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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennende ...

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DER THEOLOGE
Nr. 4

Die evangelische Kirche


und der Holocaust
Dokumentation

Welche Verantwortung tragen die


evangelische Lehre und die evangelische
Kirche für den Völkermord an den Juden?
DER THEOLOGE Nr. 4
veröffentlicht bisher wenig bekannte
Dokumente und Hintergrund-Informationen
und vergleicht sie mit Fakten der Gegenwart.

In den Jahren 1933-1945 gibt es in der


evangelischen Kirche zwei Flügel, die
"Deutschen Christen" und die "Bekennende
Kirche". In beiden Gruppen wurde der Treue-
und Gehorsams-Eid gegenüber Adolf Hitler
geschworen. Und Verantwortliche und
Anhänger beider Flügel fordern oder
befürworten auch die Judendiskriminierung und
-verfolgung, von wenigen Ausnahmen
abgesehen. Warum? Ist dies ein "einmaliges
Versagen" oder eine Folge auch des evangelisch-
lutherischen Glaubens?

PS: Diese Dokumentation enthält auch Materialien über die römisch-katholische Kirche und
den Holocaust, z. B. Synodenbeschlüsse gegen die Juden. Sie sind in einem Auszug gesondert
zusammengefasst.

Martin Luther, Von den Juden und ihren Lügen (1543; hier das Titelblatt einer "Volksausgabe" von
Hans-Ludolf Parisius) - Im Jahr 1938 gab Landesbischof Martin Sasse aus Eisenach die Schrift neu
heraus unter dem Titel Martin Luther über die Juden - Weg mit ihnen! (Freiburg 1938). Im Vorwort auf
Seite 2 schreibt der evangelisch-lutherische Landesbischof: "Am 10. November 1938, an Luthers
Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volk wird ... die Macht der Juden auf
wirtschaftlichem Gebiet im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf
des Führers zu völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt. In dieser Stunde muss die Stimme des Mannes
gehört werden, der als der Deutschen Prophet im 16. Jahrhundert einst als Freund der Juden begann, der
getrieben von seinem Gewissen, getrieben von den Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte
Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden."

In einem von der Evangelischen Kirche in Deutschland in Auftrag gegebenen Gutachten


schreibt Walter Künneth, der damalige "Sektenbeauftragte" und Vertreter der Bekennenden
Kirche, im Jahr 1934: "Die Kirche hat sich dafür einzusetzen, dass die Ausschaltung der
Juden als Fremdkörper im Volksleben sich nicht in einer dem christlichen Ethos
widersprechenden Weise vollzieht". Wie dies genau geschehen soll, steht allerdings nicht
im Gutachten (mehr dazu hier). Wie dies dann praktisch geschah und wie die Kirche dazu

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beitrug, darüber informiert DER THEOLOGE Nr. 4. Darüber hinaus werden viele
Materialien dokumentiert, wie die Kirche parallel dazu andere Gemeinschaften
bekämpfte und verfolgen ließ und wie sie das nationalsozialistische Deutschland im 2.
Weltkrieg unterstützte. Und wie sie dazu beigetragen hat, die Lebensmöglichkeiten der
behinderten Mitbürger zu beschränken und sie schließlich umzubringen (siehe dazu auch
Zusammenfassungen unter www.theologe.de/euthanasie.htm und, was das Beispiel der
Zeugen Jehovas betrifft, unter www.theologe.de/zeugen-jehovas_kirche.htm - auch die
Informationen über den bayerischen Landesbischof Hans Meiser sind gesondert
zusammengefasst, siehe www.theologe.de/theologe11.htm).

Inhaltsverzeichnis
Zeugnis des Theologen

Einführung: Die evangelische Kirche und der Holocaust

Die Verantwortung Martin Luthers

So fordert es Martin Luther - so tun es die Nationalsozialisten

 Die Ereignisse im Zeitablauf


Um 1900: Judenverfolgung mit evangelischen Mitteln

1912: Adolf Hitler bewundert Martin Luther als das "größte deutsche Genie".
"Die wahre deutsche Religion sei der Protestantismus."

1918: Adolf Hitler erklärt: Öffentlichkeit ist noch kaum antisemitisch

1921: Evangelischer Pfarrer ruft zum Boykott auf: Kauft nicht beim Juden!

Ein evangelisches Sonntagsblatt fordert:


Berufsverbot für Juden in der Presse!

1924: Adolf Hitler: Katholiken und Protestanten sollen gemeinsam gegen die
Juden kämpfen, den "Todfeind" des Christentums

1926: Gutachten des späteren evangelischen Landesbischofs


Meiser: Gegen die "Verjudung unseres Volkes"

1927: Evangelische Zeitung wünscht eine gesellschaftliche Sitte:


Deutsche "Arier" sollen nicht bei Juden kaufen

1930: Die Nationalsozialisten rufen "Juda verrecke!"


Immer mehr evangelische Pfarrer sind begeisterte Nazis

Größte lutherische Kirchenzeitung: Die Juden sind die "Verderber


Deutschlands", die Bibel ist ein "Anti-Judenbuch"

1932: Evangelische Kirche gemeinsam mit NSDAP gegen so genannte


"Sekten"

1933: Erklärung eines lutherischen Theologen:


Die Kirche wies immer auf Luthers antijüdische Schriften hin

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Die meisten Pfarrer wählen Adolf Hitler

Der Wirtschaftsboykott gegen die jüdische Bevölkerung -


er wird von der evangelischen Kirche befürwortet

Neues evangelisches Gutachten:


Ausschaltung der Juden als "Fremdkörper im Volksleben"

Ein evangelisches Sonntagsblatt:


Adolf Hitler als Werkzeug "göttlicher Vorsehung"

Evangelischer Presseverband: Wer beim Widerstand gegen


die Juden nicht mitmacht, "vergeht sich gegen Gottes Willen!"

Evangelische Synode fordert vom Staat das Verbot der Mormonen, der
Adventisten und der Evangelisch-Johannischen Kirche

"Das Evangelische Deutschland" stellt "vollständige Bereinigung der Sekten"


in Aussicht

Evangelische Diakone, "die SA Jesu Christi und die SS der Kirche" - Ein KZ
unter kirchlicher Leitung

Berufung auf Martin Luther:


Er sprach von der "Hoheit" weltlicher Gewalt

Gegen Juden, "Sekten" und Freidenker: Arbeitsverbindung zwischen der


Gestapo und der evangelischen Kirche

1934: Evangelische Landesbischöfe gliedern Evangelische Jugend in die


Hitlerjugend ein

Die politische Loyalität der "Bekennenden Kirche" zu Hitler

Dankbarkeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern:


"Gott hat uns den Führer geschenkt!"

Evangelische Kirche in der Judenfrage einig mit Hitler

1935: An immer mehr Orten hängen Plakate und Schilder:


"Juden unerwünscht!"

1936: Evangelische Kirche entlässt alle Mitarbeiter jüdischer Herkunft

1937: Ein leitender evangelisch-lutherischer Diakonie-Arzt fordert dazu auf,


Behinderte umzubringen

Ein evangelisch-lutherischer Oberkirchenrat der Bekennenden Kirche fordert:


"Die Juden gehören hinausgepeitscht!"

1938: Neues evangelisches Kirchengesetz:


Alle evangelischen Pfarrer müssen den Treue-Eid auf Adolf Hitler schwören

An Luthers Geburtstag brennen die Synagogen - ein evangelisch-lutherischer


Landesbischof sieht darin die "Krönung" eines "gottgesegneten" Kampfes

Massendeportationen und Misshandlungen in den KZs:


Die evangelischen Bischöfe möchten dazu nichts sagen

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1939: Elf evangelische Bischöfe bzw. Kirchenführer bekennen:


Die Nationalsozialisten führen das Werk Martin Luthers nach der politisch-
weltanschaulichen Seite fort

Bekennende Kirche: Ernste Rassenpolitik zur Reinerhaltung unsere Volkes


notwendig

Die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei zum Erntedankfest:


Dank für die reiche Ernte auf den polnischen Schlachtfeldern!

1940: Der evangelisch-lutherische Landesbischof Meiser zu den


Kriegserfolgen der deutschen Armee: "Wir stehen anbetend vor unserem Gott."

1941: Zyklon B

Evangelische Landeskirchen für schärfste Maßnahmen gegen die Juden als


den "geborenen Welt- und Reichsfeinden"

Ein evangelisch-lutherischer Pfarrvikar bildet Heckenschützen im Töten aus

1942: Kirchliches Schweigen zur "Endlösung" der "Judenfrage":


Der "feindlichen Propaganda" keinen Stoff liefern

Ein evangelisch-lutherischer Pfarrer schlägt Nazis Aufhängen von Juden vor


und den evtl. Vollzug der Endlösung in einer Nacht

Landesbischof Marahrens von der Bekennenden Kirche fordert unbedingte


"Hingabe" für den Krieg

1944: Ein evangelischer Kirchenpräsident und Bischof bezieht sich auf


Martin Luther: Den Himmel mit Blutvergießen gewinnen

1945: Überlebende Juden:


"Eine wankende Masse dunkler Haut und Knochen"

Die evangelische Kirche rechtfertigt sich und alle ihre Amtsträger

Schuld von Kirchenmitgliedern: Vorsicht vor den Amerikanern!

Auch nach dem Holocaust: Der Antisemitismus lebt weiter

Gutachten der evangelischen Kirche: "Klares kompromissloses Eintreten" für


NSDAP-Pfarrer ist "stellvertretender Kampf für das ganze Volk."

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beklagt neue Grenzziehung im


Osten: Vergleichbar dem Holocaust

1946: Rechtfertigung: KZ-Personal aus "ordentlichen Gemeindegliedern"

Schreiben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD):


Wie kann heute Unrecht sein, was gestern Recht war?

Julius Streicher, Herausgeber des Nazi-Blattes "Der Stürmer", beruft sich auf
Martin Luther

Evangelische Kirche verbietet den Pfarrern, den Alliierten bei der


Strafverfolgung von Nazi-Verbrechen und -Vergehen zu helfen

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1947: Rechtfertigung für den NS-Finanzminister:


Er war aktives Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche

Ein evangelisch-lutherischer Professor:


Die Nationalsozialisten imitierten die katholische Kirche

Evangelische Kirche: Keine Wiedergutmachung an Opfern der Diktatur

1949: Eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde als


Spendenwaschanlage für die Verteidigung von NS-Verbrechern

1951: Verdrängung

1964: Antisemitismus schwelt weiter, Bekämpfung anderer religiöser


Minderheiten nimmt zu

Ab 1990: Auch der Antisemitismus nimmt wieder zu

1999: Evangelische Kirche wieder für den Krieg

2002: Ein Holocaust-Überlebender warnt

Gutachten:
Hans Meiser, "Die evangelischen Gemeinden und die Judenfrage"

Zusammenfassung:
"Deutsche Christen" und "Bekennende Kirchen" befürworten
Judendiskriminierung und -verfolgung

Hintergrund 1:
Der Holocaust und die kirchliche Lehre von der ewigen Verdammnis

Hintergrund 2:
Antijüdische Stellen im Neuen Testament

Kommentar:
Die evangelisch-lutherische Zwei-Reiche-Lehre und ihre Bedeutung für die
Judenverfolgung und für das staatliche Handeln der Gegenwart

Quellen- und Literaturverzeichnis

Aufruf: Entschädigung

Damit die ganze Wahrheit ans Licht kommt: Archive öffnen!

Zeugnis des THEOLOGEN


Diese Schrift entstand aus der Verbundenheit zu Jesus von Nazareth, der über die
staubigen Straßen Palästinas zog und den Menschen vom kommenden Friedensreich
erzählte. Jesus war Jude und lehrte sein Volk, wie es nach den Geboten Gottes leben kann,
damit es zum "Segen für alle Völker" wird, so, wie es dem "Stammvater" Abraham
prophezeit wurde (1. Mose 12, 3). Doch Priester und Schriftgelehrte stellten sich gegen
Jesus und ließen ihn töten.

Jahre bzw. Jahrhunderte später sind es wieder Priester und Schriftgelehrte, die seine

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einfache und geniale Botschaft zur katholischen und später zur evangelischen Lehre
verfälschen.

Jesus gründete kein Kirche. Er wollte keine Priester und Pfarrer und kirchliche
Obrigkeiten, und er führte keine Zeremonien, Riten und Kulte ein. Auch sprach er nicht
davon, dass Menschen Dome und Kirchen aus Stein bauen sollen. Denn jeder Mensch ist
ein "Tempel Gottes", und alle sind Brüder und Schwestern, Kinder Eines Gottes, und alle
sind gleich. Keiner braucht also eine Kirche zu besuchen, denn Gott ist in jedem
Menschen, in jedem Tier und in der ganzen Natur.

Diese Dokumentation wendet sich weder gegen die evangelische oder die katholische
Kirche noch gegen einzelne ihrer Amtsträger, und sie richtet und verurteilt niemanden. Sie
informiert nur darüber, was in der evangelischen Kirche im Namen von Christus und Gott
geschah und geschieht. Dies wird aufgedeckt. Die evangelische Kirche mag sich
"evangelisch" oder "lutherisch" nennen, denn in ihren Reihen wird getan, was schon
Luther lehrte. Doch mit dem Missbrauch des Namens "Christus" sollte sie aufhören und
ihre Lehre und ihr Verhalten entgegen den Geboten Gottes nicht mehr als "christlich"
bezeichnen, weder im Rückblick auf das "Dritte Reich" in Deutschland noch in der Zeit
danach.

Allen hier teilweise namentlich genannten Personen gilt nach unserem Glauben die Liebe
Gottes ohne Einschränkung. Diese Liebe ist für uns unteilbar. Der Mann aus Nazareth
lehrte die Menschen, ihr Fehlverhalten zu erkennen, zu bereuen, um Vergebung zu bitten,
zu vergeben, wieder gutzumachen, so dies möglich ist, und Gleiches oder Ähnliches nicht
mehr zu tun. Auch bei eventuellen Hass- oder Rachegefühlen bedarf es nach der Lehre des
Jesus der Reue, der Bitte um Vergebung und der Vergebung.
 

Einführung: Die evangelische Kirche und der Holocaust

DER THEOLOGE Nr. 4 fragt nach den kirchlichen und speziell evangelischen Wurzeln des
Holocaust (= der Shoah).
Mit ausgewählten Zeitzeugnissen dokumentiert er die Geisteshaltung der evangelischen Kirche vor
und nach diesem Völkermord. Außerdem wird auf Konzils- und Synodenbeschlüsse der katholischen
Kirche verwiesen. Manche zeitgeschichtliche Fakten, die nicht unmittelbar auf das Thema bezogen sind,
machen dabei das Umfeld deutlich, in dem der Holocaust möglich ist. Dazu gehört vor allem die
kirchliche Bekämpfung anderer Glaubensgemeinschaften parallel zur Bekämpfung des Judentums.
Weiterhin ist zu bedenken, dass ein großer Teil der Nationalsozialisten evangelische oder katholische
Kirchenmitglieder sind, auch wenn dies im Einzelfall oft noch nicht herausgefunden wurde und deshalb
nicht vermerkt ist. Eine klare Unterscheidung "Hier die Nazis, dort die Kirche" ist aus diesem Grund nicht
möglich. Beide Bereiche überschneiden sich bei Hunderttausenden von Betroffenen, die sowohl NSDAP-
als auch Kirchenmitglieder sind.
Die Dokumente sind nicht vollständig. Wegen der Fülle des Materials bleibt manches skizzenhaft. Die
meisten Beispiele zur evangelischen Kirche stammen aus dem Bereich der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Bayern, die sich in ihrer Gesamtheit zur "Bekennenden Kirche" zählte und in diesem Sinne als
kirchlich "intakt" galt. Sie sind aber auch beispielhaft für die anderen evangelischen Kirchen in
Deutschland.

Wenn sich einzelne Mitglieder der Kirche unter Einsatz ihres Lebens für jüdische Mitbürger einsetzten
bzw. deswegen Nachteile riskierten oder in Kauf nahmen, dann wird das Gute in ihrem Tun nicht in Frage
gestellt. Hinweise darauf wurden von den Kirchen vielfach dokumentiert. Oftmals wurde mit diesen
Beispielen aber von der Schuld der evangelischen Lehre und der evangelischen Kirche abgelenkt. Die
zahlreichen Zeugnisse gegenteiligen Inhalts, welche die Verbindung von evangelischer Kirche,
evangelischer Lehre und Judenverfolgung dokumentieren, wurden demgegenüber oft zurückgehalten,
beschönigt oder verdreht.

Die Absicht dieser Dokumentation ist es, evangelische Wurzeln für den Holocaust offen zu legen. Sie
unterscheidet dabei nicht in jedem Einzelfall zwischen typischen evangelischen Mehrheitsstimmen und
Einzelstimmen, doch ergibt die Zusammenschau einen Einblick darüber, wie verschiedene im
evangelisch-lutherischen Glauben wurzelnde Überzeugungen und Haltungen mit dem Völkermord in
Verbindung stehen. Die Mehrheitsstimmen zeigen, wohin die evangelische bzw. lutherische Lehre
überwiegend führte. Und die Einzelstimmen zeigen, was mit Luthers Lehre noch alles möglich war und

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ist.
 

Die Verantwortung Martin Luthers

Die Entstehung der evangelischen Kirche geht auf den Augustinermönch, Priester und Theologieprofessor
Martin Luther (1483-1546) zurück. Der evangelisch-lutherische Landesbischof Martin Sasse erklärt,
Martin Luther sei der "größte Antisemit seiner Zeit" (siehe Zeitablauf: 1938). Innerhalb der
evangelischen Kirche wird 1933 dokumentiert, wie Luthers antijüdische Schriften Jahrhunderte lang den
Boden für den Antisemitismus der Gegenwart bereiten (siehe Zeitablauf: 1933).

Ausgangspunkt des lutherischen Antisemitismus ist die grundlegende Schrift Martin Luthers Von den
Juden und ihren Lügen (1543). Die Judenverfolgung ist eines der wichtigsten Anliegen von Martin
Luther in seinen letzten Lebensjahren. Sie ist auch das Thema seiner letzten Kanzelabkündigung am
15.2.1546 in Eisleben, drei Tage vor seinem Tod, wo er z. B. fordert: "Darum sollt ihr Herren sie nicht
leiden, sondern wegtreiben." Und auch in seinem letzten Brief, den er von Eisleben aus an seine Frau
schreibt, heißt es: "Wenn die Hauptsachen geschlichtet sind [die Streitigkeiten unter den Grafen von
Mansfeld], so muss ich mich daran legen, die Juden zu vertreiben. Graf Albrecht ist ihnen feind und hat
sie schon preisgegeben, aber niemand tut ihnen noch etwas" (zit. nach Landesbischof Martin Sasse,
Martin Luther über die Juden: Weg mit ihnen!, a.a.O., S. 14). Für die jüdischen Bürger tickt die
Zeitbombe, doch dann ist Martin Luther, der Inspirator der staatlichen Obrigkeiten, plötzlich tot. Das
geplante Pogrom fällt zunächst aus, und es gilt noch etwas länger: "Niemand tut ihnen noch etwas."

So fordert es Martin Luther - so tun es die Nationalsozialisten


 

Martin Luther erklärt den Bürgern, die Juden seien ihr "Unglück":

"Ein solche verzweifeltes durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist´s um diese Juden, so diese
1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben
rechte Teufel an ihnen. Das ist nichts anderes. Da ist kein menschliches Herz gegen uns Heiden. Solches
lernen sie von ihren Rabbinern in den Teufelsnestern ihrer Schulen."
(Der achte und letzte aller Bücher und Schriften des teuren seligen Mans Gottes, Doctoris Martini
Lutheri, Tomos 8, Jena 1562, S. 95)
Der Satz "Die Juden sind unser Unglück" wird zu einer der schlagkräftigsten Parolen der
nationalsozialistischen Zeit.

Martin Luther empfiehlt, jüdische Mitbürger zu meiden:

"Wenn du siehst oder denkst an einen Juden, so sprich bei dir selbst also: Siehe, das Maul, das ich da
sehe, hat alle Sonnabend mein lieben Herrn Jesum ... verflucht, vermaledeit und verspeist, dazu gebetet
und geflucht vor Gott, dass ich, mein Weib und Kind und alle Christen erstochen und aufs jämmerlichste
untergegangen wären. Er wollte es selber gerne tun, und, wo er könnte, unsere Güter besitzen ... Ich sollte
mit einem solchen verteufelten Maul essen, trinken oder reden? So möchte ich aus der Schüssel oder
Kannen mich voller Teufel fressen und saufen, so mache ich mich gewiss damit teilhaftig aller Teufel, die
in den Juden wohnen."
(Martin Luther, zit. nach: Landesbischof Martin Sasse, Martin Luther über die Juden: Weg mit ihnen!,
Freiburg 1938, S. 11)
Die Vorwürfe gegen die jüdischen Bürger sind Lügen.
Die Nationalsozialisten verbieten 1941 Freundschaften zwischen Deutschen und Juden. In öffentlichen
Einrichtungen dürfen Juden nicht bei Deutschen sitzen.

Martin Luthers Rat zur "Judentaufe"

"Wenn ich einen Juden taufe, will ich ihn an die Elbbrücke führen, einen Stein an den Hals hängen und

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ihn hinab stoßen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams!"
(Tischreden Nr. 1795, zit. nach Landesbischof Martin Sasse, Martin Luther über die Juden: Weg mit
ihnen!, Freiburg 1938, S. 14)
Die Nationalsozialisten demütigen jüdische Mitbürger auf vielfache Weise. Schließlich werden sie bei Pogromen
und später in den KZs ermordet. Eine katholische oder evangelische Taufe ist kein Schutz vor dem Holocaust.

Martin Luther fordert den Staat dazu auf, die jüdischen Mitbürger zu verfolgen:

1.)
Martin Luther fordert: Man soll ihre "Synagoga oder Schulen mit Feuer anstecken ... unserem Herrn und
der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien ..." (Quelle: siehe unten)
Das tun die Nationalsozialisten, z. B. in der Reichspogromnacht 1938, an Luthers Geburtstag.

2.)
Martin Luther fordert, "... dass man ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre ... Dafür mag man
sie etwa unter ein Dach oder einen Stall tun".
Die Nationalsozialisten ziehen die Juden zunächst ab 1938 in bestimmten Häusern zusammen, ab 1939 teilweise
in Gettos. Später werde sie - vergleichbar einem Viehtransport - in Eisenbahnwaggons gepfercht und in die
Konzentrationslager gefahren. Dort müssen sie in Baracken wohnen.

3.)
Martin Luther fordert, "... dass man ihnen nehme alle ihre Betbüchlein ... auch die ganze Bibel und nicht
ein Blatt ließe".
Die Nationalsozialisten lassen 1933 die jüdischen Schriften verbrennen.

4.)
Martin Luther fordert, "...dass man ihnen verbiete, bei uns ... öffentlich Gott zu loben, zu danken, zu
beten, zu lehren bei Verlust Leibes und Lebens ... dass ihnen verboten werde, den Namen Gottes vor
unseren Ohren zu nennen".
Die Nationalsozialisten nehmen den Juden das Leben. Sie werden meist erschossen oder vergast, ihre Leichen in
Massengräbern verscharrt oder verbrannt - allerdings unabhängig davon, ob der jüdische Bürger zuvor Gott
öffentlich lobte oder nicht. Die ersten Pogrome erfolgen bereits 1933, die Massenmorde beginnen 1939.

5.)
Martin Luther fordert, "...dass man den Juden das Geleit und Straße ganz und gar aufhebe ... Sie sollen
daheim bleiben".
Juden dürfen in der nationalsozialistischen Zeit ihren Wohnort nur mit polizeilicher Genehmigung verlassen.
Später gilt das auch für die Gettos (ab 1939). Wer sich nicht daran hält, wird verhaftet.

6.)
Martin Luther fordert, "dass man ... nehme ihnen alle Barschaft und Kleinod an Silber und Gold".
Das tun die Nationalsozialisten ebenfalls. 1938 wird der Besitz "zwangsarisiert", 1939 der Schmuck eingezogen,
später das Geld.

7.)
Martin Luther fordert, "...dass man den jungen und starken Juden und Jüdinnen in die Hand gebe Flegel,
Axt, Karst, Spaten, Rocken, Spindel und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiß der Nasen".
Die "jungen und starken Juden und Jüdinnen" werden von deutschen Firmen der Nazi-Zeit zum Teil als
Zwangsarbeiter eingesetzt. In den Konzentrationslagern werden die Arbeitsfähigen v. a. seit 1938 von den
Schwächeren getrennt. Die einen müssen unter dem Motto "Arbeit macht frei" zwangsarbeiten und werden erst
hingerichtet, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Die anderen werden gleich umgebracht.

Martin Luther fordert: "Summa: ... dass ihr und wir alle der ... teuflischen Last der Juden entladen
werden ..."
Schätzungsweise sechs Millionen Juden werden beim Holocaust ermordet. Von den Überlebenden wandern die
meisten bis 1951 in die USA oder nach Israel aus.

Martin Luther fasst sein Anliegen der Judenverfolgung folgendermaßen zusammen:


"Unseren Oberherren, so Juden unter sich haben, wünsche ich und bitte, dass sie eine scharfe

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Barmherzigkeit wollten gegen diese elenden Leute üben, wie droben gesagt, obs doch etwas (wiewohl es
misslich ist) helfen wollte. Wie das die treuen Ärzte tun, wenn das heilige Feuer in die Beine gekommen
ist, fahren sie mit Unbarmherzigkeit und schneiden, sägen, brennen Fleisch, Adern, Bein und Mark ab.
Also tue man hier auch, verbrenne ihre Synagogen, verbiete alles, was ich droben erzählt habe, zwinge sie
zur Arbeit und gehe mit ihnen um nach aller Unbarmherzigkeit wie Mose tat in der Wüste und
schlug dreitausend tot, dass nicht der ganze Haufen verderben musste."

Einige töten, um andere zu retten? Was aber soll nach Luthers Überzeugung geschehen, wenn ein Massaker z. B.
an 3.000 Juden aus seiner Sicht nicht das gewünschte Ergebnis bringen würde, nämlich die Bekehrung der Juden
zum kirchlichen Glauben? Zeichnet sich auch bei Luther schon die so genannte "Endlösung" der Judenfrage ab?
Anmerkung: Mose führte solches übrigens nicht durch, es wurde ihm nur unterstellt (vgl. dazu Der Theologe Nr. 13 -
Priesterherrschaft oder wanderndes Gottesvolk?).

(Quellen:
- Landesbischof Martin Sasse, Martin Luther über die Juden: Weg mit ihnen!, Freiburg 1938
- Von den Jüden und ihren Lügen von M. Luther, 1542, als Volksausgabe herausgegeben von H. L. Parisius, München o. J.;
- Der achte und letzte aller Bücher und Schriften des teuren seligen Mans Gottes, Doctoris Martini Lutheri vom 42.
Jahr an (= Tomos 8); zit. nach: Hans-Jürgen Böhm, Die Lehre M. Luthers - ein Mythos zerbricht, S.205-233;
Eigenverlag, Postfach 53, 91284 Neuhaus)

Sehr viel mehr Zitate zum Thema Martin Luther und die Juden
finden Sie in Der Theologe Nr. 28

Der Philosoph Karl Jaspers stellt 1962 fest: Luthers "Ratschläge gegen die Juden hat Hitler genau
ausgeführt" (Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung, München 1962, S. 90).

Adolf Hitler selbst rechtfertigt in einem Gespräch mit Bischof Hermann Wilhelm Berning von
Osnabrück vom 26.4.1933 die Judenverfolgung damit, "dass er gegen die Juden nichts anderes tue
als das, was die Kirche in 1500 Jahren gegen sie getan habe" (zit. nach Friedrich Heer, Gottes erste
Liebe, Berlin 1981, S. 406).

Die Ereignisse im Zeitablauf


 

Um 1900
Judenverfolgung mit evangelischen Mitteln

Die vom evangelischen Prediger Adolf Stöcker gegründete Christlich-Soziale Partei fordert 1903
"die Verdrängung des jüdischen Einflusses auf allen Gebieten öffentlichen Lebens" und das Verbot
der Einwanderung von Juden. Stöcker vertritt eine Diskriminierung und Verfolgung auf so genannte
"christliche" Art, wie sie typisch für evangelische Kirchenmänner ist. Stöcker, evangelischer Theologe
und Leiter der Stadtmission in Berlin, schreibt 1885 an den Theologen Friedrich von Bodelschwingh "den
Älteren": "Ich habe gegen die Juden nicht einmal eine Antipathie, ich habe sie als Volk der Verheißung
lieb. Wenn ich darüber rede, mache ich auch fast immer mit den rechtschaffenen und bescheidenen Juden
eine Ausnahme. Aber im ganzen ist es doch so, dass das moderne Reformjudentum ´unser Unglück`
ist ..." (zit. nach Röhm/Thierfelder, Juden-Christen-Deutsche; Band 1, Calwer Taschenbuchverlag,
Stuttgart 1990, S. 52; insgesamt 5 Bände, 1990-1995)

Der kirchliche Antisemitismus prägt die deutschnationalen antisemitischen Sammlungsbewegungen


um die Jahrhundertwende. Die deutschnationale Fraktion der späteren Weimarer Nationalversammlung
schmückt ihr Sitzungszimmer mit dem Porträt des evangelischen Predigers und Antisemiten Adolf
Stöcker (Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 54).

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1910
 

Der junge Adolf Hitler ist noch kein Antisemit. Er spricht anerkennend von der "jüdischen
Tradition", schätzt den jüdischen Hausarzt seiner Familie, wird als Maler beruflich vor allem von
Juden gefördert und bevorzugt sogar den Umgang mit seinen jüdischen Freunden und Bekannten,
die ihn vielfach unterstützen und ihm aus Notlagen heraushelfen. Adolf Hitler würdigt auch die
Leistung jüdischer Komponisten und verteidigt den von Antisemiten angegriffenen jüdischen
Schriftsteller Heinrich Heine. Auch erwähnt Hitler später nie ein schlimmes Erlebnis mit Juden (nach
Brigitte Hamann, Hitlers Wien, Lehrjahre eines Diktators, München 1996, Taschenbuchausgabe 1998, S.
265.496-500).

1912
Adolf Hitler bewundert Martin Luther
als das "größte deutsche Genie".
"Die wahre deutsche Religion sei der Protestantismus"
 
Nach Augenzeugenberichten "verehrt" Adolf Hitler aber auch Martin Luther, wie Rudolf Hanisch, einer
der Mitbewohner im Wiener Männerheim dem Mährischen Illustrierten Beobachter 1935 mitteilt. Luther
habe nach Hitlers Überzeugung Deutschland von Rom zurück zum echten Germanentum geführt (nach
Brigitte Hamann, a.a.O., S. 271.358).
Die Hitler-Biografin Brigitte Hamann schreibt weiter: "Laut Hanisch meinte H. [Hitler] im
Männerheim, die wahre deutsche Religion sei der Protestantismus. Er habe Luther als das größte
deutsche Genie bewundert" (Brigitte Hamann, a.a.O., S. 358). Den Antisemitismus Luthers teilt Hitler
aber 1912 und in den folgenden Jahren noch nicht.

1918
Adolf Hitler erklärt:
1918 ist die Öffentlichkeit noch kaum antisemitisch
 

Die Biografin Brigitte Hamann geht davon aus, dass sich Hitler um das Jahr 1918 zum Antisemiten
wandelt. Für das Jahr 1918, gegen Ende des 1. Weltkriegs, stellt sich Adolf Hitler selbst bereits als
kämpferischen Antisemiten dar. In seinem Buch Mein Kampf schreibt er rückblickend auf das Jahr 1918:
"Im Jahre 1918 konnte von einem planmäßigen Antisemitismus gar keine Rede sein. Noch erinnere
ich mich der Schwierigkeiten, auf die man stieß, sowie man nur das Wort Jude in den Mund nahm. Man
wurde entweder dumm angeglotzt oder man erlebte heftigsten Widerstand. Unsere ersten Versuche, der
Öffentlichkeit den wahren Feind zu zeigen, schienen damals fast aussichtslos zu sein, und nur ganz
langsam begannen sich die Dinge zum Besseren zu wenden ... Jedenfalls begann im Winter
1918/1919 so etwas wie Antisemitismus langsam Wurzel zu fassen ..."
Anmerkung: Bei seiner Wandlung vom jungen Mann, der Juden bevorzugt und jüdische Freunde hat, zum kämpferischen
Antisemiten folgt Adolf Hitler einem seiner größten damaligen Vorbilder, Martin Luther (siehe 1912).
Im Jahr 1923 wird Martin Luther von Adolf Hitler mit den Worten gelobt: "Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit
einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen" (Adolf Hitler in:
Zwiegespräche zwischen Adolf Hitler und mir, von Dietrich Eckart, München 1924, S. 34).

20er- und 30er- Jahre

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 11 of 94

Zu den Antisemiten zählen auch die meisten evangelischen Pfarrer, die durch ihr Amt, ihr Ansehen
und ihren Anspruch, mit "Gott" in Verbindung zu stehen, einen entscheidenden Beitrag für den
Durchbruch des Antisemitismus leisten. In den evangelischen Kirchengemeinden werden
"Judenvorträge" veranstaltet, so am 4.2.1921 in München-St. Matthäus, der evangelischen Hauptkirche
der Stadt. Das Thema dort: Der Christ und der Antisemitismus. Einer der beiden Gemeindepfarrer bekennt
sich offen zum Antisemitismus, der andere, der spätere Münchner Dekan D. Friedrich Langenfaß, stellt
ebenfalls antisemitische Thesen auf. Er sagt: "Denn mit zunehmender Bitterkeit machte unser Volk seine
Beobachtungen, im Feld und daheim, an den jüdischen Mitbürgern ... in diesen Kreisen sah man kaum
einen, der wie die ehrlichen Deutschen unterernährt war" (zit. nach Björn Mensing, Pfarrer und
Nationalsozialismus, Göttingen 1998, S. 74). Pfarrer Langenfaß fordert allerdings Judenmission statt
Judenverfolgung. In der anschließenden Diskussion bekommen die Redner uneingeschränkte
Zustimmung.

Für den Anwachsen des Antisemitismus sind auch die evangelischen Zeitungen und Zeitschriften
entscheidend mitverantwortlich (vgl. dazu unten). Der Kirchenhistoriker Carsten Nicolaisen schreibt über
die evangelische Presse: "Die evangelischen Sonntagsblätter nach dem Ersten Weltkrieg sind
geradezu eine Fundgrube für die antisemitische Orientierung des deutschen Protestantismus" (zit.
nach: Er liebte seine Kirche, Bischof Hans Meiser und die bayerische Landeskirche im
Nationalsozialismus, München 1996, Hrsg. Johanna Haberer, S. 49; vgl. dazu eine Fülle von Material in
der unveröffentlichten Doktorarbeit von Ino Arndt, Die Judenfrage im Lichte der evangelischen
Sonntagsblätter von 1918-1933, Tübingen 1960; als Maschinen geschriebenes Manuskript über Fernleihe
erhältlich).

Evangelische bzw. evangelisch geprägte Schulen dienen ebenfalls als Nährboden für Antisemitismus
und Nationalsozialismus, z. B. das Gymnasium Windsbach mit angeschlossenem "Pfarrwaisenhaus".
Trotz des Namens "Waisenhaus" ist es ein Wohnheim auch für alle Pfarrer-Söhne, nicht nur für die
"Waisen".
Im evangelischen Religionsunterricht der Schule werden schon in den 20-er Jahren die Schüler
angewiesen, militaristische deutschnationale Flugblätter zu verteilen.
Björn Mensing schreibt in seiner Doktorarbeit, "... dass die vom Progymnasium und insbesondere vom
Pfarrwaisenhaus vermittelte ´vaterländische`, nationalprotestantische, militaristische und völkische
Haltung mit ihren antisemitischen und antidemokratischen Ressentiments bei den Zöglingen einen
fruchtbaren Boden für den Nationalsozialismus bereiten ... Die wenigen jüdischen Mitschüler wurden
teilweise angefeindet und isoliert; es herrschte eine antisemitische Grundstimmung" (Mensing, a.a.O., S.
35 ff.).
Anmerkung: Am 6.6.1936 wird das evangelisch-lutherische Gymnasium als Anerkennung für die geschlossene Mitgliedschaft
der Schüler in der HJ die Genehmigung zur Führung der HJ-Flagge erhalten.
Nach dem 2. Weltkrieg entsteht aus den Reihen des Pfarrwaisenhauses und des lutherischen Gymnasiums Windsbach der
Windsbacher Knabenchor, nach Aussagen von ehemaligen Schülern ein "Kinder-KZ". Mehrere Schüler bringen sich um. Ein
ehemaliger Schüler schreibt über seine Schülerzeit in Windsbach in der Bundesrepublik Deutschland in den 60er- und 70er-
Jahren: "Fehler und Schwächen waren nicht erlaubt. In den Schlafsaalgruppen gab es Obergruppenführer und
Untergruppenführer wie bei der HJ" (Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 15, 11.4.2010). Mehr dazu hier.

1921
Evangelischer Pfarrer ruft zum Boykott auf: Kauft nicht beim Juden!
 

Der evangelische Pfarrer Friedrich Wilhelm Auer aus der bayerischen Landeskirche veröffentlicht die
antisemitische Studie Das jüdische Problem. Darin ruft der Pfarrer öffentlich zum Boykott
jüdischer Geschäfte auf (nach Clemens Vollnhals, Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945-1949,
München 1989, S. 123).
Anmerkung: Zwölf Jahre später, 1933, organisiert die NSDAP - von der evangelischen Kirche unterstützt - einen landesweiten
Boykott gegen jüdische Geschäfte. 1942 will Pfarrer Auer die Nazis sogar dazu bewegen, die Endlösung der Judenvernichtung
landesweit in einer Nacht zu vollziehen, wenn im Krieg die alliierten Angriffe auf Deutschland nicht aufhören (vgl. Zeitablauf:
1942).

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Ein evangelisches Sonntagsblatt fordert:


Berufsverbot für Juden in der Presse

31.7.1921 - Das Hannoversche Sonntagsblatt betrachtet es als seine Aufgabe und Schuldigkeit, ein
offenes Wort über die "ganze große jüdische Gefahr für unser Volk und Vaterland" zu sprechen, da die
übrigen Tageszeitungen von den jüdischen Anzeigengeschäften abhängig seien und deshalb nicht so
deutlich sprechen können. Die vom Landesverband der evangelischen Inneren Mission herausgegebene
Zeitung (Schriftleiter: Pastor Wilhelm Lueder) ruft das Volk auf, sich die jüdische "Herrschaft" nicht
gefallen zu lassen und fordert ein Verbot der Betätigung von Juden in der Presse. Das Hannoversche
Sonntagsblatt (Auflage: 66.000) vertritt auch in der Folgezeit einen kämpferischen Antisemitismus
(Arndt, a.a.O., S. 31).

August 1921 - In Ankündigungen zum Sonntag der "Judenmission" tauchen in evangelischen Zeitungen
ab 1921 Begriffe auf wie "Fremdkörper im Volksleben" oder Forderungen, den Antisemitismus zu
"fördern". Ino Arndt schreibt in ihrer Doktorarbeit zu diesem Thema:
"Es muss als äußerst bedenklich erscheinen, dass die These vom ´berechtigten Antisemitismus` oder
vom ´biblisch ausgewiesenen Antisemitismus` gerade in Verbindung mit der Judenmission in
evangelischen Sonntagszeitungen aufgestellt wird, denn der Einfluss dieser These auf die
Leserschaft kann nicht gering eingeschätzt werden" (Arndt, a.a.O., S. 214).

1923
 

8./9.11.1923 - Putschversuch von Hitler und den Nationalsozialisten gegen die Demokratie stößt auf
große Sympathien in der evangelischen Kirche (nach Vollnhals, a.a.O., S. 122). Der Putsch scheitert,
Hitler wird verhaftet.
Ino Arndt weist in ihrer Doktorarbeit nach, wie die politische Polemik der evangelischen Publizistik das
Ansehen der Republik untergräbt (z. B. Arndt, a.a.O., S. 216).

1924
 

Juni 1924 - Evangelische Dekanatsbezirkssynode in München - Dekan Hermann Lembert warnt 184
Synodale vor der jüdischen Weltverschwörung.

1924 - Adolf Hitler vereinnahmt Christus für die Judenverfolgung:


"Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn" (zit. nach Juden-Christen-
Deutsche 1, a.a.O., S. 61).

Adolf Hitler: Katholiken und Protestanten sollen gemeinsam gegen die


Juden kämpfen, den "Todfeind" des Christentums
1924 - In seinem Buch Mein Kampf erklärt Adolf Hitler, die sich auf Martin Luther berufende Los-von-
Rom-Bewegung um die Jahrhundertwende sei ein "schwerer politischer Fehler" gewesen (zit. nach
Brigitte Hamann, a.a.O., S. 357), auch wenn er Luther ansonsten weiter bewundert. Hitler sucht als
römisch-katholischer Staatsmann aber gezielt auch das Bündnis mit dem Vatikan.
Im Jahr 1933 wird Hitler der katholischen Kirche in einem "Konkordat" umfangreiche Privilegien
gewähren (und führt u. a. die bis heute erhobene Kirchensteuer ein) und damit die römisch-katholische
Kirche im evangelisch geprägten Deutschland in einer Weise aufwerten, die gar nicht hoch genug

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einzuschätzen ist (der protestantische Reichskanzler Graf Otto von Bismarck hatte ca. 60 Jahre zuvor
noch Privilegien für die katholische Kirche gestrichen). Umgekehrt ist der Vatikan der erste Staat, der
Nazi-Deutschland anerkennt. Papst Pius XII., dessen Seligsprechung seit einiger Zeit vorbereitet wird,
wird später zum Holocaust schweigen.

1924 - Adolf Hitler beklagt in Mein Kampf (siehe unten) die konfessionelle Zerstrittenheit zwischen
Evangelischen und Katholiken als Schwächung des Antisemitismus. Versuche von Katholiken oder
Evangelischen, Angehörige der jeweils anderen Konfession überzeugen zu wollen, lehnt er ab:
"Kaum aber, dass es gelungen war, dem deutschen Volk in dieser Frage den großen, einigenden
Kampfgedanken zu schenken, als der Jude auch schon zur Gegenwehr schritt ... Er ... hat ... den Zwiespalt
gesät" zwischen "Katholizismus und Protestantismus". "Der Jude hat jedenfalls das gewollte Ziel erreicht:
Katholiken und Protestanten führen miteinander einen fröhlichen Krieg, und der Todfeind der arischen
Menschheit und des gesamten Christentums lacht sich ins Fäustchen ..."

Adolf Hitler entwirft ein ökumenisches Zukunftsbild beider Konfessionen: Katholiken und Protestanten
sollen einander achten und schätzen und gemeinsam gegen den Juden kämpfen.
Und der Kampf wird bald auch auf andere Glaubensgemeinschaften ausgedehnt (siehe z. B. Zeitablauf:
Januar 1932; 9.6.1933).
"Für die Zukunft der Erde liegt aber die Bedeutung nicht darin, ob die Protestanten die Katholiken
oder die Katholiken die Protestanten besiegen, sondern darin, ob der arische Mensch ihr erhalten
bleibt oder ausstirbt ... Darum sei jeder tätig, und zwar jeder, gefälligst, in seiner Konfession, und jeder
empfinde es als seine erste und heiligste Pflicht, Stellung gegen den zu nehmen, der in seinem Wirken,
durch Reden oder Handeln aus dem Rahmen seiner eigenen Glaubensgemeinschaft heraustritt und in die
andere hineinzustänkern versucht ..."
Hitler, der als Knabe auch Ministrant in der Klosterschule im Benediktinerstift Lambach war, lebt diese
Haltung selbst vor und bleibt zeitlebens Katholik und zahlt immer pünktlich seinen Kirchenbeitrag,
während er ansonsten immer wieder Steuern hinterzog und bis 1933 eine nicht bezahlte Steuerschuld von
400.000 Reichsmark anhäufte (Der Notar Klaus-Dieter Dubon, Spiegel online, 16.12.2004). Im Buch
Mein Kampf erklärt er weiter, dass sowohl der evangelische als auch der katholische Glaube mit dem
Nationalsozialismus vereinbar ist.
"Es konnte in den Reihen unserer Bewegung der gläubige Protestant neben dem gläubigen
Katholiken sitzen, ohne je in den geringsten Gewissenskonflikt mit seiner religiösen Überzeugung
geraten zu müssen. Der gemeinsame gewaltige Kampf, den die beiden gegen den Zerstörer der
arischen Menschheit führten, hatte sie im Gegenteil gelehrt, sich gegenseitig zu achten und zu
schätzen" (Adolf Hitler, Mein Kampf, München 1933, 70. Auflage, S. 628 ff.).

1.9.1924 - Sitzung des Evangelischen Bundes in München. Der Vorsitzende, Studienprofessor Konrad
Hoefler, fordert den Kampf gegen das Judentum:
Der völkische Kampf gegen das Judentum sei "vollständig berechtigt und notwendig", "der
Abwehrkampf gegen rassische und geistige Überfremdung sei christliche Pflicht" (zit. nach Mensing,
a.a.O., S. 83).

15.11.1924 - Unterzeichnung des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Bayern und der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Obwohl die evangelische Kirche der Weimarer Republik weitgehend ablehnend gegenüber steht, gewährt
ihr der Staat umfangreiche Subventionen. Der Staatsvertrag ist bis heute [2010] gültig und gewährt der
Kirche jährlich Millionenzuschüsse aus dem allgemeinen Steueraufkommen zusätzlich zur staatlich
eingezogenen Kirchensteuer und der weitgehenden Finanzierung kirchlicher Sozialeinrichtungen (Der
Staatsvertrag ist unter Nummer 110 veröffentlicht in der "Rechtssammlung der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Bayern" im C. H. Beck-Verlag in München).
Zu den Subventionen gehören z. B. die Staatsfinanzierung der Kirchenleitung, des konfessionellen
Religionsunterrichts und der theologischen Fakultäten und weitere "vermögensrechtliche
Verpflichtungen". Der Vertrag enthält außerdem eine so genannte "Freundschaftsklausel", worin sich
der Staat verpflichtet, den Vertrag nicht ohne die Zustimmung der Kirche zu ändern. Ähnliche
Verträge haben beide Amtskirchen auch mit anderen deutschen Bundesländern abgeschlossen, zuletzt mit
den neuen Bundesländern der ehemaligen DDR.

1925/1926

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1925 - Walter Berlin, Vorsitzender der Nürnberger Ortsgruppe des Centralvereins deutscher
Staatsbürger jüdischen Glaubens, schreibt: "Eines der betrüblichsten Zeichen ist es, dass
selbst jüngere evangelische Geistliche sich den Predigern des Judenhasses
anschließen." (Peter Zinke, An allem ist Alljuda schuld. Antisemitismus während der
Weimarer Republik in Franken, Nürnberg 2009, zit. nach Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 45,
8.11.2009)

Mitte der 20-er Jahre - Vor allem im streng protestantischen Mittelfranken wird der von
den evangelischen Pfarrern geschürte Antisemitismus immer brutaler. "Neustadt,
Leutershausen, Treuchtlingen - überall das gleich Bild: geschändete Gräber, eingeschlagene
Scheiben, Pogromstimmung." (Evangelische Sonntagsblatt Nr. 45, 8.11.2009).

1926 - Gutachten von Hans Meiser, Direktor des evangelischen Predigerseminars in Nürnberg
und ab 1933 erster evangelischer Landesbischof Bayerns, zum Thema: Die Evangelischen
Gemeinden und die Judenfrage. Meiser wehrt sich darin gegen "die Verjudung unseres
Volkes", und er erklärt sich einverstanden mit den völkischen Idealen, deren Anhänger "mit
der antisemitischen Bewegung in einer Front stehen," was "die Rassenfrage als den
Kernpunkt der Judenfrage" betrifft. Der spätere Landesbischof beklagt auch den Einfluss der
Juden, v. a. auf wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Gebiet. Er schreibt: "Mag die Moral
vieler Juden nichts anderes sein als stinkende Unmoral", und er fordert durch einige konkrete
Maßnahmen "ein Zurückdrängen des jüdischen Geistes im öffentlichen Leben" und die
"Reinhaltung des deutschen Blutes".
Statt für "Judenpogrome" spricht er sich aber für eine "Pflicht zur christlichen Nächstenliebe"
auch den Juden gegenüber aus und für eine Bekehrung der jüdischen Bevölkerung zur
kirchlichen Lehre.
Das Gutachten, welches die typische Haltung der evangelischen Kirchen zu diesem Thema
wiedergibt, ist im Anhang auszugsweise abgedruckt (siehe Anhang).
Sowohl die "Bekennende Kirche" als auch die "Deutschen Christen" unterstützen die
Judenverfolgung (siehe Anhang).

August 1926 - Der evangelisch-lutherische Pfarrer Martin Weigel nimmt vor dem Altar der
Lorenzkirche in Nürnberg eine SA-Fahnenweihe vor.

1926 - Der einflussreiche Erlanger Theologieprofessor und Vertreter der lutherischen


Zwei-Reiche-Lehre, Paul Althaus, lehnt die Weimarer Republik als "schwachen Staat" ab.
Er fordert ein Recht auf Revolution dort, wo das Parlament versage. Paul Althaus lehrt
antisemitische Ideen und begrüßt die Nazi-Machtergreifung später als Gottes Willen (R.
P. Ericksen, zit. nach Mensing, a.a.O., S. 67 f.; vgl. Zeitablauf: 1934).
Sein Kollege, der ebenfalls einflussreiche Theologieprofessor Werner Elert, stuft die
Weimarer Republik mit Hinweis auf die lutherische Zwei-Reiche-Lehre sogar als
unnatürliche, gottwidrige Staatsform ein. Die Nazi-Diktatur hingegen befürwortet er später.
Elert ist ebenfalls engagierter Antisemit (vgl. Zeitablauf: 1937; und Anhang über die Zwei-
Reiche-Lehre).
Anmerkung: Beide Theologieprofessoren sind engagierte Verfechter der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre. Martin Luther fordert
darin die gegenseitige Unterstützung von Staat, dem "Reich zur Linken Gottes", und Kirche. Die Kirche repräsentiert das "Reich
zur Rechten Gottes" und gibt dem Staat z. B. die ethischen Leitlinien vor (Näheres dazu im Anhang).
Alle evangelisch-lutherischen Theologen müssen das Bekenntnis zu diesem Glauben ablegen, wie es z. B. verbindlich in der
Augsburger Konfession von 1530 formuliert ist. Dort heißt es, "dass alle Obrigkeit in der Welt und geordnete Regiment
und Gesetze gute Ordnung, von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen mögen in Obrigkeit, Fürsten- und
Richter-Amt ohne Sünde sein, nach kaiserlichen und anderen üblichen Rechten Urteil und Recht sprechen, Übeltäter mit dem
Schwert strafen, rechte Kriege führen usw." (CA XVI; zit. nach Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche,
herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, Göttingen 1982)

1927
Evangelische Zeitung wünscht eine gesellschaftliche Sitte:

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Deutsche "Arier" sollen nicht bei Juden kaufen!

1927 - Das überregionale evangelische Wochenblatt Licht und Leben möchte, dass es
eine gesellschaftliche Sitte gibt, durch die verhindert wird, dass deutsche "Arier" bei
Juden kaufen. Ein Jahr zuvor schrieb Licht und Leben bereits von der "wohlbegründeten
Abneigung der Völker" gegen die Juden, die "geachtet" werden müsse. Die in Elberfeld (ab
1929: Wuppertal-Elberfeld) erscheinende Zeitung (Auflage: 18.000) wird von Pastor Joseph
Gauger, Inspektor der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland, herausgegeben (zit. nach
Arndt, a.a.O., S. 214.216).

