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4 Bodenverflüsslgung (Llquefactlon)
4.1 Allgemelnes
Unter Erdbebenbeanspruchung neigen insbesondere
gleichf6rmige und feine Sande infolge der dynami-
Bild 2. Versagendes Baugrunds infolge Bodenverflüs- schen, zyklischen Belastung zur Bodenverflüssigung
sigung (im folgenden wird auch der Ausdruck "Liquefac-
Fig.2. Subsoil failure due to liquefaction tion" gleichbedeutend verwendet) und somit zum
4.2 Berechnungsverfahren
Die Berechnung des Liquefaetion-Potentials einzel- R =0 ,0882. ~Na
1,7' + 16 .10-6. (N a _14)4,5
ner Bodensehichten kan n grundsatzlieh naeh ver-
sehiedenen Verfahren erfolgen. 1m folgenden wird wobei für sandige BOden gilt:
das Verfahren, wie es von der Japanese Society of
Civil Engineers vorgesehlagen wird, verwendet [4]. Es G
handelt sich um ein empirisehes Verfahren naeh der
"SPT-N Methode". Grundlage bilden die Schlagzah- mit
len N30 aus dem Standard Penetration Test für die
einzelnen Bodensehichten. Hierin werden neueste
NI = 1,7.N
I
Erkenntnisse aus jüngsten Erdbeben, aueh aus dem (J'v +0,7
1995 aufgetretenen Hyogoken-Nanbu-Erdbeben, bei
dem u. a. die Metropole Kobe in Mitleidensehaft ge-
zogen wurde, umgesetzt.
el = 1
el = (FC + 40)/50
(O~ FC < 10 %)
(10 % ~ FC < 60 %)
-E
So wurden zum Beispiel bislang Grobsand- el = (FCI20)-1 (60 % ~ Fe)
schichten als nicht dureh Liquefaetion gefahrdet an-
1:
gesehen. Aus den Erkenntnissen des Hyogoken- e2=0 (O ~ FC < 10 %)
Nanbu-Erdbebens ergibt sich jedoch, daB aueh diese C2= (FC-1O)/18 (10 % ~ Fe)
Boden dureh Liquefaetion gefahrdet sein konnen.
Die Gefahrdung des Baugrunds dureh Liquefae- wobei für Kies gilt:
tion kan n bestehen, wenn folgende drei Kriterien er- 1€
füllt sind:
1. gesattigte Bodenschichten bis in eine Tiefe von Na =[1-0,36'10gI0(0;0)] .NI
20 m und einem Grundwasserstand von weniger als 1E
10 m unterhalb der Gelandeoberkante mit
2. Bodenschichten mit einem Feinstanteil FC ~ 35 % Bild 4.
oder einem Feinstanteil FC > 35 % und einer Plasti- N SPT-Sehlagzahl bezogen auf 72 % Energieein- llüssig
zitat Ip < 15 % (FC entspreehend ASTM [5] mit trag des (G
o < 75 J..Lm) NI SPT-Sehlagzahl bezogen auf 1 kg/em2 Fig.4.
3. 0,02 mm ~ 050 ~ 10 mm und 010 ~ 1 mm Na korrigierter Wert für die SPT-Sehlagzahl depem
Die dynamische Beanspruchung eines Boden- dem Quotienten der totalen Spannungen und den ef-
elementsinfolge Erdbeben L ist abhangig von: fektiven Spannungen ay/ay', d. h., steht das Grund-
- der maximalen Erdbebenbeschleunigung Amax wasser in Geliindeoberkante an, so ist ay/ay' '= 2.
- den totalen bzw. effektiven Auflastspannungen a'y Steht das Grundwasser tiefer an, so ist ay/ay' = 1 im
bzw.a' y und Bereich ohne Grundwasser, der Wert L halbiert sich
- der Tiefe z ungefahr. Je haher das Grundwasser ansteht, de sto
undergibt sich zu haher ist die Gefahrdung des Baugrunds durch Li-
quefaction (Bild 4).
