FRANK F U RT E R A L LG E M E I N E Z E I T U N G Forschung und Lehre MIT T WOC H, 10. NOVEMB ER 2 010 · NR .
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Der Ausweg aus dem Irrweg Geburtenrate
Eine Villa-Vigoni-Tagung zur Hochschulreform In der Kritik des bisherigen Verlaufs des halb nicht offen, weil im Länderüberblick und Ehe Bologna-Prozesses herrscht mittlerweile von Italien über die Schweiz bis Polen in eine derart unheimliche Einigkeit, dass abgestufter Intensität ein ähnliches Unbe- Akademikerinnen im Osten man auf den Gedanken kommen kann, hagen an Bologna zum Ausdruck kam. Die Lebensverhältnisse anzugleichen ge- eine feindliche Macht und nicht der kon- Das Reformwerk krankt eher an der ty- hörte zu den wichtigsten Zielen nach der zertierte Wille der Bildungsminister habe pisch europäischen Logik, technokrati- Wiedervereinigung. Im Großen und Gan- sie dem europäischen Hochschulsystem sche Verfahren nachträglich mit Sinn fül- zen ist dies gelungen. Dass sich auch Le- eingetragen. Dass die Reform ihre Ziele len zu müssen. Dass im Regeldickicht des bensentwürfe und Verhaltensweisen an- nicht erreicht hat und selbst reformbe- Modulbetriebs kritisches Denken und per- dürftig ist, haben inzwischen nicht nur sönliche Reifung auf der Strecke blieben, passen, immer natürlich Ost an West, war die deutsche Bildungsministerin Annette ist allgemein erkannt. Der ökonomisti- als selbstverständlich angenommen wor- Schavan, sondern auch ihre europäischen sche Denkfehler der Reform drückt sich den. Und als die Geburtenziffer in Ost- Amtskollegen bekannt. Die Abbrecher- darin aus, dass unter der Managervokabel deutschland zwischen 1990 und 1994 auf quote ist nicht gesunken, die wechselseiti- „employability“ nicht das Interesse am den historischen Tiefstand von 0,8 gefal- ge Anerkennung von Abschlüssen berei- Studienfach, sondern am späteren Ar- len war, stand eigentlich fest, dass es nur tet weiter Probleme, und die maßlose Bü- beitsplatz an erster Stelle rangierte. Inzwi- eine Frage der Zeit ist, bis sich auch Famili- rokratisierung der Lehre hintertreibt die schen ist man sich einig, unter „employa- enplanung, Heiratsverhalten und die Er- erwünschte Mobilisierung der Studenten. bility“ nicht mehr Berufsfertigkeit, son- werbstätigkeit von Frauen an das Niveau Im Studienalltag fühlt man sich unter dern Berufsfähigkeit zu verstehen. Der der Westdeutschen anpassen würden. Erfüllungsdruck technokratischer Vorga- schnelle Wandel der Arbeitswelt macht Doch gerade das ist nicht eingetroffen. ben, ohne zu wissen, wohin erledigte flexibel übertragbare Fähigkeiten wertvol- Die Wissenschaftler des Max-Planck-In- Pflichten später führen. In der Arbeits- ler als eng definierte Kenntnisse. stitutes für demographische Forschung in welt werden Bachelorabsolventen nicht Unklar ist weiter, welche Funktion der Rostock haben sogar festgestellt, dass die mit offenen Armen empfangen. Auf Pro- Bachelor ausfüllen soll. In der Praxis wird Differenzen, die grundverschiedenen An- fessorenseite wird der Freiheitsgewinn in er meist als Vorbereitung für den Master sichten zu Kindern und Karriere, sich ver- der Forschung mit Knebelung in der Leh- und kaum als eigenständiger Studienab- festigt haben. Immer noch ist die Mehr- re und dem Zahlenterror permanenter schluss verstanden. Als zweckfernes Mo- heit der ostdeutschen Mütter berufstätig, Evaluationen bezahlt. bilitätshindernis haben sich die Vielzahl leben mehr Eltern ohne Trauschein zu- Zehn Jahre nach dem Bologneser Re- der Bachelorstudiengänge