Viele Pati- Trotz der vorhandenen Akzeptanz des PEF-Ansatzes
enten wünschten in der Befragung ähnliche Medika- (Partizipative Entscheidungsfindung) sowie Förderung
mente bei Schlafproblemen zu Hause. Die Ergebnisse der aktiven Patientenbeteiligung wurden aus Sicht der
einer partizipativen Intervention zur Reduzierung des Ärzte bestimmte Themen nicht ausreichend behandelt,
Schlafmittelgebrauchs werden gegen Ende des Jahres wie zum Beispiel alternative medikamentöse Behand-
2017 vorliegen. lungsmöglichkeiten bei Schlafproblemen und Angst-
störungen sowie spezifische Methoden zum Absetzen
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit von BZD und Z-Substanzen. Deutlich wurde, dass PEF
eine anwendbare Strategie für die Erstverschreibung
Benzodiazepine und Z-Substanzen – Ursachen der von Benzodiazepinen und Z-Substanzen bei älteren
Langzeiteinnahme und Konzepte zur Risikoreduk- Menschen darstellen kann. Die entwickelten Entschei-
tion bei älteren Patientinnen und Patienten dungstafeln sind jedoch nicht für Erstverschreibungen
Um Risiken und Probleme eines nicht bestimmungsge- konzipiert, sondern vor allem für den Einsatz bei
mäßen Langzeitgebrauchs von Benzodiazepinen (BZD) Patienten mit Langzeiteinnahme geeignet. Für die
und Z-Substanzen unter älteren Menschen zu untersu- Erstverschreibungen sollten symptomorientierte
chen, befragte das Zentrum für Interdisziplinäre evidenzbasierte Entscheidungshilfen eingesetzt
Suchtforschung (ZIS) Hamburg 509 Versicherte der werden, die alle möglichen Alternativinterventionen
AOK Nord/West und Apothekenkunden. Ergänzend inklusive der medikamentösen Behandlung mit BZD
wurden Interviews mit Ärzten und betroffenen alten und Z-Substanzen beinhalten und ihre Vor- und
Menschen sowie vier Fokusgruppen mit Patienten, Nachteile übersichtlich darstellen. Es lässt sich jedoch
Ärzten, Apothekern und Pflegekräften durchgeführt. eine hohe Unsicherheit bei älteren Patientinnen und
Der Frauenanteil der nach Verschreibungsverhalten Patienten feststellen, die vorgeschlagenen alternativen,
(leitliniengerecht vs. leitlinienabweichend) stratifizier- nicht medikamentösen Behandlungen auszuprobieren.
ten Stichprobe lag bei 68 Prozent, der Altersdurch- Eine ähnliche Rückmeldung betrifft das Absetzen der
schnitt bei 71 Jahren. Z-Substanzen, vor allem Zopiclon, Medikamente. Aus Sicht der Befragten reicht eine
wurden am häufigsten eingenommen. BZD werden Information nicht aus, um die Einnahme von BZD und
eher leitliniengerecht bei psychischen Symptomen Z-Substanzen zu verändern.
verordnet. Auffällig ist, dass sich besonders in der www.zis-hamburg.de
Gruppe der Personen mit leitlinienabweichenden
Verschreibungen die Anzahl an Beschwerden und www.psychenet.de/psychische-gesundheit/informatio-
Symptomen, die der Einnahme zugrunde liegen, seit nen/schlaf-und-beruhigungsmittel.html
Behandlungsbeginn erhöht hat. Über die Hälfte der
befragten Personen gab keine Nebenwirkungen an. Informationen zum Projekt Phar-Mon NPS (Informa
Bezogen auf Absetzversuche der Medikamente wird tionssystem zu neuen psychoaktiven Stoffen und
deutlich, dass diese häufig keine von ärztlicher Seite Medikamenten) finden Sie im Projekteteil zu illegalen
begleiteten und vorbereiteten Maßnahmen, sondern Drogen.
für Patienten unvorhergesehene Verweigerungen von
Anschlussrezepten sind. Der Gruppe der problemati-
schen Medikamentengebraucher können 46 Prozent
der Personen mit leitliniengerechten Verschreibungen
zugerechnet werden und 60 Prozent jener mit leitlinie-
nabweichenden Verschreibungen.
Illegale Drogen
Zur Erhöhung der Reichweite des Projekts wurde eine
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit neue Webseite erstellt und das Projekt konnte bei zwei
europäischen Konferenzen vorgestellt werden.
BEST – Schulungsprogramm zur Gesundheits www.best-clubbing.de
förderung im Partysetting (BEST Transfer)
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
S3-Leitlinie „Methamphetamin-bezogene
Störungen“
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die
Bundesärztekammer und die Deutsche Gesellschaft für
In Kooperation mit der LiveKomm hat Fixpunkt e. V. Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und
ein Schulungsprogramm zur Gesundheitsförderung im Nervenheilkunde haben hochwertige Handlungsemp-
Partysetting (modulares, settingbezogenes, zielgrup- fehlungen für die Behandlung Methamphetamin-
penspezifisches Fortbildungskonzept) entwickelt und Abhängiger vorgelegt. Eine Gruppe von ausgewiesenen
erfolgreich erprobt. Mitarbeitende aus dem Partybe- Experten hat sie unter Berücksichtigung der systema-
reich (Clubs, Diskotheken, Security, Festivals, Veranstal- tisch aufbereiteten, aktuellen Literatur gemeinsam
ter) werden in ihrer Gesundheits-, Risiko- und Drogen- entwickelt. Ihr gehörten neben Ärzten unterschiedli-
kompetenz geschult. cher Fachrichtungen auch Vertreter der Psychothera-
pie, der Pflege, der Sozialarbeit und der Selbsthilfe an.
Im Rahmen der Transferphase 2016 wurde das Schu-
lungsprogramm inhaltlich aktualisiert und um zwei Innerhalb von nur 18 Monaten haben die Experten die
weitere Module ergänzt. Die Module richten sich internationale Literatur zur Therapie Methampheta-
teilweise speziell an Fachkräfte, die in unterschiedli- min-bezogene Störungen systematisch recherchiert,
chen Bereichen tätig sind (Bar, Gästebetreuung, bewertet und in einem streng formalen Konsenspro-
Verantwortliche). zess insgesamt 135 Empfehlungen ausgesprochen. Sie
• Assessment/Re-Assessment beschreiben umfassend die Diagnostik, Akut- und
• M 1: Organisationsentwicklung „BEST Clubbing“ Postakuttherapie. Einen besonderen Schwerpunkt legt
• M 2: Gesundheitskompetenz in der Gästebetreuung die Leitlinie zudem auf die Behandlung von Komorbi-
• M 3: Gesundheitskompetenz an der Bar ditäten sowie auf bestimmte Personengruppen wie
• M 4: Erste Hilfe, Infektions- und Arbeitsschutz Schwangere und junge Mütter, homosexuelle Männer
• M 5: Konsumkompetenz-Training und durch Methamphetamin-Konsum gefährdete
• M 6: Neue psychoaktive Stoffe (neu) Angehörige im Kontext von Partner- und Elternschaft.
• M 7: Chemsex (neu) Auch Rückfallprophylaxe und Schadensminimierung
• Infostand/Präsenz der Trainerinnen und Trainer im werden thematisiert.
Anschluss an die Schulung
Das Projekt wurde gemeinsam mit Projekten der In einem Anhang bietet die Leitlinie zudem wichtige,
akzeptierenden Partydrogenarbeit und Gesundheits- praxisbezogene Handreichungen für alle, die an der
förderung realisiert, die das „BEST-Netzwerk“ bilden. Es Versorgung und Betreuung von Menschen mit
besteht mittlerweile aus acht Kooperationspartnern im Methamphetamin-bezogener Störung beteiligt sind.
Bundesgebiet: Chill out (Potsdam), manCheck (Berlin), Dazu gehören unter anderem eine ausführliche
Enterprise 3.0 (Nürnberg), ApoTheke (Dresden), Checkliste zur Suchtmittel-Anamnese und eine
Partyprojekt Odyssee (Kiel/Hamburg), Alice Project Auflistung von Kontaktadressen im Suchthilfesystem.
(Frankfurt a. M.), Drugscouts (Leipzig) und Fixpunkt Die Arbeit hat gezeigt, dass viele Erkenntnisse zur
Partyteam (Berlin). Behandlung Methamphetamin-bezogener Störungen
noch nicht durch hochwertige Studien abgesichert Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
sind. Hier sehen die Experten dringenden Forschungs-
bedarf Forschungsprojekt „Crystal Meth und Familie II“
www.crystal-meth.aezq.de Bisherige Forschungsbefunde zu den Lebenswelten
von Kindern Methamphetamin-abhängiger Eltern
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit zeigen ein konsistent komplexes und kritisches Bild.
Neben einem ungünstigen soziodemografischen
Selbsthilfeportal Breaking-Meth.de Hintergrund und diskontinuierlichen familiären Bezie-
hungen sind es vor allem die durch die Substanz
Crystal Meth bedingten Verhaltensänderungen der
Eltern, die für die oftmals jungen Kinder eine große
Belastung darstellen.
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit wird unter anderem über einen Abschlussworkshop
mit Fachkräften Ende 2017 sichergestellt.
Studie Crystal-Konsum von Frauen www.tifs.de
Die Droge Crystal Meth stellt das Hilfesystem vor neue
Herausforderungen. Frauen sind dabei bisher kaum – Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
und wenn dann nur in Bezug auf Schwangerschaft und
Mutterschaft – in den Fokus gerückt. Das Bild eines Frühintervention für erstauffällige (Crystal Meth-)
„typischen Konsumierenden“ ist eher männlich ge- Amphetaminkonsumenten – Erweiterung des
prägt, obwohl Frauen laut internationalen Studien ein FreD-Programms – „FreD – ATS“
Drittel der Konsumierenden stellen. Aus Perspektive Mit „FreD – ATS“ wird das bereits erfolgreich erprobte
der Geschlechterforschung und der Beratungspraxis und bundesweit implementierte Frühinterventions-
ergibt sich die These, dass der Konsum von Crystal programm „FreD“ ergänzt. Vor dem Hintergrund, dass
Meth durch Frauen mit gesellschaftlichen Rollener- bislang kein selektives Früh- und Kurzinterventionsan-
wartungen an Frauen verknüpft ist. gebot für erstauffällige Crystal Meth-Konsumierende
bestand, wird mit dem Projekt „FreD-ATS“ genau diese
Ziel der Untersuchung ist es deshalb, verschiedene Lücke geschlossen. Mit der Manualergänzung ist es
Konsummotive, Komorbiditäten, Konsumpraktiken möglich, „FreD“-Kurse gezielt für erstauffällige Konsu-
und -kontexte von Crystal-konsumierenden Frauen menten von (Crystal Meth-)Amphetamin bzw. Amphe-
sowie deren Wünsche an das Hilfesystem zu erheben tamin-Typ Stimulanzien (ATS) anzubieten. Im Kern
und darüber geschlechtersensible Ansatzpunkte für bleibt die „FreD“-Intervention bestehen und berück-
Prävention und Beratungspraxis zu ermitteln. sichtigt dabei die vereinbarten Qualitätskriterien.
Allerdings wurden Kursinhalte angepasst, aktualisiert
Den Auftakt der Studie bildete ein Workshop mit und Schwerpunkte neu ausgearbeitet. Nach einer
Mitarbeitenden der Gesundheits- und Drogenhilfe in Auftaktveranstaltung in Sachsen wurde die konkrete
Nürnberg und Umgebung. Weitere leitfadengestützte Anpassung der Konzeption des FreD-Programms in
Interviews mit Expertinnen und Experten im Laufe des einem dreitägigen Expertenworkshop erarbeitet. Die
Forschungsprozesses folgten. regional besondere Betroffenheit wurde in der Zusam-
mensetzung dieser Arbeitsgruppe berücksichtigt, die
Der Schwerpunkt der Studie liegt auf 20 bis 25 Teilnehmenden kamen aus den Bundesländern Bayern,
biografisch eröffneten, episodischen, leitfadengestütz- Sachsen und Thüringen und wurden durch Experten
ten Interviews, welche seit September 2016 mit aus Nordrhein-Westfalen sowie FreD-Lehrtrainer
Crystal-Konsumentinnen durchgeführt werden. Der ergänzt. Außerdem wirkten weitere Experten aus der
Zugang zur Zielgruppe wird über die Beratungsstelle Medizin und den Rechtswissenschaften bei der
Lilith e. V. Nürnberg und deren Vernetzung im Hilfe- FreD-Ergänzung mit.
system gewährleistet. Auf Basis der Erkenntnis, dass
die Gruppe der Konsumentinnen dieser Droge äußerst 50 bereits zertifizierte Trainer konnten die Inhalte in
heterogen ist, wird auf ein möglichst kontrastreiches Theorie und Praxis kennenlernen und weitere 38
Sample geachtet. Dazu gehört auch, dass ehemalige wurden neu zertifiziert. Die meisten von ihnen
Drogenkonsumentinnen einbezogen werden. Die stammen aus den Schwerpunktregionen. Im Projekt-
Studie wird in Kooperation zwischen dem For- zeitraum haben sich zwölf neue FreD-Standorte
schungsinstitut tifs e. V. und der Universität Tübingen gegründet. An einigen Standorten kommt die Ergän-
durchgeführt. Am Ende des Projekts entsteht ein zung bereits zur Anwendung. Die so gesammelten
Forschungsbericht inklusive Leitfaden für die ge- Erfahrungen fließen in die weitere Überarbeitung des
schlechtersensible Beratung von Crystal-Konsumen- Manuals ein, welches seit Februar 2017 den FreD-
tinnen. Die praxisnahe Verwendung der Ergebnisse Trainern zur Verfügung steht. Das Projekt wird von
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen des Projekts an CAN-Stop-Trainings teil.
Bis auf eine Anstalt haben alle teilnehmenden Einrich-
„CAN Stop Intramural“ – Implementierung des tungen des Strafvollzugs die Fortführung der CAN-
Gruppentrainings „CAN Stop gegen Cannabiskon- Stop-Trainings im Vollzugsalltag signalisiert. In einer
sum“ in Einrichtungen des Jugendstrafvollzugs in Fachkonferenz werden die gesammelten Erfahrungen
Deutschland länderübergreifend ausgetauscht und gebündelt.
