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Interessant ist auch die Einzelwertung: Die Top Ten der ersten Spielrunde führten in
Golowin, Samedow and Gasinskij gleich drei laufstarke Russen an, auch Sobnin
schaffte es unter die Besten. Vier Akteure unter den energetischsten Zehn, aus
insgesamt rund 480 Aktiven: Das ist auffallend. Erst recht für ein Team, das vor der
WM von zehn Länderspielen nur eines gewann, 4:2 im Test gegen Südkorea.
All das führt angesichts der jüngeren Dopingvergangenheit des russischen Sports zu
vielen Fragen in der globalen Anti-Doping-Bewegung. Etwa bei Travis Tygart, Chef
von Amerikas Anti-Doping-Agentur (Usada), der einst Lance Armstrong zur Strecke
brachte. «Die Welt kennt das staatliche Doping in Russland, und diese Fragen sind
Ergebnis dieser Korruption», sagt er: «Zwangsläufig hängt eine dunkle Wolke über
solchen russischen Leistungen, bis sie transparent und die Fragen mit wahrhaftigen
Fakten beantwortet sind.»
Russlands Coach hört solche Zweifel nicht gern, schon gar nicht aus der
internationalen Betrugsbekämpfung. Er spürt, dass Scherze allein nicht weiterhelfen.
Also begründet Tschertschessow die Pferdelungen seiner Jungs damit, dass die schon
beim Confed Cup 2017 gut in Schuss waren – und seitdem «noch einige
Korrekturen» im Training erfolgt seien. Hinzu komme die Motivation, dass sie zu
Hause spielen.
Ich bin Trainer, nicht der Doktor.» Konkretes dazu gibt es nicht von russischer Seite.
Der Teamarzt sagte vor dem Turnier, seit 2012 sei jeder Spieler aus dem Kader 30 bis
40 Mal getestet worden – und der potenzielle WM-Kader im Jahr vor dem Turnier
insgesamt über 500 Mal.
Der Weltverband? Verweigert beharrlich jede Aussage, wie oft er die Russen während
des Turniers testet. Für Usada-Boss Tygart ein Unding; er sieht speziell die Fifa
wegen Russlands Staatsdoping-Affäre in besonderer Verpflichtung. «Die Tests mit
Geheimhaltung zu umhüllen, ist inakzeptabel», sagt er. Angesichts der etablierten
Korruption im russischen Sport, «die das Vertrauen der Fans weltweit erschüttert
hat, ist die Veröffentlichung der Test-Zahlen das Mindeste, was sie tun können». Es
sei sowieso «ein Witz», dass ausgerechnet bei der Fussball-WM die Welt-Anti-
Doping-Agentur (Wada) nicht testen dürfe. (Tages-Anzeiger)