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W ert und Interesse. W ir haben d aher nach
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►-Was ist also der W ert des W ertes, wenn die eine A bsage erteilt und den Schm utz der W eise ihrer Inszenierung d er ôffentlichen î
alten norm ativen Beziehungen zwischen vulgiiren H auptstraBen und V o rstad te in ihr Zeichen unterstützt p ostm od ern e A rchitek
Subjekt und Objelct nicht m ehr gelten? Kôn- P rogram m aufgenom men. W ie der W ert, tur die M ach t. I
nen wir die historischen E tap pen des W er- wurde auch der Stil der A rch itek tu r deriva D ie m od ern e A xiolo g ie hat die morali- !'
tewandels rückgângig m achen und das O r- tiv. In dem M om ent, wo der Stil nicht m ehr schen, ôkon om isch en und metaphysischen
nam ent w ieder einfiihren, wenn auch unter absolut gesetzt, sondera als ein D erivativum Standards ja nur verlassen, um spezifi- *.
dem neuen N am en Elément mit Doppelfunk- b etrach tet wird, wird nicht nur d er Stil selbst sch ere, flexiblere, subjektivere Standards h:
tion, wie wir auch die W erte w ieder mit ih- (wie der W ert) derivativ, so n d era aile Stile einzuführen. N ur unter d er Perspektive der ,;
ren alten, von der m odernen A xiolo g ie ge- werden ableitbar. D erivativer Stil heiBt also absoluten W e rte bedeu tete d er Sturz von -;
leugneten Funktionen belehnen dürfen? im m er schon historischer Stil, weil im B e- der absoluten H ôh e einen Fall in den wert- '];■?
Gibt es wirklich W ertefreiheit? W as steht griff der Ableitung aile historischen Stile losen R aum . In W ah rh eit ist d er neue W ert- I"
hinter der M ultivalenz? Ist architektonische zuganglich w erden. G eschich te wird zur G e- raum nur anders: alternativ, h eterogen , un-
M ultivalenz (reiche M aterialien, viele, auch genw art, wenn auch zu einer falschen. Bei gleichzeitig, am bivalent, selbstreferentiell, sj
widerspriichliche Forrnen, historische A n- der Ableitung der Stile und der arch itek to- individuell. D ie m od ern e O kon om ie hat
spielungen, m ehrdeutige Codierung) nicht nischen E lem en te geht nam lich d er P ostm o- den M onopolkapitalism us produktions-
nur A usdruck der W ertepluralitat der m o derne rein form ai vor, also m it d er gleichen technisch so verfein ert, daB das alte kapita- b'
dernen pluralistischen G esellschaft, die M éthode wie der M odernist. D ie G e listische G esicht fast nicht m ehr zu erken- ■
nichts anderes als die K onsequenz des libe- schichte wird ihrer sozialen, politischen nen ist. D ie M ach t des K apitals ist heute I•
ralen Utilitarism us ist, wo die M ach t einen Elem ente- entkleidet. D adu rch ist es m ôg- transnational, so wie auch die Produktions- ]
universalen Instrumentalismus inszeniert, ja lich, daB W idersprüche auf d er Fassade ein- weisen nicht m eh r lokal sind. D er Endwert
zu einem solchen gezwungen wird, um zu ander versôhnen, da sie ja inhaltlich ent- aller W erto p eratio n en ist ab er im m er nocli
überleben? V on der Kultur zur Technologie kernt sind. Aile Stilm erkm ale,vergangener das Geld bzw. die Z eit (und sein Sym bol, der
wird ailes zu Instrumenten der Selbsterhal- E p o ch en und soziajer K ategorien kônnen E rfolg). D er sym bolische T auschw ert ist im- .ç
tung der M acht. D ie m oderne A xiolo g ie hat aufeinander gehauft w erden, weil sie nur m er noch sinnstiftend sow ohl für die Oko- 5
die klassischen Standards G ott-G ut-G eld E lem en te eines form alen Spiels sind, Insze- nom ie, wie fü r das B egeh ren . .-
verlassen und ist scheinbar in den absoluten nierungen eines Bühnengeschehens, einer Die sym bolische o d er m etaphorische ;>
schw erelosen R aum der frei flottierenden Sim ulation. D ies hat natürlich v o rerst be- Multivalenz der p ostm odernen A rchitektur
W erte ohne bestim m te Beziehungen zur freiende M om ente. D er A usbruch aus dem ist die Um w andlung, das Lifting d er moder- ’i