Cannabinoiden wird ein Risikoprofil erstellt, für den Teilnehmer spielerisch motiviert, ihre selbst gesteckten
Gebrauch von Cannabisarzneimitteln ein Nutzen- Konsumziele einzuhalten. Durch die vom Klienten
Risiko-Profil erarbeitet. Motive, Erwartungen und freigegebenen Tagebucheintragungen ist es den
Folgen eines nicht ärztlich verordneten Cannabisge- Beratern möglich, die Konsumentwicklung zeitnah zu
brauchs werden ebenfalls untersucht. Die Recherchear- verfolgen. Umgekehrt können die Berater ihren
beiten werden im März 2017 abgeschlossen. Die Klienten über das Modul eine Rückmeldung zu ihren
Expertise wird danach publiziert. Tagebucheintragungen schreiben. Somit erhalten
http://www.crd.york.ac.uk/PROSPERO/display_record. Nutzer eine schnelle Rückmeldung über ihr persönli-
asp?ID=CRD42016033249 ches Konsumverhalten. Derzeit wird der Einsatz des
„Realize it“-SMART-Books in 22 Beratungsstellen
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit deutschlandweit getestet. Der Implementierungspro-
zess wird evaluativ begleitet. Hierzu werden sowohl die
Ausstiegsprogramm „Realize it!“ Programmnutzer als auch die beteiligten Berater zu
ihren Erfahrungen und ihrer Einstellung gegenüber
dem Programm regelmäßig befragt. Das Projekt wird
von der Delphi Gesellschaft für Forschung, Beratung
und Projektentwicklung mbH durchgeführt.
https://www.realize-it.org
Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale
Substanz in Europa. Betroffenen, die ihren Cannabis- Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
konsum reduzieren oder einstellen wollen, bietet seit
knapp zehn Jahren das Programm „Realize it“ in 80 ATTUNE: Understanding Pathways to Stimulant
teilnehmenden Beratungsstellen deutschlandweit Use: a mixed-methods examination of the indivi-
einen niedrigschwelligen Einstieg in den Ausstieg. dual, social and cultural factors shaping illicit
Innerhalb von zehn Wochen werden in fünf Einzelsit- stimulant use across Europe
zungen und einer Gruppensitzung Risikosituationen,
Kontrollstrategien und Alternativen zum Konsum
besprochen. Zentraler Bestandteil des Programms ist
das „Realize it“-Begleitbuch für die Klienten. Seit März
2016 ist das Begleitbuch nun auch für das Smartphone
verfügbar – und kann unter der Adresse www.realize-it.
org jetzt online immer und überall genutzt werden. Ziel des derzeit europaweit größten Projekts zum
Das sogenannte SMART-Book hält, wie auch die Amphetaminkonsum ATTUNE ist es, Konsumverläufe
gedruckte Version des Begleitbuchs, für die Teilnehmer von Nutzern amphetaminartiger Substanzen (ATS) in
Informationen rund um den Ausstieg bereit. Kern des fünf europäischen Ländern zu untersuchen. So sollen
Begleitbuchs ist jedoch das Konsumtagebuch, das über beispielsweise Gründe ermittelt werden, warum
den gesamten Verlauf des Programms eingesetzt wird manche Personen mit dem Konsum von ATS beginnen,
und mit dessen Hilfe die Selbstbeobachtung bzw. die andere aber nicht, obwohl beide Gruppen die Möglich-
Reflexion der eigenen Verhaltensänderung ermöglicht keit hätten, zum Beispiel weil in ihrem sozialen Umfeld
wird. Für Nutzer erhöht sich dadurch die Attraktivität ATS konsumiert werden. Durch die Erhebung und
des Programms. Aufseiten der Beratungsstellen soll der Analyse individueller „Konsumkarrieren“ sollen
Beratungsprozess noch stärker strukturiert und potenzielle Risiko- bzw. Resilienzfaktoren identifiziert
interaktiv werden. Die mobile Nutzung auf dem werden, die den Konsum beeinflussen und mit einem
Smartphone erleichtert den Programmteilnehmern Wechsel hin zu riskantem bzw. abhängigem ATS-
vor allem die Eintragungen ins Konsumtagebuch. Gebrauch in Zusammenhang stehen können.
Durch Gamification-Komponenten werden die
ATTUNE wird im Rahmen von ERANID (European in der S3-Leitlinie empfohlen. Den Schwerpunkt der
Research Area Network on Illicit Drugs) gefördert. zwölfmonatigen Behandlung bilden gruppentherapeu-
Federführend für das Gesamtprojekt ist das Zentrum tische Angebote, die Einbeziehung von Angehörigen
für interdisziplinäre Suchtforschung der Universität und Selbsthilfe sowie die Möglichkeit der zielgruppen-
Hamburg (ZIS). Partner sind Großbritannien, die spezifischen Ausrichtung (zum Beispiel für Frauen oder
Tschechische Republik, die Niederlande und Polen. Familien). Dabei wird ein integrativer Ansatz von kog-
nitiv-behavioralen, psychoedukativen, familienthera-
Für das Projekt wurde ein Mixed-Methods-basiertes peutischen und Elementen der Rückfallprävention
Forschungsdesign entwickelt, das aus zwei Modulen verfolgt. Angewendet werden kann MATRIX im Prinzip
besteht. Im qualitativen Modul 1 werden insgesamt von allen professionellen Helfern im ambulanten oder
270 halbstrukturierte Interviews mit unterschiedlichen stationären Kontext, die in die Behandlung bzw. Be-
Konsumierendengruppen geführt. Die gewonnenen treuung von Methamphetamin-Konsumenten invol-
Erkenntnisse fließen in die Konstruktion des Fragebo- viert sind.
gens für das quantitative Modul 2 ein. Dort werden www.suprat.de/matrix.html
insgesamt 2.000 Personen mit einem standardisierten
Fragebogen befragt. Die Rekrutierung der Befragungs- Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
personen wird über die Methode des „snowball
sampling“ realisiert. Zunächst sollen Konsumierende in Neue psychoaktive Stoffe: Transnationales Projekt
Drogenberatungsstellen für die Studie gewonnen zu unterschiedlichen Gruppen von Konsumieren-
werden. Diese können als „seeds“ den Zugang zu den, Charakteristika von Konsumierenden, Präva-
Konsumierenden ermöglichen, die nicht in Kontakt lenzraten, Konsummustern, Marktdynamiken und
mit dem Hilfesystem stehen. Auch in geeigneten Best-Practice-Modellen für die Prävention (NPS
Internetforen und sozialen Netzwerken sollen Teilneh- transnational)
mende rekrutiert werden. Die Ergebnisse des Projekts
können dazu dienen, neue Präventionsangebote für
ATS-Konsumierende zu entwickeln bzw. bereits
bestehende anzupassen.
www.zis-hamburg.de/projekte
können Best Practices identifiziert und EU-weit verbrei- nahmen. Gerade in einem sich so schnell ändernden
tet werden. Bereich wie dem der neuen psychoaktiven Stoffe ist
die Berücksichtigung besonders konsumnaher
Für jedes Land wurden prägnante Länderberichte zum Personengruppen von großer Bedeutung, da diese
Thema verfasst (State of the Art), je acht Experteninter- neue Entwicklungen sehr schnell aufnehmen. Phar-
views zu Präventionsmaßnahmen durchgeführt, eine Mon NPS ist ein integratives Informationssystem mit
Webpräsenz (Internetseite, soziale Medien) etabliert Frühwarncharakter für die Bereiche neue psychoakti-
und die Daten bei den drei Gruppen von NPS-Gebrau- ve Stoffe (NPS) und Medikamente, welches am Institut
chern erhoben. Letzteres erfolgte mittels einer Online- für Therapieforschung in München (IFT) durchgeführt
Befragung und Face-to-Face-Interviews, die derzeit wird. Kernpunkt ist eine aktuelle und systematische
ausgewertet werden. Insgesamt sollten in jedem Land Datensammlung zur Konsum- und Missbrauchssitua-
(mindestens) 350 Konsumenten befragt werden tion.
(75 sozial marginalisierte Gebraucher, 150 Party-
Gebraucher, 125 internetaffine Gebraucher). Im Laufe Das Projekt ist durch seinen Netzwerkcharakter und
der Erhebung zeigte sich indes, dass mit einer Ausnah- eine möglichst hohe Flexibilität gekennzeichnet. Die
me (Polen) in keinem der Länder alle drei Teilstichpro- Datenerhebung in den Jahren 2014 bis 2016 erfolgte
ben komplett erfüllt werden konnten, was auf eine in ambulanten Suchthilfeeinrichtungen (Medikamen-
länderbezogen sehr unterschiedliche Verbreitung von te), in Kooperation mit Partyprojekten (NPS), der
NPS in den drei Zielgruppen hindeutet. Allerdings wur- externen Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten
de unter anderem in Deutschland die Zielgröße für (NPS), Giftinformationszentralen (Medikamente und
„Internetaffine“ deutlich übererfüllt, sodass mit insge- NPS) und Beratungsstellen (NPS). Hierfür wurden
samt über 3.500 Befragten eine bemerkenswert große standardisierte Erhebungsinstrumente entwickelt
Stichprobe vorliegt. Bereits in den Länderberichten bzw. die Standarddokumentationen der Einrichtun-
und den Experteninterviews deuteten sich große gen genutzt.
Unterschiede zwischen den Ländern im Hinblick auf
die NPS-Verbreitung in unterschiedlichen Gruppen In den ambulanten Suchthilfeeinrichtungen wurden
sowie auf konsumierte Substanzen an: Während in die meisten Missbrauchsnennungen aus den Arznei-
Deutschland oder Ungarn synthetische Cannabinoide mittelgruppen Analgetika, Sedativa/Hypnotika und
die wichtigste Substanzkategorie sind, beschränkt sich Substitutionsmittel gezählt. Die in der Partyszene am
der Konsum etwa in den Niederlanden überwiegend häufigsten genannten neuen psychoaktiven Stoffe
auf Amphetaminderivate und Cathinone. Das For- waren Kräutermischungen und 2C-Verbindungen.
schungsprojekt wird vom Centre for Drug Research an Auch aus Justizvollzugsanstalten wurde der Konsum
der Goethe-Universität Frankfurt am Main durchge- von Kräutermischungen am häufigsten genannt. Über
führt. alle NPS und Stichproben hinweg war Neugierde der
www.npstransnational.org mit Abstand am häufigsten genannte Einnahmegrund.
Die bei Giftinformationszentralen angegebenen
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit Substanzen lassen sich hauptsächlich in die Gruppen
synthetische Cannabinoide und Designer-Benzodiaze-
Weiterentwicklung des Projekts Phar-Mon zu pine einteilen. Zu den wichtigsten unerwünschten
einem Informationssystem zu neuen psychoakti- Nebenwirkungen des Konsums zählten körperliche
ven Stoffen und Medikamenten (Phar-Mon NPS) Symptome wie epileptische Anfälle und andere
Das kontinuierliche Monitoring des Substanzge- Krampfzustände, Erbrechen, Kopfschmerzen und
brauchs und damit verbundener Probleme in der Bewusstlosigkeit. In Bezug auf psychische Effekte
Allgemeinbevölkerung sowie in Risikopopulationen wurden am häufigsten Halluzinationen, psychotische
liefert Basisinformationen über die Problembelastung Zustände und Stimmungsschwankungen genannt.
sowie mögliche Ansatzpunkte für Präventionsmaß- Darüber hinaus war die Wirkung der Substanzen
teilweise sehr viel stärker als angenommen bzw. den und werden 50 Tage lang von professionellen und
intendiert. speziell geschulten Beratern bei der Reduzierung oder
https://legal-high-inhaltsstoffe.de/de/phar-mon-nps. dem Ausstieg aus dem Cannabiskonsum unterstützt.
html Seit Beginn haben mehr als 6.000 Nutzer von diesem
Angebot profitiert. Das Ausstiegsprogramm wird seit
Durchgeführt von der Bundeszentrale für 2006 in Kooperation mit regionalen Drogenberatungs-
gesundheitliche Aufklärung stellen in mittlerweile acht Bundesländern durchge-
führt.
drugcom.de www.drugcom.de
Mit der Internetplattform wendet sich die Bundeszen
trale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in erster Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
Linie an drogenaffine junge Menschen im Alter
zwischen 15 und 25 Jahren. DRUCK-Studie (Drogen und chronische
Infektionskrankheiten in Deutschland)
Seit 2001 können die Nutzer der Website auf ein Das Robert Koch-Institut (RKI) hat von 2011 bis 2015 in
umfangreiches, stetig wachsendes Informationsange- Kooperation mit Einrichtungen der Drogenhilfe über
bot zugreifen, das auch verständlich aufbereitete 2.000 aktiv drogeninjizierende Menschen in acht
aktuelle Meldungen aus der Suchtforschung umfasst. Städten auf Hepatitis B (HBV), Hepatitis C (HCV) und
Bei persönlichen Fragen können sich Nutzer zudem HIV untersucht und zu Infektionsrisiken, Verhaltens-
per E-Mail oder im Chat an das Beratungsteam weisen und Wissen zu diesen Infektionen befragt.
wenden. Neben einer hohen HCV-Prävalenz (42–75 Prozent;
virämische HCV:23–54 Prozent) bei den Teilnehmen-
Ziel ist es, junge Menschen über die Risiken des den in allen Städten, regionalen Unterschieden der
Konsums von psychoaktiven Substanzen zu informie- HBV- (5–33 Prozent) und HIV-Prävalenz (0–9 Prozent)
ren, sie zur kritischen Auseinandersetzung mit dem zeigten die Ergebnisse einen zwar regional unter-
eigenen Konsumverhalten anzuregen und schädlichen schiedlichen, insgesamt jedoch unzureichenden
Konsum zu minimieren. Die Inanspruchnahme der HBV-Impfschutz (geimpft: 15–52 Prozent; weder
Internetplattform steigt weiter kontinuierlich an. Mit infiziert noch geimpft: 16–69 Prozent), gravierende
mehr als 150.000 Besucherinnen und Besuchern pro Wissenslücken von Drogengebrauchenden in Bezug
Monat gehört www.drugcom.de in Deutschland zu den auf die Übertragung und den Schutz vor den Infektio-
am häufigsten besuchten Internetseiten im Bereich der nen, einen verbesserungswürdigen Zugang zu niedrig-
Suchtprävention. schwelliger Testung, Beratung zum Ergebnis und
Behandlung von HIV- und HCV-Infektionen. Aus den
Der Konsum von legalen und illegalen Substanzen im Ergebnissen der Studie wurden folgende Empfehlun-
Jugendalter ist auch eine Herausforderung für die gen abgeleitet: die Notwendigkeit, die HBV-Impfung
pädagogische Praxis, sei es in Jugendfreizeiteinrichtun- bei Drogengebrauchenden besser umzusetzen, die
gen oder in der Schule. Um Multiplikatoren in ihrer niedrigschwellige Drogenhilfe im Bereich Wissensver-
Arbeit zu unterstützen, wurden 2016 zwei Arbeitshilfen mittlung zu den Infektionen von Konsumenten durch
zum Thema Alkohol und Cannabis entwickelt. Beide Schulung von Mitarbeitern zu stärken, Konsummittel
Arbeitshilfen liefern Anregungen und konkrete bedarfsorientiert auszugeben und HIV-/HCV-Testung
Vorschläge, wie die Website www.drugcom.de in der niedrigschwellig anzubieten. Zur Verbesserung der
Arbeit mit Jugendlichen genutzt werden kann. Behandlungsinitiierung und -kontinuität von Infektio-
nen sollten sich lokal vorhandene Strukturen, insbe-
Das Online-Ausstiegsprogramm „Quit the Shit“ ist seit sondere Drogenhilfe, Suchtmedizin und Infektiologie,
2004 in die Internetplattform integriert. Die Nutzer stärker vernetzen. Etwa 80 Prozent der Studienteilneh-
können sich hier unkompliziert und anonym anmel- menden waren bereits mindestens einmal, meist
mehrmals inhaftiert und berichteten von Konsumbe- umfassenden Überblick zu den in der jeweiligen Stadt/
ginn oder Fortsetzung eines bestehenden injizierenden Region zur Verfügung stehenden ambulanten und
Konsums in Haft, sodass in diesem Bereich der Zugang stationären Angeboten zu erhalten, wurde von den
zu allen Maßnahmen der Prävention und Behandlung sieben Projektpartnern ein Angebotsmapping erstellt,
gesichert sein sollte. das spezifische lokale Angebote sowie zukünftig
Die Umsetzung der einzelnen Empfehlungen wird nutzbare Strukturen in den Bereichen „sexuelle
durch BMG, RKI, Deutsche AIDS-Hilfe und BZgA Gesundheit“ und Drogenhilfe für drogengebrauchende
begleitet und unterstützt sowie von den Akteuren der MSM darstellt. Dieses soll laufend erweitert werden
Drogenhilfe, Ärzteschaft und des Strafvollzugs und auf und die Verweisungskompetenzen der beteiligten
verschiedenen Ebenen (lokal in den Studienstädten, Projekte erhöhen. Zudem wurden in den beteiligten
auf Bundesland- und regionaler Ebene) diskutiert, Städten Nachfragemappings erstellt, welche die lokalen
ausgewertet und implementiert. Unterstützungsbedarfe drogengebrauchender MSM
erhoben haben, um in der Kontrastierung mit den
Die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Empfeh- Angebotsmappings lokale Versorgungslücken zu
lungen sind in einem ausführlichen deutschsprachigen identifizieren. Prozessunterstützend wurden Trainings
Bericht und in mehreren internationalen Zeitschriften mit den Mitarbeitenden der beteiligten Partnerorgani-
publiziert. Die Studie wurde aus finanziellen Mitteln sationen durchgeführt, um Grundlagen der Substanz-
des BMG gefördert, die Pilotstudie aus Mitteln des RKI kunde, Kenntnisse zu Konsumkontexten und -mustern
(siehe Abbildung 24). sowie Beratungskompetenzen zu vermitteln.
