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Geschichte der Siebenbürger Sachsen 2

Herkunft und Ansiedlung

Die Siebenbürger Sachsen sind eine deutschsprachige Minderheit im heutigen Rumänien, die
die Reliktmundart Siebenbürgisch-Sächsisch sprechen. Sie sind seit dem 12. Jahrhundert in dem
Landesteil Siebenbürgen ansässig und sind damit die älteste noch existierende deutsche
Siedlergruppe in Osteuropa. Ihr Siedlungsgebiet liegt außerhalb des zusammenhängenden
deutschen Sprachraums und hatte nie Anschluss an reichsdeutsches Territorium.
Siebenbürgen entwickelte sich ab dem 12. Jahrhundert als Teil des Königreichs Ungarn. Nach
der Teilung Ungarns 1540 war es als Fürstentum Siebenbürgen unter der Oberhoheit des
Osmanischen Reiches zumindest innenpolitisch weitgehend autonom. Im Großen
Türkenkrieg besetzten die Habsburger das Fürstentum und gliederten es 1699 im Vertrag von
Karlowitz der Habsburgermonarchie ein. Nach der Niederlage Österreich-Ungarns im Ersten
Weltkriegproklamierte die Karlsburger Nationalversammlung am 1. Dezember 1918 die
Vereinigung Siebenbürgens mit dem rumänischen Altreich. Die Siebenbürger Sachsen begrüßten
in der Mediascher Anschlusserklärung im Februar 1919 den Anschluss an Rumänien. 1920
wurde die Eingliederung Siebenbürgens in den rumänischen Staat im Vertrag von
Trianon festgeschrieben.
Während 1930 etwa 300.000 Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen lebten, waren es im Jahr
2007 nur noch knapp 15.000. Die große Mehrheit wanderte seit den 1970er Jahren und in einem
großen Schub ab 1990 vor allem in die Bundesrepublik Deutschland aus, aber auch
nach Österreich. Organisierte Gemeinschaften Siebenbürger Sachsen leben in nennenswerter
Anzahl auch in Übersee in Kanada und den USA.

Geschichte

12.–14. Jahrhundert
Ab 1147 kam wahrscheinlich eine nennenswerte Menge deutscher Siedler in die Region – diese
waren jedoch nicht nachweislich die ersten dort. Geisa II., König von Ungarn, hatte Mitte des 12.
Jahrhunderts seinen Einflussbereich über ganz Siebenbürgen bis an die Karpatenkämme
ausgeweitet und ließ das zunächst noch sehr dünn besiedelte Gebiet von den deutschen
Siedlern erschließen.
Damit sich die Siedlungen schnell entwickeln und entsprechenden Steuergewinn für den Staat
erwirtschaften konnten, verlieh er den Siedlern, wie schon früher dem Hilfsvolk der Szekler,
Sonderrechte. Darin wurden ihnen zunächst diverse Privilegien (Freitümer) zugesichert und
gewisse Steuer- und Wirtschaftsvorteile gewährt. Kodifiziert wurden diese Rechte 1224
im Goldenen Freibrief (Andreanum) unter Andreas II. Neben der freien Nutzung von Gewässern
und Wäldern sowie der Zollfreiheit für die deutschen Händler waren die Siedler außerdem weder
dem Adel noch der Kirche untertänig und somit freie Bürger (im Sinne des damaligen
Verständnisses von Aktivbürger, also männlich, steuerzahlend und erwachsen).
Die jungen Siedlungen entwickelten sich rasch. Die Bevölkerung stieg durch Zuzüge und
Geburtenüberschüsse schnell an, wurde aber durch den Mongolensturm von 1241 erheblich
dezimiert. Das Land wurde in seiner Entwicklung stark zurückgeworfen. In manchen Siedlungen
hatten nur zwei bis drei Generationen gelebt, bevor sie durch die Attacken der mongolischen
Reiter schon zu Wüstungen wurden. Jedoch erfolgte die Erholung relativ schnell, die
Binnenbesiedlung gewann wieder an Schwung. Nach dem Landesaufbau im 12. und 13.
Jahrhundert folgte eine lange Phase der Prosperität. Die erste Zeit großer kultureller und
wirtschaftlicher Blüte der Siebenbürger Sachsen ist daher auch im 14. und 15. Jahrhundert
anzusiedeln. Die Bevölkerung der Sieben Stühle und der anderen Distrikte
des Königsbodens wuchs schnell und stetig. In den Bergwerken der Waldkarpaten und
im Rodnaer Gebirge wurden Gold, Silber und Salz gefördert. Der Handel florierte, und die
Wirtschaft konnte sich entfalten. Die Routen der sächsischen Händler reichten von Danzig an der
Ostsee über Krakau, Wien, Belgrad bis Konstantinopelund zur Krim. Bis 1395 (erster
Türkeneinfall) gab es keine größeren äußeren Bedrohungen, und der Aufschwung der deutschen
Siedlungen führte nun auch zur Bildung echter urbaner
Zentren. Hermannstadt, Kronstadt, Klausenburg, Bistritz, Schäßburg und Mühlbach wurden zu
Städten, andere Orte wie Agnetheln, Broos, Birthälm, Marktschelken, Mediasch und Sächsisch-
Regen zu Marktflecken. Das Handwerk war bereits breit gefächert. So sind in der ältesten noch
überlieferte Zunftordnung der Sieben Stühle von 1376 schon 19 Zünfte und 25 Gewerbe
vermerkt. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts waren die Städte des Königsbodens (allen voran
Kronstadt) so finanzkräftig geworden, dass sie dem ungarischen König Geld gegen die
Verpfändung ganzer Orte liehen.