A ^ R e a lita t, in den w ertfreien R au m , getau- Purismus, aus dem rigiden Form alism us der nen A rch itek tu r im Z eitalter des Caring
V ^ m elt. Die m oderne A rchitek tu r hat mit ei m odernen A rchitek tu r wirkte zuniichst ein- Capitalism. D as m ultivalente V okab ular dci
nem rigiden Purismus der W erte, mit einem mal erlôsend. In der gegenw artigen Phase postm odernen Sprache d er A rchitektur
form alen S ezierbesteck ahnlich den analy- jedoch kann die Frage nach dem Sinn und korresp ond iert mit dem d eklarierten Plura-
tischen L ogikern diesen gravitationslosen, dem W ert der multivalenten C odierung ge- lismus der postindustriellen Gesellschaft,
w ertfreien R aum durchquert, sie hat durch stellt w erden. D ie M ultiplikation der archi- die aber in W ah rh eit von einem 2-P arteicn -
eine O konom ie der F o rm („less is m o re“, tektonischen S trata, die Ü berlagerung ver- system b eh errsch t wird, deren D ifferenz fast
Mies van der Rohe) der w ert-befreiten, un- schiedener Stile, D ekors, Z eich en und E le kollabiert ist. D ie Politik wird zur Bühne im
endlichen libidonalen Okonomie Grenzen m ente auf den Fassaden, die ü berhaufende gleichen M aBe wie die A rch itek tu r, zur blo-
setzen wollen. In die L e e re des sem iotischen Schichtung des architektonischen Raum es Ben Fassad e, zum Spiel m it ambivalente»,
Raum es der m odernen A rchitek tu r gieBt und die historisch und stilistisch wider- d op pelcod ierten Elem enten. W enn ein
die Postm od ern e ihre Ü berfülle - steht da- sprüchlichen Stratifizierungen auch des In- ôsterreich isch er B eam ter o d er Politîkoi
m it aber unter dem gleichen V erdikt, auf der neren der G ebaude hat einen G rad erreich t, lügt, d. h. d em einen dies und dem anderen
gleichen Bühne, bestâtigt damit nur das alte wo der A rch itek t zwischen Z u ck erb ack er, das (also das G egenteil) sagt, sagt er: „Ich bin
G esetz. A rchitek tu r als M ake up, als R e V erkehrspolizist und Touristenfiihrer sei- zweigleisig gefah ren “, so wie der postmo- ; ■
m ake, als K osm etik. D ie Bühne ist dieselbe, nen B eru f verfehlt zu haben scheint. D ie derne A rch itek t sein G ebaude doppelcodiert V
auch das T h eater und d er Tanz, nur die Cho- form ale Stratifizierung b edeu tete eine E n t- (für die E lite und für den Mann auf der
reograph ie ist anders. kernung des Bauwerks. So wie in den zwan- StraBe). D ie postm od ern e A rch itek tu r ver-
U nd was ist das fiir eine neue C h oreogra- ziger Jah ren dem W ert, so kann heute der hüllt die M ach t durch die m ultivalente Ins-
phie d er W erte? W enn w ir uns erinnern, daB A rch itek tu r eine kognitive Funktion abge- zenation ih rer Z eich en. Sie gibt dem diver-
die Diskussion des W ertes erstm als in der sprochen werden. D ie M ultivalenz, so wi- sifizierenden avancierten K apitalism us sei- $
O konom ie ihren U rsprung nahm und daB derspriichlich sie form ai auch inszeniert nen baulichen A usdruck. D er Choreograph
Perry W ert mit Interesse gleichsetzte, kôn- sein m ag, verkleidet die soziale Funktion der W erte ist der G roBkonzern: Unterneh
nen wir nach dem ôkonom ischen Intefesse der G ebaude und som it auch die Struktur m erische D iversifikation als Instrum ent der f;
der neuen W ert-C h o reo grap h ie fragen, wel- des Sozialen. D ie bejubelte Freih eit der K onzentrierung von M ach t. M ultivalenz im
che die G ehirne so bezaubert. M ultivalenz tauscht eine Freizeitgesell- Dienste des M ehrw erts. In d er sozialen , i:-
Folgen wir dem historischen V erlauf der schaft v o r, eine Freizone, wo d er Begriff R h etorik v o m Vollwert-Wohrten, eine spezi- ;_<■
W ertdiskussion, kônnen wir feststellen, daB Freiheit seine historische Bedeutung verlo- fisch w ienerische A bart des behavioristi- --
die m oderne A xiolo g ie den W ert in seiner ren hat, und neue Form en d er Sklaverei, schen U tilitarism us, sehen wir eines der be- j.’