www.rki.de/druck-studie
Zum Abschluss des Projekts haben die teilnehmenden
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit Institutionen durch die Trainings, die Identifizierung
von Good-Practice-Beispielen sowie die Erarbeitung
Quadros – Qualitätsentwicklung in der Beratung der Mappings einen Wissenstand erreicht, der es ihnen
und Prävention im Kontext von Drogen und erlaubt, eigene Netzwerke und Kooperationen mit im
Sexualität bei schwulen Männern Feld agierenden Akteuren zu bilden, erste Präventions-,
Vor dem Hintergrund der Prävalenzen des Konsums Beratungs- oder Behandlungsansätze für die eigene
psychoaktiver Substanzen bei Männern, die Sex mit Organisation zu entwickeln und offensiv in den Ziel-
Männern haben (MSM), wurde mit dem von der gruppen schwuler Männer für neue Beratungs- und
Deutschen Aidshilfe e. V. durchgeführten Projekt Informationsangebote zu werben. Weiterhin wurden
„Quadros“ das Ziel verfolgt, das Wissen zu neuen Empfehlungen für die Weiterentwicklung der zukünf-
psychoaktiven Stoffen (NPS) und Methamphetamin tigen Prävention und Beratung von MSM im Kontext
(Crystal Meth) sowie die Beratungs- und Verweisungs- von Drogengebrauch und Sexualität erarbeitet.
kompetenzen in Schwulenberatungen, Präventions- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/
projekten sowie Aids- und Drogenhilfen zu erhöhen. ministerium/ressortforschung/krankheitsvermeidung-
Schwule Männer, die aufgrund ihres Drogenkonsums und-bekaempfung/drogen-und-sucht/verbesserung-
herkömmliche Beratungs- und Unterstützungsangebo- von-beratung-behandlung-und-therapie/quadros.html
te in Anspruch nehmen wollen, sehen sich oftmals mit https://www.aidshilfe.de/shop/quadros
einem Hilfesystem konfrontiert, das bisher nur
vereinzelt auf ihre spezifischen Bedürfnisse eingehen
kann.
ABBILDUNG 24:
EMPFEHLUNGEN FÜR VERSCHIEDENE AKTEURE, ABGELEITET VON DEN ERGEBNISSEN DER DRUCK-STUDIE
Für die niedrigschwellige Drogenhilfe: Für Justizvollzugsanstalten und Einrichtungen des Jugend-
• bedarfsorientierte Ausgabe von Konsumutensilien und Maßregelvollzugs:
(Spritzen, Nadeln, Filter, Löffel, Wasser zur Injektion) • HBV-Impfangebot inkl. Beratung zur Impfung
• gezielte Kurzberatung zu Transmissionswegen von HCV, • Vertrauliche und freiwillige Testung auf HCV und HIV
zur HBV-Impfung und HIV-Behandlung und PEP • Inhaftierte mit einer HIV- oder HCV-Infektion sollten
• HIV-Testangebot ( z.B. HIV-Schnelltestung) der Behandlung zugeführt werden
• HCV-Testangebot • Zugang zu evidenzbasierten Maßnahmen der Prävention
• Beratung zur Bedeutung der Testergebnisse von HBV, HCV und HIV: ausreichend dosierte Opioidsub
• regelmäßiges Schulungsangebot zur Qualifizierung von stitutionstherapie, Kondome und Konsumutensilien
(nicht medizinischem) Personal in der Drogenhilfe als • Verbesserung des Übergangsmanagements hinsichtlich
Beratende der Prävention von Unsafe Use
• HBV-Impfkampagnen/regelmäßige Impfangebote
Justizvollzugsanstalten/
Drogenhilfe Peers + Familie
Jugend- und Maßregelvollzug
Integrierter Ansatz:
Lokale AIDS-Hilfen zur Verbesserung der Prävention und Versorgung von chron. Infektions- ÖGD
krankheiten bei Menschen mit intravenösem Drogenkonsum (IVD)
Für Substitutionseinrichtungen und Einrichtungen der Für die Ärzteschaft (Hepatologie, Infektiologie, Allgemein-
Suchthilfe: medizin, Gynäkologie, Innere Medizin):
• HBV-Impfung anbieten und durchführen • Information der Ärzteschaft, dass Ärzte für IVD die
• Regelmäßige Testung von Substituierten auf HIV und HCV wichtigste Informationsquelle zu HBV, HCV und HIV
• Beratung zur Bedeutung des Testergebnisses darstellen
• Überweisung von HIV- und HCV-positiv Getesteten an • Information der Ärzteschaft über Art und Ausmaß der
Infektiologie/Hepatologie zur Prüfung einer Therapieindi- Wissenslücken von IVD zu HBV, HCV und HIV
kation und Behandlung • Umsetzung HBV-Impfempfehlung gemäß STIKO
• Gezielte Information von Substituierten zur HBV-Impfung, • Testung und Beratung bzgl. Infektionskrankheiten
zur HIV-PEP und zur HCV-Übertragung • Einleitung und Durchführung der Therapie von HCV- und
• Stärkere Vernetzung mit dem niedrigschwelligen Setting HIV-Infizierten IVD
und mit Infektiologie/Hepatologie
Gefördert durch: Bundesministerium für nern: dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen-
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Verbrechensbekämpfung (UNODC), der
thailändischen Stiftung Mae Fah Luang sowie den
Globale Partnerschaft für Drogenpolitik und Nichtregierungsorganisationen Transnational Institute
Entwicklung – Global Partnership on Drug Policies (Amsterdam) und International Drug Policy Consorti-
and Development (GPDPD) um (London). Zudem arbeitet GPDPD im Bereich der
Erweiterung wissenschaftlicher Grundlagen mit
renommierten Forschungseinrichtungen wie etwa der
London School of Economics zusammen.
https://www.gpdpd.org
Universitätsklinik für Psychiatrie Tübingen Ende 2015 Gefördert durch: Bundesministerium für
wiederholt. Wichtigste Ergebnisse: Familie, Senioren, Frauen und Jugend
1. Mögliche Vervierfachung der Angebote seit 2008:
75 Prozent der 275 befragten Einrichtungen halten Gutes Aufwachsen mit Medien
ihr Angebot erst seit 2008 vor. Unter dem Dach der Initiative „Gutes Aufwachsen mit
2. Nur neun Prozent der Betroffenen, die sich in den Medien“ lädt das Bundesfamilienministerium dazu ein,
Einrichtungen vorstellen, sind Frauen, obwohl die die Medienerziehung von Familien mit einem abge-
Prävalenz der Internetabhängigkeit bei Frauen stimmten Vorgehen in Bund, Ländern und Kommunen
und Männern etwa gleich hoch ist. zu unterstützen. Die Initiative bündelt Informations-
angebote für Eltern, berät lokale Netzwerke und
Die AbiS-Studie kombinierte zusätzlich Online-Befra- qualifiziert Fachkräfte.
gungen von unterschiedlich mit der Thematik befass- www.gutes-aufwachsen-mit-medien.de
ten gesellschaftlichen Gruppen (zum Beispiel Personen
aus dem administrativen Bereich oder aus der ICD- Gefördert durch: Bundesministerium für
11-Entwicklung) mit qualitativen Interviews von Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Betroffenen, Beratenden und Behandelnden.
Seit dem 1. Februar 2017 ist eine Anbieterdatenbank „Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht.“
zur Recherche von Beratungs- und Behandlungsange- Der Online-Medienratgeber für Eltern und Erziehende
boten bei internetbasiertem Suchtverhalten online. „Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht.“ setzt
http://erstehilfe-internetsucht.de/ seine erfolgreiche Arbeit fort und greift Fragen zu
http://erstehilfe-internetsucht.de/abis-projekt/ exzessiver Mediennutzung in einem eigenen Themen-
schwerpunkt auf.
Gefördert durch: Bundesministerium www.schau-hin.info
für Verkehr und digitale Infrastruktur
Durchgeführt von der Bundeszentrale für
Digitale-Spielewelten.de gesundheitliche Aufklärung
Digitale-Spielewelten.de ist eine Online-Kompetenz-
plattform für Medienpädagogik in der digitalen Spiele- „Ins Netz gehen“
kultur. Als Informations-, Präsentations- und Vernet- Das Programm der Bundeszentrale für gesundheitliche
zungsplattform bildet sie die vielfältigen Aktivitäten Aufklärung (BZgA) zur Prävention von exzessiver
und Netzwerke im Bereich der digitalen Spielekultur Computerspiel- und Internetnutzung bietet seit 2011
ab. Die Plattform stellt Eltern und Pädagogen Informa- Informationen für Jugendliche und ergänzend für
tionen und Praxismaterialien rund um das Thema digi- Eltern. Die Kampagnenwebseite hält sowohl zielgrup-
tale Spiele zur Verfügung und liefert damit zahlreiche penspezifisch aufbereitete Informationen für 12- bis
medienpädagogische Ideen für einen kritischen und 18-Jährige als auch interaktive Elemente wie einen
kreativen Umgang mit dem Kulturgut Games. Das Selbsttest bereit. Ein weiteres Element ist das Verhal-
Thema „exzessives Spielen“ ist dabei in zahlreichen tensänderungsprogramm „Das andere Leben“. Damit
Projekten wichtiger Bestandteil. werden Jugendliche unterstützt, dem übermäßigen
Internetsurfen oder exzessiven Gebrauch von PC-
Ziel der Plattform ist es, für die Akteure aus Pädagogik, Spielen zunehmend Aktivitäten im realen Leben entge-
Wissenschaft, Wirtschaft (Games-Branche) und Politik genzusetzen
an zentraler Stelle Wissen, Erfahrungen und Ideen
rund um digitale Spiele zu bündeln, strukturiert Außerdem gibt es eine Multiplikatorenseite, auf der
bereitzustellen und der Praxis medienpädagogische Eltern, Lehrer und Erzieher wissenschaftlich gesicherte
Materialien an die Hand zu geben. Antworten und pädagogisch bewährte Tipps erhalten.
http://www.digitale-spielewelten.de Darüber hinaus können konkrete Anliegen und Fragen
ABBILDUNG 25:
MEDIENSTUNDENPLAN
Medienstundenplan
Tipps zu kindgerechten
Medienangeboten und
Medienzeiten gibt es auf
www.schau-hin.info.
Vereinbaren Sie gemeinsam mit Ihrem Kind feste Medienzeiten.
Tragen Sie die Uhrzeit und Art der vereinbarten Mediennutzung hier ein.
SCHAU HIN! ist eine Initiative von
Gemeinsa
Diese Richtwerte empfehlen m medien
werden? fit
wir als Medienzeiten: SCHAU HI Das ne
Schauen Sie mit: N!-Medien ue
• bis 5 J.: max. 30 Min./Tag Lernspaß quiz biete
Entdecken Sie Medien für die ga t
• 6 – 9 J.: max. 1 Std./Tag www.sch nze Familie
au-hin.in
gemeinsam mit Ihren Kindern.
• ab 10 J.: ca. 9 Std./Woche fo/medien :
quiz
lenzen in einem Dreijahresverlauf entwickeln und Durchgeführt von der Bundeszentrale für
welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. gesundheitliche Aufklärung
Die Teilnehmer (n = 239) sind im Rahmen von Inter- Spielen mit Verantwortung
views unter anderem zu ihrem Spielverhalten, zu Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
glücksspielbezogenen Problemen, zur Inanspruchnah- (BZgA) führt seit 2007 in Kooperation mit dem
me von Hilfen und zu Gründen für die Remission Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) bundesweite
befragt worden. In der Studie wurden die durchgängig Maßnahmen zur Prävention von Glücksspielsucht
remittierten mit den rückfälligen sowie die weiterhin durch. Mit der Kampagne „Spiel nicht bis zur Glücks-
pathologisch spielenden mit den neu remittierten spielsucht“ steht ein gezieltes Präventionsangebot zur
Personen verglichen. Frühintervention zur Verfügung.
Den allermeisten remittierten Personen (82 Prozent) Das Internetportal bietet Informationen zu einzelnen
gelingt es, diesen Status aufrechtzuerhalten, wobei ein Glücksspielen und zur Glücksspielsucht. Ein ähnlich
kleinerer Teil (10 Prozent) von ihnen zwischendurch niedrigschwelliges Angebot ist die BZgA-Telefonbera-
wieder pathologisch gespielt hat. Deutlichere Verände- tung zur Glücksspielsucht unter der kostenlosen
rungen zeigen sich bei den (ehemals) pathologischen Telefonnummer 0800-1372700.
