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WEGE ZU EINEM FUNKTIONALEN SCHUTZGEBIETSSYSTEM IN DEUTSCHLAND

Bündnisse für die Natur


Ein herzlicher Dank …
… für die intensive Mitwirkung an den fachlichen Ergebnissen gilt den Mitgliedern der
­projektbegleitenden Arbeitsgruppe  :

Martin Waldhausen und Marc Auer ( Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor­
sicherheit ), Ralf Forst ( Bundesamt für Naturschutz ), Kerstin Emonds ( EUROPARC Deutschland ),
Hartmut Löfflmann und Josef Wanninger ( Region Bayerischer Wald ), Nadine Rathofer, Jörg Lembach
und Anja Olligschläger ( Region Eifel ), Timo Sievers und Tobias Keienburg (Re­gion Elbtalaue-Wend­
land ) , Dr. Johannes Hager und Manfred Großmann ( Region Hainich ), Christiane Linke, Evelyn Borsch
und Frank Steingaß ( Region Harz ), Carsten Müller und Achim Frede ( Region Kellerwald-Edersee),
Dr. Peter Wernicke und Falk Jagszent ( Müritzregion ), Thomas Lemke und Torsten Raab ( Region Rhön )
sowie Jörg Nonnen, Dr. Holger Piegert und Harald Bock ( Region Kyffhäuser / Südharz )

Wir danken dem Bundesamt für Naturschutz für die fachliche Begleitung und dem Bundes­
2
ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit für die finan­zielle Unterstützung.
Inhalt 4 Vorwort

6 Schutz der biologischen Vielfalt und ihre nachhaltige Nutzung:


Vernetzung ist entscheidend

7 Nationalpark, Naturpark, Biosphärenreservat:


Jede Kategorie hat ihre Funktion im System

9 Im System miteinander arbeiten und die Vorteile nutzen:


Kategorien können einander ergänzen
3
13 Entwicklung der Nationalen Naturlandschaften
zu einem funktionalen System:
EUROPARC Deutschland zeigt Wege auf
16 Gemeinsam agieren in regionaler Zusammenarbeit:
Neun NNL-Kooperationen machen’s vor

17 Naturpark und Nationalpark im Bayerischen Wald:


Gemeinsam stark für „tierisch wilde“ Arten

19 Naturpark und Nationalpark in der Eifel:


Gemeinsam stark, damit Natur für ALLE erlebbar wird

21 
Naturpark und Biosphärenreservat in der Region
Elbtalaue-Wendland:
Gemeinsam stark, um Vielfalt sichtbar zu machen

23 Naturpark und Nationalpark in der Hainich-Region:


Gemeinsam stark für Wildnis und Kulturlandschaft

25 Naturpark und Nationalpark im Harz:


Gemeinsam stark für die Perspektive „Mensch – Natur“

27 Naturpark und Nationalpark im Kellerwald:


Gemeinsam stark für eine Arche-Region

29 Naturpark und Nationalpark in der Müritz-Region:


Gemeinsam stark für den Schutz von Gewässern

31 Naturpark und Biosphärenreservat in der Rhön:


Gemeinsam stark für erhebende Ein- und Aussichten

33 Naturpark und Biosphärenreservat in der


Südharz-Kyffhäuser-Region:
Gemeinsam stark für den Schutz der Wildkatze

35 Vom Fallbeispiel zur Übertragbarkeit:


Wie können Nationale Naturlandschaften zu einem System
zusammenwachsen?

36 Bund, Länder, Kommunen:


Wie können politische Entscheidungen die Vernetzung
der Nationalen Naturlandschaften unterstützen?
4

Guido Puhlmann, Prof. Dr. Beate Jessel,


Vorsitzender von Präsidentin des Bundes­
EUROPARC Deutschland amtes für Naturschutz

Vorwort
Den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, Die über 190 Unterzeichnerstaaten der
­„Convention on Biological Diversity“ (CBD),
ist eine der größten Herausforderungen unserer dem weltweiten Übereinkommen über die
biologische Vielfalt, haben sich unter anderem
Zeit. Die Vernetzung der Nationalen Naturland- dazu verpflichtet, funktional zusammen­
hängende Schutzgebietssysteme regional und
schaften kann einen wichtigen Beitrag leisten. national auf- und auszubauen. Nationalparks,
Naturparks und Biosphärenreservate haben in
­ei­nem solchen System aufgrund ihrer Flächen­
größe und ihrer rechtlichen Schutz­ be­­
stimmungen ein besonderes Gewicht.
In Deutschland gibt es 14 Nationalparks,­
15 UNESCO-Biosphärenreservate und 104
Naturparks, großenteils vereint unter der
gemeinsamen Dachmarke „Nationale Natur-
landschaften“, kurz NNL. Viele arbeiten seit
mehr als 20 Jahren in ihrem Dachverband
EUROPARC Deutschland zusammen. Doch
bedarf es einer noch intensiveren Vernetzung
der NNL, um dem weltweiten Überein­kommen
über die biologische Vielfalt zu entsprechen.
Ein wichtiges Kennzeichen von Systemen ist
das Zusammenspiel ihrer Teil­­elemente. Das
simple Nebeneinander von unterschiedlichen
Schutzgebieten ist noch kein System.
Können Nationalparks, Naturparks und Bio- Dabei haben sie, unterstützt durch EURO­
sphärenreservate in Deutschland ein von der PARC Deutschland und unter Mitwirkung
CBD gefordertes System, ein „Bündnis für die des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
Natur“ bilden? Die drei Kategorien unter- schutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie
scheiden sich, zumindest teilweise, in ihren fachlich begleitet durch das BfN, die Rahmen-
Leitbildern und Funktionen, aber auch in ih- bedingungen für ihre Zusammenarbeit unter
rer finanziellen und personellen Ausstattung die Lupe genommen. Chancen, aber auch
sowie in rechtlichen Rahmenbedingungen, da Hindernisse für eine gebietsübergreifende,
die Trägerschaft unterschiedlich geregelt ist teils sogar länderübergreifende Zusammenar-
und Naturschutz in Deutschland Länder­ beit konnten so definiert werden. Die wenigen 5