und das ver- sammen, zumindest bis zur Geburt eines formbeschluss kamen Professoren, Politi- krampfte Bemühen um Alleinstellungs- zweiten Kindes. Und die Geburtenraten ker, Verbandsvertreter und eine Studentin merkmale erwiesen. Der Bachelor müsse haben die der Westdeutschen überholt: in der Villa Vigoni am Comer See zu ei- allgemeinen Charakter haben, schon um Die endgültigen Geburtenraten von Frau- nem Resumé aus internationaler Sicht zu- die Bildungsdefizite einer gewachsenen en, die heute 45 Jahre alt sind, liegen bei sammen. Die Bilanz fiel vernichtend aus. Zahl von Studienanfängern zu beheben. 1,6 Kindern – gegenüber 1,51 Kindern in Geändert hat sich dabei, dass die Reform- Zum Ausgleich dieser Mängel schlug Her- Westdeutschland. kritik nicht mehr als Sache gestriger Tradi- lind Gundelach ein erstes Jahr mit allge- In Rostock verlässt man sich seit Grün- tionalisten oder typisch deutsche Angele- meinbildendem Charakter vor. dung des Institutes nicht auf die unscharfe genheit abgetan werden kann. Unbestrit- jährliche Geburtenziffer, weil sie Effekte ten war aber trotzdem der Wille, am Gro- Wiedervorlage Fachhochschulausbau kaum berücksichtigt, die entstehen, wenn ßen und Ganzen der Reform festzuhalten. Nationale Eigenart zeigt sich dann doch sich das Alter der Frauen bei der Geburt Der Integrationsprozess sei, global be- in dem aufgeblähten und von Bologna in des ersten Kindes verändert. Und das trachtet, unerlässlich, und der Autonomie- keiner Weise erzwungenen deutschen Ak- steigt seit den siebziger Jahren im Westen gewinn der Universitäten genauso wie der kreditierungssystem, leider von ihrer und seit den Neunzigern auch im Osten vielzitierte europäische Raum „des unge- schlimmsten Seite. Die Bewertung aller stetig an. Die endgültige Geburtenrate da- hinderten Austauschs von Personen und Studiengänge durch externe Agenturen gegen umfasst Alterskohorten und ist dar- Wissen“ seien unvermindert erstrebens- hat horrende Kosten verursacht und ge- um zuverlässiger. Die Legende, wonach Was macht er denn mit der Staatsbibliothek, der Seehofer? Homer, Aristoteles und Thukydides rätseln mit. Foto Imago sich ostdeutsche Frauen in rekordverdäch- werte Ziele. Das nötigte zum rhetorischen hört zu den Hauptverantwortlichen für Spagat zwischen der Entrüstung über „un- den bürokratischen Exzess. Von Rainer tig kurzer Zeit und unter dem Druck gra- sägliche Zustände“ und „dicke Skandale“ Künzel, dem Leiter der Zentralen Akkre- vierender ökonomischer und sozialer Ver- und dem davon auf seltsame Weise unan- ditierungsagentur, erfuhr man nun, dass änderungen angepasst hätten, konnte so getasteten Bewusstsein, insgesamt doch auf dem „goldrichtigen Weg“ zu sein. Alles nicht so eng sehen das System ohnehin nur zur Prüfung for- maler Kriterien, aber nicht zur qualitati- ven Bewertung der Lehre tauge. Die Ten- denz geht dahin, die Qualitätssicherung Immer mehr mit immer weniger entzaubert werden. Bis zum Mauerfall wa- ren ostdeutsche Mütter im Durchschnitt etwa 22 Jahre alt bei der Geburt des ersten Kindes, inzwischen sind sie 27 – immer genommen wird, bleibt das Geheimnis Prozent ihrer Benutzer im universitären Der Kardinalfehler der Reform bestand in den Hochschulen selbst zu überlassen Die Bayerische Staats- des Finanzministeriums. Immerhin ver- Bereich beschäftigt. noch jünger als Westdeutsche. In einer Broschüre haben die Rostocker dem Glauben, die gewaltigen Umstellun- und diese in regelmäßigen Abständen ex- gen im Studiensystem zum Nulltarif und tern zu prüfen. Problematisch