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5.

3 Eigenschaften stetiger Funktionen

Unter Intervall verstehen wir im Folgenden stets ein Intervall, das aus mehr als einem Punkt
besteht.

Ein Hauptergebnis dieses Abschnittes wird der Beweis der Tatsache sein, dass eine auf
einem Intervall stetige Funktion, die in einem Punkt x1 einen Wert u und in einem Punkt x2
einen Wert v annimmt, in den Punkten zwischen x1 und x2 alle Werte annimmt, die
zwischen u und v liegen.

Zunächst legen wir fest, dass für zwei reelle Zahlen a und b, wobei a  b, die Aussage
„die reelle Zahl c liegt zwischen a und b “ gleichwertig ist mit c  a, b . 
Definition Es sei I ein Intervall. Man sagt, eine Funktion f : I  hat die Eigenschaft
von Darboux (oder Zwischenwerteigenschaft), wenn es für alle a, b  I und für jede Zahl 
zwischen f (a) und f (b) eine Zahl c zwischen a und b gibt, so dass f (c)  .

Eine Funktion mit der Eigenschaft von Darboux kann also keine Werte „überspringen“.

Bemerkung Hat eine Funktion f die Eigenschaft von Darboux und wird  zwischen f (a)
und f (b) so gewählt, dass  mit keiner dieser Zahlen übereinstimmt, dann fällt auch die
Zahl c mit keiner der Zahlen a und b zusammen.

Satz 5.9 Eine auf einem Intervall I definierte Funktion hat genau dann die Eigenschaft von
Darboux, wenn das Bild durch f eines jeden Teilintervalls von I ein Intervall ist (anders
gesagt: wenn sie jedes Intervall in ein Intervall umwandelt).

Der Beweis kann z.B. in Ţena auf S. 137 gefunden werden.

Lemma 1 Ist die Funktion f : D  in einem Punkt x0 stetig und f ( x0 )  0, dann gibt es
eine Umgebung U von x0 , so dass f ( x)  0 für alle x U  D . Eine analoge Aussage
gilt für f ( x0 )  0.

Beweis Es sei   0, so dass   f ( x0 ). Dann ist V  ( f ( x0 )   , f ( x0 )   ) eine


Umgebung von f ( x0 ), die nur positive Zahlen enthält. Wegen der Stetigkeit von f in x0
gibt es eine Umgebung U von x0 derart, dass f ( x) V für alle x U  D. Also gilt
f ( x)  0 für alle x U  D . Die analoge Aussage für f ( x0 )  0 erhält man, indem man
das Bewiesene auf die Funktion  f anwendet.

Lemma 2 Es sei I ein Intervall und f : I  . Wenn f stetig ist und es in I zwei Punkte
a und b gibt, so dass f in a und b verschiedene Vorzeichen hat, dann gibt es einen
Punkt c zwischen a und b, so dass f (c)  0.

Beweis Wir nehmen an a  b, f (a)  0, f (b)  0 (andernfalls wäre der Beweis ähnlich).
 
Es sei A  x  I x  b, f ( x)  0 . Die Menge A ist nichtleer, da a  A, und offenbar ist
A nach oben beschränkt (von b ). Somit gibt es die Zahl c  sup A und es gilt a  c  b.
Wir zeigen, dass f (c)  0.
Wir nehmen an, f (c)  0. Dann gibt es laut Lemma 1 eine Umgebung U von c, die wir
als offenes Intervall wählen können, so dass f ( x)  0 für alle x U . Wegen f (b)  0 ist
b U und hiermit c  b. In U wählen wir eine Zahl d , so dass c  d  b. Dann gilt
f (d )  0, also d  A. Nun steht aber d  c im Widerspruch zur Tatsache, dass
c  sup A. Es folgt f (c)  0.
Wir nehmen nun an, f (c)  0. Dann gibt es gemäß Lemma 1 eine Umgebung U von c,
die wir wieder als offenes Intervall wählen können, so dass f ( x)  0 für alle x U . Wegen
f (a)  0 gilt a U , also ist a  c. Es sei d U , so dass a  d  c. Da c  sup A, gibt es
x  A, so dass x   d , c  . Für ein solches x folgt aus der Definition von A, dass
f ( x)  0. Wegen x U ist jedoch f ( x)  0. Der Widerspruch zeigt, dass f (c)  0.
Somit wurde bewiesen, dass f (c)  0.

Satz 5.10 (Bolzano) Ist I ein Intervall und f : I  eine stetige Funktion, dann hat f
die Eigenschaft von Darboux.

Beweis Es seien a, b  I , a  b , und  ein Wert zwischen f (a) und f (b). Wir nehmen
an f (a)  f (b) (andernfalls ist der Beweis ähnlich). Wenn   f (a) oder   f (b), ist
die Aussage offensichtlich. Also genügt es, den Fall f (a)    f (b) zu behandeln. Wir
definieren g : I  , g  f  . Dann ist g stetig, g (a)  0, g (b)  0, weswegen nach
Lemma 2 die Existenz eines c zwischen a und b mit g (c)  0 folgt. Somit gilt f (c)  
und der Satz ist bewiesen.

Bemerkung Die Umkehrung von Satz 5.10 ist nicht wahr, denn es gibt Funktionen, die auf
einem Intervall definiert sind und die Eigenschaft von Darboux haben, jedoch nicht stetig
sind.
1
Übung Zeige anhand der Funktion f :  , f ( x)  sin für x  0 und f (0)  0,
x
dass die Umkehrung von Satz 5.10 nicht wahr ist.

