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Fachbereichsarbeit

für die Sonderausbildung „Pflege bei Nierenersatztherapie“


AKH-Linz 2005-2007

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger


im
Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG)

Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege


im erweiterten Tätigkeitsbereich –
Spezialaufgabe „Pflege bei Nierenersatztherapie“
des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes

DGKP Wolfgang GREIL

III. Interne – Nephrologie und Dialyse


KH der Elisabethinen Linz
Fadingerstr. 1
4010 Linz
wolfgang.greil@elisabethinen.or.at

Juristische Betreuung:
OMR Dr. jur. Leopold-Michael MARZI
Leiter der Rechtsabteilung im AKH Wien

Abgabe 10. 11. 2006

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 1


Ein Krankenhaussystem ist das gleichzeitige
oder aber auch zeitverschobene Zusammenwirken von unterschiedlichsten Berufsgruppen,
zum Wohle der PatientInnen.
Jeder noch so kleine Störfaktor kann sich potenzieren,
vor allem, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. L.-M. Marzi

Hintergrund meiner Fachbereichsarbeit


Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (kurz: GuKG) als Berufsgesetz für den gehobenen Dienst
für Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegehilfe ist seit dem In-Kraft-treten 1997 zu einem fixen
Bestandteil der Pflege in Österreich geworden. Viele KollegInnen in anderen Staaten beneiden uns um
dieses Berufsgesetz. Seit dieser Zeit beschäftige ich mich mit dem GuKG und anderen Berufsgesetzen.
Vieles wurde im GuKG geregelt, ist Hilfe und bringt eine gewisse Sicherheit für das Pflegepersonal in
erster Linie, aber auch für die PatientInnen und andere Gesundheitsberufe.
Trotz mehrmaliger Novellierungen gibt es im GuKG weiterhin rechtliche Grauzonen. Eine davon ist,
dass es zu wenige konkrete Aussagen unter anderem über den erweiterten Tätigkeitsbereich – konkret
im Bereich „Pflege bei Nierenersatztherapie“ – macht. Gewollt? Ungewollt? Das Pflegepersonal ist da-
durch verunsichert, ob es nicht im Falle des Falles im Regen stehen gelassen wird.
Extrem unterschiedliche Aussagen einzelner JuristInnen dazu erleichtern die Situation des Fachperso-
nals und der Dialyse-Pflegeleitungen in der Praxis nicht und erschweren die interdisziplinäre Zusam-
menarbeit. Hier soll meine Fachbereichsarbeit im Rahmen der Sonderausbildung für Nierenersatzthe-
rapie ansetzen. Dies ist aber nur in Zusammenarbeit mit einem GuKG-kundigen Juristen möglich, den
ich in Herrn OMR Dr. jur. Leopold-Michael Marzi gefunden habe.

Ziele der Fachbereichsarbeit:


• Mit einem Juristen eine Zusammenfassung der derzeitigen rechtlichen Situation schaffen, auf
Grund der das Fachpersonal der Dialysen, deren Leitungen und die Rechtsträger weiterarbeiten
können
• Beiträge für einen Anstoß zur Änderung von Gesetzespassagen liefern, um Rechtssicherheit zu
schaffen und unnötige Verunsicherungen und Risiken zu vermeiden
• Probleme aufzeigen
• Oft gestellte Fragen bearbeiten und wenn möglich beantworten
• Bessere Information des Fachpersonals
Während der Zusammenstellung dieser Fachbereichsarbeit wurden vom Bundesministerium für Ge-
sundheit und Frauen (BMGF) drei Schreiben herausgegeben, die meine bisherige Arbeit wesentlich
beeinflussten und veränderten:
1. An die Landeshauptmänner und Landeshauptfrauen zum Thema „Legen von Verweilkanülen
durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheit und Krankenpflege“ und basie-
rend auf diesem Schreiben eine Anfragebeantwortung
2. Die erste Anfragebeantwortung an mich zu den Themen „Punktieren eines Shunts - Legen
von Verweilkanülen“ (siehe dazu „5.4.4. Die Praxis der Shuntpunktion“ Seite 21)
3. Die zweite Anfragebeantwortung an mich „Anfrage zu den §§ 17 und 20 GuKG“ (siehe dazu
Seite 23)

Danke …
…Herrn OMR Dr. jur. L.-M. Marzi für seine juristische Beratung und die gute Zusammenarbeit
…den AutorInnen deren Gutachten, Literatur, Beiträge und Grafiken ich verwenden durfte
…verschiedenen Firmen für die Unterstützung der Fachbereichsarbeit. Unter anderem sind dies:

www.biomedica.co.at

…Titelbild: W. Greil;
Die Verwendung des Titelbildes und dessen Veröffentlichung mit meiner Fachbereichsarbeit erfolgt
mit ausdrücklicher Zustimmung des Patienten.

Linz, November 2006 DGKP Wolfgang Greil

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 2


Inhaltsverzeichnis:

I. Grundsätzliches zur Dialyseorganisation und Dialyse


1. Organisation und Mindeststandards nach ÖSG 2006 ......................................................5
1.1. Leistungsangebot und Standortplanung .......................................................................5
1.2. Strukturkriterien für Dialysezentren ..............................................................................6
1.2.1. Personalausstattung Hämodialyse/Peritonealdialyse......................................6
1.2.2. Personalqualifikation Hämodialyse/Peritonealdialyse ………………………….7
1.2.3. Infrastruktur .....................................................................................................7
1.2.4. Sonstiges ……………………………………………………………………………8

2. Die Dialyse ............................................................................................................................9


2.1. Das Verfahren ..............................................................................................................9
2.2. Der Dialyseshunt ..........................................................................................................9
2.3. Die Punktion des Shunts ..............................................................................................9

II. Risiken im Bereich Nierenersatztherapie


3. Risiken und Gefahren ……………………………………………………………………………11
3.1. Medizinisch-pflegerische Probleme und Risiken vor, während und nach der
Dialysebehandlung …………………………………………………………………………11
3.2. Rechtliche Risiken im Bereich Nierenersatztherapie …………………………………...11
3.3. Risikomanagement im Krankenhaus …………………………………………………….13

III. Theorie und Praxis des GuKG – Rechtlicher Rahmen für die
Pflege bei Nierenersatztherapie
4. Das Berufsgesetz…………………………………………………………………………………15
4.1. Entstehung des GuKG …............................................................................................15
4.2. Europarechtliche Aspekte ….......................................................................................15
4.3. Ziele und Schwerpunkte .............................................................................................15
4.4. Tätigkeitsbereiche…………………………………………………………………………..15
4.4.1. Eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich ..………………………………………16
4.4.2. Lebensrettende Sofortmaßnahmen..……………………………………………16
4.4.3. Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich…………………………………………...16
4.4.4. Interdisziplinärer Tätigkeitsbereich .……………………………………………..17
4.4.5. Erweiterter Tätigkeitsbereich .……………………………………………………17

5. Oft gestellte Fragen - Unklarheiten im GuKG..................................................................18


5.1. Ist nur das erlaubt, was im Gesetz aufgezählt ist oder alles verboten was nicht
aufgezählt ist? ............................................................................................................18
5.2. Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich – Ermächtigung oder Verpflichtung? …………18
5.3. „Mitwirkung“ im erweiterten Tätigkeitsbereich – Pflege bei Nierenersatztherapie …..19
5.4. Was sagt das GuKG zur Shuntpunktion? ...................................................................20
5.5. Shuntpunktion: Klärungsversuch und Schlussfolgerungen…………………………….20
5.5.1. Die Dialysekanüle ..........................................................................................20
5.5.2. Der Dialysekatheter .......................................................................................21
5.5.3. Unterschied Kanüle – Katheter......................................................................21
5.5.4. Die Praxis der Shuntpunktion ........................................................................21
5.5.5. Vorhergehende Untersuchung des Shunts durch eine/n Arzt/Ärztin ………..22
5.6. Die Mitwirkung bei der Schmerztherapie nur im erweiterten Tätigkeitsbereich? …...23

6. Freiberufliche Ausübung ..................................................................................................24

7. Zusammenfassung ………………………………………………………………………………25

8. Literatur- und Internethinweise ........................................................................................26

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 3


Abkürzungen
ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
Abs. Absatz
ÄrzteG Ärztegesetz
BGBl Bundesgesetzblatt
bzw. beziehungsweise
EWR Europäischer Wirtschaftsraum
EU Europäische Union
GP Gesetzgebungsperiode
GuKG Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
KAKuG (KAG) Bundesgesetz für Krankenanstalten und Kuranstalten (früher: KAG
Krankenanstaltengesetz)
MTD-Gesetz Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-
technischen Dienste
RV Regierungsvorlage
StGB Strafgesetzbuch
StGG Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen
Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrat vertretenen Königreiche
und Länder, RGBl. Nr. 1867/142
vgl. vergleiche
Z Zahl
z. B. zum Beispiel

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 4


I. Grundsätzliches zur Dialyseorganisation und
Dialyse
Um die Tätigkeit der Pflege bei Nierenersatztherapie genauer betrachten zu können, möchte ich zuerst
das organisatorische Umfeld beleuchten, in dem die Dialyseschwester/ der Dialysepfleger arbeitet:
 In welchen Organisationsstrukturen arbeiten die Dialyseschwestern/-pfleger?
 Unter welchen Auflagen dürfen Dialyseeinrichtungen in Österreich betrieben werden?
Dazu möchte ich die Vorgaben (Mindeststandards) des Bundesministeriums für Gesundheit und Frau-
en, festgelegt im Österreichischen Strukturplan Gesundheit 20061, auszugsweise wiedergeben:

1. Dialyseorganisation – Mindeststandards
1.1. Leistungsangebots- und Standortplanung
Zur Behandlung des chronischen (terminalen) Nierenversagens stehen entsprechend dem Österreichi-
schen Strukturplan Gesundheit 2006 (ÖSG 2006) – als Nachfolger des Österreichischen Krankenan-
staltenplanes (ÖKAP) – grundsätzlich folgende komplementäre Nierenersatztherapieverfahren zur Ver-
fügung:
• Chronische Hämodialyse („künstliche Niere“)
• Peritonealdialyse und
• Nierentransplantation
Für die Standortplanung und die Abschätzung des notwendigen Bedarfs an chronischen Hämodialy-
seplätzen bis zum Jahre 2010 waren folgende Planungsüberlegungen maßgeblich:
1. Der Bedarf nimmt kontinuierlich zu
2. Die maximale Anreisezeit für die PatientInnen zu den Hämodialysezentren soll 45 Minuten (Er-
reichbarkeitsrichtwert) nicht überschreiten
3. Hämodialyseplätze (siehe Tabelle) pro 100.000 EinwohnerInnen (in Bezug auf die zu versor-
gende Bevölkerung) unter der Annahme eines 3 (Mo, Mi, Fr) und 2 Schichtbetriebes (Di, Do
und Sa) und eines Peritonealdialyseanteils von 10%; exkl. 15% Reserve für Backup-Funktion
sowie exkl. Plätze für Kinderdialyse
4. Festlegung der Hämodialysestandorte durch regionale Detailplanung
5. Neuerrichtung von Hämodialysestandorten nur wenn eine Aufstockung in den bestehenden
Zentren nicht mehr möglich ist oder bei regionaler Unterversorgung und wenn dadurch geringe-
re Anreisezeiten erzielbar sind
Hämodialyseplätze-Richtwerte pro Bundesland für das Jahr 2010 und Veränderungen zu 2005
Hämodialyseplätze- Hämodialyseplätze- Veränderungen
Bundesland
Richtwerte* 2005: Richtwerte** 2010: +/-
Burgenland 8,5 8,2 -0,3
Kärnten 8,5 10,3 +1,8
Niederösterreich 8,2 8,4 +0,2
Oberösterreich 9,5 9,7 +0,2
Salzburg 8,7 7,3 -1,4
Steiermark 10,4 13,3 +2,9
Tirol 7,7 7,4 -0,3
Vorarlberg 6,9 9,2 +2,3
Wien 7,1 9,6 +2,5
* Hämodialyseplätze pro 100.000 EinwohnerInnen (in Bezug auf die zu versorgende Bevölkerung) (ÖKAP/GGP 2003, Seite 28)
** Hämodialyseplätze pro 100.000 EinwohnerInnen (in Bezug auf die zu versorgende Bevölkerung ) (ÖSG 2006, Seite 77)

Aus den Veränderungen der Hämodialyseplätze-Richtwerte von 2005 und 2010 wird ersichtlich, wo das
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen den Bedarf an Hämodialyseplätzen jetzt und in den
nächsten Jahren sieht.

1
Österreichischer Strukturplan Gesundheit 2006
www.bmgf.gv.at/Gesundheitsversorgung und Strukturplan/Österreichischer Strukturplan Gesundheit (ÖSG) Seite 77+78

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 5


Peritonealdialyse
• Festlegung der Hämodialysestandorte durch regionale Detailplanung
• Peritonealdialyse an zumindest einem nephrologischen Hämodialysestandort im Bundesland

1.2. Strukturkriterien für Dialysezentren


Extramurale Hämodialysezentren:
• Von der Landesregierung genehmigte Krankenanstalten für die Durchführung von ambulanten
Hämodialysen bzw. anderen Blutreinigungsverfahren
• Außerhalb der Dialysezeiten ist ein Telefonbereitschaftsdienst für die PatientInnen einzurichten

Intramurale Hämodialysezentren
• sind Einrichtungen einer Krankenanstalt zur ambulanten Behandlung chronisch Nierenkranker
mittels intermittierender Hämodialysetherapie (und ähnlicher Hämoverfahren)
• Gewährleistung einer Notfallbereitschaft rund um die Uhr (inkl. Sonntag)
• Für die Versorgung stationärer PatientInnen mit Nierenersatztherapie (Akutdialysen) und ande-
rer extrakorporaler Blutreinigungsverfahren (z. B. Plasmapherese, Lipidapherese) sind zusätzli-
che Personalkapazitäten zu den unten angeführten erforderlich

Universitätskliniken:
• Ergänzend zu den Anforderungen an intramurale Hämodialysezentren sind hier nicht nur Not-
fallbereitschaft sondern Anwesenheit einer/eines entsprechend ausgebildeten Fachärz-
tin/Facharztes rund um die Uhr im Rahmen eines eigenen Dialysedienstes erforderlich

Mindestgröße
• 5 Behandlungsplätze

Mindestfrequenz (Leistungen je Standort bzw. Krankenanstalt und Jahr)


• Hämodialyse: 3000
• Peritonealdialyse: 10 PatientInnen
• Unterschreitung der in der Leistungsmatrix vorgegebenen Mindestfrequenz in Ausnahmefällen
an bereits errichteten Dialysezentren zulässig (in Regionen, in denen Einhaltung des Erreich-
barkeitsrichtwerts nicht möglich)

1.2.1. Personalausstattung Hämodialyse/Peritonealdialyse

ÄrztInnen: Personalschlüssel:
Extra- und intramurale Hämodialysezentren: 1 VZÄ* für 300 Dialysen pro Monat
Dialyse-Einheiten > 12 HD Plätze: 1 VZÄ* für 350 Dialysen pro Monat
Dialyse-Einheiten > 20 HD Plätze 1 VZÄ* für 450 Dialysen pro Monat
Universitätskliniken: 1 VZÄ* für 300 Dialysen pro Monat
Peritonealdialyse 1 VZÄ* pro 40 kontinuierlich betreute
PatientInnen
Gehobener Dienst für Gesundheits- und Kranken-
pflege:
Extra- und intramurale Hämodialysezentren: 1 DGKP** für 60 Dialysen pro Monat
Bei Leistungsstandorten > 40 HD-Plätzen 1 DGKP** für 80 Dialysen pro Monat
Peritonealdialyse 1 DGKP** pro 10 kontinuierlich betreute
PatientInnen
Sonstiges Personal:
Pflegehilfe: entsprechend dem lokalen Bedarf
PsychotherapeutInnen/PsychologInnen/SozialarbeiterInnen in der Krankenanstalt oder extramurales
für psychosoziale Betreuung, Diätologe/Diätologin Angebot
TechnikerIn pro Dialysestation verfügbar
* VZÄ = VollzeitärztIn
** DGKP = Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 6


In der Praxis sieht das dann wie folgt aus:

Dialysezentren 20052 - Struktur und personelle Ausstattung

73 Zentren mit ÖDTR-Code 2 Zentren Transplantation/Nachsorge


1 Zentrum Peritonealdialyse
7 Ordinationen mit Subcodes
63 Hämodialysezentren 3 Pädiatrische Zentren
789 Hämodialyseplätze insgesamt (d. h. ca. 13 pro Zentrum)

1.020 Diplom. Pflegepersonen (795 ca. 1 je ca. 55,4 Hämodialysen je Monat


Vollzeitäquivalente); Hämodialyseplatz; und je Dipl. Pflegeperson
119 Hilfspersonal (95 Vollzeitäquivalente)
41 TechnikerInnen (30 Vollzeitäquivalente)
42 Sonstige (27 Vollzeitäquivalente)

171 AdditivfachärztInnen für Nephrologie


28 FachärztInnen für Innere Medizin in Ausbildung zu NephrologInnen (50 Ausbildungsstellen)
60 SekundarärztInnen

1.2.2. Personalqualifikationen Hämodialyse und Peritonealdialyse


ÄrztInnen:
• Leitung: Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin mit dem Additivfach Nephrologie
• Kontinuierliche PatientInnenbetreuung durch ÄrztInnen für Allgemeinmedizin bzw. Nephro-
logInnen
• Bei Patientenbetreuung durch ÄrztInnen in Facharztausbildung: Nachweis einer zumindest
sechsmonatigen Tätigkeit als Ärztin/Arzt auf einer Dialysestation mit zumindest 3.000 Dialysen
pro Jahr

Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege:


• Pro regulärer Dialyseschicht zumindest eine DGKS/DGKP mit Berechtigung zur Pflege bei Nie-
renersatztherapie
• Universitätskliniken: Nach Möglichkeit sollten alle damit befassten DGKS/DGKP die Berechti-
gung zur Pflege bei Nierenersatztherapie vorweisen können

1.2.3. Infrastruktur
Technische Ausstattung
• EKG, EKG-Monitoring und Pulsoximetrie
• Langzeit-Blutdruckmessgerät
• Zugriff auf Standardlaborleistungen rund um die Uhr
• Wasseraufbereitung durch Umkehrosmoseanlage
• Dialysegeräte mit volumsgesteuerter Ultrafiltration

Verfahrenstechnische Aspekte
• Durchschnittliche Dialysedauer: Zwölf Stunden pro PatientIn und pro Woche
• Gewährleistung der durchschnittlichen Dialysedauer entsprechend dem Stand der medizini-
schen Wissenschaft

Räumliche Ausstattung der Peritonealdialyse


• Stationäre Behandlungsmöglichkeit für PeritonealdialysepatientInnen

2
ÖDTR- Österreichisches Dialyse- und Transplantationsregister
Österreichische Gesellschaft für Nephrologie; www.nephro.at/OEDTR/Jahresbericht 2005/Abbildung 2.12;

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 7


Sonstige Infrastruktur für Peritonealdialyse
• Einrichtung eines ärztlichen und pflegerischen 24-Stunden-Bereitschaftsdienstes
• Kooperation mit chirurgischer Abteilung für Katheterimplantation und chirurgischer Behandlung
von katheterassoziierten Komplikationen
• Kooperation mit einer Einrichtung für Mikrobiologie
• Intermittierende Peritonealdialyse: PatientInnenversorgung analog zur Tagesklinik
• Anbindung an ein Hämodialysezentrum mit Erfahrung in Peritonealdialyse