bleibt, dass bibliothek steht unter greift man sich an einer Perle der deut- schen Bibliothekslandschaft. Im europäi- Griebel hat dieser Tage in außerge- wöhnlich scharfer Form öffentlich auf Wissenschaftler jetzt die Befunde ihrer eine massive Ausweitung der Studenten- die Systemakkreditierung, die statt einzel- vergleichenden Forschung zu Familie und zahlen ohne Aufstockung des Lehrperso- ner Studiengänge das Evaluationssystem immer größerem schen Vergleich rangiert sie – gemessen die Haushaltssperre reagiert: Habe diese Partnerschaft zusammengestellt (Ergeb- an Bestand und Bedeutung – mit 9,5 Mil- Bestand, sei die Bibliothek nicht länger nisse im Rahmen des Projektes „Demogra- nals bewältigen zu können. Der Versuch, die Vermassung der Universitäten mit einer gesamten Universität prüft, bisher kaum weniger unübersichtlich ist. Sparzwang. Ihr lionen Büchern und annähernd 50 000 in der Lage, ihren gesetzlichen Auftrag phic Differences in Life Course in Eastern dem Bachelor als Filter für wissenschaft- Sabine Behrenbeck vom Wissenschafts- Direktor warnt, der Zeitschriften hinter der British Library. Sollte die Haushaltssperre tatsächlich zu erfüllen. Dazu gehört zum Beispiel der Sammlungsauftrag im Bereich Anti- and Western Germany“; Rostock 2010). Michaela Kreyenfeld, die das Projekt koor- lich ambitionslose Studenten aufzufan- rat, die der Eigenregie der Universitäten gen, mag noch sinnvoll sein. Der Irrweg nicht so recht traute, suchte nach Anrei- gesetzliche Auftrag sei Bestand haben, sei man „ratlos“, wo quaria und Handschriften, der 2009 ei- diniert, sagt: „Im Osten wird ein ganz an- begann spätestens, als die Reform von der zen, um Professoren den gestiegenen noch gespart werden könne ohne sub- nen nicht sehr üppigen Etat von 572 000 deres Familienmodell gelebt als im Wes- Politik zur Kosteneinsparung miss- Lehrbedarf schmackhaft zu machen, und so nicht erfüllbar. stantiellen Schaden anzurichten. Gefähr- Euro aufwies. Als ersten Einsparschritt ten.“ Der Befund hat auch sie überrascht, braucht wurde. Auf die Professoren kam brachte das Reizwort politische Steue- det sind dann Tausende von Abonne- hat Griebel nun einen vermeintlich wei- man hatte immer damit gerechnet, dass dies als der Zwang zu, mehr Studenten rung in die Runde. Woraufhin man sich ments wissenschaftlicher Zeitschriften, chen Weg beschritten. Er lässt Bücher sich die Differenzen auflösen mit der Zeit. mit gleichbleibenden Mitteln intensiver auf Professorenseite in Künstlerpose warf er Untergang des Abendlandes welche die BSB als „last resort“ bezieht. und Zeitschriften zunächst nicht mehr Zu den deutlichsten Unterschieden neben zu betreuen, studienbegleitend. Gemäßigt hat sich der politische Ver- such, die Mängel im Reformprozess zu na- und nicht Erkenntnisinteresse, sondern Eitelkeit zur Haupttriebfeder der eigenen Profession erklärte. Weil Bologna bisher D ist vorläufig aufgeschoben. Weil die Steuerschätzung dem Finanz- minister für die nächsten drei Jahre je- Sie ist damit ein Eckstein des seit zehn Jahren bestehenden kooperativen Leis- tungsverbundes bayerischer Universitäts- aufbinden, was ihre Haltbarkeit deutlich verringert. Betroffen ist hier ein Gewer- be, das abhängig ist von staatlichen Auf- der endgültigen Kinderzahl gehört die Ent- koppelung von Heirat und Familiengrün- dung. tionalen Umsetzungproblemen zu erklä- aber keine Methode gefunden hat, um weils rund 1,5 Milliarden Euro Mehrein- bibliotheken. Die BSB führt jene Zeit- trägen: Siebzehn Buchbinderbetriebe ar- Nirgendwo sonst in Europa