Glücksspielern: 54 Prozent verharren nach 3 Jahren www.spielen-mit-verantwortung.de
weiterhin in einem pathologischen Spielverhalten, 46
Prozent haben jedoch ihre Spielprobleme überwunden. Durchgeführt von der Bundeszentrale für
Aus den Befragungsergebnissen wird deutlich, dass gesundheitliche Aufklärung
eine gute soziale Unterstützung hilfreich für Remissi-
onsprozesse ist. Deshalb sollte die Angehörigenarbeit check-dein-spiel.de
weiter optimiert werden. Die Ergebnisse der Studie Das seit 2007 bestehende Internetangebot der Bundes-
deuten ferner darauf hin, dass finanzielle Belastungen zentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet
einen Rückfall in die Spielsucht begünstigen. Hier wird neben einem Wissenstest und einem ausführli-
also die Frage nach einer frühzeitigen Schuldenregulie- chen Selbsttest ein interaktives Online-Beratungspro-
rung aufgeworfen. gramm zum Ausstieg aus der Glücksspielsucht. Die
webbasierte Beratung umfasst Funktionen wie ein
Noch bedeutsamer sind psychische Komorbiditäten: Glücksspiel-Tagebuch oder ein wöchentliches Thera-
Insbesondere Personen, die schon vor Beginn des peuten-Feedback. Seit September 2007 haben rund
problematischen Spielens von psychischen Belastun- 150.000 Personen am Test teilgenommen und eine
gen betroffen waren, fällt es schwer, das Glücksspielen individualisierte Auswertung mit persönlich zuge-
nachhaltig zu reduzieren oder zu beenden. Es sollten schnittenen Hilfeempfehlungen zu ihrem Spielverhal-
daher alle Personen, die aufgrund eines Spielproblems ten bekommen.
eine Hilfeeinrichtung aufsuchen, systematisch nach
psychischen Belastungen gefragt werden. Darüber hin- Wichtiger Ausgangspunkt für die Prävention von
aus zeigt die Analyse, dass pathologische Glücksspieler Glücksspielsucht ist außerdem die Bereitstellung von
auch auf Angebote außerhalb des eigentlichen Sucht- Informationen für die Bevölkerung. Die Nutzer von
hilfesystems zurückgreifen. Das gilt insbesondere für Glücksspielangeboten sollen befähigt werden, mögli-
die Schuldnerberatung, aber auch für Informationen che Gefahren einzelner Glücksspielangebote zu
aus dem Internet. Diese Angebote sollten sinnvoll mit erkennen und somit verantwortungsvoll und selbstkri-
der Suchthilfe und -prävention vernetzt werden. tisch zu spielen. Das Materialset zum Thema „Sport-
www.isd-hamburg.de wetten“ richtet sich vor allem an die Risikogruppe der
jungen Männer im Alter zwischen 18 und 25 Jahren.
Das Materialset ist in englischer, französischer,
russischer, türkischer und arabischer Sprache erhält- lungsmaßnahmen diskutiert und bewertet werden.
lich und kann vor allem auch bei der Arbeit mit www.isd-hamburg.de
zugewanderten Menschen eingesetzt werden.
www.check-dein-spiel.de www.bzga.de/infomateriali- 1.2 Suchtstoff- bzw. suchtformübergreifende
en/gluecksspielsucht/ Projekte
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
2017 finden Probedurchläufe des gesamten Schulungs- aber gleichzeitig darauf hin, dass drogenabhängige
moduls (zuerst ein Blended-Learning-Tag, dann meh- Männer, die Väter sind, von Angeboten und Program-
rere Wochen für die selbstständige Erarbeitung der men im Hilfesystem profitieren könnten, die nicht nur
E-Learning-Einheiten und schließlich der zweite ihre Drogenproblematik, sondern vor allem auch ihr
Blended-Learning-Tag) mit zwei Schulungsgruppen Vatersein und die damit zusammenhängenden Belas-
statt. Die Gruppen werden zeitlich versetzt geschult, tungen, Defizite, aber auch Kompetenzen adressieren.
sodass zwischenzeitlich Optimierungen des Moduls
vorgenommen werden können. Neben dem Schu- Das Projekt wird vom Verein zur Hilfe suchtmittelab-
lungsmodul wird am Ende des Projekts ein Handbuch hängiger Frauen Essen e. V. in Kooperation mit dem
zur Weitervermittlung der Schulungsinhalte publiziert. ZIS am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
http://www.uniklinik-ulm.de/struktur/kliniken/ (UKE) durchgeführt.
kinder-und-jugendpsychiatriepsychotherapie/home/ http://www.belladonna-essen.de/landeskoordinie-
forschung/forschungsprojekte.html rungsstelle-frauen-und-sucht-nrw/projekte/
Das vom Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Die Universität Hildesheim führt in Kooperation mit
Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) und vom Deutschen Praxispartnern (Therapieverbund Ludwigsmühle, SOS
Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) Mütterzentrum Salzgitter, Jobcenter Peine, Selbsthilfe-
entwickelte und evaluierte Gruppenangebot „Trampo- gruppe) und Angehörigen bundesweit seit 2015 die
lin“ für Kinder aus suchtbelasteten Familien wird in Studie „AnNet – Angehörigennetzwerk“ durch, die sich
Deutschland bereits an einigen Standorten umgesetzt. den Belastungen und Unterstützungsnetzwerken der
In das Trampolin-Programm sind zum einen Erkennt- Angehörigen von Menschen mit problematischem
nisse aus einem intensiven Dialog mit der Praxis, zum Alkohol- oder Drogenkonsum widmet. Im Rahmen des
anderen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse Projekts sollen Belastungs- und Unterstützungssituati-
eingeflossen. Ziel des Programms ist es, die betroffenen onen der verschiedenen Angehörigengruppen unter-
Kinder in ihrer positiven Selbstwahrnehmung zu stär- sucht werden. Zu diesem Zweck werden die Belas-
ken. Für die Durchführung aller Module wurde für die tungsprofile der Angehörigen mithilfe von Fragebogen
Gruppenleiter ein Manual verfasst. Das DZSKJ und das erhoben. Auch die Unterstützungsnetzwerke der
DISuP bieten hierzu Schulungen an. Bei der Zentralen Angehörigen werden in die Untersuchung einbezogen.
Prüfstelle Prävention wurde 2016 die Zertifizierung des Das Projekt arbeitet aktuell bundesweit mit vier
Programms nach § 20 Absatz 1 SGB V bewilligt. Kran- Praxispartnern zusammen, um einen Zugang zu den
kenkassen können somit die Kosten für die Teilnahme Lebenssituationen von Angehörigen in verschiedenen
eines Kindes an dem Programm übernehmen. Lebenslagen zu bekommen. Zudem werden Experten-
interviews durchgeführt, um die Vernetzungspotenzia-
Mit der Studie „Trampolin II – Katamneseerhebung zur le, aber auch die Herausforderungen und Barrieren im
Überprüfung der Langzeiteffekte des Bundesmodell- Hilfesystem abbilden zu können. Das Herzstück des
projektes Trampolin“ sollen Langzeiteffekte des Projekts sind die direkte Zusammenarbeit und der
Präventionskonzepts Trampolin (ca. 5 Jahre nachdem Austausch mit vier über die Gemeinschaftspartner
die Interventionen durchgeführt wurden) überprüft erschlossenen Angehörigengruppen. Am Ende der
werden. Dafür werden sowohl die Teilnehmer der gemeinsamen Forschungsarbeit sollen die Ergebnisse
Untersuchungsgruppe als auch die der Kontrollgruppe, der einzelnen Angehörigengruppen in einem gemein-
die damals eine Kontrollintervention (Hüpfburg) samen Arbeitsbuch zusammengefasst und publiziert
erhalten hatten, erneut befragt. Wie damals im werden. Dieses Arbeitsbuch bietet nicht nur Hilfestel-
Bundesmodellprojekt Trampolin sollen neben den lungen von Angehörigen für Angehörige, sondern
Selbsturteilen der Jugendlichen auch Fremdeinschät- bildet auch eine Grundlage für die Arbeit mit betroffe-
zungen der Eltern erhoben werden. Die Familien nen Angehörigen und beinhaltet Handlungsempfeh-
werden zuerst schriftlich kontaktiert und informiert, lungen aus Sicht von Angehörigen.
bei einer Bereitschaft zur Teilnahme werden die https://www.uni-hildesheim.de/annet/
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit belasteter. Das Projekt befindet sich in der Auswer-
tungsphase und endet im Frühjahr 2017.
Belastungen und Perspektiven Angehöriger
Suchtkranker (BEPAS) Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
Die an der Universität zu Lübeck durchgeführte
multimethodale Studie BEPAS konnte anhand von 100 QuaSiE – Qualifizierte Suchtprävention in Einrich-
Interviews mit Angehörigen allgemeine und spezifi- tungen der stationären Jugendhilfe
sche Belastungen in Abhängigkeit von der Art der
Beziehung (Eltern, Partner, Kinder) und der Suchter-
krankung (Alkohol, Drogen, Glücksspiel, Medikamente)
in ein Stressbelastungsmodell integrieren. Außerdem
wurden spezifische Unterstützungsbedarfe und Qualifizierte Suchtprävention
in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe
mögliche Barrieren bei der Inanspruchnahme professi-
oneller Hilfe exploriert. In der Studie wurde ein Die Untersuchung „Suchtmittelkonsum und suchtbe-
Mixed-Method-Ansatz verfolgt, bei dem qualitative zogene Problemlagen von Kindern und Jugendlichen
durch quantitative Methoden ergänzt wurden. Die in stationärer Jugendhilfe“ von 2014 zeigte auf besorg-
Probandenrekrutierung erfolgte mithilfe kooperieren- niserregende Weise die besondere Belastung von
der Selbsthilfe- und Suchtberatungseinrichtungen und Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der
deutschlandweit erstmals über ein proaktives Scree- stationären Jugendhilfe, die häufig, neben hohen
ning in Arztpraxen und Krankenhäusern. In der psychischen und sozialen Belastungen, auch von
Durchführung von Fokusgruppen mit Vertretern des suchtbezogenen Problemlagen durch übermäßigen
medizinischen und psychosozialen Behandlungssys- Medien- und Substanzkonsum betroffen sind. Vor
tems bestand ein weiterer Zugang zur Analyse der allem der Konsum von Cannabis und Tabak ist bei der
Versorgungssituation. Darüber hinaus konnten Fragen Zielgruppe besonders hoch. Während der Tabakkon-
zur Belastungssituation Angehöriger in die Repräsen- sum noch offensichtlich ist, ist der Konsum anderer
tativstudie „Gesundheit in Deutschland Aktuell“ Substanzen nicht leicht erkennbar. Fachkräfte in den
(GEDA) mit n = 24.824 Befragten integriert werden. Einrichtungen unterschätzen diese Belastung daher
leicht. Damit aus konsumbezogenen Auffälligkeiten
Erste qualitative Ergebnisse zeigen deutliche ge- nicht eine manifeste Sucht entsteht, die eine eigenstän-
schlechterspezifische Unterschiede der Belastungs- dige negative Dynamik entfaltet, sind Wissen, diagnos-
und Bedarfssituation Angehöriger. Stigmatisierung von tische Routinen und spezifische Interventionen
Sucht und Angst vor Schuldzuschreibungen wurden als notwendig. Praxisnahe Konzepte und Kooperationen
bedeutende Barrieren bei der Inanspruchnahme von mit Fachinstitutionen können Einrichtungen dabei
Hilfe Angehöriger identifiziert. Die wesentlichen unterstützen. Ziel des Bundesmodellprojekts „QuaSiE“
Bedarfe Angehöriger äußerten sich in dem Wunsch ist deshalb die Professionalisierung des Umgangs mit
nach verstärkter öffentlicher Präsenz der Suchtthema- konsumbezogenen Auffälligkeiten in Einrichtungen
tik und dem Wunsch nach konkreten verhaltensbezo- der stationären Jugendhilfe und die Erarbeitung eines
genen Hilfestellungen durch das Suchthilfesystem. praxisnahen Handlungskonzepts für und mit diesen
In der Repräsentativstudie GEDA gaben 9,5 Prozent der Einrichtungen. Um ein qualifiziertes Handeln in den
Befragten an, einen Angehörigen mit bestehender Einrichtungen zu fördern und den betroffenen
Suchtmittelabhängigkeit (außer Tabak) zu haben Jugendlichen die erforderliche Unterstützung anzubie-
(Bezugszeitraum waren die letzten 12 Monate). Weitere ten, ist eine stärkere Berücksichtigung des Themas auf
4,4 Prozent hatten einen Angehörigen mit einer seit Träger- und Leitungsebene, eine intensive Kooperation
über 12 Monaten überwundenen Suchterkrankung. mit dem Suchthilfesystem auf lokaler und regionaler
Diese beiden Personengruppen waren gegenüber Ebene sowie eine (stärkere) Vernetzung der beteiligten
Menschen ohne suchtkranken Angehörigen deutlich Hilfesysteme sinnvoll. Die Koordinationsstelle Sucht
des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) Ein Schwerpunkt liegt auf der Kooperation mit den
unterstützt sechs Einrichtungen der stationären Breitensportverbänden Deutscher Olympischer
Jugendhilfe bei der Entwicklung zielorientierter Sportbund, Deutsche Sportjugend, Deutscher Fußball-
Routinen. Bund, Deutscher Handballbund, Deutsche Turner-
Bund, Deutsche Turnerjugend und DJK-Sportverband.
Zur Zielerreichung werden von 2016 bis 2018 folgende Mit Qualifizierungsmaßnahmen von „Kinder stark
Handlungsfelder modellhaft an den beteiligten machen“ konnten bereits mehr als 2.700 Trainerinnen
Standorten in den Blick genommen: und Trainer erreicht werden.