Amax. ay ."id
L=- g a'y Zum Energieeintrag beim 8FT:
In dem vorliegenden Verfahren zur Berechnung des
mit"id= 1 - 0,015z. Liquefaction-Potentials einzelner Bodenschichten
ist die Schlagzahl N30, die in die Berechnung ein-
Bodenschichten mit einem Widerstand gegen geht, als diejenige Schlagzahl definiert, die einem
LiquefactionFL < 1,0 sind im Erdbebenfall durch Li- Energieeintrag von 72 % entspricht, d. h., entspricht
quefactiongefahrdet. Daher müssen die zugeharigen der Energieeintrag nicht den geforderten 72 %, ist
Bodenkennwerte reduziert bzw. zu Null gesetzt wer- die Schlagzahl gemaB der Beziehung
den,abhangig von dem Wert FL und der Tiefe z der
Bodenschicht (Tabelle 1). ER %
Zwei EinfluBfaktoren, die, wie wir aus zahlrei- N72 =NER. 72%
chen Liquefaction-Berechnungen wissen, wesentli-
chenEinfluB auf das Ergebnis haben und die unbe- zu korrigieren, wobei die eingebrachte Energie ER
dingtkorrekt zu erfassen sind, sind (Energy Ratio) durch entsprechende Energiemes-
- der Grundwasserstand und sungen zu ermitteln ist. So entspricht z. B. ein ge-
- der Energieeintrag beim SPT. messener Wert NER= 20 mit einer Energy Ratio von
ER = 50 % einem Wert N72 = 20 x 50/72 = 14.
ZumGrundwasserstand: Die Energiemessungen zeigen eine deutliche
Diedynamische Beanspruchung auf ein Bodenele- Tiefenabhangigkeit, so daB die Annahme eines kon-
mentinfolge Erdbeben L ist u. a. eine Funktion aus stanten Energieeintrags über die gesamte Tiefe als
nicht zuliissig erscheint (Bild 5).
Somit ist eine Beziehung zwischen Energieein-
FL[~ trag und Tiefe zu ermitteln und zu berücksichtigen.
O~ 02 OA O~ o~ 1~ 12 1A 1~ 1~ 2~ Dies kann durch eine Mittelung aller vorhandenen
o ; / MeBwerte erfolgen. Für das in Bild 5 dargestellte
, , Beispiel ergibt sich für den Energieeintrag in Abhan-
: :
, I 1 ...." .. 1""-, Om gigkeit der Tiefe folgende Beziehung:
2
IJ _lO
:
1"",.
,
.
I
GW] "]8 1
4 I , 1
:
,
;
,
, Energy Ratio ER r/.]
6 I
,
"
I
,,
1 o
30,00 40,00 50,00 60,00 70,00
, I 1
1
8
, , 5
E
...
.; 10
Q. I , ,I
CII
'ti : ~ 10
12
, , .§.
,
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t
Q)
"ti 15
14 ,,
,
16
, 20
I
, ,I I
: ' I
: , 11
18 , , 111 25
~ , O -
t.. 10
nO
nH
O
+-
O
10 Tabelle 1. Reduktionsfaktoren für Baugrundreaktionen
...
DE im Falle der Bodenverflüssigung [4J Di.
12 f-- :--:-
O
}-- - -
- ->-- 12
Table 1. Reduction factors for subsoil reactions DE in 2,50 m
f--
1. L - -. the case of liquefaction [4J (N30 =
O O
"
0--- -+..
kante t
16
18 FL Tiefe z Reduktionsfaktor DE FL = O
O O
Liquefaction-Berechnung (Beispiel)
Grundwasserin GOK
Tiefe Boden 'Ytotal N30 Dso FC R L FL DE
ID - kN/rn3 - rnrn % - - - - 11
O
0,01
2,5
sandy silt
sandy silt
17,9
17,9
3
3
0,08
0,08
50
50
0,25
0,23
0,72
0,70
0,35
0,33
0,15
0,15
11
2,51 sand 18,8 7 0,42 15 0,25 0,70 0,35 0,33
3,5 sand 18,8 7 0,42 15 0,24 0,67 0,35 0,33
3,51 sand 19,1 7 0,21 14 0,23 0,67 0,35 0,33
5 sand 19,1 7 0,21 14 0,22 0,65 0,34 0,33
5,01 sand 19,9 12 0,5 12 0,28 0,65 0,43 0,33
6,5 sand 19,9 12 0,5 12 0,26 0,62 0,42 0,33
6,51 sand 18,5 6 0,3 8 0,18 0,62 0,29 0,00
7,9 sand 18,5 6 0,3 8 0,17 0,61 0,29 0,00
7,91 sand 19,4 9 0,42 15 0,23 0,61 0,37 0,33
9,5 sand 19,4 9 0,42 15 0,21 0,58 0,37 0,33
9,51 sand 19,4 29 0,36 9 0,64 0,58 1,09 1,00
11 sand 19,4 29 0,36 9 0,47 0,57 0,83 1,00
11,01 sand 19,2 11 0,4 5 0,21 0,57 0,38 0,67
12,7 sand 19,2 11 0,4 5 0,20 0,55 0,37 0,67
12,71 silty clay 19,4 7 0,0022 99 0,57 0,55 > 1,00 1,00
14 silty clay 19,4 7 0,0022 99 0,48 0,53 > 1,00 1,00