werden so ren. Während Hochschulvertreter sich Lehre qualitativ zu bewerten, kann sie nahmen in Aussicht stellt, konnte Bay- schriften, die anzuschaffen eine einzelne beiten fast ausschließlich für die große viele Kinder außerhalb der Ehe geboren deutlich zu erinnern meinen, die Bolo- dem Wissenschaftler weiterhin kaum Re- erns Ministerpräsident Horst Seehofer Universitätsbibliothek nicht in der Lage Bibliothek, versehen Paperbacks, Zeit- wie in Ostdeutschland: 2009 galt das für gna-Beschlüsse als unmissverständliches putationsgewinn verschaffen. Sinnvoll er- (CSU) seine Kabinettskollegen vor den wäre. Gerade im Bereich biomedizini- schriften und Noten mit festen Umschlä- 61 Prozent der Kinder, im Westen waren Oktroyat erfahren zu haben, warf ihnen scheint Behrenbecks Vorschlag, die Uni- schlimmsten Streichungen bewahren – scher Journale seien die Abo-Preise un- gen. Zuletzt war der Binde-Etat von 1,4 es zum gleichen Zeitpunkt nur 26 Prozent die Politik vor, sich gegen Evaluationsver- versitäten mit dem Ausbau von Fachhoch- wie die Sache im Detail ausgehen wird, verhältnismäßig hoch, wenn der Anbie- Millionen auf 900 000 Euro zusammen- (Tendenz steigend). Bei der Geburt eines fahren gesperrt zu haben und aus der ge- schulen von Lehraufgaben zu entlasten. ist aber weiterhin unklar. Mit welchen ter als Monopolist in seinem Fachgebiet gestrichen worden; bleibt die dreißigpro- zweiten und dritten Kindes sind im Osten stiegenen Lehrverantwortung geflohen Die Finanzierungsfrage dürfte hier er- Folterinstrumenten man schon mal vor- rangiert. So schlägt etwa das „Journal of zentige Haushaltssperre bestehen – wo- die Hälfte der Eltern verheiratet, im Wes- zu sein. In der Villa Vigoni wurde dies zur neut interessant werden: Ob sich die Uni- sorglich gewunken hat, davon konnte Comparative Neurology“ mit rund rüber es bis Redaktionsschluss keine ten werden nur etwa 17 Prozent der Ge- Lesart abgemildert, die Beschlüsse der versitäten an den Kosten dieser Entlas- sich zuletzt die Bayerische Staatsbiblio- 24 000 Euro pro Jahr zu Buche. Klarheit gab –, wird man im nächsten schwister nichtehelich geboren. Hinzuge- Kultusministerkonferenz seien falsch, tung wohl beteiligen würden? thek (BSB, im Volksmund „Stabi“) ein Die altehrwürdige Bibliothek ist auf Jahr nur noch 250 000 Euro dafür ausge- fügt werden muss hier, dass es sich dabei nämlich zu verbindlich interpretiert wor- „Bologna ist flexibler als gedacht“, so Bild machen. dem Weg in die digitale Welt ziemlich ben. Im Vergleich zum Landesbankende- nicht unbedingt um alleinerziehende Müt- den. Wo stehe geschrieben, dass der Ba- hieß am Ende die neue politische Wunsch- weit, unter anderem mit einer Google- saster sind das winzige Summen, für die ter handelt, die Mehrzahl der unverheirate- Ende September hat Generaldirektor chelor in der allgemein als zu kurz emp- formel. Das ewige europäische Rätsel von Partnerschaft zur Digitalisierung rechte- betroffene Branche aber existentielle. ten ostdeutschen Eltern leben zusammen. Rolf Griebel erfahren, dass er rückwir- freier Bestände. Das Haus ist von zentra- Zuständig für die Staatsbibliothek ist fundenen Spanne von drei Jahren absol- der Einheit in der Vielfalt müsse nur et- Geschieden werden Ehen und Lebensge- kend für das Jahr 2010 noch 1,4 Millio- ler Bedeutung für den Wissenschafts- das Staatsministerium für Wissenschaft, meinschaften allerdings gleich häufig. viert sein müsse, fragte der baden-würt- was anders aufgelöst, die Einheit nur als tembergische Ministerialdirektor Klaus