1927 - Parallel zur Stimmungsmache gegen die jüdischen Mitbürger wird in der Kirche auch
die spätere Vernichtung der Behinderten vorbereitet. So erscheint 1927 z. B. das Buch
Gesetzliche Unfruchtbarmachung Geisteskranker, ein römisch-katholisches "Standardwerk",
so zumindest die Beurteilung der "Vereinigung katholischer Seelsorger an deutschen Heil-
und Pflegeanstalten". Das Werk stammt von dem Moraltheologen Dr. Joseph Mayer vom
Institut für Caritaswissenschaften in Freiburg (Imprimatur (= kirchliche Druckerlaubnis)
vom 15.2.1927). Darin warnt Dr. Mayer u. a. vor der Sexualität Behinderter und schreibt:
"Erblich belastete Geisteskranke befinden sich in ihrem Triebleben auf der Stufe
unvernünftiger Tiere" (PS: Über die "unvernünftigen Tiere" heißt es in der Bibel in 2. Petrus
2, 12, dass sie "von Natur dazu geboren sind, dass sie gefangen und geschlachtet werden").
Und an anderer Stelle schreibt Dr. Mayer in seinem römisch-katholischen "Standardwerk":
"Wenn darum ein Mensch der ganzen Gemeinschaft gefährlich ist und sie durch irgendein
Vergehen zu verderben droht, dann ist es löblich und heilsam, ihn zu töten, damit das
Gemeinwohl gerettet wird." Ähnliche Überlegungen gibt es auf evangelischer Seite (siehe
hier).
13 Jahre später, im Jahr 1940, setzen die Nationalsozialisten dann diese kirchliche Forderung
in die Tat um. Dem Morden voraus ging die Zwangssterilisation. Zwar spricht sich der
Vatikan im Jahr 1930 offiziell gegen die Zwangssterilisation Behinderter aus (anders als die
evangelische Kirche; siehe hier), doch kooperieren auch die katholischen Einrichtungen in
Deutschland später bei der Sterilisation und nachfolgenden Ermordung mit den staatlichen
Stellen und gestehen dem Staat hier z. B. "Notwehr" zu - etwa in dem Sinne, in dem es der
Theologe Dr. Joseph Mayer 1927 angedacht hatte (siehe oben) (PS: Eine Zusammenstellung
aller Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie hier)
 

1928
 

27.10.1928 - Adolf Hitler wirbt für ein ökumenisches kirchliches Christentum:


"In unseren Reihen dulden wir keinen, der die Gedanken des Christentums verletzt ... Diese
unsere Bewegung ist tatsächlich christlich. Wir sind erfüllt von dem Wunsche, dass
Katholiken und Protestanten sich einander finden mögen in der tiefen Not unseres eigenen
Volkes" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 65).

Dezember 1928 - AStA-Wahl (= Allgemeiner Studenten-Ausschuss) an der Universität


Erlangen. Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) verteilt zuvor ein
scharf antisemitisches Flugblatt in hoher Auflage. Er erreicht bei der Wahl über 30 % der
Stimmen. 36,3 % der Mitglieder des NSDStB sind evangelische Theologiestudenten,
obwohl deren Anteil an der Gesamtstudentenschaft nur bei 21,3 % liegt. In anderen
Hochschulen sind die evangelischen Theologiestudenten "teilweise noch erheblich stärker" als
in Erlangen bei den Nazis engagiert, z. B. in Kiel, Marburg, Rostock, Göttingen und Münster.
An der Universität Würzburg trägt der ansteigende Anteil von evangelischen Studenten

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zu einem Erstarken des NSDStB bei (nach Mensing, a.a.O., S. 49.54.69 f.).

1929 / 1930

Mit maßgeblicher Unterstützung aus der evangelischen Kirche bekämpft die NSDAP
immer heftiger die Weimarer Demokratie. Mit evangelischer Hilfe beginnt der Aufstieg
der NSDAP zu einer "Volkspartei".

14.1.1930 - In Berlin wird der evangelische Pfarrersohn und fanatische SA-Chef von
Friedrichshain, Horst Wessel, im Zimmer seiner Verlobten, einer ehemaligen Prostituierten,
von einem Zuhälter angeschossen - wahrscheinlich wegen privater Konflikte bzw. wegen
Konflikten im Rotlicht-Milieu. Wessel verstirbt an den Folgen der Verletzung am 23.2.1930
und wird von Joseph Goebbels zum politischen Märtyrer des Nationalsozialismus aufgebaut.
Der Hintergrund: Der Zuhälter war KPD-Mitglied. Ein Lied des Protestanten Horst Wessel
("Die Fahne hoch ...") wird nun zunächst zur Hymne der NSDAP. Doch bald wird dieses so
genannte Horst-Wessel-Lied im ganzen Land zu einer Art zweiten Nationalhymne. Es wird
später auch von den evangelischen Kirchenchristen unter dem Balkon von Landesbischof
Hans Meiser in München gesungen (siehe hier). Die Süddeutsche Zeitung schreibt über das
Pfarrhaus-Milieu, dem Horst Wessel entstammt: "Mit seiner unbedingt völkisch-
nationalistischen Überzeugung, die auch die Predigten des 1879 geborenen Pastors Dr.
Wilhelm Wessel prägten, gehörte der Vater Horst Wessels fraglos zu den geistigen
Wegbereitern des Nationalsozialismus, wie Klaus Mann bereits 1939 schrieb" (9.9.2009).
Anmerkung: Im Jahr 1937 will die evangelische Kirche eine neue Kirche in Bremen nach ihrem erschossenen
Mitglied Horst Wessel benennen. Doch Adolf Hitler untersagt die Namensgebung "Horst-Wessel-Kirche" als
unzulässige Vereinnahmung von nationalsozialistischen "Kämpfern" durch die Kirche (siehe hier). Der
Landesbischof (der der innerkirchlichen Fraktion der "Deutschen Christen" angehört) betrachtet Horst Wessel
demgegenüber jedoch auch als Mann der Kirche.

Herbst 1930 - Nach den Wahlen ist die NSDAP zweitstärkste Kraft im Reichstag

1930 - "Sektenerhebung" der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern - Mit einem


umfangreichen Fragebogen an die Kirchengemeinden will die evangelisch-lutherische Kirche
alle Personen in ihrem Wirkungskreis erfassen, die einer "Sekte" angehören. Dazu werden
gerechnet: Baptisten, Zeugen Jehovas, Neuapostolische, Spiritisten, Adventisten, Pfingstler,
Neutäufer, Mennoniten, Methodisten, Creglianer, Darbyisten, Hörgerianer, Jerusalemsbrüder,
"Vereinigte Brüder in Christo", Irvingianer usw.
Die Erhebung dient als Grundlage, um auch konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung
vorzunehmen, wie z. B. gegen die Zeugen Jehovas (siehe Zeitablauf: 1932; Nachrichten
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Jahrgang 1967, S. 326).
 

Die Nationalsozialisten rufen: "Juda verrecke!"


Immer mehr evangelische Pfarrer sind begeisterte Nazis
 

11.11.1930 - Das Deutsche Pfarrerblatt veröffentlicht einen Grundsatzbeitrag über das


Verhältnis von NSDAP und Kirche. Der Autor, Pfarrer Friedrich Wienecke, erklärt es zu
den Aufgaben der Männer der Kirche, in die "Tiefe der nationalsozialistischen
Gedankenwelt" zu schauen und sich nicht durch "äußere Schönheitsfehler" wie Härte,
Rohheit und Rachsucht abschrecken zu lassen. Unter der "rauen Schale" keime
möglicherweise sogar "das beste Leben, das je aus der alten deutschen Eiche herauswuchs."

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 17 of 94

Pfarrer Wienecke verweist in diesem Zusammenhang auf Hitlers Mein Kampf, wo Hitler
den Deutschen die Hochachtung vor den Amtskirchen zur Pflicht macht.
Die von Gott gewollte Aufgabe für die deutsche Politik sei nach Wienecke die Förderung des
"arisch-germanischen Menschen." Die Aufgabe von Theologie und Pfarrerschaft sei es, zu
helfen, dass die Nazi-Bewegung nicht verrausche, sondern dass sie, "erfüllt von
göttlicher Kraft unserem Volk Gesundung bringe".
Vom Deutschen Pfarrerblatt (Auflage: 18.000-19.000) kann "mit Sicherheit angenommen"
werden, "dass es den deutschen Pfarrerstand in seiner Gesamtheit erreichte". Das in Essen
verlegte Pfarrerblatt ist zudem "Pflichtorgan aller Mitglieder des Pfarrervereins". Das
NSDAP-Blatt Völkischer Beobachter druckt den Artikel aus dem Deutschen Pfarrerblatt
wörtlich nach (zit. nach Arndt, a.a.O., S. 140-144).

"1930 - Die Nazis zeigen ihr radikales, antisemitisches Gesicht - Ein Jude, schlagt ihn
tot!" (Überschrift in Main-Post-Extra, Gemeinsam ins Dritte Jahrtausend, März 1999) -
Beispiel Würzburg: Die Main-Post berichtet über die NSDAP-Kundgebung am 19.11.1930
vor dem Würzburger Theater. Ca. 1.000 Demonstranten protestieren mit Rufen wie "Juda
verrecke" gegen die Aufführung des mystischen Stückes Der Dybuk durch die jüdische
Theatergruppe "Habima" aus Moskau. Nach der Aufführung werden Theaterbesucher
überfallen. "Eine erhebliche Zahl von Juden wird misshandelt, einige werden schwer
verletzt." "Da ist ein Jude, schlagt ihn tot", ist auf den Straßen zu hören. Im Februar 1931
gesteht der Staatsanwalt den elf Angeklagten zu, sie hätten nicht aus "unehrenhaften Motiven"
heraus gehandelt - eine Begründung, mit der nach 1945 auch die Nazi-Mitgliedschaft von
Pfarrern gerechtfertigt wird. Der Richter bleibt noch unter den beantragten milden Urteilen.

November/Dezember 1930 - Der Artikel im evangelischen Deutschen Pfarrerblatt löst ein


starkes Echo aus. Pfarrer Friedrich Wienecke schreibt, dass er auf seinen Grundsatzbeitrag
"eine Fülle von Zuschriften" aus allen Teilen Deutschlands erhalten habe, die fast alle eine
lebendige, "ja begeisterte Zustimmung" zum Ausdruck brachten (zit. nach Arndt, a.a.O., S.
144).
Eine Ausnahme ist ein Beitrag des Nichttheologen Georg Sinn. Er sieht in der NSDAP
"widerchristliche Kräfte" am Werk. Sinn kritisiert das kirchliche Messen mit zweierlei Maß:
Milde gegenüber der NSDAP, Unversöhnlichkeit gegenüber der SPD.
Georg Sinn stellt an die NSDAP die Frage, wie sie das Gebot der christlichen
Nächstenliebe mit dem Ruf "Juda verrecke!" vereinbare, mit der die Mehrzahl aller
nationalsozialistischer Kundgebungen beginne.
Anmerkung: Die SPD war damals mit dem Satz "Religion ist Privatsache" aus ihrem Erfurter Programm auf heftigen Widerstand
der Amtskirchen gestoßen, die deswegen um ihre Privilegien fürchten. Nach 1945 ändert die SPD ihre Kirchenpolitik und setzt
sich auch für die Interessen der Kirche ein. Ein großer Teil der evangelischen Pfarrer schwenkt deshalb in der Folgezeit um in
Richtung SPD.

Dezember 1930 - Der Theologe Friedrich Wienecke widerspricht im Deutschen Pfarrerblatt


der Anfrage des Nichttheologen Georg Sinn. "Gewisse völkische Schwärmereien" können
nicht der NSDAP angerechnet werden. Maßstab der Beurteilung sei die Maßstab der
Beurteilung sei die "Innerlichkeit des Führers." Die Männer der Kirche dürfen die Nazi-
Bewegung "nicht hinrichten, sondern aufrichten" (zit. nach Arndt, a.a.O., S. 154).

1931
 

7.1.1931 - Pfarrkonferenz mit 130 evangelischen Pfarrern in Steinach/Bayern: Das Thema


des Hauptvortrags: Der Nationalsozialismus - eine Frage an Kirchenvolk und Theologie.
Der Referent, Pfarrer Eduard Putz, greift das Judentum an. Er verbindet die evangelische
Gotteslehre mit dem Nationalsozialismus. Es sei Aufgabe der Kirche, dem
Nationalsozialismus zu zeigen, "dass alle seine Ordnungen ohne Gott in der Luft hängen".

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Putz hält den Vortrag mehrfach, z. B. auch bei Pfarrkonferenzen in München und Nürnberg.
Einige Pfarrer favorisieren zu diesem Zeitpunkt noch den ebenfalls "rechtsgerichteten"
Christlich-sozialen Volksdienst (CVD), doch Pfarrer Putz bekennt 1934, er habe "seit dem
Jahre 1929 ... durch ... Vorträge eine große Anzahl von Kollegen veranlasst, ... aktive
Nationalsozialisten zu werden" (zit. nach Mensing, a.a.O., S. 129 ff.).
Anmerkung: Ca. 23 % der evangelischen Pfarrer Bayerns sind zumindest zeitweise Mitglieder des NSDAP, in manchen
Gegenden sind bis zu einem Drittel auch SA-Mitglieder - obwohl die Pfarrer laut Kirchengesetz sich gar nicht politisch
betätigen dürften (Vollnhals, a.a.O., S. 124). Da sich viele Pfarrer wohl an dieses Gesetz halten, treten manche evtl. nur
deswegen der NSDAP nicht bei. Die SA verbreitet schon in dieser Zeit, z. B. durch Überfälle auf politische Gegner, Angst und
Schrecken. Ab 1933 kommen Morde hinzu.
Bei der Untersuchung der SA-Geschäftsstellen Anfang 1932 werden "verbotene Waffen, illegale Munitionslager, Alarm-
und Mobilmachungsbefehle, Pläne für Aufruhr, Putsch und Bürgerkrieg" gefunden.
"... dass die SA eine militant-staatsfeindliche Rotte war, hatte man auch vorher schon gewusst" (Volker Hentschel, So kam
Hitler, Düsseldorf 1980, S. 43 f.).
Der Nazi-Pfarrer Putz wird 1933 von Landesbischof Meiser als Referent in die Kirchenleitung berufen. Putz ist auch Träger des
goldenen Parteiabzeichens der NSDAP (vgl. Zeitablauf: 1933).

Januar 1931 - Oberkirchenrat Hans Meiser teilt mit, dass die Kirche an "dem Ringen
zwischen Deutschglauben und den bewusst kirchlichen Kräften innerhalb des
Nationalsozialismus" "nicht achtlos vorübergehen könne".
Der Meiser-Biograf Siegfried Münchenbach schreibt dazu: "Der politischen und
gesellschaftlichen Ordnung der Weimarer Zeit ist Meiser mit Verachtung begegnet" (zit. nach
Mensing, a.a.O., S. 128).

Februar 1931 - Das Nazi-Blatt Der Stürmer: "Der Jude ist der verkörperte Antichrist."
Anmerkung: Der Herausgeber Julius Streicher beruft sich später auf Martin Luther (siehe Zeitablauf: 1946).

Februar 1931 - Das Kirchenmitglied Georg Sinn schreibt im Deutschen Pfarrerblatt


erneut an alle evangelischen Pfarrer. Der Nichttheologe verweist die Theologen auf
Hitlers Buch Mein Kampf, das er gelesen und "erschüttert" weggelegt habe. Mein Kampf
stehe im Gegensatz zum Christentum. Im Unterschied zu Sinns Ermahnung nimmt die
Nazi-Begeisterung bei den meisten evangelischen Pfarrern aber weiter zu.

Größte lutherische Kirchenzeitung: Die Juden sind


die "Verderber Deutschlands", die Bibel ist ein "Anti-Judenbuch"
 

13.3.1931 - Die in Leipzig herausgegebene Allgemeine Evangelisch-Lutherischen


Kirchenzeitung (AELKZ), "das größte und führende Wochenblatt des gesamten
evangelischen Deutschlands" (Arndt, a.a.O., S. 8), wendet sich an die NSDAP mit der Bitte
um Hochschätzung der Bibel. Der Herausgeber und Schriftleiter der AELKZ, Pfarrer Wilhelm
Laible, schreibt, dass die Verkennung der Bibel mit dem "verheerenden Einfluss der Juden"
erklärbar sei. Viele Deutsche verfolgen das jüdische Volk deshalb als die "Verderber
Deutschlands" mit ganzem Hass und suchen seinen Einfluss zu brechen. Die Bibel sei kein
Judenbuch, sondern ein "Anti-Judenbuch", denn alles, was an den Juden so
"abscheulich" sei, habe auch die Bibel schon erkannt.
Die AELKZ ist das offizielle Organ der Allgemeinen Evangelisch-Lutherischen Konferenz in
Deutschland (zit. nach Arndt, a.a.O., S. 147 f.).

25.3.1931 - Nach Absprache mit Oberkirchenrat Meiser lädt die Missionsanstalt


Neuendettelsau als erste evangelische Einrichtung in Deutschland die Nazis zu einer "streng
vertraulichen Aussprache" ein. Vor ca. 30 evangelischen Theologen spricht Direktor Dr.
Friedrich Eppelein die Begrüßungsworte und sagt: "Wir erwarten uns von der NSDAP viel.
Wir haben uns bis jetzt noch mit keiner Partei in ähnlicher Weise in Verbindung gesetzt und
ausgesprochen" (zit. nach Mensing, a.a.O., S. 131 f.). Aus Neuendettelsau werden später
deutschlandweit die meisten Behinderten zur Ermordung abtransportiert (siehe hier). (PS:

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 19 of 94

Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie hier)

1931 - Das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern fordert, die Bilder des
kommunistischen Malers George Grosz "unbrauchbar" zu machen (S. 581 f.).
Schriftleiter des evangelischen Sonntagsblattes (Auflage: 80.000) ist Pfarrer (später
Kirchenrat) Wilhelm Sebastian Schmerl aus Würzburg.

Mai 1931 - In Treysa in Hessen (in der Anstalt "Hephata") treffen sich die Anstaltsleiter der
evangelischen Inneren Mission in Deutschland zu einer "Evangelischen Fachkonferenz für
Eugenik". Zwei Jahre vor der Machtübernahme durch die NSDAP besprechen die
führenden Vertreter der evangelischen Diakonie bei dieser Fachkonferenz bereits die
Sterilisierung und eventuelle "Vernichtung" "lebensunwerten Lebens". In der so
genannten Treysaer Erklärung einigt man sich dabei auf die Forderung nach einer
Zwangssterilisierung Behinderter. Dies entspreche nach Überzeugung des bekannten Pastors
Friedrich von Bodelschwingh aus Bethel angeblich dem "Willen Jesu". Aus diesem Grund
erklärte Friedrich von Bodelschwingh auch: "Im Dienst des Königreichs Gottes haben wir
unseren Leib bekommen.... 'Das Auge, das mich zum Bösen verführt usw.' zeigt, dass die von
Gott gegebenen Funktionen des Leibes in absolutem Gehorsam zu stehen haben, wenn sie
zum Bösen führen und zur Zerstörung des Königreiches Gottes in diesem oder jenem Glied,
dass dann die Möglichkeit oder Pflicht besteht, dass eine Eliminierung [der
Geschlechtsorgane] stattfindet. Deshalb würde es mich ängstlich stimmen, wenn die
Sterilisierung nur aus einer Notlage heraus anerkannt würde. Ich möchte es als Pflicht und mit
dem Willen Jesu konform ansehen. Ich würde den Mut haben, vorausgesetzt, dass alle
Bedingungen gegeben und Schranken gezogen sind, hier im Gehorsam gegen Gott die
Eliminierung an anderen Leibern zu vollziehen, wenn ich für diesen Leib verantwortlich
bin" (zit. nach Ernst Klee, Die SA Jesu Christi, S. 88).
Hinsichtlich eventueller Ermordungen stimmten die Leiter der kirchlichen Einrichtungen
untereinander jedoch nicht überein. Der Leiter des Referates "Gesundheitsfürsorge" beim
Centralausschuss der Inneren Mission, Dr. Hans Harmsen, formuliert bereits 1931 als
politisches Thema, was dann später ab 1940 tatsächlich umgesetzt wurde: "Dem Staat geben
wir das Recht, Menschenleben zu vernichten, Verbrecher und im Kriege. Weshalb
verwehren wir ihm das Recht zur Vernichtung der lästigsten Existenzen?" (Ernst
Klee/Gunnar Petrich, Film "Alles Kranke ist Last", a.a.O.) "Das Protokoll enthält keinen
Hinweis, dass einer der zehn Anstaltsleiter eine solche Frage unter Christenmenschen für
gotteslästerlich hält ..." (Die christlichen Wurzeln des Nationalsozialismus, zit. nach
http://www.humanist.de/kriminalmuseum/eugenik.htm). Folglich können die späteren
Ermordungen auch dank der Mithilfe der kirchlichen Stellen erfolgen.
Angehörige haben ihre Kinder oder andere Familienangehörigen in der Regel in gutem
Glauben kirchlichen Einrichtungen anvertraut, weil sie der Kirche vertrauten. Doch sie
wussten nicht, dass die Verantwortlichen in der evangelischen Kirche heimlich darüber
diskutierten, ob man die Behinderten ermorden solle oder nicht. Und dabei ging es nicht nur
um Schwerstbehinderte, sondern auch um Leichtbehinderte, wobei viele Kirchenführer bei
der Diskussion einen Unterschied zwischen den Behinderungsgraden machten und eine
Aufteilung versuchten zwischen "lebenswert" und "nicht lebenswert" - wohlgemerkt: gegen
Ende der Weimarer Republik und noch nicht im Dritten Reich. (PS: Eine Zusammenstellung
aller Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie hier)

20.10.1931 - Fast ein Jahr nach seinem ersten Grundsatzbeitrag veröffentlicht der Pfarrer und
Autor Friedrich Wienecke einen zweiten an alle evangelischen Pfarrer Deutschlands
gerichteten Grundsatzbeitrag im Deutschen Pfarrerblatt - Der Titel: Der Nationalsozialismus
vor der Gottesfrage. Pfarrer Wienecke: Gott wolle, dass die Deutschen handeln. Das
Evangelium Jesu Christi werde in der Bewegung des erwachenden Deutschlands zum
"Großkampf um Gottes Sache." Die "besten Geister" hören "von innen heraus Gottes Ruf".
Das Hakenkreuz sei ohne das Christuskreuz nichts, mit dem Christusgeist aber alles (zit.
nach Arndt, a.a.O., S. 164 f.). Die wenigen kritischen Stimmen verstummen immer mehr.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 20 of 94

1931 - Das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern fordert: Das geplante Jugendtreffen
der Freidenkerjugend in einer Jugendherberge soll von den Herbergsverantwortlichen
untersagt werden (Jahrgang 1931, S. 609).

1932
Kirche gemeinsam mit der NSDAP gegen so genannte "Sekten"
 

Januar 1932 - Das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern wendet sich gegen die Zeugen
Jehovas: "Gegen den Unfug der sog. ´Bibelforscher`: Weite Kreise der Kirche kämpfen
schon seit langem aus religiösen und kirchlichen, die Nationalsozialisten aus vaterländischen
Gründen gegen dieses Unwesen. Dem bibelforscherischen Treiben, das in letzter Zeit in
Bayern einen ganz besonders großen Umfang angenommen hatte, wurde nunmehr durch
die Polizeidirektion München ein Ende bereitet. Mit dem Beschluss vom 18. Nov. (Bay.
Pol. Blatt Nr. 180 vom 23. Nov. 1931) wurde die polizeiliche Beschlagnahme und Einziehung
der Druckschriften der ´Internationalen Bibelforschervereinigung in Magdeburg` für das
Gebiet des Freistaates Bayern angeordnet" (S. 4-5).
Anmerkung: Mit den "Bibelforschern" sind die "Zeugen Jehovas" gemeint. Vgl. den Kampf Martin Luthers gegen
Andersgläubige: Luther fordert die Todesstrafe für Bürger, die den Glauben an Christus anders verstehen als er (mit
Ausnahme der Katholiken, deren Glaube "reformiert" werden soll). Z. B. droht Luther mit der Hinrichtung ohne
Gerichtsverhandlung für Christen, welche seine Rechtfertigungslehre nicht befürworten (Auslegung des 82. Psalms, Tomos 5, S.
74 b-76; siehe "Der Theologe" Nr. 3: "So spricht Martin Luther - so spricht Jesus von Nazareth - Ein Vergleich").

1932 - Das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern muss eine Gegendarstellung drucken:
"Es ist nicht wahr, dass die Internationalen Bibelforscher das Volk für dunkle Ziele zu
gewinnen versuchen ... Die bibelforscherliche Tätigkeit ist in Bayern nicht beendigt worden,
sondern wird in gleichem Umfang fortgesetzt. ... Eingezogen worden sind ... einige
Exemplare dieser Druckschriften."

Das Sonntagsblatt kommentiert die Gegendarstellung in 4-5fachen Umfang:


"... Die Mitteilungen obiger ´Berichtigung` dürften weniger uns als die bayerische Polizei
interessieren, welche nach wie vor angewiesen ist, das Treiben der Sekte im Auge zu haben
und ihre Schriften, wo sie angetroffen werden, wegzunehmen. Übrigens ist nach
Erkundigung an zuständiger Stelle von der Polizei die Liste der zu beschlagnahmenden
bibelforscherlichen Schriften neuerdings noch vergrößert worden. Unsere Leser können sich
nunmehr selbst ein Urteil über den Wert obiger ´Berichtigung` bilden" (S. 135 f.).
Anmerkung: Es gibt ca. 25.000 Zeugen Jehovas in Deutschland. Die Diskriminierung geht sehr bald über in eine Verfolgung. In
der Zeit von 1933 bis 1939 sind z. B. 5-10 % der KZ-Insassen Zeugen Jehovas (Frankenpost, 15.1.1999).

Anfang 1932 - Ein evangelischer Pfarrer aus dem Dekanat Lohr/Main-Spessart, der sich
"mit aller Kraft" "für die Herbeiführung des Dritten Reiches" einsetzt (lt. Dekan Jäger),
versucht, in einem vollbesetzten Bus Stimmung gegen Juden zu machen.
Als der Pfarrer den Bus betritt, sind alle Sitzplätze belegt, und auf einem der Plätze sitzt ein
jüdischer Mitbürger. Als der evangelische Pfarrer ihn sieht, ruft er - gemäß Aussage des
betroffenen Juden - laut in den Bus: "Für den Juden ist Platz, aber für mich nicht."
Über den jüdischen Centralverein reicht der Bürger Beschwerde bei der evangelischen
Kirchenleitung ein. Dort rechtfertigt sich der Pfarrer. Er habe nur gerufen: "Wenn nur die
Juden Platz haben, das ist die Hauptsache." Die Kirchenleitung bittet den Pfarrer um
"Zurückhaltung", was dieser in seiner Antwort von sich weist (zit. nach Mensing, a.a.O., S.
106).

1932 - Der Nationalsozialistische Evangelische Pfarrerbund (NSEP) wird gegründet.

12.6.1932 - Die Neue Zürcher Zeitung in der Schweiz berichtet über die Evangelische

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 21 of 94

Kirche in Deutschland: Viele führende Vertreter der evangelischen Kirche, v. a. aber die
jüngeren Pastoren, sympathisierten mit Hitler und betätigten sich in der NSDAP. In beinahe
allen Landeskirchen bestünden nationalsozialistische Pfarrer-Bünde. Die protestantische
Kirche sei dabei, "Parteikirche" [der NSDAP] zu werden.

31.7.1932 - Reichstagswahl: Die NSDAP erhält 37,4 % der Stimmen und wird stärkste
Partei im Reichstag. Bei den evangelischen Pfarrern erhält die NSDAP weit
überdurchschnittliche ca. 50-60 % der Stimmen (nach Mensing, in: Nachrichten der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, 1998, S. 254). Von den übrigen Pfarrern wählen
die meisten die ebenfalls "rechtsgerichtete" Deutschnationale Volkspartei (DNVP), der auch
der evangelische Reichspräsident Paul von Hindenburg angehört.
In überwiegend evangelischen Stimmkreisen Bayerns erhält die NSDAP sogar über 70 % der
Stimmen. Und: "Besonders in kleinen protestantischen Landgemeinden gewann sie
bereits 1932 zwischen 90 und 100 Prozent aller Stimmen" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S.
124). Dort sind evangelische Ortspfarrer für die Nazi-Begeisterung maßgeblich
mitverantwortlich. Der Historiker Manfred Kittel schreibt: "Im evangelischen Franken konnte
man bereits im Frühjahr 1932 den Eindruck gewinnen, das Dritte Reich sei
angebrochen" (Manfred Kittel, Provinz zwischen Reich und Republik, München 2000, zit.
nach Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 15, 14.3.2008).

1932 - Mit den Stimmen der NSDAP erreicht der katholische Reichskanzler und Ritter vom
heiligen Grab zu Jerusalem, Franz von Papen, das Verbot der Freidenker-Bewegung in
Deutschland. Franz von Papen wird am 30.1.1933 nach der Ernennung von Adolf Hitler zum
Reichskanzler dessen Vize-Kanzler. 1959 wird er vom Vatikan zum vatikanischen
"Geheimkämmerer" erhoben.

1933
Erklärung eines lutherischen Theologen:
Die Kirche wies immer auf Luthers antijüdische Schriften hin
 

Januar 1933 - Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern: Unter dem Titel Eine volkstümliche
Ausgabe von Luthers Judenschriften weist Kirchenrat Dr. Hermann Steinlein aus
Ansbach-St.Gumbertus nach, dass die evangelische Kirche Luthers Antisemitismus stets
hochgehalten hat:
"Nun habe ich aber in meiner Schrift ´Frau Dr. Ludendorffs Phantasien über Luther und die
Reformation` (Leipzig 1932, A. Deichert) nachgewiesen, dass man in der evangelischen
Kirche Jahrhunderte lang immer wieder auf Luthers antijüdische Schriften hingewiesen hat
(Seite 22-27)" (Der evangelisch-lutherische Pfarrer und Kirchenrat Dr. Hermann Steinlein
aus Ansbach in: Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern, Jahrgang 1933, S. 21).

30.1.1933 - Militärparade in Berlin anlässlich der Wahl Adolf Hitlers zum deutschen
Reichskanzler - Dazu der spätere Hamburger Landesbischof Franz Tügel: "Mit
klopfendem Herzen erlebte ich den Einzug der Männerbataillone durch das
Brandenburger Tor und den Vorbeimarsch an dem greisen Reichspräsidenten und seinem
jungen Kanzler [= Hitler] unter dem endlosen Jubel der Menschenmassen ... Ein
unbeschreibliches Hochgefühl, verbunden mit dem tiefsten Dank gegen den allmächtigen
Herrn der Geschichte, erfüllte mein Herz ..." (zit. nach Barbara Beuys, Und wenn die Welt
voll Teufel wär, Reinbek 1982, S. 522).
Deutschlandweit läuten anlässlich der Wahl Hitlers die Glocken vieler evangelischer
Kirchen.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 22 of 94

März 1933 - Nur ca. fünf Wochen nach der Kanzlerwahl finden erneut Reichstagswahlen in
Deutschland statt. Die Abschlusskundgebung der NSDAP ist am 4.3.1933 in Königsberg.
Hitler hält dort eine Rede. Darüber schreibt die Allgemeine Evangelisch-Lutherische
Kirchenzeitung:
"Millionen deutscher Christen hörten mit und sangen das Lied ´Wir treten zum Beten` mit,
und als die Königsberger Glocken läuteten, stiegen in gleicher Stunde weithin Gebete zum
Himmel auf, wie es wohl nie in der Geschichte Deutschlands geschah."
Die evangelischen Kirchen unterstützen Hitler und die NSDAP mit weiter wachsender
Begeisterung. Der größte Teil der Pfarrer zieht immer mehr Menschen auf die Seite der Nazis.
Die NSDAP erhält diesmal 44 % der Stimmen. Von der anderen Seite her betrachtet: 56 %
der Deutschen (!) können die Nazi-Begeisterung in der evangelischen Kirche noch nicht teilen
und wählen noch anders.

Die meisten Pfarrer wählen Adolf Hitler


 

8.3.1933 - Der evangelische Generalsuperintendent von Brandenburg, Otto Dibelius, in


einem Schreiben an die Pfarrer der Kurmark:
"Es werden unter uns nur wenige sein, die sich dieser Wendung nicht von ganzem Herzen
freuen" (zit. nach Beuys, a.a.O., S. 524; Dibelius geht davon aus, dass die meisten Pfarrer
Hitler gewählt haben oder ihm zumindest positiv gegenüberstehen).

März 1933 - Kurz vor oder kurz nach den ersten Pogromen (siehe nächster Beitrag) lässt die
Deutsche Delegation des Protestantischen Weltverbandes weltweit erklären: "Wir erklären
auf Ehre und Gewissen, dass Judenpogrome nicht erfolgt sind. Wir bitten dringend, bei
geplanten Kundgebungen Fälschung der öffentlichen Meinung durch irrtümliche
Gräuelpropaganda zu verhindern und die christliche Gerechtigkeit und Wahrheitsliebe zu
achten" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 150).

März 1933 - Erste Ausschreitungen gegen Juden: Bei einem Judenpogrom in


Hohenlohe/Württemberg werden zwei Juden ermordet (Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S.
399).

20.3.1933 - Errichtung des KZ Dachau

23.3.1933 - Adolf Hitler sagt in seiner Regierungserklärung den "Schutz" Nazi-


Deutschlands für die katholische und die evangelischen Kirchen zu. In den folgenden
Monaten koordinieren Nazi- und Kirchenvertreter die Bekämpfung anderer
Gemeinschaften (siehe z. B. Zeitablauf: 9.6.1933).

24.3.1933 - Ermächtigungsgesetz - Der deutsche Reichstag überträgt mit 2/3-Mehrheit die


gesamte, auch die Verfassung ändernde Gesetzgebung zunächst für vier Jahre auf Adolf
Hitler. Das Gesetz wird später mehrfach verlängert.

28.3.1933 - Die katholischen Bischöfe widerrufen ihre frühere Ablehnung des


Nationalsozialismus. Nachdem die katholischen Bischöfe bislang - im Unterschied zum
Protestantismus - die Mitgliedschaft in der NSDAP verboten hatten, heben sie in einer
Kundgebung das Verbot der NSDAP-Parteimitgliedschaft am 28.3.1933 auf.
Ausschlaggebend ist die Zusicherung der "Unverletzlichkeit des katholischen Glaubens"
durch Adolf Hitler (in: H. Müller, Katholische Kirche und Nationalsozialismus, dtv-
Taschenbuch 1965, S. 88 f.; zit. nach Georg Denzler/Volker Fabricius, Christen und
Nationalsozialisten, Frankfurt am Main 1991, S. 60).

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 23 of 94

Der Wirtschaftsboykott gegen die jüdische Bevölkerung -


er wird von der evangelischen Kirche befürwortet
 

1.4.1933 - Boykott jüdischer Geschäfte: SA- und SS-Wachen vor den Geschäften - Sie
schreiben deutsche Kunden auf, die dort noch einkaufen. Nur wenige Bürger trauen sich noch,
ein jüdisches Geschäft zu betreten. Teilweise sind Warnschilder angebracht: "Wer hier
einkauft, wird photographiert!"
Die Schaufenster werden mit dem Wort "Jude" beschmiert. In Nürnberg wird die Israelitische
Kultusgemeinde sogar gezwungen, die Aufwendungen für die Wachmänner zu bezahlen, evtl.
auch in anderen Städten.

1.4.1933 - Der preußischer Justizminister verhängt Hausverbot für jüdische Richter.

1.4.1933 - Hilferuf des Rates der Juden an die evangelische Kirche:


"Die deutschen Juden erhoffen gegenüber den gegen sie gerichteten Bedrohungen ein
baldiges Wort, das im Namen der Religion von der evangelischen Kirche in Deutschland
gesprochen wird" (zit. nach Beuys, a.a.O., S. 533).
Anmerkung: Das erhoffte "baldige Wort" wird gegen sie ausfallen (siehe die nachfolgende Meldung vom 4.4.1933).

4.4.1933 - Rede des evangelischen Generalsuperintendenten Dibelius über Kurzwelle. Die


Rede ist vor allem an die Protestanten der USA gerichtet:
Der Boykott gegen die Juden sei "in Ruhe und Ordnung" verlaufen. Die Kirche "kann
und darf den Staat nicht daran hindern, mit harten Maßnahmen Ordnung zu schaffen ... Sie
werden es erleben, dass das, was jetzt in Deutschland vor sich geht, zu einem Ziele führen
wird, für das jeder dankbar sein kann, der deutsches Wesen liebt und ehrt" (zit. nach Beuys,
a.a.O., S. 533 f.).

7.4.1933 - Arierparagraph bzw. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums:


Ausschluss aller Juden aus dem öffentlichen Dienst (vgl. Synode von Clermont im Jahr
535: Juden dürfen keine öffentlichen Ämter bekleiden).

8.4.1933 - Die Nationalsozialisten bedanken sich bei den obersten Behörden der
evangelischen Kirche für die Verteidigung des Boykotts gegen die Juden. Aus der
Reichskanzlei wird dem Evangelischen Oberkirchenrat unter Leitung von Präsident Hermann
Kapler im Namen des Reichskanzlers (= Hitler) "für den energischen Protest gegen die
ausländische jüdische Gräuelhetze ausdrücklich der Dank ausgesprochen" (zit. nach Juden-
Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 150).

Neues evangelisches Gutachten:


Ausschaltung der Juden als "Fremdkörper im Volksleben"
 

22.4.1933 - Jüdische Ärzte werden von der Tätigkeit für Krankenkassen ausgeschlossen.

24.4.1933 - Der Evangelische Volksbund begrüßt das Verbot der Zeugen Jehovas in
Württemberg als Ausdruck einer "Bundesgenossenschaft zwischen Staat und Kirche".

25.4.1933 - Weitgehende Beschränkung der Zahl jüdischer Studenten (vgl. Konzil von
Basel im Jahr 1434: Juden dürfen keine akademischen Grade erwerben)

26.4.1933 - Ein neues evangelisches Gutachten unter dem Titel Die Kirche und die

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 24 of 94

Judenfrage wird im Kirchenausschuss des Kirchenbundesamtes in Berlin vorgelegt. Präsident


Hermann Kapler hatte den bayerischen Pfarrer Walter Künneth mit dem Gutachten
beauftragt. Künneth ist Leiter der überregionalen Apologetischen Zentrale in Berlin und
arbeitet dort als eine Art "Sektenbeauftragter". Das Gutachten wird innerhalb der
evangelischen Kirchen zur maßgeblichen Richtschnur:
Darin heißt es: "Insbesondere erweist sich diese Neuregelung erforderlich infolge des
Überhandnehmens des jüdischen Einflusses, der die Gefahr einer Überwucherung des
deutschen Geistes im gesamten deutschen Öffentlichkeitsleben bedeutet" (vgl. dazu im
Anhang den Anteil der jüdischen Bevölkerung in Deutschland).
"Zum Dienst am deutschen Volk berufen, hat die Kirche darüber zu wachen, dass einerseits
im Blick auf die besondere Lage dieses Volkes der Verkündigung keine Hemmung durch zu
starkes Hervortreten des judenchristlichen Elementes in der Kirche bereitet wird und dass
andererseits die übergreifende Einheit des christlichen Glaubens nicht verletzt wird."
Weiter heißt es: "Bei aller grundsätzlichen Anerkennung des Rechtes einer staatlichen
Ausnahmegesetzgebung für Juden ist vom christlichen Standort aus eine Abstufung der
Gesetzgebung zu fordern, die zwischen Juden und Judenchristen unterscheidet."
Das Gutachten fasst zusammen: "Die Kirche hat sich dafür einzusetzen, dass die
Ausschaltung der Juden als Fremdkörper im Volksleben sich nicht in einer dem
christlichen Ethos widersprechenden Weise vollzieht. Gegen jede Art von gewaltsamer
Judenverfolgung, welche das Ansehen des nationalen Staates schädigt und das Recht der
Abwehr gegen Überfremdung diskreditiert, ist deshalb von der Kirche aus Einspruch zu
erheben" (LKA Stuttgart: 116a IV, Altreg.; zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S.
369-371).
Anmerkung: Wie die Ausschaltung der Juden ohne Gewalt konkret geschehen soll und bis zu welchem Ziel die Ausschaltung
vorangetrieben werden soll, schreibt Künneth nicht (vgl. dazu: Künneths Lebenslauf nach 1945).

26.4.1933 - Adolf Hitler beruft sich auf die kirchliche Tradition: Am gleichen Tag, an
dem die Evangelische Kirche ihr neues Gutachten über die "Judenfrage" zunächst intern
veröffentlicht, rechtfertigt Adolf Hitler in einem Gespräch mit dem katholischen Bischof
Dr. Hermann Wilhelm Berning von Osnabrück die Judenverfolgung damit, "dass er
gegen die Juden nichts anderes tue als das, was die Kirchen in 1500 Jahren gegen sie
getan habe" (zit. nach Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Berlin 1981, S. 406).
Und offenbar weist Hitler auch bei anderen Gesprächen mit den Kirchenführern darauf hin.
So heißt es weiter: "Adolf Hitler beruft sich selbst, so auch im Gespräch mit [dem
katholischen] Kardinal Faulhaber, - offenbar, ohne Widerspruch zu finden - darauf,
dass er nur tue, was die Kirche eineinhalb Jahrtausende lang lehrte und den Juden
gegenüber praktizierte" (Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Esslingen 1967, S. 10). Und
vor allem im Hinblick auf die Evangelischen erklärt Hitler, "er wisse sich in der
Judenfrage mit Luther eins" (Böhm, a.a.O., S. 235).

26.4.1933 - Der Kirchenausschuss beim evangelischen Kirchenbund in Berlin, der höchsten


evangelischen Behörde in Deutschland, dankt seinem Vorsitzenden Kapler, "für alles, was zur
Abwehr der Gräuelpropaganda [über die augenblicklichen Judenverfolgungen] mit
Umsicht und erfolgreicher Tatkraft von ihm geschehen ist" (Juden-Christen-Deutsche 1,
a.a.O., S. 161 f.).

26.4.1933 - Einzelanträge des Kirchenausschussmitglieds Baron von Pechmann werden


von keinem der anderen Mitglieder unterstützt. Pechmann beantragt vergeblich:
"Wir bekennen uns zu allen Gliedern unserer Kirche ohne Unterschied der Abstammung,
auch und gerade zu denen, die ganz oder teilweise jüdischer Abstammung sind. Wir fühlen
mit ihnen, und wir werden für sie eintreten bis zu den Grenzen des Möglichen ..." Der Antrag
wird abgelehnt.
Pechmann weiter: "... Aber darüber hinaus kann und darf die Kirche auch zu dem nicht
schweigen, was unter Verletzung christlicher Gerechtigkeit und Liebe gegen jüdische
Volksgenossen geschehen ist und geschieht" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S.
160 f.). Pechmanns Antrag wird abgelehnt.
Anmerkung: Pechmann tritt 1934 wegen der antijüdischen Maßnahmen der Evangelischen Kirche aus der Kirche aus.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 25 of 94

26.4.1933 - Gründung der Geheimen Staatspolizei "Gestapo".

26.4.1933 - Am selben Tag teilt Adolf Hitler dem Vorsitzenden der katholischen deutschen
Bischofskonferenz, Bischof Dr. Hermann Wilhelm Berning, das Festhalten der NSDAP am
konfessionellen Religionsunterricht an den Staatsschulen mit und seine Ablehnung
weltanschaulich-neutraler Schulen: "Eine weltliche Schule kann niemals geduldet werden,
weil eine solche Schule ja keinen Religionsunterricht hat ... Wir haben Soldaten
notwendig, gläubige Soldaten" (zit. bei Helmut Kober, Wege ohne Dogma, Nr. 3, 1998, S.
61; zit. nach Helmut Steuerwald, Die Kirchen im Banne des Nationalsozialismus, zit. nach
http://www.hbb-bayern.de).

Ein evangelisches Sonntagsblatt:


Adolf Hitler als "Werkzeug göttlicher Vorsehung"

April 1933 - Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern über Hitler: "Wir sehen in ihm ein
Werkzeug der göttlichen Vorsehung ... Möchte er das, was er kraftvoll begann, vollenden
dürfen zum Segen unseres Volkes und unserer evangelischen Kirche" (Jahrgang 1933, S.
215).

1.5.1933 - Auf Anweisung des Landeskirchenrats der Evangelisch-Lutherischen Kirche in


Bayern müssen die evangelischen Pfarrer Münchens mit Hakenkreuzbinde an der Nazi-
Massenkundgebung auf der Theresienwiese teilnehmen (Vollnhals, a.a.O., S. 126).

4.5.1933 - Hans Meiser wird in Bayreuth zum ersten bayerischen Landesbischof gewählt,
nachdem sein Vorgänger, Kirchenpräsident Friedrich Veit, am 11.4.1933 wegen Vorbehalten
gegenüber den Nationalsozialisten vom Landeskirchenrat aus dem Amt gedrängt worden war.
Veit scheint nicht der geeignete Mann, um den Nazis zu "huldigen". Gleichzeitig wird in dem
Gesetz über die Ermächtigung des Landesbischofs zum Erlass von Kirchengesetzen das
Führerprinzip in der Kirche eingeführt - parallel zum staatlichen Ermächtigungsgesetz für
Hitler. Damit kopiert die Kirche mit Begeisterung die staatliche Entwicklung. Die bayerische
Landessynode entmachtet sich damit selbst zugunsten ihres "Führers" Hans Meiser.
"Geben wir dem Mann, der die Führung haben soll, nun wirklich den Führerstab in die
Hand" (Der Münchner Dekan Langenfaß über Meiser; zit. nach Erlanger Nachrichten,
27.8.1993).
Anmerkung: In Gedenken an diesen historischen Tag, an dem die evangelische Kirche die innerkirchliche
Demokratie durch das Führerprinzip ersetzt hatte, wird am 3. bzw. 4.5.2008 der Gemeindesaal der Evangelisch-
Lutherischen Kirchengemeinde in Obermenzing (Carolinenkirche) in Hans-Meiser-Saal umbenannt.

5.5.1933 - Der römisch-katholische Kardinal Michael Faulhaber bedankt sich in einem Brief
an die bayerische Staatsregierung, "dass sich im öffentlichen Leben unter der neuen
Regierung manches gebessert hat: Die Gottlosenbewegung ist eingedämmt, die Freidenker
können nicht mehr offen gegen Christentum und Kirche toben, die Bibelforscher
können nicht mehr ihre amerikanisch kommunistische Tätigkeit entfalten" (Akten
Deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Teil I, Mainz 1968, S. 259, Anm.
17; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 9).

6.5.1933 - Entlassung aller jüdischer Honorarprofessoren und Notare

10.5.1933 - Öffentliche Bücherverbrennungen jüdischer Bücher (vgl. 12. Synode von


Toledo im Jahr 681: Verbrennung des Talmud und anderer jüdischer Schriften)

Ab 1933 - Begeisterung in den evangelischen Diakonissenmutterhäusern über Adolf


Hitler und die nationalsozialistische Regierung - "Die Leute sind toll vor

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 26 of 94

Begeisterung" (NS-Propaganda-Minister Joseph Goebbels nach einem Besuch des


evangelischen Luise-Henrietten-Stifts in Lehnin im Mai 1933; zit. nach Ernst Klee/Gunnar
Petrich, Film "Alles Kranke ist Last", a.a.O.).
Das Diakonissenmutterhaus in Düsseldorf-Kaiserswerth wird von der NSDAP besonders
gelobt, weil es schon vor der Machtübernahme die Partei auch finanziell (!) unterstützte
(Ernst Klee/Gunnar Petrich, Film "Alles Kranke ist Last", a.a.O.). Im Mitteilungsblatt dieses
ältesten evangelischen Diakonissenmutterhauses in Deutschland wird ein neues "Loblied" der
Diakonisse Emma Obermeier abgedruckt, Die braunen Kolonnen: "Das Hakenkreuzbanner
weht stolz voran ... Das undeutsche Wesen zur Türe hinaus. Wir kehren mit eisernem Besen
das Haus. Sieg Heil!"

Mai 1933 - Arzneimittel, deren Hersteller Juden sind, sind nur zu verordnen, wenn
andere gleichwertige Präparate nicht vorhanden sind.

Mai 1933 - Jüdische Selbsthilfe gegen den Boykott: Von jüdischen Gemeinden werden
eigene handwerkliche, landwirtschaftliche und gärtnerische Ausbildungszentren gegründet.

18.5.1933 - Das Amtsblatt für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern gibt bekannt:
"Mit der Bekanntmachung vom 13. April d. Js. (Staatsanz. Nr. 88) hat das Staatsministerium
des Inneren auf Ersuchen des Staatsministeriums für Unterricht und Kultur die
Vereinigungen der ´Ernsten Bibelforscher` in Bayern aufgelöst und verboten.
Wir geben dies mit dem Hinweis darauf bekannt, dass die genannte Sekte seit einiger Zeit
sich auch des Namens ´Zeugen Jehovas` bedient und erwarten von unseren Geistlichen,
dass sie das Ihrige tun werden, um ein weiteres Auftreten der Sekte in ihren Gemeinden
zu unterbinden. München, den 11. Mai 1933 - Evang.-Luth. Landeskirchenrat - D.
Meiser" (Amtsblatt Nr. 11 für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern rechts des
Rheins; vgl. Zeitablauf: 1932).
Anmerkung: Von den ca. 25.000 Zeugen Jehovas in Deutschland werden in den nächsten Jahren 10.000 inhaftiert, 2.000 davon
kommen in die KZs. Dort kommen 1.200 ums Leben, weitere 250 werden anderweitig "erhängt, erschossen oder
geköpft" (Frankenpost, 15.1.1999).

1.6.1933 - Der bekannte Tübinger Theologieprofessor Gerhard Kittel (Herausgeber des


Standardwerkes Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament) warnt in einem Vortrag
unter dem Titel Die Judenfrage vor der "Durchsetzung des deutschen Volkskörpers mit
zahllosen Mischlingen".
Der Vortrag erscheint kurz darauf als Buch. Darin kritisiert der Theologe auch die Mediziner
"aus dem Judentum": "Aus ihm kommt eine ärztliche Wissenschaft, deren Ziel das
Geldverdienen und nicht die Gesundheit des Volkes ist" (zit. nach Juden-Christen-
Deutsche 1, a.a.O., S. 169 f.).
Kittel spricht sich für den Status des Judentums als "nicht assimilierter Gast" aus, der
"auf jeden maßgebenden Einfluss verzichten muss in den Dingen, die deutsches Staats-
und Volksleben, deutsche Kultur und deutsche Geistesbildung betreffen." Das "´echte
Judentum` nimmt ... diesen Zustand als Gericht Gottes über den Ungehorsam Israels"
und würde sich nicht dagegen wehren.
Anmerkung: Prof. Dr. Gerhard Kittel wird von den Nazis 1936 in das neu gegründete Reichsinstitut für Geschichte in die
Forschungsabteilung Judenfrage berufen. Zwar widersprechen mehrere Theologen ihrem Kollegen. Doch noch 1944 versendet
die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern einen antisemitischen Aufsatz Kittels als "Berufshilfe" an alle Pfarrer (vgl.
Zeitablauf: 1944).

7.6.1933 - Der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss beim Kirchenbundesamt in Berlin,


der höchsten evangelischen Behörde, verfasst eine beschwichtigende Stellungnahme an alle
ausländischen Kirchen und versichert, "dass es sich gegenwärtig in Deutschland nicht um eine
´Judenverfolgung` mit dem Ziel wirtschaftlicher und persönlicher Vernichtung handelt,
vielmehr, abgesehen von dem Boykott, der als einmaliger Akt und als Abwehrmaßnahme
anzusehen ist, im wesentlichen um eine gesetzliche Reduzierung des nach dem Weltkriege
übermäßig gewordenen Anteils des jüdischen Elements an öffentlichen oder öffentlich
bedeutsamen Stellungen ... Die Maßregel zeigt prinzipiell den Charakter einer
Schutzmaßnahme zur Sicherung des deutschen Volkes" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1,

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a.a.O., S. 162 f.).

9.6.1933 - Zusammenkunft von NS-Vertretern der Ministerien in Preußen und der


Gestapo mit Vertretern der katholischen und der evangelischen Kirche in Berlin. Viele
Kirchenvertreter fordern das Verbot der Zeugen Jehovas. So bittet auf diesem Treffen
z. B. der katholische Domkapitular Ferdinand Piontek um "strenge staatliche
Maßnahmen" gegen diese Gemeinschaft. Und der anwesende evangelische
Oberkonsistorialrat D. Fischer will ein Verbot der Zeugen Jehovas wegen der Gefahr
für das "deutsche Volkstum". Darüber hinaus vertritt er die Auffassung, dass die Kirche
auch   "mit  ihren  eigenen  Mitteln"  entgegentreten  müsse  (Protokoll der Besprechung im
Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung; Ev. Zentralarchiv, 7 / Generalia XII.
Nr. 161; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 10). Zwei Wochen später werden die Zeugen Jehovas
verboten.