1.2.4. Sonstiges
• Teilnahme an Ergebnisqualitätsregistern (z. B. im Rahmen des ÖDTR der ÖGN)

Versorgung von Kindern


• Zusätzlich ist ein externes Monitoring für die Qualitätskontrolle bei Hämodialysen einzurichten

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 8


2. Die Dialyse
2.1. Das Verfahren
Dialyse (griechisch dialysis = Auflösung, Trennung), allgemein auch als „Blutwäsche“ bekannt, ist ein
Verfahren zur Entfernung harnpflichtiger Substanzen, überflüssigen Wassers und von Giftstoffen aus
dem Blut mit Hilfe einer künstlichen Niere.3

2.2. Der Dialyseshunt


Der Shunt ist eine künstlich (operativ) hergestellte Verbindung (Anastomose) einer Arterie mit einer
Vene oder einer Kunststoffprothese (PTFE). Dadurch entsteht ein größeres Angebot an Blutvolumen,
das für die Dialyse benötigt wird. Der höhere Druck in der Arterie, und nach der Anastomose auch in
der Vene, dehnt das venöse Gefäß, das dadurch für die Dialyse erst wirklich verwendbar wird.3

Quelle: Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. Gemeinnützige Körperschaft

2.3. Die Punktion des Shunts


Nach vorangehender Begutachtung und Hautdesinfektion wird vor jeder Dialysebehandlung der Shunt
mit zwei großlumigen Nadeln, eine zur Blutentnahme (arterielle Seite), die andere zur Rückgabe (venö-
se Seite), punktiert (siehe Grafik oben). Nachdem diese fixiert und mit dem Schlauchsystem sowie dem
Dialysator verbunden sind, wird der extrakorporale Blutkreislauf in Gang gesetzt. Das ist der Beginn der
eigentlichen Blutreinigung und für das Dialysefachpersonal unter anderem der Überwachungstätigkeit
von Vitalzeichen, Puls, Blutdruck, Maschineneinstellungen sowie verschiedener Laborparameter. Die
Dokumentation begleitet das Dialysefachpersonal während der gesamten Anwesenheit der PatientIn-
nen. Am Ende der Dialysebehandlung – Dauer 4 bis 5 ½ Stunden – werden die Nadeln wieder entfernt
und die Punktionsstellen zur Blutstillung abgedrückt. Nach der Blutstillung an den Einstichstellen und
der Stabilisierung des Kreislaufes können die PatientInnen die Dialyseabteilung wieder verlassen.

3
Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. Gemeinnützige Körperschaft
www.kfh-dialyse.de/dialyse/hämodialyse

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 9


Das folgende Punktionsdiagramm zeigt die direkten Vorbereitungen, hauptsächlich des Pflegefachper-
sonals, bei und bis zur Shuntpunktion mit Hygieneplan, Anamnese, Shuntuntersuchung und Punktions-
vorbereitung. Diese standardisierte Vorgangsweise zeigt das Spezialwissen und –können des Gehobe-
ne Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege in der Pflege bei Nierenersatztherapie:

Quelle: Schönweiß, G., Dr.; Dialysef!bel; 2. Auflage; 1996; abakiss Verlag Bad Kissingen; Seite 283

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 10


II. Risiken im Bereich der Nierenersatztherapie
3. Risiken
Risiko heißt Wagnis, Gefahr, Verlustmöglichkeit und leitet sich aus dem frühitalienischen "ris(i)co" ab:
„Die Klippe, die es zu umschiffen gilt, um seine Waren im Hafen den Kunden anpreisen zu können“.
Jede Tätigkeit, jedes Unternehmen birgt die Gefahr in sich, das gesetzte Ziel nicht zu erreichen.

Die Pflege von kranken Menschen wird zwar von Fachkräften „nach bestem Wissen und Gewissen“
durchgeführt, trotzdem kann es zu Fehlern und zu Folgeschäden kommen, die dann Auswirkungen
(gesundheitliche, finanzielle, haftungs- sowie disziplinar- und arbeitsrechtliche) auf die PatientInnen,
den Pflegenden und die Organisation haben.

In den nächsten zwei Punkten möchte ich speziell die medizinisch-pflegerischen Probleme und Risiken
vor, während und nach der Dialysebehandlung sowie die rechtlichen Risiken ansprechen.
In Punkt 3.3 behandle ich das Thema Risikomanagement und den Umgang mit Fehlern.

3.1. Medizinisch-pflegerische Probleme und Risiken vor, während


und nach der Dialysebehandlung
Die medizinisch-pflegerischen Probleme möchte ich hier nur aufzeigen, damit die daraus folgenden
Risiken für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege im Rahmen dieser Fachbe-
reichsarbeit abgeschätzt werden können. Bei allen diesen angeführten Problemen in der Pflege bei
Nierenersatztherapie ist der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege der Erste, der die
Probleme erkennen und dementsprechend handeln muss.

Medizinisch-pflegerische Probleme sind unter anderem:


Akute Schmerzzustände, Bewusstlosigkeit, Dialysatfehler, Diskonnektion bzw. Nadelentfernung wäh-
rend der Dialyse, Einstellungsfehler, Elektrolytentgleisung, Fehlpunktion, Fieber, Herzrhythmusstörun-
gen, Hygieneprobleme der PatientInnen, Hypoglykämie, Hypo-/Hyperkaliämie, Katheter liefert kein oder
zuwenig Blut, Katheterinfektion, Kreislaufinstabilität, Krampfanfälle, Maschinenprobleme, Medikamen-
tenunverträglichkeit, Muskel-/Wadenkrämpfe, Osmoseprobleme, psychische Auffälligkeiten, Shuntpunk-
tionsprobleme, Rezirkulation, Shuntinfektion, Shuntthrombose, Systemthrombose, Übelkeit/Erbrechen,
unruhiger Patient, Unverträglichkeitsreaktion, verlängerte Nachblutungszeit, Vorbereitungsfehler, zu
viel/zu wenig Antikoagulanzien…

Wissend, dass es viele pflegerische Themen dazu gibt, möchte ich hier nicht weiter darauf eingehen,
denn dies würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ich möchte mich vielmehr weiter auf die rechtli-
chen Komponenten der komplexen Dialysetätigkeit konzentrieren.

3.2. Rechtliche Risiken im Bereich der Nierenersatztherapie


Im erweiterten Tätigkeitsbereich heißen „mehr Aufgaben“ auch „mehr Pflichten“ und somit mehr Risiken
in fachlicher und in Folge auch rechtlicher Hinsicht. Manches davon kennen wir von den eigenverant-
wortlichen- (§14 GuKG) und mitverantwortlichen (§15) Tätigkeitsbereichen.
Manches müssen wir tun, weil…
…es im Gesetz keine Aussagen gibt
…es keine gerichtlichen Entscheidungen gibt, die bestimmte Tätigkeiten fordern oder verbieten
…es die Krankenhausorganisation erfordert

In jeder dieser Situationen stellen sich folgende Fragen:


Was muss ich tun?
Was kann ich tun?
Was darf ich tun?
Was muss ich eventuell verweigern?
Welche Auswirkungen haben meine gesetzten Handlungen?
Welche Auswirkungen hat meine Weigerung, für die PatientInnen, für mich, für die Organisation Kran-
kenhaus?

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Risiken vermeiden oder vermindern kann nur, wer sie kennt bzw. sich ihrer bewusst ist. Daher ist es
auch wichtig, manche (rechtliche) begriffliche Unterscheidungen zu kennen:

Was ist Eigenverantwortlichkeit? (Siehe 4.4.1 Eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich)


Anordnungs- und Durchführungsverantwortung (Siehe 4.4.3 Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich)
Einlassungs- und Übernahmefahrlässigkeit (Siehe 4.4.3 Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich)
Welcher Arzt/Ärztin ist anordnungsbefugt? (Siehe 4.4.3 Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich)

Allgemeine Berufspflichten:
In den Paragrafen 4-10 sind sie aufgelistet:
§ 4 Absätze 1-3 lauten: „Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe haben ihren Beruf ohne
Unterschied der Person gewissenhaft auszuüben. Sie haben das Wohl und die Gesundheit der PatientIn-
nen, KlientInnen und pflegebedürftigen Menschen unter Einhaltung der hiefür geltenden Vorschriften und
nach Maßgabe der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zu wahren. Jede ei-
genmächtige Heilbehandlung ist zu unterlassen (Das ist eine Heilbehandlung ohne Zustimmung der Pati-
entInnen – ausgenommen bei Gefahr).
Sie haben sich über die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse der Gesundheits- und Krankenpflege
sowie der medizinischen und anderer berufsrelevanter Wissenschaften regelmäßig fortzubilden (Hier wur-
de die Fort- und Weiterbildungsverpflichtung festgelegt und in den Paragrafen 63 und 64 detailliert).
Sie dürfen im Falle drohender Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Ge-
sundheitsschädigung eines Menschen ihre fachkundige Hilfe nicht verweigern.“

Weitere Berufspflichten sind: Pflegedokumentation (§ 5), Verschwiegenheitspflicht (§6), Anzeigepflicht


(§ 7), Meldepflicht (§ 8), Auskunftspflicht (§ 9) und – bei freiberuflicher Berufsausübung – der Berufs-
ausweis (§ 10).

Verpflichtung zur Verschwiegenheit:


Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit ist ein Wesenselement der Gesundheits- und Krankenpflegebe-
rufe und betrifft nicht jene Informationen, die für den Behandlungs- und Betreuungsprozess der Patien-
tInnen erforderlich ist. Das Vertrauensverhältnis zwischen Pflegeperson und PatientIn/KlientIn ist Basis
für die Ausübung des Berufes.
Die Verschwiegenheitspflicht schützt jedes Geheimnis vor Indiskretion, wobei eine Durchbrechung aus
wichtigen Gründen notwendig ist.

