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Waltz inszeniert „Fidelio“

Das Geheimnis wird gelüftet


Ein abgeschirmter Regisseur, keine Fotos und überhaupt größtmögliche Geheimhaltung:
Vor der für vergangenen Montag geplanten Premiere von „Fidelio“ im Theater an der Wien
war die Spannung groß, schließlich sollte damit erstmals eine Inszenierung von Christoph
Waltz in Österreich zu sehen sein. Sollte – denn Coronavirus-bedingt blieb der Vorhang
unten. Dank TV-Aufzeichnung wird er nun für ein wesentlich breiteres Publikum aufgehen.

Zum 250. Geburtstagsjubiläum Ludwig van Beethovens war die Produktion im Theater an der
Wien als eines der Highlights im österreichischen Kulturkalender programmiert – ist die
einzige Oper des Komponisten doch eng mit dem Haus verknüpft: Beethoven komponierte
das Werk, das auf der französischen Librettovorlage von Jean Nicolas Bouilly beruht, im
Rahmen seiner Tätigkeit als Kapellmeister und Hauskomponist des Theaters an der Wien.

Bei der Uraufführung am 20. November 1805 fiel „Fidelio oder Die eheliche Liebe“, wie die
Oper hieß, beim Publikum durch. Von einem dreiaktigen Werk in einen Zweiakter
umgearbeitet und stark gekürzt legte Beethoven am 29. März 1806 eine zweite Fassung
unter dem Titel „Leonore oder Der Triumph der ehelichen Liebe“ vor – ebenfalls am Theater
an der Wien. Erst 1814 feierte die dritte Fassung am Kärntnertortheater – schlicht „Fidelio“
getitelt – Premiere.

Monika Rittershaus Eine Treppeninstallation als Kerker für „Fidelio“

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Von Hollywood in die Oper

Im Theater an der Wien wurde nun die zweite Fassung geprobt. Der in Wien geborene
Hollywoodstar Waltz inszenierte nach seinem 2013 in Belgien präsentierten „Rosenkavalier“
bereits zum zweiten Mal eine Oper. Unter Manfred Honecks Leitung musizieren die Wiener
Symphoniker.

Zu hören und zu sehen sind Nicole Chevalier als Leonore (Fidelio), Eric Cutler als Florestan,
Gabor Bretz als Don Pizarro, Christof Fischesser als Rocco sowie Melissa Petit als Marzelline,
Benjamin Hulett als Jaquino und Karoly Szemeredy als Don Fernando. Im Theater an der
Wien immer ein Highlight ist zudem der Arnold Schoenberg Chor, der unter der Leitung von
Erwin Ortner auch in „Fidelio“ zu erleben sein wird. Besonders lange wurde ein Geheimnis
aus dem spektakulären Bühnenbild, das vom amerikanisch-deutschen Architekturbüro
Barkow Leibinger gestaltet wurde, gemacht.

Coronavirus ließ Premiere platzen

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus haben die große Premiere vorigen
Montag natürlich verunmöglicht. Weil die Produktion aber zuvor schon ohne Publikum und
unter Einhaltung der Vorgaben der Bundesregierung aufgezeichnet wurde, kann die Arbeit
von Waltz und seinem Team dennoch präsentiert werden. Die dieser Tage vielzitierten
besonderen Maßnahmen in besonderen Zeiten werden deshalb auch für die Kritik
schlagend: Ein in normalen Zeiten absolutes No-Go wird aufgehoben – und auch ORF.at
plant für Samstag eine Besprechung der TV-Übertragung.

VIDEO
kulturMontag, 16.3.2020
„kulturmontag“: Christoph Waltz inszenierte „Fidelio“
7:26

„Wenn die Türen der Opern- und Konzerthäuser geschlossen bleiben, bringt der ORF die
Kultur eben nach Hause“, so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Er kündigte zugleich
an, dass diese Produktion die erste von mehreren Übertragungen sei, „die der ORF ohne
Live-Publikum von österreichischen Bühnen ausstrahlen wird“.

Für Roland Geyer, Intendant des Theaters an der Wien, war es „ein großes künstlerisches
Anliegen“, Beethovens einzige Oper in diesem Jahr am Ort der Uraufführung zu zeigen. Es sei
natürlich traurig, dass man das Endergebnis den Besuchern nicht vor Ort präsentieren
könne. „Andererseits bin ich froh, dass wir mit der Ausstrahlung ein breites Publikum
erreichen können“, so Geyer.

Er dankte dem gesamten Team, das „trotz des großen Zeitdrucks auf höchstem
künstlerischen Niveau an dieser Aufzeichnung gearbeitet“ habe. Die Arbeiten an der

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Aufzeichnung „haben wir gerade noch untergebracht“, sagte der Geschäftsführer der
Vereinigten Bühnen, Franz Patay.

Monika Rittershaus Leonore (Nicole Chevalier) tut alles, um ihren Mann aus dem Kerker zu
befreien

Um auch das junge Publikum weiter zu erreichen, verlegt die Musiktheatervermittlung des
Theaters an der Wien ihre Arbeit mit vielfältigen Angeboten für Kinder ab fünf Jahren ins
Web. Dort finden sich auch Begleitmaterial und Informationen zu „Fidelio“: Die Handlung
wird in einem kleinen Video spielerisch dargestellt, Musikerinnen und Musiker der Wiener
Symphoniker stellen ihre Instrumente vor und spielen von zu Hause aus ihre Lieblingsstelle
aus „Fidelio“, auch Dirigent Manfred Honeck erklärt seinen Beruf.

Mehr „Fidelio“ auf fidelio

Wer die Coronavirus-bedingten Ausgangsbeschränkungen für eine tiefere Beschäftigung mit


Beethoven nutzen will und kann, dem bietet die zahlungspflichtige Klassikplattform fidelio
eine Themenreihe zur Verfügung. Dort finden Klassikfans unter anderem Claus Guths
Inszenierung von den Salzburger Festspielen 2015, eine Aufnahme aus der Deutschen Oper
Berlin mit Karl Böhm sowie das „Young People’s Concert“ mit Leonard Bernstein, in dem er
Beethovens einzige Oper in Form eines Gesprächskonzerts seinem Publikum auf charmante
Art und Weise näherbringt.

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Hinweis

„Fidelio“ in der Inszenierung von Christoph Waltz ist am Freitag um 22.30 Uhr in ORF2 zu
sehen. Bereits ab Freitag, 19.00 Uhr, ist die Produktion im Klassikportal fidelio sowie
außerhalb Österreichs in medici.tv zu sehen.

sofe, ORF.at

Links

• Interview mit dem „Fidelio“-Leading Team (oe1.ORF.at)


• Theater an der Wien
• Kinder & Jugend an der Wien zu Hause
• Klassikplattform Fidelio

20.03.2020
https://orf.at/stories/3158363/

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