formales Kriterium verstanden werden, nen Euro einsparen muss, ein gutes standort Bayern. Und es wird berannt. Forschung und Kunst unter Leitung von Zurückzuführen seien die Unterschie- Tappeser, blieb aber die Antwort schul- dann bleibe den Nationen alle Freiheit in Zehntel des jährlichen Sachmittel-Etats. Seit Jahr und Tag nehmen die Ausleih- Wolfgang Heubisch. Der studierte Be- de, so die Wissenschaftler, auf historische dig, woher das Geld für die Ausweitung der Ausgestaltung. Für die Hochschulen Das ist einerseits terminlich knapp, weil zahlen zu. Im Zeitraum von 2002 bis triebswirt und Zahnarzt ist einer von Traditionen. Noch 1949 lagen Ost und auf vier Jahre zu nehmen sei. Die Hambur- soll das heißen, Strukturvorgaben nicht man nicht einfach bestehende Verträge 2009 wuchs die Besucherzahl auf 70 000 zwei FDP-Ministern im Kabinett Seeho- West in diesem Punkt nahe beieinander. ger Wissenschaftssenatorin Herlind Gun- als strikte Normen zu verstehen. Für die kündigen kann. Andererseits – und das (ein Plus von 143 Prozent), die der Lese- fer; er hat sein Amt bislang auffallend Dann führte die DDR Mitte der siebziger delach räumte ein generelles Finanzie- Ministerialbürokratie soll es eine ent- wurmt die Staatsbibliothekare beson- saalbesuche sogar um 229 Prozent auf unauffällig versehen. Nach den abschlie- Jahre das sogenannte Babyjahr ein (zum rungsdefizit der Reform ein, dämpfte die spanntere Herangehensweise bedeuten. ders – werden sie im Vergleich zu den 1,18 Millionen per annum – was auch ßenden Haushaltsverhandlungen kurz Teil voll bezahlt bei Erhalt des Arbeitsplat- Hoffnung auf zusätzliche Mittel aber mit Vieles, aber nicht alles hängt am Geld: Universitätsbibliotheken „gleicher“ be- daran liegt, dass man mittlerweile sie- vor Weihnachten wird sich zeigen, ob er zes), doch nur unverheiratete Mütter konn- dem Hinweis auf die Schuldenbremse. Wenn das byzantinische Regelwerk gelo- handelt – denn diese müssen zwanzig ben Tage die Woche von acht Uhr mor- seine örtlichen Kritiker, die behaupten, ten dies schon für das erste Kind in An- Der beliebte Ausweg, die Misere einem ckert würde, das war Konsens, könnte Prozent Haushaltssperre verkraften, die gens bis Mitternacht hier arbeiten kann. Bayerns Wissenschaftspolitik käme auf spruch nehmen. Also unterliefen Eltern typisch deutschen Umsetzungsproblem man auch mit gleichbleibenden Mitteln Stabi dreißig. Warum ausgerechnet die Obwohl die BSB grundsätzlich jedem dem Zahnfleisch daher, widerlegen die Verordnung und schoben die Hochzeit zuzuschreiben, stand in Como auch des- Besseres erreichen. THOMAS THIEL Bayerische Staatsbibliothek in die Zange Bürger offensteht, sind mehr als achtzig konnte. HANNES HINTERMEIER auf. Bis 1986 war die Nichtehelichenquote bereits auf 30 Prozent gestiegen, dann wur- de das Gesetz geändert. Alle Frauen beka- men das Babyjahr, die Quote stieg (vor- Wann sind wissenschaftliche Fortbildungen ein Fall von Bestechung? erst) nicht mehr, ging aber auch nie wie- der zurück. Auch die Religionszugehörig- keit folgt anderen Traditionen, wobei die Wenn Pharmafirmen Ärzte einladen: Wer in Monte Carlo mit Blaskapelle tagt, muss aufpassen, ein Schiff in Warnemünde hingegen geht rigide Kirchenpolitik der DDR nicht allein für diese Differenz verantwortlich ist. Moderne Regulierungsregime zeichnen Fortbildungsveranstaltungen (Lothar bei Zuwendungen, um das dienstliche eindeutig im Vordergrund? Ist die Unter- ben, in diesem Fall sind aber es aber Eine Übersicht von 1933 aus dem Statisti- sich oft durch ein