• Konzeptionelle Verankerung des Themas „Substanz- www.kinder-stark-machen.de
konsum und suchtbezogene Problemlagen“
• Verbesserung der Handlungskompetenz und Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
-sicherheit der Fachkräfte durch Schulung und
Qualifizierung DIOS: Dissemination und Implementierung von
• Stabilisierung oder Aufbau von Kooperationen mit (Online-)Präventionsmaßnahmen für missbräuch-
der Suchthilfe und Entwicklung gemeinsamer lichen Substanzkonsum bei Studierenden
Arbeitsprozesse Im Rahmen der Förderlinie „Prävention von riskantem
Substanzkonsum unter Studierenden“ des Bundesmi-
Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet. nisteriums für Gesundheit wurden seit 2013 unter-
https://www.lwl.org/LWL/Jugend/lwl_ks/unsere- schiedliche Ansätze der webbasierten Prävention und/
schwerpunkte-fuer-die-suchthilfe/projekte/quasie_ oder Reduktion von riskantem Substanzkonsum bei
start Studierenden entwickelt, durchgeführt und wissen-
schaftlich evaluiert. Das Projekt DIOS bündelt diese
Durchgeführt von der Bundeszentrale für Ansätze in einer Toolbox und bietet interessierten
gesundheitliche Aufklärung Hochschulen erstmalig ein evidenzbasiertes Präventi-
onskonzept an. Durch eine ressourcenangepasste
Kinder stark machen Auswahl und Implementierung soll ein nachhaltiger
Die Mitmach-Initiative „Kinder stark machen“ der Einsatz von (Online-)Präventionsangeboten zur Re-
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) duktion von Alkohol und weiteren Substanzen für
verfolgt einen universell-präventiven Ansatz und setzt Studierende an Hochschulen ermöglicht werden. Um
auf die Förderung von Lebenskompetenzen und die das geeignete Präventionsangebot für die jeweilige
Stärkung der Persönlichkeit von Kindern im Alter von Hochschule zu identifizieren, werden die Hochschulen
4 bis 12 Jahren. Hierzu gehören das Erlernen von durch das DIOS-Projekt wie folgt unterstützt: Im ers-
Konflikt-, Kommunikations- und Teamfähigkeit, ten Schritt wird die Ausgangssituation zur Prävention
Eigenverantwortung sowie Selbstvertrauen, verbunden von riskantem Substanzkonsum an der Hochschule
mit einem gesunden Selbstwertgefühl. erfasst. Der zweite Schritt beinhaltet die strukturierte
Rückmeldung der hochschulspezifischen Ergebnisse
Die Initiative richtet sich an alle Erwachsenen, die inklusive einer unverbindlichen Programmempfeh-
Verantwortung für Kinder tragen: Eltern und Erzie- lung. Der dritte Schritt sieht die Unterstützung bei der
hende, Lehrkräfte der Grundschule und Sekundar Implementierung des gewählten Angebots durch das
stufe I sowie Multiplikatoren, die im Sportverein mit DIOS-Team vor. Darüber hinaus wird ein Netzwerk für
Kindern arbeiten. teilnehmende und interessierte Hochschulen aufge-
baut, welches die Implementierung solcher Angebote
Im Jahr 2016 war die Initiative „Kinder stark machen“ mit einer gezielten langfristigen Strategie vorantreibt.
auf bundesweit 21 Sport- und Familienveranstaltungen Diese Strategie wird partizipativ entwickelt, das heißt,
mit insgesamt rund einer halbe Million Menschen wichtige Stakeholder im Bereich der Gesundheitsför-
präsent. derung von Studierenden (unter anderem Hochschul-
stellt. In einem Handbuch zusammengefasst werden kung bejahten (n = 191), gaben ca. 75 Prozent eine
die Ergebnisse des Projekts für die Umsetzung in Depression an. Auffällig ist der hohe Anteil rauchender
anderen Regionen zugänglich gemacht. Träger des Partner (73,6 Prozent). Von den Teilnehmerinnen des
Projekts ist der Verein Frauen helfen Frauen e. V. Alkoholprogramms erhielten weniger als die Hälfte
Rostock. den ärztlichen Rat zum Alkoholverzicht (44,4 Prozent).
www.fhf-rostock.de Insgesamt nahm die Zahl der Teilnehmerinnen im
Programmverlauf ab, lediglich n = 7 (EC-Bedingung)
Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit bzw. n = 2 (SB-Bedingung) durchliefen alle 12 Pro-
grammwochen. Die Gruppenvergleiche zeigten keinen
IRIS – II: Wirksamkeit einer individualisierten, signifikanten Unterschied zwischen den beiden Studi-
risikoadaptierten internetbasierten Intervention enarmen nach zwölf Wochen. In die dritte Woche
zur Verringerung des Alkohol- und Tabakkonsums starteten signifikant mehr Teilnehmerinnen aus SB +
bei Schwangeren EC. Mit Blick auf die Tabakabstinenz waren signifikante
Unterschiede zwischen dem SB und SB+EC nach
Woche 1 zu verzeichnen. Die ITT-Analyse ergab eine
signifikant größere Anzahl an abstinenten Teilneh-
merinnen in SB + EC. Im Hinblick auf die Abstinenzan-
gaben drei Monate nach Programmende zeigten sich
bei den Raucherinnen keine signifikanten Unterschie-
Mit „IRIS – II“ wurde von 2013 bis 2016 die Inanspruch- de zwischen den beiden Bedingungen. Insgesamt
nahme und Wirksamkeit einer individualisierten, erwies sich die Teilnahme in SB + EC als wichtigster
risikoadaptierten, internetbasierten Intervention zur Prädiktor für den Programmstart in Woche 1, die
Verringerung des Alkohol- und Tabakkonsums bei Teilnahmedauer bis Woche 3 sowie die Abstinenz im
Schwangeren (IRIS) evaluiert und weiterentwickelt. Programmverlauf. Die Teilnehmerinnen in SB + EC
Die Studie wurde von der Sektion Suchtmedizin und waren tendenziell zufriedener mit der Anwendung
Suchtforschung der Universitätsklinik Tübingen (Katamnese). Die Kinder nicht abstinenter Raucherin-
durchgeführt. Die zweiarmige, randomisiert kontrol- nen wiesen laut Selbstauskünften ein um 370 Gramm
lierte Studie verglich eine standardisierte Beratungs- signifikant geringeres Geburtsgewicht auf.
plattform (SB) mit und ohne ergänzende Betreuung
durch einen professionellen Berater („E-Coach“ = EC). IRIS steht weiterhin allen Schwangeren offen und wird
Die Teilnehmerinnen durchliefen ein zwölfwöchiges intensiv genutzt. Eine dritte Förderphase wird seit dem
Programm, das auf das jeweilige Konsumprofil 1. Juli 2016 durch die BZgA finanziert. Ziel ist eine auf
(Alkohol, Tabak, kombinierter Konsum) zugeschnitten den Erfahrungen aus „IRIS – II“ basierende weitere
war, und erhielten entweder standardisierte Kurznach- Optimierung und Anpassung der Anwendung zur
richten oder eine wöchentliche individualisierte Vorbereitung einer möglichen Verstetigung des
E-Mail-gestützte Beratung durch den E-Coach. Angebots.
Randomisiert wurden in einem Jahr 650 Teilnehmerin- www.iris-plattform.de
nen (Ziel: n = 500), davon 85 Prozent im Tabak-,
12,2 Prozent im kombinierten und 2,8 Prozent im Durchgeführt von der Bundeszentrale für
Alkoholprogramm. 494 (88,8 Prozent) starteten in die gesundheitliche Aufklärung
erste Programmwoche. 84,3 Prozent der Teilnehmerin-
nen, die nicht zum ersten Mal schwanger waren, hatten „KlarSicht“-Mitmach-Parcours zu Tabak und
in vorangegangenen Schwangerschaften geraucht, Alkohol
über die Hälfte auch in der Stillzeit. Fehlgeburten Mit dem von der BZgA 2004 entwickelten „KlarSicht“-
gaben 37,1 Prozent an. Von den Teilnehmerinnen, die Mitmach-Parcours zu Tabak und Alkohol werden die
eine aktuelle oder zurückliegende psychische Erkran- beiden Substanzen interaktiv und informativ bundes-
weit in der Lebenswelt Schule thematisiert. Der ckelte Computer- und Smartphone-basierte Interven-
Parcours ist mit den BZgA-Jugendkampagnen „rauch- tion richtet sich an Personen, die regelmäßig rauchen
frei“, „Alkohol? Kenn dein Limit“ und „Null Alkohol – und in riskantem Umfang Alkohol trinken. Das Ziel ist
Voll Power“ verknüpft und richtet sich an Jugendliche es, Betroffene zu einer Verhaltensänderung (Tabakabs-
ab der achten Klasse in allen Schulformen. Ziel des tinenz und Reduktion des Alkoholkonsums) zu
Parcours ist es, über die Risiken des Rauchens und des motivieren. Dabei soll auch die Intervention selbst
Alkoholkonsums zu informieren, Schutzfaktoren zu hinsichtlich ihrer Akzeptanz, Praktikabilität und
stärken und eine kritische Einstellung zum Alkohol- Anwenderfreundlichkeit beurteilt werden. Um diesen
und Tabakkonsum zu fördern. Personen einen niederschwelligen Zugang zum
Hilfesystem zu ermöglichen, wurde auf der Basis von
Mit 20 Einsätzen in Schulen bundesweit konnte der Techniken wie der motivierenden Gesprächsführung
„KlarSicht“-Mitmach-Parcours 2016 rund 6.000 Schüle- und Elementen aus der kognitiven Verhaltenstherapie
rinnen und Schüler sowie 500 Multiplikatoren errei- eine Web-basierte Applikation entwickelt. Die Anwen-
chen. dung thematisiert den kombinierten, gesundheits-
www.klarsicht.bzga.de schädlichen Alkohol- und Tabakkonsum und wirkt auf
eine Änderung des Konsumverhaltens hin.
Gefördert durch: Bundesministerium
für Bildung und Forschung Aktuell werden die Wirksamkeit und die Umsetzbar-
keit des Programms, die Compliance und Zufriedenheit
Forschungsverbund zu Suchterkrankungen: der Betroffenen mit dem Behandlungsprogramm
Früherkennung und Intervention über die Lebens- sowie dessen Kosteneffektivität in einem randomisier-
spanne ten kontrollierten Design mit n = 180 Teilnehmenden
Der Forschungsverbund AERIAL (Addiction: Early überprüft. Hierbei sollen an den Universitätskliniken
Recognition and Intervention Across the Lifespan) ist Lübeck, Greifswald und Tübingen Probanden rekru-
einer von neun Forschungsverbünden des Forschungs- tiert und randomisiert entweder einer Standardinter-
netzes zu psychischen Erkrankungen, das vom Bundes- vention, einer rein computerbasierten, automatisierten
ministerium für Bildung und Forschung gefördert Intervention oder einer durch einen zusätzlichen
wird. Der Verbund erforscht neue Diagnose- und professionellen Berater personalisierten Version (mit
Behandlungsmöglichkeiten bei Alkohol- und Tabak- „E-Coach“) zugelost werden.
sucht. Die Wissenschaftler untersuchen neue Wege der
Früherkennung und des Zugangs der Betroffenen zum Gefördert durch: Bundesministerium für Gesundheit
Versorgungssystem. Bestehende Instrumente der
Früherkennung sollen evaluiert, andere neu entwickelt Klausurwoche „Das Stigma von Suchtkrankheiten
werden. Gleichzeitig werden neue Behandlungskon- verstehen und überwinden“
zepte bei Alkohol- und Nikotinabhängigkeit erforscht. Suchtkrankheiten sind häufig und betreffen Menschen
Aufbauend auf den Ergebnissen der Studien wird die aus allen sozialen Schichten. Trotzdem werden
Implementierung entsprechender Maßnahmen im Personen mit Suchtproblemen und ihre Angehörigen
Gesundheitswesen angestrebt. als Randgruppe betrachtet und stigmatisiert. Auf einer
Klausurtagung vom 18. bis 23. September 2016, die von
Der Fokus liegt hierbei ausdrücklich auf Internet- und der psychiatrischen Klinik der Universitätsmedizin
Smartphone-basierten Anwendungen. Diese können Greifswald in Zusammenarbeit mit der Deutschen
im Suchtbereich im Hinblick auf das Erreichen von Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie
Verhaltensänderungen effektiv sein, denn sie weisen (DG Sucht) ausgerichtet wurde, haben Fachleute aus
verschiedene Vorteile auf: Sie sind zeit- und ortsunab- den Bereichen Selbsthilfe, Gesundheitsförderung und
hängig nutzbar und bieten vielfältige Möglichkeiten Prävention, Suchthilfe, Rehabilitation, Psychiatrie,
einer individuellen Anpassung. Die in AERIAL entwi- Psychotherapie, Soziologie, Ethik, Epidemiologie,
Werbung und Stigmaforschung ein Memorandum fördern sowie den Missbrauch von legalen und
erarbeitet, das Wege aufzeigt, wie das Stigma von illegalen Suchtmitteln zu verhindern. Durch eine
Suchterkrankungen verstanden und überwunden strukturelle Verankerung wird dies als dauerhafter und
werden kann. Erste Resultate der Tagung wurden in nachhaltiger Prozess gestaltet, der die Aufklärung
einer öffentlichen Podiumsdiskussion vorgestellt und sowie die Aus- und Weiterbildung von Multiplikatoren
diskutiert. Das Memorandum wird auf dem 40. Kon- sowie Vorgesetzten umfasst.
gress des Fachverbandes der Drogen- und Suchthilfe
vorgestellt und in der Zeitschrift SUCHT veröffentlicht. Hierbei arbeiten die Dienststellen der Bundeswehr in
einem etablierten Netzwerk zusammen, in dem sich
Die folgenden Aussagen wurden für das Memorandum neben dem Psychosozialen Netzwerk der Bundeswehr
konsentiert: Stigma schadet den Betroffenen und (bestehend aus Sanitätsdienst, Sozialdienst, Psychologi-
verstärkt Suchtprobleme. Stigma ist ein Hindernis auf schem Dienst, Militärseelsorge) auch die Soldaten-
dem Weg zur Hilfe, es führt zu schlechterer Behand- selbsthilfe gegen Sucht e. V. (SSHS e. V.) sowie weitere
lung und es vergrößert die sozialen und gesundheitli- Organisationen, Vereine und Initiativen engagieren.
chen Folgen einer Suchtkrankheit. Gleichzeitig ist Die Angehörigen der Bundeswehr werden umfassend
Stigma eine Reaktion des Umfelds auf ein potenziell über die Thematik aufgeklärt und darüber informiert,
schädliches Verhalten, das nicht gebilligt wird. Die dass der Missbrauch von legalen und illegalen Sucht-
Stigmatisierung von Menschen mit Suchtkrankheiten mitteln in der Bundeswehr nicht geduldet wird. Zu den
kann als Versuch verstanden werden, Suchtprobleme präventiven Maßnahmen gehören ein strukturiertes
durch Tabuisierung, Ausgrenzung und Abwertung zu Meldewesen, Aktionen, Broschüren, Vorträge, Semina-
lösen oder zumindest handhabbar zu machen. Aller- re, Aushänge, Datenträger sowie Auftritte in digitalen
dings ist diese „Lösung“ dysfunktional, weil sie das Medien. Suchtleitfäden und konkrete Dienstvereinba-
Problem nicht kleiner, sondern größer macht. Stigma rungen, die zum Beispiel Bestimmungen zum Alkohol-
trifft dabei diejenigen am stärksten, die am schwersten verbot während der Dienstzeit enthalten, sowie
betroffen und oft schon aus anderen Gründen benach- Richtlinien im Umgang mit abhängigkeitsgefährdeten
teiligt sind. zivilen und militärischen Mitarbeitern ergänzen dieses
Angebot. In die aktuelle Präventionsarbeit haben
Ein stigmafreier Umgang mit Suchtkrankheiten ist verstärkt die Aspekte polyvalenter und riskanter
möglich. Nicht Abwertung, Ausgrenzung und Diszipli- Konsummuster sowie stoffungebundener Süchte
nierung, sondern Wertschätzung und Befähigung Eingang gefunden.
(Empowerment) müssen im Zentrum von Prävention,
Behandlung sowie dem alltäglichen Umgang mit Als zentrale Anlaufstelle für Fragen der Suchtpräventi-
Suchtkrankheiten stehen. Um dies zu erreichen, gibt on und -bekämpfung in der Bundeswehr fungiert das
das Memorandum Empfehlungen zu den Bereichen am Zentrum Innere Führung in Koblenz seit dem Jahr
Befähigung, qualitative Verbesserungen in den Syste- 2000 bestehende „Dokumentationszentrum zur
men der Hilfe und Prävention, Forschung, Kommuni- Suchtprävention und -bekämpfung“.
kation und Kooperation sowie zu konzeptionellen und
rechtlichen Weiterentwicklungen. Auf der zugehörigen Webseite können Vorgesetzte,
www.dg-sucht.de Multiplikatoren sowie alle Interessierten unter dem
Stichwort „Dokumentationszentrum Suchtprävention“
Gefördert durch: Bundesministerium bzw. „Ansprechstellen“ weiterführende Informationen
der Verteidigung zum Umgang mit Abhängigkeitserkrankungen finden.