14,01 silty clay 19,2 7 0,04 92 0,38 0,53 0,72 1,00
15,4 silty clay 19,2 7 0,04 92 0,35 0,52 0,68 1,00
15,41 silty sand 19,1 10 0,22 15 0,19 0,52 0,37 0,67
17 silty sand 19,1 10 0,22 15 0,19 0,50 0,37 0,67
17,01 silty sand 19,6 13 0,52 17 0,22 0,50 0,43 0,67
18,9 silty sand 19,6 13 0,52 17 0,21 0,48 0,44 0,67
18,91 silty sand 19,4 18 0,27 17 0,25 0,48 0,51 0,67
20 silty sand 19,4 18 0,27 17 0,24 0,47 0,51 0,67
Die oberste Schicht bis zu einer Tiefe von mit unterschiedlichen Lagerungsdichten ergeben
2,50m aus sandigem Schluff, sehr locker gelagert sich bei Schlagzahlen 6 ~ N30 ~ 29 die WidersUinde
(N30 = 3), weist unmittelbar an derSchichtober- gegen Liquefaction 0,34 ~ FL ~ 1,09 und die Reduk-
kante bei z = 0,01 m rein rechnerischeinen Wert tionsfaktoren ° ~ DE ~ 1.
FL= 0,35 auf, was gem. Tabelle 1 zu einem Wert Für die sich anschlieBende Schicht aus schluffi-
DE= 1/3 führt. gem Ton ergibt sich für den Bereich mit einem
Ander Schichtunterkante bei z = 2,50 m ergibt Feinstanteil von fast 100 O/ound einem Dso von
sichFL= 0,33 und DE= O.Für die Berechnungist es 0,0022 mm definitionsgemaB (s. Abschn.4.2) keine
sinnvoll,für eine Schicht auch nur einen Abminde- Liquefactiongefahrdung, da dieser Boden als nicht
rungsfaktorDE zu verwenden. Somit kann bei unter- liquefactiongefahrdet eingestuft wird.
schiedlichen Werten DE an Schichtober- und Die ab einer Tiefe von 15,40 m anstehenden
Schichtunterkante mit einem Mittelwert gerechnet Schichten aus schluffigen Sanden mit Schlagzahlen
werden(hier: DE= 0,15).
Für die nachfolgende Schicht von z = 2,50 m bis
z= 12,70m aus unterschiedlich abgestuften San den
von 10 ~ N30 ~ 18 zeigen Widerstande gegen Lique-
faction von 0,37 ~ FL ~ 0,51 und einen Reduktions-
faktor von DE = 2/3. ..
Bautechnik 79 (2002), Heft4
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R. Wunsch . Die Gefahrdung des Baugrunds durch Bodenverflüssigung und deren Auswirkungen auf GründungsmaBnahmen
5 Auswlrkungen der Bodenverflüsslgung auf elne liiBt sich die zugeh6rige Tragkraft des pfahls FT, die
Pfahlgründung sich aus der Mantelreibung ergibt, bestimmen. In der
Tabelle ist diese Tragkraft FT über die Tiefe aufsum-
Für das in Bild 3b (s. a. Bild 6b, Tabelle 2) darge- miert. Die Tragkraft einer Bodenschicht aus Mantelrei- einigf
stellte Bodenprofil sollen beispielhaft die Auswir- bung unter Berücksichtigung der Liquefaction FT,liqer- zi:ihlt
kungen der Liquefaction auf die Tragfiihigkeit der gibt sich durch Multiplikation des Abminderungsfak- der F;
pfiihle, und hier im speziellen auf die Mantelreibung, tors DE mit der Tragkraft der zugeh6rigen Schicht FT: gabel
als he
die mit dem Abminderungsfaktor DE in der Berech- gabel
nung erfaBt wird, aufgezeigt werden. I
In Tabelle 3 sind die Bodenschichten mit den zu- Absol
dacht
geh6rigen Tiefen z und Schlagzahlen N30 in den Spal- In Tabelle 3 ist FT,liqüber die Tiefe aufsummiert. noten
ten 1 bis 3 dargestellt. Die den Schichten zugeordnete In dem dargestellten Beispiel ergibt sich für die Fischl
Mantelreibung ergibt sich aus einer Beziehung Tiefe von z = 20 m eine Abminderung der Tragkraft Peter '
T = f(N30). Über den Tiefenabschnitt und den Vrnfang aus Mantelreibung infolge Liquefaction von etwa den E
30 % (1355 kN/4644 kN). Vm die Reduktion der derpn
-
abonr
-¡ Tragkraft des pfahls aus Mantelreibung zu kompen- Fachz
;;;,;;,: I sieren, muB die Liinge des pfahls erh6ht werden. dere 1
~ Bei einer angenommen mittleren Mantelreibung bau w
'r
.