Ineinander privater Kuhlen, „Strafrecht und freiwillige Selbst- Wohlwollen des Amtsträgers zu errin- haltung durch eine zur Begrüßung spie- nicht einmal staatliche Richter, welche schen Reichsamt verzeichnet bereits da- und öffentlicher Normsetzung aus. Da- kontrolle der Wirtschaft: das Beispiel der gen? Diese Unsicherheit war besonders lende Blasmusikkapelle erlaubt, und darf die Festlegung leisten. Stattdessen bleibt mals deutlich mehr Konfessionslose im von erhoffen sich beide Seiten etwas: Pharmaindustrie“, Festschrift für Win- auf Seiten der gegenüber strafrechtlichen auf einem Donauschiff getagt werden? die strafrechtliche Normkonkretisierung Osten als im Westen. Der Staat möchte Geld sparen und den fried Hassemer, hrsg. von Felix Herzog Vorwürfen besonders empfindlichen Ärz- Ersteres wurde durch den Spruchkörper dauerhaft aus. Noch deutlicher sind die Ost-West-Un- Sachverstand der Betroffenen mobilisie- und Ulfrid Neumann, C. F. Müller Verlag ten zu spüren und ein wesentlicher An- verneint, zweites bejaht. Aber auch von einer anderen Seite terschiede bei der Kinderlosigkeit. Von ren, diese wiederum wittern eine einmali- Heidelberg 2010). trieb für die Entwicklung einer freiwilli- Die Vereinsgerichte müssen sich dem- scheint diese Praxis problematisch. Denn den Jahrgängen bis 1964 blieben im Osten ge Chance, ihren Interessen angemessen Aufgeschreckt durch Ereignisse wie gen Selbstkontrolle. nach auf sämtliche Details und Abgren- der FSA-Kodex sollte der „Vermeidung nur zehn Prozent der Frauen kinderlos ge- Geltung zu verschaffen, wenn sie Heikles den Herzklappenskandal Mitte der neun- Über mehrere Zwischenschritte entwi- zungsprobleme einlassen, die ihnen die strafrechtlicher Risiken“ dienen. Thema- genüber bereits einem Fünftel der gleich- selbst regeln dürfen. Das erfolgt manch- ziger Jahre, gerieten Kooperationen zwi- ckelte schließlich der Verein „Freiwillige mitunter sehr gesellige Praxis dieser tisch geht er über das Ziel der Minimie- altrigen westdeutschen Frauen. Die Kin- mal, aber nicht immer autonom. Wo die schen Unternehmen der pharmazeuti- Selbstkontrolle für die Arzneimittelindus- Branche stellt. Sie müssen darauf achten, rung hinaus und konkretisiert vielfältige derlosigkeit kann ja überhaupt erst seit der Änderung des Mikrozensusgesetzes Obrigkeit aber letztlich die Oberhand be- schen Industrie mit medizinischen Insti- trie e. V.“ den „FSA-Kodex Fachkreise“, dass die Freizeitfenster im Tagungspro- rechtliche Vorgaben. Deren Missachtung 2007 einigermaßen seriös gemessen wer- halten will, übt man sich in „regulierter tutionen immer mehr ins Zwielicht. Han- der in seiner verschärften Version zuletzt gramm nicht zu groß sind und die Ta- wäre aber nicht gleichbedeutend mit den. Damals konnte auch die frauenfeind- Selbstregulierung“. delte es hier um den strafrechtlichen Vor- durch das Bundeskartellamt im Frühjahr gungsorte nicht den Verdacht erzeugen, dem Eingehen einer Unrechtsvereinba- liche Behauptung, mehr als vierzig Pro- Klassisches Beispiel von privaten wurf der Bestechung und Vorteilsgewäh- 2010 genehmigt wurde. Aus bloßen Emp- nach ihrem Freizeitwert ausgesucht wor- rung. Zum anderen hat die Strategie der zent der Akademikerinnen blieben aus Selbstregulierungen sind die freiwilligen rung bzw. Bestechlichkeit und Vorteilsan- fehlungen wurden schließlich verbindli- den zu sein: Monte Carlo wurde bean- Vermeidung dazu geführt, dass die Selbst- Karrieregründen ohne Kind, widerlegt Kontrollen der Wirtschaft. Andere For- nahme, so kamen bald auch