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Die großen Götter Griechenlands

Wir Hellenen sind „Polytheisten“, das heißt: wir verehren eine Vielzahl von Göttern.
Wer sich mit griechischer Mythologie etwas auskennt, vielleicht auch Homeros
gelesen oder auch nur von ihm gehört hat, weiß das im Grunde schon. Indes sind die
Wirkfelder und Machtsphären der Götter nicht allen geläufig, und bei so vielen
Göttern und Heroen ist das auch verständlich. Wir wollen nun etwas „Ordnung“ in
den griechischen Götterhimmel bringen und die prägnantesten Eigenschaften seiner
Götter wie auch die Bedeutung ihrer Namen, klarlegen.

Unser Pantheon beherbergt eine große Anzahl von Naturgöttern, Heroen und
Daimonen; Letztere halten sich vorwiegend in Bäumen, in den Gewässern und in der
Luft auf und beseelen die Natur (Pandaimonismus/Animismus). Sie stehen den
Sterblichen relativ nahe und sind für die Sorgen und Nöte der einfachen Leute
zugänglich. Es gibt aber ein Götterkollektiv, das aus dieser Schar von Entitäten
deutlich herausragt: die Olympier. Aufgrund ihrer breit gefächerten Aufgabengebiete
und ihrer Funktion als Garanten der kosmischen Ordnung unterscheiden sich die
Olympier von den Naturgöttern (wie z.B. Pan, Priapos, Acheloos). Der Mythos
besagt, dass sie ihren Sitz auf dem höchsten Berg Griechenlands, dem Olymp,
haben. Daher auch ihr Name. Georg Curtius legt dem Wort Olympos die Wurzel
lámpo (scheinen, strahlen) zugrunde, sodass die Olympier mit die Strahlenden
übersetzt werden (Friedrich Vieweg & Sohn, Archiv für Anthropologie, Bd. 13, S. 452,
1881). Homeros zeichnet den Olymp in folgenden Farben: „Also redete Zeus'
blauäugichte Tochter und kehrte / Wieder zum hohen Olympos, der Götter ewigem
Wohnsitz, / Nie von Orkanen erschüttert, vom Regen nimmer beflutet, Nimmer
bestöbert vom Schnee; die wolkenloseste Heitre / Wallet ruhig umher und deckt ihn
mit schimmerndem Glanze: Dort erfreut sich ewig die Schar der seligen Götter“ (Od.,
VI., 516, Übers. Johann Voß, München 1967). Es kommt nicht von ungefähr, dass
der Olymp mit dem Himmel identifiziert wird, denn von weitem hat es den Anschein,
als würde sein Gipfel in den Himmel reichen, der uns seinerseits selber unendlich
weit scheint, wie eine Dimension, „wo weder Regen noch Schnee fällt, weder Sturm
noch Ungewitter tobt, und ein blendender Glanz in ewiger Heiterkeit fließet“ (M. G.
Herrmann, Handbuch der Mythologie aus Homer und Hesiod, S. 44, Berlin-Stettin
1800). Die olympischen Götter sind im heutigen Griechenland und auf Zypern unter
der Bezeichnung tó Dodekatheon („die zwölf Götter“) geläufig. Die Zahl 12 hatte seit
alters her eine besondere Bedeutung für die Hellenen; das Dodekaeder, ein
platonischer Körper mit zwölf gleichmäßigen Flächen, ist sowohl ein Symbol für die
zwölf Götter als auch eine Abbildung der Wirklichkeit.

Die Olympier sind die Immernahen und doch Entrückten, sind uns nahe, dennoch
liegt ihr Reich weit entfernt von unserer Welt. Leid, Trauer und Tod sind ihnen fremd.
Zwar geschlechtlich dargestellt, tatsächlich aber geschlechtslose Mächte (Porphy.,
Über die Götterbildnisse), haben die Olympier dem Universum seine Ordnung
verliehen und wachen über sie. Es folgen ihre Namen und Aufgabenbereiche. Die
Etymologie der Namen wird in Klammern angegeben.
ZEUS („Herr, Himmel, Lebensgeber, der Strahlende“): Der oberste Gott der Griechen
und Anführer der Olympier. Er herrscht über den Regen, die Stürme und über den
weiten Himmel, Blitz und Donner. Er ist der Urheber aller Ordnung, Quell der
Gerechtigkeit und Schirmherr der Schutzbedürftigen und Fremden. Er ist der weise
Himmelsgott, „ganz Auge, ganz Ohr“ (Xenophanes). Zeus ist das wirklich Seiende
(ontos on).

POSEIDON („Gatte der Erde“): Herr über das Meer und seine Stürme, Flüsse und
Quellen; gebietet über die Vegetation an den Meeresufern und die Ozeanosphäre. Er
ist auch als der Retter von Schiffen und als Erderschütterer bekannt.

HEPHAISTOS („der Aufleuchtende“): Gott des Feuers, der Schmiede,


Handwerkskunst und Metallverarbeitung. Hephaistos ist der Gott der Erfindungen
und der schöpferischen Fertigkeit, die Macht der Beständigkeit und des
Unveränderlichen. Außerdem ist Hephaistos auch der Schutzpatron der Handwerker.
DEMETER („Erdmutter, Mutter Erde“): Göttin der Erde, der Landwirtschaft, des
Getreides, der Gesetze und der Fruchtbarkeit. Demeter ist eine Muttergöttin und
Gebieterin über die Früchte der Erde und über die Flora, wie auch die Schutzpatronin
der Bauern. Auf kosmischer Ebene beseelt sie zusammen mit Artemis und Hera den
Kosmos. Ihre Tochter ist Persephone, die Königin der Unterwelt.