Lemma 1 hat eine Anwendung bei der Bestimmung des Vorzeichens einer auf einem
Intervall stetigen Funktion. Das Lemma sagt, dass eine solche Funktion f zwischen zwei
Punkten a und b, in denen sie verschiedene Vorzeichen hat, eine Nullstelle haben muss.
Daraus folgt, dass die Funktion f in allen Punkten eines Intervalls, in dem sie keine
Nullstellen hat, dasselbe Vorzeichen bewahrt. Diese Schlussfolgerung kann wie folgt
ausgedrückt werden:

Satz 5.11 Eine auf einem Intervall definierte und stetige Funktion bewahrt zwischen zwei
aufeinanderfolgenden Nullstellen dasselbe Vorzeichen. (Das gilt auch für das Intervall links
der kleinsten Nullstelle sowie für das Intervall rechts der größten Nullstelle.)

Übungen Ţena, S. 140-141.

Satz 5.12 Eine auf einem Intervall definierte stetige und injektive Funktion ist streng
monoton.
Beweis Wir nehmen an, f sei nicht monoton. Dann gibt es x1 , x2 , x3 im Definitionsintervall,
so dass x1  x2  x3 und f ( x1 )  f ( x2 )  f ( x3 ) oder f ( x1 )  f ( x2 )  f ( x3 ). Es genügt,
den ersten Fall zu behandeln, weil im zweiten Fall der Beweis analog ist. Es sei
m  max  f ( x1 ), f ( x3 ) und    m, f ( x2 )  . Da f Eigenschaft von Darboux hat, gibt es
die Zahlen c1  ( x1 , x2 ) und c2  ( x2 , x3 ), so dass f (c1 )  f (c2 )   , was jedoch der
Injektivität von f widerspricht. Hiermit folgt, dass f monoton ist. Wegen der Injektivität von
f folgt nun, dass f streng monoton ist.

Satz 5.13 Eine auf einem Intervall definierte stetige und bijektive Funktion hat eine stetige
Umkehrfunktion.

Beweis Die Funktion f : I  J sei bijektiv, stetig und streng steigend. Für streng fallende
1
Funktionen ist der Beweis analog. Es sei y0  J und x0  f ( y0 ). Wir beweisen die
1
Stetigkeit von f in y0 . Dazu sei eine Umgebung V von f ( y0 ), also von x0 gewählt. Die
Umgebung V enthält ein Intervall (a, b), in dem x0 liegt. Weil f streng steigend ist, liegt
f ( x0 )  y0 im Intervall U  ( f (a), f (b)). Da auch die Umkehrfunktion von f streng
1
steigend ist, folgt, dass für alle y U die Ungleichungen a  f ( y)  b gelten, also
1 1 1
f ( y) V . Damit ist die Stetigkeit von f in y0 bewiesen. Es folgt, dass f auf J
stetig ist.

Übung Finde ein Beispiel einer bijektiven und stetigen Funktion, deren Umkehrfunktion nicht
stetig ist.

Als weiteres wichtiges Ergebnis beweisen wir nun einen Zusammenhang zwischen der
Stetigkeit und der Beschränktheit von Funktionen. Dass eine stetige Funktion nicht
beschränkt sein muss, zeigt das Beispiel f : (0, )  , f ( x)  ln x. Auch wenn der
Definitionsbereich eine beschränkte Menge ist, muss die Funktion nicht beschränkt sein, wie
1
das Beispiel g :  0, 1   , g ( x)  zeigt. Anders jedoch, wenn der Definitionsbereich
x
ein kompaktes Intervall ist.

Definition Es sei f :D f erreicht ihre


eine beschränkte Funktion. Man sagt,
Grenzen, wenn es Punkte x1 , x2  D gibt, so dass f ( x1 )  sup  f ( x) x  D und
f ( x2 )  inf  f ( x) x  D.

Satz 5.14 (Weierstraß) Eine auf einem kompakten Intervall definierte und stetige Funktion
ist beschränkt und erreicht ihre Grenzen.

Beweis Es sei f : a, b   eine stetige Funktion. Wir nehmen zuerst an, f sei nach

 
oben unbeschränkt. Dann gibt es zu jedem n  N ein xn  a, b , so dass f ( xn )  n. Die
Folge  xn  ist beschränkt, sie hat also eine konvergente Teilfolge, die wir immer mit  xn 
bezeichnen. Es sei x0  lim xn . Dann müsste wegen der Stetigkeit von f in x0 der
n

Grenzwert x0  lim xn gleich f ( x0 ) sein. Aus der Art, wie die Folge
n
 xn  gewählt wurde,
folgt jedoch lim f  xn   . Der Widerspruch zeigt, dass f nach oben beschränkt ist.
n
Wendet man dieses Ergebnis auf die stetige Funktion  f an, folgt, dass f auch nach
unten beschränkt ist. Somit ist f eine beschränkte Funktion.
Nun zeigen wir, dass die Funktion f ihre Grenzen erreicht. Es sei s  sup A, wo
 
A  f ( x) x   a, b . Aus der Definition des Supremums folgt, dass es zu jedem n  

1
ein yn  A derart gibt, dass s   yn  s. Somit gibt es zu jedem n  

ein xn  a, b 
n
1
mit s   f ( xn )  s. Daraus folgt lim f ( xn )  s. Die beschränkte Folge  xn  hat jedoch
n n

eine konvergente Teilfolge. Diese sei immer mit  xn  bezeichnet und ihr Grenzwert mit x 0 .
Dann gilt wegen der Stetigkeit von f in x0 die Gleichung lim f ( xn )  f ( x0 ). Es folgt
n
f ( x0 )  s, und somit wurde bewiesen, dass f ihr Supremum erreicht. Analog wird gezeigt,
dass die Funktion f ihr Infimum erreicht.

Bemerkung Aus Satz 5.12 folgt, dass eine auf einem kompakten Intervall definierte und
stetige Funktion ein Maximum und ein Minimum hat.

Übungen Ţena, S. 143-144.

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