andere For- che Regeln. Eine Verfahrensordnung legt standet, Warnemünde nicht. Ganz zu regulierungen risikoscheu ausgefallen werden. Blieb im Westen sodann „nur“ men findet sich auf zahlreichen Sachge- men der Zusammenarbeit an die Öffent- ihre Einhaltung fest und bestimmt, dass schweigen von der Hotelauswahl und sind. noch jede fünfte Frau mit höherer Bildung bieten, deren prominentestes ist vermut- lichkeit. Immer ging es um den anrüchig Verstöße sanktioniert werden. Als Ver- den Tagessätzen der Bewirtung. Anders gesagt: Die Ärzte deklarierten, kinderlos, waren es im Osten lediglich lich die Normierung technischer Risiken, scheinenden Transfer von materiellen einsgerichte wurden Spruchkammern Rechtsstaatlich pikant wird es, wenn so Kuhlen, vieles liebermal als unzuläs- acht Prozent. Zwar wird über Sinn und bei der Öffentliches Recht und private Vorteilen an die Ärzte, und stets wurde Erster und Zweiter Instanz installiert. man darin die Auslagerung von Aufga- sig, was irgendwem suspekt erscheinen Zweck einer guten Infrastruktur für die technische Normung kooperieren. Weni- auf das Korruptionsstrafrecht als gesetzli- Die Vereins-Rechtsprechung wird publi- ben der Strafrechtspflege sieht, da hier könnte. Die Unbestimmtheit des Korrup- Kinderbetreuung immer noch heiß gestrit- ger bekannt und neueren Datums sind che Grenze für die Zusammenarbeit ver- ziert und von Juristen vorgestellt und das Verhalten der Betroffenen sanktio- tionsstrafrechts hat weite Schatten hin- ten, doch weist dieser Befund deutlich und demgegenüber die Selbstregulierungen wiesen. kommentiert. niert wird. Die Bestimmung des strafba- ein in die Selbstnormierung geworfen. unmissverständlich auf diesen Standort- der Pharmaindustrie. Der Mannheimer Nun zeichnen sich Korruptionstatbe- Ein Anliegen der Selbstregulierung ist, ren Verhaltens wird nicht durch staatli- Würde man dann noch Verletzungen der vorteil Ost. Strafrechtler Lothar Kuhlen zeigt in ei- stände der Paragraphen 331 bis 334 des dem „Missbrauch von Fortbildungsveran- che Gerichte, sondern, privaten Akteu- Regeln des FSA-Kodex als Indiz für Un- Natürlich kann diese Entwicklung das ner neuen Studie am Beispiel der Korrup- Strafgesetzbuches nicht eben durch be- staltungen als Verschleierungsinstru- ren vorgenommen. Evident ist das Pro- rechtsvereinbarungen im strafrechtli- Geburtentief bis 1994 nicht kompensie- tionsbekämpfung durch verbandliche sondere Klarheit aus, erst recht seit de- ment für industriefinanzierte Freizeitver- blem der Bestimmtheit der Verbotsnor- chen Sinne deuten, so hätten die Beteilig- ren. Schwerwiegender jedoch wirkt sich Selbstregulierungen die rechtsstaatli- ren Ausweitung im Jahr 1997. Im Zen- anstaltungen und Urlaube von Ärzten“ men: Gerade die Kasuistik im Fall der ten die eigenen Standards der Strafhaf- auf die demographische Situation in Ost- chen Probleme solcher Normwerke. Il- trum steht die Frage, ob eine sogenannte entgegenzuwirken, so Paragraf 20 des Fortbildungen illustriert, dass sich die tung unwillentlich verschärft und zudem deutschland die anhaltende Abwande- lustratives Beispiel ist die Einladung zu Unrechtsvereinbarung geschlossen wur- FSA-Kodex. Wann aber steht der „berufs- Voraussetzungen der Strafbarkeit schwer- auch die Grenze zwischen Recht und Mo- rung junger Menschen aus, die ja potentiel- berufsbezogenen „wissenschaftlichen“ de. Wo aber genau verläuft die Grenze bezogene wissenschaftliche Charakter“ lich aus der Lektüre des Gesetzes erge- ral aufgehoben. MILOŠ VEC le Eltern sind. REGINA MÖNCH