R einheit und A bsolutheit beschm utzt hat z. B. der Zeitsklave, aufgetaucht sind. In- klem m endsten und zynischten Beispiele der ;■
und ihn als ableitbar, derivativ definiert hat. dem sie soziale Funktionen verkleidet, wird Erpressung von A xio n o m etrie und A xiolo- î,
E benso hat die postm oderne A rchitek tu r- A rch itek tu r Teil des universalen Instrum en gie. D er perfid utilitaristischen Ausbeutung )
diskussion den puristischen Program m en talismus der M acht. D urch die A rt und der M assen durch G roBkonzerne im Zei- L
DAS MEISTERDACH
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Robert Venturi: Zum U nterschied zwischen ikon isch er und sym bolischer Bauweise
chen des Konsumerismus und des medialen sch aft unter dem Begriff L ogo-K ultu r be- mit au fgesetzten Z eich en , wie eine A n-
K olonialismus errichtet die p ostm oderne sp ro ch e n .15) sch lagtafel, o d er m it Zufügung eines kon-
A rchitek tu r ihre W a h rz eich en , die in d er T at U m die narrative Struktur der postm o- ventionellen O rnam ents, etwa eines G ie-
fast überflüssig sind, eben nur E lem ente ei- dernen (Erzahlungen od er) architektoni- bels, d er den E ingang sym b olisiert.17) E r
ner Erzahlung, zur Schau gestellte'Rhetorik. schen Inszenierungen zu beschreiben, b esch reib t also, wie auch V e n tu ri selbst18),
Deswegen bauen postm oderne A rchitek ten m ô ch te ich auf das M odell der Veridiktion daB Saulen, G iebel, etc. keine konstruktive
bevorzugt M onum ente des Konsum feti- von A . J . G re im a s zurückgreifen, das auf Funktionen haben, sondern rein dekorativ,
schismus, oder verwandeln ehem alige O rte seinem beriihmten sem iotischen Q uadrat sym bolisch aufgesetzte Z eich en sind, wel-
der K ognition in solche. Deswegen sind aufbaut, als elem entare Struktur d er Signi- che d as O rnam ent ersetzen. D iese architek -
p ostm oderne Bauten auch kostenintensiv, fikation, das den alteren Begriff einer bina- ton ischen E lem en te scheinen also Saulen
kostspielig und nur in den seltensten Fâllen ren O pposition bzw. eines W iderspruchs er- oder G iebel zu sein, sind es ab er in W irk-
nicht für die h errschende Klasse der R ei- w e ite rt.16) lich keit nicht. E tw as, was scheint, ab er nicht
chen gebaut: Villen, Verw altungsgebâude, ist, n enn t G re im a s eine Lüge. U m gekehrt
seiten G ebaude mit sozialen Funktionen. Wahrheit kennt die d op p elco d ierte A rch itek tu r E le
D a in der D em okratie keine Klassengesell- m en te, die sind, ab er nicht scheinen; das
schaft existieren darf, aber es realiter der sind d ie G eheim nisse. W as w ahr erscheint,
Sein ^_^Schein \
Fall ist, wird sie durch die K lassen-Sprache
ersetzt.
