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V.

Babota: The Institution of the Hasmonean High Priesthood 2014-3-155

Babota, Vasile: The Institution of the Hasmone- detaillierten Diskussionen altbekannter Fra-
an High Priesthood. Leiden: Brill Academic Pu- gen (Jonathan als „Frevelpriester“ der Qum-
blishers 2014. ISBN: 978-90-04-25177-9; XVII, ranschriften; Authentizität der Seleukiden-
347 S. briefe in 1Makk; Chronologie), die im Kon-
text durchaus nützlich sind, auch wenn sich
Rezensiert von: Benedikt Eckhardt, Exzel- in ihnen wenig Neues findet. Die „fundamen-
lenzcluster „Religion und Politik“, Westfäli- tal question“ (S. 151) der Arbeit ist hingegen
sche Wilhelms-Universität Münster in dieser Form (fast) neu:4 Wurde Jonathan
eingesetzt „as a traditional biblical/Jewish or
Die Herrschaft der Hasmonäer in Judäa hat
1 Vgl. nur die Monographien von Edward Dabrowa,
˛ The
in der historischen Forschung zuletzt einige
Hasmoneans and Their State. A Study in History, Ideo-
Beachtung erfahren.1 Dabei hat speziell die
logy, and the Institutions, Krakau 2010; Eyal Regev, The
Entdeckung der Seleukideninschrift von Ma- Hasmoneans. Ideology, Archaeology, Identity, Göttin-
resha (SEG 57,1838) aufs Neue für die Bedeu- gen 2013; Chris Seeman, Rome and Judea in Transition.
tung des seleukidischen Reichskontextes bei Hasmonean Relations with the Roman Republic and
der Herausbildung der hasmonäischen Herr- the Evolution of the High Priesthood, New York 2013.
2 Deborah W. Rooke, Zadok’s Heirs. The Role and De-
schaft sensibilisiert. Die bereits im Dezember
velopment of the High Priesthood in Ancient Israel,
2013 erschienene, vom Verlag aber auf 2014 Oxford 2000; James VanderKam, From Joshua to Cai-
datierte Dissertation von Vasile Babota lässt aphas. High Priests after the Exile, Minneapolis 2004;
sich hier einordnen. Sie ergänzt darüber hin- Maria Brutti, The Development of the High Priesthood
aus die vorliegenden Studien über das Ho- during the Pre-Hasmonean Period. History, Ideology,
Theology, Leiden 2006.
hepriestertum in nachexilischer Zeit2 um ei- 3 Der Beiname des Antiochos III. war nicht Theos, son-
ne detaillierte Analyse der 150er- und 140er- dern Megas (S. 36). Antiochia am Orontes lässt sich
Jahre v.Chr. In dieser Zeit entstand die für um 200 v.Chr. schwerlich als „die Hauptstadt“ des Se-
das Hasmonäerreich charakteristische Einheit leukidenreichs bezeichnen (S. 36f.). Die Existenz und
von Hohepriestertum und höchster politi- Funktion von Toparchien ist umstritten (S. 37; Babo-
scher wie militärischer Autorität. ta folgt hier Bengtson, ohne auf die neuere Literatur
einzugehen). Die Eignung von spät überlieferten Frag-