Dort werden auch die elektronische Form des ersten
Suchtprävention in der Bundeswehr Bandes der Handreichung für Dienststellenleiter und
Die Bundeswehr hat das Ziel, die Gesundheit der Vorgesetzte zum Thema „Intervention bei Abhängig-
Bundeswehrangehörigen zu erhalten, Abstinenz zu keit & Sucht“ sowie die zugehörigen Begleitmaterialien
eingestellt. In der zweiten Hälfte des Jahres 2017 folgt Diese wird bis Ende 2019 abgeschlossen sein und das
der zweite Band der Handreichung zum Themenfeld BGM in den Regelbetrieb übergehen.
„Prävention“. www.bundeswehr-support.de
www.soldatenselbsthilfe.de
Die SSHS e. V. (Soldatenselbsthilfe) umfasst über 300
ehrenamtliche Mitarbeiter, die überwiegend aus der Gefördert durch: Bundesministerium
eigenen Betroffenheit heraus handeln. Sie unterstützt für Verkehr und digitale Infrastruktur
die Bundeswehr unter anderem mit ausgebildeten
Suchtkrankenhelfern. Bei den Mitgliedern handelt es Zielgruppenprogramm „Aktion junge Fahrer“
sich sowohl um aktive als auch um ehemalige Soldaten Das von der Deutschen Verkehrswacht e. V. (DVW)
und Zivilpersonen, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten durchgeführte Zielgruppenprogramm „Aktion junge
eng mit dem Psychosozialen Netzwerk der Bundes- Fahrer“ richtet sich an Fahranfänger und junge Fahrer.
wehr und dem durch das Bundesministerium der Die im Rahmen des Programms durchgeführten Ver-
Verteidigung (BMVg) moderierten „Netzwerk der Hilfe“ anstaltungen sollen den Jugendlichen und jungen
zusammenarbeiten. Erwachsenen die Gefahren, die im Umgang mit
Fahrzeugen im Straßenverkehr bestehen, bewusst
Mit dem Rahmenkonzept „Erhalt und Steigerung der machen und zur Selbstreflexion anregen. Das Pro-
psychischen Fitness von Soldaten und Soldatinnen“ gramm besteht aus Aktionselementen und Projektbau-
wurden basierend auf bereits bestehenden Methoden steinen. Das Programm wurde 2016 sowohl im
Verfahren zur Erfassung der psychischen Fitness für Hinblick auf inhaltliche Aspekte als auch auf struktu-
die Streitkräfte entwickelt, die zweckgebunden zu relle und prozedurale Voraussetzungen für die Umset-
bestimmten Zeitpunkten angewendet werden können. zung evaluiert. Aus den Ergebnissen dieser Evaluation
Aus den Ergebnissen der Erfassung der psychischen wurden Optimierungsvorschläge abgeleitet. So wurde
Fitness lassen sich zielgruppenorientiert individuell inzwischen ein Projektbaustein „Drogen“ im Pro-
zugeschnittene Maßnahmen zum Erhalt und zur gramm implementiert.
Steigerung der psychischen Fitness für Soldaten
ableiten. Die Überführung der Maßnahmen in den Gefördert durch: Bundesministerium
Regelbetrieb erfolgt seit 2016. für Verkehr und digitale Infrastruktur
Der Geschäftsbereich des BMVg führt ein systemati- Das Gesetz der Straße: Alkohol und Drogen am
sches Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) Steuer
ein. Das BGM hat zum Ziel, die Gesundheit der Bundes- Im Rahmen des Projekts „Bewegtbild und Erstellung
wehrangehörigen zu erhalten, zu schützen und zu von Unterrichtsmaterialien“ des BMVI werden
fördern. 2015 wurde ein wissenschaftlich begleitetes Kurzfilme zur Gestaltung von Unterrichtseinheiten für
Pilotprojekt an elf Erprobungsdienststellen durchge- junge Menschen mit pädagogischem Begleitmaterial
führt. Im Pilotprojekt wurden neben Angeboten in den erstellt. Auf dem YouTube-Kanal des BMVI sowie auf
Handlungsfeldern Bewegung, Ernährung und Stressbe- der Online-Plattform www.lehrer-online.de können
wältigung auch Maßnahmen im Bereich Sucht- bzw. interessierte Lehrkräfte kostenlos darauf zugreifen.
Abhängigkeitsprävention umgesetzt. Dabei erfolgte 2016 wurde neben dem Thema „Ablenkung“ ein Video
eine Einbeziehung des SSHS e. V., der mit betrieblichen und Material zu „Alkohol und Drogen am Steuer“
Suchtkrankenhelfern eine Betreuung aller Erprobungs- realisiert: Was bringt der Konsum von Alkohol und
dienststellen in Form von Vorträgen und Einzelgesprä- Drogen so alles in unserem Gehirn durcheinander und
chen sicherstellte. Basierend auf den in der Erprobung wie wirkt sich das auf unser Verhalten im Straßenver-
gewonnenen Erkenntnissen wurde die schrittweise kehr aus? Ralph Caspers kennt „Das Gesetz der Straße“.
Ausfächerung des BGM in der Bundeswehr begonnen. Weitere Themen werden 2017 folgen.
„Verantwortung von Anfang an!“ – Leitfaden für den 22-Jährigen bereits vor dem 18. Lebensjahr mindestens
Verzicht auf alkoholhaltige Getränke in Schwanger- einmal im Monat übermäßig alkoholisiert mobil im
schaft und Stillzeit öffentlichen Verkehrsraum unterwegs waren.
„Alkohol – Alles im Griff!“ ist das Thüringer Bündnis
für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol.
Verantwortung
von Gemeinsam mit Vertretern der Politik, der Vereine und
Die Sozialarbeiter begleiten bei sogenannten „bad einzelnen Bereichen als auch bereichsübergreifende
trips“ und leisten im Drogennotfall Erste Hilfe. sowie diverse Schnittstellen- und Kommunikations-
https://www.facebook.com/Safer-Nightlife-in-Dres- probleme (unter anderem mit dem Kostenträger) eine
den-1675360949412830/?ref=page_internal bedarfsgerechte Versorgung behindern. Auffallend sind
hierbei in nahezu allen Versorgungsbereichen zum Teil
„Methamphetaminkonsum in Mitteldeutschland“ lange Warte- und zu kurze Behandlungszeiten sowie
Ziel des von der Universität Halle durchgeführten mangelnde finanzielle und personelle Ressourcen. Aber
Forschungsprojekts war es, die Anforderungen an den auch motivationale Barrieren aufseiten der Behandler
gestiegenen Versorgungsbedarf von Methamphetamin- sowie zum Teil nicht ausreichend angepasste Behand-
Abhängigen in Mitteldeutschland und die damit lungs- und Beratungskonzepte beeinträchtigen eine
verbundenen Herausforderungen zu explorieren. Die bedarfsgerechte Versorgung Methamphetamin-Abhän-
Ergebnisse der von der Deutschen Rentenversicherung giger in Mitteldeutschland. Weiterhin liefern die Ergeb-
Mitteldeutschland geförderten Studie zeigen überein- nisse der Studie sowohl inhaltliche als auch strukturel-
stimmend mit aktuellen internationalen und nationa- le Optimierungspotenziale der einzelnen Versorgungs
len Daten, dass es sich bei den Methamphetamin- sektoren sowie Verbesserungsmöglichkeiten der
Abhängigen um eine sehr heterogene Gruppe handelt, Schnittstellen- und Kommunikationsprobleme.
welche unterschiedliche Ansprüche an eine bedarfsge- http://www.ims.uni-halle.de/forschung/forschungs-
rechte Versorgung stellt. Eine besonders vulnerable projekte/laufende_projekte/meth-md/
Konsumentengruppe bilden hierbei Eltern mit
Kindern, Frauen sowie Schwangere. Weiterhin konnten Computerspiel- und Internetabhängigkeit
die Ergebnisse der Studie internationale Erkenntnisse
zur Konsummotivation stärken und insbesondere für Interface Extended – ein Präventions- und Beratungs-
den deutschen Kontext ausbauen. Die Analysen zeigen angebot zum Thema exzessive Mediennutzung der
als Hauptmotiv für den Konsum von Methampheta- Jugend(Sucht)Beratung Hamm
min die Leistungssteigerung in Beruf, Schule, Ausbil-
dung und Alltag. Die Konsumenten versuchen, wie
auch immer geartete Belastungssituationen mithilfe
des Konsums von Crystal Meth zu bewältigen. Daneben
sind weitere Konsummotivationen wie zum Beispiel
Selbstmedikation, Selbstwertsteigerung und Auspro-
bieren zu nennen. Die Ergebnisse verdeutlichen zudem,
dass verschiedene Besonderheiten und Komorbiditä- Interface Extended ist ein systemisches Beratungs- und
ten (insbesondere psychische Erkrankungen) der Präventionsangebot für exzessiv medienkonsumieren-
Betroffenen das gesamte Suchthilfesystem vor neue de Jugendliche und deren Angehörige.
Herausforderungen stellen. Insgesamt gestaltet sich die
Versorgung der Betroffenen anspruchsvoller und Das dreijährige Projekt wird im Rahmen des Aktions-
zeitintensiver als bei anderen Drogenkonsumenten. In planes gegen Sucht Nordrhein-Westfalen gefördert.
Bezug auf die aktuelle Versorgungsstruktur zeigt sich, Im ersten Jahr wird Interface Extended in der Ju
dass derzeit keine ausreichend bedarfsgerechte gend(Sucht)Beratung in Hamm implementiert, bevor
Versorgung für Methamphetamin-Abhängige in anschließend die Ergebnisse auf weitere Standorte in
Mitteldeutschland gewährleistet werden kann, da diese NRW übertragen werden. Das Projekt bietet neben der
durch mehrdimensionale Barrieren und Defizite in Beratung von Jugendlichen und deren Eltern auch die
allen Versorgungsbereichen beeinträchtigt ist. Möglichkeit der Kontaktaufnahme über verschiedene
digitale Wege. Chat, App und relevante soziale Netz-
Zusammenfassend kann formuliert werden, dass werke ermöglichen die Kontaktaufnahme. Ein zusätzli-
sowohl unterschiedliche strukturelle Probleme in cher Schwerpunkt ist die Sensibilisierung, Vernetzung
und Fortbildung von Multiplikatoren. Das Projekt wird „LOG OUT – unabhängig im Netz“ wurde von der Nie-
von der SRH Hochschule Hamm evaluiert. dersächsischen Landesstelle für Suchtfragen koordi-
www.interface-hamm.de niert und von der Universität Hildesheim evaluiert.
http://nls-online.de/home16/index.php/praevention/
log-out-unabhaengig-im-netz
einer Pilotstudie an der Drogen- und Alkoholambulanz (NLS) das Erklärvideo „Sportexperte = Wettexperte?“
für Jugendliche, junge Erwachsene und deren Familien entwickelt. Es richtet sich vor allem an sport- und
des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf fußballbegeisterte junge Männer. Das Erklärvideo
evaluiert. Verwendet wurden die Compulsive Internet vermittelt in 90 Sekunden die Anreize und zugleich
Use Scale (CIUS) zur Erfassung von pathologischem Risiken von Sportwetten. In einfacher Sprache fördert
Internetgebrauch und das Screening psychischer es mit animierten Bildern die Sensibilität und Auf-
Störungen im Jugendalter (SPS-J) zur Erfassung der merksamkeit für das Thema Sportwetten und zeigt die
Psychopathologie. Die Ergebnisse geben Hinweise auf oft vorhandene Kompetenzüberschätzung der Wetter
die Wirksamkeit des Programms. Die Jugendlichen sowie die damit verbundenen Risiken auf. Zusätzlich
berichteten zu Behandlungsende signifikante Verbes- gibt es Hinweise auf Informationsmöglichkeiten und
serungen hinsichtlich der Schwere ihres problemati- Unterstützungsangebote. Das Video ist auch auf
schen Internetgebrauchs sowie der durchschnittlichen Türkisch und Arabisch und als Version mit Untertiteln
Nutzungszeiten des Internets. Es ergaben sich keine abrufbar.
signifikanten Veränderungen in der psychopathologi- http://www.wette-glueck.de
schen Belastung, in der sich die Jugendlichen allerdings
bereits zu Behandlungsbeginn kaum von den Mittel- Präventionsprojekt Glücksspiel
werten der deutschen SPS-J-Normstichprobe unter- Das Präventionsprojekt Glücksspiel in Trägerschaft der
schieden. pad gGmbH ist im Auftrag der Senatsverwaltung für
Gesundheit, Pflege und Gleichstellung für die berlin-
Internetportal computersuchthilfe.info weite Prävention von Glücksspielsucht zuständig. Über
Die Onlineplattform ist im Rahmen des vom Deut- Facebook, Twitter und YouTube kommt das Präventi-
schen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und onsprojekt besonders zeitnah und individuell mit
Jugendalters (DZSKJ) durchgeführten Projekts „Bera- Jugendlichen und jungen Erwachsenen ins Gespräch.
tungs- und Behandlungsangebote zum pathologischen Seit 2016 können sich Ratsuchende neben den offenen
Internetgebrauch in Deutschland und zielgruppenspe- Sprechzeiten auch per WhatsApp an das Projekt
zifisches Informationsmaterial für betroffene Kinder, wenden.