I JLüge
aber n ich t ist, nennt G re im a s eine Simula
tion. Zw ischen sem io tisch er L üge, V er-
deckung der W ah rh eit (= G eh eim n is; nicht
aufscheinen lassen, was ist; nicht entbergen)
Vampirismus der Zeichen Nichtschein Nichtsein I und S im ulation p rodu ziert also die p ostm o
In der T at hat die gegenw àrtige G esell- d ern e A rch itek tu r ihre E rzahlungen, ge-
schaft durch den ungeheuren Fortsch ritt der Falschheit
baute Ideologien. ►
elektronischen M edien radikale T ransfor-
m ationen erfahren, die besonders in ihrer D ie D iversifikation des narrativen P ro - 15) Logo-Kunst. In: G. J. Lischka (Hrsg.), Philosophen—
sem iotischen D im ension ablesbar ist, wo die gram m s der postm odernen A rchitek tu r Künstler. Merve Verlag, Berlin 1986.
traditionell oppositionellen K ategorien wie Logo-K u ltur, Peter Weibel (Hrsg.), Hochschule für
liegt hier v o r uns, wo zwischen Schein und angewandte Kunst in W ien, 1987.
ôffentlich -p rivat, innen-auBen, p ro fa n - Sein, zwischen W ah rh eit und Falschheit, Der Logo-Adel. In: Schmuck. Zeichen am Kôrper.
heilig, m askulin-fem inin, k in dlich-erw ach- zwischen L üge und G eheim nis die M ehr- Falter Verlag, Wien 1987.
sen, W ohn un g-A rbeitsplatz etc. nicht m eh r fachcod ierun g ihr Spiel der M asken, der In- 16) Algirdas Julien Greimas, On Meaning. University of
so zutreffen wie einst bzw. ihre U nterschei- M innesota Press, Minneapolis 1987.
szenierung treibt.
dungen schwanken, wenn nicht gar kollabie- A. J . Greimas, Strukturale Semantik. Vieweg Verlag
J e n c k s schreibt: V entu ri ist der Meinung, 1971.
ren. A ndernorts habe ich die V erânderun- daB G ebaude wie „dekorierte Schuppen, 17) Jencks, S. 45
gen der sem iotischen Dim ension der G.esell- ab er nicht wie E n ten “ aussehen sollten. D er ls) Venturi, S. 59
d ek o rierte Schuppen ist eine einfache H ütte
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►" Das G ebâude in F o rm einer E n te ist ein sondern b ittere N otw endigkeit, logische
ikonischer Bau, weil es zwischen der visuel- Konsequenz der visuellen Codierung, der
len Fo rm des G ebaudes und d er E n te eine symbolischen Bauw eise des dekorierten
A nalogie gibt. Ein Schuppen, d er mit Z ei- Schuppens, denn diese lebt ja von der G e
chen d er E n te dekoriert ist, ist ein symboli- schichte allein.
sch er Bau, weil die Bedeutung eines Sym F ü r den V am pirism us d er Z eich en ist die
K unstauktionen •A ntiquitaten •G alerie •Ikonen •Muséum boles nur durch Itération, T radition , W ie- G eschichte d er b eson d ere Saft. D ie Begrün-
derholung, K onvention, (culturelle C odie- dung der Bedeutung des Sym bols durch die
rung und Erlernung erfaBt w erden kann. K onvention zwingt das Sym bol im m er wie-
W egen dieses V erlagerns von der ikoni- der in die K on ven tion alitat, bringt das Ge-
schen zur symbolischen Bauw eise hat sich baude in d ie G esch ich te zurück statt die
die architektonische N arration unweiger- G eschichte nach vorn . V isuelle K onventio-
lich auf die Feld er der Sim ulation, Lüge und nen erzeugen konventionelle V isionen. Bei
V erdeckung begeben. Ihr Form envokab u- der Hülle mit aufgesetzten Zeichen sind die
lar lebt ja gerade von diesem Spiel mit den Z eichen in d er T at aufgesetzt und nàhern die
Sym bolen, die nicht nur nicht existieren, A rchitek tu r d er L ü ge an. B eim dekorierten
sondern auch jederzeit etwas anders sein Schuppen sind die D ek o rs in d er T at visuelle
kônnen. D ie dorische Saule existiert nicht Codes und entlassen die A rch itek tu r nicht
als Saule, sondern als D ek o r, O rnam ent, aus der G esch ich te, aus d er K onvention.