11.6.1933 - Amtseinführung von Landesbischof Meiser in Nürnberg


Männer des Staates, der Partei und der Stadt erweisen dem neuen Landesbischof die Ehre.
Viele uniformierte Männer sitzen im Gottesdienst. Anschließend lädt die Stadt Nürnberg zu
einem Staatsakt für Landesbischof Meiser und die Kirchenführer ein, umrahmt von SA, SS,
HJ und BDM.

13.6.1933 - Pfarrer Putz, Träger des goldenen Parteiabzeichens der NSDAP und aktiver
Werber für NSDAP-Mitgliedschaften unter Pfarrern, wird als Referent in den
Landeskirchenrat nach München berufen. Seine Dienstanweisung beinhaltet die
"Aufrechterhaltung einer möglichst innigen Verbindung zur Reichsleitung der NSDAP
und ihrer verschiedenen Abteilungen, besonders auch zur SA und zur SS sowie zur
Glaubensbewegung Deutsche Christen" (zit. nach Mensing, a.a.O., S. 162).
Anmerkung: Pfarrer Putz vertritt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern auch im Reichsbruderrat der Bekennenden
Kirche, der Synode der Bekennenden Kirche, und er wird 1934 Mitglied der Vorläufigen Leitung der Bekennenden Kirche. Nach
dem Krieg rechtfertigt Putz seine NSDAP-Mitgliedschaft bis 1945 mit den Worten: "Wir haben eine Seelsorgeverpflichtung
gegenüber den in der Partei befindlichen Christen" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 263).

Evangelischer Presseverband: Wer beim Widerstand gegen die Juden


nicht mitmacht, "vergeht sich gegen Gottes Willen"
 

18.6.1933 - Der Evangelischer Presseverband für Württemberg schreibt rückblickend über


den Boykott gegen die jüdischen Geschäfte:
"Der Boykott am 1. April und das fernere Vorgehen gegen die Juden hat in manchen
christlichen Kreisen eine Gewissensnot verursacht, mit der sie nicht fertig werden können.
Diese Not mag davon herrühren, ... dass sie überhaupt kaum noch etwas von den schweren
Gefahren aller Art wussten, die unserem Volk von jüdischer Seite drohen ... die
´Gräuelpropaganda` ... von Juden verursacht, genährt und geleitet ... führte zur Aufwiegelung
der Völker gegen Deutschland ... Sich mit allen brauchbaren Mitteln zu erwehren, war das
gute Recht des deutschen Volkes. Dabei mitzuhelfen war die Pflicht auch des Christen ...
Wer sein Volk in der Gefahr im Stich lässt, der ist nicht nur ein Feigling, sondern er vergeht
sich gegen Gottes Willen!
Der Boykott und andere Maßnahmen gegen den jüdischen Einfluss waren ´kriegerische`
Handlungen, entsprungen aus der Notwehr ... Auch die Bibel weiß von dieser
Schicksalsgemeinschaft, die Schuldige und Unschuldige gleichermaßen umfasst. Man denke
etwa an die Erzählung von den ägyptischen Plagen ... Wir wollen daraus lernen, nicht
verweichlicht zu denken. Es gehört auch zur Aufgabe des christlichen Glaubens, die Welt
in ihrer ganzen Nüchternheit und u. U. Brutalität zu begreifen und sich in das
Verhängnis der Schuldzusammenhänge hineinzustellen, anstatt voreilig daraus zu
fliehen ... Volkfremdes, weltbürgerliches Denken ist nicht christlich, weil es die

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Schöpfungsordnung verleugnet ... Der Kampf gegen die jüdische Gefahr ist nicht gelöst durch
Boykott und Entlassungen, sondern dazu bedarf es einer seelischen Neuwerdung des
Deutschen ... dass diese verheißungsvolle Bewegung ihre Kräfte aus den letzten Tiefen hole
und dass die nationale Revolution weiterführe zu einer Reformation des deutschen Menschen,
das ist die größte und verantwortungsvollste Aufgabe, die dem deutschen Christen heute
gestellt ist" (Stuttgarter Evangelisches Sonntagsblatt, 18.6.1933; zit. nach Juden-Christen-
Deutsche 1, a.a.O., S. 377-379).

19.6.1933 - Das Verbot der Zeugen Jehovas in Württemberg wird vom dortigen
Innenminister im Württembergischen Staatsanzeiger erklärt:
"Diese zersetzende Tätigkeit, die einen Missbrauch des Rechts auf freie
Meinungsäußerung darstellt und geeignet ist, nicht nur in einzelne Familien, sondern in
ganze Gemeinden religiöse Zwietracht hineinzutragen, ist mit dem Gedanken einer
christlichen deutschen Volksgemeinschaft unvereinbar und kann daher vom Staate nicht
länger geduldet werden" (Nr. 139 vom 19.6.1933; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 10).
Anmerkung: Um das drohende Verbot, den Verlust ihres Immobilienbesitzes und die Verfolgung noch abzuwenden, betont die
leitende "Wachtturm"-Zentrale der Zeugen Jehovas im Juni Übereinstimmung mit den "hohen Idealen, die sich die nationale
Regierung zum Ziele gesetzt hat". In diesem Zusammenhang wird auch auf die "Ausbeutung und Bedrückung vieler Völker"
durch die "Handelsjuden des Britisch-Amerikanischen Weltreichs" verwiesen. Dieses Zugeständnis der Wachtturm-Gesellschaft
an die deutsche Regierung wird von einem ehemaligen Zeugen Jehovas mit der "Maxime" der "theokratischen Kriegslist" in
Verbindung gebracht (zit. nach Hans-Jürgen Twisselmann, Satans System oder Gottes Zulassung auf Zeit, in: EZW-Texte Nr.
145, Berlin 1999, S. 50.52). Die Verfolgung hat es nicht abgewendet. Gegen die eigene Verfolgung wie auch gegen die
Verfolgung der Juden haben die Zeugen Jehovas scharf protestiert.

Seit 1933 - Entlassungen jüdischstämmiger Christen aus kirchlichen Ämtern

22.6.1933 - Verbot der SPD wegen angeblichen Landes- und Hochverrats

23.6.1933 - Grußwort des Herrn Landesbischofs an die evangelische Jugend:


"... Ich weiß und erkenne dankbar an, dass die einzelnen Verbände jeder in seiner Art in den
vergangenen Jahren der Kirche und darüber hinaus dem ganzen deutschen Volke dadurch
wertvolle Dienste erwiesen haben, dass sie treu im evangelischen Glauben sich als Damm
gegen die Volkszersetzung des Bolschewismus und des Freidenkertums bewährt haben.
Der Gottlosigkeit sind heute unter den neuen Verhältnissen manche Kanäle abgegraben; ... So
tue, evangelische Jugend, dein Werk und der Herr der Kirche wolle es in Gnaden fördern!
München, den 23. Juni 1933 - Der Landesbischof der Evang.-Luth. Kirche in Bayern r. d.
Rhs; D. Meiser" (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Nr. 16 vom
29.6.1933).

Juni 1933 - Verbot des sportlichen Wettkampfs gegen Juden


Z.B. 24.6.1933 - "Erlass an die Würzburger Studentenschaft!" "Es ist jedem Mitglied der
Deutschen Studentenschaft an der Universität Würzburg verboten, gegen nichtarische
Studenten in irgendeinem sportlichen Wettkampf anzutreten. Zuwiderhandlungen werden
strengstens bestraft" (Würzburger Generalanzeiger, zit. nach Dieter W. Rockenmaier, Das
Dritte Reich und Würzburg, Würzburg 1988, 3. Auflage, S. 56).

1933 - Überall in Deutschland werden Schilder angebracht: "Die Juden sind unser
Unglück".
Die Stadt Ansbach wendet sich z. B. an alle deutschen Geschäftsinhaber und ordnet an, dass
die Schilder Die Juden sind unser Unglück deutlich sichtbar in den Schaufenstern aufgestellt
werden müssen.
Ein Verzeichnis jüdischer Geschäfte der Stadt wird angefertigt und kostenlos an Fabriken,
Geschäfte und Behörden verteilt. Es wird zur Auflage gemacht, dass jeder Bürger ein solches
Verzeichnis haben müsse. Auf dem Verzeichnis steht: "Wer bei nachstehenden, im Kreis
Ansbach-Feuchtwangen wohnhaften Juden kauft, ist ein Volksverräter" (Diana Fitz,
Ansbach unterm Hakenkreuz, Ansbach 1994, S. 88). Ähnliches geschieht in anderen Städten.

1933 - Lutherischer Generalsuperintendent Knolle aus Lübeck feiert Martin Luther:


"Ewigkeit und Deutschtum begegnen sich in seiner Gestalt. In dieser Ewigkeitsverbundenheit

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seines Erdenauftrages erwächst er zum Propheten der Deutschen, als den er sich - wenn auch
zögernd - bezeichnet hat ... Luther muss Prophet und Wegbereiter auch für die neue
weltgeschichtliche Zeit des Dritten deutschen Reiches sein ... Lutherisches Christentum
ist und bleibt die höchste Offenbarung Gottes in deutscher Sprache" (zit. nach:
Vierteljahresschrift der Luthergesellschaft, München 1933, S. 121.123).

Ab 1933 - Schikanen und Straftaten gegen Juden - Die Polizei lässt Ermittlungen im
Sande verlaufen.

Ab 1933 - Juden werden aus Vereinen ausgeschlossen und dürfen nicht mehr Mitglieder
von Vereinen, z. B. Sportvereinen werden.
Das hat zum Beispiel folgende Konsequenz: Der Jude Kurt Dietenhöfer darf den Sportplatz in
Ansbach, den er selbst mitgebaut hatte, nicht mehr betreten.

27.6.1933 - Der katholische Erzbischof Conrad Gröber aus Freiburg verbietet allen
katholischen Pfarrern Kritik am Nationalsozialismus.

11.7.1933 - Unter Vermittlung von Reichspräsident Paul von Hindenburg gründen alle
evangelischen Kirchenführer die Deutsche Evangelische Kirche (DEK).

14.7.1933 - Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses befiehlt die


Zwangssterilisation Behinderter. Die Nationalsozialisten erfüllen damit eine Forderung der
evangelischen Kirche, welche die Anstaltsleiter der Inneren Mission in ihrer Treysaer
Erklärung 1931 erhoben haben (siehe oben). Zu den Betroffenen gehören auch Blinde, Taube,
Stumme, Epileptiker, Alkoholiker, Körperbehinderte, seelisch Kranke und politische Gegner,
die man wegen ihrer abweichenden Einstellungen als "Schwachsinnige" einstuft. Sieben Jahre
später, ab 1940, werden diese Menschen vergast, vergiftet, erschlagen oder man lässt sie
verhungern. Auch über mögliche Ermordungen wurde bereits auf der evangelischen
Fachkonferenz in Treysa 1931 gesprochen (siehe oben). (PS: Eine Zusammenstellung aller
Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie hier)

1933 - Karl Todt, Direktor der evangelischen Heilerziehungs- und Pflegeanstalt der Inneren
Mission in Scheuern an der Lahn, ist wie andere Diakonie-Leiter von dem neuen Gesetz zur
Verhütung erbkranken Nachwuchses begeistert und schreibt kurze Zeit später: "Wie freudig
begrüßten wir die rassenpflegerischen Maßnahmen unseres Führers, die der Auftakt
sind, die Übel von der Wurzel an zu bekämpfen. So stehen wir zum Dienste bereit,
Handlanger zu sein am Bau des Reiches Gottes und am Bau des neuen, des Dritten
Reiches" (zit. nach Ernst Klee/Gunnar Petrich, Film "Alles Kranke ist Last", a.a.O.).
Anmerkung: Im Jahr 1941 dienen die evangelischen Einrichtungen in Scheuern dann als Zwischenstation für
Behinderte auf deren Weg in das Vernichtungslager Meseritz-Obrawalde in Pommern. Von Scheuern aus werden
die der Kirche anvertrauten Menschen wissentlich zur Vernichtung (Vergasung, Vergiftung, Erschlagung,
Verhungern lassen) weitergeleitet. Und auch in der Landesheil- und Pflegeanstalt in Bernburg an der Saale
werden die Behinderten 1940 und 1941 "vergast". Ca. 75 Behinderte werden dazu jeweils nackt in die 3 x 4 m
große Gaskammer der Pflegeanstalt gezwängt. Dann wird das Gas eingeleitet und den Behinderten steht
ein grausamer Todeskampf bevor. Währenddessen tun im selben Gebäude-Komplex die Diakonissen des
evangelischen Oberlin-Hauses Babelsberg offenbar ohne Protest ihren "Dienst". (PS: Eine Zusammenstellung aller
Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie hier)

14.7.1933 - Alle Parteien außer der NSDAP sind seit diesem Tag verboten oder haben sich
aufgelöst. Deutschland ist nun auch äußerlich eine reine Ein-Parteien-Diktatur mit Adolf
Hitler als Reichskanzler und dem parteilosen Franz von Papen als Vizekanzler (bis August
1934). Adolf Hitler ist bis zu seinem Lebensende Katholik wie sein Vizekanzler Franz von
Papen (1879-1969), der zudem seit 1923 päpstlicher Geheimkämmerer ist sowie Mitglied des
Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und Ritter des Malteserordens. In dieser
Situation erfolgt nun die historische "Stunde" der römisch-katholischen Kirche, die
weltweite Anerkennung des neuen Nazi-Deutschlands durch den Papst und die Kirche
durch das Konkordat.

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20.7.1933 - Der Vatikan schließt mit dem Deutschen Reich ein Konkordat ab und sichert
sich weit reichende Rechte (z. B. Selbstverwaltung, Gesetzesvollmacht, katholischer
Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an staatlichen Schulen, Schutz der katholischen
Verbände und Vereine). Für die katholische Kirche ist es "hoch erfreulich, dass endlich
einmal wieder ihre hierarchische Gliederung vom Reiche gestützt und anerkannt über alle
Länder von den Alpen bis zum Meeresstrand ausgebaut war", so der katholische
Regierungsrat Bauer aus Nürnberg (zit. nach "Im Schritt der neuen Zeit", Sonntagsbeilage der
Bayerischen Volkszeitung, 17.12.1933, S. 4; zit. bei Helmut Steuerwald, Die Kirchen im Bann
des Nationalsozialismus, http://www.hbb-bayern.de). Bis dahin stand die römisch-katholische
Kirche in Deutschland deutlich im Schatten der evangelischen Kirche, die seit ihrer
Entstehung in Deutschland die am stärksten prägende Kraft ist.
Michael Kardinal von Faulhaber aus München predigt von der Freundschaft zwischen der
Nazi-Regierung und dem Vatikan und erklärt später, Papst Pius XI. sei "der beste Freund,
am Anfang sogar der einzige Freund des neuen Reiches gewesen. Millionen von
Menschen im Ausland standen lange misstrauisch dem neuen Reich gegenüber und haben erst
durch den Abschluss des Konkordats Vertrauen zur deutschen Regierung gefasst" (zit. nach
Karlheinz Deschner, Ein Jahrhundert Heilsgeschichte, Köln 1982, S. 432 f.).

23.7.1933 - Kirchenwahl in allen evangelischen Kirchen: Wahlsieger sind die Deutschen


Christen mit ca. 70 % der Stimmen. Die Deutschen Christen bekennen sich zur Basis eines
"bejahenden artgemäßen Christus-Glaubens, wie er deutschem Luthergeist und
heldischer Frömmigkeit entspricht" (Richtlinien der DC vom 26.5.32, zit. nach Juden-
Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 149).

Evangelische Synode fordert vom Staat das Verbot


der Mormonen, der Adventisten
und der Evangelisch-Johannischen Kirche
 

August 1933 - Die evangelische Kreissynode Waldenburg/Schlesien fordert das Verbot


von bis dahin noch nicht verbotenen nichtevangelischen bzw. nichtkatholischen
Glaubensgemeinschaften. Benannt werden die Mormonen, die Adventisten und die
Evangelisch-Johannische Kirche. Die Kirchenleitung wird ersucht, "bei den hierfür in Frage
kommenden staatlichen Stellen vorstellig zu werden" (Ev. Zentralarchiv 14 / 810, zit. nach
Garbe, a.a.O., S. 10).

5.9.1933 - Die Evangelische Kirche der Altpreußischen Union beschließt auf ihrer
Generalsynode die Einführung des Arierparagraphen in der Kirche - Die Folge: Ausschluss
aller jüdischstämmigen Christen aus dem hauptamtlichen kirchlichen Dienst. Knapp 50
% aller deutschen Protestanten gehören dieser Kirche an.

Der Protest des Theologen Dietrich Bonhoeffer gegen den kirchlichen Arierparagraphen
wird auf der Generalsynode nicht als Thema zugelassen. Bonhoeffer sagt: "Darum gibt es
einer Kirche gegenüber, die den Arierparagraphen in dieser radikalen Form durchführt, nur
noch einen Dienst der Wahrheit, nämlich den Austritt" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1,
a.a.O., S. 176). Dazu die Frage: Was hätte Bonhoeffer zu einem kirchlichen Arierparagraphen
in einer "weniger radikalen Form" gesagt? Und praktisch: Angesichts der "radikalen"
Durchführung sagt Bonhoeffer zwar, der Kirchenaustritt sei ein "Dienst der Wahrheit", doch
tatsächlich tritt er nicht aus (siehe unten: September 1933).
Anmerkungen: 1) Bonhoeffers Schwester ist mit einem jüdischen Mann verheiratet.
2) In der Endphase der Judenverfolgung (1944/45), nach dem Höhepunkt, wird Bonhoeffer auch das Wort zugeschrieben: "Die
Kirche darf nur gregorianisch singen, wenn sie zu gleicher Zeit für Juden und Kommunisten schreit" (zit. nach Heinz Zahrnt, Die
Sache mit Gott, dtv-Ausgabe, München 1972, 2. Auflage, S. 183). 1941 hatte er mitgeholfen, einigen Juden die Flucht in die
Schweiz zu ermöglichen (siehe auch Zeitablauf: Frühjahr 1939).

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Was die staatliche Behandlung der "Judenfrage" betrifft, gesteht auch Dietrich Bonhoeffer
1933 zu: "Ohne Zweifel ist der Staat berechtigt, hier neue Wege zu gehen". Die konkrete
Politik der zunehmenden "Rechtlosmachung" der Juden betrachtet Bonhoeffer aber als Gefahr
für den Rechtsstaat. Er fordert die Kirche auf, Fragen in diese Richtung an den Staat zu stellen
(nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 180.415). Doch die Kirche tut dies nicht.
In einer dpa-Meldung zum neu erschienenen Buch Die verlassenen Kinder der Kirche heißt
es zu diesem Thema: "Die meisten Amtsträger auch der Bekennenden Kirche billigten
dem Staat das Recht zu, die Stellung von Juden und ´Nichtariern` in der Gesellschaft
neu zu regeln, ihre rechtliche, politische, wirtschaftliche und soziale Gleichstellung
aufzuheben" (8.12.1998).

September 1933 - Der Schweizer Theologe Karl Barth ist trotz des kirchlichen
Arierparagraphen gegen Kirchenaustritt. Auch Bonhoeffer rät er vom Kirchenaustritt
ab.
"Das wird aber in der Tat zunächst dies bedeuten, dass man es der Kirchenregierung bzw. der
durch sie vertretenen angeblichen oder wirklichen Mehrheit der Kirchenmitglieder in direkter
Eingabe, aber auch öffentlich sagt: ´Ihr seid in diesem Stück nicht mehr Kirche Christi` ... bis
das Ärgernis beseitigt ist - oder bis die Kirche mit einem Ausschluss oder mit einer
Mundtotmachung der Protestierenden antwortet ... Das Schisma muss, wenn es kommt, von
der anderen Seite kommen" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 208).
Anmerkungen: 1) Bonhoeffer befolgt den Rat von Barth und bleibt Kirchenmitglied - obwohl alle evangelische Juden aus den
kirchlichen Ämtern entfernt werden. Bonhoeffer wird in späteren Jahren in kirchlichen Stellungnahmen vielfach als "Feigenblatt"
benutzt, womit der Anteil der evangelischen Lehre und der evangelischen Kirche an der Verantwortung für den Holocaust
verdeckt werden soll.
2) Ähnliches geschieht mit Pfarrer Paul Schneider (* 1897) aus dem Hunsrück, der nach anfänglicher Nazi-Begeisterung immer
häufiger mit dem Staat in Konflikt geriet und schließlich 1939 im KZ Buchenwald an einer falschen Medikamentendosierung
unter unklaren Umständen ums Leben kam. Die Leiche wurde anschließend offiziell an seinen letzten Dienstort Dickenschied
zur Beisetzung überführt. In Buchenwald hatte Schneider anscheinend auch um die Entlassung inhaftierter Juden gebeten.
Schneider hätte das KZ allerdings sofort verlassen können, wenn er seiner Ausweisung aus der "Rheinprovinz", wo seine
Kirchengemeinden Dickenschied und Womrath lagen, Folge hätte leisten wollen. Schneider war 1916 im 1. Weltkrieg mit dem
Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet worden, und er hatte 1918 bei der Schlacht von Verdun offenbar viele Franzosen
umgebracht.
3) Baron von Pechmann (siehe Zeitablauf: 26.4.1933), der 1934 wegen des kirchlichen Antisemitismus aus der Evangelisch-
Lutherischen Kirche in Bayern ausgetreten war, wird 1997 durch eine Ehrung von dieser Kirche wieder vereinnahmt.

September 1933 - Auch die Rheinische Landeskirche übernimmt den Arierparagraphen.


Betroffen ist z. B. der 43jährige Kölner Krankenhauspfarrer Ernst Flatow, ein gebürtiger
Jude, der im Alter von 26 Jahren zur Evangelischen Kirche übergetreten war, und der jetzt
wegen seiner jüdischen Herkunft fristlos entlassen wird. Die Kirchenleitung weigert sich
zudem, Flatow als "Hilfsgeistlichen" weiter zu beschäftigen, was rechtlich möglich gewesen
wäre. In der Begründung, so wie sie im Brief an den Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin
verfasst wurde, heißt es u. a.: "Flatow hat in seinem Äußeren und in seinem Wesen so in
die Augen springend diejenigen Merkmale an sich, die von dem Volke als der jüdischen
Rasse eigen angesehen werden, dass eine Beschäftigung in einer Gemeinde unmöglich
ist."
Anmerkung: Als später die Vernichtungen der Juden beginnen, taucht Flatow in einer Außenstelle der kirchlichen Betheler
Anstalten in Lobetal bei Berlin unter. Die Nazis bitten darauf hin 1942 die Rheinische Landeskirche, ihr beim Auffinden Flatows
zu helfen. Prompt verrät die Amtskirche sein Versteck und meldet, "dass sich der Hilfsgeistliche im einstweiligen Ruhestand
Ernst Israel Flatow laut einer Nachricht vom November 1941 in Lobetal bei Berlin aufhält ..." Darauf hin verschleppt ihn die
Gestapo zunächst ins Warschauer Ghetto und kurze Zeit später zur Vergasung nach Treblinka (Spiegel online, 18.2.2008).

Das Evangelische Deutschland


stellt "vollständige Bereinigung der Sekten" in Aussicht
 

10.9.1933 - Das Evangelische Deutschland, das in Berlin erscheinende "maßgebliche Organ


auf protestantischer Seite" (Garbe) kommentiert das Verbot der Zeugen Jehovas mit
Dankbarkeit und fordert weitere Verbote:

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"Die Kirche wird dankbar anerkennen, dass durch dieses Verbot eine
Entartungserscheinung des Glaubens beseitigt worden ist ... Damit ist jedoch noch keine
vollständige Bereinigung der Sekten erreicht. Erwähnt seien nur die Neuapostolischen."
Schriftleiter des Evangelischen Deutschland (Auflage: 20.000) ist der Direktor des
Evangelischen Pressedienstes, Professor August Hinderer (Das Evangelische Deutschland,
Kirchliche Rundschau für das Gesamtgebiet der Deutschen Evangelischen Kirche, Nr. 37,
10.9.1933; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 10; vgl. Arndt, a.a.O., S. 8).

9.-12.9.1933 - Exekutivausschuss Life and Work (Ökumenischer Rat für Praktisches


Christentum) tagt in Novi Sad/Jugoslawien: Anfragen und Besorgnisse seitens
amerikanischer und englischer Kirchen zur Judenverfolgung in Deutschland - Die Deutsche
Delegation unter Leitung der Oberkonsistorialräte Theodor Heckel (bayerischer Pfarrer und
vormaliger Münchner Dekan) und August Schreiber hält Material aus dem deutschen
Reichspropagandaministerium dagegen. Beide drohen mit der vorzeitigen Abreise der
deutschen Delegation. Auf diese Weise wird ein möglicher Protest gegen die Einführung des
Arierparagraphen in den deutschen Kirchen verhindert.

15.-20.9.1933 - Auf dem nachfolgenden Treffen des Exekutiv-Komitees des Weltbundes für
internationale Freundschaftsarbeit in Sofia/Bulgarien ist Dietrich Bonhoeffer einer der
beiden deutschen Delegierten. Unter seiner Mitwirkung kommt es zu einem Protest gegen die
Einführung des Arierparagraphen in den evangelischen Kirchen in Deutschland. Gegen die
umfassende Judenverfolgung in der deutschen Gesellschaft erfolgt aber kein Protest (nach
Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 216 f.).

21.9.1933 - Gegner des Arierparagraphen in den Kirchen gründen einen


"Pfarrernotbund". Gegen die Verfolgung der Juden außerhalb der Kirche wendet sich der
"Notbund" aber nicht. Der Vorsitzende, der Theologe Martin Niemöller, formuliert im
November 1933 einige Sätze zur Arierfrage in der Kirche:
"... denn gerade an den bekehrten Juden muss es sich erweisen, ob es der Kirche Jesu Christi
mit der Gemeinschaft, die über die natürlichen Zusammengehörigkeiten hinausreicht, ernst
ist. - Diese Erkenntnis verlangt von uns, die wir als Volk unter dem Einfluss des jüdischen
Volkes schwer zu tragen gehabt haben, ein hohes Maß von Selbstverleugnung, so dass der
Wunsch, von dieser Forderung dispensiert zu werden, begreiflich ist. Das ist indessen nicht
möglich ..." (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 389)
In einem Gestapo-Bericht heißt es über den "Pfarrernotbund":
"Bei dem zum Notbund angehörenden Pfarrern handelt es sich zum Teil um reaktionäre
Kräfte, zum Teil aber auch um Persönlichkeiten, die rückhaltlos für den
nationalsozialistischen Staat eintreten und sich dagegen wehren, dass ihre Gegnerschaft
gegen den Reichsbischof und gegen die ´Deutschen Christen` als Stellungnahme gegen den
Nationalsozialismus ausgelegt wird" (18.9.1934; Staatsarchiv Marburg, 165/3943).

22.9.1933 - Der Stadtrat von Ansbach beschließt mit Rücksicht auf die Lage des
Wohnungsmarktes, Juden den Zuzug nach Ansbach zu unterbinden.
Man befürchtet u. a., Juden könnten Grundbesitz erwerben und dauernd in der Stadt ansässig
werden. Ähnliches geschieht auch in anderen Orten.

25.9.1933 - Das Erlanger Gutachten wird veröffentlicht - Die renommierte evangelisch-


theologische Fakultät Erlangen gibt das von den namhaften Professoren Werner Elert und
Paul Althaus verfasste Erlanger Gutachten heraus, in dem die Anwendung des
Arierparagraphen in der Kirche gefordert wird. Darin heißt es u. a.: "Das deutsche Volk
empfindet heute die Juden in seiner Mitte mehr denn je als fremdes Volkstum ... Für die
Stellung der Kirche im Volksleben und für die Erfüllung ihrer Aufgabe würde in der jetzigen
Lage die Besetzung ihrer Ämter mit Judenstämmigen [d. h. deutschen evangelischen
Amtsträgern, die keinen reinen arischen Stammbaum vorlegen können] im allgemeinen eine
schwere Belastung und Hemmung bedeuten. Die Kirche muss daher die Zurückhaltung ihrer
Judenchristen von den Ämtern fordern ... " Die evangelische Fakultät möchte jedoch Raum
für Ausnahmen lassen und beruft sich dabei auf den staatlichen Arierparagraphen, wo

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 33 of 94

ebenfalls anerkannt würde, "dass Juden z. B. durch die Bereitschaft zum Opfer des Lebens für
Deutschland sich dem deutschen Volke eingliedern können" [Anmerkung: wodurch man sie
ja auch los würde] (zit. nach Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Hrsg. Heiko A.
Obermann u. a., Band V, Neukirchen-Vluyn 1999, S. 101 f.).
Die meisten Landeskirchen entlassen ihre Mitarbeiter ohne makellos arische Stammbäume. In
Bayern zögert man anfangs, "weil man die von den außerdeutschen Lutheranern angedrohte
Isolation fürchtete" (Axel Töllner, Eine Frage der Rasse? Die Evangelisch-lutherische Kirche
in Bayern, der Arierparagraf und die bayerischen Pfarrfamilien mit jüdischen Vorfahren im
Dritten Reich, Stuttgart 2007, zit. nach Evangelisches Sonntagsblatt für Bayern Nr. 19/2007;
siehe aber auch z. B. die praktische Anwendung des Arierparagraphen). 1938 kam es dann
doch zum "Schwur", als der Staat von allen Pfarrern für den Schuldienst den Ariernachweis
verlangte. Axel Töllner schrieb in seiner Doktorarbeit: "Die Pfarrer trugen den Parteibonzen
ihre makellosen ´Ariernachweise` hinterher" und "stellten bei der Gelegenheit auch gleich
ihrer Führertreue unter Beweis ..." (Töllner, a.a.O.)
Anmerkung: Die Kirche ging dabei im Einzelfall sogar rigoroser vor als der NS-Staat. So versetzte sie den Theologen Julius
Steinmetz wegen der jüdischen Herkunft seines Vaters 1938 in den einstweiligen Ruhestand, während dessen Bruder in
staatlichen Diensten weiter arbeiten durfte (Töllner, a.a.O.).

Evangelische Diakone, "die SA Jesu Christi und die SS


 der Kirche" - ein KZ unter kirchlicher Leitung
 

September 1933 - 100-jähriges Jubiläum des Rauhen Hauses in Hamburg, eine der
bekanntesten Sozialeinrichtungen der evangelischen Diakonie. Der Präsident, Pfarrer H.
Schirrmacher, zu den Diakonen:
"Wir begrüßen euch alle als die SA Jesu Christi und die SS der Kirche, ihr wackeren
Sturmabteilungen und Schutzstaffeln im Angriff gegen Not, Elend, Verzweiflung und
Verwahrlosung, Sünde und Verderben ... Evangelische Diakonie und Nationalsozialismus
gehören in Deutschland zusammen ... Ich wünsche, dass unsere jungen Brüder in den
Diakonenanstalten sämtlich SA-Männer werden" (zit. nach Ernst Klee, Die SA Jesu
Christi, Die Kirche im Banne Hitlers, Frankfurt/M. 1989, Impressum-Seite).
Anmerkung: Es folgen deutschlandweit Eintrittswellen von evangelischen Diakonen in die SA. Die SA, "Görings
Prätorianergarde für ungehemmten Terror" (Der Historiker Volker Hentschel, a.a.O., S. 131), verübte bis dahin bereits unzählige
Gewalttaten und Morde an politischen Gegnern.
Über die Führung der SA-Konzentrationslager schreibt ein Augenzeuge schon im Frühjahr 1932: "Die Opfer, die wir
vorfanden, waren dem Hungertod nahe. Sie waren tagelang stehend in enge Schränke gesperrt worden, um ihnen
´Geständnisse` zu erpressen. Die ´Vernehmungen` hatten mit Prügeln begonnen und geendet; dabei hatte ein Dutzend Kerle in
Abständen von Stunden mit Eisenstäben, Gummiknüppeln und Peitschen auf die Opfer eingedroschen. Als wir eintraten, lagen
diese lebenden Skelette reihenweise mit eiternden Wunden auf dem faulenden Stroh" (Der erste Gestapo-Chef Diels, zit. nach
Hentschel, So kam Hitler, a.a.O., S. 136).
Im Juli 1933 übernimmt die Diakonie von der SA sogar die Leitung eines KZ. Über den "Landesverein für Innere Mission,
Abteilung Konzentrationslager Kuhlen", schreibt Ernst Klee: "Auf kirchlichem Boden ... werden Gegner des
Nationalsozialismus gequält und geschunden. Sie werden mit Gewehrkolben zur (Feld-)Arbeit getrieben, manche mit
Gummiknüppeln bewusstlos geschlagen." Alle dort beschäftigten SA-Männer gelten als kirchliche Mitarbeiter und erhalten
ihren Lohn von der Inneren Mission. Im Oktober werden die Insassen von Kuhlen in größere KZs überführt, das Lager wird
geschlossen. Auch im KZ Papenburg arbeiten von 1933-1939 Diakone des evangelischen Stephansstifts Hannover. Sie "stehen
und warten, dass man einmal auf einen Menschen schießen darf" (Ein Diakon, zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 61-
71).

27.9.1933 - Erste deutsche evangelische Nationalsynode in Wittenberg

Der Wunschkandidat Hitlers, Ludwig Müller, wird einstimmig zum Reichsbischof


gewählt, auch von allen Verantwortlichen der so genannten "Bekennenden Kirche". Müller
gehört den Deutschen Christen an.

Oktober 1933 - Das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern druckt einen Artikel aus dem
evangelischen Kirchenboten für die Pfalz nach: Wir trieben Spott mit den heiligen Gütern
der deutschen Nation. Darin heißt es:
"Eines der wüstesten deutsch geschriebenen Hetzblätter in Rumänien ist die jüdische

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 34 of 94

´Zernowitzer Allgemeine Zeitung.` Trotzdem veröffentlicht dieses Blatt soeben - allerdings


mit dem ausdrücklichen Hinweis, sich mit dem Verfasser nicht identifizieren zu wollen -
einen Artikel aus der Feder des bekannten Judenführers der Bukowina, Dr. Manfred Reiser ...
Es heißt in dem Aufsehen erregenden Aufsatz u. a: ´... Wir spielten mit den heiligen Gütern
des deutschen Volkes und trieben zuweilen auch noch Spott mit dem, was der Nation heilig
ist. Wir spielten uns als die Sittenrichter des deutschen Volkes auf und gossen aus vollen
Schalen Satiren über das Haupt des deutschen Michel ... Das entwurzelte Weltbürgertum,
das Juden zu Vorkämpfern hat, glaubte die Kraft zu besitzen, die Ideen Jesajas in die
Gassen Germaniens verpflanzen zu können und mit Amos die Walhalla zu stürmen ...`
Diese Eingeständnisse eines Juden kennzeichnen in treffender Weise das jüdische Treiben in
Deutschland und sind in ihrer Offenheit ein schlagender Beweis für die Richtigkeit und
Notwendigkeit der in Deutschland erfolgten Ausschaltung des jüdischen Einflusses auf die
Staatsführung. Dieser Artikel ist ebenso ein Schlag ins Gesicht der jüdischen Hetze gegen das
neue Deutschland, die in ihrer vollen Unverfrorenheit hier durch einen Juden selbst
bloßgestellt worden ist" (S. 600).

Berufung auf Martin Luther:


Er sprach von der "Hoheit der weltlichen Gewalt"

6.10.1933 - Verordnung von Landesbischof Meiser zur Pflege des Lutherliedes


"In konfessionell ungemischten Gemeinden wird es möglich sein, HJ und BDM zur
Unterstützung des Planes zu gewinnen" (in: Amtsblatt der Ev.-Luth. Kirche in Bayern Nr. 29
vom 26.10.1933).

12.10.1933 - Amtsblatt Nr. 28 der Ev. - Luth. Kirche in Bayern: Betreff: Luthertag 1933.
"Unsere Kirche feiert in diesem Jahre mit besonderer Dankbarkeit den Geburtstag des
Reformators Dr. Martin Luther. Sie weiß, dass sie Volk und Staat dann am besten dient, wenn
sie das Evangelium so verkündigt, wie sie von ihm gelehrt wurde. Recht und Würde der
Obrigkeit ist in der deutschen Geschichte von keinem Staatsmann und von keinem
Philosophen mit solcher Kraft und aus solch tiefer Begründung erhoben worden, wie
von Dr. Martin Luther. Wenn er sagt: ´Wir sind nicht schuldig, der Obrigkeit um ihretwillen
gehorsam zu sein, sondern um Gottes willen, dessen Kinder wir sind`, rechtfertigt er die
Hoheit der weltlichen Gewalt, die das Schwert aus Gottes Hand empfangen hat ...
... In größeren Pfarreien ist die gesamte evangelische Jugend - kirchliche Verbände,
Hitlerjugend und nichtorganisierte Jugend - in besonders feierlichen Gottesdiensten zu
sammeln ..." München, den 10. Oktober 1933, Evangelisch-luth.-Landeskirchenrat; J. V.
Böhner

Herbst 1933 - Ein evangelischer Dekan aus Oberfranken übernimmt die Führung der
lokalen NSDAP-Ortsgruppe.
Dazu schreibt Clemens Vollnhals in seiner Doktorarbeit: "Die Wirkung solchen Handelns
lokaler Meinungsführer auf jene Bevölkerungskreise, die sich 1933/34 noch abwartend
verhielten, kann kaum unterschätzt werden."
Vollnhals weiter: "Die NSDAP war sich des politischen Nutzens der Parteipfarrer für die
Erhaltung der Massenloyalität durchaus bewusst."
Der Dekan wird später als Oberkirchenrat in die Kirchenleitung befördert. Er rechtfertigt sich
nach 1945: "Ich sah, wie manche gute Kräfte 1933 aufgingen" (Vollnhals, a.a.O., S. 276.280).
Anmerkung: Beim dem Betroffenen handelt es sich offenbar um den "alten Kämpfer" der NSDAP Friedrich Hanemann (zit. nach
Mensing, a.a.O., S. 210), 1932-1934 evangelisch-lutherischer Dekan von Kulmbach, am 1.12.1934 als Oberkirchenrat in die
Kirchenleitung berufen (siehe Zeitablauf: 1.12.1934). Die Kirchenleitung rechtfertigt nach 1945 das Verhalten aller NSDAP-
Pfarrer (siehe Zeitablauf: Mai 1945 und Oktober 1945).

31.10.1933 - Schwester Dora Gebhard hält auf der Tagung des Zehlendorfer Verbandes für evangelische
Diakonie vor über 1.000 evangelischen Diakonissen das Referat zum Thema Die nationalpolitische

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Erziehung der Schwestern. Darin erzählt sie u. a. folgende Geschichte: "Hitler trifft in der Nähe des
Klosters Chorin eine Diakonisse und diese fragt ihn: 'Herr Reichskanzler, woher nehmen Sie nur die
Kraft für Ihr schweres Werk?' Da zieht er ein Neues Testament aus seiner Rocktasche und sagt:
'Hier, Schwester!'" Einer der Kernaussagen der Grundsatzrede: "Ein richtig aufgefasster
Schwesternberuf ist überhaupt schon Nationalsozialismus" (zit. nach Ernst Klee, Die SA Jesu Christi, S.
42; vgl. dazu unten: Antijüdische Stellen im Neuen Testament).

November 1933 - Die ausländische Kritik an der Behandlung der Juden in Deutschland und
an der militärischen Aufrüstung Deutschlands wächst, z. B. im Völkerbund. Die
Nationalsozialisten organisieren deswegen in Deutschland eine Volksabstimmung zum
Austritt aus dem Völkerbund.
Auch Landesbischof Meiser fordert in einer Predigt den Austritt Deutschlands aus dem
Völkerbund. "Meiser bekundete bei jeder Gelegenheit seine uneingeschränkte
Unterstützung für Hitlers Politik und rief sein Kirchenvolk dazu auf, es ihm
gleichzutun," "was dazu beitrug, dass bei der Volksabstimmung etwa 95 % mit Ja
stimmten, bei der ´Reichstagswahl` die einzig zur Wahl stehende NSDAP etwa 87 % der
Stimmen erhielt und damit Hitlers Stellung unangreifbar wurde" (Mensing, a.a.O., S.
162).

November 1933 - Wie die Fränkische Landeszeitung Ansbach weigern sich immer mehr
Zeitungen, Inserate jüdischer Firmen aufzunehmen.

Gegen Juden, "Sekten" und Freidenker:


Arbeitsverbindung zwischen der Gestapo
und der evangelischen Kirche
 

Ab Dezember 1933 - Neue Serie im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern: So spricht


Martin Luther

16.12.1933 - Der Leiter der evangelischen Apologetischen Centrale, Walter Künneth weiß
sich "in der Ausschaltung des jüdischen Einflusses im Volksleben" "einig" mit Adolf Hitler
(siehe unten). Gleichzeitig will der oberste evangelische Sektenbeauftragte auch andere
religiöse und politische Minderheiten "ausschalten" lassen. So freut sich Künneth am
Interesse der Gestapo an seiner Arbeit und schreibt in seinem Bericht an die
Reichskirchenregierung: "Das Geheime Staatspolizeiamt hat sein hohes Interesse an dem
Sektenarchiv der Apologetischen Centrale sowie an der von der Apologetischen Centrale
bisher geleisteten Arbeit zur Bekämpfung des Freidenkertums, des Marxismus und des
Bolschewismus zum Ausdruck gebracht und den Wunsch ausgesprochen, mit dieser
kirchlichen apologetischen Stelle zukünftig gemeinsam den Kampf gegen das illegale
Freidenkertum und den illegalen Marxismus führen zu können. Der Materialaustausch
zwischen dem Geheimen Staatspolizeiamt und der Apologetischen Centrale hat bereits
begonnen. Auch mit dem Propaganda-Ministerium wurde Fühlung aufgenommen. Es besteht
die Aussicht, dass auch hier eine Arbeitsverbindung zustande kommt. Auch das
Reichsinnenministerium hat in den vergangenen Monaten der Apologetischen Centrale
wiederholt wichtiges Material zur Durchprüfung und praktischen Ausnutzung zur Verfügung
gestellt" (Evangelisches Zentralarchiv 1/C3/392; zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O.,
S. 412).

Dezember 1933 - Kurt Frör, einflussreicher bayerischer Pfarrer und Inspektor des
Nürnberger Predigerseminars, verlangt im Namen der evangelischen Volksmission den
evangelischen "Kampf gegen andere Rasseangehörige", womit er vor allem den
evangelischen Kampf gegen die Juden meinte. Frör wörtlich: "´Es ist evangelisch, dazu
mitzuhelfen, dass der rassisch erkrankte Volkskörper wieder gesundet und erstarkt`. Das sei

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nicht möglich ´ohne Kampf gegen andere Rasseangehörige`, darum sei die ´unchristliche
Sentimentalität` abzulehnen, ´die Rassegesundung nur deshalb verwirft, weil sie nicht ohne
Kampf und Härte und Not abgeht`" (Süddeutsche Zeitung, 21.10.2008).

1934
 

Januar 1934 - Treffen der evangelischen Kirchenführer mit Adolf Hitler: Landesbischof
Meiser berichtet anschließend von Hitlers Mahnung an die Bischöfe, in christlich-
brüderlichem Geist zusammenzuarbeiten.

20.1.1934 - Die Hannoversche Landeskirche hat auf Betreiben der Deutschen Christen (DC)
in Bevensen bei Uelzen eine zusätzliche Theologenschule errichtet, die in Anwesenheit des
Landesbischofs D. August Marahrens und zahlreicher Ehrengäste eröffnet wurde.
Vizepräsident Hahn von der Hannoverschen Kirchenregierung erklärte: ´Es darf um des
Volkes und um der Kirche willen nicht mehr möglich sein, dass Geistliche dem jungen
Deutschen, der im Braunhemd marschiert, verständnislos oder gleichgültig gegenüberstehen.
Für die Kirche im Nationalsozialistischen Deutschland ergibt sich deshalb die
Forderung: die Diener der Kirche, die nationalsozialistischen Gemeinden und einer
nationalsozialistischen Jugend dienen wollen, müssen Nationalsozialisten sein.
Demgemäß sollen die Lehrgänge der Theologenschule unter Leitung eines bewährten SA-
Führers stehen`" (Zeitschrift "Junge Kirche", zit. nach http://www.verfolgte-
schueler.org/1933-45.htm).

1934 - "Rund 80 %" der evangelischen Pfarrer in Bayern folgten der NSDAP
"begeistert" (Björn Mensing in: Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern,
1998, S. 254). Auch die übrigen 20 % denken meist deutschnational. Die Auseinandersetzung
zwischen Staat und Kirche um die Kirchenleitung ab Herbst 1934 (der so genannte
"Kirchenkampf") ernüchtert aber viele Pfarrer und einige wenden sich wieder von der
NSDAP ab. Die staatliche Judenverfolgung wird allerdings kein einziges Mal als
möglicher Grund für die Distanzierung eines Pfarrers von der NSDAP erwähnt. Und in
den späteren Gestapo-Akten findet sich z. B. bei Pfarrern in Bayern keine einzige
kritische Stellungnahme zur Judenverfolgung.

5.2.1934 - Jüdische Medizin- und Jurastudenten werden nicht mehr zum Examen
zugelassen.

Evangelische Landesbischöfe
gliedern die Evangelische Jugend in die Hitlerjugend ein
 

10.2.1934 - Landesbischof Meiser zur Eingliederung des Evangelischen Jugendwerkes in


die HJ (= Hitlerjugend) bzw. in den BDM (= Bund Deutscher Mädel):
Einverständnis-Erklärung der Eltern: "Ich erkläre hiermit mein Einverständnis, dass mein
(e) Tochter / - Sohn ... Mitglied des ... Jungschar, Jungvolk im Verband des ... die
Doppelmitgliedschaft in der Hitlerjugend eingeht. Ich habe davon Kenntnis genommen, dass
er (sie) an den wöchentlichen Pflicht-Bibelabenden ... teilzunehmen hat ..."
"Wir sind uns alle der Verantwortung bewusst, die wir an unserer Jugend vor Gott haben. Viel
treue Arbeit ist in all den Jahrzehnten zum Besten unserer evangelischen Jugend geleistet
worden. Das sei dankbar anerkannt. Wir wollen nun erst recht treu arbeiten, mit Hingabe

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 37 of 94

und Freudigkeit die neuen Aufgaben in Angriff nehmen ... München, den 10. Februar
1934 - Der Landesbischof - D. Meiser" (Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Nr. 4
vom 12. Februar 1934).
Anmerkung: Auch einer der Hauptverantwortlichen der Judenvernichtung, der Organisator der "Endlösung", Adolf
Eichmann, ist aus der Evangelischen Jugend, dem CVJM, hervorgegangen.

13.2.1934 - Bekanntmachung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Sicherung


und Auswertung aller Kirchenbücher für rassekundliche Forschung (Amtsblatt der
Evang.-Luth. Kirche in Bayern Nr. 6 vom 19. Februar 1934) -
Zu diesem Thema ist im Jahr 2008 ein Buch erschienen: Gailus, Manfred (Herausgeber),
Kirchliche Amtshilfe. Die Kirche und die Judenverfolgung im Dritten Reich, Göttingen 2008.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt in ihrer Buchbesprechung: "In nur wenigen Fällen haben
Pfarrer die Herausgabe brisanter Informationen verweigert. Selbst die Gemeinden der
Bekennenden Kirche ... haben einem protestantischen ´Beamtenethos` folgend, korrekte
Angaben gemacht. Erst durch diese Kenntlichmachung war es den Nazis schließlich
möglich, über die etwa 500.000 ´Glaubensjuden` hinaus Arier von Nichtariern zu
scheiden. Zu ihnen zählten Christen jüdischer Herkunft ebenso wie ´Mischlinge`. Zu Recht
spricht der Herausgeber von einer ´Christenverfolgung innerhalb der Kirche`" (7.1.2009);
siehe dazu auch hier

4.4.1934 - Anweisung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern über eine


Bekanntmachung des Kultusministeriums: "Der Lehrer tritt zu Beginn jeder Unterrichtsstunde
vor die stehende Klasse und grüßt als erster, indem er den rechten Arm erhebt und dabei die
Worte ´Heil Hitler` spricht. Die Klasse erwidert den Gruß in der gleichen Weise. Am
Schlusse der Schulstunde wiederholt der Lehrer den deutschen Gruß vor der stehenden
Klasse. Diese antwortet in gleicher Weise."
"Wir weisen unsere Religionslehrer an, der Bekanntmachung des Kultusministeriums
entsprechend zu verfahren. Evang.-Luth. Landeskirchenrat; D. Meiser" (Amtsblatt der
Evang.-Luth. Kirche in Bayern 1934, Nr. 1845).
Anmerkung: Die von Kirche und Staat bekämpften bzw. verfolgten Zeugen Jehovas verweigern den Hitlergruß. Schüler, die
dieser Gemeinschaft angehören, werden deshalb von Lehrern geschlagen (nach Video "Lila Winkel", Starlock Pictures, New
York 1991; vgl. Zeitablauf: 1932).

 
Die politische Loyalität der "Bekennenden Kirche" zu Hitler
 

29.-31.5.1934 - Erste "Reichsbekenntnissynode" in Wuppertal-Barmen: Die Barmer


Theologische Erklärung wird verabschiedet. Unter anderem heißt es darin: "Wir verwerfen
die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus,
sondern anderen Herren zu eigen wären."
Zur Judenfrage schweigt die Synode.
Anmerkung: In Barmen treffen sich Mitglieder der "Bekennenden Kirche". Fälschlicherweise wurden ihre innerkirchlichen
Auseinandersetzungen mit den "Deutschen Christen" und die Auseinandersetzungen mit dem Staat oft so dargestellt, als sei die
"Bekennende Kirche" eine Widerstandsgruppe gegen das Nazi-Unrecht. Das ist sie aber nicht. Denn das Bekenntnis zu
"Christus" ist für sie kein Widerspruch zur politischen Loyalität gegenüber Hitler. Vier Jahre später (1938) schwören auch die
Pfarrer der Bekennenden Kirche Hitler Gehorsam und Treue (siehe Zeitablauf: 1938). Kein anderer Herr als "Christus"?
Der als "Kirchenkampf" bezeichnete Konflikt ist ein Streit um kirchliche Angelegenheiten. Von Einzelsituationen einzelner
Anhänger abgesehen befürwortet auch die "Bekennende Kirche" die Judendiskriminierungen und -verfolgungen oder duldet sie.
Viele Anhänger der "Bekennenden Kirche" sind gleichzeitig begeisterte Nazis.

Vgl. dazu auch die Studie des Historikers Karl-Ludwig Sommer, mit der er 1993 an der Universität Oldenburg habilitierte. Seine
500seitige Untersuchung über die evangelische Landeskirche in Oldenburg in der Nazi-Zeit kommt im Hinblick auf die
"Bekennende Kirche" zu dem Ergebnis:
"... von Widerstand gegen den Unrechtsstaat könne keine Rede sein" (Jeversches Wochenblatt, 6.8.1993) und: "Die
Bekennende Kirche war eher ein stabilisierender Faktor für die Nazis als ein Hindernis" (Göttinger Tagblatt, 6.8.1993).

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 38 of 94

Dankbarkeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern:


"Gott hat uns den Führer geschenkt"

1.6.1934 - Die Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern antwortet auf die Barmer


Theologische Erklärung der Bekennenden Kirche mit dem Ansbacher Ratschlag. In der
Kirchenleitung der bayerischen evangelischen Landeskirche hat ebenfalls die "Bekennende
Kirche" die Oberhand. Im Ansbacher Ratschlag formuliert sie eine in der Barmer
Theologischen Erklärung fehlende Ergebenheitsnote an Hitler, verbunden mit dem Dank,
dass Gott ... "unserem Volk in seiner Not den Führer als ´frommen und getreuen
Oberherrn` geschenkt hat und in der nationalsozialistischen Staatsordnung ´gut
Regiment`, ein ´Regiment mit Zucht und Ehre` bereiten will" (zit. nach Müller/Siemen,
Warum sie sterben mussten, Neustadt a. d. Aisch 1991, S. 21).