sten I<
{ von z. B. T = 38 kN/m2 bedeutet dies eine Verliinge-
, rung des pfahles um etwa 6 m. MarclA
vonEI
Vm m6gliche Auswirkungen der Liquefaction
ausge:¡
auf die pfahlliingen erfassen zu k6nnen, mag folgen- S
des Zahlenbeispiel dienlich sein: Firma
Geht man von 100 herzustellenden Standard- Preis ti
brücken mit jeweils 4 pfiihlen aus, so ergeben sich, Diplor
Preistr
aus Liquefaction resultierend, legt man o. g. Beispiel nelius
zugrunde, zusiitzliche pfahlmeter mit einer Gesamt- V
lange von 2,4 km (= 4 . 6 . 100 m). auch z
Praf. I
6 Resümee wurde
Horst ~
abschic
Bitd Z Pfahlbewehrung Bei der Errichtung von Bauwerken in erdbebenge- 1978 al
&1 Fig. Z Pite reinforcement fiihrdeten Gebieten werden an das Bauwerk selbst erste e
undinsbesondereauch an die Gründungsma8nah- [2] Wunsch, R., Hengst, M.: Pfahlgründung für eine auf-
men besondere Anforderungen gestellt. Infolge Erd- gesUinderte Hoehgesehwindigkeitsbahnstreeke in einem
bebeneinwirkung sind hohe dynamische Lasten auf- Erdbebengebiet. Pfahl-Symposium 2001, Teehnisehe
zunehmen, wohingegen die Bodenkennwerte bei UniversiUit Braunsehweig, Tagungsband, S. 1-20.
Auftreten von Liquefaction abzumindern sind. Dies [3] Handbook on Liquefaetion Remediation of Reclaim-
führt zwangsliiufig zu gra8en Gründungselementen. ed Land, Port and Harbour Researeh Institute. Ministry
of Transport, Japan, Balkema, Rotterdam, 1997.
Daher ist dem Entwurf solcher Gründungselemente
[4] Japanese Society of Civil Engineers: Earthquake Re-
sowieder zugehorigen umfassenden Baugrundunter-
sistanee Design Codes in Japan. January 2000.
suchung gro8te Aufmerksamkeit zu schenken, um
[5] American Society for Testing and Materials (ASTM),
zu einer wirtschaftlichen Losung zu gelangen. Annual Book of ASTM Standards 1999, Vol. 04.08.
Literatur
[1] Bilfinger+Berger aktuell, Taiwan High Speed Rail Autor dieses Beitrages:
Projeet: Special edition on the oeeasion of the ground- Dr.-Ing.RüdigerWunsch, Bilfinger Berger AG, Ingenieurbau,
breakingeeremony of lots C260 and C270, Mannheim, TechnischesBüroMannheim,Carl-Reiss-Platz1-5,68165 Mann-
2000. heim
m
n-
MarcusMüller ebenfalls mit dem
von Ernst & Sohn gestifteten Preis
ausgezeichnet.
Seit einigen Jahren stiftet die
FirmaMC Müller Bauehemie einen
-
d- Preisfur herausragende Projekte oder
h, Diplomarbeiten. Die diesjahrigen
¡el Preistragerwaren die Ingenieure Cor-
lÍ- nelius Drückerund Thorsten Lyko.
Verabsehiedet wurden aber
auchzweiwohlverdiente Kollegen.
Prof.Dr. oee. publ. Egon Leimbock
wurde emeritiert und Prof. Dr.-Ing.
HorstSchéifer in den Ruhestand ver-
abschiedet. Egon Leimbock war seit
~e- 1978an der Fakultat und ist der Übergabe der Urkunden zum Ernst &>Sohn-Forderpreis durch den Dekan, Professor
)st ersteOrdinarius für Bauwirtsehaft H ettler (rech ts)