Verletzung der allgemeinen Berufspflichten – erhöhter Sorgfaltsmaßstab:


Bei Verletzung der allgemeinen Berufspflichten kommen auch die zivilrechtlichen Haftungsregelungen
zum Tragen. § 1299 ABGB:
„Wer sich zu einem Amt, einer Kunst, einem Gewerbe oder einem Handwerk öffentlich bekennt oder wer
ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse oder einen nicht
gewöhnlichen Fleiß erfordert, gibt dadurch zu erkennen, dass er sich den notwendigen Fleiß und die er-
forderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraut. Er muss daher den Mangel derselben vertreten.“
Das heißt, dass wir durch unser Diplom zu erkennen geben, dass wir in punkto Pflege „…nicht gewöhn-
liche Kenntnisse…“ besitzen und uns zutrauen, diese Kenntnisse auch fachgerecht umzusetzen. Das
Gleiche gilt natürlich verstärkt für den Erweiterten Tätigkeitsbereich mit der verpflichtenden Sonderaus-
bildung.

Fahrlässige Handlungen (§ 6 StGB):


„Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er
nach den Umständen verpflichtet,
nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt,
und die ihm zuzumuten ist
und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild
entspricht.
Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber
nicht herbeiführen will.“
D. h.: Nicht handeln kann ebenfalls eine fahrlässige Handlung sein.

Notstand:
Durch Notstand entschuldigt ist gemäß § 10 StGB, wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen
unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn der aus

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 12


der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden
soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen
kein anderes Verhalten zu erwarten war.
Auch das Schadenersatzrecht im Zivilrecht kennt den Notstand (Siehe dazu auch Sladecek/Marzi/
Schmiedbauer: „Recht für Gesundheitsberufe“; 3. Auflage; LexisNexis Verlag ARD Orac, Wien 2006).

3.3. Risikomanagement im Krankenhaus


Jede unternehmerische Tätigkeit birgt Risiken
in sich, die mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit eintreten. Über lange
Zeitreihen betrachtet, ereignen sich etwa
immer wieder tödliche Arbeitsunfälle, führen
fehlerhafte Produkte zu Schäden, werden
Produktionsabläufe durch externe Einflüsse
gestört. Die so genannten großen Skandale
(auch im Krankenhausbereich) haben sich
meist aus kleinen Fehlern zusammengesetzt.
Der Leitende Jurist des Wiener AKH, L.-M. Marzi4 dazu: „Risikomanagement im Krankenhaus ist ein
Dauerauftrag. Eine Beschränkung auf einzelne Berufsgruppen ist genauso wenig denkbar wie eine
einmalige Schulung. Dabei muss aber der schwierige Balanceakt gelingen, niemanden unnötig zu ver-
unsichern, gleichzeitig aber auch nicht in falscher Sicherheit zu wiegen, es könne (auch rechtlich!)
nichts passieren.“

Mit der Gesetzwerdung des GuKG haben die Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits-
und Krankenpflege mehr Aufgaben und somit auch mehr Verantwortung übertragen bekommen.

Wie kann nun mit dieser Verantwortung und somit auch dem höheren Risiko umgegangen wer-
den?

1. Die Erkenntnis, dass es Risiken gerade im Krankenhausbereich immer gab, gibt und
geben wird. Die Frage ist immer nur: Wie wird damit umgegangen
2. Erkennen: Risiken, die nicht erkannt und analysiert werden, können nicht „umschifft“
und kontrolliert werden. Eine gute Kommunikation disziplinär/interdisziplinär ist Voraus-
setzung
3. Vorbeugung: Was kann getan werden, dass das Risiko ausgeschaltet wird oder so mi-
nimal wie möglich bleibt?
4. Fehlerkultur:
a. Fehler offen legen, dokumentieren, analysieren
b. Keine Sanktionen (ausgenommen strafrechtlich relevante Schäden), denn diese
wären kontraproduktiv und würden dazu führen, dass Fehler „unter den Teppich“
gekehrt würden
c. „Schuldige“ mit einbeziehen: Sie wissen am Besten, warum und wie der Fehler
aufgetreten ist
d. Auch „Beinahezwischenfälle“ aufarbeiten: Ein „Beinahezwischenfall“ kann das
nächste Mal ein Zwischenfall sein und den berühmten Dominoeffekt auslösen
e. Lernen aus Fehlern: Nicht umsonst sagt der Volksmund „Aus Fehlern wird man
klug“
5. Schadensanalytik: Viel zuwenig beachtet wird, nach Marzi, beim Eintritt eines Schadens
die Frage nach dem Kausalzusammenhang und den einzelnen betroffenen Abläufen.
Man reagiert auf den Einzelfall, trifft in der Abteilung, der der Zwischenfall zuzuordnen
ist, Maßnahmen, lässt aber außer Acht, dass derselbe Zwischenfall auch anderswo in
gleicher Weise passieren kann.
6. Kommunizieren der Erkenntnisse
7. Neue Regeln für Abläufe (eventuell dienstliche Weisungen)

4
Marzi, L.-M., OMR Dr.
„Risikomanagement im KH – Erfahrungen und Zielvorstellungen eines Juristen“, Referat bei den Medizinrechtstagen 2003 in
Linz

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 13


Marzi dazu weiter: „Eine Fehlerkultur kann aber nur dann entstehen, wenn klare Vorgaben verständlich
formuliert werden und die betroffenen handelnden Personen wissen, weshalb sie etwas tun müssen,
dessen Sinn manchmal erst vom Schadensfall her betrachtet erschlossen werden kann...
Jeder im Gesundheitswesen Tätige kann jederzeit Fehler machen, die große Auswirkungen haben
können, das darf aber nicht dazu führen, dass jahrelange hochqualifizierte Arbeit völlig ausgeblendet
wird…
Wenn nun der Pflege in vielen Bereichen verantwortungsvolle Aufgaben zugewiesen sind, ist nicht ein-
zusehen, dass durch Spezialausbildung höher qualifizierte Mitarbeiter nicht auch entsprechend ihrem
hohen Ausbildungsstand auch mehr Verantwortung übernehmen können/sollen. Nur müssen diese
Aufgaben auch klar und verständlich formuliert sein.
Es muss daher sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter im Schadensfall nicht allein gelassen wer-
den, vor allem vor dem Hintergrunde, dass die allermeisten Schäden im Bereich der leichten Fahr-
lässigkeit anzusiedeln sind, also das Verschulden nicht schwerwiegend ist.“

Für Risikovermeidung und -minimierung sind alle im Krankenhaus verantwortlich und haben sich aktiv
daran zu beteiligen. Sowohl die Rechtsträger und Krankenhausleitungen als auch jede/r einzelne Mitar-
beiterIn. Nicht zu vergessen sind hier auch die PatientInnen, da sie z. B. genaue und richtige Auskünfte
über sich geben müssen, auf die die verschiedenen behandelnden Gesundheitsberufe ihre Folgerun-
gen und Therapien aufbauen können, z. B. über Nahrungszufuhr vor einer Untersuchung.
Großes Potential für Risikovermeidung und -minimierung in der interdisziplinären Zusammenarbeit zu
finden. Zwei Beispiele zum Abschluss dieses Themas:

Beispiel 1 aus einem Krankenhaus in Österreich:


Patientin mit komplizierten neurologischen Medikamenten wird auf eine Interne Abteilung we-
gen Pneumonie eingeliefert. Da die Antibiotika die Wirkung der neurologischen Medikamente
aufheben, möchten die InternistInnen die bestehende neurologische Medikation umstellen. Die
Patientin verweigert dies, wissend um die Komplexität der Umstellung und deren Folgen auf
ihre Gesundheit.
Erst als die Wechselwirkung der Medikamente eine ungewünschte neurologische Wirkung bei
der Patientin zeigen, wird auch ein/e NeurologIn beigezogen, die unter anderem einen Medi-
kamentenspiegel veranlasst.

Beispiel 2:
Die Wechselwirkungen bei z. B. Herz-Kreislauferkrankungen und Dialyse.

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 14


III. Theorie und Praxis des GuKG – Rechtlicher Rah-
men für die Pflege bei Nierenersatztherapie
4. Das Berufsgesetz
4.1. Entstehung des Gesetzes5
Reformpläne für die Neuregelung des Krankenpflegerechtes bestanden bereits mehrere Jahre vor der
Erlassung des GuKG 1997. Das alte Krankenpflegegesetz wurde trotz aller Novellierungen sowohl in
inhaltlicher als auch in legistischer Hinsicht den aktuellen Bedürfnissen nicht mehr gerecht. Bis 1992
waren hier die Ausbildung und das Berufsrecht von 22 Gesundheitsberufen geregelt, wobei die Berufs-
bilder und Tätigkeitsbereiche nur allgemein umschrieben waren und daher häufig zu Auslegungsprob-
lemen führten.
Das 1997 entstandene GuKG (BGBl. I Nr. 1997/108) wurde in der Zwischenzeit fünf Mal novelliert.

4.2. Europarechtliche Aspekte6


Im Rahmen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes war es notwendig, die bisherigen Regelun-
gen hinsichtlich der Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus dem EWR zu ergänzen.
In der allgemeinen Krankenpflege war die österreichische Ausbildung auch bisher schon EU-konform.
Daher ist das österreichische Krankenpflegediplom im Rahmen des EWR-Abkommens in die Richtlinie
77/452/EWG aufgenommen worden und ist von allen Mitgliedsstaaten ohne inhaltliche Prüfung anzuer-
kennen.
Anderes gilt für die Kinder- und Jugendlichenpflege sowie für die psychiatrische Gesundheits- und
Krankenpflege. Diese wurden in den Anhang C der Richtlinie 92/51/EWG aufgenommen, wodurch eine
erleichterte Anerkennung dieser Ausbildungen in den Mitgliedstaaten erreicht wurde.