15.–17. Jahrhundert
Ungeachtet der Blüte im Inneren, erwuchs seit dem Ende des 14. Jahrhunderts nun erstmals
wieder eine Gefahr von außen. Nachdem die Türken 1350 Anatolien erobert und 1396
bei Schlacht bei Nikopolis das Heer der Kreuzfahrer besiegt hatten, richtete sich ihr Auge auf das
Königreich Ungarn und seine wohlhabende Ostprovinz. Der Reichtum des
mittelalterlichen Siebenbürgens und seine Nähe zum Osmanischen Reich machten es ab dem
15. Jahrhundert zum Ziel dutzender Türkeneinfälle mit Brandschatzungen, Menschenraub, Mord
und Verwüstung ganzer Landstriche.
Um auf die wachsende Türkengefahr zu reagieren, schlossen sich 1437 Szekler, der ungarische
Adel und die Sachsen zu einer Dreinationen-Union (Unio trium nationum) zusammen, um
gemeinsam gegen die Türken vorzugehen. 1479 errang die Union einen großen Sieg auf
dem Brodfeld bei Mühlbach im Unterwald (Siehe auch Schlacht auf dem Brodfeld).
Dennoch war die militärische Bedrohung allgegenwärtig. Die Plünderungszüge der osmanischen
Reiterheere, die sich als Renner und Brenner betätigten, waren wie ständige Nadelstiche. Die
übliche Vorgehensweise war: kleinere berittene Scharen ohne jeden Tross drangen über
Gebirgspfade schnell ins Landesinnere ein, setzten die Dörfer in Brand, raubten Vieh und
Menschen und verschwanden wieder auf kürzestem Wege. An den Grenzen wurden die
Gefangenen gegen hohes Lösegeld angeboten. Wer nicht freigekauft wurde, kam in die
Sklaverei. Gegen dieses Vorgehen bauten die Siebenbürger Sachsen die Kirchen in den Dörfern
und Marktflecken zu Wehrbauten aus. Die Sakralbauten wurden
mit Ringmauern und Wehrtürmen versehen und sollten so der Bevölkerung in Notsituationen
Schutz und Zuflucht bieten. Teilweise wurden auch Wehranlagen von Adeligen gekauft und
ausgebaut (so in Kelling). In einigen Orten entstanden auf günstig gelegenen Bergrücken auch
große Bauernburgen (beispielsweise in Reps, Keisd, Michelsberg und Rosenau) oder strategisch
geplante Passfestungen wie in Stolzenburg oder die Törzburg, welche die Kontrolle über wichtige
Handels- bzw. Heeresstraßen sichern sollten. Die Städte wurden ebenfalls schwer befestigt und
teilweise mit mehreren Verteidigungsringen versehen. Auf diese Weise entstand ein
in Europa einmaliges Netz von befestigten Kirchenburgen und Städten.
Bei den großangelegten osmanischen Raubzügen allerdings waren auch diese Maßnahmen nur
bedingt von Nutzen. Nur die großen Kirchenburgen und die Städte konnten einem richtigen Heer
Widerstand leisten. So wurden regelmäßig zehntausende Gefangene (allein aus den Sieben
Stühlen) weggeführt, d. h. in die Türkei verschleppt, was von der relativ kleinen Volksgruppe
einen gewaltigen Blutzoll verlangte. Auf diese Weise wurden einige Ortschaften endgültig
zu Wüstungen (bekannte Beispiele sind Underten und Fettendorf in Südsiebenbürgen), andere
wurden auch, teilweise mehrfach, neu besiedelt. Die dafür nötigen Menschen waren teils
sächsische Bewohner der Komitatsgüter (auch auf dem Boden ungarischer Adeliger befanden
sich deutsche Siedlungen, die nicht das Recht des Goldenen Freibriefs besaßen), teils Szekler,
die von Osten in den Repser Stuhl einrückten, oder Rumänen von außerhalb des Königsbodens.
Die Verluste an Menschen waren im Brooser und Mühlbacher Stuhl besonders groß. Hier wurden
in vielen Dörfern Sekundäransiedlungsrechte (eine Art Lizenz zur Ansiedlung in sächsischen
Dörfern des Königsbodens) an Rumänen vergeben, da schlicht keine sächsische Bevölkerung
mehr vorhanden war, um die Lücken zu füllen. Im Brooser Stuhl war bei einem türkischen
Plünderungszug Anfang des 15. Jahrhunderts sogar fast die gesamte Bevölkerung auf einen
Schlag weggeführt worden, so dass die Orte dort für Jahre wüst blieben. Ähnliches geschah mit
der Stadt Mühlbach mehrere Male.
Auf ein territoriales Einverleiben Siebenbürgens verzichteten die Türken. Im Jahr 1529 erreichten
die Osmanen Wien und verwüsteten auf ihrem Zug ganz Ungarn. Danach zerfiel das Ungarische
Reich in drei Teile. Der Westteil ging an Habsburg. Das restliche Ungarn wurde 150 Jahre von
den Türken beherrscht. Siebenbürgen blieb zwar ein selbständiges Fürstentum unter
osmanischer Oberhoheit, war jedoch tributpflichtig. Dessen ungeachtet, verheerten die türkischen
Überfälle und Plünderungen bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts regelmäßig das Land.

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