Einer der Mitverfasser des Ansbacher Ratschlags ist der einflussreiche Theologieprofessor
Paul Althaus aus Erlangen. Mit Bezug auf die lutherische Zwei-Reiche-Lehre schreibt ein
Biograf über ihn: "In seinen Schriften der Jahre 1933-1937 verteidigt Althaus den totalitären
Staat, das Führerprinzip sowie völkische Ideen im allgemeinen und das ´gute Regiment`
Hitlers im besonderen" (R. P. Ericksen, zit. nach Mensing, a.a.O., S. 67 f.).

28.6.1934 - Hilfe der Pfarrämter für NSDAP-Mitglieder bei der Zusammenstellung ihrer
Ahnentafeln:
"Dem Landeskirchenrate ist bekannt, welches Maß von Arbeit die vielfältigen Anforderungen
der Abstammungszeugnisse von den Pfarramtsführern fordert; er weiß auch, dass es vielfach
nur durch die selbstlose Mithilfe der Familienangehörigen überhaupt möglich ist, dieser
Aufgabe gerecht zu werden. Es ist ihm ein Bedürfnis, für alle diese in stiller Treue geleistete
Arbeit den Dank der Kirchenleitung hier öffentlich auszusprechen. Ev.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser" (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern 1934,
Nr. 4616).
Anmerkung: Die Reichskirchenregierung weist darauf hin, dass die Pfarrämter auch zu dieser Aufgabe verpflichtet seien, da die
NSDAP "Körperschaft öffentlichen Rechts" sei; siehe dazu auch hier

1934 - Gedicht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern: "... du deutsche Jugend - unser
Stolz, rank - zäh wie junges Eichenholz, zeig du der Welt - zeig du der Welt - trotz Hohn -
trotz Spott: Ein Volk stirbt nicht, das seinem Gott die Treue hält - die Treue hält" (Jahrgang
1934, S. 365).

Sommer 1934 - Die Landesbischöfe Meiser und Wurm treffen sich erneut mit Hitler. Sie
bekunden die innerkirchliche Lehropposition der Bekennenden Kirche zur Lehre der
Deutschen Christen, sichern Hitler aber die politische Loyalität der Bekennenden Kirche
zu.

August 1934 - Jugendliche der jüdischen Jugendverbände dürfen nicht am


Staatsjugendtag teilnehmen. Es wird ihnen auch untersagt, Geländesport im Freien zu
betreiben. Nur Wanderungen sind erlaubt.

3.8.1934 - Beschluss der Stadt Ansbach: Städtischer Besitz darf nicht an "Nichtarier"
verkauft werden (vergleichbar Beschlüssen in anderen Stadträten).

31.8.1934 - Verbot der Vertretung von Juden durch nationalsozialistische Rechtsanwälte

3.9.1934 - Eingliederungsverordnung von Reichsbischof Müller: Die Evangelisch-


Lutherische Kirche in Bayern soll Teil der Reichskirche werden. Landesbischof Meiser
weigert sich, die Eingliederungsverordnung zu unterschreiben und sich damit selbst zu
entmachten. Er möchte die Gesetzesvollmacht in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Bayern selbst behalten. Es kommt zum Konflikt zwischen Anhängern von Reichsbischof
Müller und Anhängern von Landesbischof Meiser.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 39 of 94

3.9.1934 - Der evangelisch-lutherische Landeskirchenrat in Bayern denunziert einen


führenden Pfarrer der Deutschen Christen wegen dessen früherer Judenfreundlichkeit.
In Rundbriefen des Landesbruderrates der Bekennenden Kirche lässt die Kirchenleitung in
denunzierender Absicht einen Zeitungsausschnitt von 1929 veröffentlichen, wo der Pfarrer
"bei der Einweihungsfeier einer Synagoge die besten Wünsche seiner Gemeinde für das
´herrliche Gebetshaus` übermittelt hatte" (Mensing, a.a.O., S. 192). Die NSDAP reagiert auf
diese "Enthüllung" mit einem Parteiausschlussverfahren des Pfarrers.

11.10.1934 - Die Reichskirche versucht, die Landesbischöfe Wurm und Meiser


abzusetzen. Die beiden Bischöfe erkennen die Maßnahme aber nicht an.
Landesbischof Meiser kommt z. B. zwei Wochen in Hausarrest. Seine Anhänger organisieren
in dieser Zeit eine Kundgebung, wozu Sonderzüge nach München fahren. Ca. 10.000
Menschen demonstrieren dort mit Heil-Hitler und Heil-Meiser-Rufen. Der Landesbischof
stimmt vom Balkon seines Amtszimmers ein dreifaches Sieg-Heil auf Führer und Vaterland
an. Die Menschen singen das Lutherlied "Ein feste Burg ist unser Gott" und das
nationalsozialistische Horst-Wessel-Lied "SA marschiert ..."
Der Evangelische Pressedienst epd schreibt: "Der Gauleiter Streicher sowohl wie Herr
Polizeipräsident Martin waren sichtlich ergriffen. Der Gauleiter sprach das persönlich aus und
versprach, es dem Führer mitzuteilen" (zit. nach: Junge Kirche 1934, 808 ff.).

Oktober 1934 - Lagebericht fränkischer Regierungsstellen: "Gerade die kirchlich gesinnten


evangelischen Kreise, die hinter dem Landesbischof stehen, zählten und zählen auch
jetzt noch mit zu den treuesten Anhängern des Nationalsozialismus" (zit. nach Vollnhals,
a.a.O., S. 129).

19./20.10.1934 - Die Reichssynode der "Bekennenden Kirche" in Berlin-Dahlem


protestiert gegen die Beseitigung der Kirchenleitungen in Bayern und Württemberg.

Anfang November 1934 - Adolf Hitler empfängt die entlassenen Landesbischöfe Meiser
und Wurm erneut persönlich. Nach dem Gespräch werden die beiden Landesbischöfe
wieder offiziell ins Amt eingesetzt.

Evangelische Kirche in der Judenfrage einig mit Hitler


 

1934 - Der Theologe Walter Künneth, als Leiter der Apologetischen Centrale eine Art
"Sektenbeauftragter", gibt das Buch Die Nation vor Gott heraus. Darin schreibt Künneth:
"Dem nationalen Staat ist grundsätzlich nicht bloß das Recht, die Judenfrage zu einem
Problem staatspolitischer Neuordnung zu machen, zuzugestehen, sondern diese
Selbstbesinnung auf die Eigenart des deutschen Volkstums ist von der Kirche entsprechend
ihrem Ja zu den Ordnungen Gottes, als die Rasse und Volkstum begriffen werden müssen, zu
begrüßen ... so erst recht im deutschen Volke, in dem der jüdische Einfluss schon seit
Jahrzehnten derartig überhand genommen hat, dass die Gefahr der Überwucherung des
deutschen Geisteslebens und der Überfremdung der deutschen Öffentlichkeit nicht
mehr zu leugnen waren ... Die Kirche weiß, dass der Staat das Schwertamt zu führen
hat. Dieses Amt bedeutet Härte und Strenge. Die Kirche kann und will dem Staat in der
Ausübung dieses Amtes nicht in den Arm fallen."
Künneth wiederholt damit sinngemäß Aussagen seines wegweisenden Gutachtens von 1933,
Die Kirche und die Judenfrage, und er führt dann aus, warum sich die evangelische Kirche
in der Judenfrage mit Hitler einig ist:
"Die Kirche hat sich darum in ihrer vollen Autorität um des inneren und äußeren Ansehens
des Staates willen dafür einzusetzen, dass die Ausschaltung des jüdischen Einflusses im
Volksleben sich in einer Weise vollzieht, die dem christlichen Ethos, zu dem der Staat

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 40 of 94

wiederholt ein freudiges Ja gesprochen hat, nicht widerspricht. Sie weiß sich in dieser
Meinung mit dem Willen des Reichskanzlers (= Hitler) einig, der deutlich zum Ausdruck
brachte, dass ein stolzer Sieger frei ist von Hassgefühlen und Racheinstinkten" (Künneth,
Die Nation vor Gott, Berlin 1934, S. 119 f.135; zur angeblichen "Überwucherung" siehe die
Fakten im Anhang).

Im selben Buch wendet sich Künneth gegen einen christlich begründeten Pazifismus. "Der
´christliche` Pazifismus steht in Gefahr, ... die Reinheit der evangelischen Botschaft zu
trüben ... Auch die Kampfgesetze der Geschichte tragen Spuren der schöpferischen
Lebendigkeit" (S. 277 f.).
Anmerkung: Künneth bleibt auch nach dem Krieg ein Gegner des Pazifismus und warnt bis an sein Lebensende davor. Er stirbt
1997 im Alter von 97 Jahren.

1.12.1934 - Dekan Friedrich Hanemann aus Kulmbach und Pfarrer Hans Greifenstein aus
Nürnberg, beide Mitglieder der NSDAP, werden von Landesbischof Meiser als neue
Oberkirchenräte in die Kirchenleitung berufen, womit sich die Evangelisch-Lutherische
Kirche in Bayern weiter auf die NSDAP zu bewegt.
Anmerkung: Nach Informationen aus dem Familienkreis erwog Dekan Hanemann damals allerdings den Austritt aus der Partei,
was der Kirchenleitung aber offenbar gar nicht gelegen kam. So wurde Hanemann z. B. von Landesbischof Meiser gebeten, sein
Gewicht in der NSDAP für einzelne kurzzeitig inhaftierte Pfarrer einzusetzen, was auch gelungen ist.

8.12.1934 - Verbot der Zulassung zur Apothekerprüfung für Juden

Ab 1934/35 - Berufsverbote für jüdische Schauspieler

1935
 

18.1.1935 - Amtsblatt der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern Nr. 3 vom 21.1.1935 - "Aus
Anlass des 2. Jahrestages der Machtübernahme des Führers und Reichskanzlers am 30. Januar
wird angeordnet, im Gottesdienst des vorgehenden Sonntags fürbittend des Führers zu
gedenken. Das Fürbittegebet kann folgendermaßen lauten: ´Am heutigen Tage gedenken wir
in besonderer Weise des Führers und Kanzlers unseres Reiches. Wir danken Dir, Herr, für
alles, was Du in Deiner Gnade ihm in diesen zwei Jahren zum Wohle unseres Volkes
hast gelingen lassen. Wir bitten Dich, Du wollest ihn leiten durch Deinen heiligen Geist, ihm
weise Gedanken, ein festes Herz und einen starken Arm verleihen, dass er in Deiner Furcht
unser Volk regiere, und dass in allem Dein heiliger Wille geschehe.` Evang.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser."

13.2.1935 - Zulassungsbeschränkungen für jüdische Zahnärzte

Frühjahr 1935 - Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern:


"Blut und Boden sind für den Christen keine Ideen, sondern Wirklichkeiten, die Gott
geschaffen hat ... Daher unser Bekenntnis zu Blut und Boden" (S. 116).

An immer mehr Orten hängen Plakate und Schilder:


"Juden unerwünscht!"
 

April 1935 - Jüdischen Schülern dürfen keine Preise verliehen werden.

21.5.1935 - Juden dürfen keine Offiziere der Wehrmacht mehr sein.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 41 of 94

26.6.1935 - Juden können nicht mehr in den Reichsarbeitsdienst eintreten.

25.7.1935 - Ausschluss der Juden von der Wehrpflicht

Ab Sommer 1935 - Große Schilder- und Plakataktionen in Deutschland:


"Juden unerwünscht" - Die Schilder stehen z. B. an Ortseingängen, an Eingängen von
Badeanstalten, Cafes oder Geschäften, an Theaterkassen oder Eingängen zu
Konzertsälen.
(vgl. Martin Luther: "... dass man den Juden das Geleit und Straße ganz und gar aufhebe ...
Sie sollen daheim bleiben.")

10.9.1935 - Bekanntgabe einer vollständigen Rassentrennung ab dem Schuljahr 1936

15.9.1935 - Nürnberger Gesetze: Das neue Reichsbürgergesetz stempelt Juden zu Bürgern


zweiter Klasse. Das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre
"verbietet Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen und
artverwandten Blutes".
Weiterhin: Der Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Deutschen bzw. Menschen
artverwandten Blutes wird verboten.
Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes bis zum
Alter von 45 Jahren auch nicht in ihrem Haushalt beschäftigen.
(vgl. Synode von Elvira im Jahr 306: Verbot der Ehe und des Geschlechtsverkehrs zwischen
Christen und Juden)

23.-26.9.1935 - Dritte Preußensynode der "Bekennenden Kirche" in Berlin -


"Am deutlichsten hatte sich der bayerische Landesbischof Hans Meiser gegen die
Behandlung der Judenfrage auf der geplanten Synode ausgesprochen. Obwohl Meiser als
Bayer gar nicht Mitglied der altpreußischen Synode war, hatte er bei einer
Informationssitzung der ersten Vorläufigen Kirchenleitung am 13. September 1935
schwerwiegende Bedenken geäußert" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 2/1, a.a.O., S. 55).
Die Gewissensbisse einiger Synodaler wegen der Judenverfolgung werden nicht
berücksichtigt.
Landesbischof Meiser wörtlich: "Man kann natürlich stundenlang darüber reden, ob man zu
einem guten Ende mit diesem Staate kommen kann oder nicht. Aber es sollte jedenfalls an uns
nicht liegen, wenn es zu einem restlosen und endgültigen Bruch kommt. Wenn das dann nicht
geht, gut, dann nehmen wir es hin als Gottes Willen. Aber wir sollten es bis zum äußersten zu
verhindern suchen. Es soll nicht kommen durch unsere Leichtfertigkeit, Unbesonnenheit und
Bockbeinigkeit. Nur dann wird auf der Leidenszeit ein Segen liegen. Ich möchte meine
Stimme erheben gegen ein selbstverschuldetes Martyrium. Ich sehe mit einiger Sorge auf die
kommende preußische Synode, wenn sie solche Dinge anschneiden will wie z. B. die
Judenfrage. Was in Königsberg [= dem ursprünglich vorgesehenen Versammlungsort]
geschieht, das bleibt nicht beschränkt auf den Kreis der preußischen Synode."
Anmerkung: Die Worte von der "Leidenszeit" beziehen sich auf die Konflikte mit dem Staat bezüglich der Unabhängigkeit der
Kirche vom Staat und auf einige Einschränkungen der kirchlichen Arbeit. Z. B. wurde der kirchliche Einfluss im Rundfunk
"zurückgedrängt". Oder es wurde evangelischen Arbeitern in einem Arbeitslager am Karfreitag der Gottesdienstbesuch nicht
gestattet (Siehe "Denkschrift der 2. Vorläufigen Leitung der Bekennenden Kirche" vom 28.5.1936, in: Kirchen- und
Theologiegeschichte in Quellen IV/2, Neukirchen 1980, S. 146; vgl. Zeitablauf).

September 1935 - Es werden Judenkarteien angelegt, die alle Juden in Deutschland


erfassen.

1935 - Der Leiter der evangelischen Apologetischen Centrale in Berlin, Walter Künneth,
setzt sich kritisch mit dem völkisch-germanischen Buch Mythos des 20. Jahrhunderts des NS-
Politikers Alfred Rosenberg auseinander. In der Bekämpfung der Juden sind sich Rosenberg
und Künneth allerdings einig. Künneth schreibt:
"... dass in der Charakterisierung des zersetzenden Einflusses des dekadenten
Weltjudentums und seiner Gefährdung des deutschen Kulturlebens Rosenberg Wesentliches
erkannt und geleistet hat, ist nicht zu bestreiten. Verständlich ist es ferner, dass er aus der

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 42 of 94

Liebe zum Volk und zur deutschen Rasse mit der ganzen Kraft seiner Seele das deutsche
Wesen vor der Vergiftung durch diesen jüdischen Geist bewahren möchte und diesem
Fremdgeist den unerbittlichen Kampf ansagt. Der Fehler liegt jedoch darin, dass die ganze
Minderwertigkeit und Gefährlichkeit des entarteten Weltjudentums kritiklos auf das
Volk Israel und auf das A.T. [= Altes Testament] übertragen wird" (Walter Künneth, Antwort
auf den Mythus, Berlin 1935, S. 67).
Anmerkung: Wegen Künneths Kritik an der Kirchenkritik Alfred Rosenbergs wird die Apologetische Centrale zwei Jahre später
geschlossen. Walter Künneth wird v. a. deshalb nach dem Krieg vielfach dem "Widerstand" gegen die Nazis zugeordnet. So
schreibt Künneth selbst 1979 in seiner Autobiographie: "Schon in jenen frühen dreißiger Jahren spürten die Zuhörer sofort,
welche theologische Richtung ein Dozent vertrat, ob er Kompromisse mit dem Zeitgeist schloss oder unbekümmert die Wahrheit
des biblischen Zeugnisses vertrat" (zit. nach Juden-Christen-Deutsche 1, a.a.O., S. 89). In Wirklichkeit wurden Alfred
Rosenbergs Streitereien mit den Kirchen auch von Adolf Hitler offen kritisiert, z. B. auf einer Gauleitertagung 1936 in München.
Hitler erklärte dort wörtlich: "Ich wünsche keinerlei Kampf gegen die Kirchen oder Priester. Der Mythos des Herrn
Rosenberg ist keine parteiamtliche Publikation" (Friedrich Heer, Der Glaube des Adolf Hitler, Anatomie einer politischen
Religiosität, München, Esslingen 1968, S. 310).

12.11.1935 - Das evangelische "Theologische Stift" in Tübingen, Wohnheim für


Theologiestudenten, verlangt den Ariernachweis.

14.11.1935 - 1. Verordnung zum Blutschutzgesetz:


Juden wird das Wahlrecht entzogen.
Juden werden alle öffentliche Ämter aberkannt.
Verbot der Eheschließung zwischen Juden und "Mischlingen II. Grades"

14.11.1935 - Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Nr. 29 vom 19. November 1935 -
"Soweit Kirchen mit der Reichs- und Nationalflagge noch nicht versehen sein sollten, ist
alsbald eine solche anzuschaffen. Die mitgeteilte Anordnung bezieht sich auch auf
Pfarrhäuser. Evang.-Luth. Landeskirchenrat; D. Meiser."
Anmerkung: Die Reichs- und Nationalflagge ist eine Hakenkreuzflagge.

Dezember 1935 - Kurzzeitige Entfernung aller judenfeindlichen Schilder im Großraum


Garmisch-Partenkirchen, um die Winterolympiade 1936 nicht zu gefährden. Ähnliches
geschieht im Sommer 1936 vor und während der Sommerolympiade im Großraum
Berlin.

1935 - Silvesterausgabe des Evangelischen Sonntagsblattes aus Bayern: Unter der


Überschrift Stöckerworte zitiert das Blatt:
"Eine irreligiöse Macht ist das moderne Judentum allerdings; eine Macht, welche überall das
Christentum bitter bekämpft, in den Völkern den christlichen Glauben ebenso wie das
nationale Gefühl entwurzelt und als Ersatz nichts bietet als die abgöttische Verehrung des
Judentums so, wie es ist, das keinen anderen Inhalt hat, als Schwärmerei für sich selbst."
"Jüdische Lehrer können christliche Kinder nicht erziehen, jüdische Richter sollen
christlichen Deutschen keinen Eid abnehmen dürfen" (S. 641).
Anmerkung: Stöcker ist der bekannteste evangelische Antisemit des 19./20. Jahrhunderts. Er vertritt eine Position der
Judenverfolgung mit "christlichen" Mitteln (vgl. Zeitablauf: Um 1900).

1936
 

27.3.1936 - Pfarrer Bertram aus Nürnberg, Anhänger der Bekennenden Kirche und
NSDAP-Mitglied, denunziert einen jüdischen Bürger bei der Gestapo und verdächtigt
ihn, ein kritisches Gedicht geschrieben zu haben. Es stellt sich aber heraus, dass ein
Deutscher, ein Mann namens Georg, der Verfasser ist. Dieser wird daraufhin verhaftet (nach
Vollnhals, a.a.O., S. 239 ff.).
Anmerkungen:
1) Das Opfer der Denunziation beschwert sich 1948 über den Freispruch Bertrams durch die alliierte Spruchkammer. Bertram
wird auch aus diesem Grund freigesprochen, "da er nach einer Weisung der Kirchenleitung" zu der Denunziation "verpflichtet

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 43 of 94

gewesen sei" (vgl. Zeitablauf: 28.4.1948).


2) Der Autor Clemens Vollnhals hat die Namen der Betroffenen geändert.

Evangelische Kirche entlässt


alle evangelischen Mitarbeiter jüdischer Herkunft

8.5.1936 - Der evangelische Reichskirchenausschuss lässt bei den Landeskirchen die


Namen aller "nichtarischen Pfarrer" erheben. Auch ohne formelle Einführung des
Arierparagraphen in manchen Kirchen werden in den folgenden Jahren alle Betroffenen
entlassen.

Mai 1936 - Der Stürmer zitiert Adolf Hitlers Mein Kampf: "Die Juden sind keine
Religionsgemeinschaft."
Anmerkung: Mit einer solchen Aussage lassen sich trotz formeller "Religionsfreiheit" bestimmte Religionsgemeinschaften von
der Religionsfreiheit ausklammern, diskriminieren und verfolgen, eine Methode, die in den 80er- und 90er-Jahren wieder von
kirchlichen Sektenbeauftragten angewendet wird.

28.5.1936 - Die Vorläufige Kirchenleitung der Bekennenden Kirche beklagt in einer


geplanten Denkschrift an Hitler zahlreiche Einschränkungen der kirchlichen Arbeit.
In einem der Abschnitte kritisiert sie, dass Hitler die religiöse "Würde des Volkspriesters"
zukommt, "ja des Mittlers zwischen Gott und Volk".
Anmerkung: Die Mittlerschaft zwischen Gott und Volk hatten sich seit Jahrtausenden nur die Priester und Pfarrer selbst
zugesprochen. Jesus von Nazareth sprach davon aber nicht. Nach der Lehre des Jesus, des Christus, braucht der Mensch
keinen Mittler zu Gott, das Reich Gottes sei "in" jedem Menschen selbst.

Juni 1936 - Die ursprüngliche Fassung der Denkschrift vom 28.5.1936 wollte Hitler auch
darauf hinweisen, dass "ein Antisemitismus", "der zum Judenhass verpflichtet", gegen
das christliche Gebot der Nächstenliebe verstößt (zit. nach Denzler/Fabricius, a.a.O., S.
160 f.). Doch die Bekennende Kirche streicht den Satz für die nachfolgende
Kanzelabkündigung heraus. Ebenfalls herausgestrichen wird die Passage über das Leid in
den KZs.
Anmerkung: Auch wenn die später gestrichene Passage gegen den Judenhass aus guten Motiven formuliert wurde - selbst ein
engagierter kirchlicher Antisemit hätte sie unter Umständen befürworten können. Denn für viele gilt: Ja zur Judenverfolgung,
aber nicht aus Hass!
Eine zu dieser Einstellung vergleichbare Haltung ist auch aus der Inquisition bekannt. Der Inquisitor beteuert, dass er nichts
gegen sein Opfer habe und es sogar liebe. Und Folterungen konnten damit begründet werden, die einem "unbußfertigen" Opfer
angeblich drohende ewige Verdammnis sei viel schlimmer.

Oktober 1936 - Die im Sinne der Bekennenden Kirche "intakten" evangelischen


Landeskirchen in Bayern, Württemberg und Hannover distanzieren sich auch von den
übrig gebliebenen Passagen der Denkschrift an Hitler, in der die Einschränkung
kirchlicher Arbeit beklagt wird. Stattdessen lassen die Landesbischöfe Hans Meiser, Theophil
Wurm und August Marahrens von allen Kanzeln das Zusammenstehen "unserer Kirche" "mit
dem ganzen deutschen Volk" verkünden (Vollnhals, a.a.O., S. 131).

1936 - Das Evangelische Sonntagsblatt aus Bayern veröffentlicht ein Gebet Adolf Hitlers
unter der Überschrift Ein Wort des Führers:
"Herr, du siehst, wir haben uns geändert. Das deutsche Volk ist nicht mehr das Volk der
Ehrlosigkeit, der Schande, der Selbstzerfleischung, der Kleinmütigkeit und Kleingläubigkeit.
Nein, Herr, das deutsche Volk ist wieder stark in seinem Willen, stark in seiner
Beharrlichkeit, stark im Ertragen aller Opfer. Herr, wir lassen nicht von dir. Nun segne
unseren Kampf um unsere Freiheit und damit unser deutsches Volk und Vaterland" (S. 158).

1937

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 44 of 94

16.1.1937 - Der Evangelisch-Lutherische Landeskirchenrat in München versendet das


Gutachten Die evangelische Gemeinde und die Judenfrage, das Landesbischof Meiser 1926
als Rektor des Predigerseminars geschrieben hat, an alle evangelischen Dekanate. Im
Anschreiben dazu heißt es: "Es ist selbstverständlich, dass sich der Herr Landesbischof nicht
auf jede Formulierung des Artikels auch jetzt noch festlegen würde ... Wenn aber in der
Agitation Anwürfe gegen den Herrn Landesbischof wegen des Artikels gemacht werden,
sollen die Herren Dekane Einblick in den wahren Sachverhalt haben, damit falsche
Behauptungen richtig gestellt werden können" (zit. nach "Er liebte seine Kirche", a.a.O., S.
60, Anm. 32; Auszüge aus dem Gutachten: siehe im Anhang). Vermutlich wurden von
nationalsozialistischer Seite einige Passagen angegriffen, die sich judenfreundlich deuten
lassen.
Anmerkung: Gemäß der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre ist es Aufgabe der Kirche, auch den Staat ethisch zu belehren.

Viele Deutsche sind neidisch, wenn einzelne Juden vermögender sind als sie. Doch im
Unterschied zu den Beurteilungen im Gutachten des Landesbischofs machen viele
Bürger positive Erfahrung mit jüdischen Mitbürgern.
Dafür gibt es zahllose Beispiele, von denen - stellvertretend für viele - auf zwei kurz
hingewiesen wird:
Beispiel Dr. Arnold Loevry aus Ansbach: "Er war eine ´Seele von Mensch` und ein
kompetenter Arzt zugleich. Man sagt, dass er einer der wenigen Ärzte war, die ärmere
Menschen - auch Christen - kostenlos behandelten. Eigentlich ging jeder gern zu ihm ... Und
auch die Kinder mochten ihn besonders gern, weil er immer Schokoladenplätzchen
austeilte" (Diana Fitz, a.a.O., S. 92).
Beispiel Ludwig Dietenhöfer aus Ansbach: "Wie sehr sich die Juden im Vereinsleben
engagierten, beweist auch die Großzügigkeit von Ludwig Dietenhöfer, der in seiner Funktion
als Kassier des Sportvereins viele Fahrten und Veranstaltungen aus eigener Tasche
finanzierte. Er galt - wie das Gros der Ansbacher Juden - als einwandfreier Geschäftsmann
und hochanständig" (Diana Fitz, a.a.O., S. 88).
Im Gutachten ihres lutherischen Landesbischofs lesen die evangelischen Ansbacher aber
über die Ethik der Juden pauschal nur Negatives, z. B.: "Mag die Moral der Juden nichts
anderes sein als stinkende Unmoral ..."

Ludwig Dietenhöfer flieht 1936 von Ansbach zunächst nach Nürnberg und wandert später
nach Israel aus. Arnold Loevry emigriert 1937 von Ansbach nach New York. Landesbischof
Meiser wird 1951 Ehrenbürger von Ansbach.

Ab 1937 - Juden dürfen an deutschen Universitäten keinen Doktortitel mehr erwerben.

27.1.1937 - Dank und Fürbitte für Adolf Hitler in den evangelischen Gottesdiensten: Das
Fürbittengebet soll folgendermaßen lauten: "... Wir danken Dir, Herr, für alles, was Du in
Deiner Gnade ihm bisher zum Wohle unseres Volkes hast gelingen lassen ... Ev.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser."

Ab 1937 - Bedingt durch das Bekenntnis zum Nationalsozialismus innerhalb der


"Bekennenden Kirche" werden die "Deutschen Christen" von den Nationalsozialisten ab
1937 mehr und mehr fallengelassen. Die Bekennende Kirche gewinnt an kirchlichem
Einfluss. 
Anmerkung:   Ab  1939  steht  in  der  Bekennenden  Kirche  die  Kriegsbegeisterung  im  Vordergrund.  Gleichzeitig  beginnt  der 
Holocaust an den Juden.

Mitte Februar 1937 - Das jüdischstämmige evangelische Kirchenmitglied Friedrich Weißler


stirbt im KZ Sachsenhausen an den Folgen von schlimmen Folterungen. Der ehemalige
Landgerichtsdirektor von Magdeburg trat zu Beginn des Dritten Reiches der Bekennenden
Kirche bei und arbeitete dort seither als Jurist. 1936 wird er wegen vermeintlichen
"Vertrauensbruchs" unehrenhaft entlassen, weil er angeblich die oben erwähnte Denkschrift

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 45 of 94

(siehe z. B. Juni 1936) in die Schweiz gebracht haben soll. Untersuchungen ergaben aber, dass
er damit nichts zu tun hatte. Die "Bekennende Kirche" hatte jedoch auf diese Weise ihr
"rassisches" Problem (da ihr aktives Mitglied aus einer jüdischen Familie stammte) "gelöst".
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bedauerte, dass Weißler erst im Jahr 2005 mit
einer Gedenktafel mit der Aufschrift "Von seiner Kirche verlassen" in Sachsenhausen
bedacht wurde (Der Tagesspiegel, 20.2.2005).

Ein leitender evangelisch-lutherischer Diakonie-Arzt fordert dazu auf,


Behinderte umbringen zu lassen
 

5.4.1937 - Der leitende Arzt der evangelischen Neuendettelsauer Fürsorgeheime, der


Lutheraner Dr. Rudolph Boekh, über die Diskussion zur Vernichtung angeblich
lebensunwerten Lebens: "Diese Verzerrung des menschlichen Antlitzes" sei "dem
Schöpfer zurückzugeben".
Und: "Die Entscheidung, ob ein Mensch vernichtet werden soll, steht allein dem Mann
zu, der unter Berufung auf den Schöpfer die Gewalt in seiner Hand hat ... Das kann und
darf allein der Führer" (zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 180).
Dr. Boekh war 10 Jahre Oberarzt der evangelischen Diakonieeinrichtungen in Bethel und kam
auf Empfehlung des dortigen Pastors Friedrich von Bodelschwingh im Jahr 1936 nach
Neuendettelsau. Während in dem fränkischen Ort die knapp 2.000 der Kirche anvertrauten
Behinderten im Frühjahr 1937 noch vielfach fröhlich und unbeschwert ihren Alltag leben (es
gibt Filmaufnahmen aus dieser Zeit, die dies eindrücklich belegen), hat der ärztliche Leiter
der kirchlichen Einrichtung schon ihr Todesurteil gefällt (vgl. Zeitablauf: 1939 und
19.7.1940). (PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der Ermordung Behinderter
finden Sie hier)

Juni 1937 - Das nationalsozialistische Kampfblatt Der Stürmer beklagt: "Vielfach kommt es
auch vor, dass sich der Jude nach außen hin von seinem Geschäft zurückzieht und dafür einen
so genannten ´Deutschen` als Strohmann einsetzt. Er gibt ihm das Geld und die nötigen
Anleitungen dazu, wie die Öffentlichkeit zu täuschen ist" (Ausgabe Nr. 26).
Weiterhin heißt es: "Um zu vermeiden, dass Nationalsozialisten irrtümlich mit Juden
Geschäfte machen, bringt der Stürmer immer wieder Meldungen über jüdische Firmen."
Anmerkung: 50-60 Jahre später wenden kirchliche Sektenbeauftragte dieselbe Methode an, indem sie Firmen öffentlich
brandmarken, die angeblich oder tatsächlich unter dem Einfluss einer so genannten "Sekte" stehen.

1937 - Der bekannte evangelische Theologieprofessor Werner Elert fordert die


biologische Reinhaltung deutschen Blutes: "Es braucht kaum hinzugefügt werden, dass der
Christ aus diesem Grunde, gerade weil er sich hier dem Schöpfer verpflichtet weiß, mit
entschlossenem Ernst auch für die biologische Reinhaltung des deutschen Blutes einzusetzen
hat, die heute durch unsere Gesetzgebung gefordert und gefördert wird" (zit. nach Mensing,
a.a.O., S. 68 f.).

1937 - Auch die beiden später prominenten Kirchenführer Otto Dibelius (Ratsvorsitzender der
EKD von 1949-1961) und Martin Niemöller (Präsident der Evangelischen Kirche von
Hessen-Nassau 1947-1966) fordern in ihrem Buch Wir rufen Deutschland zu Gott die
Reinhaltung des Blutes:
Im Eingangskapitel heißt es zunächst über Italien: "Der Faschismus hat von Anfang an eine
positive Einstellung zum Christentum genommen" (S. 13). Und dann weiter über die
Deutschen: "Dass wir der Stimme unseres Blutes treu bleiben und damit Gottes Willen
erfüllen - darauf kommt es an. Das bedeutet zunächst, dass wir unser Blut rein halten" (S. 26,
zit. nach idea-spektrum Nr. 32/33/2006).

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 46 of 94

Ein evangelisch-lutherischer Oberkirchenrat der Bekennenden Kirche:


"Die Juden gehören hinausgepeitscht!"

1937 - Der evangelisch-lutherische Kreisdekan und Oberkirchenrat D. Otto Bezzel aus


Bayreuth, der der Bekennenden Kirche und dem Führungsstab Meisers in München angehört,
fordert in einer Predigt in der Erlöserkirche in Bamberg: "Die Juden sind die Zerstörer und
gehören hinausgepeitscht" (zit. nach Evangelisches Sonntagsblatt in Bayern Nr. 42/1988, S.
15). Von einer Beanstandung der Forderung durch den Landesbischof ist nichts bekannt. Ca.
ein Jahr später beginnt mit der Reichspogromnacht das "Hinauspeitschen" der jüdischen
Mitbürger.
Anmerkung: Kreisdekan D. Otto Bezzel wird 1947 zum Personalreferenten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
befördert. Damit ist er neben den Landesbischöfen Hans Meiser (bis 1955) bzw. Hermann Dietzfelbinger (ab 1955) der
einflussreichste Mann der Kirchenleitung nach dem Krieg.

20.7.1937 - Landesbischof Meiser untersagt einem anderen evangelischen


Kirchenmitglied jüdischer Herkunft den Besuch der Männerabende, die dieser bis
dahin viele Jahre regelmäßig besuchte. Den Gottesdienst und andere Veranstaltungen
könne er aber weiter besuchen. Der Mann war seit 1905 Mitglied in der evangelischen Kirche
und zählte zu den aktivsten Mitarbeitern. Vor der endgültigen Entscheidung des
Landesbischofs untersagte ihm bereits Oberkirchenrat Schieder in Absprache mit den Pfarrern
vor Ort den Besuch der Männerabende.
Nachdem am 10.10.1937 ein Pfarrer bei einem "Bekenntnisgottesdienst" der "Bekennenden
Kirche" predigt, dass "Ehen zwischen Juden und Ariern Sünde seien", tritt der Deutsche
jüdischer Herkunft, der mit einer Deutschen "arischer" Herkunft verheiratet ist und mit ihr
drei gemeinsame Kinder hat, aus der Kirche aus (Vollnhals, a.a.O., S. 245).
Zu Beginn des Jahres 1937 hatte Landesbischof Meiser sein Gutachten zur Judenfrage von
1926 erneut versenden lassen. Darin wendet auch er sich deutlich gegen Ehen zwischen
Deutschen und Juden. Meiser wörtlich: "Gott hat jedem Volk seine völkische Eigenart und
seine rassischen Besonderheiten doch nicht dazu gegeben, damit es seine völkische
Prägung in rassisch unterwertige Mischlingsbildungen auflösen lässt ..." (vgl. Anhang)
Anmerkung: Auch der in Sachsenhausen ermordete bekennende Protestant jüdischer Herkunft Friedrich Weißler (siehe Mitte
Februar 1937) lebte in seiner solchen "unterwertigen Mischlingsbildung", da er mit der Tochter eines evangelischen Pfarrers
"arischer" Herkunft verheiratet war. Und selbst wenn eine "arische" Frau - hypothetisch gesprochen - mit Jesus von Nazareth
verheiratet gewesen wäre, wäre ihre Ehe aufgrund der Herkunft des Ehemannes lt. Landesbischof Meiser eine solche "rassisch
unterwertige" Verbindung gewesen.

August 1937 - Der Vertreter des Landesbischofs der Bremischen Evangelischen Kirche
ruft dazu auf, Aktivitäten von Zeugen Jehovas umgehend an die Gestapo zu melden
(Inge Marßolek / René Ott, Bremen im Dritten Reich, Bremen 1986, S. 495, Anm. 105; zit.
nach Garbe, a.a.O., S. 10).

1937 - Der bekannte Kopf der Bekennenden Kirche in Schleswig-Holstein,


Oberkonsistorialrat und Pastor Wilhelm Halfmann gibt ein Buch mit dem Titel Die
Kirche und der Jude heraus. Darin heißt es:
"Die Kirche hat nicht die Aufgabe, in die Judengesetzgebung des Dritten Reiches
einzugreifen. Vielmehr werden wir von der Kirche aus der bald zweitausendjährigen
Erfahrung mit den Juden sagen müssen: der Staat hat recht" (Wilhelm Halfmann, Die
Kirche und der Jude, S. 13, zit. nach idea-spektrum Nr. 31/32/2006).

9.10.1937 - Adolf Hitler untersagt es der Kirche, Kirchengebäude nach


nationalsozialistischen "Kämpfern" zu benennen -   In Bremen-Sebaldsbrück wird der
Grundstein für die evangelische Horst-Wessel-Kirche gelegt. "Der Bremer Landesbischof der
Deutschen Christen rechtfertigte diese seltsame Namensgebung damit, die Kirche habe den
Anspruch darauf, den Pfarrersohn ´Horst Wessel an den ihrigen zu bezeichnen`. Diese
Vereinnahmung des Nazi-Heiligen möchte Hitler indes nicht dulden, der es mit einem

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 47 of 94

Führererlass untersagte, ´dass kirchliche Gebäude nach Kämpfern und Helden der
nationalsozialistischen Bewegung benannt werden`." (Süddeutsche Zeitung, 9.9.2009; Artikel
von Johannes Wilms, der das Buch von Daniel Siemens, Horst Wessel, Tod und Verklärung
eines Nationalsozialisten, München 2009, bespricht; zu Horst Wessel siehe hier)

1938
 

Das ganze Jahr über - Zahlreiche weitere Verordnungen zur "Ausschaltung" der Juden, z.
B. das Verbot, sich neu als Arzt oder Rechtsanwalt niederzulassen

Ab 1938 - Juden können nicht mehr Mitglieder der Evangelischen Kirche werden. Der
kirchliche Arierparagraph wird in den meisten evangelischen Kirchen auch auf die bloße
Mitgliedschaft ausgedehnt (in Thüringen z. B. ab dem 10.2.1939). Das evangelische
Programm der "Judenmission" wird damit allmählich eingestellt. In evangelischen
Landeskirchen wird stattdessen damit begonnen, evangelisch getaufte Juden
auszuschließen.

Februar 1938 - Die Wirtschaftsgruppe Einzelhandel lässt zwei Zettel drucken, die bei jedem
Auftrag und bei jeder Lieferung beigelegt werden müssen:
1.) "Der Auftrag ist nur erteilt unter der Voraussetzung, dass die Lieferfirma rein arisch
ist."
2.) "Ich versichere, dass die von mir vertretene Firma arisch ist."

12.3.1938 - Anschluss Österreichs an Deutschland

16.3.1938 - Österreichs Juden werden vom Stimmrecht ausgeschlossen, in Österreich


beginnt eine Verhaftungswelle gegenüber Juden. 
 

Neues Kirchengesetz: Alle evangelischen Pfarrer


müssen den Treue-Eid auf Adolf Hitler schwören

18.5.1938 - Landesbischof Meiser erlässt aufgrund des kirchlichen


"Ermächtigungsgesetzes" von 1933 freiwillig und ohne dazu gedrängt zu werden ein
Kirchengesetz über den Treue-Eid der Pfarrer auf Adolf Hitler. Das
Ermächtigungsgesetz ermöglicht es Meiser seit 1933, kirchliche Gesetze ohne Zustimmung
zu erlassen oder zu ändern. Das Kirchengesetz lautet:
"Die Pfarrer der bayerischen Landeskirche haben als Träger eines öffentlichen Amtes
folgenden Eid zu leisten:
´Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden: Ich werde dem Führer des
Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein, die Gesetze
beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe ...` Das
Gesetz tritt sofort in Kraft. Ev.- Luth. Landeskirchenrat; D. Meiser."
Anmerkung: Der Treue-Eid auf Hitler wird in allen evangelischen Kirchen als neues Gesetz eingeführt - auch in denen, wo die
Kirchenleitung überwiegend zur "Bekennenden Kirche" gehört. Theoretisch ergänzt er den formalen Treue-Eid auf "Christus",
praktisch ersetzt er ihn, da man ja nicht gleichzeitig Christus und Adolf Hitler gehorchen kann.
Außerdem verlangen alle evangelischen Kirchen von den Pfarrern einen Ariernachweis, auch wenn einige den Arierparagraphen
nicht offiziell einführen.

1938 - Pfarrer Karl Steinbauer (1906-1988) lehnt den Treue-Eid auf Hitler und die
Einreichung eines Ariernachweises ab und bekommt deshalb Predigtverbot. Auch

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 48 of 94

protestiert er dagegen, dass unter den Juden, die ins KZ abtransportiert werden, auch
jüdischstämmige Kirchenmitglieder sind. Das ganze Ausmaß der Judendiskriminierung und -
verfolgung ist aber offenbar bei seinen Konflikten mit den Behörden nicht das Thema. Als
einziger evangelischer Pfarrer aus Bayern muss er 1939 für einige Monate ins KZ. Auch aus
anderen evangelischen Landeskirchen gibt es nur wenige Pfarrer im KZ. Nach
Kriegsausbruch drängt es Pfarrer Steinbauer in den Krieg, und er meldet sich aus dem
KZ freiwillig, um als Soldat dienen zu dürfen. Dazu schreibt er nach 1945: "Ich wollte in
der Zeit der Kriegsnot als Soldat Schulter an Schulter mit meinen Brüdern und Schwägern
und allen Deutschen stehen." Und Landesbischof Meiser setzt sich in einem Brief an die
Gestapo dafür ein, dass Pfarrer Karl Steinbauer, der ihn als Bischof für seine Kirchenpolitik
heftig kritisierte, das KZ in Richtung Front verlassen darf. Meiser wörtlich: "Ich kenne
Steinbauer als aufrechten Deutschen, ... dessen Vaterlandsliebe, Lauterkeit und Tapferkeit
groß sind" (zit. nach Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 36/2006). Die Nazis sind gerührt, und
Steinbauer dankt es offenbar mit Tötungen von vielen Russen. Dem Pfarrer wird für seine
Leistungen an der Ostfront auf jeden Fall das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse verliehen.
Nach dem Krieg hilft Steinbauer mit, die Nazi-Pfarrer Keller und Herold vor Gericht zu
verteidigen (nach Mensing, a.a.O., S. 32.107; nach Vollnhals, a.a.O., S. 264.274).
Anmerkung: Von den sehr wenigen Pfarrern, die zeitweise in Konzentrationslagern waren, sind die meisten römisch-katholische
Priester. Unter den Tausenden evangelischen Pfarrern wird von der Kirche oft auf Paul Schneider, bekannt als der "Prediger
von Buchenwald", verwiesen, der dort seit 1937 gefangen war und 1939 unter unklaren Umständen ums Leben kam. Allerdings
hätte Schneider das KZ zuvor sofort verlassen können, wenn er seinem Ausweisungsbefehl aus der Rheinprovinz Folge
geleistet hätte (siehe auch hier).

17.6.1938 - Alle Juden müssen als zweiten Vornamen "Israel" bzw. "Sara" verwenden,
wenn der erste Vorname nicht in dem Runderlass des Innenministeriums als jüdischer
Vorname aufgeführt ist.
Anmerkung: Ein beliebter Vorname dieser Zeit bei Deutschen ist z. B. der Doppelname Adolf Martin - Adolf wie Adolf Hitler,
Martin wie Martin Luther.

September 1938 - Die vier Landesbischöfe der Bekennenden Kirche Hans Meiser, August
Marahrens, Theophil Wurm und Julius Kühlewein entlassen vier leitende Pfarrer,
ebenfalls aus der Bekennenden Kirche, aus dem Dienst.  Die vier Pfarrer hatten für einen 
geplanten Gottesdienst angesichts der Kriegsgefahr ein allgemeines Bußgebet verfasst, das
vor allem "die Wehrmacht vor kriegerischen Exzessen warnen sollte" (Landesbischof Wurm,
zit. nach Juden-Christen-Deutsche 3/I, a.a.O., S. 54; Vollnhals, a.a.O., S. 131). Auch die
"Pfarrerbruderschaft" der "Bekennenden Kirche" lehnt das Gebet ab. Der Krieg selbst
wird dabei aber offenbar nicht als "unchristlich" betrachtet.

6.7.1938 - Auflösung jüdischer Grundstücks- und Immobilienagenturen sowie jüdischer


Heiratsvermittlungsinstitute, die an Nichtjuden vermitteln (vgl. Konzil von Basel im Jahr
1434: Juden dürfen nicht als Unterhändler bei Verträgen zwischen Christen, insbesondere
nicht als Vermittler von Ehen auftreten).

25.7.1938 - Deutsche dürfen nicht mehr zu jüdischen Ärzten (vgl. Trullanische Synode im
Jahr 692).

31.7.1938 - Jüdische Testamente, die das "gesunde Volksempfinden" beleidigen, dürfen


für nichtig erklärt werden (vgl. 3. Laterankonzil im Jahr 1179: Juden dürfen zum
Christentum übergetretene Glaubensbrüder nicht enterben).

5.10.1938 - Jüdische Pässe werden mit dem Aufdruck "J" versehen.

Oktober 1938 - Kennzeichnung jüdischer Geschäfte - Die Schaufenster werden mit dem
Wort "Judengeschäft" beschmiert.

8. / 9. / 10.11.1938 - Die Ermordung des Nazi-Diplomaten Ernst Eduard vom Rath in Paris
durch einen jüdischen Bürger löst in Deutschland die Reichspogromnacht bzw.
Reichskristallnacht aus - Die Synagogen werden in Brand gesteckt ...

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Anmerkung: ... so wie es Luther in der Schrift Von den Juden und ihren Lügen fordert: Man soll ihre "Synagoga oder Schulen mit
Feuer anstecken ... unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien ..." (vgl. vorne:
Luther; vgl. auch Konzil von Oxford im Jahr 1222: Verbot des Synagogenbaus)

Massenverhaftungen von Juden


Erste Massendeportation in Konzentrationslager
Vielfach Panik unter den Betroffenen
Die jüdische Bevölkerung Deutschlands wird zu einer "Sühneleistung" von einer
Milliarde Reichsmark verurteilt.
Zu dem Ereignis wird in der Kirche und in der kirchlichen Presse überwiegend geschwiegen.
Nur einzelne Pfarrer protestieren, und wenigstens in einem Entwurf eines "Fürbittgebets" von
den "Landesbruderräten" der Bekennenden Kirche wird der Juden gedacht. Doch welcher
Betende hat auch etwas gesagt oder getan? Sehr viele Kirchenführer begrüßen das Geschehen
der Reichspogromnacht und die folgende Verschärfung der Judenverfolgungen bzw. reagieren
sogar begeistert (siehe 23.11.1938).

12.11.1938 - Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen


Gewerbebetrieben, z. B. in Nürnberg:
"Alle Schäden, welche durch die Empörung des Volkes über die Hetze des internationalen
Judentums gegen das nationalsozialistische Deutschland am 8., 9., und 10. November 1938 an
jüdischen Gewerbebetrieben und Wohnungen entstanden sind, sind von dem jüdischen
Gewerbetreibenden sofort zu beseitigen. Die Kosten der Wiederherstellung tragen die Inhaber
der betroffenen jüdischen Gewerbebetriebe und Wohnungen" (zit. nach: Juden in Nürnberg,
Presse- und Informationsamt 1993, S. 54).
In Bamberg und anderen Orten müssen die Israelitischen Kultusgemeinden auch den
anschließenden Abriss ihrer demolierten und verkohlten Synagogen bezahlen.

An Luthers Geburtstag brennen die Synagogen -


ein evangelisch-lutherischer Landesbischof sieht darin
die "Krönung" eines "gottgesegneten" Kampfes

23.11.1938 - Landesbischof Martin Sasse aus Eisenach schreibt auf Seite 2 im Vorwort
seiner Neuauflage von Martin Luthers Schrift Von den Juden und ihren Lügen mit dem Titel
 Martin Luther über die Juden - Weg mit ihnen! (Freiburg 1938)
"Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die
Synagogen. Vom deutschen Volke wird zur Sühne für die Ermordung des
Gesandtschaftsrates vom Rath durch Judenhand die Macht der Juden auf
wirtschaftlichem Gebiete im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der
gottgesegnete Kampf des Führers zur völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt ... In
dieser Stunde muss die Stimme des Mannes gehört werden, der als der Deutschen
Prophet im 16. Jahrhundert einst als Freund der Juden begann, der getrieben von
seinem Gewissen, getrieben von den Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte
Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden ..."
Anmerkung: Von der Schrift werden 150.000 Stück verkauft. Die Schrift Luthers Von den Juden und ihren Lügen erfährt auch
durch andere Neuauflagen zahlreiche Verbreitung, z. B. durch die Volksausgabe von Hans-Ludolf Parisius. Luther fordert darin
z. B. das Verbrennen der Synagogen, das Zusammenfassen der Juden in Lagern, die Zwangsarbeit und Todesstrafen bei
öffentlicher Religionsausübung (siehe vorne: So fordert es Martin Luther - So tun es die Nationalsozialisten). Dass einer der
amtierenden Landesbischöfe der Proklamation des "Amtsbruders" Sasse widersprochen hat, ist nicht bekannt.

Ab November 1938 - Weitere Massendeportationen von Juden in Konzentrationslager

28.11.1938 - Die Lokalbehörden werden ermächtigt, Juden an bestimmten Tagen von


den Straßen zu verbannen (vgl. 3. Synode von Orleans im Jahr 538: Juden dürfen sich in
der Karwoche nicht auf der Straße zeigen).

3.12.1938 - Zwangsarisierung jüdischen Haus- und Grundbesitzes

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Juden müssen Häuser und Grundstücke zu Spottpreisen verkaufen. Wer vor 1938 ein
"Judenhaus" kaufte, wurde noch als "Judenfreund" verschrien. Jetzt bedienen sich immer
mehr dank der "günstigen" Angebote. Umgekehrt ist es nicht erlaubt, den jüdischen
Mitbürgern zu verkaufen (vgl. Synode von Ofen im Jahr 1279: Christen ist es nicht erlaubt,
Grund und Boden an Juden zu verkaufen oder zu verpachten).
 

Massendeportationen und Misshandlungen von Juden in den KZs - die


evangelischen Bischöfe möchten dazu nichts sagen.

12.12.1938 - Pfarrer Heinrich Grüber, der sich für getaufte Juden einsetzt, schildert den
evangelischen Bischöfen, darunter Landesbischof Meiser, auf dem Kirchentag in Berlin-
Steglitz die Lage in den Konzentrationslagern. Der Kirchentag wird gebeten, eine Erklärung
dazu zu verabschieden. Die Bischöfe hörten Grüber zwar eine Zeitlang zu, gingen dann aber
zur "Tagesordnung" über, ohne eine Erklärung zu verabschieden. Grüber schreibt:
"Vielleicht schilderte ich den versammelten Bischöfen die Misshandlungen, denen KZ-
Häftlinge ausgesetzt wurden, etwas zu ausführlich. Ich hörte jedenfalls, wie einer der
Würdenträger sagte: ´Wir müssen nun langsam zum zweiten Punkt der Tagesordnung
übergehen.` Der Vorsitzende der Konferenz, Bischof Theophil Wurm ... geleitete mich zur
Tür und sagte: ´Ich danke Ihnen im Namen der Brüder und wünsche Ihnen und Ihrer Arbeit
Gottes Segen.` Das war eine der ganz großen Enttäuschungen, die ich erlebt hatte" (zit. nach
Juden-Christen-Deutsche, Band 1).

28.12.1938 - Juden müssen in bestimmten Häusern konzentriert werden.