Symbol für Status, kann fur jem and anderen Beides m ach t p ostm od ern e A rch itek ten so
auch Tradition , Tem pel, Sicherheit, D em o- konservativ. D e r rein sem iotische Charalc-
kratie bedeuten. D er sem iotischen L eere, ter der inszenierten A rch itek tu r bindet die
die entstanden ist, nachdem die historischen A rchitek ten im m er w ieder an die G e
Funktionen von Ikon, Index, Symbol ver- schichte, an die V ergangenheit. D enn nur
lôscht sind und sich an deren Stelle das durch die h istorisch e K onvention, durch
L o g o , das Firm enzeichen, das W arenzei- gesellschaftliche Ü bereinstim m ung kann
chen gesetzt hat, antw ortet die postm oderne ein C ode, ein Sym bol Bedeutung erlangen.
Hagenbund-Ausstellung A rchitek tu r nicht m it einer K ritik der L o - D aher auch ist mainstreet allmost allright
(bis 31. Juli 1988) gokultur, sondern mit einer Ü bercodierun g ( Venturi). D ie inszenierten Z eich en der
mittels Symbolen und visuellen M etaphern. postm odernen A rch itek ten nahern diese
Ikonen-Museum D ie M ultivalenz gebiert eine Panik der Z ei- der Bühne an, an die D ek o ratio n . G àbe sie
Zsolnay-Keramik-Museum chen. Ailes wird aufgesaugt. A ile Zeichen diesen Status offen zu, wie es die Projekt-
der G eschichte, d er B au- und Stil-G e- und U to p ie-A rch itek ten d er 6 0 e r Jah re ge-
JKunst- und Antiquitaten ) schichte werden aufgewendet, um die se- tan haben, besonders in W ien die tem porà-
m iotische L eere zu stopfen. Je d e r lokale ren A rchitek tu r-Inszen ierun gen von Coop
T ag hch :10^17 .U h r (au ch S a m sta g ,:S o n n ta g ;iF e ie rta g ) K on text, jede historische Anspielung wird Himmelblau, H ausrucker & Co. e tc., dann
g e o ffn e t gesucht, kein Symbolismus, kein O rnam ent bliebe ja d ie arch itek ton isch e W ah rh eit er-
gescheut, jede historische Ü berlieferung halten. W eil h ier das E n d e einer gewissen
D ip l -Ing G erhard Egerm an n
wird herangezogen, jed e m ôgliche M eta- W ertw elt o ffen gezeigt w urde. Im hedonisti-
A -2473 SchloG Po tzn eu sied l, B g ld , T el 0 21 45/22 49 pher aufgespürt, jedes Bau elem en t der Stil- schen Z e ich e n - und Sym bol-Fetischism us
Buro. A -1 0 1 0 W ien , Salv ato rg asse 6; T el. 0 222/53 35 801 geschichte wird in die R h eto rik eingebun- der postm od ern en A rch itek tu r hingegen
den, um die Vielfalt des Ausdrucks zu berei- feiert die n eue C h oreo g rap h ie d er W erte
chern und sie zu unterstreichen. In einem eine frô h lich e A pokalypse. Panische Z ei
V ampirismus d er Z eich en wird die gesam te chen sind d ie neue S p rach e d er M ach t. Ins-
A rchitek tu rgeschichte aufgesogen. Indem zenierte Z eich en sind die neue W ertform
jedes Bauelem ent durch seine D op p elco- der M acht. W ü rd en die Z eich en frei explo-
Café - Restaurant dierung etc. auch rh etorisch sein muB, wird dieren, hatten sie n och eine subversive
jed er Bau selbst rh etorisch. D och was er- K raft, ab er m eist wird ihre K raft gedam pft
Weingut zàhlt er uns? Die Saga der M àchtigen und durch das alcadem ische W ertu rteil des guten
Pauli's Stuben M ythen. Beim W echsel vom ikonischen G eschm acks. D ie Z eich en erfrieren an der
zum symbolischen Bauen w urde namlich Fassade. D e r A rch itek t inszeniert histori
gerade jenes ausschlaggebende Faktum sche Z eich en , Stile, E lem en te — eine Bau-
übersehen, daB die Bedeutung des Symbols Oper. W ie in der O p er: ailes steht still, es
Purbach/Neusiedler See historisch begründet wird. U m einen sym trium phieren o b solète M etaph ern , z. B.