Nach einer umfangreichen Vorstellung der menten von peri-basileias-Literatur (hier Diotogenes)
Quellen (S. 9–34) beginnt die historische Dar- zur Rekonstruktion hellenistischer Königsideologie ist
stellung mit einem Überblick über die un- oft und mit Recht bestritten worden (S. 39). Ptolemai-
mittelbar vorhasmonäische Zeit ab 198 v.Chr. os, Sohn des Thraseas ist als strategos kai archiereus
eine Ausnahme von der seleukidischen Regel, diese
(S. 35–66). In rascher Folge werden Informa-
Ämter eben nicht miteinander zu kombinieren, kann
tionen zu Judäa in der frühen Seleukidenzeit also keineswegs als paradigmatischer Fall aufgefasst
präsentiert, die leider oft ungenau sind.3 Sehr werden (S. 40; vgl. Helmut Müller, Der hellenistische
viel besser und sorgfältiger gearbeitet sind die Archiereus, in: Chiron 30 [2000], S. 537f.). Ethnos war
folgenden Kapitel zum Makkabäeraufstand kein juristischer Status und wird im Brief des Antioch-
os III. klar territorial gebraucht (12,141: „aus Judäa und
(S. 67–88) und zum Konflikt zwischen Judas den anderen Ethne“!), meint also nicht alle Juden im
Makkabaios und Alkimos (S. 89–118). Babota Seleukidenreich, wie auch die patrioi nomoi (12,142)
optiert wohl mit Recht gegen die auf Anga- kaum konkret auf die Torah und halakhische Regeln
ben des Josephus fußende These, bereits Judas Bezug nehmen (S. 43). In der umstrittenen Frage der
habe den Hohepriestertitel geführt, und fasst von Jason mit Erlaubnis des Antiochos IV. erstellten
Liste von „Antiochenern in Jerusalem“ geht Babota auf
ihn stattdessen als von Nikanor eingesetzten Bickermans politeuma-These zurück, ohne indes die
Stellvertreter des Alkimos auf. Die umstritte- neueren Debatten und epigraphisches Vergleichsmate-
ne Frage nach der Herkunft der Hasmonäer rial zu berücksichtigen (S. 50–52).
4 Fast, da sie (was Babota nicht erwähnt) bereits von
behandelt – ohne eigene Akzente – erst das
letzte Kapitel (S. 269–284) der ansonsten chro- Hans Zucker, Studien zur jüdischen Selbstverwaltung
im Altertum, Berlin 1936, S. 43 angedeutet, von Étien-
nologisch aufgebauten Arbeit.
ne Nodet, La crise maccabéenne. Historiographie juive
Im Zentrum der Studie steht die Karriere et traditions bibliques, Paris 2005, S. 243 beiläufig (und
Jonathans, des ersten hasmonäischen Hohe- meines Erachtens falsch) beantwortet und in Benedikt
priesters, eingesetzt von Alexander Balas 152 Eckhardt, Ethnos und Herrschaft. Politische Figuratio-
v.Chr. Ihr ist die Hälfte der historischen Dar- nen judäischer Identität von Antiochos III. bis Herodes
I., Berlin 2013, S. 174–184 ausführlicher behandelt wor-
stellung gewidmet (S. 119–223). Das führt zu den ist.