Anmerkung: ... so ähnlich wie es Luther in seiner Schrift Von den Juden und ihren Lügen fordert: "... dass man ihre Häuser
desgleichen zerbreche und zerstöre ... Dafür mag man sie etwa unter ein Dach oder einen Stall tun" (vgl. vorne: Luther; vgl.
auch die Synode von Narbonne im Jahr 1050. Gemäß dem Synodenbeschluss ist es Christen nicht erlaubt, bei Juden zu
wohnen).

1939
 

Januar 1939 - Die evangelischen Landeskirchen setzen je einen Pfarrer für die "Betreuung"
von "nichtarischen" Christen ein, die flächenmäßig sehr große bayerische evangelische
Landeskirche zwei (wohl wegen der großen Entfernung von Ober- oder Unterfranken nach
München). So gab eine "Hilfsstelle für nichtarische Christen" in Nürnberg und eine in
München, doch zur Verdeutlichung: nicht etwa für Juden, sondern nur für die eigenen
Kirchenmitglieder jüdischer Herkunft.
Der Nürnberger Leiter, Pfarrer Hans-Werner Jordan (1908-1978), der ein jüdisches
Großelternpaar hatte, bezeichnete diese "Hilfsstellen" Landesbischof Meiser gegenüber
jedoch als "Morphium für das Gewissen der Kirche" und beklagte mangelnde Unterstützung.
Ein nicht selbst im Sinne der NS-Gesetzgebung "belasteter" Pfarrer wie er (der als "Halbjude"
galt) hätte weit mehr bewirken können. Dieser stand auch bereit. Doch Pfarrer Karl
Nagengast, der bereits ehrenamtlich in diese Richtung arbeitete, "bootete die Landeskirche
aus, ohne ihn überhaupt anzuhören". Und Kreisdekan Julius Schieder "wies Jordan bei dessen
Antrittsbesuch an, auf keinen Fall seine Pfarrerskollegen zu besuchen. Die Eröffnung der
Hilfsstelle war daher wohl nicht zuletzt ein taktisches Manöver. Sie diente als moralisches
Feigenblatt und half, den nicht den braunen Rassenvorgaben entsprechenden Pfarrer, den man
auf seiner Pfarrstelle im schwäbischen Steinheim als nicht mehr haltbar ansah, aus dem
Verkehr zu ziehen" (Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 13, 29.3.2009). Besser soll es allerdings
in München gewesen sein.

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Dass die beiden Hilfsstellen zusammen die Auswanderung von 126 jüdischstämmigen
Protestanten organisierten, wird später Landesbischof Hans Meiser als angebliches
"Verdienst" angerechnet und als Argument für die Beibehaltung der "Meiserstraßen" genannt.
Angeblich hätte er 126 "verfolgten Menschen" "das Leben gerettet" (Landesbischof Johannes
Friedrich, zit. nach Süddeutsche Zeitung, 12.7.2007). Den 100. Geburtstag Jordans ließ man
demgegenüber "verstreichen" (Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 13, 29.3.2009) (mehr dazu
siehe hier).
Zur Gesamtsituation: "Der Forschungsstand lässt erkennen, dass die große Mehrheit der
Christen jüdischer Herkunft von den evangelischen Mitchristen kaum etwas zu
erwarten hatte. Sie teilte auch in dieser Hinsicht das Schicksal der Juden ... Der betroffene
Personenkreis dürfte etwa 400.000 umfasst haben ... Niemand weiß bis heute, wie viele
Christen jüdischer Herkunft unter den Ermordeten waren." (dpa-Meldung vom 8.12.1998
anlässlich der Buchankündigung von Ursula Büttner, Martin Greschat, Die verlassenen
Kinder der Kirche, Göttingen 1998)

Ab 1939 - Immer mehr Orte sind "judenfrei", die Grundstücke sind in "arischen Besitz"
übergegangen.

Februar 1939 - Juden müssen ihre Juwelen und Schmuckgegenstände abliefern ...
Anmerkung: ... wie es Luther in der Schrift Von den Juden und ihren Lügen fordert: "... nehme ihnen alle Barschaft und Kleinod
an Silber und Gold" (vgl. vorne: Luther).

Elf evangelische Bischöfe bzw. Kirchenführer bekennen:


Die Nationalsozialisten führen das Werk Martin Luthers
nach der weltanschaulich-politischen Seite fort

März 1939 - Godesberger Erklärung der evangelischen Landeskirchenleiter, Deutschen


Christen sowie Pfarrern und Laien aus anderen kirchlichen Kreisen. Die Erklärung wendet
sich indirekt gegen den politischen Machtanspruch des Vatikan und stellt die politische Macht
des Nationalstaates gemäß der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre (siehe Anhang) heraus. Sie ist
von elf Kirchenführern unterzeichnet und wird am 4.4.1939 im Gesetzblatt der Deutschen
Evangelischen Kirche abgedruckt. Darin heißt es:
"Der christliche Glaube ist der unüberbrückbare Gegensatz zum Judentum."
Und: "... Indem der Nationalsozialismus jeden politischen Machtanspruch der Kirchen
bekämpft und die dem deutschen Volke artgemäße nationalsozialistische Weltanschauung für
alle verbindlich macht, führt er das Werk Martin Luthers nach der weltanschaulich-
politischen Seite fort und verhilft uns dadurch in religiöser Hinsicht wieder zu einem wahren
Verständnis christlichen Glaubens" (zit. nach Ernst Klee, Die SA Jesu Christi, Die Kirche im
Banne Hitlers, S. 139).

Frühjahr 1939 - Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer schreibt an den


englischen Bischof George Bell, dass er nicht dagegen protestiert, dass in Deutschland
immer mehr Männer zum Kriegsdienst einberufen werden. Bonhoeffer wörtlich: "So
würde ich meinen Brüdern [in der Bekennenden Kirche] einen ungeheuren Schaden zufügen,
wenn ich in diesem Punkt Widerstand leistete." Ab 1940 arbeitet Bonhoeffer beim deutschen
Geheimdienst und ist dort aktiv an einem "militärischen Widerstandskreis" gegen Hitler
beteiligt, der einen Umsturz plant. 1943 wird er deswegen verhaftet, 1945 hingerichtet.
Über die Situation im Frühjahr 1939 schreibt der Biograph Eberhard Bethge: "Konnte
Bonhoeffer mit einer Kriegsdienstverweigerung seine jetzt so angeschlagene ... Bekennende
Kirche belasten, so sie das weder gutheißen noch decken wollte? Tatsächlich gingen bei
Kriegsausbruch aus den Reihen der Bruderräte [der Bekennenden Kirche] Blätter an
die Theologen in Kasernen und Schützengräben, in denen es hieß, Kriege seien nicht die

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Sache des einzelnen, sondern der Regierungen, und man solle getrost ein guter Soldat
sein" (zit. nach Eberhard Bethge, Bonhoeffer, Rowohlts Monographien, Reinbek 1976, S. 72).

März 1939 - Der Leiter der Nürnberger "Hilfsstelle für nichtarische Christen" (siehe hier),
Pfarrer Hans-Werner Jordan fordert von Landesbischof Hans Meiser ein (wenn schon nicht
für die Juden, dann wenigstens) öffentliches Eintreten für "nicht arische Christen". Meiser tat
es nicht.

22.4.1939 - Die Junge Kirche (Halbmonatsschrift für reformatorisches Christentum), die


Zeitschrift der "Bekennenden Kirche", sendet eine Ergebenheitsadresse an Adolf Hitler zu
dessen 50. Geburtstag:
"Es ist heute dem Letzten offenbar geworden, dass die Gestalt des Führers, mächtig sich
durchkämpfend durch alle Welten, Neues mit innerem Auge schauend und seine
Verwirklichung erzwingend, auf den wenigen Seiten der Weltgeschichte genannt ist, die den
Anfängern einer neuen Zeit vorbehalten sind. Die deutsche Sendung in die Völkerwelt ist
von einer mächtigen und festen Hand die Waagschale der Geschichte geworfen ... Wir bitten
Gott, den Führer zu segnen" (Junge Kirche, Heft 8 vom 22.4.1939, zit. nach idea-spektrum Nr.
31/32/2006).

6.5.1939 - Elf evangelische Landeskirchen gründeten im Gasthof der Wartburg in


Eisenach das Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das
kirchliche Leben, im Volksmund "Entjudungsinstitut" genannt.
"Ein Förderkreis mit Mitgliedern aus dem gesamten Deutschen Reich unterstützte die Arbeit
finanziell. Die elf Gründer- und Trägerkirchen waren: Altpreußen, Sachsen, Nassau-Hessen,
Schleswig-Holstein, Thüringen, Mecklenburg, Pfalz, Anhalt, Oldenburg, Lübeck und die
neudeutsche Evangelische Kirche in Österreich ... In zahlreichen Arbeitskreisen waren fast
200 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter tätig, unter ihnen Professoren, Pfarrer, Lehrer,
Schriftsteller, die teilweise aus den Landeskirchen stammten, die ursprünglich die
Institutsgründung nicht unterstützt hatten" (Heinrich W. Hebeler in: Israel heute Nr.
26/2005).
 

Bekennende Kirche: Ernste Rassenpolitik zur Reinhaltung unseres


Volkes erforderlich

31.5.2009 - Die Bekennende Kirche unter der Federführung der Landesbischöfe Hans
Meiser und Theophil Wurm gibt als Antwort auf die Godesberger Erklärung der Deutschen
Christen vom 4.4.1939 eine eigene öffentliche Erklärung heraus, in der es heißt: "Die
Evangelische Kirche ... fordert von ihren Gliedern, treuen Dienst in dieser [staatlichen]
Ordnung und weist sie an, sich in das völkisch-politische Aufbauwerk des Führers mit voller
Hingabe einzufügen" Weiter heißt es darin: "Im Bereich des völkischen Lebens ist eine
ernste und verantwortungsbewusste Rassenpolitik zur Reinerhaltung unseres Volkes
erforderlich" (zit. nach Hans Erler, Ansgar Koschel, Der Dialog zwischen Juden und
Christen, Frankfurt am Main, New York 1999, S. 135 f.).

1.9.1939 - Deutschland beginnt mit dem Angriff auf Polen den 2. Weltkrieg.

Ab 1.9.1939 - Die als staatsfeindliche "Sekte" von Staat und Kirche verfolgten Zeugen
Jehovas verweigern den Kriegsdienst. Sie berufen sich auf das Gebot "Du sollst nicht töten".
Der erste Kriegsdienstverweigerer in Deutschland, ein Zeuge Jehovas, wird am
15.9.1939 im KZ Sachsenhausen hingerichtet.

Ab September 1939 - Kriegsbegeisterung in der Bekennenden Kirche. Die Kritik an der


Kirchenpolitik der Nationalsozialisten nimmt stark ab.

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 53 of 94

September 1939 - Juden wird der Besitz von Rundfunkgeräten verboten.

21.9.1939 - Juden dürfen nur noch in Judenvierteln wohnen. So hat es auch die Kirche
seit dem Mittelalter mit der jüdischen Bevölkerung gehalten (z. B. lt. Beschluss der Synode
von Breslau im Jahr 1267).
 

Die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei zum Erntedankfest:


 Dank für die reiche Ernte auf den polnischen Schlachtfeldern!

29.9.1939 - Die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei sendet allen Landeskirchen eine


Kanzelabkündigung zum Erntedankfest zu: Darin wird Gott für die "reiche Ernte auf
Feld und Flur" gedankt und für die "nicht weniger reiche Ernte" auf den polnischen
Schlachtfeldern (zit. nach Süddeutsche Zeitung, 26.11.1998). Weiter heißt es über Gott:
"Wir danken Ihm, dass ER unseren Waffen einen schnellen Sieg gegeben hat" (zit. nach
Vollnhals, a.a.O., S. 131).
Anmerkungen: 1) Die deutsche Wehrmacht verübte auch Massaker an der polnischen Zivilbevölkerung.
2) In Bayern weist Landesbischof Meiser alle evangelischen Pfarrer an, die Kanzelabkündigung zu verlesen.
3) Kriegsbegeisterung auch in der römisch-katholischen Kirche. Beispiel: Der am 9.10.2005 selig gesprochene Clemens August
Kardinal von Galen aus Münster.

22.10.1939 - Zeugen Jehovas legen eine Flugschrift mit dem Titel Krieg oder Frieden?
vor die Tür eines evangelischen Vikars aus dem Münsterland. Der Vikar verständigt
sofort die Polizei und teilt mit, wer nach seiner Meinung als Täter in Frage kommen könnte
(Bundesarchiv R 60 II/33, Bl. 2-5; zit. nach Garbe, a.a.O., S. 10).

30.10.1939 - Landesbischof Meiser und der Landeskirchenrat geben Richtlinien für die
evangelische Verkündigung im Krieg heraus. In den Richtlinien heißt es:
"Wir spüren hinter dieser ernsten Wirklichkeit Gottes gewaltige Hand ... Wir haben den
einzelnen wie die Gemeinde vor allem stark zu machen, dass sie wirklich tun können, was
ihre Pflicht und Schuldigkeit ist, dass sie tapfer und treu sein können in dem Stande, in den
sie der Herr berufen hat" (zit. nach Amtsblatt, a.a.O.).
Anmerkung: Bischöfe, die Mitglieder des Landeskirchenrates und ein Großteil der übrigen Amtsträger, die von den Kanzeln über
den Krieg predigen, sind selbst vom Kriegsdienst befreit. Viele Pfarrer melden sich allerdings aus Kriegsbegeisterung freiwillig
an die Front.

November 1939 - Nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf Adolf Hitler am 8.11.1939 durch
Georg Elser im Bürgerbräukeller in München [stattdessen starben versehentlich acht
Anhänger Hitlers] läuten in ganz Deutschland die Kirchenglocken zu "Dankgottesdiensten"
für die Bewahrung des Führers. "Nuntius Cesare Orsegnio überbringt die persönlichen
Glückwünsche von Papst Pius XII." (Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 46, 15.11.2009). Adolf
Hitler und die Parteispitze der NSDAP hatten den Versammlungsort wegen schlechten
Wetters früher als geplant verlassen, um zurück nach Berlin zu reisen.
Speziell die "Bekennende Kirche" ist entsetzt über das Attentat und lässt in ihrem Organ
Junge Kirche z. B. verlauten: "Der frevelhafte Anschlag auf das Leben des Führers in
München hat ... alle Kreise des deutschen Volkes mit tiefem Entsetzen und Empörung
erfüllt ... Im Interesse des ganzen deutschen Volkes und aller Aufrechtdenkenden in der Welt
liegt es, dass die Urheber des Attentates gefunden und gerecht bestraft werden und dass
es gelingt, die intellektuellen Anstifter nachzuweisen ... Im Verfolg dieses Attentates hat
sich das nationalsozialistische Deutschland noch fester und zum Siege entschlossen um seinen
Führer geschart" (Junge Kirche, zit. nach idea-spektrum Nr. 31/32/2006).
Anmerkung: Der Schreiner und Uhrmacher Johann Georg Elser aus Königsbronn bei Heidenheim war ein Einzeltäter, der 1938
zu der Überzeugung kam, nur durch den Tod Hitlers den aufziehenden 2. Weltkrieg verhindern zu können. Elser war Mitglied
der Naturfreunde. Er wurde nach einem zunächst geglückten Fluchtversuch an der Schweizer Grenze festgenommen, und kam
als "besonderer Schutzhäftling" in das KZ Sachsenhausen und von dort nach Dachau. Nach dem "Endsieg" war ein
Schauprozess gegen ihn geplant. Auf persönliche Anordnung von Adolf Hitler wurde er am 9.4.1945 in Dachau erschossen.
Der berühmte Pfarrer und Kirchenpräsident der Bekennenden Kirche, Martin Niemöller, verleumdet Elser nach 1945 öffentlich
als angeblichen "SS-Mann", der im Auftrag der NSDAP ein fingiertes Attentat durchgeführt hätte. Dabei stützten er und einige

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andere sich nur auf Gerüchte. In einem Brief an den bekannten Theologen drückt die Mutter des Attentäters am 20.4.1946 "ihre
Verzweiflung aus über die falschen Anschuldigungen gegen ihren Sohn" (Ev. Sonntagsblatt Nr. 46, 15.11.2009). Elsers Familie
wurde geschmäht, wie schon zuvor von den Nazi-Behörden, und seiner Schwester Maria Hirth, die man nach dem Attentat
ebenfalls verhaftete, wurde von den Behörden der Bundesrepublik 1951 Haftentschädigung verweigert. Die Nazi-Staat hatte
1943 schon Elsers ganzes Vermögen und sein Erbe beschlagnahmt. Die ZEIT schreibt: "Gegen das Wort eines
Kirchenpräsidenten kann sich eine einfache Handwerkerfamilie nur schwer wehren" (Nr. 2/2003).
Die Kirche war sehr schnell wieder in alten Ehren, und Gegner des NS-Regimes wie Johann Georg Elser, die mit der Kirche,
außer dass sie formal durch die Säuglingstaufe Mitglied wurden, nichts zu tun hatten, werden bis heute in der Bundesrepublik
Deutschland nur wenig bis kaum beachtet (im Unterschied z. B. zu dem römisch-katholischen Adligen Graf von Stauffenberg,
dessen Attentat ca. 4 1/2 Jahre später ebenfalls scheiterte und dem protestantischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, de in die
Attentatspläne eingeweiht war). Wenigstens die Verleumdung Elsers konnte später von Historikern aus der Welt geschaffen
werden. Georg Elser hatte schon 1933 den Hitlergruß verweigert und war immer ein Gegner des Regimes. "Marie Elser starb
1960. Die[se] späte [allmähliche] Rehabilitierung ihres ... Sohns hat sie nicht mehr erlebt."

30.12.1939 - Juden wird die Benutzung von Speisewagen der Bahn untersagt (vgl. Synode
von Elvira im Jahr 306: Verbot der gemeinsamen Speiseeinnahme von Juden und Christen;
vgl. Martin Luther: "Ich sollte mit einem solchen verteufelten Maul essen, trinken oder reden?
So möchte ich aus der Schüssel oder Kannen mich voller Teufel fressen und saufen, so mache
ich mich gewiss damit teilhaftig aller Teufel, die in den Juden wohnen." siehe vorne: "So
fordert es Martin Luther - so tun es die Nationalsozialisten").

1939 - Der evangelische Theologe D. Hans Lauerer, Rektor der evangelisch-lutherischen


Behinderteneinrichtungen in Neuendettelsau, gibt mit Berufung auf die lutherische Zwei-
Reiche-Lehre eine theologische Zustimmung für den bevorstehenden Massenmord an
Behinderten: "... darum können wir Lutheraner nicht anders als grundsätzlich bejahend zum
Staat, zu unserem Staat stehen. Von diesem Standpunkt aus haben wir kein Recht, es zu
beanstanden, wenn der Staat ... die Tatsache minderwertigen Lebens konstatiert und auf
Grund dieser Konstatierung dann auch handelt" (Hans Lauerer, Das Menschenleben in der
Wertung Gottes, 1939; zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 180 f.; siehe auch
Anhang über  die  Zwei-Reiche-Lehre). (PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu
der Ermordung Behinderter finden Sie hier)
Anmerkung: Nach D. Hans Lauerer ist bis heute [2009] eines der beiden Wohnheime für Diakonissen in
Neuendettelsau benannt. Die mörderische Heuchelei wird vor allem dadurch deutlich, dass auf der evangelischen
Fachkonferenz für Eugenik 1931 in Treysa bereits der Unterscheid zwischen "lebenswert" und "lebensunwert"
gemacht wurde und dass die Verantwortlichen der Kirche dort schon über die eventuelle Tötung "lebensunwerten"
Lebens debattierten - lange bevor die Nationalsozialisten die Ermordung von "minderwertigen Leben" durchführten.
PS: Der katholische Moraltheologe Joseph Mayer wies den Staat in einem mit kirchlicher Imprimatur (=
Druckerlaubnis) versehenen Buch ja schon 1927 darauf hin, dass ein nicht "sozial Tüchtiger" "nötig und heilsam"
getötet werden müsse, "damit das Gemeinwohl gerettet werde" (siehe dazu unsere Meldung oben). Der Staat habe
die Pflicht, sich gegen solchen Untergang zu wehren und die Kirche habe "kein Recht, ihm in den Arm zu
fallen" (zit. nach Main-Post, 6.7.1985).
Der Schriftsteller Ernst Klee fasst die Schuld der Kirchen an diesem Massenmord mit den Worten zusammen:
"Beide Kirchen haben massiv dazu beigetragen, denn sie haben die Opfer als Opfer präpariert."

1940
 

Januar 1940 - Die Vernichtung "lebensunwerten" Lebens, auch "Euthanasie" genannt,


beginnt. In den evangelischen Einrichtungen in Bayern erfolgt im April 1940 die "Erfassung"
der Behinderten. Meistens werden die betroffenen Menschen nach kurzer Zeit
"vergast" (siehe hier). (PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der grausamen
Ermordung Behinderter finden Sie hier)

Frühjahr 1940 - Konfirmandenprüfung in der Evangelischen Kirchengemeinde Karlsruhe-


Rüppurr. Der Pfarrer fragt: "Wie hat unser Führer Adolf Hitler in seiner letzten Rede
unseren Reformator Martin Luther bezeichnet?" Der Konfirmand antwortet: "Einen
großen Deutschen." Die Prüfung ist bestanden (Zeugenaussage liegt vor).

15.4.1940 - Bekanntmachung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zum


Führergeburtstag am 20.4.1940: "Das ganze deutsche Volk fühlt sich an diesem Tage in

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 55 of 94

besonderer Weise mit dem Manne verbunden, der das Geschick des Großdeutschen Reiches
mit starken Händen durch die Fährnisse des Krieges steuert. Die Gemeinden unserer
Landeskirche gedenken seiner in freudigem Dank und ernster Fürbitte. Sie geloben aufs
Neue, den Dienst, zu dem sie der Herr berufen hat, mit ganzer Treue auszuführen. Sie sehen
darin ihren Beitrag zum Werke des Führers, dass sie durch die Botschaft von Jesus
Christus den deutschen Menschen hinführen zu den Quellen aller Kraft, ihn stark
machen für den Kampf, ihn freudig machen zu allem Opfer ... Ev.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser."

Mai 1940 - Der Stürmer über die Juden: "Ihr Gott ist das Geld."
Anmerkung: Dies ist ein Vorwurf, den auch Sektenbeauftragte 50-60 Jahre später sinngemäß gegenüber den
Glaubensgemeinschaften machen, die von ihnen bekämpft werden.

Der evangelisch-lutherische Landesbischof Meiser zu den


Kriegserfolgen der deutschen Armee:
 "Wir stehen anbetend vor unserem Gott."

2.6.1940 - Landesbischof Meiser hält die Festpredigt zum 50jährigen Jubiläum der
Rummelsberger Diakonie. Darin nimmt der Landesbischof zu den Überfällen Deutschlands
auf Frankreich, Belgien und die Niederlande Stellung und zu der Besetzung Dänemarks
und Norwegens:
"Auf den Schlachtfeldern Flanderns, wo so oft schon Völker um ihr Schicksal gerungen
haben, haben unsere Heere einen Sieg errungen, wie er ähnlich in der Geschichte der Völker
nicht gefunden wird ... Wir beugen uns vor der Größe dieser Stunde; wir stehend
anbetend vor unserem Gott, der die Geschicke der Völker so majestätisch lenkt. Wir
gedenken voll Ehrfurcht derer, die so Großes so kühn planten, und derer, die es so tapfer und
wagemutig vollbrachten" (zit. nach: Bericht über die Feier des fünfzigjährigen Bestehens der
Diakonenanstalt Rummelsberg; zit. nach Gerhard Wehr, Gutes tun und nicht müde werden,
München 1989, S. 175).

26.6.1940 - Landesbischof Meiser und der evangelische Landeskirchenrat rufen die


Gemeinden dazu auf, "Adolf Hitler, dem Schöpfer und obersten Befehlshaber der
sieggekrönten Wehrmacht", zu danken und für einen "baldigen Endsieg" zu beten
(Amtsblatt für die Evang.-Luth. Kirche in Bayern rechts des Rheins).

Ab 1940 - Deportationen von Juden nach Osten in Gettos

30.6.1940 - Einer der leitenden Verantwortlichen der Bekennenden Kirche, Landesbischof


August Marahrens aus Hannover, gibt in einem Telegramm an Hitler der Hoffnung
Ausdruck, dass "in ganz Europa unter Ihrer Führung eine neue Ordnung
entstehe ..." (Vollnhals, a.a.O., S. 24)

Ab Juli 1940 - Selektion und Verlegung der Behinderten aus den Einrichtungen der
bayerischen evangelischen Diakonie - in staatliche Einrichtungen und von dort in
Vergasungsanstalten, v. a. in Hartheim bei Linz in Österreich (zum Mord durch Vergasung
siehe hier). Aus keinem Fürsorgeheim Deutschlands werden dabei mehr Behinderte zur
Ermordung abgeholt wie aus den evangelischen Heimen in Neuendettelsau in Bayern.
Anfangs freuen sich viele Behinderte noch "in froher Erwartung eines Ausflugs". Als
schließlich die Ermordungen bekannt werden, reagieren die Opfer unterschiedlich:
"Manche sollen sich still in ihr Schicksal ergeben haben, andere flehen um ihr Leben,
wehren sich verzweifelt, weinen, schreien und klammern sich in ihrer Todesangst an
Ordensschwester oder Pfleger, reißen ihnen fast die Kleider vom Leibe" (Ernst
Klee/Gunnar Petrich, Film "Alles Kranke ist Last", a.a.O.). Die Aktionen dauern bis Anfang

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 56 of 94

1941. Auch Bischof Hans Meiser wird informiert und schweigt. Nach dem Krieg rechtfertigen
sich Verantwortliche, "seelenlose Monster" seien von ihrem Leiden "erlöst" worden
(Klee/Petrich, a.a.O.). (PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der Ermordung
Behinderter finden Sie hier)

19.7. / August 1940 - Landesbischof Theophil Wurm wendet sich in einem Brief an
Reichsinnenminister Frick halbherzig bis unwillig gegen die Ermordung Behinderter in der
württembergischen Vergasungsanstalt Grafeneck. Trotz Judenverfolgung, Krieg und
anderem staatlichen Terror bescheinigt Wurm dem Führer und der Partei, bis jetzt auf
"christlichem" Boden zu stehen. Dieser würde mit der "Ausrottung" der Behinderten aber
verlassen, auch wenn Wurm dafür Verständnis signalisiert. Der Bischof rechtfertigt seinen
"Protest" vom 19.7.1940 damit, dass er es "in erster Linie deshalb" tat, "weil die Angehörigen
der betroffenen Volksgenossen [der Opfer] von der Leitung einer Kirche einen solchen Schritt
erwarten ... Dixi et salvavi animam meam" [= "Ich habe es gesagt und meine Seele ist
gerettet" (so denkt der Bischof)] (Ernst Klee/Gunnar Petrich, Film "Alles Kranke ist Last",
a.a.O.). Kein Wunder, dass dieser Pflicht-"Protest" nichts bewirkt.
In Bethel/Westfalen werden die Behinderten allerdings nicht ermordet, obwohl auch der
dortige Leiter Friedrich von Bodelschwingh kaum kräftiger protestiert hat.* Bodelschwingh
im August 1940: "Sicher wäre es das Beste, wenn die ganze Maßnahme [die Ermordungen]
sofort und vollständig eingestellt würde. Kann man sich dazu nicht entschließen, so muss ein
geordnetes Verfahren festgelegt werden."** Bei einer Konferenz in Treysa im Jahr 1931
konnte sich Bodelschwingh bereits vorstellen, Behinderte eigenhändig zu kastrieren und
andere Kirchenführer befürworteten bereits die späteren Ermordungen. Und schließlich
vollzogen die Nationalsozialisten damit nur, was einzelne Kirchenführer bereits 1931 in
die Tat umsetzen wollten (siehe oben). Und so hatte der von Bodelschwingh stark
geförderte ehemalige Betheler Oberarzt und Psychiater Dr. Rudolph Boekh aus
Neuendettelsau erneut auch im Jahr 1937 die Ermordungen von den Nationalsozialisten
gefordert. Dabei hatte der renommierte evangelisch-lutherische Mediziner dem
"Führer" Adolf Hitler die Entscheidungsvollmacht zugesprochen (vgl. Zeitablauf: 1937).
(PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie
hier)
Anmerkungen:
 *1)  In den evangelischen Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel holte man zwar die Behinderten nicht zur
Ermordung ab. Doch es geschah dort vielfach anderes Unrecht. So mussten von 1942-1944 z. B. eine unbekannte
Zahl von Kriegsgefangenen und ca. 150-180 Zwangsarbeiter dort hart arbeiten - Menschen die von der deutschen
Armee in Osteuropa eingefangen und nach Deutschland verschleppt wurden. "Bethel war von Anfang an voll in
das Zwangsarbeiter-System integriert" (Prof. Matthias Benad, Leiter der Forschungsstelle für Diakonie und
Sozialgeschichte an der Kirchlichen Hochschule Bethel, zit. nach Ev. Sonntagsblatt für Bayern Nr. 39, 24.9.2000,
S. 7). Und über Bethel soll nach dem Krieg teilweise auch die Flucht hochrangiger Nationalsozialisten ins Ausland
organisiert worden sein.
**2) Manche Kirchen- und Diakonieführer unterschieden zwischen unterschiedlichen Graden der Behinderung und
versuchten, das Leben leichter Behinderter zu retten, indem sie die Ermordung schwerer Behinderter unterstützten.

Juli 1940 - Juden werden als Fernsprechteilnehmer ausgeschlossen. Sie dürfen kein
Telefon mehr besitzen.

1940 - Ein Gedächtnisprotokoll über die Ordnung der evangelischen Kirche im Warthegau
an der polnischen Grenze aus dem Jahr 1940 soll nach kirchlichen Angaben die "streng
geheime" Vorstellung in Adolf Hitlers Parteikanzlei (Leiter: Martin Bormann) für das
Verhältnis von Staat und Kirche nach dem Krieg widerspiegeln. Demnach sollten die staatlich
privilegierten Kirchen dezentralisiert und zu normalen Vereinen werden, wo nur noch
Erwachsene Mitglieder werden dürften und nicht mehr Säuglinge durch die Taufe. Die
staatlichen Subventionen an die Kirchen sollten gestrichen werden, und die Kirchen dürften
nur noch ihre Kirchengebäude als Eigentum behalten. Dieses schillernde Dokument dient der
Kirche seit 1945 dazu, an der Legende einer angeblichen Opferrolle im nationalsozialistischen
Staat zu stricken. Ein teilweise ähnlicher Inhalt ist steht in einer Geheimen Kommandosache
des Sicherheitsdienstes RFSS vom 15.2.1938 (wo es jedoch auch um eine "Bekämpfung des
Sektenwesens" geht, welche die Kirche sonst einvernehmlich mit dem NSDAP-Staat
durchführte) und in einem Brief von Martin Bormann, dem Leiter der Parteikanzlei der

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 57 of 94

NSDAP, aus dem Jahr 1941. Der Entwurf für den Warthegau wird von Kirchenvertretern
gelegentlich sogar als Modell einer "Endlösung" der Kirchenfrage nach dem Krieg
gedeutet (so z. B. in: Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Band V, Hrsg. Heiko A.
Obermann u. a., Neukirchen 1999, S. 141; Geheime Kommandosache auf S. 141-144; Brief
von M. Bormann auf S. 145-147 und Protokoll auf S. 156 f.). Damit wird versucht, das
Thema zumindest sprachlich auf eine Stufe mit der so genannten "Endlösung der
Judenfrage" durch den Holocaust zu stellen. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, inwiefern es
sich bei den vorhandenen Dokumenten wirklich um ausgereifte Pläne handelt, die das
gesamte Deutsche Reiche betreffen würden und denen von maßgeblicher Seite bereits
zugestimmt wurde. Außerdem ist bei der engen Verflechtung von Nationalsozialismus und
Kirchen mehr als zweifelhaft, ob ein solches "Modell" auch nur annähernd eine Chance
gehabt hätte.
Anmerkung: Und inwiefern dies zudem eine heutige Verhöhnung der tatsächlichen Opfer ist, mag jeder selbst entscheiden.

September 1940 - Der Stürmer wirft den Juden vor, den Glauben für wirtschaftliche Ziele
zu missbrauchen: "Die Juden sind nämlich gar keine Glaubensgemeinschaft, sondern
ein Bund zur Vertretung wirtschaftlicher und politischer Interessen."
Anmerkung: Ein Verleumdungsmuster, das ca. 50-60 Jahre später wieder von kirchlichen Sektenbeauftragten gegen andere
Glaubensgemeinschaften eingesetzt wird (vgl. Zeitablauf: Mai 1936).

24.12.1940 - Juden müssen als Ersatz für die den Mitgliedern der NSDAP auferlegten
Parteispenden eine "Sozialausgleichsabgabe" zahlen.

1941
Zyklon B

April 1941 - Lebensmittel, welche Juden aus dem Ausland zugeschickt bekommen,
werden von ihren Lebensmittelrationen abgezogen.

April 1941 - Die ehemals evangelische Familie Kusserow aus Bad Lippspringe, die sich den
Zeugen Jehovas angeschlossen hat, wird wegen ihres Glaubens enteignet, die
Familienmitglieder kommen ins KZ. Für den Fall, dass sie ihrem neuen Glauben wieder
"abschwören" und z. B. wieder evangelisch werden, wird ihnen die Entlassung aus dem
KZ zugesichert. Dies tun sie nicht (nach "Lila Winkel", a.a.O.).

22.6.1941 - Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion - Die deutsche


Armee hatte das rückhaltlose Vertrauen aller Bischöfe. Zu ihren Verbrechen siehe aktuell
[2008] z. B.
http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3313/_absondern_erschiessen.html

Sommer 1941 - Beginn der alliierten Fliegerangriffe auf Deutschland

Juli 1941 - Sofortige Massenerschießungen von verhafteten Juden

3.8.1941 - Der katholische Bischof Clemens August von Galen prangert als einziger
deutscher Bischof in einer Predigt die Vernichtung Behinderter an. Auf der anderen Seite
treibt er die Deutschen in den Krieg (siehe dazu Der Theologe Nr. 27 über den
"Kreuzzugsprediger" von Galen). Aus Rücksicht auf den Protest von Galens finden die
Vernichtungsaktionen (von weiteren ca. 30.000 Behinderten) seither mehr im Geheimen statt.
So lässt man z. B. in Irsee im Allgäu, wo die Nonnen von der "Kongregation des Heiligen
Vinzenz von Paul" einen großen Teil des Personals stellen, behinderte Kinder darauf hin nicht
mehr vergasen, sondern auf staatliche Anordnung hin verhungern (was nach ca. drei Monaten
zum Tod führen sollte) oder vergiften (Ernst Klee/Gunnar Petrich, Film "Alles Kranke ist

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 58 of 94

Last", a.a.O.).
Als Töterin wurde in Irsee vor allem die evangelische Krankenschwester Pauline Kneissler
eingesetzt, die vor dem Krieg im Kirchenchor sang und evangelischen Kindergottesdienst
hielt und schon in den Vergasungsanstalten Grafeneck auf der Schwäbischen Alb und in
Hadamar bei Limburg zuvor Tausende von Menschen mit der Giftspritze tötete. Sie teilte
dem Klinikseelsorger jeweils mit, welchem Behinderten er die katholischen
Sterbesakramente geben soll. Nachdem der Priester jeweils seinen "Dienst" getan hatte,
brachte sie den Behinderten um.
Anmerkung: Die evangelische Massentöterin Pauline Kneissler wurde nach dem Krieg zu vier Jahren Haft verurteilt
und beschwerte sich über dieses Urteil. So rechtfertigt sich die Krankenschwester 1947 mit den Worten: "Mein
Leben war Hingabe und Aufopferung, ... nie war ich hart zu Menschen ... Dafür muss ich heute leiden und
leiden" (http://www.rav.de/infobrief94/mueller2.htm).
Alle Verbrecher im staatlichen Auftrag hatten dabei die Rückendeckung der EKD (Evangelische Kirche in
Deutschland), die in einem Beschwerdebrief an die US-Militärregierung vom 26.4.1946 z. B. schrieb: "Dabei waren
Handlungen und Gesinnungen, die heute verurteilt werden, vom damaligen Gesetzgeber als rechtmäßig
und gut eingeschätzt. Hierdurch wird das Rechtsempfinden erschüttert und von den Angeklagten eine
Rechtseinsicht verlangt, die man nicht erwarten kann" (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern).
(PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der Ermordung Behinderter finden Sie
hier)

1.9.1941 - Einführung des Judensterns (vgl. 4. Laterankonzil im Jahr 1215: Juden müssen
ein Unterscheidungszeichen an ihrer Kleidung tragen)

3.9.1941 - Erste Probevergasungen mit "Zyklon B" in Auschwitz

15.9.1941 - Allen Juden vom 6. Lebensjahr an wird es verboten, sich in der


Öffentlichkeit ohne Judenstern zu zeigen. Und Juden dürfen nur noch mit schriftlicher
polizeilicher Erlaubnis ihren Wohnort verlassen.

Evangelische Landeskirchen berufen sich auf Luther


und fordern "schärfste Maßnahmen" gegen die Juden
als den "geborenen Welt- und Reichsfeinden"
 

September 1941 - Gemeinsame Erklärung zur Anordnung über die Einführung des
Judensterns der Landeskirchen Sachsen, Hessen-Nassau, Mecklenburg, Schleswig-
Holstein, Anhalt, Thüringen und Lübeck: "Als Glieder der deutschen Volksgemeinschaft
stehen die unterzeichneten deutschen evangelischen Landeskirchen und Kirchenleiter in der
Front dieses historischen Abwehrkampfes, der u. a. die Reichspolizeiverordnung über die
Kennzeichnung der Juden als der geborenen Welt- und Reichsfeinde notwendig gemacht hat.
Wie schon Dr. Martin Luther nach bitteren Erfahrungen die Forderung erhob,
schärfste Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen, und sie aus deutschen Landen
auszuweisen. Von der Kreuzigung Christi bis zum heutigen Tage haben die Juden das
Christentum bekämpft oder zur Erreichung ihrer eigennützigen Ziele missbraucht oder
gefälscht. Durch die christliche Taufe wird an der rassischen Eigenart eines Juden,
seiner Volkszugehörigkeit und seinem biologischen Sein nichts geändert" (zit. nach U.
Dreyer in: idea-spektrum Nr. 11/1996).
Vgl. Luthers Spott über die Taufe von Juden: "Wenn ich einen Juden taufe, will ich ihn an die
Elbbrücken führen, einen Stein um den Hals hängen und ihn hinab stoßen und sagen: Ich
taufe dich im Namen Abrahams" (Tischreden Nr. 1795; zit. bei Landesbischof Martin Sasse,
Martin Luther über die Juden - Weg mit ihnen! Freiburg 1938, S. 14).

Ab Oktober 1941 - Deportationstransporte deutscher Juden in die Vernichtungslager;


Massenvergasungen

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 59 of 94

24.10.1941 - Verbot freundschaftlicher Beziehungen von Deutschen zu Juden 

Evangelisch-lutherischer Pfarrvikar
bildet Heckenschützen im Töten aus

Herbst 1941 - Ein junger evangelisch-lutherischer Pfarrer, damals "Pfarrvikar" genannt,


lehrt an der Front, wie man aus dem Hinterhalt Menschen umbringt. Der Vikar,
gleichzeitig Hauptmann der Wehrmacht, berichtet: "Dann ziehe ich mit dem ersten ´Jäger` los
und entdecke in meinem Fernglas in einem schmalen Durchblick in etwa 400 m Entfernung
einen russischen Soldaten, der dort offenbar den Verkehr regelt. Ich sage zu meinem Mann:
´So, den schießt du ab!` Darauf er: ´Nö, dös ko i net; der kämpft ja net. Bloß a so abknall´n,
dös geht do net.` Und ich: ´Wann du´s net kannst, tue ich es. Gib mir dei Jagdgewehr her!`
Und ich schieße - und treffe - und mein Hannes sagt: ´Jetzt, wo du mir dös vorgemacht hast,
jetz ko i´s a.` Und ich gebe ihm das Gewehr wieder und lass ihn weiter ´jagen` und gehe
hinein in meinen Unterstand und lege mich auf meinen Platz, dass mich niemand beobachten
kann, weil mir so übel ist und ich weinen muss: Nicht darüber, dass ich einen Russen
angeschossen, vielleicht sogar getötet habe; aber - ich habe einem Menschen sein Gewissen
zerstört, und das ist furchtbar. Und dennoch - wäre ich wieder in derselben Lage, so machte
ich es trotz allem wieder genauso" (zit. nach Mensing, a.a.O., S. 207).
Anmerkung: Die Rechtfertigungsworte des Pfarrvikars, der sich freiwillig an die Front meldete, stammen vermutlich aus der Zeit
nach 1945. Die Erschießungen wären auch eine Vergeltung für russische Scharfschützentätigkeiten (wohlgemerkt: im
überfallenen Russland und nicht etwa in Deutschland) gewesen.

5.12.1941 - Erster Einsatz der berüchtigten Gaswagen, bei welchen die Auspuffgase ins
Wageninnere gelenkt werden, bis alle Businsassen tot sind.

22.12.1941 - Die Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche fordert alle


evangelischen Landeskirchen auf, die kirchlich getauften Juden "auszuscheiden", wie
dies die Thüringer Landeskirche durch eine Kirchengesetz bereits beschlossen hat.
Wörtlich heißt es:
"Der Durchbruch des rassischen Bewusstseins in unserem Volk, verstärkt durch die
Erfahrungen des Krieges und entsprechende Maßnahmen der politischen Führung, haben die
Ausscheidung der Juden aus der Gemeinschaft mit uns Deutschen bewirkt ... Wir bitten daher
im Einvernehmen mit dem Geistlichen Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen
Kirche* die obersten Behörden [aller Landeskirchen], geeignete Vorkehrungen zu treffen,
dass die getauften Nichtarier dem kirchlichen Leben der deutschen Gemeinde fernbleiben.
Die getauften Nichtarier werden selbst Mittel und Wege suchen müssen ..." (Kirchliches
Jahrbuch Nr. 482, zit. nach Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Band V, Hrsg.
Heiko A. Obermann u. a., Neukirchen 1999, S. 163)
Anmerkung: Zu dieser Zeit wurden in den deutschen Städten die evangelisch und katholisch "getauften Nichtarier" zusammen
mit den übrigen Juden schon seit Monaten zu den Massenvergasungen verschleppt. Die oberste Kirchenleitung gab ihnen
praktisch noch eine Art "Hausverbot" mit ins letzte Reisegepäck.
* Der "Geistliche Vertrauensrat" wurde am 31.8.1939 ins Leben gerufen mit den Mitgliedern: Dr. Friedrich Werner
(Kirchenkanzlei), Landesbischof August Marahrens (Landeskirche Hannover), Landesbischof Walter Schulz (Landeskirche
Mecklenburg), Oberkonsistorialrat Johannes Hymmen (Altpreußische Union, Berlin), Professor Dr. Otto Weber (Reformierte
Kirche, Göttingen). Ob sich bis 1941 an der Besetzung etwas geändert hat, ist nicht bekannt.

1942
Kirchliches Schweigen zur "Endlösung" der "Judenfrage":
Der "feindlichen Propaganda" keinen Stoff liefern

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 60 of 94

Januar 1942 - Die noch verbliebenen Juden müssen alle Pelz- und Wollsachen bei den deutschen
Behörden abliefern.

20.1.1942 - Wannsee-Konferenz: Der bereits in Gang befindliche Massenmord an allen Juden wird neu
besprochen und koordiniert. Die Vernichtung ist in vollem Gang.

6.2.1942 - Landesbischof Theophil Wurm aus Stuttgart protestiert in einem Schreiben an die Deutsche
Evangelische Kirchenkanzlei in Berlin dagegen, dass evangelische Kirchenmitglieder jüdischer Herkunft
nicht als vollwertige Evangelische behandelt und teilweise aus der Kirche ausgeschlossen werden. In
diesem Zusammenhang rechtfertigt er aber die Rassegesetzgebung des NS-Staates und weist auf die
evangelischen Inspiratoren dieser Weltanschauung hin:
"Von keiner evangelischen Kirche ist dem Staat das Recht bestritten worden, zum Zwecke der
Reinhaltung des deutschen Volkes eine Rassegesetzgebung durchzuführen. Führende Männer der
evangelischen Kirche ... haben einst zuerst auf die Gefahren hingewiesen, die dem deutschen Volk
aus der jüdischen Überfremdung auf wirtschaftlichem, politischem und kulturellen Gebiet
drohen" (zit. nach idea-spektrum Nr. 31/32/2006).

12.3.1942 - Der württembergische Landesbischof Theophil Wurm aus Stuttgart erläutert dem Nazi-
Reichskirchenminister, warum die Kirche zum Völkermord an den Juden weitgehend schweigt:
"Die christlichen Kirchen haben in der Ablehnung solcher Dinge große Zurückhaltung geübt, um der
feindlichen Propaganda keinen Stoff zu liefern" (zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 154).

1942 - Die rheinische Landeskirche verrät den Nationalsozialisten das Versteck ihres
jüdischstämmigen Pfarrers Ernst Flatow. Flatow wird darauf hin von der Gestapo erst ins Warschauer
Ghetto verschleppt und später in Treblinka vergast (Spiegel online, 18.2.2008; siehe auch oben: 1933).

Mai 1942 - Juden wird es verboten, Hunde, Katzen oder Vögel als Haustiere zu halten.

Juni 1942 - Beginn der Massenvergasungen von Juden im Konzentrationslager Auschwitz

1942 - 1943 - Der evangelisch-lutherische Pastor und frühere Propst von Neumünster und Segeberg
Ernst Szymanowski (der sich ab 1941 "Ernst Biberstein" nennt) befiehlt als Chef des
Einsatzkommandos 6 in Rostow/Ukraine die Ermordung von 2.000 - 3.000 Menschen, meist Juden.
Szymanowski wechselte bereits 1936 vom kirchlichen Dienst in die SS, behielt aber seine
Amtsbezeichnung "Pfarrer" bei. Vor dem Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg leugnet er später
weitgehend seine Taten, gibt jedoch zu, bei früheren Massenmorden dabei gestanden zu sein. Die
Gaswagen hielt er "aus humanitären Gründen für angebrachter" als Maschinengewehr-Salven. "Sie ist
menschlich angenehmer. Die Leichen machen einen ruhigen und friedlichen Eindruck". Auf die Frage
nach möglichen geistlichen Zeremonien vor der Hinrichtung erklärt der Theologe: "Ich bin auch als
Pfarrer nicht verpflichtet, Menschen zu bekehren. Es ist nicht meine Art, mich aufzudrängen. Außerdem
muss ich hier ein Wort anführen, das vielleicht nicht ganz der Würde des Gerichts entspricht: ´Man soll
Perlen nicht vor die Säue werfen`" (Der Spiegel, 13.12.1947).
Der Lutheraner Biberstein wird als Kriegsverbrecher 1948 schließlich zum Tode verurteilt und 1955 zu
lebenslanger Haft begnadigt. Im gleichen Jahr bittet er seine Landeskirche, sich für seine Freilassung
einzusetzen. Im Jahr 1957 wird er dann auf Antrag der evangelischen Landeskirche Schleswig-Holsteins
tatsächlich freigelassen und wieder in den kirchlichen Dienst bei der Kirchenverwaltung in Neumünster
übernommen, wo er eine Zeitlang beschäftigt bleibt, bevor er wieder außerhalb der Kirche verschiedenen
Arbeiten nachgeht. Die Kirche, die den ehemaligen Propst wieder anstellte, bezweifelte die
Urteilsfähigkeit des Nürnberger Gerichtshofs.

Herbst 1942 - Die deutsche Wehrmacht rückt im Osten bis auf Stalingrad vor.

9.9.1942 - Vorschlag der Parteikanzlei der NSDAP an das Justizministerium, Juden die Erhebung
von Zivilklagen zu verbieten (vgl. 3. Laterankonzil im Jahr 1179: Juden dürfen Christen nicht anklagen
und können nicht Zeugen gegen Christen sein).
 

Evangelisch-lutherischer Pfarrer schlägt den Nazis


das Aufhängen von Juden vor und den evtl. Vollzug
der "Endlösung" an den Juden in einer Nacht

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 61 of 94

11.9.1942 - Der evangelisch-lutherische Pfarrer Friedrich Wilhelm Auer aus Larrieden/Franken schlägt in
einem Brief an den Herausgeber des Nazi-Blattes Der Stürmer, Julius Streicher, vor, für jeden deutschen
Zivilisten, der durch alliierte Bombenangriffe ums Leben gekommen ist, zehn Juden aufzuhängen. Ein
weiterer Vorschlag: "Wenn der Feind nicht innerhalb 24 Stunden unsere Friedensbedingungen
annimmt, wird eine Bartholomäusnacht veranstaltet und kein Jude verschont. Schade ist es um
keinen" (zit. nach Mensing, a.a.O., S. 209).
Anmerkung:  Bei der so genannten "Bartholomäusnacht" - benannt nach dem Namenstag des Bartholomäus - vom 23. auf den
24.8.1572 wurden in Frankreich Tausende von protestantischen Hugenotten ermordet.
Die Nazis erfüllen die Forderung des Pfarrers nach Vollzug der "Endlösung" innerhalb nur einer Nacht noch nicht. Anfang 1945
predigt Pfarrer Auer, dass der Heiland "dem Weltgeschehen eine wunderbare Wendung geben könne", den Sieg Nazi-
Deutschlands im Krieg.
Von einer Beanstandung der Äußerungen des Pfarrers durch die Kirchenleitung ist nichts bekannt. Auch Pfarrer Auer (Jahrgang
1877) wird von der Kirchenleitung 1945 zusammen mit anderen ehemaligen nationalsozialistischen Pfarrern von der Kirche
1945 pauschal gerechtfertigt. Er geht 1945 in Ruhestand und stirbt 1970.

31.12.1942 - Wie zahllose andere evangelische Pfarrer mobilisiert ein Pfarrer aus Oberfranken die
Kirchengemeinde in seiner Silvesterpredigt für den Einsatz an der Ostfront (nach Mensing, a.a.O., S.
208).

1943
 

1.2.1943 - Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern - Bekanntmachung: Betreff: "Judenmatrikeln":


"Nach dem im Kirchl. Amtsblatt Nr.1 bekannt gegebenen Runderlass des Reichsjustizministeriums und
Reichsministers des Innern vom 28.12.1942 Ziff.3c sind die von kirchlichen Stellen aufbewahrten
Register über Personenstandsfälle von Juden an das Reichssippenamt Berlin abzuliefern ... Ev.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser."

Februar 1943 - Das deutsche Heer kapituliert in Stalingrad.

Februar 1943 - Eine 61jährige Bäuerin aus der Nähe von Hilpoltstein/Bayern wird wegen einer
kritischen Bemerkung denunziert und zu 16 Monaten Haft verurteilt. Der evangelische
Gemeindepfarrer Herold, Mitglied der NSDAP, Träger des goldenen Parteiabzeichens und
Vertreter der "Bekennenden Kirche", stellt sich auf die Seite der Denunzianten (vgl. den Freispruch
für Pfarrer Herold; Zeitablauf: 1948).
Anmerkung: Vgl. auch Martin Luthers Aufforderungen zu Denunziation in "Der Theologe" Nr.3 - "So spricht Martin Luther - so
spricht Jesus von Nazareth".  / Martin Luther droht Bürgern mit der Todesstrafe, die z. B. einen Angehörigen einer "Sekte" nicht
denunzieren, der ohne offiziellen Auftrag der Kirche predigt.  / Für den Prediger selbst fordert Luther ohnehin die Todesstrafe.

22.2.1943 - Die Studenten Sophie und Hans Scholl und Christoph Probst werden in München enthauptet.
Die beiden Geschwister Scholl wurden von einem Hausmeister der Universität einige Tage vorher dabei
ertappt, Flugblätter gegen den Krieg ausgelegt zu haben.

Ostern 1943 - Eine Gruppe evangelischer Kirchenmitglieder schreibt an Landesbischof Meiser: "Als
Christen können wir es nicht länger ertragen, dass die Kirche in Deutschland zu den
Judenverfolgungen schweigt" (zit. nach Denzler Fabricius, a.a.O., S. 165 f.). Landesbischof Meiser in
Bayern und alle anderen Kirchenleitungen schweigen jedoch weiter.
Anmerkung: Ob die Mitglieder daraufhin ausgetreten sind, ist nicht bekannt.