Jugendliche und Erwachsene“ entstanden. In dem
Internetportal werden unter anderem eine Suchma-
schine zu bundesweiten Beratungs- und Behandlungs-
einrichtungen sowie PDF-Versionen von drei Broschü-
ren zum Thema Computer- und Internetsucht mit den
Zielgruppen Jugendliche, Erwachsene sowie Angehöri-
ge und Lehrer angeboten. Im Rahmen eines gemeinsa-
men Projekts mit der DAK wurde die Plattform 2015
aktualisiert.
www.computersuchthilfe.info
Pathologisches Glücksspiel
dazu animiert, die Präventionsbotschaft zu teilen und 2.2 Suchtstoff- bzw. suchtformübergreifende
selbst weiterzuverbreiten. So konnte für die Kampag- Projekte
nenfilme „Glückssträhne“ und „Vorsicht vor Jack Pott“
eine hohe Reichweite mit über 25.900 Klicks erreicht Die blu:app von blu:prevent – kostenfreie Sucht
werden. präventions-App für Jugendliche
Maßgeblich aus Sponsorenmitteln wurde eine Daten- gerschaft, Geburt, junge Familie und Sucht und verfolgt
bank aller Suchthilfe- und Altenhilfeeinrichtungen im die Ziele:
Landkreis erstellt, die über die Website abrufbar ist. • Zusammenarbeit der beteiligten Arbeitsfelder
http://www.suchthilfe-altenhilfe-ldk.de • eine Kultur des Hinschauens zu fördern
• frühzeitigere und effizientere Hilfestellungen
Hamburger Basiscurriculum Jugend und Sucht • den Wissensstand zu fördern
• eine Vernetzung des Hilfesystems und die Weiterent-
wicklung der Qualität zu erreichen
www.lina-net.de
Fachkräfte aus pädagogischen Arbeitsfeldern wie „Stark bleiben – Für ein Leben ohne Sucht.“
Schule oder Freizeiteinrichtungen, ambulanter oder (Nordrhein-Westfalen)
stationärer Jugendhilfe müssen sich, um professionell
arbeiten zu können, mit Fragen zum Thema Jugend
und Sucht auseinandersetzen. Dabei reicht es nicht,
sich nur Wissen zur Wirkung eines einzelnen Sucht-
mittels anzueignen, vielmehr benötigen Fachkräfte in
der Arbeit mit konsumierenden Jugendlichen eine
breit gefächerte Palette von Informationen, Fachwissen „Stark bleiben“ ist ein Modul der Landeskampagne
und Unterstützung. Mit dem Basiscurriculum werden „Sucht hat immer eine Geschichte“ des nordrhein-
umfassende Grundlagen und Handlungssicherheit im westfälischen Gesundheitsministeriums. Es zielt darauf
Themenfeld Jugend und Sucht vermittelt. Es handelt ab, ältere Menschen ab 55 Jahren als neue Zielgruppe
sich um ein Kooperationsprojekt zwischen dem suchtpräventiver Arbeit über die Risiken im Umgang
Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und mit Alkohol und Medikamenten (mit Abhängigkeitspo-
Jugendalters (DZSKJ), dem SuchtPräventionsZentrum tenzial) zu informieren und zu sensibilisieren. Für viele
(SPZ), Kompass und Trockendock e. V., Kajal-Frauen- Menschen ist etwa der Ausstieg aus dem Arbeitsleben
perspektiven e. V. und SUCHT.Hamburg. Gefördert ein massiver Verlust. Fehlende Tagesstrukturen und
wird das Projekt mit Mitteln der Behörde für Gesund- Einsamkeit lassen sie zu Beruhigungs- und Schlafmit-
heit und Verbraucherschutz (BGV) der Stadt Hamburg. teln oder Alkohol greifen. „Stark bleiben“ will ein Be-
www.basiscurriculum-hamburg.de wusstsein dafür schaffen, wie gesundes und bewusstes
Altern gelingen kann und in welchen Situationen
lina-net – Schwangerschaft Kind Sucht Schutzfaktoren erforderlich sind.
lina-net ist ein Fachkräftenetzwerk, das 2008 auf der
Basis der Rahmenvereinbarung „Suchtgefährdete und Zur Kampagne gehören ein mobiler Infostand für Seni-
suchtkranke schwangere Frauen und Familien mit orenmessen, Gesundheitstage und Ähnliches, die
Kindern bis zu einem Jahr“ durch die Hamburger Broschüre „STARK BLEIBEN – für ein Leben ohne
Gesundheitsbehörde initiiert wurde. Sucht“ mit Fakten, Hintergründen und Tipps sowie die
Website mit vertiefenden Informationen zum gesun-
Die von Vertretern aller betroffenen Arbeitsfelder den Altern, Selbsttests, einem Wissens-Quiz und mehr.
erarbeitete Rahmenvereinbarung überträgt die weitere www.stark-bleiben.nrw.de
Koordination und Begleitung des Netzwerks an die
Zentrale Fachstelle für Suchtprävention und Suchtfra-
gen in Hamburg (Sucht.Hamburg).
BENGALO – Optimierung eines Behandlungs- und verschiedenen Stationen haben die Schüler die
Erziehungsangebots für Gefangene mit Gewalt- und Möglichkeit, sich in Kleingruppen unter anderem mit
Suchtproblemen in einer sozialtherapeutischen den Schwerpunktthemen Rausch, Alkohol, Tabak,
Haftstation des Jugendstrafvollzugs illegale Substanzen und Werbung zu beschäftigen und
Jugendliche und junge Erwachsene, die eine Jugend- einen kritischen Blick auf den eigenen Konsum bzw.
haftstrafe im geschlossenen Vollzug ableisten, weisen das eigene Verhalten zu werfen.
mit hoher Wahrscheinlichkeit verschiedene Merkmale
und Risiken auf, die mit einer ungünstigen Prognose argument – das Spiel
für den weiteren Lebenslauf einhergehen. Bisherige Die Fachstelle für Suchtprävention im Direktionsbezirk
Ansätze, die den erzieherischen Auftrag im Jugend- Chemnitz entwickelte das Spiel argument. argument
strafvollzug aufgreifen und Anleitungen für eine macht Spaß und eignet sich als pädagogisches Material
gelungene Anpassung nach Haftentlassung geben, im Rahmen suchtpräventiver Veranstaltungen. Das
greifen nicht alle Hauptrisiken auf, um sie in einem Spiel ermöglicht eine thematische Auseinandersetzung
integrativen Ansatz abzuschwächen. Das vom Deut- mit legalen und illegalen Suchtmitteln sowie Verhal-
schen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und tenssüchten. Es geht darum, ein Ereignis aus verschie-
Jugendalters (DZSKJ) durchgeführte und durch die denen Perspektiven zu betrachten und sich in einer
Justizbehörde Hamburgs finanzierte Projekt BENGALO Gesprächsrunde kritisch damit auseinanderzusetzen.
versucht hier Abhilfe zu schaffen. In Zusammenarbeit argument bietet Spielern hierfür eine Vielzahl ver-
mit der Jugendstrafanstalt Hahnöfersand wird eine schiedener Rollen-, Eigenschafts- sowie Ereigniskarten,
sozialtherapeutische Station konzipiert und evaluiert, welche eine Entscheidungsfrage beinhalten. Die
in der problematischer Substanzkonsum, dissoziales Jugendlichen schlüpfen beispielsweise in die Rollen
Verhalten und Emotionsregulationsdefizite gleicher- von Müttern, Vätern, Schulleitern, Mitschülern und
maßen integrativ behandelt werden. Das Projekt wird Lehrern. argument öffnet den Blick für andere Pers-
die JVA Hahnöfersand kompetenzbezogen in die Lage pektiven und trägt dazu bei, Klischees zu hinterfragen
versetzen, die Station im Falle eines Erfolges alleine und abzubauen. Ein offener Meinungsaustausch wird
weiterzubetreiben. Die hier entwickelten Interventi- angeregt. Das Spiel ist geeignet für 5 bis 15 Spieler.
onselemente werden so konzipiert, dass ein Übertrag
der Elemente in alle Bereiche des Jugendstrafvollzugs
und der Untersuchungshaft mit der Zielgruppe
möglich ist.
Krankenversicherung haben zur Flexibilisierung der Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der
Angebote in der Suchtrehabilitation gemeinsam somatischen und psychosomatischen Rehabilitation“
einheitliche Rahmenbedingungen für die ganztägig am Institut für Qualitätsmanagement und Sozialmedi-
ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung zin (AQMS) des Universitätsklinikums Freiburg. Die
beschlossen. Der Wechsel in die ganztägig ambulante Praxisempfehlungen beziehen sich auf stoffgebundene
Rehabilitation ermöglicht es, auch nach Beginn einer Suchtprobleme (Alkohol, Medikamente und illegale
stationären Rehabilitation flexibel auf den individuel- Drogen) mit Ausnahme von Tabak.
len Rehabilitationsbedarf zu reagieren. Er geht mit http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allge-
einer Verkürzung der vorherigen stationären Phase mein/de/Inhalt/3_Infos_fuer_Experten/01_sozialmedi-
einher. Die ganztägig ambulante Phase beginnt zin_forschung/downloads/konzepte_systemfragen/
spätestens vier Wochen vor dem geplanten Entlas- konzepte/komorbide_suchtprobleme.html
sungstermin und erfolgt nahtlos im Anschluss an die
stationäre Rehabilitationsphase. „Nord Sub+“ – Substitutionsgestützte Rehabilitation
ohne Abdosierungsvorgabe
Dieses neue flexibilisierte Rehabilitationsangebot Seit dem Jahr 2016 führt die Deutsche Rentenversiche-
ergänzt die bereits bewährten Verfahren „Ambulante rung Nord in Zusammenarbeit mit einer Fachklinik für
Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit Verkür- Rehabilitation das Modellprojekt „Nord Sub+“ durch.
zung der vorherigen Phase“ und „Ambulante Fortfüh- Zielgruppe sind in erster Linie arbeitsmarktnahe Versi-
rung der Entwöhnungsbehandlung ohne Verkürzung cherte, die sich gegenwärtig einen Verzicht auf das
der vorherigen Phase“. Die Rahmenbedingungen sind Substitut nicht vorstellen können. Ferner sind Perso-
zum 1. Oktober 2016 in Kraft getreten. nen angesprochen, für die die Einstellung der Substitu-
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allge- tion aus medizinischen Gründen kontraindiziert
mein/de/Inhalt/3_Infos_fuer_Experten/01_sozialmedi- erscheint.
zin_forschung/downloads/konzepte_systemfragen/
konzepte/ganzttaegig_ambulante_fortfuehrung_der_ Die Rehabilitanden sollen jedoch langfristig einen
entwoehnungsbehandlung.html ganzheitlichen Abstinenzwunsch besitzen. Im Rahmen
des Modellprojekts soll ihnen die Möglichkeit gegeben
Komorbide Suchtprobleme in der medizinischen werden, den Abstinenzwunsch zu stärken bzw. auszu-
Rehabilitation – Praxisempfehlungen bauen. In diesem Sinne kann es auch im Rahmen der
Die Deutsche Rentenversicherung Bund verbindet mit Adaption bzw. ambulanten Fortführung der Entwöh-
der Förderung dieses Projekts den Wunsch, die im nungsbehandlung bei der Substitution bleiben. Unter
Zusammenhang mit Suchterkrankungen in somati- arbeitsmarktnahen Versicherten werden von der
schen und psychosomatischen Rehabilitationseinrich- Deutschen Rentenversicherung Nord Rehabilitanden
tungen bestehenden Unsicherheiten und Schwierigkei- verstanden, die hinsichtlich ihrer persönlichen, sozia-
ten zu thematisieren. Es werden einfache Maßnahmen len und beruflichen Voraussetzungen eine positive
aufgezeigt, die den Mitarbeitern in den Einrichtungen Eingliederungsprognose für den allgemeinen Arbeits-
als evidenzbasierte Entscheidungshilfe bei Screening, markt besitzen und demnach zu aktiver Mitwirkung bei
Diagnostik, Intervention und Dokumentation dienen. berufsbezogenen Prozessen bereit sind. Das Projekt ist
Sie sollen die Rehabilitationseinrichtungen dabei zunächst für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgelegt.
unterstützen, bei diagnostischen und therapeutischen
Interventionen eine klare Vorgehensweise, einen „deaf Sucht hilfe“ – Suchtberatung für Hörgeschädigte
effizienten Personaleinsatz, eine gute Wirksamkeit und Die Deutsche Rentenversicherung Nord und die Aktion
eine hohe Zufriedenheit bei Rehabilitanden sowie Mensch fördern seit 2015 das Suchtberatungsangebot
Mitarbeitern zu erreichen. für hörgeschädigte Menschen. Nach einer Initialphase
im Jahr 2015 wurde das Angebot im Jahre 2016 zu
Entwickelt wurden die „Praxisempfehlungen zum einem eigenständigen Projekt ausgebaut.
stützen. Mit Blick auf die Empfehlungen zur Stärkung Kampagne „Gesundheitsorientierung zur Förderung der
des Erwerbsbezugs in der medizinischen Rehabilitation Beschäftigungsfähigkeit“ der Bundesagentur für Arbeit
Abhängigkeitskranker (BORA-Empfehlungen) ist fest- Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat 2010 die
zuhalten, dass den Nachsorgeangeboten eine zentrale Kampagne „Gesundheitsorientierung zur Förderung
Rolle zukommt. der Beschäftigungsfähigkeit“ initiiert, welche sich auf
drei Säulen stützt: strategische Kooperationen,
Abweichend vom regulären Nachsorgeangebot werden Prozesse und Produkte sowie Wissensmanagement.
im neuen Nachsorgeprojekt „JobPLUS“ im Rahmen Die Arbeitsagenturen und gemeinsamen Einrichtun-
einer individuellen Fallbetreuung ehemalige Rehabili- gen möchten damit für ihre Leistungsberechtigten
tanden und (falls vorhanden) deren Arbeitgeber bei der einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsförderung und
beruflichen Integration begleitet. Prävention leisten.
„JobPLUS“ wird evaluiert. Auf Basis der Evaluationser- Die BA hält mit ihren Fachdiensten (Berufspsychologi-
gebnisse sollen Erfolgsfaktoren und nützliche Baustei- scher Service, Ärztlicher Dienst und Technischer
ne für die Gestaltung der Übergangsphase nach der Beratungsdienst) kompetente Ansprechpartner und
stationären Rehabilitation erarbeitet werden. Dienstleistungen für die berufliche (Wieder-)Eingliede-
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allge- rung von Arbeitslosen bereit. Die gemeinsamen
mein/de/Inhalt/3_Infos_fuer_Experten/01_sozialmedi- Einrichtungen machen von den Möglichkeiten
zin_forschung/downloads/konzepte_systemfragen/ Gebrauch, Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpoli-
konzepte/gemeinsame_empfehlung_BORA_2014.html tik mit gesundheitsorientierenden Elementen zu
ergänzen. Darüber hinaus stärkt die BA die Kompeten-
Netzwerke für Aktivierung, Beratung und Chancen zen ihrer Fachkräfte durch Qualifizierungsmaßnah-
Für Menschen, die schon längere Zeit arbeitslos sind, men in ressourcen- und lösungsorientierter Beratung
hat sich ein umfassendes, maßgeschneidertes Betreu- sowie in Handlungsfeldern, die eine spezifische
ungsangebot als zielführend erwiesen, damit sich für Fachlichkeit erfordern (zum Beispiel die Integrations-
sie neue Perspektiven am Arbeitsmarkt eröffnen. Daher arbeit mit suchtkranken oder chronisch kranken
hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Leistungsbeziehenden).