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as a Hellenistic/Seleucid high priest?“ Der re Autorität speiste sich aus indigenen Tradi-
Unterschied besteht nach Babota vor allem tionen. Auffällig ist zudem, dass sich solche
in den militärischen Kompetenzen des Hohe- priesterlichen Machtbildungen – etwa auch in
priesters. Während die Torah Priestern den Chalkis – gerade im Kontext von Unabhän-
Kontakt mit Blut und Leichen verbietet, ei- gigkeitsbewegungen ab ca. 100 v.Chr. beob-
nen Feldzug also praktisch ausschließt, hät- achten lassen. Die Parallelen zu den späte-
ten „hellenistische“ Hohepriester regelmäßig ren Hasmonäern (Simon und Hyrkanos I.) lie-
auch militärische Befugnisse gehabt. Anhand gen auf der Hand; der Befund indiziert aber
genauer Beobachtungen des Ereignisverlaufs gerade keine Orientierung am „hellenistisch-
und einer Reihe von Beispielen aus verschie- seleukidischen Modell“.
denen hellenistischen Reichen versucht Ba- Babota unterscheidet zwischen diesen ganz
bota zu zeigen, dass Jonathan ein archiereus verschiedenen Fällen nicht. Schwerer als der
im „hellenistisch-seleukidischen Sinne“, nicht damit hinfällig gewordene Vergleich mit hel-
aber im biblisch-jüdischen gewesen sei. lenistischen Hohepriestern wiegt – auch in
Die genaue Beachtung der Terminologie Babotas Argumentation – die Beobachtung,
ist bei einem solchen Vergleich wichtig; Ba- dass judäische Hohepriester seit Jonathan mi-
bota nutzt aber mehrfach die Formulierung litärische Befehlshaber waren, was mit den
„(high) priest“, um einfache hiereis für Hohe- Regeln der Torah zumindest nicht leicht zu
priester auszugeben.5 Der terminologischen vereinbaren ist. Als Erklärung muss man
Unschärfe entspricht eine insgesamt wenig aber nicht ein militärisches, „hellenistisch-
präzise Argumentation. Hauptproblem ist seleukidisches Hohepriestertum“ konstruie-
das Postulat eines „hellenistischen“ Hohe- ren. Warum schließlich wurde Jonathan in
priestertums, das Babota als einheitliches einem separaten Ernennungsakt zum strate-
Konzept behandelt. Tatsächlich aber müss- gos? Babota meint, dass dies „strengthens
te man zwei Argumentationslinien deutlich the present argument that Jonathan was both
voneinander trennen: appointed and acted as a Hellenistic archi-
Man kann einerseits behaupten, Jonathan ereus“ (S. 177). Tatsächlich erlaubt die dop-
sei von Alexander Balas zum archiereus pelte Ämtervergabe eine ganz gegenläufige
nach seleukidischem Modell gemacht wor- Erklärung: Alexander Balas baute Jonathan
den. Dann muss man ihn mit den bekannten zum teilweise autonom agierenden Oberbe-
seleukidischen archiereis vergleichen, über fehlshaber über Judäa auf; Jonathan argumen-
die wir etwas wissen. Diese waren zuständig tierte, er könne Autorität in Judäa nur dann
für eine Vielzahl von Heiligtümern im ihnen erfolgreich ausüben, wenn er judäischer Ho-
zugewiesenen Bereich – für ihre finanzielle hepriester sei, was Alexander ihm gewährte
Ausbeutung, aber auch für die Organisation – das heißt für den Seleukiden war der Hohe-
des dynastischen Kults. Alle waren eponyme priestertitel Jonathans kein Element der seleu-
Beamte ohne militärische Kompetenzen.6 Von kidischen Verwaltungshierarchie, sondern ein
hier aus ist Jonathans Position kaum zu erhel- traditionelles Erfordernis für indigene Herr-
len, da keines der genannten Merkmale auf schaft in Judäa.7 Mit einem seleukidischen
ihn zutrifft.
5 Etwa S. 156 zu SEG 46,1519; S. 158 zu Athen. 5,211a–b,
Man kann andererseits (wie S. 154f.) ei-
wo das Problem sehr deutlich wird: Diogenes bittet
ne Parallele zu „Priesterfürsten“ etwa in Ol- Alexander Balas bei einem Gelage am Hof um das
bia oder anderen sogenannten Tempelstaaten Recht, Purpur und Gold mit einem Symbol der Arete
herstellen, die offensichtlich neben der pries- tragen zu dürfen, um als Priester der Tugend zu er-
terlichen auch die höchste politische Auto- scheinen; Babota schließt daraus: „This is evidence of
the Hellenistic/Seleucid high priestly dress“.
rität in dem von ihnen beherrschten Gebiet 6 Die Ausnahme ist der vormals ptolemäische archiereus
innehatten. Es gibt dann aber keinen Grund kai strategos Ptolemaios um 200 v.Chr.; vgl. Anm. 3.
mehr, diese Form des Hohepriestertums als 7 Vgl. – von Babota nicht berücksichtigt – Julia Wilker,
spezifisch hellenistisch oder gar seleukidisch Von Aufstandsführern zur lokalen Elite. Der Aufstieg
zu bewerten. Mit den von Seleukidenkönigen der Makkabäer, in: Boris Dreyer / Peter Franz Mit-
eingesetzten Hohepriestern einer Satrapie ha- tag (Hrsg.), Lokale Eliten und hellenistische Könige.
Zwischen Kooperation und Konfrontation, Berlin 2011,
ben diese Priesterfürsten nichts zu tun; ih-
S. 244: „Parallel zu dieser faktischen und offiziellen An-