4.3. Ziele und Schwerpunkte des Gesetzes6


Die wichtigsten sind u. a.:
 Eigenes Gesetz für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe
 Festlegung von Berufsrechten und Berufspflichten
 Neuformulierung der Berufsbilder und Änderung der Berufsbezeichnungen
 Detaillierte Umschreibung der Tätigkeitsbereiche
 Umfassende Regelungen der Berufsberechtigung und der Berufsausübung
 Festlegung der Ausbildungsbedingungen
 Verpflichtende Sonderausbildungen für die Ausübung von Spezial-, Lehr- und Füh-
rungsaufgaben

4.4. Tätigkeitsbereiche
Ein wesentlicher Schwerpunkt des GuKG ist eine Umschreibung der Tätigkeitsbereiche als Abgrenzung
zu den anderen Gesundheitsberufen. Diese erstmals für Angehörige des gehobenen Dienstes für Ge-
sundheits- und Krankenpflege erfolgte Einteilung hat einerseits Strukturen und andererseits mehr Ver-
antwortung gebracht. Verantwortung, die der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege
bereit ist zu übernehmen, wenn der Gesetzgeber auch bereit ist, dies in klare Aussagen zu fassen.
Sonst bleiben Verunsicherungen, die zu Fehlern führen und diese wiederum zum Schaden von Patien-
tInnen.

5
Weiss-Faßbinder S., Mag. Dr. /Lust A., Mag.
„GuKG-Gesundheits- und KrankenpflegeG“; 4. aktualisierte und ergänzte Auflage; MANZsche Sonderausgabe; Wien 2004;
Seite 15 ff
6
Weiss-Faßbinder S., Mag. Dr. /Lust A., Mag.
„GuKG-Gesundheits- und KrankenpflegeG“; 4. aktualisierte und ergänzte Auflage; MANZsche Sonderausgabe; Wien 2004;
Seite 18, 20 ff

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 15


4.4.1. Eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich (§ 14)
Eigenverantwortung heißt, dass die Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kran-
kenpflege in der Ausübung der Tätigkeiten, die ihr Berufsbild umfasst, fachlich nicht weisungsgebunden
sind. Zu beachten aber ist, dass Weisungen grundlegender Anordnungen im Rahmen der Organisation
des Pflegedienstes sehr wohl Folge zu leisten ist. 7
Mit dem Wort „eigenverantwortlich“ wird aber auch zum Ausdruck gebracht, dass Angehörige dieser
Berufsgruppe für den Schaden, den sie infolge nicht sachgemäßer Behandlung verursacht haben,
selbst haften.
Die Eigenverantwortlichkeit ist kein Recht, auf das ich nach Belieben verzichten kann, sondern eine
unverzichtbare Pflicht bei der Berufsausübung. 8 Das heißt, dass ich es mir nicht aussuchen kann, ob
ich bei meinen pflegerischen Tätigkeiten „eigenverantwortlich“ bin oder nicht.

4.4.2. Lebensrettende Sofortmaßnahmen (§14a)


Mit der vorletzten (4.) Novelle wurde dieser Paragraf eingefügt.
Im Sinne des Wohls der PatientInnen ist es unabdingbar, dass die Durchführung notwendiger Maß-
nahmen im Rahmen der Notfallmedizin ohne schriftliche ärztliche Anordnung eigenverantwortlich zuläs-
sig ist.9
Im § 14a heißt es daher:
„Die Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst die eigenverant-
wortliche Durchführung lebensrettender Sofortmaßnahmen, solange und soweit kein Arzt zur Verfügung
steht. Die Verständigung eines Arztes ist unverzüglich zu veranlassen.
Lebensrettende Sofortmaßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere
1. die Durchführung der Defibrillation mit halbautomatischen Geräten und
2. die Verabreichung von Sauerstoff.“ (vgl. § 14a Abs 1 und 2)

4.4.3. Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich (§ 15)


Mitverantwortung - also geteilte Verantwortung (Anordnung-Durchführung) ist jener Bereich, bei dem es
am meisten Berührungspunkte bzw. Abgrenzungsprobleme und somit auch Diskussionen mit ÄrztInnen
und JuristInnen gibt. Die Brisanz liegt in der Delegierung von ärztlichen Tätigkeiten durch ÄrztInnen
bzw. in der Übernahme dieser Tätigkeiten durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Kranken-
pflege.
Die Anordnungsverantwortung – Verantwortung für die Richtigkeit der Anordnung – trägt der Arzt. Die
Durchführungsverantwortung – Verantwortung für die korrekte Durchführung der angeordneten Maß-
nahme – hat die diplomierte Pflegeperson.
Treten bei der Anordnung oder Durchführung Fragen in welcher Art auch immer auf, muss der anord-
nende Arzt umgehend konsultiert werden. Geschieht dies nicht, kann es zur Einlassungs- und Über-
nahmefahrlässigkeit kommen, d. h. das Gesundheits- und Krankenpflegepersonal haftet im Rahmen
der allgemeinen Haftung (zivil- und strafrechtlich) in jenen Fällen, bei denen die Fehlerhaftigkeit der
Anordnung aufgefallen ist oder offensichtlich hätte auffallen müssen.
In welchem Ausmaß das Gesundheits- und Krankenpflegepersonal verpflichtet ist, entsprechenden
Anordnungen eines Arztes/einer Ärztin Folge zu leisten, ergibt sich aus dem Dienstvertrag sowie aus
der konkreten Weisungslage“.
Ein Beispiel: Durch ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen wird klargestellt,
dass das Legen von Verweilkanülen in den mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich unterzuord-
nen ist. Eine Weisung der Pflegedirektion eines Krankenhauses kann dies aber nur für den er-
weiterten Tätigkeitsbereich zulassen.
Im nichterweiterten Tätigkeitsbereich ist daher in diesem Krankenhaus das Legen von Verweil-
kanülen durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege nicht erlaubt.

7
Mazal W., Univ. Prof. Dr.
„Fachliche Weisungen an Ärzte und Pflegepersonal“, in: W. Radner (Hrg.) Arbeitsrechtsfragen für Ärzte und kooperierende Ge-
sundheitsberufe; Trauner Verlag; Linz 2003
8
Weiss-Faßbinder S., Mag. Dr. /Lust A., Mag.
„GuKG-Gesundheits- und KrankenpflegeG“; 4. aktualisierte und ergänzte Auflage; MANZsche Sonderausgabe; Wien 2004;
Seite 58 ff
9
www.parlament.at
Bericht des Gesundheitsausschusses; 107 dB zu den Stenographischen Protokollen der 22.GP;

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 16


Die Frage „Einlassungs- bzw. Übernahmefahrlässigkeit“ steht im Arbeitsalltag des mitverantwortlichen
Tätigkeitsbereiches, wie auch im erweiterten Tätigkeitsbereich, oft mehrmals täglich im Raum:
„Jede Person, die eine Tätigkeit übernimmt, muss erkennen, ob sie die dafür erforderlichen Kenntnisse
und Fähigkeiten besitzt, und danach handeln.
Einlassungs- und Übernahmefahrlässigkeit liegt vor, wenn der/die Berufsangehörige Tätigkeiten über-
nimmt von denen sie/er weiß oder wissen müsste, dass er/sie diese Tätigkeiten nicht ordnungsgemäß
ausführen kann. Sei es aufgrund einer dauernden Unzulänglichkeit, aufgrund eines physischen oder psy-
10
chischen Ausnahmezustandes oder aufgrund mangelnder Ausbildung.“
In diesen Fällen ist die Durchführung der Tätigkeit zu unterlassen oder abzulehnen.

Welcher Arzt/Ärztin ist nun anordnungsbefugt?


Anzuordnen hat der jeweils behandelnde Arzt. Anordnungsbefugt sind aber im Prinzip alle ÄrztInnen,
unabhängig vom Ausbildungsstand.
Die diplomierte Pflegeperson kann daher grundsätzlich den Anordnungen des Arztes/der Ärztin ver-
trauen. Nur bei eindeutig erkennbaren falschen Anordnungen wird dieser Vertrauensgrundsatz durch-
brochen. Dann muss aber die Durchführung der Anordnung verweigert werden, unter Umständen ist
sogar der dienstvorgesetzte Facharzt von der eindeutig erkennbaren falschen Anordnung zu informie-
ren.

4.4.4. Interdisziplinärer Tätigkeitsbereich (§ 16)


Im Absatz 2 heißt es dazu:
„Im interdisziplinären Team sind alle gleichberechtigte Teammitglieder, wobei die Angehörigen des geho-
benen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege das Vorschlags- und Mitentscheidungsrecht sowie
die Durchführungsverantwortung für alle pflegerischen Maßnahmen haben.“

Ein Beispiel aus einem Krankenhaus in Österreich:


Patient wird von einer Station auf eine Intensivstation verlegt und wird von zwei verschiedenen
ärztlichen Fachdisziplinen betreut. Die betreuende Pflegeperson macht StationsärztIn auf eine
Therapienotwendigkeit aufmerksam, die aber in das Fachgebiet der anderen behandelnden
ÄrztInnen fällt. StationsärztIn möchte sich aber nicht bei der Therapie der zweitbehandelnden
ÄrztInnen einmischen. Erst die Kommunikation der Pflegeperson mit den zweitbehandelnden
ÄrztInnen bringt die für den Patienten die notwendige Therapie in Gang.

4.4.5. Erweiterter Tätigkeitsbereich (§ 17)


Erweiterter Tätigkeitsbereich heißt, mehr Aufgaben, aber auch mehr Verantwortung. Erweiterung gibt
es für
• Spezialaufgaben (u. a. Pflege bei Nierenersatztherapie) sowie
• Lehr- und Führungsaufgaben
Voraussetzung für eine Tätigkeit in diesem Bereich ist die Verpflichtung zur Absolvierung einer Son-
derausbildung innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Tätigkeit.