ARTEMIS (leitet sich von artemes ab, bed. „sicher“, „Luftdurchschneiderin“) ist die
Herrin der Tiere (Potnia Theron), des Mondes, Göttin der Jagd, der Geburt und der
Natur (Wälder, Bergspitzen, Wildnis). Sie wacht über Frau und Kind, gewährt
Fruchtbarkeit und hält die natürliche Ordnung im Gleichgewicht. Sie gewährt und
verwehrt dem Jäger das Opfer. Von den Spartanern als große Göttin verehrt, ist sie
sicher die härteste, unerbittlichste Göttin des hellenischen Pantheons.
HERA („Herrin, Luft, Erde, Epoche“) ist die Göttin der Ehe und Niederkunft, des
Himmels, Schirmherrin der Ehefrauen und wie diese herrscht sie über ihr eigenes
Reich. Sie ist die Göttin der Luft und bei der Entstehung der Materie maßgeblich
beteiligt. Sie ernährt die Seelen aller Lebewesen. Von ihr stammt die Kraft zur
Erlangung der Arete. Bei Marullus heißt sie Schutzherrin des Menschengeschlechts.

APHRODITE („Schaumgeborene oder -entsprungene, die ein mildes Dasein


Führende“) ist die Göttin der Sexualität und Schönheit, des Fortpflanzungstriebes,
der Formgebung, Lust und Liebe. Herrin über die Gewässer, von Wachsen und
Entstehen. Die Erneuerin des Lebens und Urgrund aller Schönheit. Zusammen mit
Apollon und Hermes verleiht sie dem Universum seine ganz besondere Harmonie.
Aphrodite wird von den Chariten, Eros und der Peitho begleitet.

APOLLON („der Starke, der Versammler“; leitet sich gemäß Platon aus dem griech.
Wort für Reinigung ab) ist der Gott der Weissagung und Wahrheit, der Musik und des
Tanzes, der Dichtkunst, der Heilkunst und des Lichtes. Apollon ist der Gott der
Weisheit und Vernunft, der Verkündigung und Rechtsprechung, daher auch der
Ordnung und Reinheit. Wie wir sehen, ist Apollon der vielseitigste Gott der Hellenen.
Er eint Gegensätzliches in der Natur zu einer Synthese und verleiht der Seele ihren
rationalen Anteil. Er bringt sowohl den Tod als auch die Rettung vor Unglück. Apollon
ist ein Sühnegott und reinigt die menschlichen Gesellschaften von aller Art Miasma
(Unreinheit, Befleckung).

HERMES („der Bote, Pfahl aus Stein“; leitet sich von den griech. Wörtern für
verbinden, sprechen und Steinpfahl ab) ist der Gott der Wege, Kommunikation,
Rhetorik, Gymnastik, Gastfreundschaft, Sprache und Diplomatie. Schutzgott der
Reisenden, Hirten und Herden, der Kaufleute und somit auch der Diebe. Er ist auch
der Gott der Redekunst, Schlauheit, Dialektik und Zivilisation. Hermes verkündet den
Willen des Zeus, führt die Seelen der Toten in die Unterwelt und enthüllt den
Sterblichen die Zukunft. Hermes ist der Gott der Zivilisation und Wissenschaft, weil er
den Geist der Menschen mit Einsicht erleuchtet.

ARES („der Mann, der Erobernde“; von den griech. Wörtern für Wunde, Verderben
und Töten) ist der Gott des Krieges, des Kampfes, des Mutes, der Willenskraft und
rohen Kraft. In den Homerischen Hymnen heißt er Führer gerechtester Männer.
Seine kriegerische Kraft kann nur von Aphrodite gebändigt werden. Zusammen mit
Athena und Hestia wacht er über die kosmische Ordnung. Aus seinem Namen lässt
sich der Satz konstruieren: „Mord / Krieg ist Verderben“.

ATHENA („die Klarsehende, die Kluge“) ist die Göttin der Weisheit, des Äthers, des
vernünftigen Kampfes, der praktischen Vernunft, des Handwerks, der Handarbeit,
des Heldentums und die Schutzgöttin der alten Stadt Athen. Mit Klugheit und
Besonnenheit überwindet sie brutale Gewalt und führt alle, die auf die Vernunft hören
wollen, auf ihren Wegen. Sie hütet das Wissen und fördert die Kultur. Athena ist
Geist und der Anstoß jeder Bewegung.
HESTIA („Herd, Feuerstelle, die am Herd Stehende“; auch „Seiendheit“) ist die Göttin
des Heimes und Herdfeuers. Sie bewahrt den häuslichen Frieden und wacht über die
Eintracht der Familie, die sie im gemeinsamen Mahl zusammenbringt. Hestia betont
die Bedeutsamkeit von Kompromissen für das übergeordnete Wohl. Sie ist die
Essenz des Wirklichen und das Herz des Feuers, die Göttin des Asyls. Wie Zeus,
steht auch Hestia für das Prinzip der Gastfreundschaft ein. Im Beisein der Hestia wird
das Neugeborene offiziell in den Oikos (Hausgemeinschaft) aufgenommen, der
häusliche Herd ist ihr heilig, weshalb die Aufnahme in die Gemeinschaft vor diesem
abgehalten wurde.

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