16.7.1943 - Landesbischof Wurm will sich nach langem Schweigen in einem Brief an Hitler
wenigstens für die so genannten "privilegierten" Nichtarier einsetzen, das sind evangelische oder
katholische Juden.
"Im Namen Gottes und um des deutschen Volkes willen sprechen wir die dringende Bitte aus, die
verantwortliche Führung des Reiches wolle der Verfolgung und Vernichtung wehren, der viele Männer
und Frauen im deutschen Machtbereich ohne gerichtliches Urteil unterworfen werden. Nachdem die dem
deutschen Zugriff unterliegenden Nichtarier in größtem Umfang beseitigt sind, muss auf Grund von
Einzelvorgängen befürchtet werden, dass nunmehr auch die bisher noch verschont gebliebenen so
genannten privilegierten Nichtarier erneut in Gefahr sind, in gleicher Weise behandelt zu werden" (zit.
nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 153).

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 62 of 94

Zu diesem Zeitpunkt sind aber die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka aber schon
wieder eingeebnet, die Vernichtung dort schon vollzogen.
Heinz Brunotte von der evangelischen Kirchenkanzlei schreibt: "Von der Mitte des Jahres 1943 an
schweigen die Akten der Kirchenkanzlei. Mit der Verschleppung der letzten deutschen Juden in die
Vernichtungslager erlosch das Problem einer kirchlichen Betreuung evangelischer Nichtarier" (zit.
nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 154).

1943 - Der Antisemitismus in den Predigten der Mehrheit der Pfarrer geht weiter. Z. B. predigt am
18.7.1943 ein evangelischer Pfarrer über "die Juden, diese geschworenen Christushasser" (zit. nach
Mensing, a.a.O., S. 203).

Landesbischof August Marahrens von der Bekennenden Kirche fordert


"unbedingte Hingabe" für den Krieg
 

20.7.1943 - Der hannoversche Landesbischof August Marahrens von der Bekennenden Kirche fordert
unbedingte Hingabe für den Krieg:
"Wir stehen in einem unseren ganzen Einsatz fordernden Krieg, und dieser Krieg muss in unbedingter
Hingabe frei von Sentimentalität geführt werden" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 24 f.).

16. / 17.10.1943 - Die Synode der Bekennenden Kirche der Altpreußischen Union erklärt zum 5. Gebot
im Sinne der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre (siehe Anhang):
"Gott hat den Menschen den Auftrag gegeben, den Mörder, den Übertreter seines Gebotes, zu
töten. Er hat die Obrigkeit zu diesem Zweck als Dienerin der Gerechtigkeit eingesetzt ... dass solche
Befehle [zur Hinrichtung] zur Erhaltung des Lebens in der Gemeinschaft der Menschen und Völker
notwendig sind, offenbart den Fluch der Sünde ... Über die Tötung des Verbrechers und des Feindes
im Kriege hinaus ist dem Staat das Schwert nicht zur Handhabung gegeben. Vernichtung von
Menschen, lediglich weil sie Angehörige eines Verbrechers, alt oder geisteskrank sind oder einer anderen
Rasse angehören, ist keine Führung des Schwertes, das der Obrigkeit von Gott gegeben ist" (zit. nach
Denzler/Fabricius, Christen und Nationalsozialisten, Frankfurt/M. 1993, S. 317 f.).
Anmerkungen: 1) Gott hat den Menschen nicht den Auftrag gegeben, Mörder zu töten, und Er hat auch nicht den Krieg gelehrt.
Die Amtskirchen haben Ihm das nur unterstellt. Das Gebot heißt "Du sollst nicht töten" - ohne Ausnahme.
2) Wahrscheinlich wird indirekt auch die Judenvernichtung kritisiert (der Holocaust war jedoch zu einem großen Teil bereits
vollzogen; siehe z. B. hier), obwohl von den Juden nicht gesprochen wird. Allerdings werden die Juden in der Gesellschaft
vielfach auch als "Verbrecher" am deutschen Volk gesehen, und Martin Luther betrachtet schon die Durchführung jüdischer
Gottesdienste als todeswürdige Verbrechen (vgl. Luther: "...dass man ihnen verbiete, bei uns ... öffentlich Gott zu loben, zu
danken, zu beten, zu lehren bei Verlust Leibes und Lebens ..."). Ein Großteil der Judenvernichtung ist außerdem schon
vollzogen.

20.12.1943 - Der evangelische Landesbischof Wurm ändert sein gezieltes Schweigen (vgl. 12.12.1938,
12.3.1942 und 16.7.1943) und schreibt an Reichsminister Lammers:
"... dass wir Christen diese Vernichtungspolitik gegen das Judentum als ein schweres und für das
deutsche Volk verhängnisvolles Unrecht empfinden ... Unser Volk empfindet vielfach die Leiden, die es
durch die feindlichen Fliegerangriffe ertragen muss, als Vergeltung für das, was den Juden angetan
wurde" (zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 154). Die Worte werden von Landesbischof Wurm
in der kommenden Zeit offenbar öffentlich nicht wiederholt. Sie bleiben ein Einzelfall.

1944
Ein evangelischer Kirchenpräsident und Bischof:
Den Himmel mit Blutvergießen gewinnen
 
1.1.1944 - Aufruf zur Jahreswende des Präsidenten und späteren Bischofs der Thüringer
Evangelischen Kirche Hugo Rönck:
"Über Jahrhunderte hinweg mahnt uns das Vermächtnis Martin Luthers: ´Solch wunderliche Zeiten sind
jetzt, dass ein Volk den Himmel eher mit Blutvergießen gewinnen kann, denn anders sonst mit

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 63 of 94

Beten` ... Heil Hitler" (Thüringer Kirchenblatt Nr. 1/1944).


Anmerkung: Der von den Kirchen maßgeblich mit angeheizte Krieg führte die Menschen in Scharen zurück in die Kirche. So
sagte z. B. der damalige Offizier Günther Strahl in einem Interview: "Je länger der Krieg dauerte, je christlicher wurden die
Gedanken und je voller die Kirchen" (zit. nach Weihnachtsbaum und Hakenkreuz, Dokumentation, MDR 2002). Bischof Hugo
Rönck erhielt nach dem Krieg 1947 wieder eine Pfarrstelle in Eutin und blieb dort bis zu seinem Ruhestand 1976 unangefochten
im Amt. Er starb 1990.

18.4.1944 - Bekanntmachung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern: Seelsorge an


Sterbenden: "Wir leben in einer Zeit des großen Sterbens ... In einer solchen Zeit wächst der Kirche die
Aufgabe zu, die Menschen an den Tod zu mahnen, sie aber auch zu lehren, wie Christen sterben sollen."
Es folgt ein Hinweis auf die Bibelstelle, "dass Christus unser Leben und Sterben Gewinn ist ... Ev.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser" (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern).

20.7.1944 - Das von Claus Schenk Graf von Stauffenberg (*15.11.1907) und anderen Tätern geplante und
durchgeführte Attentat auf Adolf Hitler scheitert.

23.7.1944 - Predigt des Präsidenten der Thüringer Evangelischen Kirche Hugo Rönck. Er vergleicht
Luther und Hitler:
"Kaum wüsste man neben dem Thüringer Bauernsohn Martin Luther noch einen anderen Deutschen zu
nennen, der so wie Adolf Hitler in begnadeter, schöpferischer Vollmacht berufen war, seiner Zeit und
kommenden Jahrhunderten den Stempel seines wahrhaft revolutionären Wesens aufzuprägen" (Thüringer
Kirchenblatt Nr. 15/1944).

30.7.1944 - Die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei und der Geistliche Vertrauensrat der
Evangelischen Kirche (Mitglieder siehe hier) bekunden, dass sich das deutsche Volk "mit Empörung und
Abscheu" von der Tat des 20. Juli 1944 abwendet, und sie huldigen Hitler mit Treuetelegrammen.
Wörtlich heißt es: "Aus tiefem Herzen danken wir dem Allmächtigen für die Errettung des Führers und
bitten ihn, Er möge ihn weiterhin in seinen Schutz nehmen. Mit dieser Bitte soll sich das Gelöbnis neuer
Treue und der Entschluss verbinden, uns ernster noch als zuvor der unerbittlichen Forderung der
Zeit zu unterwerfen, für die der Führer rastlos sein Alles einsetzt. - Die Deutsche Evangelische
Kirchenkanzlei und der Geistliche Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche haben nach dem
Anschlag auf das Leben des Führers in Treuetelegrammen an ihn den Dank gegen Gott für die gnädige
Bewahrung Ausdruck verliehen" (Das Evangelische Deutschland, 30.7.1944).
 
Anmerkung: Die Fortsetzung des Krieges wird weiteren Hunderttausenden Menschen das Leben kosten, z. B. bei der
Bombardierung deutscher Städte (zur These, Meiser hätte das Attentat befürwortet, siehe hier).

August 1944 - Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern verschickt


einen antisemitischen Vortrag des Tübinger Theologieprofessors Gerhard Kittel als "Berufshilfe"
an alle evangelischen Pfarrer (Vollnhals, a.a.O., S. 132).
"Zu diesem Zeitpunkt wusste er [Landesbischof Meiser] aber schon, was sich in den Vernichtungslagern
in Osteuropa abspielte" (Thomas Greif in Evangelisches Sonntagsblatt Nr. 20/2009).

1945
Überlebende Juden:
"Eine wankende Masse dunkler Haut und Knochen"
13.2. / 14.2.1945 - Bei den alliierten Luftangriffen auf Dresden
kamen ca. 25.000 Menschen ums Leben. Zerstört wurde dabei auch die
evangelisch-lutherische Frauenkirche, aus der - wie aus allen
deutschen evangelischen Kirchen - jahrelang Predigten für den Krieg
gehalten worden sind Die Ruine der Kirche diente in der DDR
folgerichtig als ein "Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung".
Eine Bombe warf auch das große Denkmal von Martin Luther,
dem "Propheten der Deutschen" (siehe hier), vom hohen Sockel
(SLUB Dresden/Abt. Deutsche Fotothek, www.deutschefotothek.de / Richard Peter
sen.; Luther im Bild rechts unten am Boden)  - ein Symbol dafür, wohin die
Lehre Martin Luthers gegenüber den jüdischen Mitbürgern und die
Lehre und das Tun der evangelischen Kirche führte.

15. / 16.4.1945 - Die Engländer befreien das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Dazu der britische
Militärrabbiner Hardman über seine Erlebnisse:

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 64 of 94

"Als wir weiterliefen, begegneten wir dem, was mir die Überlebenden des Holocaust zu sein schienen -
eine wankende Masse dunkler Haut und Knochen, zusammengehalten nur durch filzige Lumpen.
´Mein Gott, die Toten gehen`, schrie ich laut, aber ich erkannte meine Stimme nicht wieder. ´Sie sind
nicht tot`, sagte das Mädchen. ´Aber sie werden es bald sein`" (zit. nach Königseder/Wetzel, Lebensmut im
Wartesaal, Frankfurt 1994, S. 13 f.).
Anmerkung: Trotz der Hilfe sterben alleine in Bergen-Belsen in den nächsten Monaten 13.000 Lagerinsassen, die das
Kriegsende zunächst überlebten, an den Folgen der Haft.

3.5.1945 - Die Amerikaner befreien das Konzentrationslager Mauthausen. Ein US-Soldat über die
Menschen dort:
"Ihre Beine und Arme waren wie Stöcke mit ´riesigen angeschwollenen Gelenken ... Ihre Augen
lagen so tief in den Höhlen, dass es aussah, als ob sie blind wären`, erinnert er sich. Wenn sie sich
bewegten, war dies mit einer schleichenden Langsamkeit, die sie aussehen ließ wie riesige lethargische
Spinnen. Viele lagen in ihren Kojen wie Tote" (zit. nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 15).

8.5.1945 - Kapitulation Deutschlands

Ab Mai 1945 - Die Siegermächte beginnen mit Prozessen gegen Nazi-Verbrecher. Aus Unkenntnis über
die Haltung der evangelischen Kirche in den vergangenen Jahren und in der Gegenwart bitten die
Amerikaner am Beginn ihrer Ermittlungen immer wieder die evangelische Kirche um Hilfe und
fragen die Pfarrer um Rat. Dies wird von der Kirche ausgenutzt, um einerseits Verbrechen von
Kirchenanhängern zu rechtfertigen und die Betroffenen zu "entlasten" und um andererseits Gegner der
Kirche durch die Militärregierung verurteilen zu lassen.
Beispiel Coburg/Bayern: Der evangelische Dekan setzt sich für den Nazi-Kreisleiter ein, da er auch
ein "Verfechter kirchlicher Interessen" war. Bei einem Lehrer, der kein NSDAP-Mitglied war,
betreibt der lutherische Dekan aber die Entlassung aus dem Dienst. Der Lehrer hatte während der
Nazi-Zeit die Kirche scharf angegriffen (Vollnhals, a.a.O., S. 135).

9.5.1945 - Die USA bitten Landesbischof Meiser um Zusammenarbeit und um Personalvorschläge


"für höhere und höchste Staatsämter". So bringt die Evangelisch-Lutherische Kirche z. B. den
Vizepräsidenten des Landeskirchenrates, Oberkirchenrat Dr. Hans Meinzolt, gleich als "Staatsrat im
Kultusministerium" unter. Damit ist ein Kirchenmann ab 1945 oberster Verwaltungsbeamter der neuen
bayerischen Staatsregierung (nach Vollnhals, a.a.O., S. 135 f.). Ähnliches geschieht auch in anderen
Regionen Deutschlands.

Die evangelische Kirche rechtfertigt sich und alle ihre Amtsträger


 

10.5.1945 - Landesbischof Theophil Wurm hält in Stuttgart einen "Gottesdienst" und rechtfertigt
das Verhalten der Kirche:
"Es hat von Seiten der beiden christlichen Kirchen nicht an Versuchen gefehlt, die Regierung an ihre
Verantwortung vor Gott und vor den Menschen zu erinnern. Aber diese Mahnungen wurden entweder
nicht beachtet oder als Einmischung in staatliche Angelegenheiten zurückgewiesen" (zit. nach Klee, Die
SA Jesu Christi, a.a.O., S. 160).

11.5.1945 - Landesbischof Theophil Wurm: "Nicht klagen und anklagen, sondern vergeben und
helfen ist das Gebot der Stunde" (zit. nach Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 160).
Anmerkung: So engagiert sich Landesbischof Wurm z. B. ab 1951 im Vorstand der Stillen Hilfe für Kriegsgefangene und
Internierte, Seite an Seite mit Gudrun (genannt "Püppi") Himmler, der Tochter des gefürchteten SS-Chefs Heinrich Himmler. Die
"Stille Hilfe" gilt als "getarnte Nazi-Organisation", "die noch heute diskret aber wirkungsvoll die Drähte im braunen Netzwerk
zieht" (Abendzeitung Nürnberg, 5.4.2006).

Ab 1945 - "Rom ist in den Nachkriegsjahren der beliebteste Wallfahrtsort flüchtiger Nazis. In der Ewigen
Stadt finden sie Unterschlupf und falsche Papiere zur Flucht ins Ausland" (Ernst Klee, in: Persilscheine
und falsche Pässe, Frankfurt am Main 1991, S. 25).
Dank katholischer Hilfe können z. B. der Organisator der "Endlösung", das evangelische
Kirchenmitglied Adolf Eichmann, und der Katholik und Auschwitz-Arzt Josef Mengele nach
Südamerika fliehen.
Eichmann, der als Jugendlicher im CVJM (= Christlicher Verein Junger Menschen) tätig war, sagt dazu
am 14.5.1961: "Ich erinnere mich in tiefer Dankbarkeit an die Hilfe katholischer Priester bei meiner

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 65 of 94

Flucht aus Europa und entschied, den katholischen Glauben zu honorieren, indem ich Ehrenmitglied
wurde."
Anmerkung: Eichmann bleibt offiziell evangelisch, trägt aber in seinen argentinischen Pass "katholisch" ein, was er als
Ehrenmitgliedschaft auffasst.

Juni 1945 - Martin Niemöller, der Vorsitzende des Pfarrernotbundes und einer der Sprecher der
"Bekennenden Kirche", erläutert, wie er sich aus dem "Prominenten-Bunker" im KZ Dachau (mit
besseren Bedingungen als in anderen KZs) bei Kriegsausbruch freiwillig zur Kriegsmarine meldete. Er
habe als Lutheraner für sein Vaterland kämpfen müssen. Eine demokratische Regierungsform
komme für die Deutschen aus seiner Sicht nicht in Frage:
"The Germans like to be governed" (= "Die Deutschen möchten regiert werden.") (zit. nach Ernst Klee,
Persilscheine, a.a.O., S. 11).
Anmerkung: Die Nazis ließen Martin Niemöller 1939 nicht an die Front. 1947 wird er Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche
von Hessen-Nassau. Zusammen mit den Landesbischöfen Hans Meiser, Theophil Wurm und anderen ist er 1945 auch
Mitbegründer der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Schuld von Kirchenmitgliedern: Vorsicht vor den Amerikanern!

30.6.1945 - Absprachen der Kirchenverantwortlichen mit Landesbischof Meiser hinsichtlich ihres


Verhaltens bei der "Vernichtung unwerten Lebens". Dazu Pfarrer Ratz aus Neuendettelsau an Pfarrer
Harleß aus Bruckberg:
"Wie ich neulich von Frau Dr. Asam-Bruckmüller hörte, interessieren sich die Amerikaner sehr für die
Sache. Es scheint auch, dass sie versuchen, einen verantwortlichen Mann zur Rechenschaft zu ziehen. Da
ist es natürlich nötig, dass unsere Angaben über das, was wir taten, übereinstimmen. Als in dieser
Woche Herr Landesbischof Meiser hier war, wurde auch über diese Sache gesprochen und auch von ihm
betont, wie nötig es sei, gerade in diesen Dingen möglichst Vorsicht walten zu lassen" (zit. nach:
Müller/Siemen, Warum sie sterben mussten, Leidensweg und Vernichtung von Behinderten aus den
Neuendettelsauer Pflegeanstalten im "Dritten Reich", Neustadt/Aisch 1991, S. 168 f.).
Am 26.2.1946 können "die Pflegeanstalten Neuendettelsau teilweise wieder ihren früheren
Zweckbestimmungen zugeführt werden. Ev.-Luth. Landeskirchenrat; D. Meiser" (Amtsblatt der Evang.-
Luth. Kirche in Bayern). (PS: Eine Zusammenstellung aller Informationen zu der Ermordung Behinderter
finden Sie hier)

Seit 1945 - Landesbischof Meiser setzt sich für Kriegsverbrecher ein. Immer mehr Kriegsverbrecher
wenden sich deshalb an den Bischof. Meiser bleibt bis zu seinem Ruhestand 1955 als Landesbischof
unangefochten im Amt.

6.7.1945 - Bitte von SS-Sturmbannführer Dr. Matuscyk, die SS-Männer in die Seelsorge
einzuschließen, damit sie dem Volke nicht verloren gehen.
"An Seine Excellenz Landesbischof Meiser ..."
Die SS-Männer seien "geblendet von dem Strohfeuer eines nationalen Aufstiegs" gewesen.
"... wir sollten der auserlesene Orden der Nation sein ..." Nun müssten die SS-Männer "den Weg zum
Kreuz Christi wieder zurückfinden ... Was Körper und Geist anbetrifft, so stellte die SS im großen und
ganzen eine gute Auslese dar."
Der "ergreifende Bericht" erinnert die Leitung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern an den Ruf
des Paulus: "Komm herüber und hilf uns." Deshalb soll alles geschehen, was getan werden kann.
Landesbischof Meiser vermeidet wegen der amerikanischen Militärregierung eine direkte Antwort, lässt
aber Dr. Matuscyk das Christuswort ausrichten: "Wer zu mir kommt, den will ich nicht hinaus
stoßen" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 11 f.).

20.7.1945 - Auf Initiative der Evangelischen Kirche erfolgt ein scharfer Protest von Landesbischof
Meiser und Kardinal Faulhaber gegenüber der Militärregierung. Die Forderungen:
- Keine pauschale Verurteilung ehemaliger Parteigenossen
- Keine pauschale Verurteilung von SS-Leuten
- Freilassung der inhaftierten Bankiers und Industriellen
Die Kirchenführer beklagen, "... wie schwer diese Industriellen, zum Teil höheren Alters, unter den
Entbehrungen der Gefängnisse und ihre Familien unter dieser Trennung leiden" (zit. nach Klee,
Persilscheine, a.a.O., S. 14). Das unsagbare Leid in den jüdischen Familien war Landesbischof Meiser
einige Jahre zuvor jedoch kein einziges Wort wert, und er kritisierte andere scharf, die wenigstens
überlegten, vielleicht etwas zu sagen (siehe 23.-26.9.1935).

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 66 of 94

Auch nach dem Holocaust: Der Antisemitismus lebt weiter

Sommer 1945 - Nur wenige jüdische Bürger überleben den Holocaust. Sie leben in Lagern, z. T. hinter
Stacheldraht in den früheren Konzentrationslagern, zusammen mit anderen DPs (= Displaced Persons =
Menschen, die aufgrund des Krieges ihren Wohnsitz verloren hatten).
Die jüdischen Lagerbewohner leiden unter dem Antisemitismus von deutschen Lagerinsassen. Sie
bekommen oft zu wenig Nahrung oder Kleidung.

24.8.1945 - Bericht des amerikanischen Kommissars Harrison über die Situation der Juden in den
Lagern: "Viele jüdische Displaced Persons hatten Ende Juli nichts anderes zum Anziehen als ihre
Konzentrationslager-Kleidung - ein hässlicher gestreifter Pyjama -, während andere es
verständlicherweise als Schikane betrachteten, dass man sie sogar zwang, deutsche SS-Uniformen zu
tragen ... Abgesehen davon, dass sie die Gaskammern, Foltern und andere Formen des gewaltsamen
Todes nicht mehr fürchten müssen, hat sich wenig verändert" (zit. nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 36).

1945 - Landesbischof Meiser unterstützt die Verteidigung der deutschen Kriegsverbrecher. Er


spricht sich z. B. mit Dr. Dix ab, Verteidiger der Kriegsverbrecher der IG-Farben. Dix an Meiser: "In
der grundsätzlichen Frage, die wir in Fischen besprachen, werde ich mich melden, sobald die prinzipiellen
Unterlagen für den Flick-Prozess vorliegen" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 69).

1945/1946 - Kircheneintrittsbewegung in Deutschland - Viele sprechen von der "Stunde der Kirche".

4.9.1945 - Der evangelisch-lutherische Dekan Georg Merz aus Würzburg erklärt, ein "dumpfes
Empfinden"   führe  die  Menschen  zurück  in  die  Kirche,  über  das  nur  "ganz  wenige"  hinauskommen 
werden.
Merz wörtlich: "... dass sich die Kirche nicht umzustellen braucht, dass ihre gottesdienstliche Ordnung,
ihre Lieder, ihr Katechismus die gleichen bleiben ... empfinden sicherlich die meisten als einen
Abglanz der Ewigkeit, die dem Werk der Kirche Gehalt und Bestand gibt" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S.
134).

8.9.1945 - Hermann Vogel, während der NS-Zeit Regierungsdirektor im Bayerischen


Staatsministerium des Inneren, nach Kriegsende aus dem Staatsdienst entfernt, schreibt an Landesbischof
Meiser:
Der Nationalsozialismus sei schließlich "gestützt auf demokratische Wahlzettel" formal legal zur
Herrschaft gekommen. Die Entfernung aus dem Dienst sei Unrecht. "Ist diese Verfolgung nicht fast
schlimmer wie die Verfolgung Andersdenkender durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933?" (zit.
nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 17)

10.9.1945 - Die jetzt veröffentlichte Gefallenenliste vom 27.4.1945 im Amtsblatt der Ev.-Luth. Kirche in
Bayern hat eine neue Überschrift: Statt "Im Dienst für Führer und Vaterland haben ihr Leben hingegeben"
heißt es jetzt: "In den letzten Kriegsmonaten sind gefallen". Der Nachsatz ist gleich geblieben: "Daran
haben wir erkannt die Liebe, dass Er [Christus] sein Leben für uns gelassen hat; und wir sollen auch das
Leben für die Brüder lassen. 1. Joh. 3, 16; D. Meiser."

1945 - Matthäus Karrer, ehemaliger NSDAP-Ortsgruppenleiter, schreibt im Namen aller inhaftierten


NSDAP-Ortsgruppenleiter, darunter viele evangelische Gemeindeglieder, an Landesbischof Meiser:
Schmerzlich empfänden sie nun, dass niemand gegen das Unrecht ihrer Internierung die Stimme erhebe.
Wir erkennen nicht an, "dass unsere untergeordnete Tätigkeit der Vergeltung wert ist" (zit. nach
Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 17 f.).

1945 - Ehemalige Gestapo-Beamte, darunter evangelische Gemeindeglieder, schreiben an


Landesbischof Meiser: "Grundsätze des Berufsbeamtentums wie Pflichterfüllung, Gehorsam,
Wahrheitsliebe und Ehrlichkeit waren uns Richtschnur bei allen unseren Amtshandlungen." Von
Verbrechen hätten sie erst aus der Zeitung erfahren (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 18 f.).

1945 - Ein evangelischer SS-Unteroffizier aus Hammelburg schreibt an Landesbischof Meiser:


"Alles, was man uns vorwerfen kann, ist ein politischer Irrtum." Von den Verbrechen hätten sie erst
aus Presse und Rundfunk erfahren (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 19).

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 67 of 94

Kommentar des Schriftstellers Ralph Giordano zu allen Selbstrechtfertigungen: "Es war zum
Gotterbarmen" (zit. nach: 50 Jahre das Beste vom "Stern" aus dem Jahr 1951; erschienen 1997).
 

Gutachten der Evangelischen Kirche:


"Klares kompromissloses Eintreten" für NSDAP-Pfarrer
ist "stellvertretender Kampf für das ganze Volk"

Oktober 1945 - Ein vom Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Auftrag
gegebenes Gutachten des früheren Leiters der Apologetischen Centrale in Berlin und derzeitigen
Dekans von Erlangen, Walter Künneth, erscheint. Künneths Gutachten behandelt die Nazi-
Vergangenheit von evangelischen Pfarrern. Er kommt dabei zu dem pauschalen Ergebnis:
Der Beitritt von Pfarren zur NSDAP sei "aus einer ethisch einwandfreien, das Beste erstrebenden
Gesinnung erwachsen." Ein "klares kompromissloses Eintreten" der Kirche "für ihre Pg.-
Geistlichen" (Anmerkung: = Parteigenossen-Geistlichen = NSDAP-Geistlichen) sei als
"stellvertretender Kampf für das ganze Volk" zu werten. Die Kirche dürfe nicht schweigen, wenn
die Amerikaner versuchten, einen NSDAP-Pfarrer zu verurteilen.
Wenn z. B. Wehrmachtsoffiziere oder andere Nazi-Funktionäre der "Erfüllung ihrer
Staatsbürgerpflichten" gemäß der Bibel nachgingen, sei dies christlich gerechtfertigt. Künneth
wörtlich: "Was 1933 kirchlich erlaubt war, kann 1945 kirchlich nicht verboten sein" (zit. nach
Vollnhals, a.a.O., S. 142 f.).
Anmerkung: Im Jahr 1933 forderte Künneth in einem für die Evangelische Kirche Deutschlands geschriebenen Gutachten die
"Ausschaltung der Juden als Fremdkörper im Volksleben" (siehe Zeitablauf: 1933).
Künneths Gutachten sind jeweils wegweisend für die Haltung der Kirche zu diesem Thema. 1946 wird Künneth zum
Honorarprofessor für Evangelische Theologie an der Universität Erlangen ernannt, 1953 zum ordentlichen Professor, wo er bis
zu seiner Emeritierung im Jahr 1969 und darüber hinaus lehrt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern verleiht ihm den
Ehrentitel "Kirchenrat".
Und vom Freistaat Bayern erhält Künneth den Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst und den Bayerischen
Verdienstorden. In der Todesanzeige des Freistaats Bayern für Künneth bezieht sich Ministerpräsident Edmund Stoiber nur
auf die weltanschauliche Auseinandersetzung Künneths mit Alfred Rosenberg über die lutherische Lehre und erklärt: "Walter
Künneth war ein Mann der Heiligen Schrift. Aus ihr schöpfte er den Bekennermut und die Unerschrockenheit, die er der
nationalsozialistischen Ideologie und dem Zeitgeist nach 1945 entgegensetzte" (Süddeutsche Zeitung, 29.7.1997; vgl.
Zeitablauf: 1935).

16.10.1945 - Der Berichterstatter der Bayerischen Staatsregierung Etzel schreibt an den ersten
Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner, dass in den Kirchen Stimmung zugunsten der Nazis gemacht
werde. Am Beispiel seiner Beobachtungen in Bamberg berichtet er, die Pfarrer versuchten "falsches
Mitleid" zu erregen, ein katholischer Pfarrer mache z. B. "aus Nazis Märtyrer". Die öffentliche
Meinung wird durch die "Klerikalen" "vergiftet und zersetzt" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 139).

19.10.1945 - Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird nach Verlesen des allgemein
gehaltenen so genannten Stuttgarter Schuldbekenntnisses vor Vertretern des Weltkirchenrats als
Gesprächspartner wieder international anerkannt. In dem Bekenntnis heißt es:
"Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im
nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns
an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender
geliebt haben."
Das Bekenntnis ist unter anderem unterzeichnet von den Landesbischöfen Hans Meiser und Theophil
Wurm, dem Berliner Bischof und späteren EKD-Vorsitzenden Otto Dibelius und dem späteren
Kirchenpräsidenten Martin Niemöller.

Zum Stuttgarter Schuldbekenntnis sagt Martin Niemöller am 27.5.1971: "Bei uns in der evangelischen
Christenheit Deutschlands ist das Stuttgarter Schuldbekenntnis zunächst ohne ein vernehmbares
Echo geblieben, hat vielmehr erheblichen und sehr lauten Widerspruch gefunden, und zwar von
allen Seiten ... Man hätte wohl erwarten dürfen, dass sich die Unterzeichner der Stuttgarter Erklärung in
ihrer Verkündigung für die hier bezeugte Schuld offen, klärend und aufklärend eingesetzt haben würden.
Aber das ist leider, aufs Ganze gesehen, unterblieben. Und so endete diese ... Schulderklärung als ein für
die Christenheit in Deutschland fast bedeutungsloses Intermezzo und wurde als ein gelungener
taktischer Schachzug registriert, durch den sich die Evangelische Kirche in Deutschland ihre
ökumenische Anerkennung wieder verschafft hatte. Der neue Anfang, von dem die Erklärung so
hoffnungsvoll, zuversichtlich und entschlossen gesprochen hatte, blieb denn auch aus" (Vortrag im
evangelischen Gemeindehaus in Wetzlar-Niedergirmes). Die Juden werden ohnehin mit keinem Wort

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 68 of 94

erwähnt.

5.11.1945 - General Dwight D. Eisenhower an US-Präsident Harry Truman über die Situation der
überlebenden Juden in den Konzentrationslagern: "... kann ich Ihnen versichern, dass die meisten
unbefriedigenden, von Harrison angeführten Zustände, nicht mehr bestehen" (zit. nach
Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 44; vgl. Zeitablauf: 24.8.1945).

28.11.1945 - Brief des Landsberger Stadtrates für das Wohnungsamt an den Staatskommissar für die
Betreuung der Juden in Bayern, Hermann Aumer:
"Der Expansionstrieb der hiesigen Juden und deren Methoden zur Erlangung ihrer Ziele nimmt Formen
an, die über kurz oder lang zu einer nicht wieder gutzumachenden Episode führen, das zu verhindern
sämtliche verantwortlicher Stellen vordringlichste Aufgabe sein dürfte."
Nach Auflistung der unbestätigten Anschuldigungen heißt es: "Hier kann nur rücksichtslosester Zugriff
durch das Wohnungsamt Abhilfe schaffen, wie bereits durchgeführt, da ansonsten die ganze Vorstadt in
kürzester Zeit ein Getto sein würde" (zit. nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 219 f.).
 

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beklagt


neue Grenzziehung im Osten: Vergleichbar dem Holocaust

28.11.1945 - Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vergleicht in einem Offenen
Brief an die Christen in England die geplante Verschiebung der deutschen Ostgrenze mit dem Holocaust:
"Das deutsche Volk auf einen noch engeren Raum zusammenzupressen und ihm die
Lebensmöglichkeiten möglichst zu beschneiden, ist grundsätzlich nicht anders zu bewerten als die
gegen die jüdische Rasse gerichteten Ausrottungspläne Hitlers" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 39).

21.12.1945 - Der Landrat des Kreises Wolfratshausen beschuldigt die Juden, besonders intensiven
Schwarzhandel zu treiben und damit ein Vermögen zu verdienen: "Der Geldbesitz der Genannten geht
bei den Einzelnen in die Zehntausende" (zit. nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 136; lt. Buchautoren eine
"absurde Verleumdung").
US-General Clay stellt richtig, die jüdischen Displaced Persons fallen, "verglichen mit anderen
Displaced Persons oder gar der deutschen Bevölkerung, nicht besonders auf."

1946
KZ-Personal aus "ordentlichen Gemeindegliedern"

Landesbischof Meiser beklagt das "Unrecht" gegenüber KZ-Personal:


Zahlreiche Betroffene wurden, "ohne befragt zu werden, als Soldaten zum Lagerdienst abkommandiert",
wo sie "Befehle zu vollziehen hatten". "Eine Reihe von sehr ordentlichen Gemeindegliedern der
verschiedenen Kirchen waren unter ihnen, auch ein Diakon" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S.
59 f.).

15.3.1946 - Landesbischof Meiser erklärt, dass das allgemein gehaltene Stuttgarter Schuldbekenntnis
"den Trost der Vergebung" vorbereiten will. Ein Wort über die Kriegsschuld lehnt er ab.
"Die Propaganda ... hat sich nun aber der Erklärung bemächtigt und den Eindruck erweckt, als habe die
Kirche vor dem Forum der Welt Stellung zur Schuldfrage genommen ... Die Stuttgarter Erklärung
nimmt nicht zur Frage der politischen Kriegsschuld als solcher Stellung ... Die Stuttgarter Erklärung
scheidet die Kirche nicht vom Volk, sondern nimmt Kirche und Volk solidarisch zusammen ... Die
Stuttgarter Erklärung will gegen den Hass der Vergeltung den Trost der Vergebung setzen und so dem
Geiste Gottes Raum geben, der neue Gemeinschaft schenkt. München, 6. März 1946. Ev.-Luth.
Landeskirchenrat; D. Meiser" (Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern).

April 1946 - Der in Bayern eingesetzte US-Captain Alfredt Pundt beklagt, die Evangelisch-Lutherische
Kirche sabotiere bewusst die Ahndung von Nazi-Verbrechen und Vergehen der evangelischen

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 69 of 94

Pfarrer. Er bittet um mehr Personal, um dennoch wirkungsvoll Aufklärungsarbeit machen zu können. Als
Notmaßnahme beschließt die Militärregierung schließlich, zehn der schlimmsten Fälle bei den Nazi-
Pfarrern auszuwählen. Doch Landesbischof Meiser und die Kirchenleitung rechtfertigen auch diese zehn
mit Nachdruck und bekämpfen alle Versuche, einen Pfarrer juristisch zu belangen (Vollnhals, a.a.O., S.
148; vgl. Pfarrer Keller; 25.9.1946).

Schreiben der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD):


Wie kann heute Unrecht sein, was gestern Recht war?
 

26.4.1946 - Schreiben der von Landesbischof Meiser mit gegründeten EKD an die Amerikanische
Militärregierung gegen das Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus:
"Dabei waren Handlungen und Gesinnungen, die heute verurteilt werden, vom damaligen
Gesetzgeber als rechtmäßig und gut eingeschätzt. Hierdurch wird das Rechtsempfinden erschüttert
und von den Angeklagten eine Rechtseinsicht verlangt, die man nicht erwarten kann."
"Die christliche Kirche muss darauf aufmerksam machen, dass das Gesetz durch diese seine Grundhaltung
nicht geeignet ist, das Gewissen des deutschen Volkes zu treffen."
"Zahlreiche Parteigenossen sind im Anfang der Entwicklung aus idealistischen Motiven in die Partei
eingetreten, etwa weil sie sich ... eine Überwindung von Freidenkertum und Atheismus von einem
Erstarken der nationalsozialistischen Bewegung versprochen hatten ... Es gab auch vielerlei sachliche
Gründe, die einen Austritt aus der Partei verboten, z. B. den Pfarrern, die sich ihr Recht zur Erteilung von
Religionsunterricht in der Schule so lange wie irgend möglich erhalten mussten ..." (zit. nach Amtsblatt
der Evang.-Luth. Kirche in Bayern)

April 1946 - Landesbischof August Marahrens aus Hannover verteidigt die SA. Die SA-Männer
seien Opfer gewesen.
"Sie erstrebten lediglich eine Erneuerung des deutschen Volkes auf vaterländischer Grundlage und
wurden durch die spätere Entwicklung bitter enttäuscht ... Weil sich hier eine Möglichkeit der christlichen
Verkündigung bot, fanden sich auch überzeugte Christen und Theologen zur Mitgliedschaft in der SA
bereit ..." (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 16)
Anmerkung: Die SA war spätestens seit 1932 als gewalttätige Truppe bekannt, die z. B. in Versammlungen Andersdenkender
einbrach. Die SA-Männer schlugen auf die Anwesenden ein und ermordeten auch gezielt politische Gegner (vgl. Zeitablauf:
September 1933). Vgl. dazu: Landesbischof August Marahrens und Kirchen-Vizepräsident Hahn eröffneten 1934 in Bevensen
eine neue Theologenschule der Hannoverschen Landeskirche, deren Lehrgänge sogar unter der Leitung eines SA-
Führers stehen mussten (vgl. Zeitablauf: 20.1.1934; siehe auch Klee, Die SA Jesu Christi, a.a.O., S. 72).

Julius Streicher, Herausgeber des "Stürmer",


beruft sich auf Martin Luther

29.4.1946 - Julius Streicher, Herausgeber des antisemitischen Blattes Der Stürmer, beruft sich bei
den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen auf "seinen großen Lehrer" Martin Luther: "Dr.
Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank, wenn dieses Buch [Von den
Juden und ihren Lügen] in Betracht gezogen würde. In dem Buch ´Die Juden und ihre Lügen`
schreibt Dr. Martin Luther, die Juden seien ein Schlangengezüchte, man solle ihre Synagogen
niederbrennen, man solle sie vernichten ... Genau das haben wir getan!" (zit. nach Fritz May, Israel
zwischen Blut und Tränen, Der Leidensweg des jüdischen Volkes, Aßlar 1987, Bd. 3, S. 94 f.; siehe auch
"Der Theologe Nr. 28" - Martin Luther - der größte Antisemit seiner Zeit)
Vgl. Martin Luther: Er schrieb zwar nicht direkt "vernichten", doch er sprach davon, sich der "teuflischen
Last der Juden" zu "entladen" und schrieb z. B.: "... und gehe mit ihnen um nach aller Unbarmherzigkeit
wie [angeblich] Mose tat in der Wüste und schlug dreitausend tot, dass nicht der ganze Haufen verderben
musste" (zit. nach Hans-Jürgen Böhm, Die Lehre Martin Luthers, Ein Mythos zerbricht, Eigenverlag,
Postfach 53, 91284 Neuhaus, S. 235).
Anmerkung: Im Evangelischen Sonntagsblatt heißt es dazu, dass "manche Zeitgenossen [bereits] in den 1920er
Jahren" in Julius Streicher "gar einen ´neuen Luther` erkannt haben wollen" (Nr. 15/2008).

Ende April 1946 - Generalleutnant Lucius D. Clay teilt der Evangelischen Kirche in Deutschland

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 70 of 94

(EKD) mit, dass die Kirche seine Erwartungen enttäuschte:


"Beispielsweise kann ein Geistlicher für ein Verbrechen ins Gefängnis geworfen werden und damit an der
Ausübung seiner üblichen Funktionen verhindert werden. Dies würde nicht als eine Beeinträchtigung der
Rechte der Kirche angesehen ... Die Amerikanische Militärregierung hat von Anfang an der
vollkommenen religiösen Freiheit ihre volle Unterstützung geliehen. Sie hat jedoch von den
Kirchenführungen erwartet, dass sie mithelfen, alle diejenigen aus führenden Stellungen in
Deutschland zu beseitigen, die sich mit einer Parteiorganisation verbunden haben, die den Gesetzen
Gottes nur äußerste Verachtung entgegengebracht und die Menschenrechte mitleidlos zu Boden
getreten haben" (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern).

2.5.1946 - Antwort der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) an Lucius Clay - "Die Entfernung
vieler Menschen aus Ämtern ... zerstört wieder das langsam wachsende Rechtsempfinden ... Die
Verkündigung der Kirche, die sich um eine echte Umkehr des Volkes und eine wirkliche Reinigung vom
Geist des Nationalsozialismus müht, wird durch viele der heutigen Maßnahmen erheblich erschwert" (zit.
nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern).

 
Evangelische Kirche verbietet den Pfarrern, den Alliierten bei der
Strafverfolgung von NS-Verbrechen und -Vergehen zu helfen

1946 - Den evangelischen Pfarrern wird von der Kirche verboten, an der so genannten
"Entnazifizierung" mitzuwirken.

Juni 1946 - Die Militärregierung ist machtlos gegenüber der Weigerung der evangelischen Kirche, Nazi-
Pfarrer gemäß den Kriterien der Behörden aus dem Dienst zu entlassen. Allein in Bayern fallen 156
Pfarrer und Kirchenangestellte in die höchste "Entlassungskategorie". Doch Landesbischof Meiser,
der nach wie vor die alleinige und uneingeschränkte Gesetzes- und Entscheidungsvollmacht in der
Kirche innehat, rechtfertigt alle 156 Betroffenen.
Im Unterschied dazu hat die römisch-katholische Kirche die Urteile der Militärregierung in Bezug auf ihre
Priester akzeptiert (Vollnhals, a.a.O., S. 156).

Juli 1946 - Landesbischof Meiser gibt seine Führervollmachten in der Kirche an die neu gewählte
Landessynode zurück mit der Versicherung, er habe sie nie missbraucht, vielmehr stets "zum Wohl
unserer Kirche" benutzt (zit. nach Erlanger Nachrichten, 27.8.1993).

1946 - Konrad Adenauer, 1945 Mitbegründer und seither Vorsitzender der CDU, über die Schuld
der Bischöfe:
"Im übrigen hat man aber auch gewusst - wenn man auch die Vorgänge in den Lagern nicht in ihrem
ganzen Ausmaße gekannt hat -, dass die persönliche Freiheit, alle Rechtsgrundsätze mit Füßen getreten
wurden, dass in den Konzentrationslagern große Grausamkeiten verübt wurden, dass die Gestapo, unsere
SS und zum Teil auch unsere Truppen in Polen und Russland mit beispielloser Grausamkeit gegen die
Zivilbevölkerung vorgingen. Die Judenpogrome 1933 und 1938 geschahen in aller Öffentlichkeit. Die
Geiselmorde in Frankreich wurden von uns offiziell bekannt gegeben. Man kann also wirklich nicht
behaupten, dass die Öffentlichkeit nicht gewusst habe, dass die nationalsozialistische Regierung und die
Heeresleitung ständig ... gegen die einfachsten Gebote verstießen. Ich glaube, dass, wenn alle Bischöfe
alle miteinander an einem bestimmten Tage öffentlich von den Kanzeln aus dagegen Stellung genommen
hätten, sie vieles hätten verhindern können. Das ist nicht geschehen, und dafür gibt es keine
Entschuldigung" (zit. nach Spiegel Nr. 34/1998).
Anmerkung: Es hat auch kein Bischof um Verzeihung gebeten. Eine gemeinsame Kanzelabkündigung in dem von Adenauer
genannten Sinne stand nie zur Diskussion.

1946 - Landesbischof Meiser stellt sich und die so genannte "Bekennende Kirche", der er angehört,
in einem Flugblatt als Widerstandskämpfer gegen die Nazis hin. Das Flugblatt lässt er in hoher
Auflage verteilen.
"Der Kampf der BK (= Bekennende Kirche) ... ging fort, solange das Dritte Reich bestand, und erweiterte
sich gleichzeitig zu einem Kampf für Recht und Gerechtigkeit im Leben des ganzen Volkes und gegen
alle Bedrückung und Vergewaltigung insbesondere gegen das Unrecht der Konzentrationslager, gegen die
Ermordung von Geisteskranken und gegen die Verfolgung und Ausrottung der Juden" (vgl. dazu den
Beleg des Gegenteils z. B. bei Zeitablauf: 23.-26.9.1935; 12.12.1938).

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Der Kirchenhistoriker Carsten Nicolaisen schreibt dazu ca. 50 Jahre später: " ... ein peinliches, der
Wirklichkeit nicht standhaltendes Dokument ... Die Bekennende Kirche hat sich in ihrer Mehrheit
geradezu leidenschaftlich dagegen gewehrt, sich in die politische Opposition zum nationalsozialistischen
Staat drängen zu lassen" (zit. nach: Er liebte sein Kirche, a.a.O., S. 57).

25.9.1946 - Der evangelisch-lutherische NS-Pfarrer Keller wird freigesprochen. Keller trug das
goldene NSDAP-Parteiabzeichen. In einem parteiinternen Beurteilungsbogen heißt es 1936 über ihn:
"Kämpfer der alten Garde, zuverlässig und einsatzbereit ..." Und in einem Bericht einer studentischen
Burschenschaft wurde ihm 1936 bestätigt, dass "sein unerschrockener Glaube an die nationalsozialistische
Idee" Menschen mitreißen konnte (Vollnhals, a.a.O., S. 268 f.). Innerhalb der Kirche war Keller ein
Anhänger der Bekennenden Kirche, man sprach von einem "Bekenntnispfarrer". Letzteres ist mit
ausschlaggebend für den Freispruch. Keller warb unter den Pfarrern auch für die NSDAP. Mehrfach hielt
er als Referent einen kämpferisch antisemitischen Vortrag auf Pfarrkonferenzen. Dabei warnte
Keller vor der "völligen Weltherrschaft" des Judentums. 1946 legt Keller 23 kirchenamtliche
eidesstattliche Erklärungen zu seiner Rechtfertigung vor. Demnach hätte er seit 1930 "Widerstand" gegen
die nationalsozialistische Weltanschauung geleistet.
Anmerkung: Der Autor Clemens Vollnhals hat den Namen des Betroffenen geändert.

1947
 

Der evangelisch-lutherische Generalfeldmarschall Wilhelm List, Wehrbefehlshaber auf dem Balkan,


Militärverwaltung "Südost" und in dieser Eigenschaft auch für Wehrmachtsverbrechen auf dem Balkan
verantwortlich, wendet sich an die Evangelische Kirche in Deutschland mit der Bitte um Hilfe für seine
Verteidigung. Die EKD reagiert positiv und schreibt über List: "Hat Eintreten der Kirche voll
verdient."
Dazu Landesbischof Meiser unter Aktenzeichen 5.12.1947 / LKA Stuttgart, D1/308: List habe "in jeder
Weise dem Dienst des Heeresgeistlichen die Wege geebnet."  
Und am 14.4.1948 schreiben die Landesbischöfe Meiser und Wurm über List, dass er sein Amt "stets so
zu führen bestrebt war, dass er es vor Gott, seinem Gewissen und vor aller Öffentlichkeit jederzeit zu
rechtfertigen vermochte" (Clemens Vollnhals, Die Hypothek des Nationalprotestantismus, in: Geschichte
und Gesellschaft 1/1992, S. 60). List kommt "krankheitshalber" frei (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O.,
S. 168).

1947 - Auch ehemals höchste Nazi-Verantwortliche nutzen das von den Kirchen maßgeblich zu
verantwortende Klima der Selbstrechtfertigungen, um in eine Opferrolle zu gelangen, z. B. Hans
Fritzsche, Ministerialdirektor im NS-Propagandaministerium, Chef-Rundfunkkommentator im
Dritten Reich:
"Ich bin von Verbrechern vom Schlage eines Hitler oder Goebbels getäuscht worden. Ich bin geistig
genauso missbraucht worden, wie viele andere körperlich" (zit. nach Spiegel Nr. 5/1947).

Rechtfertigung für den NS-Finanzminister:


Er war aktives Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche

1947 - Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern setzt sich für Lutz Graf Schwerin von Krosigk
ein, Reichsfinanzminister von 1932-1945 und nach Hitlers Selbstmord vom 2.5.1945 bis zu seiner
Verhaftung am 23.5.1945 als "Leitender Minister" offizieller deutscher Regierungschef mit eigenem
Kabinett. Er wurde bei den Nürnberger Prozessen zu 10 Jahren Haft verurteilt. Schwerin von Krosigk war
für die Enteignung der verfolgten Juden zuständig und war zumindest am 12.9.1938 auch Teilnehmer der
berüchtigten Gesprächsrunde im Reichsluftfahrtministerium mit Goebbels und Göring. Dort
wurden Maßnahmen der Judenverfolgung besprochen.
Pfarrer Schuster von der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Dachau schreibt an Landesbischof
Meiser: "Schwerin von Krosigk war ein aktives Mitglied der evangelischen Kirche, der sonntäglich
in die Kirche ging, seine Kinder in den Kindergottesdienst schickte und zu Konfirmationen im

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Namen der Gemeinde die Konfirmanden in der Kirche ansprach."


Landesbischof Meiser verspricht Kirchenrat Rusam am 19.4.1949, ein Gnadengesuch einzureichen.
Krosigk kommt frei und lebt bis zu seinem Tod im Jahr 1977 in Freiheit (zit. nach Klee, Persilscheine,
a.a.O., S. 9 f.171).

11.5.1947 - Landesbischof Meiser rechtfertigt das Denken "des deutschen Volkes" und bittet die
evangelischen Christen im Ausland um Nahrungsmittelhilfe, um eine "Hungerkatastrophe"
 abzuwenden.
Meiser schreibt dazu: "Liebe Brüder in Christus! 2 Jahre nach Niederwerfung des Nationalsozialismus
sieht es [das deutsche Volk] noch Ungezählte unter kaum zu ertragenden Härten der Entnazifizierung
und Internierung leiden. Die Massenaustreibungen aus dem Osten und die Zwangsverschleppungen nach
dem Osten vermag es mit den Grundsätzen der Menschlichkeit nicht in Einklang zu bringen. Die
derzeitige Grenzziehung im Osten muss ihm [dem deutschen Volk] als eine dauernde Bedrohung seiner
Existenz erscheinen. Dies alles führt zu einer radikalen Erschütterung des Rechtsgefühls, zu einer sich
stetig steigernden Erbitterung, zu peinlichen Vergleichen zwischen einst und jetzt, zu billigem Spott über
die ´Ideale der Demokratie` und zu einer billigen Rechtfertigung des vergangenen Systems ..." (zit. nach
Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern)

13.6.1947 - Die von der Hungerkatastrophe (siehe 11.5.1947) bedrohten evangelischen Christen im
Inland fordert Landesbischof Meiser gleichzeitig zu Spenden für den Wiederaufbau von
Kirchengebäuden auf:
"Wir fordern hiermit alle Pfarrämter und Kirchengemeinden, die hierzu in der Lage sind, auf, aus freien,
ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Spenden für den Wiederaufbau der beiden Nürnberger
Kirchen zu leisten ... D. Meiser" (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern).

Evangelisch-lutherischer Professor:
Die Nationalsozialisten imitierten die katholische Kirche

1947 - Der evangelisch-lutherische Theologieprofessor Walter Künneth, der sich 1933 für
Judenverfolgung und Krieg aussprach und mittlerweile als Honorarprofessor in Erlangen lehrt,
veröffentlicht das Buch Der große Abfall. Darin wirft er den Nazis vor, von Gott abgefallen zu sein.
Künneth spricht von "Imitation der Katholischen Kirche" und von einer "Verdrehung der Grundsätze der
katholischen Kirche". Der Führer sei dem Papst vergleichbar, die Nazi-Hierarchie sei ähnlich wie die
römisch-katholische Hierarchie gebildet, für das System des bedingungslosen Gehorsams und den
"Orden der SS" seien die Jesuiten Vorbild gewesen.
Künneth wörtlich: "Die durch die Machtherrlichkeit der katholischen Kirche einst ausgelösten
Jugendträume Hitlers finden in dem tief gegliederten Pyramidenbau der nationalsozialistischen Anti-
Kirche ihre Erfüllung" (Der große Abfall, Hamburg 1947, S. 142; Vergleich mit der katholischen Lehre:
S. 142-145).
Anmerkung: Adolf Hitler ist bis zu seinem Tod katholisches Kirchenmitglied und zahlt immer pünktlich seinen Kirchenbeitrag
(Spiegel online, 16.12.2004). Er wird nie exkommuniziert.