bolischen Bau zu verstehen, um die Zeichen Schlangen als Türklinken. A rch itek tu r wird
an einer H ütte als Sym bole einer E n te ent- nicht m eh r sozial erfah rb ar, ihre einzige
ziffern zu kônnen, muB ich erst einmal den W erterfahrung ist der N arzism us, die libi-
entsprechenden C o d e erlernt haben. Das donale ô k o n o m ie d er A rch itek ten . A rch i
Spiel mit den visuellen C odes setzt voraus, tektur wird zur R ek lam e, zur Publicity für
daB ich den historisch gewachsenen und A rchitek tu r, zum Spektakel d er A rch itek
produzierten C ode erlernt habe. Will der tur, zum Z eich en d er A rch itek tu r, zur ins
A rch itek t z. B. den O rt, wo man T h eater- zenierten A rch itek tu r, wo zwischen den bei-
karten kaufen kann, visuell cod ieren , wird er den Polen V ergnügen an d er K atastrophe
einen V orhang hinstellen, weil jedes Thea- und T e rro r des Sim ulacrum die M etapher
ter traditionell einen V orh ang hat. D er O rt, zur M etastasis wird.
wo man Schiffskarten kaufen kann, wird D ie p ostm od ern e A rch itek tu r m it ihrer
also visuell als Reeling co d iert sein, weil eine ekstatischen Inszenierung d er Fassaden, mit
R eeling pars p ro toto ein Schiff darstellt. ihrer jubilatorischen H istorisierung ist der
W enn ab er eines Tages Schiffe ohne Reeling verzw eifelte und konservative V ersuch,
existieren und utopische T h eater ohne V o r noch einm al d ie A rch itek tu r auf F o rm , Ma-
hang? Dann wird der M itspieler, der Be- terial und B au zu begründen, in dem histo
trach ter den O rt nicht m ehr finden, weil er rischen M o m en t, wo diese M ôglichkeit für
nicht historisch cod iert ist. Diese symbo- die A rch itek tu r vo rü b er ist. U m so em pha-
lisch-m etaphorische A rch itek tu r ist also per tischer inszeniert die A rch itek tu r ihre vi
se antiutopisch, konservierend. Visuelle C o- suelle E rsch ein un g, je tiefer sie weiB, daB
dierung, m ehrdeutige Codierung bedeutet die unsichtbare A rch itek tu r ihre Zukunft
also im m er historische Codierung, Fixie- ist. Üppig w erd en die historischen Ressour-
rung des Status quo. Denn nur aus der histo cen der A rch itek tu rstile und M aterialien in
geeignete Raumlichkeiten fur rischen Fixierung des Status quo erhalt der die Schlacht gew orfen, gerad e um das ôf-
Konferenzen und l'este visuelle C ode seine Bedeutung. T h eater fentliche Bew uBtsein zu dam pfen, daB diese
ohne V orhang und andere soziale Utopien Form der A rch itek tu r ihre h istorisch e Rolle
bleiben auBerhalb der S prache einer sol- vèrloren h at. D ie M onum entalitat ihrer For-
Paul und Maria Braunstein chen A rchitek tu r. D ie historischen Anspie- men ist nur m eh r A usdruck m onum entaler
7083 Purbach/See/Burgenland;
• An der Bundesstralie lungen, die eklektizistischen H istorism en, K onkurrenzkam pfe zwischen den K onzer-
Tel. 0 26 8 3/5 5 13 das gegensàtzliche A ufeinanderprallen von nen. D ie gegenw ârtige Obsession der bil-
N éon und M arm or, von  gypten und A rt denden K unst und der A rch itek ten mit der
D éco etc. ist also in W ahrheit gar kein Spiel, G eschichte, m it dem Spektakel als hôchste
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Zerem onie des Sich tb aren , k am o u fliert d ie tive, w hose sta tem ent can b e associatively di-
A bw esenheit von G esch ich te und kontinu- v erted f r o m the lo ca l o r histo rica l co n te x t by
ierlicher Z e it, d ie A b k eh r von d er sich tb a the a rch itect o r the o b server. A rc h ite c tu re Invest.