Die Aufzählung der Spezialaufgaben (Siehe 5.1. auf der nächsten Seite) ist abschließend, d. h. vollzäh-
lig und beinhaltet jene Bereiche, in denen im Sinne der Qualitätssicherung eine verpflichtende zusätzli-
che Ausbildung unabdingbar ist. Die angeführten speziellen Tätigkeiten stellen an die Berufsangehöri-
gen Anforderungen, die über die in der Grundausbildung vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten hi-
nausgehen und daher zusätzlich erlernt werden müssen.
Andere spezielle Kenntnisse können im Rahmen von Weiterbildungen (§ 64) erworben werden.

10
Weiss-Faßbinder S., Mag. Dr. /Lust A., Mag.
„GuKG-Gesundheits- und KrankenpflegeG“; 4. aktualisierte und ergänzte Auflage; MANZsche Sonderausgabe; Wien 2004;
Seite 45 ff

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 17


5. Oft gestellte Fragen – Unklarheiten im GuKG
Fragen, die immer wieder gestellt werden bedeuten, dass hier ein Erklärungsbedarf vorhanden ist, der
noch nicht behoben wurde. Auf folgende Fragen möchte ich hier nun Antworten suchen.

5.1. Ist nur das erlaubt, was im Gesetz ausdrücklich aufgezählt ist?
Oder: Sind alle Tätigkeiten verboten, die nicht ausdrücklich
aufgezählt sind?
Gesetze unterscheiden zwischen einer
a) demonstrativen Aufzählung und einer
b) taxativen Aufzählung

zu a) Demonstrative Aufzählung:
Mit dem Wort „insbesondere“ gibt der Gesetzgeber zu verstehen, dass die Aufzählung noch weitere
Punkte, Tätigkeiten... zulässt. Die Aufzählung ist nicht erschöpfend, also nur demonstrativ, wie z. B. die
Aufzählung der Tätigkeiten im § 15 Abs. 5 GuKG:
Der mitverantwortliche Tätigkeitsbereich umfasst insbesondere:
1. Verabreichung von Arzneimitteln
2. Vorbereitung und Verabreichung von subkutanen, intramuskulären und intravenösen Injektionen
3. Vorbereitung und Anschluss von Infusionen bei liegendem Gefäßzugang, ausgenommen Transfusionen
4. Blutentnahme aus der Vene und aus den Kapillaren
5. Setzen von transurethralen Blasenkathetern zur Harnableitung, Instillation und Spülung
6. Durchführung von Darmeinläufen und
7. Legen von Magensonden

zu b) Taxative Aufzählung:
Eine taxative Aufzählung ist eine abschließende, erschöpfende Aufzählung und wird mit dem Wort
„sind“ ausgedrückt. D. h. nur die aufgezählten Punkte, Tätigkeiten... werden vom Gesetz zugelassen
oder abgelehnt, wie z. B. die Aufzählung der Spezialaufgaben in § 17 Abs. 2:
Spezialaufgaben sind:
1. Kinder- und Jugendlichenpflege
2. Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege
3. Intensivpflege
4. Anästhesiepflege
5. Pflege bei Nierenersatztherapie
6. Pflege im Operationsbereich
7. Krankenhaushygiene

5.2. Mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich – Ermächtigung oder


Verpflichtung?
Weiss-Fassbinder/Lust 11 schreiben dazu in ihrer Ausgabe des GuKG: „Das GuKG normiert nur die be-
rufsrechtliche Ermächtigung, nicht jedoch auch die Verpflichtung der Gesundheits- und Krankenpflege-
berufe alle berufsrechtlich zulässigen Handlungen zu setzen. In welchem Maß das Gesundheits- und
Krankenpflegepersonal verpflichtet ist, entsprechende Anordnungen eines Arztes/einer Ärztin Folge zu
leisten, ergibt sich aus dem Dienstvertrag (Anm.: Dienst- bzw. Arbeitsrecht) sowie aus der konkreten
Weisungslage“.

11
Weiss-Faßbinder S., Mag. Dr. /Lust A., Mag.
„GuKG-Gesundheits- und KrankenpflegeG“; 4. aktualisierte und ergänzte Auflage; MANZsche Sonderausgabe; Wien 2004;
Seite 58;

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 18


5.3. „Mitwirkung“ im erweiterten Tätigkeitsbereich – Pflege bei
Nierenersatztherapie?
Was hat der Gesetzgeber nun als „Mitwirkung“ im erweiterten Tätigkeitsbereich – Pflege bei Nierener-
satztherapie gemeint?
Mithilfe/Assistenz oder eigenständige Durchführung der delegierten, angeordneten Tätigkeiten?
Da im § 20 Abs. 4 Tätigkeiten des erweiterten Tätigkeitsbereiches demonstrativ aufgezählt werden, sind
diese delegierbar.
12
Haslinger schreibt schon 1998 zum Thema Mitwirkung:
„So wie im früheren Krankenpflegegesetz die Mitwirkung des diplomierten Krankenpflegefach-
dienstes bei der Dialyse angeführt war, so sind jetzt Nierenersatztherapie und Entgiftungsver-
fahren ausdrücklich als Aufgabengebiet eben dieses Gesundheits- und Krankenpflegedienstes
genannt, wobei logisch „Mitwirkung“ bei der Nierenersatztherapie nicht heißen kann „Assistenz-
leistung bei der Verrichtung des Arztes“, denn als solche hätte sie keiner eigenen Aufzählung
bedurft und wäre bereits durch § 11 Abs. 3 GuKG hinreichend gedeckt. „Mitwirkung“ heißt hier
eigenverantwortliche Vornahme einzelner Verrichtungen bei der Nierenersatztherapie, die vom
Arzt angeordnet sind. Daher führt auch § 15 GuKG ausdrücklich die Anordnungsverantwortung
des Arztes und die Durchführungsverantwortung des gehobenen Krankenpflegedienstes an.“

Allmer13 widerspricht Haslinger in ihrem Gutachten „Strukturqualitätskriterien für Hämodialysezentren


unter besonderer Berücksichtigung der berufsrechtlichen Berechtigung zur Shuntpunktion“ 2004.

Hausreiter/Lust gehen nun aber in ihren Schreiben „Legen von Verweilkanülen durch Angehörige des
gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege“14 und „Punktieren eines Shunts - Legen
von Verweilkanülen“15 weiter als Haslinger:
„…dass das Legen von Verweilkanülen (neben ÄrztInnen) ausschließlich Intensivpflegern/-
schwestern vorbehalten sein soll, wäre aus fachlicher Sicht nicht gerechtfertigt, zumal diese
medizinische Maßname nicht auf den Intensivbereich beschränkt ist, sondern aus der Sicht des
Berufsbildes des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege in den mitverant-
wortlichen Tätigkeitsbereich fällt.
Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass selbstverständlich die Anordnungsverantwortung
ausschließlich beim/bei der Arzt/Ärztin verbleibt und Angehörige des gehobenen Dienstes für
Gesundheits- und Krankenpflege – da diese Tätigkeiten derzeit nicht in der Pflegeausbildung
vermittelt werden – einerseits im Zusammenhang mit der Durchführungsverantwortung eine
Einlassungsfahrlässigkeit trifft und andererseits im Rahmen der Fortbildungspflicht (§ 4 Abs. 2
GuKG) zum Erwerb der entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verpflichtet sind.“

Unter Mitwirkung ist daher nicht nur die Mithilfe sondern auch die Durchführung der angeordneten Tä-
tigkeiten zu sehen.
Die „Mitwirkung“ lässt aber offen,
a) ob der Arzt/die Ärztin die Tätigkeit selber durchführt
b) ob die Tätigkeiten dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege delegiert
werden oder
c) ob durch eine Weisung des Rechtsträgers oder andere Richtlinien der gehobene
Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege diese Tätigkeit vor dem In-Kraft-treten des
GuKG schon durchgeführt hat und jetzt weiter durchführt

Zu beachten ist auch, dass nicht jede delegierbare Tätigkeit übernommen werden muss/darf. Z. B. darf
auf Weisung der Kollegialen Führung der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in
manchen Krankenanstalten nur in Spezialbereichen Verweilkanülen legen, auch wenn das Bundesmi-
nisterium für Gesundheit und Frauen in seinem Schreiben13 dies sehr wohl in den mitverantwortlichen
Tätigkeitsbereich unterordnet.

12
Haslinger A., Prof. Dr.
Rechtsgutachten zum Thema „Shuntpunktion durch einen gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege“; Auftragge-
ber: Österreichische Gesellschaft für Nephrologie, Linz 1998; Seite 5-6
13
Allmer G., Dr.
„Strukturqualitätskriterien für Hämodialysezentren unter besonderer Berücksichtigung der berufsrechtlichen Berechtigung
zur Shuntpunktion“; Oberwart 2004; Seite 5
14
Hausreiter M., Dr. / Lust A., Mag.
„Legen von Verweilkanülen durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheit- und Krankenpflege“ vom 15.11.2005,
BMGF-92251/0071-I/B/6/2005; Seite 2
15
Hausreiter M., Dr. / Lust A., Mag.
„Punktieren eines Shunts - Legen von Verweilkanülen“ vom 20.3.2006, BMGF-92251/0013-I/B/6/2006

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 19


5.4. Was sagt das GuKG zur Shuntpunktion?
Das GuKG sagt direkt gar nichts über eine Shuntpunktion durch Angehörige des gehobenen Dienstes
für Gesundheits- und Krankenpflege aus, indirekt jedoch schon:
§ 20 Abs.3: „Die Pflege bei Nierenersatztherapie umfasst die Beobachtung, Betreuung, Überwachung, Pflege,
Beratung und Einschulung von chronisch niereninsuffizienten Patienten vor, während und nach der Nierener-
satztherapie sowie die Vorbereitung und Nachbetreuung bei Nierentransplantationen.“
Unter § 20 Abs. 4 Z 8 heißt es:
„Mitwirkung an der Durchführung und Überwachung des extrakorporalen Kreislaufes,
insbesondere bei Nierenersatztherapie und Entgiftungsverfahren, ausgenommen Setzen der hiefür erforderli-
chen Katheter“.
Erwähnt sei hier die demonstrative Aufzählung der Tätigkeitsbereiche.