1947 - Das vom Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland am 8.8.1947 verfasste Darmstädter
Wort wird von der EKD abgelehnt. In dem Darmstädter Wort heißt es zum Beispiel:
"Wir haben es versäumt, die Sache der Armen und Entrechteten ... zur Sache der Christenheit zu
machen" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 158).
Die Juden werden ohnehin nicht erwähnt und es werden auch in dieser Gruppe weiterhin Vorwürfe gegen
sie erhoben. Wegen der Selbstkritik wird die Erklärung im "Bruderrat" nur von wenigen Mitgliedern
verabschiedet und findet auch nur "eine geringe Resonanz, die überwiegend negativ ausfiel" (zitiert nach
Mensing, a.a.O. S. 218; vgl. Zeitablauf: 1933; 1934). Der ehemalige nationalsozialistische Pfarrer Putz
erklärt beim nachfolgenden Delegiertentreffen: "Wir können das nicht von den Kanzeln verkündigen."
Die Evangelische Kirche in Deutschland, EKD, lehnt die Erklärung wegen der Selbstkritik sowieso ganz
ab.
 

1948
 

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 73 of 94

1948 - Das von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Auftrag gegebene Buch
Apokalyptisches Wetterleuchten erscheint im kirchlichen Selbstverlag. Das Buch mit Geleitwort von
Landesbischof Meiser aus dem Jahr 1947 hat nach den Worten seines Verfassers Heinrich Schmidt, seit
1942 Kirchenrat, eine "apologetische Pflicht" zu erfüllen, nämlich die Rechtfertigung der Kirche
gegenüber dem Vorwurf, sie hätte im Dritten Reich versagt (Mensing, a.a.O., S. 216 f.).

28.4.1948 - Nazi-Opfer Georg schreibt an die Berufungskammer II Nürnberg-Fürth. Der Grund für das
Schreiben ist der Freispruch des evangelisch-lutherischen Nazi-Pfarrers Bertram (vgl. Zeitablauf: 1936),
dessen Denunziation Georg ins Gefängnis brachte. Georg hatte 1936 ein kritisches Gedicht verfasst.
"Es macht gerade auf positive Christen einen niederschmetternden Eindruck, dass die Geistlichen,
die so viel von Schuld und Sühne reden, mit gewundenen Erklärungen und komplizierten
Ausdeutungen kommen, statt offen und mannhaft ihre Schuld einzugestehen und deren Folgen
ebenso willig auf sich zu nehmen wie andere Pg (= Parteigenossen = NSDAP-Mitglieder), für die es keine
zwei Berufungen gibt. Wenn die vorgesetzte Kirchenbehörde zu dieser die christliche Bruderliebe
verleugnenden Tat [= die Denunziation] aufgefordert hat, dann gehört sie mit Fug und Recht ebenso vor
die Spruchkammer ... Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, dass so viele Pfarrer an einer Partei Gefallen
finden konnten, deren Radau-Antisemitismus und wüstes Geschrei auf den Straßen ´Juda verrecke!`
jedem anständigen Deutschen die Schamröte ins Gesicht trieben" (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 249).

Evangelische Kirche: Keine Wiedergutmachung an Opfern der


Diktatur

Ab 1945 - Die Frage der Wiedergutmachung für Opfer der Nazi-Herrschaft wird in der kirchlichen Presse
verschwiegen. In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern wird die "Wiedergutmachung" an
Opfern ebenfalls nie zum Thema gemacht (Vollnhals, a.a.O., S. 140).

15.7.1948 - Der niedersächsische Innenminister beschuldigt die immer noch im ehemaligen


Konzentrationslager Bergen-Belsen lebenden Juden, es würden monatlich illegal 200 Tonnen Kaffee in
das Lager geschleust. Diese Bewohner hatten den Holocaust überlebt. Der zuständige britische Offizier
spricht von absurden Anschuldigungen. Würden die Anschuldigungen stimmen, hätte jedes an einen
jüdischen Überlebenden gerichtete Paket, auch ein Paket für Kinder, 500 kg Kaffee enthalten müssen (zit.
nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 207).

1948 - Hans-Ulrich Rudel, ehemaliger NS-Kampfflieger und der höchstdekorierte deutsche Soldat, flieht
vor der Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen nach Rom. Im Rückblick schreibt er über die Hilfe der
katholischen Kirche für hochrangige Nazi-Kriegsverbrecher:
"Man mag sonst zum Katholizismus stehen, wie man will. Was in diesen Jahren durch die Kirche, vor
allem durch einzelne menschlich überragende Persönlichkeiten innerhalb der Kirche, an wertvollem
Menschentum unseres Volkes gerettet worden, oft vor dem sicheren Tode gerettet worden ist, soll
billigerweise unvergessen bleiben" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 26).

November 1948 - Freispruch für den evangelisch-lutherischen NSDAP-Pfarrer Herold aus der Nähe
von Hilpoltstein/Bayern: Herold war auch Leutnant der Wehrmacht und trug das goldene NSDAP-
Parteiabzeichen "mit Stolz", wie er selbst bei dem Verfahren zugibt. Kirchliche Gegner nannten ihn den
"BK-SS´ler" (= den Bekennenden-Kirche-SS´ler), was er als "Auszeichnung" verstand (Vollnhals, a.a.O.,
S. 263 f.). Der Gemeinderat des Ortes, an dem Herold zuletzt die Pfarrstelle innehatte, schreibt 1947: "Es
wird allgemein zum Ausdruck gebracht, dass wir keinen Nazi-Pfarrer mehr auf der Kanzel haben
wollen."
Landesbischof Meiser rechtfertigt aber den Pfarrer und lobt ihn wegen seines Einsatzes für die
"Bekennende Kirche". Sein Verhalten war "kirchlich einwandfrei" (Vollnhals, a.a.O., S. 258 ff.; vgl.
Herolds Verhalten bei der Denunziation einer Bäuerin: Zeitablauf: 1943).

1948 - Die meisten als "Entnazifizierung" bezeichneten Verfahren durch die alliierten Siegermächte
werden abgeschlossen. Die Maßnahmen gelten - hauptsächlich wegen des Widerstands der Evangelischen
Kirche - als gescheitert. Endgültig eingestellt werden die Verfahren im Jahr 1951 (siehe Zeitablauf).

1949

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Eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde


als getarnte Spendenwaschanlage
 für die Verteidigung von NS-Verbrechern

Die evangelisch-lutherische Kirche finanziert in Nürnberg in der Mannertstraße zusammen mit der
Caritas ein Büro zur rechtlichen "Behandlung" von Kriegsverbrechern.
Büroleiter ist Dr. Heinrich Malz, ehemaliger SS-Obersturmbannführer und 1944 persönlicher
Referent von Ernst Kaltenbrunner, dem Vollstrecker der "Endlösung" (zit. nach Klee, Persilscheine,
a.a.O., S. 79 ff.). Dr. Heinrich Malz wurde nach dem Krieg zunächst selbst per Fahndungsliste als
Kriegsverbrecher gesucht. Doch er verbringt bald einen friedlichen Lebensabend in der evangelisch-
lutherischen Diakonieanstalt in Rummelsberg (Abendzeitung Nürnberg, 5.4.2006).

Dr. Malz, Leiter des kirchlichen Büros zur Verteidigung von Kriegsverbrechern, 1949 - "So
offensichtlich verbrecherisch" sei der "Führerbefehl" zur Judenvernichtung wegen der besonderen
Bedingungen, "unter denen die kriegerische Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus geführt
werden musste", nicht gewesen.
Er lehne es ab, "ein Strafgericht über jene als gerechtfertigt anzusehen, die in einer untergeordneten
Befehlslage zum Vollstrecker von Befehlen wurden" (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 80).

1949 - Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach in Deutschland: 23 % der Deutschen haben
eine "demonstrativ-antisemitische" und "gefühlsmäßig-ablehnende" Haltung gegenüber Juden.

28.5.1949 - Der Parlamentarische Rat verabschiedet das Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland. Darin heißt es:
"Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner
Heimat oder Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt
oder bevorzugt werden ..." (Art. 3 Abs. 3)
"Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen
Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet" (Art. 4 Abs. 1
und 2).

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Nürnberg-St. Jobst im Stadtteil Erlenstegen dient als


Spenden-Waschanlage zugunsten von NS-Verbrechern.
Spenden sind zur "Förderung der historischen Arbeiten" eingegangen und werden "Für historische
Aufgaben an Dr. Malz" wieder ausgebucht. Die Gelder gingen an Dr. Malz bzw. an den rechtsextremen
Anwalt Dr. Rudolf Aschenauer (der 1980 in seinen "Eichmann-Memoiren" den Holocaust bezweifelte)
und von ihm vertretene inhaftierte NS-Verbrecher. Zu den Spendern gehören Firmen wie Krupp, Stahlbau
Rheinhausen, Siemag, Ruhrgas A.G., Stahl & Eisenbau (zit. nach Klee, Persilscheine, a.a.O., S. 80 f.).

1950
 

Der Bamberger Flüchtlingsausschuss wehrt sich in einer Petition gegen die Unterbringung von
Juden zusammen mit deutschen Heimatvertriebenen, "da es den Heimatvertriebenen nicht zugemutet
werden kann, mit Elementen unter einem Dach zu wohnen, die zu hohem Prozentsatz kriminell sind,
keiner geregelten Arbeit nachgehen und denen weder an einer sittlichen Einordnung noch an einer
Respektierung der staatlichen Autorität liege."
Dazu der römisch-katholische Bamberger Oberbürgermeister, der sonst von "Gottesfurcht und
Nächstenliebe" spricht: Die Juden seien die "Hauptwanzenträger", die "in einem der großen noch nicht
verwendeten Stallgebäude unterzubringen" seien (zit. nach Königseder/Wetzel, a.a.O., S. 220 f.; vgl. dazu
Luthers Forderung, die Juden in Ställen unterzubringen).

27.4.1950 - Erstmals formulierte die Synode der EKD in Berlin-Weißensee wenigstens eine
Mitschuld am Holocaust: "Wir sprechen es aus, dass wir durch Unterlassen und Schweigen vor dem
Gott der Barmherzigkeit mitschuldig geworden sind an dem Frevel, der durch Menschen unseres
Glaubens an den Juden begangen worden ist" (zit. nach Tagesspiegel, 8.11.2000).
Der Erklärung waren auf der Synode heftige kontroverse Debatten vorausgegangen, und sie sollte für die

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Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 75 of 94

nächsten 50 Jahre die einzige bleiben. Von einer Schuld wegen der Verbreitung des Antisemitismus,
wegen der Verfolgungsaufrufe Martin Luthers und deren Verbreitung oder wegen aktiver Verleumdung
und Diskriminierung bis hin zum Aufruf zur Verfolgung war nicht die Rede. Erst im Jahr 2000 ergänzte
die Synode in Braunschweig einen weiteren Aspekt, den der "Tradition". Die Kirche sei auch "durch ihre
unheilvolle Tradition der Entfremdung und Feindschaft gegenüber den Juden hinein verflochten in die
Vorgeschichte und Ermöglichung der systematischen Vernichtung des europäischen
Judentums" (Süddeutsche Zeitung, 8.11.2000).
Dass man gegenüber den als "Sekten" gebrandmarkten religiösen Minderheiten jedoch die unheilvolle
Tradition von Verleumdung, Diskriminierung bis hin zur beruflichen Existenzverzichtung fortsetzt, wird
nicht erwähnt.

24.5.1950 - Der evangelische Pfarrer und SS-Oberscharführer Lenz sagt als Zeuge in dem Prozess
über die ca. 4.000 Toten des KZ Hersbruck zugunsten des letzten Lagerkommandanten Schwarz
aus:
Lenz erklärt: "Nach deutschem Recht war er kein Mörder", er duldete allerdings Morde und
Grausamkeiten, weil er im "Befehlsnotstand" war. Der Kommandant wurde zum Tod verurteilt. Pfarrer
Lenz, der auch der Bekennenden Kirche angehörte, arbeitete als Kommandaturschreiber im KZ und
wurde bereits zuvor freigesprochen (Hans Friedrich Lenz, Sagen Sie Herr Pfarrer, wie kommen Sie zur
SS? Gießen 1982, S. 145-148.155-157).

1950 - Trotz ihrer maßgeblichen Schuld bzw. Mitschuld an der Hitler-Diktatur, am Weltkrieg und am
Holocaust erhebt sich Evangelische Kirche auch nach dem Krieg sogleich wieder gegenüber
religiösen Minderheiten. Pfarrer Dr. Kurt Hutten (1901-1979) veröffentlicht das neue evangelische
Standardwerk gegen "Sekten" mit dem Titel Seher, Grübler, Enthusiasten. Darin erklärt er: "Die
Sekten ... sind Töchter der Kirche. Und die Kirche als Mutter muss sich fragen, ob sie nicht selbst schuld
daran trage, dass diese Töchter entstanden sind und so aus der Art schlugen" (zitiert nach Dr.
Reinhard Hempelmann; Zum 100. Geburtstag von Kurt Hutten, EZW, 3/2001).
Zehn Jahre später wird er zum ersten Leiter des "Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen"
ernannt, der Nachfolgerin der Apologetischen Centrale im Dritten Reich, die in Zusammenarbeit mit dem
Reichspropaganda- und dem Reichsinnenministerium Materialen zur Bekämpfung von Juden und Sekten
erarbeitete (siehe hier).

1951
Verdrängung
 

1951 - Schließung fast aller Lager mit jüdischen Bewohnern bis 1951 und Auswanderung der
Mehrheit der jüdischen Überlebenden

31.1.1951 - Die Amerikaner unter John McCloy amnestieren alle NS-Verbrecher bis auf sieben, die
am 7.6.1951 hingerichtet werden. Die sieben Hinrichtungen lösen eine bundesweite Protestwelle aus.
Die "Ausrufung der deutschen Kollektivunschuld" (Ralph Giordano) wird gefordert.
Umfragen ergeben, dass eine modifizierte Nazi-Regierung die Wahlen in Deutschland gewinnen
würde (Ralph Giordano in: 50 Jahre das Beste vom ´Stern` - 1951; Hamburg 1997).

Bilanz der so genannten "Entnazifizierung": Sie brachte das Gegenteil des Erwünschten. Nämlich
"Entstrafung statt Sühne, Rehabilitierung statt Haftbarmachung. Mehr noch: In manchen Behörden und
Ämtern war die Zahl ehemaliger NSDAP-Mitglieder höher als während der NS-Herrschaft
selbst" (Giordano, a.a.O.).

1.10.1951 - Beispiel Stadtoldendorf: Alle "Entnazifizierungsakten" werden verbrannt, einschließlich


des vollständigen Mitgliederverzeichnisses der NSDAP und ihrer Gliederungen ("... denn alles, was Rang
und Namen hat, steht darin.") (Giordano, a.a.O.).

1951 - Der mögliche Hintergrund der Begnadigung fast aller Kriegsverbrecher: Warum wurden 1951 die
meisten verurteilten Kriegsverbrecher in die Freiheit entlassen und erhielten ihr Vermögen zurück?
Es war Bundeskanzler "Adenauers Bedingung für Remilitarisierung und Westintegration der
Bundesrepublik", so z. B. die Historikerin Susanne Willems (in: Der entsiedelte Jude, 2002; zit. nach

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 76 of 94

Netzeitung, 1.6.2005).
Anmerkung: Seit CDU-Kanzler Adenauer wuchsen auch die Subventionen an die beiden Großkirchen in unermessliche Höhen,
obwohl das neue Grundgesetz (Artikel 140 in Verbindung mit Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung) bestimmte, die
Staatsleistungen an die beiden Großkirchen durch eine entsprechende Gesetzgebung der Länder "abzulösen". Diese Gesetze
führten aber - im Gegensatz zu dem beabsichtigten Sinn des Artikels - dazu, dass die Kirchen bis heute immer mehr bekommen
(vgl. www.stop-kirchensubventionen.de).

1951 und folgende Jahre - "Das größte Wiedereingliederungswerk für Täter ..., das es je gegeben hat.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, werden sie nicht nur straffrei davonkommen, sondern ihre Karrieren
auch unbeschadet fortsetzen" (z. B. der Kommentator der Nürnberger Gesetze, Globke, als Staatssekretär
der Bundesregierung) (Giordano, a.a.O.).

Die Legende vom "sauberen Wehrmachtsrock": "1951 wird das Fundament für die kollektiven
Lebenslügen einer Verdrängungsgesellschaft gelegt" (Giordano, a.a.O.).

1952
 
Erneute Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach:
34 % der Deutschen haben eine "demonstrativ-antisemitische" und "gefühlsmäßig-ablehnende"
Haltung gegenüber Juden (gegenüber 1949 eine Steigerung um 11 %).

14.8. / 16.8.1952 - Ein Skandalprozess, den der katholische CSU-Gründer und Justizminister Josef
Müller ("Ochsensepp") gegen den jüdischen Staatskommissar Philipp Auerbach führte
(Staatskommissar von 1946-1951), endete damit, dass Auerbach zu 2 1/2 Jahren Haft und einer Geldstrafe
verurteilt wurde. Darauf brachte sich Auerbach aus Verzweiflung um. Der Richter Josef Mulzer, unter den
Nazis "Oberkriegsgerichtsrat", steckte mit dem Justizminister womöglich unter einer Decke (beide
arbeiteten auch früher in derselben Rechtsanwaltskanzlei). Zudem: "Ein Beisitzer war ein ehemaliges
Mitglied der SA. Der weitere Besitzer, der Vorsitzende, die Staatsanwälte und der psychiatrische
Sachverständiger waren ehemalige NSDAP-Mitglieder"
(http://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Auerbach). Der verleumdende und anklagende katholische Minister
arbeitete seit 1939 in der Abwehrabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht in der Nähe des
militärischen Widerstands gegen Hitler und wurde in diesem Zusammenhang 1943 verhaftet und war
1945 Insasse im KZ Dachau.
"Über die Presse ließ Müller verlauten, es seien aufgrund gefälschter Dokumente insgesamt 1,3 Millionen
DM an ´Wiedergutmachungsgeldern` erschwindelt worden. Der implizite Vorwurf war eindeutig: Juden
betrügen den bayerischen Staat im allgemeinen und den Steuerzahler im besonderen"
(http://www.hagalil.com/archiv/2005/07/auerbach-2.htm).
Philipp Auerbach nahm sich nach der Urteilsverkündung aus Verzweiflung mit Schlaftabletten das Leben.
Zuvor hatte er die Konzentrationslager Buchenwald und Auschwitz überlebt. Zwei Jahre später wurde er
vollständig rehabilitiert. Alle Anschuldigungen gegen Auerbach stellten sich als falsch bzw. erlogen
heraus. Sein Ankläger, CSU-Chef "Ochsensepp" Müller, veröffentlichte 1975 seine Lebenserinnerung
unter dem Titel Bis zur letzten Konsequenz. Ein Leben für Frieden und Freiheit.
Zuvor war Philipp Auerbach auch mit Landesbischof Hans Meiser aneinander geraten. Meiser forderte
in nahezu beispielloser Instinktlosigkeit den jüdischen Staatskommissar auf, "in gleicher Weise wie für
die jüdischen Opfer auch für die Insassen der Internierungslager einzutreten" (Süddeutsche Zeitung,
21.10.2008), also für NS-Kriegsverbrecher. Auerbach antwortete wörtlich: "Ich glaube, dass ihre
Hinweise auf die grundsätzliche Haltung der christlichen Kirche einige Jahre früher bestimmt besser
angebracht gewesen wäre," worauf sie Meiser empörte und auf die Betreuung von evangelischen
Kirchenmitgliedern (!, also nicht etwa jüdisch Gläubigen) jüdischer Herkunft durch die Kirche hinwies.

1956
 

8.6.1956 - Landesbischof i. R. Meiser stirbt im Alter von 75 Jahren. Auf dem Grabstein steht: Dilexit
Ecclesiam (= Er liebte seine Kirche).

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 77 of 94

Anmerkung: Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern hat seinen Sitz in München in der viele Jahre
nach Landesbischof Meiser benannten Meiserstraße. Auch in Pullach, Schwabach, Schwandorf, Pfaffenhofen an der Ilm,
Weiden, Bayreuth, Kulmbach und Ansbach sind weiterhin Straßen nach dem antisemitischen Landesbischof benannt.
Anfang 1999 wies der Verkehrsausschuss des Nürnberger Stadtrats zunächst einen Überprüfungsantrag einer Grünen-
Stadträtin zurück, in dem es darum ging, die Bischof-Meiser-Straße umzubenennen. Einen ähnlichen Antrag hatten "Die
Grünen" bereits 1998 in München eingebracht. Im Januar 2007 wurde die Bischof-Meiser-Straße in Nürnberg dann doch in
Spitalgasse umbenannt, nachdem der öffentliche Druck größer wurde. Und im Jahr 2008 wurde die Münchner Meiserstraße
nach Luthers Frau in Katharina-von-Bora-Straße umbenannt (wobei unberücksichtigt blieb, dass sich Martin Luther nach seiner
Heirat zu einem furchtbaren Gewaltmenschen entwickelte, der die Hinrichtung aller Andersdenkender forderte; siehe dazu Der
Theologe Nr. 3). Doch bis heute [2009] wurde die Umbenennung aufgrund einer Klage eines Meiser-Enkels verwaltungsmäßig
nicht vollzogen.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern sprach sich im Hinblick auf das Gesamtwerk Meisers zuvor gegen
Umbenennungen aus (z. B. durch Oberkirchenrat Martin Bogdahn oder Synodenpräsident Dieter Haack), zog ihre Widersprüche
aber schließlich zurück. Die Kirche hat auch eigene Einrichtungen nach dem antisemitischen Landesbischof benannt, z. B. die
Bischof-Meiser-Häuser in Hof an der Saale und Berolzheim bei Bad Windsheim. Das ehemalige Meiser-Haus in Neuendettelsau
trägt bereits seit 2006 nicht mehr den Namen Hans Meisers. In München-Obermenzing wird jedoch am 3./4.5.2008 der
evangelische Gemeindesaal neu in "Hans-Meiser-Saal" umbenannt (siehe hier).

Inwiefern Meiser als Person ein typischer "Sohn der Kirche" war, erklärte der Theologieprofessor Berndt Hamm im Jahr 2008
im Hinblick auf Meisers Lebenswerk. Professor Hamm führte aus, dass Meiser den "Rückhalt der Kirche" verloren hätte,
wenn er sich tatsächlich gegen den NS-Staat gewandt hätte. Der Kirchenhistoriker Hamm wörtlich: "Bischof Meiser und sein
Stab setzten kirchenpolitisch um, was die überwältigende Mehrheit der Pfarrer und Gemeinden dachten und wünschten. Hätte
er sich in regimekritischer Weise gegen das antisemitische Rassedenken, gegen Brutalität, Gewalt, Terror und Missachtung aller
christlich-ethischer Prinzipien durch den NS-Staat gewandt, wäre ihm wohl der Rückhalt der Kirche verloren
gegangen" (Süddeutsche Zeitung, 21.10.2008).

1956 - Der evangelische Theologe Friedrich-Wilhelm Bautz veröffentlicht das Buch Verderbliche
Irrlehren über für die Kirche unliebsame religiöse Minderheiten, als "Sekten" verleumdet. Bereits 1955
zog er in dem Buch Die Zeugen Jehovas: eine Darstellung ihrer Geschichte und Lehre und ihre
Beurteilung im Lichte der Bibel gegen die Zeugen Jehovas zu Felde. Noch kurz zuvor wurden ca. 1.500
Zeugen Jehovas unter der Allianz von Nationalsozialisten und Kirche ermordet. Bautz begründet 19 Jahre
später das Biografisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL) (31 Bände, je Band 210,00 €; Stand:
2010).

1959
 

Dezember - Anschlag auf die Kölner Synagoge als Auslöser einer neuen antisemitischen Welle in
Deutschland: Es folgen innerhalb der nächsten vier Wochen 470 antisemitische Vorfälle. Mit dem
Generationenwechsel in den 60er-Jahren geht der Antisemitismus aber zunächst zurück.
Seit Januar 1959 leisten einige Freiwillige in der Aktion Sühnezeichen Hilfsdienste z. B. in Israel oder
Polen.

60er- und 70er-Jahre


Antisemitismus schwelt weiter,
Bekämpfung anderer religiöser Minderheiten nimmt zu

60er- und 70er-Jahre - Der Antisemitismus geht kurzzeitig zurück, die so genannte
"Sektenbekämpfung" rückt in den Vordergrund.
In der NS-Zeit übte Pfarrer Walter Künneth als Leiter einer "Apologetischen Centrale" die Funktion eines
"Sektenbeauftragten" aus und schrieb z. B. antisemitische Gutachten. 1960 wurde Pfarrer Dr. Kurt Hutten
der Leiter der Nachfolge-Organisation, der Evangelischen Zentrale für Weltanschauungsfragen in
Stuttgart (seit 1997 in Berlin). Pfarrer Dr. Kurt Hutten hatte sich bereits 1950 mit dem Werk Seher,
Grübler, Enthusiasten als "Sektenexperte" profiliert (siehe hier).
1962 veröffentlicht dann der evangelische Pfarrer und spätere Dekan Dr. Friedrich Wilhelm Schluckebier
seinen Sektenspiegel über die "Sekten" in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Er ist eine
Zusammenfassung von Publikationen, die der Theologe bereits seit 1956 veröffentlichte. Darin schreibt
Pfarrer Dr. Friedrich Wilhelm Schluckebier:

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 78 of 94

"Es ist die Ursehnsucht des Menschen, ... auch die Katastrophen der Zukunft zu überdauern, bis einmal
dieser armen ausgebluteten Erde endlich Friede und ihren Menschen ein Leben in Glück, Harmonie und
Wohlstand beschieden sei. Diese Utopie hetzte viele geistige Opfer ihrer Zeit in die Schreckens- und
Glücksvisionen der Zeugen Jehovas, der Adventisten und Mormonen" (Sektenspiegel, Evangelischer
Presseverband Kurhessen Waldeck, e.V., Kassel 1962, S. 189, mit einem Geleitwort von Bischof D. Adolf
Wüstemann). Das von dem Propheten Jesaja und auch Jesus von Nazareth angekündigte Friedensreich
bzw. "Reich Gottes" gilt der Kirche also einmal mehr als "Utopie", zu dem "Opfer" hin "gehetzt" würden.
Doch noch erscheint die "Gefahr" für die Kirche überschaubar. Denn: "Die kirchliche
Traditionsgebundenheit des Hessen ist eine Ausstrahlung seines konservativen Stammescharakters,
geformt durch Jahrhunderte lange strenge Erziehung durch die landesfürstliche Kirchen- und
Polizeizucht ... Gewiss ist jedenfalls, dass diese Voraussetzungen, oberflächlich aufs Ganze gesehen,
sektiererische Neigungen nicht begünstigen" (S. 16).
 
Den ersten kirchenamtlichen "Sektenbeauftragte" ernennt die evangelische Kirche dann jedoch bereits
zwei Jahre später. Im Jahr 1964 führt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern dieses
Kirchenamt dann wieder offiziell ein und ernennt Pfarrer Friedrich-Wilhelm Haack aus Hof an der
Saale zum ersten "Nachkriegs-Sektenbeauftragten", zuerst nebenamtlich, ab 1969 dann hauptamtlich.
Und 1965 legt der evangelische Deutsche Verband für Gemeinschaftspflege und Evangelisation
(Gnadauer Verband) das Buch Sieben Sekten des Verderbens von 1917 bzw. 1931 wieder auf. Diesmal
allerdings "nur" unter dem Titel Sieben Sekten.
 
Auch der Antisemitismus und die Abneigung gegenüber der jüdischen Gedankenwelt schwelt weiter
innerhalb der Kirchen, obwohl es ja nur noch wenige Juden in Deutschland gibt. So schreibt etwa Dr.
Friedhelm Wilhelm Schluckebier in seinem Sektenspiegel auch über "judaistisch-gesetzliche
Sektenlehren" (S. 43) oder verweist auf seine Abhandlung Sabbat der Juden oder Sonntag der Christen?
(S. 68). Doch das kirchliche "Feindbild" verlagert sich jetzt Jahr für Jahr mehr auf die "Sekten".

 
1967

Der Sektenbeauftragte und Pfarrer Friedrich-Wilhelm Haack führt in Bayern eine Sektenumfrage der
Landeskirche durch. Pfarrer Haack bezieht sich zunächst auf die letzte Umfrage von 1930 (siehe
Zeitablauf) und erklärt: Die nichtkirchlichen Gemeinschaften müssen "bekannt" sein, "wenn die Kirche
´in diese pluralistische Gesellschaft` ihre Botschaft weitergeben und ihren Dienst erfüllen soll."
Die jeweils aktualisierten Umfrageergebnisse dienen in den folgenden Jahren für umfangreiche
Kampagnen gegen bestimmte Gruppen, und sie werden vielfach staatlichen Behörden mit der Bitte
überreicht, Maßnahmen dagegen zu ergreifen (Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Bayern, Jahrgang 1967, S. 327).

In einem Brief gibt Pfarrer Haack später zu: "Wenn Sie bei mir auf Inquisition tippen, dann liegen Sie
natürlich richtig! Sehen Sie, auch die Inquisition ist moderner geworden und hält sich auch an die
Grundsätze der fairen Berichterstattung. Nur sind ja oft die unterschiedlichsten Ansichten im Umlauf, was
denn nun fair ist und was denn unfair sei" (zit. nach Brief an A. Emtmann von 30.4.1986; liegt der
Redaktion vor).
In seiner Erläuterung zur Sektenumfrage rät der Sektenbeauftragte: "Zur Beschaffung von
Informationen empfehlen sich besonders Oberschüler und Jugendkreise. Diese kommen oft besser
an die notwendigen Informationen heran als die Kirchenvorsteher" (zit. nach Nachrichten der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Jahrgang 1967, S. 327).

 
70er-, 80er- und 90er-Jahre
 

In den 70er-Jahren baut sich zuerst ein Netz evangelischer "Sektenbeauftragter" in allen evangelischen
Landeskirchen auf, in den 80er-Jahren zieht die katholische Kirche mit "Sektenbeauftragten" in ihren
Diözesen nach. Bald wird dann das Netz der modernen "Inquisitoren" noch engmaschiger gezogen, und es

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 79 of 94

gibt nun auch konfessionelle "Sektenbeauftragte" einzelner Kirchenkreise und Dekanate. Vor allem in
den 90er- Jahren nimmt die Zahl der "Sektenbeauftragten" noch einmal erheblich zu. Neu sind
immer mehr "staatliche Sektenbeauftragte". Auf diese Stellen berufen Behörden und Kommunen
ebenfalls Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche. Eventuelle Ausnahmen sind nicht
bekannt. In Linz/Oberösterreich wird im Frühjahr 2000 sogar der bisherige Sektenbeauftragte der
römisch-katholischen Kirche zum staatlichen Sektenbeauftragten der oberösterreichischen
Landesregierung ernannt.

Verschiedene Maßnahmen werden in der Bevölkerung durchgeführt. Hier wird nur skizzenhaft darauf
hingewiesen, da dies ein Thema für eine eigene Untersuchung wäre (teilweise erfolgt in Der Theologe Nr.
12). Zu den Maßnahmen gehören z. B.:

Öffentliche Vorträge von Kirchenvertretern, bei denen religiöse Minderheiten verleumdet werden
Planmäßige Negativdarstellungen anderer Gruppen im staatlich finanzierten konfessionellen
Religionsunterricht an staatlichen Schulen
Negative Stellungnahmen durch staatliche Vertreter, die ebenfalls der evangelischen oder katholischen
Kirche angehören
Negative Medienkampagnen

Bei allen Maßnahmen werden vielfach Unwahrheiten verbreitet.

Aufgrund der Unwahrheiten und Verleumdungen erfolgen weitere Maßnahmen gegen Gemeinschaften,
gegen Einzelpersonen oder gegen Betriebe, in denen diese arbeiten, z. B.:

Behördliche Verbote, Informationsstände oder Büchertische aufzustellen


Verweigern oder Streichen von öffentlichen Zuschüssen
Benachteiligungen von Privatpersonen und Geschäftsleuten durch Behörden und Gerichte
Berufsverbote (Menschen müssen öffentlich erklären, keiner so genannten "Sekte" anzugehören, um
bestimmte Berufe auszuüben oder Aufgaben oder Rechte wahrnehmen zu können)
Aufruf zum Boykott von Geschäften
Kündigung von Geschäftsbeziehungen
Rufmordkampagnen gegen Firmen, indem man sie in die Nähe von "Sekten" bringt (weil sie z. B.
Geschäftsbeziehungen zu Firmen unterhalten, denen man ebenfalls vorwirft, mit einer "Sekte" in
Verbindung zu stehen
Verbot, Waren auf den dafür vorgesehenen Messen und Märkten zum Verkauf anzubieten
Untersagung von Anzeigenschaltungen
Weitere Werbeverbote (z. B. Verbote, Plakate aufzuhängen)
Ablehnung von Vermietungen
Erfassen von Anhängern religiöser Minderheiten durch so genannte "Bürgerinitiativen" (vgl.
"Sektenumfrage" der Kirche)
Forderungen nach Kennzeichnungspflicht des religiösen Bekenntnisses in bestimmten Bereichen, z. B.
in Verkaufsläden und vieles mehr ...

Vgl. dazu das Buch der beiden Professoren Gerhard Besier (Ev. Theologie) und Erwin K. Scheuch
(Soziologie), Die neuen Inquisitoren - Religionsfreiheit und Glaubensneid, Zürich/Osnabrück 1999 (2
Bände), und das Buch des ehemaligen Professors für Katholische Theologie und Religionsphilosophie,
Hubertus Mynarek, Die neue Inquisition - Sektenjagd in Deutschland, Mentalität, Motivation, Methoden
kirchlicher und staatlicher Sektenbeauftragter, Marktheidenfeld 1999, ISBN-Nr. 978-3-9808322-1-2.

Oben skizzierte Maßnahmen werden von beiden großen Kirchen veranlasst.


In der evangelischen Kirche steht im Hintergrund dieser Kirchenpolitik die Zwei-Reiche-Lehre, die von
Luther entwickelte Lehre eines Neben- und Miteinander zwischen Kirche (als Repräsentant des Reiches
zur Rechten Gottes) und Staat (Reich zur Linken Gottes), in letzter Konsequenz zwischen evangelischer
Kirche und totalitärem Staat, wie es in der NS-Zeit auch praktiziert wurde. Dies wird näher erläutert im
Anhang.

90er-Jahre und das neue Jahrtausend


Auch der Antisemitismus nimmt wieder zu
 

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 80 of 94

1995

Einer dpa-Meldung zufolge steigen die antisemitischen Straftaten - entgegen der Entwicklung bei
rechtsextremen Straftaten - sprunghaft an. Die Zahl stieg von 367 Delikten im Jahr 1991 auf 656 im Jahr
1993 und auf 1147 im Jahr 1995, darunter ein Anschlag auf die Synagoge in Lübeck (Süddeutsche
Zeitung, 8.2.1995).

1996
 

Die Chefredakteurin des Evangelischen Sonntagsblattes in Bayern, Johanna Haberer, gibt ein Buch über
Landesbischof Meiser heraus mit dem Titel Er liebte seine Kirche. Darin schreibt der evangelische
Oberkirchenrat Bogdahn: "Oberstes Ziel Meisers war der Erhalt der Kirche ... In seiner Liebe zu seiner
Kirche sah sich Meiser zur Lieblosigkeit gegenüber Schwachen und Hilfsbedürftigen gezwungen ... Es ist
bedauerlich, dass Meiser kaum Rechenschaft über die zwölf Jahre als Bischof in der Zeit des
Nationalsozialismus abgelegt hat" (Er liebte seine Kirche, München, 1996, S. 14).

 
1997

1997 - Die Weigerung der Bewohner von Gollwitz/Brandenburg, 60 russischstämmige Juden


aufzunehmen, entfacht die Diskussion um den "Antisemitismus in Deutschland" neu. Einer der
Wortführer der Bevölkerung, Horst Schmidt, ehrenamtlicher Mitarbeiter im evangelischen Kirchenrat des
Ortes, sagt im Hinblick auf den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis: "Soll der Bubis
doch die 60 Juden zu sich nehmen, genug Häuser hat er ja!" (Süddeutsche Zeitung, 10.7.1997)

1998
 

6.3.1998 - Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, erklärt bei einem
Vortrag in Kassel, rund 30 % der deutschen Bevölkerung seien "latent oder manifest" antisemitisch
eingestellt. "Heute bekennet man sich immer häufiger offen zum Antisemitismus" (zit. nach Main-
Echo, 6.3.1998).

24.8.1998 - Der Staatsrechtler Prof. Dr. jur. Martin Kriele von der Universität Köln wendet sich mit
einer öffentlichen Erklärung gegen die "Verfolgung" religiöser und weltanschaulicher Minderheiten in
Deutschland. Martin Kriele fragt: "Warum beschränkt man sich nicht darauf, gegen rechtswidriges
Handeln, das gewiss auch bei Minderheiten vorkommt, mit rechtlichen Mitteln
einzuschreiten?" (Brief liegt vor)

September 1998 - Einer der Ärzte im KZ Auschwitz, Hans Münch, rechtfertigt sein früheres Verhalten
als SS-Arzt:
"Ich kenne keinen frei lebenden Juden. Ich kenne nur Ausschwitz-Juden ... Juden auszumerzen, das war
eben der Beruf der SS damals ... Ich habe viele Leute gerettet, dadurch, dass ich ein paar Leute
umgebracht habe ... Ich konnte an Menschen Versuche machen, die sonst nur an Kaninchen möglich
sind ... Ein widerlicher Mensch ..., hat ausgeschaut wie ein Jud ... Das waren ideale Arbeitsbedingungen,
eine exzellente Laborausrüstung ... Die ganze Mannschaft marschierte ins Gas ... Das war die übliche
Therapie [bei Seuchenbekämpfung] ... Mengele und die anderen schickten uns ihr Material, Köpfe, Leber,
Rückenmark, was eben so anfiel ... Das war Dienst, und Dienst war Dienst, und Schnaps war Schnaps ...

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 81 of 94

Das geht ganz schnell, ruhig an einem Platz zu leben, an dem Hunderttausende Menschen vergast werden.
Das hat mich nicht belastet ... Ostjuden, ein furchtbares Gesindel ... Die Frau ... diese widerliche kleine
Jüdin ... Sie müssen wissen, das Umbringen von Leuten, das war so selbstverständlich wie, dass man
um soundso viel Uhr das und das zu tun hat ... Ein paar Häftlinge herauspicken, die sonst ins Gas
gehen. Dadurch habe ich mir ein gutes Gewissen verschafft" (Der Spiegel, 28.9.1998).
Anmerkung: Auf dem aktuellen Foto im "Spiegel" sitzt Hans Münch vor einem Kruzifix, einem Symbol der Kirche (zur
tiefenpsychologischen Bedeutung siehe hier).

September 1998 - Die Jüdin Tikva Bat Shalom aus Jerusalem stellt in einem Brief an die Zeitschrift Der
Theologe heraus, dass "der Gott der Kirche nichts mit dem GOTT" zu tun hat, "der Himmel und
Erde schuf". Sie schreibt: "Die Kirche nahm sich besonders all das [aus der Bibel] heraus, was gegen
Juden zu verwenden war ... Worte GOTTES, mit denen Er Seine Kinder schalt. Begegneten den
Kirchenchristen aber Verheißungen, die der Ewige Seinem Volk zugesagt hat, so bezogen sie diese auf
die Kirche ..." (shalom_j@netvision.net.il)

11.10.1998 - Papst Johannes Paul II. spricht die Karmeliterin Edith Stein, die 1942 im KZ ermordet
wurde, als "Märtyrerin" heilig. Edith Stein war vom Judentum zum katholischen Glauben übergetreten.
Jüdische Verbände protestieren gegen die Heiligsprechung. Denn Edith Stein wurde nicht getötet, weil sie
Katholikin, sondern weil sie Jüdin war.

22.-27.11.1998 - Die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern gibt hinsichtlich des
Holocaust zu, "mitverantwortlich für das antijüdische Denken und Handeln" gewesen zu sein, "die
es möglich gemacht oder zumindest toleriert haben, dass die Verbrechen ... möglich wurden." Sie
erklärt weiter, dass die lutherische Kirche "sich von jedem Antijudaismus in lutherischer Theologie zu
distanzieren" habe und dass "es zu den ureigensten Aufgaben der Kirche" gehöre, "sich von jeglicher
Judenfeindschaft loszusagen". Die Fortsetzung der kirchlichen "Mission" an Juden ist - wie in anderen
evangelischen Kirchen auch - umstritten.
Am Eingang des Tagungsgebäudes verteilt die Gruppe Freie Christen ein Flugblatt mit dem Titel Es
liegen noch mehr Leichen im Keller. Darin heißt es:
"Nach über 50 Jahren entschuldigt sich die Lutherkirche für den Völkermord an den Juden. Und wo bleibt
die Entschuldigung für die Wiedertäufer, Bauern [im Bauernkrieg] und Hexen, die ... Luther ebenfalls auf
dem Gewissen hat?!" Auch auf außerkirchliche Prediger, deren Hinrichtung Luther forderte, wird
verwiesen. Es heißt weiter: "Mit der Entschuldigung gegenüber den jüdischen Mitbürgern - so wichtig
und so überfällig sie war - kann die Lutherkirche nicht darüber hinwegtäuschen, wie hohl die moralische
Fassade ist, mit der sie die Öffentlichkeit täuschte. Keiner anderen Organisation mit einem derartig
blutigen Vorbild [Luther] würde man erlauben, sich in Gesellschaft und Staat so ungeniert als moralische
Autorität aufzuspielen ... Wo bleibt die Entschuldigung für den Vernichtungsfeldzug, den dieselbe Kirche
heute wieder gegen Andersgläubige führt? Gegen unbescholtene Mitbürger, die sie mit Hilfe ihres
Einflusses in Rundfunkräten und Zeitungsredaktionen gesellschaftlich ausgrenzt und wirtschaftlich in den
Ruin treibt, was nachweisbar geschieht" (vgl. Zeitablauf: 70er-, 80-er, 90er-Jahre).
Hinsichtlich des Eingeständnisses einer Mitschuld gegenüber den jüdischen Bürgern heißt es weiter:
"Haben die Seelen von Millionen ermordeter Juden dieser Kirche schon verziehen? So lange dies nicht
der Fall ist, bleibt sie an ihre Opfer gebunden und in ihre schwere Schuld verstrickt ... Mit wohlfeilen
Resolutionen kann sich die Lutherkirche weder von der Welt noch vor Gott aus der Affäre ziehen. Wo
bleibt der Versuch der Wiedergutmachung? Wer an einem Völkermord mitschuldig ist, sollte sich von
Aktienpapieren und Kunstschätzen trennen, um wenigstens an den Nachkommen der Opfer einiges wieder
gutzumachen."
Aus geistiger Sicht wird die Situation im Hinblick auf die kirchliche Lehre von der ewigen Verdammnis
wie folgt eingeschätzt: "Die Kirche die so gern verdammt, hat sich selbst verdammt, und jeden, den sie
per Taufe an sich bindet, zieht sie in diese Verdammnis hinein ... In der Bibel steht dazu: ´Du wirst nicht
von dannen herauskommen, bis du auch den letzten Heller bezahlest` (Mt. 5, 26)" (Freie Christen für die
Verfassung, Hiltrud Beil, Max-Braun-Straße 2, 97828 Marktheidenfeld).
An eine Wiedergutmachung denkt die Kirche aber nicht. Synodenpräsident Dieter Haack spricht sich z. B.
dafür aus, die nach dem Antisemiten Hans Meiser benannten Straßen nicht umzubenennen. Und
Landesbischof Hermann von Loewenich erklärt, dass auch weiterhin das Bildnis des antisemitischen
Bischofs im Amtszimmer des amtierenden Landesbischofs hängen wird.

29.11.1998 - Die Würzburger Zeitung Prima-Sonntag weist unter der Überschrift Wo liegt der Ursprung
des Holocaust? auf die "erschreckende Ausstellung" Ecclesia und Synagoga hin. Mit Hinweis auf
Darstellungen in der kirchlichen Kunst heißt es: "So entstand aus dem Willen der christlichen Kirche, das
Judentum in der geistigen und weltlichen Welt abzulösen, eine tödliche und erschreckende Macht der
Symbole, die bis heute noch ... greift."

Dezember 1998 - In Deutschland mehren sich die Stimmen, das Thema "Holocaust" ruhen zu lassen.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 82 of 94

Gleichzeitig wächst "eine neue Qualität" des Antisemitismus. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass z.
B. ein Mitglied des Zentralrats der Juden ca. 50-80 antijüdische Reaktionen im Monat bekommt, die
zunehmend "schamloser" werden. Außerdem: "Fast bei jedem öffentlichem Auftritt, ob es um das
Holocaust-Mahnmal oder die Entschädigung der Zwangsarbeiter geht, wird er drei- bis viermal gefragt,
ob man sich in Deutschland ´das` immer noch anhören müsse." "Das erlebt er jetzt alles auch in
bürgerlichen Kreisen, von Menschen, die Anzug und Schlips und manikürte Fingernägel
haben" (7.12.1998).

1999
Evangelische Kirche wieder für den Krieg
 

März/April 1999 - Die führenden Vertreter der Evangelischen Kirche befürworten die Beteiligung
Deutschlands am Kosovo-Krieg der NATO. Die Kirche betrachte den Krieg aufgrund ihrer
"verantwortungspazifistischen Haltung" als äußerstes Mittel (Landesbischof Wolfgang Huber aus Berlin),
bzw. er gelte als "einzig wirksames letztes Mittel" nach dem Scheitern der Friedensverhandlungen (Der
EKD-Ratsvorsitzende, Präses Manfred Kock). Und die Frau des bei den NATO-Truppen in Mazedonien
eingesetzten evangelischen Militärpfarrers Herbert Kampmann spricht aus, was viele denken und bekennt
im Zusammenhang des Krieges: "Ich teile das Gottvertrauen meines Mannes" (zit. nach idea-spektrum Nr.
13/1999).
Anmerkung: Zum Vergleich: Auch im 2. Weltkrieg wurden die Angriffe Deutschlands von der Kirche befürwortet. Und auf dem
Koppelschloss der Soldaten war der Satz eingraviert: "Gott mit uns!" (vgl. Zeitablauf: 1939 ff.)

März/April 1999 - Eine Bürgerinitiative Freie Christen für den Christus der Bergpredigt wendet sich "an
alle christlichen Politiker" mit dem Aufruf: "Distanziert Euch vom Krieg oder nennt Euch nicht
christlich!" (lt. Transparent am 3.4. in Berlin)
In einem Offenen Brief heißt es dazu: "Jesus von Nazareth ... war ein konsequenter Pazifist, der
Feindesliebe predigte und das Töten unter keinen Umständen erlaubte ... Glauben Sie im Ernst, dass
Jesus von Nazareth Cruise Missiles und Tornados losschicken würde, um den Frieden
herbeizubomben? ... Was Sie jetzt unterstützen, dient nicht der Beendigung einer humanitären
Katastrophe, sondern ist ein Beitrag zur Eskalation des Tötens. Wir machen Sie darauf aufmerksam,
dass Sie den christlichen Namen auf grobe Weise missbrauchen und das Volk dadurch täuschen. Sie
geben vor, dass es einen ´christlichen Krieg` geben könne. In Wirklichkeit verhöhnen Sie damit Christus.
Die Kirchen sind aufgrund ihrer unchristlichen blutigen Geschichte nicht mehr in der Lage, Sie
darauf hinzuweisen. Deshalb tun wir es ..."
Auf Rückfrage gibt einer der Verantwortlichen, Moris Hoblaj, folgende Antwort: "Welches Vorbild geben
die Politiker, die sich ´christlich` nennen, dem jugoslawischen Präsidenten? Wenn die Milliarden für den
Krieg stattdessen unmittelbar den Kosovo-Albanern in Jugoslawien zugute kämen - vielleicht würde dann
auch der serbische Regierungschef seine Politik ändern" (Freie Christen für den Christus der Bergpredigt,
Am Brechhaus 4, 97828 Marktheidenfeld).

Sommer 1999 - Eine Initiative Ein Mahnmal für die Millionen Opfer der Kirche wird gegründet. Die
Initiatoren schreiben: "Der Holocaust an den Juden im Dritten Reich wäre ohne die Jahrhunderte lange
Vorbereitung durch kirchliche Hetze undenkbar gewesen." Namentlich genannt wird Martin Luther. Als
weitere Opfer neben den Juden werden unter anderem erwähnt: "Heiden", Kreuzzugsopfer,
Inquisitionsopfer, Indianer, "Hexen", Sklaven und - in jüngerer Zeit - von Pfarrern und Priestern
"missbrauchte Kinder". In dem Aufruf heiß es: "Diese Verbrechen dürfen sich niemals wiederholen.
Deshalb fordern wir ein Mahnmal für die Opfer zu errichten als sichtbares Zeichen gegen das Vergessen.
Das Denkmal soll ein Zeichen des Erinnerns, des Gedenkens und der Scham setzen, ein Zeichen
unserer Trauer, auch ein Zeichen unserer Geschichte. Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita
Süßmuth stellte in der Aussprache des Deutschen Bundestages zum Holocaust-Mahnmal die Frage: ´Wie
haltet ihr es mit den anderen Opfern?` Die Antwort für eine große Anzahl von Opfern soll dieses
Mahnmal darstellen" (www.kirchenOpfer.de - 30.7.1999).

2000 / 2001 / 2002

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 83 of 94

 
 
Ab 2000, v. a. ab Herbst 2001 - Die zunehmende Eskalation von Gewalt im Palästinakonflikt führt in
Deutschland zwar zur verstärkten Kritik an der Politik der israelischen Regierung gegenüber den
Palästinensern in den von Israel besetzten Gebieten. Doch die vielfach unaufgearbeitete Geschichte des
Dritten Reiches trägt entscheidend mit dazu bei, dass auch sachgerechte Kritik als
"Antisemitismus" verdächtigt oder gar gebrandmarkt wird. Tatsächlicher Antisemitismus kann sich
dahinter so gut wie lange nicht mehr verbergen.
 
Gleichzeitig wird die Kriegsvorbereitung der USA gegen den Irak (Blut für Öl; Der Spiegel Nr. 3/2003)
nahezu ohnmächtig beobachtet. Und selbst ernannte Sprecher in der "Friedensbewegung" wie die Ex-
Grünen-Vorsitzende Jutta Ditfurth bemühen sich, engagierte Kriegsgegner wie z. B. den ehemaligen
katholischen Theologieprofessor Dr. Hubertus Mynarek aus der Bewegung ausschließen zu wollen, weil
sie ihn zu Unrecht des Antisemitismus verdächtigt (Junge Welt, 4.12.2002).
Anders als im Kosovo-Krieg sprechen die deutschen Großkirchen Anfang 2003 zwar meist ein
vorläufiges Nein zum Krieg, das jedoch aus taktischen Gründen nicht stabil ist. Die größte evangelische
Kirche in den USA, die Baptisten, ermuntern den US-Präsidenten Bush zum Krieg, da die Bedingungen
für einen "gerechten Krieg" nach der Lehre der Kirche bereits "übererfüllt" seien. Die USA kündigen an,
jederzeit auch wieder Atombomben werfen zu können.
Anmerkung: Der EKD-Vorsitzende, Landesbischof Karl Otto Dibelius, erklärte in der Broschüre Militärkirche oder kirchlicher
Friedensdienst (Potsdam 1957), selbst "die Anwendung einer Wasserstoffbombe sei vom christlichen Standpunkt aus nicht
einmal eine so schreckliche Sache, da wir alle dem ewigen Leben zustreben." Wenn eine solche Bombe eine Million Menschen
töte, so erreichten die Betroffenen "umso schneller das ewige Leben" (zit. nach Manfred Görtemaker, Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland, Beck-Verlag, München 1999, S. 259).
 