ren R e a litâ t. M useen als W eih estâtten der turn s into a rch itectu re sem io tics, th e b u ild in g Sie haben die Idee. Sie
falschen G e sch ich te, als T em p el d er sim u- in to a fa b le , into dra m a , into a co m m en ta ry ,
lierten G e sch ich te , werden d aher selbst die into a fo o t n o t e (o ft h e history o f a rch itectu re),
■projetaieren und planen.
eigentlichen neokon serv ativen K unstw erke. into a p icto ria l le g e n d in stea d o fin t o a p ictu re. Sie stecken mitten in der
Denn die Z eita risto k ra tie hat n atü rlich A rc h ite c tu ra l élém en ts b e c o m e fr e e ly avail- Forschung.
Interesse an B au ten , d ie M onu m en te der a b le sy m b o ls, b e co m e variables in an a r c h i
historischen Z e it sind. D ie In du strialisie- tectura l n a rra tio n . V enturi h i m s e lf r e c o g n iz e d
rung und R e ifik a tio n von R aum und Z e it the p r o b le m o f t h e d o u b le fu n c tio n o f t h e é lé Kredit.
werden die eig en tlich e Q u elle für eine A r- m en ts, i f in d e e d with a c o n c lu s io n : "T h e r é
chitektur nach der P ostm od erne sein. D ie cessive e le m e n t m a y w eaken the clarity o f the
Wir haben Ge/d für Ihre
abstrakten R â u m e des elek trom ag n etisch en m essa g e, b u t it e n c o u ra g e s its rich es. ”12 Idee. Wir projektieren
Spektrum s w erden zum eigentlich en B au - T h e rh e to ric wealth o f p o s tm o d e rn a r c h i undpianen m it ibnen.
grund. N eue abstrak te F o rm en w erden en t- tecture a n d the en jo y m en t that c a n b e f o u n d
stehen, die augen blicklich in der Se lb st- in it c a n n o t b e d en ied , su c h as w hen the steps Wir unterstützen Ihre
Sim ilaritât von F rak talen , in den W ach s- o f an a rt m u s é u m hâve the cu rv es o f a fi g u r e Forschung. Und wir
tum sstrukturen zellularer A utom aten und in lik e M arilyn M o n ro e’s o r a d o o r h a n d le is
der digitalen À sth etik d er beschleu nigten
finanzieren Ihre Investi-
s h a p e d lik e a s n a k e . . .
Bild er zu fin d en sind. D ie frak tale Im p lo F a ça d e s, w hich a re the o v erw h e lm in g layer- tion. Weil wir wissen,
sion des alten Standards wird durch ein e in g o f a rch itectu ra l sp a ce a n d the histo rica l was sie wert ist. Wir
sem antische Ü berfrach tu n g , durch ein ex - a n d stylistic contra dictory stratifica tions o f
zessives Sp iel m it inszenierten Z eich en , m it the in terio r o f t h e b u ild in g s as well, h â v e rea - finanzieren Unterneh-
visuellen C odes, iib ertü n cht. D ie F assad e ist c h e d a d e g r e e w here the a rch itect s e e m s to men. Investkredit.
