Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
© royaltystockphoto
Vor gerade einmal zwei Wochen war es soweit: Die ersten zwei Gentherapien haben die
Zulassung der Europäischen Kommission erhalten. Das neue Wirkprinzip gehört zur Gruppe
der „CAR-T-Zelltherapien“ und ist damit nach Amerika, wo es bereits seit September
vergangenen Jahres auf dem Markt ist, nun auch in Europa für zwei bestimmte Formen der
Leukämie zugelassen: für die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) bei Kindern und
jungen Erwachsenen bis 25 Jahren und für das sogenannte großzellige B-Zell-Lymphom
(DLBCL) bei Erwachsenen. Die Euphorie in der Fachwelt ist aufgrund der spektakulären
Therapieerfolge groß. Zum ersten Mal können Mediziner durch ein immunologisches
Verfahren Krebserkrankungen langfristig kontrollieren und in einem Teil der behandelten
Patienten sogar heilen.
Doch völlig neu ist dieses Vorgehen nicht. Seit Jahrzehnten nutzen Krebsmediziner
Fähigkeiten und Eigenschaften des körpereigenen Immunsystems – eine Allzweckwaffe, um
körperfremde Substanzen oder Krankheitserreger abzuwehren – im Rahmen
immunonkologischer Therapien. Eine Herausforderung in der Immuntherapie von
Krebserkrankungen ist die Identifizierung einer geeigneten Zielstruktur – die meisten
Eiweißstrukturen, die sich auf Krebszellen finden, sind auch auf gesunden Körperzellen
vorhanden. Dieses Problem löst die CAR-T-Zelltechnologie, indem körpereigene
Abwehrzellen so modifiziert werden, dass sie die für das Immunsystem normalerweise nicht
http://www.faz.net/asv/zukunft-der-krebsmedizin/durchbruch-in-der-krebstherapie-br-car-t-zellen-in-europa-zugelassen-15784785.html?service=pr… 1/3
10/1/2018 Durchbruch in der Krebstherapie: <br />CAR-T-Zellen in Europa zugelassen - Zukunft der Krebsmedizin - FAZ
Das Verfahren ist unabhängig vom Hersteller extrem aufwendig und höchst individuell – es
können ausschließlich die körpereigenen Zellen des zu behandelnden Patienten verwendet
http://www.faz.net/asv/zukunft-der-krebsmedizin/durchbruch-in-der-krebstherapie-br-car-t-zellen-in-europa-zugelassen-15784785.html?service=pr… 2/3
10/1/2018 Durchbruch in der Krebstherapie: <br />CAR-T-Zellen in Europa zugelassen - Zukunft der Krebsmedizin - FAZ
werden. Die Kosten für diese bahnbrechenden Therapien haben auch eine neue Dimension
erreicht: in Amerika wird für die Therapie mit Kymriah 475 000 beziehungsweise mit
Yescarta 373 000 Dollar abgerufen, was teilweise durch einen „Pay for Performance“-Ansatz
nur im Erfolgsfall zum Tragen kommt. Aktuell ist die CAR-T-Zelltherapie ausschließlich für
sehr kleine Patientengruppen zugelassen, bei denen keine andere Therapie mehr anspricht.
Unklar ist nach dem heutigen Erkenntnisstand, welche Patienten am meisten von diesen
Therapien profitieren. Deshalb sollen weitere Biomarker identifiziert werden, um die
Behandlungen noch spezifischer und optimaler am Patienten ausrichten zu können.
Erfolgskritische Faktoren sind es, die Produktionskapazitäten für den aufwendigen
Herstellungsprozess aufzubauen und kosteneffizientere Verfahren zu entwickeln – erst dann
wird sich die neue Technologie in der Breite und auch für andere Krebsentitäten
vorantreiben lassen. Fest steht bereits heute: Die CAR-T-Zelltechnologie hat der
Krebsmedizin eine neue Tür geöffnet. Welche Chancen und Herausforderungen
dahinterliegen, gilt es zu entdecken.
Professor Dr. Marion Subklewe ist Oberärztin an der Medizinischen Klinik III am Klinikum
der Universität München.
Impressum
http://www.faz.net/asv/zukunft-der-krebsmedizin/durchbruch-in-der-krebstherapie-br-car-t-zellen-in-europa-zugelassen-15784785.html?service=pr… 3/3