Das GuKG lässt hier zwei wesentliche Fragen offen, die auch über die verschiedenen parlamentari-
schen Protokolle nicht zu beantworten waren, und immer wieder zu Unsicherheiten und somit zu Dis-
kussionen geführt haben:
Das Thema „Mitwirkung…“ (Siehe Punkt 4.3.) und
ob zur Punktion nun eine Kanüle oder ein Katheter (nach GuKG § 20 Abs. 4 Z 8 ) verwendet wird.

5.5. Shuntpunktion: Klärungsversuch und Schlussfolgerung


Katheter oder Kanüle?
Wie ich in den folgenden Punkten darstelle, konnte diese Frage bisher nicht eindeutig beantwortet wer-
den. Erst meine schriftliche Anfrage an das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen 2004 und
deren Beantwortung 2006 brachten hier teilweise Klarheit.

5.5.1. Die Dialysekanüle16

16
Schönweiß, G., Dr. med.
„Dialysef!bel“; 2. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage; Abakiss Verlag, Bad Kissingen 1996, Seite 275

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 20


5.5.2. Der Dialysekatheter
Als vorübergehenden Gefäßzugang verwendet man heute den nach Dr. Stanley Shaldon benannten
Shaldon-Katheter. Der Katheter wird bevorzugt in die obere Hohlvene, gelegentlich auch in die Leisten-
vene, eingeführt.17 Zwischen den Dialysen wird er zur Vermeidung von Katheterthrombosen mit Hepa-
rin, einer gerinnungshemmenden Substanz, gefüllt. Wegen des Risikos von Thrombosen und Infektio-
nen bedarf dieser Katheter einer besonderen ärztlichen und pflegerischen Aufmerksamkeit und eignet
sich grundsätzlich nicht für Blutabnahmen oder Infusionen. Deshalb findet er nur in Notfallsituationen,
wie akutem Nierenversagen oder akuter Fistelthrombose, Verwendung.
Zur Dauerbehandlung eignet sich der nach seinem Entwickler benannte Demers-Dialysekatheter. Seine
Spitze liegt im rechten Vorhof des Herzens, der Katheter wird wie der Shaldon-Katheter in die obere
Hohlvene implantiert.

Quelle: Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. Gemeinnützige Körperschaft

Ein wesentlicher Unterschied zum Shaldon-Katheter ist ein unter der Haut liegender Filzring (Cuff), der
das Infektionsrisiko deutlich reduziert. Außerhalb der Dialysebehandlung werden die Katheteraustritts-
stelle und der Katheter in der Regel mit einem Pflaster abgedeckt.

5.5.3. Unterschied Katheter und Kanüle


Hier zu unterscheiden ist nicht ganz einfach, da schon die Erzeugerfirmen für ein und dieselbe Produkt-
art zur gleichen Verwendung manchmal unterschiedliche Bezeichnungen benutzen:
Für den sog. „Venflon“ gibt es die Bezeichnungen „Venüle“ was auf venöse Kanüle rückschließen lässt
und „peripherer Venenkatheter“. Beide haben die gleiche Funktion, nur andere Hersteller.
Weder das Medizinproduktegesetz und schon gar nicht das GuKG geben genauere Auskünfte darüber,
ob die Punktionsnadel für die Dialyse ein Katheter oder eine Kanüle ist.
Ich habe daher mögliche Unterscheidungskriterien nach Definition, Material, Länge, Lage, Mandrin,
Liegedauer und Außendurchmesser für die Dialysepunktionsnadeln gesucht, aber keine eindeutigen
gefunden.

5.5.4. Die Praxis bei der Shuntpunktion


Seit Beginn der Dialysetätigkeit in Österreich arbeiten diplomierte Krankenschwestern erfolgreich in
diesem Bereich. Als dann die Shunts von Cimino, Skribner... für die Dialyse entdeckt wurden, war auch

17
Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. Gemeinnützige Körperschaft
www.kfh-dialyse.de/dialyse/hämodialyse

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 21


das diplomierte Pflegepersonal mit seinen Punktionserfahrungen bei Blutabnahmen... dabei. Diese
Entwicklung führte dahin, dass heute Shuntpunktionen fast ausschließlich durch den gehobenen Dienst
für Gesundheits- und Krankenpflege durchgeführt werden.
Die gelebte Praxis der Shuntpunktion durch das diplomierte Dialysefachpersonal war dem Gesetzgeber
bei der Formulierung des GuKG bekannt. Daran hat auch das In-Kraft-Treten des GuKG nichts geän-
dert. Geändert hat sich nur, dass das diplomierte Fachpersonal der Dialyseabteilungen durch unklare
Gesetzestexte verunsichert ist, inwieweit es illegale Handlungen setzt oder nicht (vgl. GuKG § 20 Abs.
3: und § 20 Abs. 4 Z 8).
Zur Verunsicherung tragen weiters die konträren Auslegungen bei: Haslinger-1998 pro; Allmer-2004
kontra. Daraufhin gab es vereinzelt Weisungen von PflegedirektorInnen, da unter „Mitwirkung“ nur Mit-
hilfe/Assistenz verstanden wurde.

Zu bedenken ist weiters, dass bei den Heimhämodialysen – dem Gegenstück zur Zentrumshämodialy-
se – die Shuntpunktion durch einen (angelernten) Angehörigen oder durch den/die PatientIn selbst
durchgeführt wird.

Während der Arbeit an dieser Fachbereichsarbeit bekam ich vom Bundesministerium für Gesundheit
und Frauen auf meine Frage zur Shuntpunktion folgende Antwort:18
„Zur Frage, ob die Punktion eines Shunts in den Tätigkeitsbereich der Pflege bei Nierenersatz-
therapie gemäß § 20 GuKG fällt, ist von folgenden fachlichen Grundlagen auszugehen:
Die für die Durchführung dieser Tätigkeiten erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten werden
im Rahmen der Sonderausbildung in der Pflege für Nierenersatztherapie vermittelt.

Die Durchführung dieser Tätigkeit bedarf jedenfalls einer vorhergehenden Untersuchung des
Shunts durch eine/n Arzt/Ärztin, damit mögliche Veränderungen im Bereich des Shunts festge-
stellt, Komplikationen bei der Punktion vermieden sowie Kontraindikationen für eine Punktion
diagnostiziert werden können. Bei beiden Shunt-Arten (chirurgische Verbindung einer Vene und
Arterie oder operativ eingesetzte künstliche Gefäßprothese) sind für eine Punktion besondere
Kenntnisse über Komplikationen etc. erforderlich, um DialysepatientInnen keinen Schaden zu-
zufügen. Auf die Gefahren bei der Übernahme dieser ärztlichen Tätigkeit ist nochmals aus-
drücklich hinzuweisen.

Unter Wahrung dieser fachlichen Erfordernisse ist diese Tätigkeit unter § 20 Abs. 3 in der Ver-
bindung mit Abs. 4 GuKG zu subsumieren und kann daher von Angehörigen des gehobenen
Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, die zur Ausübung der Pflege bei Nierenersatz-
therapie berechtigt sind, durchgeführt werden.“

Damit ist die Shuntpunktion nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen im Er-
weiterten Tätigkeitsbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege angesiedelt.
Gleichzeitig wird aber ein neues „Problem“ eröffnet: Die „…vorhergehende Untersuchung des Shunts
durch eine/n Ärztin/Arzt …“

5.5.5. Vorhergehende Untersuchung des Shunts durch eine/n Arzt/Ärztin


Die Durchführung der Shuntpunktion durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und
Krankenpflege bei Pflege für Nierenersatztherapie wird also – vom Bundesministerium für Gesundheit
und Frauen – an eine vorhergehende Untersuchung des Shunts durch eine/n Arzt/Ärztin geknüpft.
Da in der Praxis dies durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege
geschieht, diese zur Sonderausbildung verpflichtet sind und vor der Punktion des Shunts sowieso eine
Begutachtung durch den/die Punktierenden stattfindet (Standard) stellen sich hier neue Fragen:
b) Warum eine Doppeluntersuchung?
c) Wie sollte dies in der Praxis aussehen? Eilen dann sämtliche verfügbaren ÄrztInnen vor
den Shuntpunktionen von PatientIn zu PatientIn um diese „…vorhergehende Untersuchung
des Shunts…“ durchzuführen?
Auch bei 20 oder gar 41 PatientInnen pro Schicht?
d) Wenn der Arzt diese vorhergehende Untersuchung des Shunts noch nicht durchgeführt hat,
dürften die Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege die
Punktion nicht durchführen bzw. müssen sie diese verweigern, um nicht in die Übernahme-
bzw. Einlassungsfahrlässigkeit zu geraten?

18
Hausreiter M., Dr. / Lust A., Mag.
„Punktieren eines Shunts - Legen von Verweilkanülen“ vom 20. 3. 2006, BMGF-92251/0013-I/B/6/2006; Seite 2 + 3

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 22


e) Warum traut das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen sonderausgebildeten
sowie punktions- und dialyseerfahrenen Dialyseschwestern und –pflegern im erweiterten
Tätigkeitsbereich die „vorhergehende Untersuchung…“ auf einmal nicht mehr zu, wenn dies
1. Standard in der Pflege bei Nierenersatztherapie ist (siehe Punktionsdiagram Sei-
te 9) und
2. seit Jahrzehnten durchgeführt wird?