der Sp ielrau m der A rch itek tu r gew orden, hâ ve c h o s e n the w ro n g p ro fe ss io n . H e vacila-
Ftenngasse 10,1013 Wien
weil A rch itek tu r selbst nur eine Fassade ist. tes betw een c o n fectio n er, traffic p o lic e m a n
□ a n d to u r g u id e . F o rm a i stratification im p lies Tel. 53135-0
rem o v in g the c o re fr o m the b u ild in g . J u s t as
value c o u ld b e q u e s tio n e d in the T w enties, the
M. Monroe’s Curves cognitiv e fu n c tio n o f a rch itectu re c a n b e dis-
Staging Architecture p u te d . A s con tra d icto ry as it m a y b e to p r o
d u c e m u ltivalen cy fo rm a lly , it d isg u is es the
A Choreography o f Values so cia l fu n c tio n o f b u ild in g s a n d thus also the
Peter Weibel stru ctu re o f t h e so c ia l aspect. T h e m u c h la u d -
e d fr e e d o m o f m ultivalen cy giv es a n illusion invesT
" T h e fa ç a d e h a s b e co m e a rc h itec tu re ’s el-
b ow -room , b e ca u s e a rch itectu re itself is on ly
o f a leisu re society, a fr e e z o n e w h ere the n o KReDIT
tion o f fr e e d o m h a s lost its h isto rica l im p o r
a fa ça d e . ” tance, a n d n e w f o r m s o f slavery, Le. the slave Die Bank die mitmacht.
T h is s en ten ce co n c lu d e s the article written to tim e, h â v e a p p ea red . B y d isg u is in g the s o
by the V ien n ese m ed ia p ro fe s s o r P eter cia l fu n c tio n , a rch itectu re b e co m e s p a rt o f t h e
W eibel, w hich rep resen ts o n e o f the m a jo r u n iv ersa l in stru m en ta tio n o f po w er. P o s tm o
beliefs o n the p r é s e n t situation. d e rn a rch itectu re su p p o rts p o w er th ro u g h its
F u rt h e re x c e r p t s fr o m W e ib e l’s p o r t r a y a lo f p a rtic u la r s ta g in g o f p u b lic sy m b o ls . . .
the cu rre n t sta g in g s in a rch itectu re: A rc h ite c tu re is g o in g to lo se its so cia l
aspect; the o n ly value it will e x p é rie n c e will b e
T h e p iec e o f a rch itectu re b e co m e s a show - na rcissism , the lib id in a l e co n o m y o f a rch i-
piece. F u n ctio n , s u p e rflu o u s élém en ts a re at- tects. A rc h ite c tu re b e co m e s an a d vertisem en t,
tribu ted m o re value. E a c h e le m e n t that is n o t it b e c o m e s pu b licity f o r a rch itectu re, b e co m e s
constructive, can m a k e m o re c lea r the f u n c a sp ecta cle o f a rchitecture, a s y m b o l o f a r c h i
tion ’s c a p a city fo r exp ressio n , o r can m a k e the tecture, b e c o m e s s ta g ed a rch itectu re, w h ere
ZUM 70. GEBURTSTAG
fu n c tio n m o re visible. It can even d o so w hen betw een the two p ô le s - en jo y m en t in catastro-
it d o es n o t p e r fo r m anything, sim p ly " en rich p h y a n d terro r o f t h e s im u la c ru m — the m eta-
the diversity o f the ex p ressio n a n d stress it ”.10 p h o r b e c o m e s a m etastasis.
Karl Schwanzer
T h e p o stm o d ern M ultivalence en d s in the lé P o s tm o d e rn a rchitecture, with its ecstatic
gitim ation o f talkativeness. p ro d u ctio n o f fa ç a d e s a n d its e x u lta n t histo-
E v ery a rch itectu ra l ele m e n t can b e — i f n o t ricity is the d esp era te a n d conservative a ttem pt
in serted substantively, constructively, f o r - to b a se a rch itectu re o n ce aga in on f o r m , m a -
m ally o r fu n c tio n a lly - at least a na rrative terial a n d b u ild in g - in the h isto rica l m o m e n t
m o m en t, Le. p a rt o f an a rch itectu ra l n a r r a w h en th isp o ssib ility f o r a rch itectu re is g o n e .
modulueriag
UMRISS 3 + 4 /8 8 Doppelnummer
212 Seiten, 93 Farbfotos,
Schwerpunktthema: 106 Schwarzweiftfotos,
48 Zeichungen, 9 Skizzen,
Die grofie Langeweile Leinen, 26x26 cm, S 690,-
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