Initiative „Netzwerke für Aktivierung, Beratung und
Chancen“ gestartet. Diese zielt auf eine intensivierte Modellprojekt zur Verzahnung von Arbeits- und
und bedarfsgerechte Betreuung langzeitarbeitsloser Gesundheitsförderung
Personen in den Jobcentern. Dabei sind die Jobcenter Im Rahmen eines gemeinsamen Modellprojekts der
aufgefordert, mit allen örtlichen Akteuren, die für eine Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Gesetzlichen
erfolgreiche Vermittlung in Arbeit relevant sind, in Krankenversicherung wurden von Mitte 2014 bis Mitte
einem Netzwerk zu kooperieren. Vor allem den 2015 in sechs Jobcentern verschiedene Wege erprobt,
kommunalen Partnern kommt dabei eine wichtige um die Inanspruchnahme von primärpräventiven
Rolle zu – beispielsweise bei der Suchtberatung. Aber Angeboten zu steigern sowie die trägerübergreifende
auch Krankenkassen und Rehabilitationsträger sind Zusammenarbeit in örtlichen Steuerungsgruppen zu
wichtige Akteure, damit gemeinsam gute Ideen gewährleisten. Die Basis dafür bildete die gemeinsame
entstehen oder erfolgreiche Ansätze weiterentwickelt „Empfehlung zur Zusammenarbeit zum Thema
werden. Da die Voraussetzungen und Herausforderun- Arbeitslosigkeit und Gesundheit“ aus dem Jahr 2012.
gen vor Ort sehr unterschiedlich sind, haben die
Jobcenter beim Aufbau ihrer Netzwerke Gestaltungs- Durch eine bessere Verzahnung gesundheitsfördernder
freiheit. Sie entscheiden vor Ort über die konkrete Angebote der Krankenkassen (unter anderem Sucht-
organisatorische, personelle, methodische und prävention) mit dem Dienstleistungsangebot der
instrumentelle Ausgestaltung. Agenturen für Arbeit und Jobcenter soll die gesund-
heitliche Leistungsfähigkeit sozial Benachteiligter
verbessert werden. Vor dem Hintergrund des 2015 in Entsprechend der „Empfehlung zur Stärkung des
Kraft getretenen Präventionsgesetzes konnten 2016 Erwerbsbezuges in der medizinischen Rehabilitation
weitere 46 Jobcenter und acht Agenturen für Arbeit für Abhängigkeitskranker“ aus dem Jahr 2015 soll zwi-
die Teilnahme an dem erweiterten Modellprojekt schen der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen
gewonnen werden. Insgesamt haben über das Interes- Rentenversicherung Bund abgestimmt werden, wie
senbekundungsverfahren der BA und der kommuna- der Übergang von arbeitslosen Abhängigkeitskranken
len Spitzenverbände über 100 Jobcenter und Agentu- aus medizinischen Rehabilitationseinrichtungen in die
ren für Arbeit ihre Bereitschaft zur Teilnahme Betreuung durch die Agenturen für Arbeit und
signalisiert. Über 50 Standorte konnten noch 2016 Jobcenter erfolgen kann.
berücksichtigt werden, eine weitere Aufstockung des http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allge-
Projekts ist für das zweite Halbjahr 2017 geplant. mein/de/Inhalt/3_Infos_fuer_Experten/01_sozialmedi-
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumen- zin_forschung/downloads/konzepte_systemfragen/
te/krankenversicherung_1/praevention__selbsthilfe__ konzepte/gemeinsame_empfehlung_BORA_2014.html
beratung/praevention/praevention_evaluation/160802_
Gesamtbericht_Modellprojekt_BGF_barrierefrei.pdf Fallmanagement
Im Rahmen der Qualifizierung von Fallmanagern der
Integrationsarbeit mit chronisch erkrankten Menschen Bundesagentur für Arbeit zu „Zertifizierten Care- und
am Beispiel HIV Casemanager/innen“ nach den Richtlinien der
Basierend auf einer gemeinsamen Erklärung der „Deutschen Gesellschaft für Care- und Casemanage-
Deutschen AIDS-Hilfe e. V. und der Bundesagentur für ment“ (DGCC) wird neben einem Modul zum Thema
Arbeit aus dem Jahr 2012 wurde zusammen mit der „Gesundheitsorientierung im beschäftigungsorientier-
Deutschen AIDS-Hilfe ein Qualifizierungsangebot ten Fallmanagement“ auch ein spezielles Modul zum
„Leben und Arbeiten mit HIV – ein Beispiel für den Thema „Handlungsfeld Sucht“ angeboten. Inhalte
Umgang mit chronischen Erkrankungen und Tabuthe- dieses Moduls sind unter anderem die Grundlagen von
men“ erarbeitet, das den Vermittlungs- und Integrati- Abhängigkeitserkrankungen sowie deren Auswirkun-
onsfachkräften der BA nachfrageorientiert zur gen, das Erkennen von Sucht sowie der Umgang mit
Verfügung gestellt wurde. Ein wesentlicher Bestandteil Suchtkranken in der Beratung unter Einbezug lokaler
des Schulungsmoduls ist der empfohlene Umgang mit Netzwerkpartner.
substituierten Personen. 2017 wird dazu ein Themen-
tag für Multiplikatoren aus Regionaldirektionen, Gesundheitsorientierung in Aktivierungs- und
Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung und Arbeits- Eingliederungsmaßnahmen
agenturen angeboten, um erneut für das Thema zu Mit dem Modul „Gesundheitsorientierung“ steht den
sensibilisieren. Jobcentern in gemeinsamen Einrichtungen ein flexibel
einsetzbarer Baustein zur Ausgestaltung von Aktivie-
Übergang aus medizinischen Rehabilitationsein rungs- und Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung.
richtungen in die Betreuung der Arbeitsagenturen Bis zu 20 Prozent einer Maßnahme dürfen auf gesund-
und Jobcenter heitsorientierende Aktivitäten entfallen. Träger von
Eine gut abgestimmte Zusammenarbeit und die Koor- Arbeitsmarktdienstleistungen können entsprechende
dinierung der Beratungs- und Dienstleistungsangebote Angebote professionell entwickeln. Das Modul
der verschiedenen Leistungsträger unterstützen Reha- beinhaltet die Säulen Stressbewältigung, Bewegung,
bilitanden dabei, einen dauerhaften Ausstieg aus ihrer gesunde Ernährung, Umgang mit eigenem Konsum-
Abhängigkeitserkrankung zu erreichen und dadurch verhalten sowie Selbstmanagement.
Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren bzw. zu vermei-
den.
Stichwortverzeichnis
Agenda 2030 75, 76, 78 EBDD 73
Alkohol 35 ff., 123 ff. Entwicklungszusammenarbeit 80 f.
Alkoholabhängigkeit 42, 83 ff. Entzug 52, 55, 60, 62
Alkoholprävention 42, 123 ff. Epidemiologischer Suchtsurvey 18, 24, 26, 30,
Alternative Entwicklung 77 ff. 35 ff., 44, 52, 54 f., 59
Amphetamine 44 f., 74 ff., 130 Erstauffällige Konsumenten harter Drogen (EKhD) 49
E-Shishas 7, 25, 29, 32, 121, 142
Behandlung 4 f., 11, 17 f., 20, 42 ff., 75, Europa 7, 17, 27, 33, 50, 54, 60, 73 ff., 125, 131 f., 142
84, 95, 115, 121, 129 ff. E-Zigaretten 7, 25, 29 ff., 121, 142
Benzodiazepine 43, 128
Betäubungsmittelgesetz 43, 45, 47, 56, 60 FAS/FASD 4, 8, 10 f., 40 f., 88, 124, 147
Betäubungsmittelverschreibungsverordnung 4, 7, 58 Frühe Hilfen 113 ff., 139, 150
BLIKK-Studie 66 Förderung schwer zu erreichender
Budget für Arbeit 23 junger Menschen 23
Bundesteilhabegesetz 12, 20 ff.
Bundeswehr 144 f. GEDA-Studie 18, 25 ff., 36 ff., 83, 140
Bundeszentrale für gesundheitliche Glücksspiel 67 ff., 84, 87, 137 f., 151 f.
Aufklärung 5, 13, 18, 25, 52, 113, 118, 123 ff., 165 Grundstoffüberwachung 54
Cannabis 19, 45, 47, 50 ff., 59 f., 74, Hepatitis 40, 47 f., 56, 135
77, 79 f., 84, 131, 133, 153 Heroin 8, 45, 49 f., 55 ff., 74, 77, 80, 86, 89
Cannabis als Medizin 4, 7, 53 HIV 47 f., 54, 56, 74, 78, 134 f., 160
Computerspiel- und Internetabhängigkeit 5, 8 ff.,
61 ff., 136 ff., 149 ff. Inklusionsbetriebe 12, 23
Crystal Meth 4, 8, 11 f., 45, 48, 50, 54, Internationale Entwicklungszusammenarbeit 80 f.
86, 92 ff., 129 f., 135, 149 Internationaler Suchtstoffkontrollrat der
Vereinten Nationen (INCB) 78 ff.
Deutsche Gesellschaft für Internationale Internationales 8, 73 ff.
Zusammenarbeit (GIZ) 75 f., 81, 136 Internetabhängigkeit 5, 8 ff., 61 ff., 136 ff., 149 ff.
DAK-Studie „Game over“ 64 f. Internet Gaming Disorder 62
Darknet 51
Deutsches Krebsforschungszentrum 13, 29 ff., 165 Jahrestagung der Drogenbeauftragten 5, 8 ff.
Drogenaffinitätsstudie 8, 18, 28 f., 35, Jugendschutz 5, 7, 9, 18, 32, 71, 111, 146
38, 52, 54 f., 59 f., 62 f.
Drogenanbau 81 Kinder aus suchtbelasteten Familien 5, 83 ff., 139
Drogenbedingte Todesfälle 48, 56 Kokain 45 f., 48, 50, 54, 77, 79 f., 84, 87
Drogenhandel 51, 77, 79 Kommunale Netzwerke 108 ff.
Drogenkonsumräume 18, 20, 47
Medien 8, 13, 66
Medikamente 43ff., 49, 84, 128, 133, 140, 154 f., 157
Methamphetamin 4, 8, 11 f., 45, 48, 50, 54, 74,
79, 86, 89, 93 f., 129 f., 135, 149
Stichwortverzeichnis
177
Nationale Strategie 17 f. Tabak 7, 13, 18 f., 24 ff., 84, 89, 114, 121 ff.
Neue psychoaktive Stoffe (NPS) 4, 7 f., 45, 48 f., 59 ff., Tabakerzeugnisgesetz 7, 30
73 ff., 84, 128, 133, 135 Tabakrahmenübereinkommen der WHO 32 ff.
Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) 4, 7, 46, 60 Tabakschmuggelprotokoll 7, 32
Tabaksteuer 32
Opiate 48, 55 ff., 74 Tabakwerbeausgaben 34
Teilhabe 12, 17, 20 ff., 41, 146
Passivrauchen 12, 24, 34, 89, 122 f. Teilhabeberatung 22
Pathologisches Glücksspiel 67 ff., 84, 87, 137 f., 151 f. Trends 24, 35, 44, 52, 54 f., 59, 62
Prävention 5, 9 ff., 17 ff., 22, 41 f., 47 f., 66 ff.,
74 ff., 91, 93, 101 ff., 122 ff. UNGASS 8, 73, 75 ff.
Präventionsgesetz 19 f., 160 UNODC 50, 74 ff. 136
Rauchen 12 f., 20, 24 ff., 84, 89, 121 ff. Vereinte Nationen 8, 74 ff.
Rauchfrei unterwegs 12 f. Volkswirtschaftliche Folgen 30, 41, 53, 69
Rehabilitation 20, 22, 42, 45, 108, 115 f., 144, 156 ff.
Rentenversicherung 17, 20 f., 42, 45, 115 f. 149, 156 ff. Zigaretten 7, 24 ff., 122
Stichwortverzeichnis
178
Abbildungs- und
Tabellenverzeichnis
Abbildungen
01 Zeitliche Entwicklung der Rauchquote bei 16 Art und Anteil der gemeldeten
erwachsenen Männern und Frauen (18+) 25 Substitutionsmittel 58
02 Verbreitung des Rauchens bei 12- bis 17 Verbreitung der Computerspiel- und Internet
17-jährigen Jugendlichen und 18- bis Abhängigkeit unter männlichen und weiblichen
25-jährigen jungen E rwachsenen insgesamt Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den
und nach Geschlecht von 2001 bis 2015 26 Jahren 2011 und 2015 62
03 Rauchstatus von Männern und Frauen 18 Verbreitung der Computerspiel- und Internet
in Deutschland (18+) 27 abhängigkeit nach Bildungs- und sozialen
04 Anteil der Raucher und Raucherinnen Merkmalen bei 12- bis 25-Jährigen
in verschiedenen Altersgruppen 27 im Jahr 2015 63
05 Anteil der Raucher und Raucherinnen 19 Auswirkungen des Spielverhaltens 64
nach Sozialstatus 27 20 Auswirkungen der Computerspiele 65
06 Verbreitung des Rauchens nach Bildungs- 21 Trends Teilnahme an irgendeinem
und sozialen Merkmalen bei 12- bis Glücksspiel in den letzten 12 Monaten in
25-Jährigen im Jahr 2015 28 den BZgA-Surveys 2007 bis 2015 67
07 Gründe von Rauchern für die Verwendung 22 Trends problematisches und pathologisches
von E-Zigaretten im Jahr 2016 29 Glücksspielverhalten nach Geschlecht in den
08 Verbreitung des regelmäßigen Alkoholkonsums BZgA-Surveys 2009 bis 2015 68
bei 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und 23 Ergebnisse einer repräsentativen Befragung
18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen zur Situation von Lehrern und Erziehern
insgesamt und nach Geschlecht von 2001 im Auftrag der Drogenbeauftragten der
bis 2015 36 Bundesregierung 117
09 Alkoholkonsum von Frauen und Männern 24 Empfehlungen für verschiedene Akteure,
stratifiziert nach Altersgruppen 37 abgeleitet von den Ergebnissen der
10 Alkoholkonsum von Frauen und Männern DRUCK-Studie 134
stratifiziert nach Alters- und Sozialstatus- 25 Übersicht Verbundstruktur GeSA 137
gruppen 38 26 Medienstundenplan 156
11 Merkmale des Alkoholkonsums bei
12- bis 17-jährigen Jugendlichen insgesamt
und nach Geschlecht im Jahr 2015 39 Tabellen
12 Merkmale des Alkoholkonsums bei
18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen insge- 01 Zusammenstellung der jährlichen
samt und nach Geschlecht im Jahr 2015 39 Tabakwerbeausgaben 34
13 Bewilligte Entwöhnungsbehandlungen 02 Hauptdiagnosen bei ambulanter
nach Art der Leistung 42 Behandlung 46
14 Sicherstellung von illegalen Drogen 2016 50 03 Stationär betreute Patienten mit
15 Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten Suchtdiagnosen 46
in Deutschland von 2003 bis 2016 57 04 Kosten-Nutzen-Analyse von Glücksspiel 70
Danksagung
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung dankt den Dr. Uwe Verthein vom Zentrum für Interdisziplinäre
Bundesministerien, Ländern, Verbänden, Institutionen, Suchtforschung der Universität Hamburg und Dr. Ingo
Projektpartnern und allen anderen Mitwirkenden am Fiedler von der Universität Hamburg.
Drogen- und Suchtbericht für ihre Beiträge.
Genauso sehr gilt mein Dank meiner Mitarbeiterin
Besonderer Dank gilt dem IFT Institut für Therapie Christina Donath, die diesen Drogen- und Suchtbericht
forschung München, der Bundeszentrale für gesund- federführend betreut hat, den Kolleginnen und Kolle-
heitliche Aufklärung, dem Robert-Koch-Institut, dem gen in meinem Arbeitsstab und dem Bundesminis
Deutschen Krebsforschungszentrum, Dr. Diana terium für Gesundheit.
Moesgen und Prof. Dr. Michael Klein vom Deutschen
Institut für Sucht- und Präventionsforschung der Der Drogen- und Suchtbericht ist auch online
Katholischen Hochschule NRW, Prof. Dr. Rainer abrufbar. Viele Projekte in Kapitel 6 „Projekte, Studien,
Thomasius vom Deutschen Zentrum für Suchtfragen Initiativen“ sind darin ausführlicher beschrieben.
des Kindes- und Jugendalters des UKE Hamburg, PD www.drogenbeauftragte.de
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Danksagung
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ren Lesbarkeit nicht immer die weiblichen Formen Bundesministerium für Gesundheit
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diese Begriffe dann sowohl auf weibliche wie auch auf
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Christina Donath
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