Die zweite Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen stellt lapidar fest:
„Zu den ergänzenden Fragen betreffend Punktieren eines Shunts wird mitgeteilt, dass sowohl aus fach-
licher als auch aus rechtlicher Sicht vollinhaltlich den Ausführungen des ho. Schreibens vom 20. März
2006, BMGF-92251/0013-I/B/6/2006, festgehalten wird… zumal Untersuchungen und Diagnosestellun-
gen in den ärztlichen Vorbehaltsbereich fallen“.19

Mit dieser Antwort fühle ich mich rechtlich mit meinen KollegInnen in der Pflege bei Nierenersatzthera-
pie vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen im Regen stehen gelassen, da dies organisato-
risch gerade in großen Dialysen nicht möglich ist und somit eine Einlassungsfahrlässigkeit für jede/n
Diplomschwester/-pfleger trotz Sonderausbildung entsteht, wenn sie/er der standardisierten täglichen
Tätigkeit nachkommt (siehe Punkt d).
Anzumerken ist noch, dass der letzte Teil des Schreibens „…Diagnosestellungen in den ärztlichen Vor-
behaltsbereich fallen“ sich konträr zum GuKG verhält: Der Abs. 1 des § 14 eigenverantwortlicher Tätig-
keitsbereich „…umfasst die eigenverantwortliche Diagnostik…“ und im Abs. 2 Z 2 heißt es bei der Beschrei-
bung des eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereiches „Feststellung der Pflegebedürfnisse (Pflegediagnose)“.

5.6. Die Mitwirkung an der Schmerztherapie nur im Erweiterten


Tätigkeitsbereich?
( § 20 Abs. 4 Z 9) Die Mitwirkung an der Schmerztherapie wurde im erweiterten Tätigkeitsbereich der
Intensiv- und Anästhesiepflege sowie der Pflege bei Nierenersatztherapie mit der 4. Novelle neu aufge-
nommen. So weit so gut: Da aber die Aufnahme dieses Absatzes in den erweiterten Tätigkeitsbereich,
z. B. mit dem Wechsel von Infusionsbehältern (AB 2003) begründet wird und dies auch bei der
Schmerztherapie bisher schon eine Tätigkeit im mitverantwortlichen Bereich war, stellt sich nun die
Frage, ob u. a. diese Tätigkeit in der Schmerztherapie im „Nicht-erweiterten Tätigkeitsbereich“ nicht
mehr durchgeführt werden darf?
Da aber das Wort „Mitwirkung“ dabei steht, wird hier u. a. die Tätigkeit von Algesiologischen Fachassis-
tentInnen (Weiterbildung nach § 64 GuKG) gemeint sein und weniger das (irreführende) Wechseln von
Infusionsbehältern.

19
Hausreiter M., Dr. / Lust A., Mag.
„Anfrage zu §§ 17 und 20 GuKG“ vom 14.8.2006, BMGF-92251/0043-I/6/2006

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 23


6. Freiberufliche Ausübung
Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist berechtigt seinen Beruf auch freiberuflich
auszuüben. Die freiberufliche Ausübung der Pflege bei Nierenersatztherapie wird in Österreich derzeit
kaum durchgeführt. Mit wenigen Ausnahmen sind die Dialyseschwestern und -pfleger in den Zentrums-
dialysen und privaten Arztpraxen angestellt.

HeimdialysepatientInnen führen die Dialyse überwiegend mit dem Lebenspartner oder einem nahen
Verwandten durch. Auch das stellt die vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen geforderte
„Vorhergehende Untersuchung des Shunts durch eine/n Arzt/Ärztin“ noch einmal in Frage.

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 24


7. Zusammenfassung
Das GuKG ist für das Pflegepersonal (Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kran-
kenpflege und der Pflegehilfe) in den Krankenanstalten sehr hilfreich. Dass nicht alles in einem Gesetz
festgeschrieben werden kann, ist mir völlig klar. Durch Schreiben des Bundesministeriums für Gesund-
heit und Frauen wird versucht manches zusätzlich noch klarzustellen, aber manches benötigt einfach
die Diskussion und die darauf folgende gesetzliche Regelung.
Für uns Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im Erweiterten Tä-
tigkeitsbereich – Pflege bei Nierenersatztherapie wird das besonders prekär, wenn nach der Devise
„Ein Schritt vor und einer zurück“ gehandelt wird (siehe Shuntpunktion und vorhergehende Shuntunter-
suchung). Die Folgen sind dann entweder Einlassungsfahrlässigkeit der handelnden Pflegepersonen
oder starke Verzögerungen im betrieblichen Ablauf und somit vermehrt Personalkosten. Die Diskussion
muss also weiter geführt werden!
Ebenfalls einer Klärung bedarf es bei der Definition „Katheter“. Es kann meines Erachtens nicht Aufga-
be des Gesetzgebers sein, dies
a) den Medizinprodukteherstellern zu überlassen und
b) im GuKG offen zu lassen
und somit für Auslegungsprobleme bei den JuristInnen und Verunsicherung beim gehobenen Dienst für
Gesundheits- und Krankenpflege zu sorgen.

Die Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im Bereich Pflege bei
Nierenersatztherapie sind bereit, diese Mehrverantwortung zu übernehmen und tun es auch tagtäglich -
gezwungenermaßen aber als Gratwanderung. Die Erwartung an den Gesetzgeber aber ist, dass die
Rahmenbedingungen korrekt beschrieben werden und somit Rechtssicherheit geben: sowohl für das
Dialysefachpersonal als auch für die PatientInnen.

Abschließend möchte ich noch einmal aus einem Brief von Dr. Marzi an mich zitieren:
„Wenn nun der Pflege in vielen Bereichen verantwortungsvolle Aufgaben zugewiesen sind, ist
nicht einzusehen, dass durch Spezialausbildung höher qualifizierte Mitarbeiter nicht auch ent-
sprechend ihrem hohen Ausbildungsstand auch mehr Verantwortung übernehmen können und
sollen“.

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 25


8. Literatur- und Internethinweise
Allmer G., Mag. Dr., DGKS
Gutachten zum Thema: „Strukturqualitätskriterien für Hämodialysezentren unter besonderer Berück-
sichtigung der berufsrechtlichen Berechtigung zur Shuntpunktion“; Oberwart 2004
Gutachten zum Thema: „Notfallkompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kranken-
pflege mit Eigenberechtigung in der Intensiv- und Anästhesiepflege und des Notfallsanitäters mit allge-
meiner und besonderer Notfallkompetenz im Vergleich“; Oberwart 2005

Bachner-Foregger H., Dr.


Strafgesetzbuch StGB; MANZ Taschenbuchausgabe; 20. Auflage, Stand 1.7.2006; Wien 2006

Bundesministerium für Gesundheit und Frauen; www.bmgf.gv.at


Österreichischer Strukturplan Gesundheit 2006 ( inkl. Großgeräteplan), Juni 2006
„Legen von Verweilkanülen durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kranken-
pflege“ vom 15.11.2005, BMGF-92251/0071-I/B/6/2005
„Punktieren eines Shunts - Legen von Verweilkanülen“ vom 20.3.2006, BMGF-92251/0013-I/B/6/2006
„Anfrage zu §§ 17 und 20 GuKG“ vom 14.8.2006, BMGF-92251/0043-I/6/2006

Graf/Ofner (Hg.)
Bürgerliches Recht; 8. Auflage; Verlag Österreich; Wien 2006

Haslinger, A., Prof. Dr.


Rechtsgutachten zum Thema „Shuntpunktion durch einen gehobenen Dienst für Gesundheits- und
Krankenpflege“; Auftraggeber: Österreichische Gesellschaft für Nephrologie, Linz 1998

Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. Gemeinnützige Körperschaft


www.kfh-dialyse.de

Krepler/Hackl/Marzi
Recht im Krankenhausalltag; LexisNexis; Wien 2002

Mazal, W., Univ. Prof. Dr.


„Fachliche Weisungen an Ärzte und Pflegepersonal“, in: W. Radner (Hrg.) Arbeitsrechtsfragen für Ärzte
und kooperierende Gesundheitsberufe; Trauner Verlag; Linz 2003

Marzi, L.-M., Dr.


„Risikomanagement im KH – Erfahrungen und Zielvorstellungen eines Juristen“, Referat bei den Medi-
zinrechtstagen 2003 in Linz

ÖDTR- Österreichisches Dialyse- und Transplantationsregister


Österreichische Gesellschaft für Nephrologie; Jahresbericht 2004, Kapitel 2 „Dialysezentren 2004“;
www.nephro.at.

Schönweiß, G., Dr. med.


„Dialysef!bel“; 2. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage; Abakiss Verlag, Bad Kissingen 1996;
vergriffen; Neuauflage in Arbeit

Sladecek, E., Dr. /Marzi, L.-M., Dr. /Schmiedbauer, T., Mag.


Recht für Gesundheitsberufe“; 3. Auflage; LexisNexis Verlag ARD Orac, Wien 2006

Weiss-Faßbinder, S., Mag. Dr. /Lust, A., Mag.


„GuKG-Gesundheits- und KrankenpflegeG“; 4. aktualisierte und ergänzte Auflage; MANZsche Sonder-
ausgabe; Wien 2004

www.medizinrecht.jku.at (Österreichische Gesellschaft für Medizinrecht)

www.nephro.at (Österreichische Gesellschaft für Nephrologie)


U. a. Dialyse- und Transplantationsregister

www.oeanpt.at (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für nephrologische Pflege und Dialysetechnik)

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 26


www.oegkv.at (Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband)

www.parlament.gv.at
U.a.: Regierungsvorlage zum GuKG, 1997; 709 dB zu den stenographischen Protokollen der 20. GP
Stenographisches Protokoll der 82. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich; 20. GP
Bericht des Gesundheitsausschusses; 107 dB zu den stenographischen Protokollen der 22.GP;

www.pflegerecht.at

Die Dialyseschwester/der Dialysepfleger im GuKG Seite 27

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