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V. Babota: The Institution of the Hasmonean High Priesthood 2014-3-155

Militärpriestertum hatte das nichts zu tun. rektur des oft unidiomatischen und nicht sel-
Es wäre dann auch zu fragen, ob es tatsäch- ten fehlerhaften englischen Textes.
lich überraschend ist, dass in Judäa, wo seit Es bleibt ein zwiespältiges Bild. Die Kon-
Jahrhunderten Hohepriester die höchste re- zentration auf einen eng begrenzten Zeitraum
ligiöse und politische Autorität innehatten, ermöglicht detaillierte Diskussionen, die auch
der Kampf um die Unabhängigkeit vom Se- da, wo sie nichts Neues bieten, als Synthesen
leukidenreich zu einer Erweiterung des poli- älterer Debatten durchaus nützlich sein kön-
tischen Aufgabenbereichs durch militärische nen. Es fehlt auch nicht an Detailbeobachtun-
Kompetenzen führte. Es greift zu kurz, jede gen, die interessante neue Aspekte enthalten,
Abweichung von der Torah als „unjüdisch“ über die man zumindest diskutieren kann (et-
und daher „hellenistisch“ zu erklären. Babota wa S. 98–101 zur Rolle des Judas als diadoch-
berücksichtigt nicht, dass jede Zuweisung mi- os des Alkimos oder die mehrfach – zum Bei-
litärischer Kompetenzen innerhalb des Has- spiel S. 189–191 – aufgeworfene Frage, wie
monäerstaates eine Neuerung gewesen wäre, oft der Hohepriester in dieser Zeit tatsäch-
da diese seit der Rückkehr aus dem babyloni- lich im Tempel Rituale durchführen musste).
schen Exil stets in der Hand von Repräsentan- Doch der Schluss, auf den hin das ganze Buch
ten unterschiedlicher Fremdherrschaften ge- geschrieben ist, dass nämlich „Jonathan was
legen hatten. appointed as archiereus by King Alexander I
Der Einführung eines hellenistischen Mili- Balas in the Hellenistic/Seleucid sense rather,
tärpriestertums in Judäa stellt Babota – hier- and not strictly in the biblical/Jewish tradi-
in durchaus konventionell – eine antihasmo- tion“ (S. 289), ist gleich mehrfach problema-
näische Opposition gegenüber. Er beruft sich tisch.
dafür auf die üblichen Argumente (beson-
ders die vermeintliche „Gewaltenteilung“ in HistLit 2014-3-155 / Benedikt Eckhardt über
den Qumranschriften), geht aber über sie dar- Babota, Vasile: The Institution of the Hasmonean
in hinaus, dass er nicht die gern genann- High Priesthood. Leiden 2014, in: H-Soz-u-Kult
ten „frommen Juden“, sondern hellenisierte 15.09.2014.
priesterliche Kreise als die wichtigsten Geg-
ner der Hasmonäer auffasst. Über diese Grup-
pe – so es sie rund 25 Jahre nach der letztlich
gescheiterten Umwandlung Jerusalems in ei-
ne Polis überhaupt noch gab – wissen wir in-
des überhaupt nichts. Babotas Argumente be-
ruhen oft auf Spekulationen über vermeint-
lich auffällige Nuancen in der antiken Be-
richterstattung, die nicht immer nachvollzieh-
bar sind.8 Positiv ist dagegen hervorzuheben,
dass Babota sehr viel häufiger, als dies übli- erkennung der Makkabäer als jüdischer Führung wur-
cherweise geschieht, die noch bis 140 v.Chr. den Jonathan und Simon dem seleukidischen Herr-
schaftsverständnis entsprechend als meridarchai und
bestehende seleukidische Besatzung Jerusa- strategoi sowie als Freunde des Königs auch Mitglie-
lems in die Analysen einbezieht. Die Quellen der der Funktionselite des Reiches.“
sind hier zwar nicht eben informativ und for- 8 Beispielhaft sei hier nur die Rekonstruktion einer pries-

dern wiederum zu Spekulationen auf, doch terlichen Opposition gegen Simon genannt (S. 264).
in der Besatzung der Akra ist immerhin ei- Dieser wurde von seinem Schwiegersohn Ptolemaios
ermordet, der sodann „gegen Jerusalem und den Tem-
ne Personengruppe greifbar, die es tatsächlich
pelberg“ zog (1Makk 16,20), jedoch von der „Menge“
gegeben hat und deren politische Positionen (Josephus ant. Iud. 13,229) vertrieben wurde. Babota
im seleukidischen Thronstreit und gegenüber schließt aus der separaten Nennung des Tempelbergs
den Hasmonäern komplex gewesen sein dürf- und der Nichterwähnung eines spezifisch priesterli-
ten. chen Widerstands auf eine Kooperation des Ptolemaios
mit Teilen der jerusalemitischen Priesterschaft. Das ist
Ein Personen- und ein Stellenindex be- nicht nur eine gewagte Deutung der Quellenaussagen,
schließen den Band; ein Sachindex wäre eben- sondern auch ein unnötiges Konstrukt, da die Unter-
so nützlich gewesen wie eine sorgfältige Kor- stützung des Ptolemaios durch Antiochos VII. die Er-
eignisse hinreichend erklärt.

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