Ein Holocaust-Überlebender warnt


 

23.6.2002 - Professor Ernö Lazarovits aus Budapest, Mitglied des Ungarischen Zentralrats der
Juden und Überlebender des Holocaust warnt die österreichischen Politiker vor der
Diskriminierung religiöser Minderheiten. In einem Brief an Bundespräsident Dr. Klestil und an den
Landeshauptmann von Oberösterreich Pühringer schreibt Professor Lazarovits:
"Zwar lebe ich in Ungarn, aber ich habe auch schon einige Zeit in Oberösterreich ´gelebt`, von 1944-1945
in Mauthausen, wo ich am 4. Mai 1945 von der US-Armee befreit wurde. Auch bei der heurigen
Gedenkfeier in Mauthausen hatte ich wieder Gelegenheit, die Mahnung an die Menschen zu wiederholen.
Rein menschlich gesehen könnte ich auf Grund meiner Erlebnisse aus jener Zeit zumindest einen
gewissen Groll gegenüber Österreich(ern) empfinden, soweit eben Ihr Land für die Geschehnisse
verantwortlich zu machen ist. Dass mein Herz aber nicht von Groll geleitet wird, sondern von der
Sehnsucht nach Versöhnung und Verständigung, ist der Grund dafür, dass mir durch den Herrn
Bundespräsidenten Dr. T. Klestil im Jahr 2000 das ´Große Ehrenzeichen der Republik Österreich`
verliehen wurde ... und von Deutschland erhielt ich das ´Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik
Deutschland`. Dennoch ist mir etwas geblieben aus diesen leidvollen Erfahrungen des
Konzentrationslagers - nämlich eine gewisse Sensibilität und Sorge für Menschen, die wegen ihrer
religiösen Überzeugungen angefeindet werden. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es mit der
Judenverfolgung so begonnen hat, dass man uns zuerst schlecht gemacht hat, was im weiteren den
Vorwand lieferte, die wohl auch Ihnen bekannten nächsten Schritte zu setzen. Heute werden
Gedenkfeiern abgehalten und bei jeder dieser Veranstaltungen wird beschworen: so etwas darf nie wieder
passieren!! Dem kann man nur beipflichten, jedoch muss man besonders ´den Anfängen wehren`. Mit
großer Beunruhigung muss ich daher feststellen, dass mit der, von der Katholischen Kirche und
dem Land Oberösterreich herausgegebenen CD-ROM mit dem Titel ´Auf der Suche nach dem
Sinn` eine Behandlung von Andersgläubigen praktiziert wird, die man im Ansatz als kollektives
Schlechtmachen bezeichnen kann, so wie man uns seinerzeit den ´Judenstern` umhängte. Damals
waren es ´nur` die Juden, heute sind es ´nur` die ´Sekten` - wo ist der Unterschied? ... Bitte verzeihen Sie,
wenn ich als Mitglied des Internationalen Christlich-Jüdischen Rates meine tiefe innere Besorgnis so
direkt zum Ausdruck bringe ... Mit freundlichen Grüßen aus Ungarn ..." (Kopie des Briefes liegt vor)

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 84 of 94

2005 / 2006

10.5.2005 - In Berlin wird das Holocaust-Mahnmal eingeweiht. Über die Verantwortung der
evangelischen (und auch der katholischen) Kirche am Holocaust wird geschwiegen.

Mai 2006 - Papst Benedikt XVI. besucht Auschwitz. Am 11.9.2009 erscheint darüber eine Dokumentation
der Zeitung Die Welt mit dem Titel: Der Versuch, aus Tätern Opfer zu machen
(http://www.welt.de/politik/deutschland/article4510495/Als-Benedikt-XVI-aus-Taetern-Opfer-machen-
wollte.html).

2009

11.5.2009 - Papst Benedikt XVI. besucht die Gedenkstätte für Holocaust-Opfer Yad Vashem in
Jerusalem. Dabei sagt er "kein Wort über die Haltung der Kirche zum Holocaust, über den
Antijudaismus in der Kirchengeschichte, der die Shoah erst ermöglicht hat. Er beschränkt sich darauf, das
´Mitleiden` der katholischen Kirche mit den Opfern zu nennen ... Die nächsten Tage werden zeigen, wie
Israel mit diesem Schweigen eines Papstes leben kann" (Spiegel online, 11.5.2009).

 
Anhang
 

Zusammenfassung:
"Deutsche Christen" und "Bekennende Kirche"
gemeinsam für Judendiskriminierung und -verfolgung
Sowohl die "Deutschen Christen" als auch die "Bekennende Kirchen" unterstützen mehr oder weniger die
Judenverfolgungen. Der Gehorsam gegenüber Hitler ist für beide kein Widerspruch zum evangelischen
Bekenntnis. In Konflikt zum Staat kommt die "Bekennende Kirche" nur dort, wo sie im Sinne der
lutherischen Zwei-Reiche-Lehre auf der Selbstständigkeit der Landeskirchen gegenüber der Reichskirche
beharrt und wo sie am evangelischen Bekenntnis aus dem 16. Jahrhundert festhält und keine Änderungen
vornimmt, wie es die "Deutschen Christen" tun. Nach kurzer Auseinandersetzung im Jahr 1934
akzeptieren Hitler und die Nationalsozialisten die Grundposition von Landesbischof Meiser und gleich
gesinnten Kirchenführern, und sie erkennen die Selbstständigkeit der drei evangelischen Kirchen in
Bayern, Württemberg und Hannover an. Diese drei zählen deshalb zu den gemäß der lutherischen Lehre
"intakt" gebliebenen, in den anderen Landeskirchen gibt es so genannte "bekennende" Flügel bzw.
"Bruderräte".

Für die jüdischen Mitbürger wirken sich die innerkirchlichen Auseinandersetzungen kaum aus. Trotz der
Aussage Meisers von 1926, "Judenmission" statt "Judenpogrom", werden in den beiden Lagern der
evangelischen Kirche Maßnahmen der Judendiskriminierung und -verfolgung gefordert oder
befürwortet.

Umgekehrt werden die "missionierten" Juden in der Kirche nur als "Evangelische zweiter Klasse"
anerkannt - mit weniger Rechten. Schließlich nimmt man sie teilweise überhaupt nicht mehr auf, bzw. es
wird ihr Ausschluss gefordert. Zu diesem Zeitpunkt werden sie trotz ihres evangelischen Glaubens bereits
vergast - zusammen mit der großen Mehrheit der übrigen Juden -, was die Diskussion über einen
Ausschluss aus der Kirche schließlich erübrigt.

Dazu schweigen die evangelischen Kirchen - nach deren eigenen Worten, um die Nazis vor Kritik aus
dem Ausland zu schützen. Nur Landesbischof Wurm aus Württemberg formuliert schließlich im Juli 1943

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 85 of 94

nach langem Schweigen ein Protestwort. Doch abgesehen von der Frage, ob ein einzelnes "Protestwort"
ohne Konsequenzen überhaupt etwas nützt - ist es ein schicksalhafter "Zufall", dass es erst erfolgte, als z.
B. die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka schon eingeebnet sind?

Gutachten:
Hans Meiser -
Die evangelische Gemeinde und die Judenfrage
Vorbemerkung: Meiser ist im Jahr 1926 Leiter des Predigerseminars der Evangelisch-Lutherischen Kirche
in Bayern und bildet dort die angehenden evangelischen Pfarrer aus. 1928 wird er zum Oberkirchenrat
ernannt und 1933 zum ersten Bischof dieser Kirche. Meiser schreibt das Gutachten zu einer Zeit, in der
die Juden in Deutschland noch nicht verfolgt werden. Nachfolgend wesentliche Aussagen des Gutachtens
in Auszügen:

"Im Besitz der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung haben die Juden ihren Einfluss nur um so
ungehemmter geltend gemacht ..."

"... die Tatsache kann nicht bestritten werden, dass die Juden bis auf diesen Tag ein Sonderdasein unter
den Völkern führen. Die letzten Ursachen ... können wir nur in religiösen Gründen finden ... Auf ein neues
messianisches Reich, auf ein neues Jerusalem geht die Hoffnung."

"... sie haben eine Unmenge Sitten und Gebräuche bis zum eigenen Jargon; das alles wirkt als trennende
Schranke zwischen ihnen und uns ... bei einer Gesamtwürdigung kann nicht in Frage kommen, was
einzelne denken, es entscheidet die Haltung der typischen Vertreter."

"Mit einer meisterhaften Fähigkeit ausgestattet, überall den eigenen Vorteil wahrzunehmen, finden wir sie
hauptsächlich in Berufen, die ein schnelles Vorwärtskommen ermöglichen ... Ohne Übertreibung kann
man sagen, dass sie sich den Löwenanteil an unserem Volksvermögen gesichert haben."

"Wir könnten diese Tatsache (Anmerkung: Die hier von Meiser vorgetragenen "Tatsachen", auch
hinsichtlich des "Volksvermögens", entsprechen nicht der Wahrheit; siehe unten) ruhigen Blutes
feststellen und uns mit ihr abfinden, wenn der Einfluss, den sich die Juden erobert haben, für unser Volk
nicht ein so bedenklicher und unheilvoller wäre."

"Das Wort von den ´Judenzinsen` ist keine bloße Verleumdung."

"Wie nun im menschlichen Körper unrichtige Fettbildung und Fettverteilung, etwa die Bildung eines
Fettherzens oder einer Fettniere, zur Todesursache werden kann, so kann auch eine abnorme Verteilung
des Nationalvermögens einem Volke unmöglich zuträglich sein."

"Es ist oft betont worden, dass der jüdische Verstand etwas Zerfressendes, Ätzendes, Auflösendes an sich
hat. Er ist kritisch zersetzend, nicht kontemplativ, konstruierend, produktiv ... Was dieser Geist schon
gesündigt hat an unserem Volk, welch furchtbares Unwesen er ... treibt, ist kaum auszusagen. Nur mit
tiefen Schmerz können alle wahren Freunde unseres Volkes an alle diese Dinge denken."

"Eine Eindeutschung des Judentums ... erscheint als Widerspruch in sich selbst ... Radikal gesinnte
Antisemiten empfehlen den entgegen gesetzten Weg. Nicht Assimilation des Judentums, sondern
Bekämpfung des Judentums mit allen Mitteln, Zurückverweisung der Juden ins Ghetto, Ausmerzung der
Juden aus dem Volkskörper - das ist der einzig mögliche Weg zur Lösung der Judenfrage. Vor allem sind
es rassehygienische Gesichtspunkte, die stark in den Vordergrund gestellt werden. Von der
antisemitischen Bewegung stark beeinflusst, sieht auch die völkische Bewegung in der Rassenfrage den
Kernpunkt der Judenfrage und steht hier mit der antisemitischen Bewegung in einer Front."

"Es gilt hier der Grundsatz, dass die Treue gegen das eigene Volk eine ernsthafte Christenpflicht ist. Es
liegt etwas durchaus Berechtigtes in der Forderung nach Reinhaltung des Blutes. So wenig wir Mischehen
etwa mit naturalisierten Slaven gutheißen können, so wenig können wir Mischehen zwischen Deutsch-
Stämmigen mit Juden billigen. Schon der religiöse Gegensatz sollte Christen die Eingehung einer solchen
Ehe verbieten, wie denn auch unsere Kirche solche Ehen von der kirchlichen Trauung ausschließt."

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 86 of 94

"Gott hat jedem Volk seine völkische Eigenart und seine rassischen Besonderheiten doch nicht dazu
gegeben, damit es seine völkische Prägung in rassisch unterwertige Mischlingsbildungen auflösen lässt ...
Darum können wir uns mit den völkischen Idealen weithin einverstanden erklären ..."

"Nun darf freilich die Betonung des Rassengegensatzes nicht in den Rassenmaterialismus ausarten, der
uns in der völkischen Bewegung weithin begegnet und der nun alles und jedes rassisch bedingt sein lässt
und sich gebärdet, als komme es nur auf die rechte Paarung an, dann werde man lauter edle und tüchtige
Menschen erzeugen. Vor allem können wir denen keine Gefolgschaft leisten, die die Juden bloß um ihrer
Rasse willen von vornherein und ohne Ausnahme als minderwertige Menschen ansehen. Es mag viele
zweifelhafte Existenzen unter den Juden geben, aber wer könnte nicht auch edle, sittlich hoch stehende
und verehrungswürdige Menschen unter ihnen nennen? Und wer wollte behaupten, dass die Zugehörigkeit
zur arischen oder nordischen Rasse von selbst vor all den üblen Eigenschaften bewahrt, die man den
Juden zum Vorwurf macht. Wenn das jüdische Volk so in Bausch und Bogen verurteilt wird, so vergessen
gerade wir Christen nicht, dass dieses Volk imstande gewesen ist, das Volk der Propheten, das Volk Jesu,
das Volk der Apostel zu sein. Auf keinen Fall lassen wir uns durch völkische Heißsporne unsere
Wertschätzung des Alten Testamentes, das auch die Bibel Jesu war, rauben ... Und selbst wenn die
jüdische Rasse eine minderwertige Rasse wäre, wissen wir Christen denn nichts von Rassenveredelung
und Rassenerneuerung? Trauen wir es der Kraft des Geistes Gottes zu, dass er die Papuas und Hindus und
Malayen neu machen kann, sollte er einen Juden nicht erneuern können? ... Gerade wer von der
Minderwertigkeit der jüdischen Rasse überzeugt ist, dürfte, wenn er nicht ein blinder Fanatiker ist, mit
dem nicht zu rechten ist, nicht das Judenpogrom predigen, sondern müsste zur Judenmission aufrufen,
weil in ihr die Kraft liegt, die Juden auch rassisch zu veredeln."

"Wer sich an den Realismus der jüdischen Lebensauffassung erinnert, die alles unter den Gesichtspunkt
des Geldverdienens rückt, der alles, selbst die zartesten und innerlichsten Dinge wie Heirat und Ehe, zum
Geschäft wird, wer den alles nivellierenden, die sittlichen Grundlagen unseres Volkstums zersetzenden,
bis zur Laszivität ausschweifenden jüdischen Geist kennt, wie er uns in ungezählten Presseerzeugnissen
aus jüdischer Feder wie ein erstickender Brodem entgegenweht, der kann sich ein Bild davon machen,
was unserem Volk drohte, wenn dieser Geist noch weiter als bisher schon um sich griffe und zum
Gemeingut unseres Volkes würde ... Gegen diese Art der ´Verjudung` unseres Volkes können wir nicht
energisch genug ankämpfen."

"Wenn es Recht und Pflicht ist, dass zwischen den beiden großen christlichen Konfessionen in unserem
Lande ... bei der Bestellung der öffentlichen Stellen der Grundsatz der Parität gewahrt wird, dann kann es
nicht unrecht sein, wenn den Juden unseres Landes gegenüber der gleiche Grundsatz gehandhabt wird und
sie zu öffentlichen Ämtern nur im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl zugelassen werden ... Ganz
entschieden wehren wir uns als Kinder christlicher Eltern dagegen, wenn unsere Kinder dem Einfluss
jüdischer Erzieher unterstellt werden ... Natürlich billigen wir das gleiche Recht, das wir für uns fordern,
auch den jüdischen Eltern zu und haben von uns aus nicht nur volles Verständnis für den Kampf der Juden
um Erhaltung ihrer jüdischen Schulen, sondern können sie in diesem Kampf auch mit ehrlicher
Überzeugung unterstützen ... Doch wäre es immerhin schon ein Gewinn, wenn der seinerzeitige Antrag
Stöckers (des "Begründers" (Mensing, a.a.O., S. 276) des modernen kirchlichen Antisemitismus aus dem
19. Jahrhundert.; vgl. Zeitablauf: um 1900) zum Gesetz gemacht würde und alle leitenden Artikel in den
Zeitungen mit vollem Namen gekennzeichnet werden müssten. Unser Volk wüsste dann wenigstens, wer
die Gewährsmänner sind ... "

"Mag die Moral vieler Juden nichts anderes sein als stinkende Unmoral, wer zwingt uns denn, ihre
Grundsätze zu befolgen und es ihnen gleichzutun oder gar sie zu übertreffen? Selbsthilfe ist oft die beste
Hilfe. Darum scheint mir diese sittliche Selbstschutzbewegung das Allernotwendigste zu sein, was wir in
Bezug auf die Judenfrage zu tun haben." ...

"Ich möchte nur auch hier mit allem Nachdruck betonen, dass kein Kampf um sittliche Güter mit
unchristlichen Mitteln geführt werden darf. Die widerliche Verhöhnung und niedrige Beschimpfung der
Juden, wie sie uns vielfach in antisemitischen Hetzblättern begegnet, ist christlicher Kampfesweise
unwürdig. Mögen sie vielen unter uns noch so unsympathisch sein, mögen es uns manche Juden noch so
schwer machen, ihnen mit rechter christlicher Liebe zu begegnen, es gehört mit zu den größten Proben
christlicher Liebe, sie auch denjenigen Israeliten zu erzeigen, die uns durch Eitelkeit, Frechheit und
Anmaßung herausfordern und beleidigen ... Auch die gewisseste Überzeugung, dass unserem Volk von
Juden schon viel Schaden geschehen ist und noch fort und fort geschieht, entbindet uns nicht von der
Pflicht christlicher Nächstenliebe auch gegen unsere jüdischen Volksgenossen ... Der Kampf gegen das
Judentum hat unter uns solche Formen angenommen, dass alle ernsten Christen förmlich genötigt sind,
sich schützend vor die Juden zu stellen, damit nicht der christliche Name vor aller Welt verunglimpft
werde. Für uns sind auch die Juden Menschen, die Gott für sein Reich sucht und die an der Erlösung

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 87 of 94

durch Christus Anteil haben sollen. Sind sie noch ferne von Christus, so ist das kein Anlass, sie durch
unsere Lieblosigkeit noch weiter von ihm wegzustoßen."

"Völlig beseitigen oder gar lösen werden wir die Judenfrage innerhalb dieses Geschichtsverlaufes nicht.
Ihrer restlosen Lösung steht das dunkle, rätselhafte Schicksal entgegen, dem Gott dieses Volk
unterworfen ... hat ... Der ewige Jude wird bleiben unter den Völkern bis ans Ende der Welt. Er stirbt
nicht. Wir können ihn von seinem Fluch nicht befreien. Ruhelos und heimatlos zu bleiben ist sein Los.
Aber er soll nicht sagen können, wenn er einst an das Ende seiner Wanderfahrt gekommen ist, er habe
nichts davon gespürt, dass er auf seinem Weg auch durch christliche Völker gekommen sei. Wir wollen
ihm so begegnen, dass er, wenn Gott dereinst den Fluch von ihm nimmt und er zur Ruhe eingehen darf,
seine Heimat da sucht, wo er die findet, die ihn in seinen Erdentagen mit Freundlichkeit gegrüßt, mit
Selbstverleugnung getragen, durch hoffende Geduld gestärkt, mit wahrer Liebe erquickt, durch anhaltende
Fürbitte gerettet haben."

Anmerkungen:

1) Insgesamt liegt der Anteil der Juden an der Gesamtbevölkerung 1933 bei 0,76 %, davon hat ein
Fünftel nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, sondern es handelt sich um Einwanderer aus Russland
oder Polen. Der Anteil der jüdischen Erwerbstätigen in Handel und Verkehr liegt bei 2,5 %, im Bank- und
Versicherungswesen bei 3 %, bei Richtern und Staatsanwälten bei 2,8 %. Meiser erwähnt nicht, dass
Juden bis 1918 bestimmte Berufe im öffentlichen Dienst verwehrt wurden (nach Juden-Christen-
Deutsche 1, S. 82 f.).
2) Das vollständige Gutachten im Original ist nachzulesen bei Eberhard Röhm / Jörg Thierfelder, Juden-
Christen-Deutsche 1, Stuttgart 1990, S. 350-362.
3) Landesbischof Meiser bleibt auch nach Ende des Krieges als Landesbischof bis 1955 im Amt. Er
entschuldigt sich weder für das Gutachten und für seine Folgen noch nimmt er das Gutachten zurück.

Hintergrund 1:

Der Holocaust und die kirchliche Lehre


von der ewigen Verdammnis
Die Nationalsozialisten haben nach anfänglichem Bekenntnis zum kirchlichen Christentum den
Antisemitismus von seinen kirchlichen Wurzeln zu lösen versucht. Dies hat es der Kirche erleichtert, sich
nach 1945 als "Opfer" darzustellen anstatt sich als Anstifter bzw. Vorläufer zu erkennen.
Doch die "Endlösung" des Holocaust steht in vieler Hinsicht in Verbindung zum evangelischen und
katholischen Glauben.
Mehrere Jahrhunderte lang werden die Juden als angebliche "Christusmörder" verfolgt. Zu
unterschwelligen Rachegefühlen kommt aber noch ein wesentlicher Aspekt der kirchlichen Lehre hinzu,
der die Verfolgung bis zum Tod erst begründet: Der katholische und der evangelische Glaube wähnen
sich gemäß ihrer Dogmen und Bekenntnisschriften im Besitz der selig machenden Wahrheit, und
katholische und evangelische Kirche lehren bis heute die mögliche ewige Verdammnis für viele
Andersgläubige. Deshalb lautet eine wesentliche Frage auch: In welcher Beziehung stehen der
Holocaust und die Lehre von der ewigen Verdammnis?

In der Vergangenheit wurden Millionen der vermeintlich ewig Verdammten auf Veranlassung der Kirche
auch hingerichtet. Der kirchliche Glaube an die ewige Verdammnis ihrer Opfer trägt dabei
entscheidend zum Abbau der Hemmschwelle gegenüber Folter und Mord bei. Was seien schon die
paar Minuten Qual auf dem Scheiterhaufen gegenüber dem ewigen Höllenfeuer, das Gott angeblich dem
Opfer sowieso bald bereitet? Das vermeintlich "Positive" dabei aus kirchlicher Sicht: Die Hingerichteten
können andere Katholiken und Evangelische nicht mehr "verführen", und ihr qualvoller Tod ist auch eine
Abschreckung für Schwankende. Und außerdem hätte ihnen die Kirche die große Chance gegeben, sich
noch in letzter Minute, während die Flammen z. B. schon am Körper hoch züngeln, zum kirchlichen
Glauben zu bekehren und auf dieser Weise ihrer angeblichen ewigen Verdammnis zu entgehen (vgl. dazu
auch Der Theologe Nr. 19).
Zu den vermeintlich ewig Verdammten und in vielen Pogromen zuvor Verfolgten gehören gemäß der
Lehre Martin Luthers auch die jüdischen Mitbürger - und zwar dann, wenn sie nicht zum Christentum
übertreten.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 88 of 94

Anmerkung: Nach römisch-katholischer Lehre zählt es bis heute sogar zu den "unfehlbaren" Glaubenswahrheiten, dass jüdische
Mitbürger "dem ewigen Feuer" verfallen, wenn sie die katholische Kirche kennen gelernt haben und nicht vor ihrem Tod in diese
übergetreten sind. Der Beleg dafür findet sich im offiziellen römisch-katholischen Lehrbuch Neuner/Roos, Der Glaube der
Kirche, Regensburg 1971, 13. Auflage 1992, Lehrsatz Nr. 381. So gesehen wäre der Holocaust aus römisch-katholischer Sicht
nur das vergängliche irdische Feuer vor dem unvergänglichen "ewigen Feuer" gewesen, wobei die Juden in Deutschland vor
jenem bewahrt worden wären, wenn sie kurz vor ihrer Vergasung oder Erschießung noch die Religion ihrer katholischen
Peiniger angenommen hätten. Hätten sie stattdessen die Religion ihre evangelischen Peiniger angenommen, hätte ihnen das
nach römisch-katholischer Lehre auch im Jenseits nichts genützt. Und im Diesseits hatte es den jüdischen Mitbürgern sowieso
nichts genützt, wenn sie evangelisch oder katholisch geworden sind, wie ja auch in der Dokumentation deutlich wurde. Sie
wurden von den Kirchen in der Regel fallen gelassen und von den Machthabern genauso umgebracht wie alle anderen Juden.
 

Hintergrund 2:
Antijüdische Stellen im Neuen Testament
Für beide Großkirchen ist die Bibel verbindliches, reines und abschließendes Gotteswort. Zu
Unrecht werfen sie z. B. manchen religiösen Minderheiten "Antisemitismus" vor, während sie selbst
in der Geschichte zu den schlimmsten Antisemiten gehörten (siehe z. B. diese Ausgabe des
"Theologen") und sich bis heute nicht von dem furchtbaren Antisemiten Martin Luther
(www.theologe.de/martin_luther_juden.htm) oder dem rassischen Antisemiten Hans Meiser
distanzieren. Stattdessen stellt die evangelisch-lutherische Kirche vor allem Martin Luther weiter
als Vorbild hin. Auch haben sich die Kirchen bis heute nicht von nachfolgenden Bibelstellen
distanziert, von denen sie sich in der Vergangenheit u. a. zu wüstem Antisemitismus inspirieren
ließen und zur geistigen Vorbereitung des Holocaust. Sollen z. B. nachfolgende Stellen wirklich
verbindliches, reines und abschließendes Gotteswort sein? Und wenn ja, kann dann ausgeschlossen
werden, dass sich Kirchenanhänger irgendwann wieder darauf berufen?

Da sprach [angeblich] Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: "... Ihr habt den Teufel zum Vater, und
nach eures Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang und ist nicht bestanden in der
Wahrheit" (Johannes 8, 31.44).

"Als sie [die Juden] aber widerstrebten und lästerten, schüttelte er [Paulus] die Kleider aus und sprach zu
ihnen: ´Euer Blut komme über euer Haupt" (Apostelgeschichte 18, 6).

Paulus: "Siehe aber zu: du heißest ein Jude ... Nun lehrst du andere, und lehrst dich selber nicht; du
predigst, man solle nicht stehlen, und du stiehlst; du sprichst, man solle nicht ehebrechen, und du brichst
die Ehe; dir gräuelt vor den Götzen, und du raubest Gott, was sein ist; du rühmest dich des Gesetzes, und
schändest Gott durch Übertretung des Gesetzes; denn ´eurethalben wird Gottes Name gelästert unter den
Heiden`, wie geschrieben steht" (Römer 2, 17.21-24, nach der Lutherübersetzung von 1964; diese
Bibelstelle wurde von der evangelischen Kirche schon einmal korrigiert, indem sie die einzelnen Vorwürfe
mit Fragezeichen versehen hat; bei dem schwerwiegenden Vorwurf am Schluss wurde die Bibelstelle
jedoch nicht verändert).

Paulus: "Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt; die Auserwählten [als die sich die Mitglieder der
Kirche später betrachten] aber haben es erlangt. Die andern sind verstockt, wie geschrieben steht (Jesaja
29, 10): ´Gott hat ihnen einen Geist der Betäubung gegeben, Augen, dass sie nicht sehen, und Ohren, dass
sie nicht hören, bis auf den heutigen Tag.` Und David spricht (Psalm 69, 23-24): ´Lass ihren Tisch zur
Falle werden und zu einer Schlinge und ihnen zum Anstoß und zur Vergeltung. Ihre Augen sollen finster
werden, dass sie nicht sehen, und ihren Rücken beuge allezeit`" (Römer 11, 7-10).

Paulus: "Aber was mir Gewinn war [die jüdische Lehre und Überlieferung], das habe ich ... für Schaden
erachtet. Ja, ich erachte es noch alles für Schaden ..., und ich erachte es für Dreck ..." (Philipper 3, 8)

Paulus: "Die haben den Herrn Jesus getötet und die Propheten und haben uns verfolgt und gefallen Gott
nicht und sind allen Menschen Feind ... Aber der Zorn Gottes ist schon in vollem Maße über sie
gekommen" (1. Thessalonicher 2, 15 f.).

"Denn es gibt viele Freche, unnütze Schwätzer und Verführer, besonders die aus den Juden, denen man
das Maul stopfen muss, weil sie ganze Häuser verwirren und lehren, was nicht sein darf ..." (Titus 1, 10 f.)

Unser Vorschlag: Wenn es den Kirchen mit ihrer Distanzierung vom Antisemitismus ernst ist, dann
sollten sie sich zumindest von den oben ausgewählten sieben Bibelstellen distanzieren und diese aus
den "Gottesworten" herausnehmen oder sie zumindest korrigieren.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 89 of 94

Kommentar:
Die evangelisch-lutherische Zwei-Reiche-Lehre
und ihre Bedeutung für die Judenverfolgung
und für das staatliche Handeln der Gegenwart
Immer wieder hörte und hört man im evangelischen Bereich von der "Zwei-Reiche-Lehre", wenn es
um das Verhältnis von Staat und Kirche geht. Wieso zwei Reiche, Staat und Kirche? Mit welchem
Recht stellt sich eine Kirche neben den Staat? Welche Auswirkungen hat das für die anderen
Religions- und Glaubensgemeinschaften in diesem Staat?

Mit Berufung auf die Zwei-Reiche-Lehre lehnen namhafte evangelische Theologieprofessoren z. B. die
Weimarer Demokratie ab und bejahen die NS-Diktatur (z. B. Althaus, Elert). Die Bundesrepublik
Deutschland ist vom Grundgesetz her wieder ein demokratischer Rechtsstaat. Doch im evangelischen
Religionsunterricht werden die Schüler nach wie vor in der "Zwei-Reiche-Lehre" unterwiesen, einem
Modell, das weder in einer Demokratie entwickelt wurde noch für eine Demokratie taugt, wie
nachfolgende Überlegungen verdeutlichen.

Wie wird nach dem Modell der "Zwei-Reiche-Lehre" regiert? Dazu im Jahr 1998 der Landesbischof i.
R. Leich, von 1986-1990 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen: "Einerseits
regiert Gott mit dem Evangelium durch die Prediger der Kirche, um durch den Glauben Menschen auf
ewig zu retten, andererseits mit dem Gesetz durch die Obrigkeit, um die Bösen zu strafen und das
friedliche Zusammenleben der Bürger zu sichern. Die eine Regierweise gilt im Reich Gottes, die andere
im Reich der Welt. Aber in beiden ist ein und derselbe Herr am Werk" (zit. nach idea spezial Nr. 3/1998,
S. 24).
Handelt Gott also unterschiedlich, je nachdem, ob er im "Reich Gottes" (dem "Reich zur Rechten Gottes")
tätig ist oder im "Reich der Welt" (dem "Reich zur Linken Gottes")? Nach evangelischer Lehre wäre das
so.
Ein weiterer Aspekt der Zwei-Reiche-Lehre ist die gegenseitige Hilfe der beiden Reiche untereinander:
Das von der Kirche repräsentierte "Reich zur Rechten Gottes" hilft, vereinfacht gesprochen, dem "Reich
zur Linken Gottes", dem Staat, die äußere Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Kirche gibt dabei ethische
Richtlinien vor. Und das "Reich zur Linken", der Staat, hilft umgekehrt der Kirche, damit diese den
kirchlichen Glauben verkündigen und ihre Interessen in der Gesellschaft durchsetzen kann.
In dieser evangelischen Konzeption ist kein Platz für die Religionsfreiheit mehrerer einander gleich
geordneter Glaubensgemeinschaften, auch wenn es nicht an Versuchen fehlt, die Zwei-Reiche-Lehre
auf den demokratischen Rechtsstaat zu übertragen und weitere Religionsgemeinschaften zu tolerieren
(wie zuletzt die jüdischen Gemeinden und kleinere Gemeinschaften, die sich an evangelische
Vorstellungen angepasst haben). Von evangelischer Seite unbehelligt bleibt auch der römisch-katholische
Glaube, der ja "reformiert" wurde und mit dem man sich in der ökumenischen Bewegung arrangiert hat.
Nach der Zwei-Reiche-Lehre werden Andersgläubige aber grundsätzlich als Störung dieses
Zusammenspiels von Staat und Kirche gesehen. Sie gelten bei Luther allein wegen ihres anderen
Glaubens als "Aufrührer" und sollen deshalb hingerichtet werden. Denn diese Art von "Aufruhr", so
Luther, bedeute eine Gefahr für den Staat.

Dieses kirchliche Denken hat sich bis in unsere Zeit hinein fortgepflanzt. Dabei geht es jedoch nicht
wirklich um eine "Gefahr für den Staat", wie Kirchenvertreter heucheln, sondern faktisch um eine Gefahr
für den Machtanspruch und den Einfluss der Kirche, da es für diese in einer freiheitlichen Demokratie
eine Konkurrenzsituation gibt und ihre einseitige Bevorzugung und massive Subventionierung durch den
Staat infrage gestellt wird. Deshalb werden andere Gemeinschaften als eine "Gefahr" für die Kirche
betrachtet, v. a., wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben. Und so beschwören Kirchenvertreter und
kirchliche Lobbyisten in der Politik (die Lobby der Kirche unter den Politikern beträgt über 90 %) immer
wieder die "Partnerschaft" zwischen Staat und Kirche, während Andersgläubige als "Sekten" verleumdet
und bekämpft werden und nach einem Eingreifen des Staates gerufen wird.

Dabei dürfte der nach dem deutschen Grundgesetz weltanschaulich neutrale Staat die Großkirchen gar
nicht bevorzugen und viele kleinere Gemeinschaften diskriminieren oder benachteiligen. Und für den
Staat stellt sich hierbei die Frage: Hält er sich an seine Verfassung und verzichtet auf die Diskriminierung
von Minderheiten? Ist er also ein wirklicher Rechtsstaat? Oder verhält er sich verfassungswidrig und

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 90 of 94

unterstützt die Kirche bei der Bekämpfung von Minderheiten, wie er es schon oft in der Geschichte getan
hat. Ist er also ein verkappter Kirchenstaat?
Staat und Kirche sind bis heute vielfach verfilzt (siehe auch Der Theologe Nr. 23). Und ihr starkes
heutiges Engagement in Politik und Gesellschaft begründet die Kirche heute oft damit, dass sie es in der
Nazi-Zeit leider versäumt hätte, den Staat mehr zu beeinflussen.
So schreibt z. B. Landesbischof Herman von Loewenich über einen seiner Vorgänger, Landesbischof
Hans Meiser: "Es ist offensichtlich, dass er einem Verständnis der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre
verhaftet war, das Staat und Kirche strikt trennte, obwohl nach heutiger Auffassung Luther den Staat auch
der Herrschaft und dem Gebot Gottes unterstellte" (Er liebte seine Kirche, a.a.O., S. 11). Was heißt das
nun praktisch? Hier wird dem Staat letztlich mit dem Machtanspruch der Kirche gedroht, denn was die
"Herrschaft Gottes" und seine "Gebote" bedeuten, dafür reklamiert die Kirche für sich die rechte
Auslegung.
Und was wäre denn geschehen, wenn Landesbischof Meiser die lutherische Zwei-Reiche-Lehre so
verstanden hätte wie sie sein Nachfolger von Loewenich heute versteht? Wie weit hätte der
nationalsozialistische Staat bei der Judendiskriminierung bzw. -verfolgung dann gehen dürfen, wenn er
sich einem so genannten "Gebot Gottes" unterstellt hätte, welches von den evangelischen Kirchen an ihn
herangetragen worden wäre? Der evangelisch-lutherische Oberkirchenrat Otto Bezzel forderte 1937 z. B.
das "Hinauspeitschen" der Juden.
Die Kirche hat bei der Judenverfolgung nur angemahnt, dass die "Ausschaltung der Juden als
Fremdkörper im Volksleben" (lt. Gutachten des damaligen "Sektenbeauftragten" Walter Künneth 1934)
auf christliche Weise zu geschehen hätte. Was ist damit genau gemeint?

Martin Luthers steckte mit seiner Zwei-Reiche-Lehre einst den Rahmen für Verfolgungsmaßnahmen
gegen Juden und andere religiöse Minderheiten ab. Und so fordert Luther neben der Verfolgung und
teilweisen Hinrichtung der Juden die Hinrichtung von Andersgläubigen, von so genannten "Wucherern",
von Prostituierten, von als Hexen verleumdeten Frauen, von Predigern ohne amtskirchlichen Auftrag, und
er droht Bürgern den Tod an, die diese nicht denunzieren. Im Sinne der Zwei-Reiche-Lehre erklärt Luther
auch, dass der Christ dem Staat als Henker dienen kann. Und so ist es im Dritten Reich vielfach gewesen.
Das evangelische Personal in den KZs bzw. den Vernichtungslagern hat sich z. B. damit gerechtfertigt,
sich den Opfern gegenüber nicht bösartig verhalten zu haben. Und das führt schließlich zu der Frage: Ist
ein evangelischer Henker vielleicht höflicher und zuvorkommender mit den Opfern als ein Henker,
der keiner der beiden Großkirchen angehört? Wie weit darf ein evangelischer Judenverfolger
gehen? Ist er im Unterschied zu nichtkirchlichen Antisemiten nur "frei von Hassgefühlen und
Racheinstinkten", wie es der Theologe und Sektenbeauftragte Künneth 1934 in seinem Gutachten
über die "Ausschaltung der Juden" formuliert? Und was hat das Opfer davon, ob es mit oder
angeblich ohne Hass verfolgt wird?

Die Kirche handelt heute verfassungswidrig, wenn sie den Staat erneut zur Diskriminierung
Andersgläubiger drängt. Sie handelt allerdings - wie in der NS-Zeit - treu ihrer eigenen Zwei-Reiche-
Lehre, die letztlich im Widerspruch zur Verfassung eines demokratischen Rechtsstaates steht, der die
Religionsfreiheit einander gleich geordneter Glaubensgemeinschaften garantiert.

Sind die kirchlichen Bekenntnisse zu den Grundwerten der demokratischen Verfassung heute also nur
Lippenbekenntnisse oder Arrangements mit dem Staat? Oder sind sie mittlerweile in einem korrigierten
kirchlichen Glauben begründet? Sind dann die tiefer liegenden Wurzeln für kirchliche Intoleranz und
Verfolgung Andersdenkender erkannt, bereut und bereinigt? Und hat man sich bei den Verbrechen
um eine Wiedergutmachung bemüht? Haben die Kirchenverantwortlichen einen Bewusstseinswandel
wenigstens in einigen Bereichen vollzogen?
So versucht man heute z. B., die Reste der jüdischen Gemeinden als Verbündete zu gewinnen, und es
kann gefragt werden, ob man durch die "Sympathiewerbung" bei Juden bewusst oder unbewusst auch
Wiedergutmachungsforderungen vorbeugen will.
Die evangelische Kirche gibt sich heute vielfach anders als während des Dritten Reiches. Z. B. bekommen
heute Ausländer und Asylsuchende oft kirchliche Unterstützung, wobei allerdings zu bedenken ist, dass
die kirchliche Sozialarbeit weitgehend staatsfinanziert ist.
Durch einige Menschen guten Willens geschah in der NS-Zeit innerhalb der Kirche auch manches
Positive, und es geschieht auch heute. Doch welchem Gesamtziel dient dieses Positive? Wer steuert das
Kirchenschiff und wohin? Gehen die Verantwortlichen in den Spuren des Jesus, des Christus? Und wenn
nicht, wem folgen sie dann? Und wird der Staat nur im Schlepptau der Kirchen gezogen, oder schafft er es
wenigstens im 21. Jahrhundert, die Taue zu kappen und mit dem Grundgesetz als Navigationsbuch selbst
das Steuer in die Hand zu nehmen? Aufgrund der obigen Zusammenstellung aus dem 20. Jahrhundert
kann sich das jeder selbst beantworten.

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 91 of 94

Quellen- und Literaturverzeichnis:


- Abendzeitung Nürnberg, 5.4.2006
- Amtsblätter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern 1928-1948
- Böhm Hans-Jürgen, Die Lehre M. Luthers - ein Mythos zerbricht; kostenlos erhältlich beim
  Verfasser: Eigenverlag, Postfach 53, 91284 Neuhaus
- Besier Gerhard, Scheuch Erwin K. (Hrsg.); Die neuen Inquisitoren, Religionsfreiheit und
  Glaubensneid, 2 Bd., Zürich/Osnabrück 1999
- Bethge Eberhard, Bonhoeffer, Rowohlts Monographien, Reinbek 1976
- Beuys Barbara, Und wenn die Welt voll Teufel wär, Reinbek 1982
- Der Spiegel Nr. 5/1947, Nr. 50/1947, Nr. 34/1998, Nr. 40/1998
- Der Stürmer, Deutsches Wochenblatt zum Kampfe um die Wahrheit, Nürnberg; verschiedene
  Ausgaben
- Der Tagesspiegel, 8.11.2000, 20.2.2005
- Denzler Georg, Fabricius Volker; Christen und Nationalsozialismus, Frankfurt am Main 1993
- Deschner Karlheinz, Ein Jahrhundert Heilsgeschichte - Die Politik der Päpste im Zeitalter der
  Weltkriege, von Leo XIII. 1878 bis Pius XI. 1939, Köln 1982
- Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche; herausgegeben im Gedenkjahr der
  Augsburgischen Konfession 1930, Göttingen 1982
- Die christlichen Wurzeln des Nationalsozialismus, zit. nach
http://www.humanist.de/kriminalmuseum/eugenik.htm
- Die Welt, 11.9.2009
- Die Zeit, Nr. 2/2003
- dpa-Meldung vom 8.12.98: Buchankündigung: Büttner Ursula, Greschat Martin, Die verlassenen
   Kinder der Kirche, Göttingen 1998
- Eckart Dietrich, Zwiegespräche zwischen Adolf Hitler und mir, München 1924
- Erlanger Nachrichten, 27.8.1993
- Erler Hans, Koschel Ansgar, Der Dialog zwischen Juden und Christen, Frankfurt - New York 1999
- Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern, Jahrgänge 1928-1948
- Evangelisches Sonntagsblatt für Bayern Nr. 42/1998, Nr. 39/2000, Nr. 36/2006, Nr. 19/2007,
  Nr. 30/2007, Nr. 15/2008, Nr. 13/2009, Nr. 20/2009, Nr. 45/2009, Nr. 15/2010
- Garbe Detlef, Glaubensgehorsam und Märtyrergesinnung, Die Verfolgung der Zeugen Jehovas im
  Dritten Reich; in: EZW-Texte Nr. 145, Ev. Zentrale für Weltanschauungsfragen, Berlin 1999
- Görtemaker Manfred, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Beck-Verlag, München 1999
- Göttinger Tagblatt, 6.8.1993
- Fitz Diana, Ansbach unterm Hakenkreuz, Ansbach 1994
- Frankenpost, 15.1.1999
- Freie Christen für den Christus der Bergpredigt; Freie Christen für die Verfassung; Krieg in
  Jugoslawien, 28.3.1999, Flugblatt o. J., Max-Braun-Straße 2, 97828 Marktheidenfeld
- Haack Friedrich-Wilhelm, Brief an A. Emtmann vom 30.4.1986
- Haberer Johanna (Hrsg.), Er liebte seine Kirche, München 1996
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- Heer Friedrich, Der Glaube des Adolf Hitler. Anatomie einer politischen Religiosität, München,
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- Hempelmann, Reinhard, Dr., Zum 100. Geburtstag von Kurt Hutten, Evangelische Zentrale für
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- Hentschel Volker, So kam Hitler, Schicksalsjahre 1932-1933, Düsseldorf 1980
- Hitler Adolf, Mein Kampf, München 1933, 70. Auflage
- idea-spektrum, Zeitschrift, Wetzlar Nr. 11/1996, Nr. 31/32/2006
- Israel heute Nr. 26 / Februar 2005
- Jaspers Karl, Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung, München 1962
- Jeversches Wochenblatt, 6.8.1993
- Juden in Nürnberg, Presse- und Informationsamt Nürnberg 1993
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- Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Band IV/2, Hans-Walter Krumwiede u. a. (Hrsg.),
  Neukirchen 1980
- Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Band V, Heiko A. Obermann u. a. (Hrsg.),
  Neukirchen 1999
- Klee Ernst, Die SA Jesu Christi, Frankfurt am Main 1989

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- Klee Ernst, Persilscheine und falsche Pässe, Frankfurt am Main 1991


- Klee Ernst, Petrich Gunnar, Film "Alles Kranke ist Last", ARD 1988;
   vgl. das gleichnamige Buch, Frankfurt am Main 1983
- Königseder Angelika, Wetzel Juliane; Lebensmut im Wartesaal, Frankfurt am Main 1994
- Kriele Martin, Erklärung für die Presse, 24.8.1998
- Künneth Walter, Antwort auf den Mythus, Berlin 1935
- Künneth Walter, Die Nation vor Gott, Berlin 1934
- Künneth Walter, Der große Abfall, Hamburg 1947
- Lazarovits, Ernö, Prof., Offener Brief an Bundespräsident Dr. Thomas Klestil, Österreich, vom
  23.6.2002
- Lenz Hans-Friedrich, Sagen Sie Herr Pfarrer, wie kommen Sie zur SS?, Gießen 1982
- Lila Winkel, Video: Starlock Pictures Production, New York, 1991
- Litell, Franklin H., Den Holocaust erfinden, Freiburger Rundbrief, Neue Folge 2/1997
- Main-Echo, 6.3.1995
- Main-Post, 6.7.1985
- Main-Post-Extra, Gemeinsam ins Dritte Jahrtausend, März 1999
- May Fritz, Israel zwischen Blut und Tränen, Der Leidensweg des jüdischen Volkes, Aßlar 1987
- Mensing Björn, Pfarrer im Nationalsozialismus, Göttingen 1998
- Müller Christine-Ruth, Siemen, Hans-Ludwig; Warum sie sterben mussten, Neustadt an der Aisch
  1991
- Mynarek Hubertus, Die neue Inquisition, Sektenjagd in Deutschland, Marktheidenfeld 1999
- Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, 1967; 1998
- Neuner Josef, Roos Heinrich, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung,
  Regensburg 1971, 13. Auflage 1992 (katholisch)
- Nürnberger Nachrichten, 22./23.7.1997
- Preradovich Nikolaus von, Stingl Josef, "Gott segne den Führer!", Leoni am Starnberger See 1986
  (2. Auflage)
- Rockenmaier Dieter W., Das Dritte Reich und Würzburg, Würzburg 1988 (3. Auflage)
- Rechtssammlung der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, München 1998, 44. Ergänzungslieferung
- Röhm Eberhard, Thierfelder Jörg; Juden-Christen-Deutsche, 5 Bände; Stuttgart 1990 ff.
- Vierteljahresschrift der Luthergesellschaft, München 1933
- Schluckebier, Friedrich Wilhelm, Dr., Sektenspiegel, Evangelischer Presseverband Kurhessen-
  Waldeck e.V., Kassel 1962
- Spiegel online, 16.12.2004, 18.2.2008, 11.5.2009
- Staatsarchiv Marburg, Dokument 165/3943
- Stern 5/95; 50 Jahre das Beste vom; Jahrgang 1951, Hamburg 1998
- Steuerwald, Helmut, Die Kirche im Bann des Nationalsozialismus, http://www.hbb-bayern.de
  (Humanistisches Bildungswerk Bayern)
- Süddeutsche Zeitung, 10.7.1997, 29.7.1997; 7.11.1998; 26.11.1998; 8.11.2000; 21.10.2008;
  7.1.2009; 9.9.2009
- Twisselmann Hans-Jürgen, Satans System oder Gottes Zulassung auf Zeit. Zum Staatsverständnis
  der Zeugen Jehovas, in:  EZW-Texte Nr. 145, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen,
  Berlin 1999
- Vollnhals Clemens, Evangelische Kirche und Entnazifizierung, München 1989
- Wehr Gerhard, Gutes tun und nicht müde werden, München 1989
- www.hagalil.com/archiv/2005/07/auerbach-2.htm
- www.de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Auerbach
- www.KirchenOpfer.de - 30.7.1999
- www.verfolgte-schueler.org
- Zahrnt Heinz, Die Sache mit Gott, dtv-Ausgabe, München 1976, 2. Auflage
- Zinke Peter, All allem ist Alljuda schuld. Antisemitismus während der Weimarer Republik in Franken,
   Nürnberg 2009 

Die Stationen der Judenvernichtung sind überwiegend der Zeittafel in Juden-Christen-Deutsche (siehe
oben: Röhm) entnommen, Band 1, S. 399-405. Einige der weiteren Informationen entstammen der
Zeittafel in Christen und Nationalsozialisten (siehe oben: Denzler), S. 366-370 bzw. aus einer dpa-
Meldung (zit. nach Hanauer Anzeiger vom 9.11.1998). Die Hinweise auf die katholischen
Synodenbeschlüsse finden sich ebenfalls in Juden-Christen-Deutsche, Band 1, S. 28-30.

Aufruf: Entschädigung

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
Drittes Reich: Die evangelische Kirche und der Holocaust (die Shoah) - Bekennend... Page 93 of 94

Die Kirchen sollen zahlen ...,


... nicht der Staat, oder wir, seine Bürger. Über Jahrhunderte haben die Kirchen das Geld wehrloser Opfer
[Juden, Andersgläubige, "Hexen", Indianer usw.] geraubt, und auch heute noch bekommen sie vom Staat
[in Deutschland] jährlich ca. 14 Milliarden Euro Subventionen, die jeder von uns mitzahlen muss. Die
Kirchen waren auch die Wegbereiter des Antisemitismus, dem Millionen jüdischer Mitbürger im letzten
Jahrhundert zum Opfer fielen. Adolf Hitler und Julius Streicher beriefen sich bei der Verfolgung der
Juden auf Martin Luther, der auf furchtbare Weise gegen jüdische Mitbürger hetzte (siehe dazu Der
Theologe Nr. 28). Nach dem antisemitischen Landesbischof Meiser sind in vielen Städten noch immer
Straßen benannt.
Und haben die Amtskirchen das Eigentum der auf ihr Betreiben Verfolgten und Ermordeten, das sie
vielfach beschlagnahmt hatten, an deren Nachkommen zurückgegeben?

Anmerkungen: 1) Bei den ca. 14 Milliarden Euro handelt es sich weder um die Kirchensteuer noch um die weitgehende
Staatsfinanzierung kirchlicher Sozialeinrichtungen (noch einmal ca. 10 Milliarden Euro jährlich). Es sind die zusätzlichen
Subventionen, die immer noch aus dem allgemeinen Steueraufkommen an die Kirchen bezahlt werden.
2) Vgl. Martin Luther: Er fordert, dass man den Juden "nehme ... alle Barschaft und Kleinod an Silber und Gold" (siehe vorne).
Den Kirchen hingegen solle man Geld geben.

   

Damit die ganze Wahrheit ans Licht kommt:


Archive öffnen!
Im Jahr 2002 hielten die evangelischen Landeskirchen immer noch Personalakten mit Informationen aus
der Zeit des Dritten Reiches verschlossen. Erst 50 Jahre nach dem Tod eines Amtsträgers wollen die
Kirchen Akteneinsicht ermöglichen, im Fall des 1956 verstorbenen Landesbischofs Hans Meiser war dies
also erst im Jahr 2006. Wir fordern: Immer gleich alle Archive öffnen! Damit die ganze Wahrheit
schneller ans Licht kommt!

PS: Noch immer gibt es viele Hans-Meiser-Straßen und hängt das Bischof-Meiser-Portrait in der Amtsstube des amtierenden
Landesbischofs ...

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Der Text ist auch als Druckschrift erschienen und kann wie folgt zitiert werden:
Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 4: Die evangelische Kirche und
der Holocaust, Wertheim 1999, 3. Auflage 2004, zit. nach
http://www.theologe.de/theologe4.htm, Fassung vom 2.6.2010; Impressum siehe hier
 

Hier eine Auswahl der Theologen-Ausgaben und einiger anderer interessanter Texte.
Alle Theologen-Ausgaben finden Sie auf der Startseite [ www.theologe.de ]
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http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010
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Die Zeitschriften DER THEOLOGE, Ausgaben Nr. 1, 3, 8, ein Auszug aus Nr. 41 und die
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NEU - Es sind öffentliche Vorträge im urchristlichen Sinne zum Thema "Jesus von
Nazareth und die Theologie" in Vorbereitung, die auch für das TV aufgezeichnet werden und
auf diese Weise viele Menschen erreichen können. Für die dafür notwendigen Saalmieten, für
Handzettel bzw. Anzeigenschaltungen brauchen wir noch dringend 15.000 Euro. Wer mithelfen
möchte, den Betrag aufzubringen, bitte auch auf das oben genannte Konto etwas überweisen.
Verwendungszweck: "Vorträge". Vielen herzlichen Dank!

http://www.theologe.de/theologe4.htm 24.06.2010

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