sache ist. Dies sollte nicht nur als Hindernis, bislang vorliegenden, aber für die Vernetzung
sondern auch als Chance begriffen werden: bedeutsamen Beispiele zeigen: Politische Ent-
Gerade durch ihre spezifischen Funktionen scheidungen oder auch die gemeinsame Arbeit
können sich die NNL gegenseitig ergänzen an konkreten Projekten können Hindernisse
und unterstützen – auch länderübergreifend. abbauen und die Entwicklung eines funktio-
Denn nur gemeinsam sind sie in der Lage, nalen Systems unterstützen. Zudem erweist
zum Erhalt, zur nachhaltigen Entwicklung sich eine hinreichende personelle und finanzi-
und Nutzung der biologischen Vielfalt, als elle Ausstattung als unabdingbar, um Vernet-
Lebensgrundlage von Mensch und Natur,
­ zungsprozesse anzugehen. Beispiele und mög-
­beizutragen. liche Wege werden in dieser Broschüre
Von November 2010 bis Juni 2013 haben deutlich.
sich 21 NNL-Verwaltungen im Rahmen eines
Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des
Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zusam-
mengefunden, um in neun Regionen beispiel-
haft aufzuzeigen, wie sich ein solches funktio-
nal zusammenhängendes Schutzgebietssystem Guido Puhlmann Prof. Dr.
darstellen könnte. Beate Jessel

Gefördert durch das Bundesamt für


Naturschutz mit Mitteln des Bundes­-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
Schutz der biologischen Vielfalt und ihre nachhaltige Nutzung:

Vernetzung ist entscheidend


Warum sollen Nationale Naturlandschaften Was bedeutet es, ein System von Schutzgebie-
(NNL), zumal unterschiedlichen Kategorien ten in Deutschland zu entwickeln? Im natio-
zugehörig, sich vernetzen und miteinander nalen Naturschutzrecht sind drei Kategorien
kooperieren? Ist nicht jede einzelne Verwal- der NNL verankert: Nationalparks, Biosphä-
tung mit der Entwicklung ihres Gebietes in- renreservate und Naturparks. Obgleich der
nerhalb der eigenen Grenzen bereits „ausge- Begriff „Schutzgebiete“ insbesondere für Bio­-
6
lastet“? Die Antwort liegt allein schon deshalb s­phärenreservate und Naturparks nicht ganz
auf der Hand, weil Kooperationen für alle Be- zutreffend ist, da es sich dabei um Gebiete
teiligten von Nutzen sein können, wenn die handelt, in denen oft nicht „Schutz“ im Sinne
Partner auf der Grundlage gemeinsamer Zie- einer Konservierung primäres Ziel ist, son-
le willentlich an einem Strang ziehen. Bisheri- dern die Entwicklung: In Naturparks und in
ge Erfahrungen zur Zusammenarbeit von den Entwicklungszonen der Biosphärenreser-
NNL zeigen, dass bedeutende Synergieeffekte vate geht es vorrangig um die nachhaltige Ent-
möglich sind. wicklung der natürlichen Grundlagen für den
Doch es bestehen auch internationale Ver- Menschen im Einklang mit der Natur. In
pflichtungen zum Aufbau eines Schutzge- Nationalparks sowie in den Kernzonen von
bietssystems. Mehr als 190 Staaten, darunter Biosphärenreservaten geht es vor allem um die
Deutschland, verabschiedeten 1992 in Rio de ungestörte Entwicklung natürlicher Prozesse.
Janeiro das Übereinkommen über die biologi- Kontinuierlich werden alle Nationalparks,
sche Vielfalt (Convention on Biological Diver- Biosphärenreservate und die Mehrzahl der
sity, CBD). Darin verdeutlicht der Artikel 8, Naturparks auf der Basis nationaler und
dass „effektiv gemanagte und ökologisch re- internationaler Kriterien evaluiert und
präsentative, nationale und regionale Schutz- weiterentwickelt.
gebietssysteme“ zentral für die Bemühungen Es stellt sich daher die grundsätzliche Fra-
um den Erhalt der biologischen Vielfalt sind. ge, ob alle drei Kategorien so konzipiert sind,
Im Jahr 2004, auf der 7. CBD-Vertragsstaa- dass sie sich gegenseitig ergänzen können, um
tenkonferenz in Kuala Lumpur, wurde ein gemeinsam einen umfassenden Schutz der
umfangreiches „Arbeitsprogramm für Schutz- biologischen Vielfalt einschließlich ihrer nach-
gebiete der CBD“ beschlossen. Der Aufbau haltigen Nutzung zu gewährleisten. Um
bzw. die Stärkung von Schutzgebietssystemen diese Frage beantworten zu können, hilft
ist darin entsprechend als Aufgabe benannt. ein Blick auf die verschiedenen Leitbilder
Das Arbeitsprogramm ist für alle Vertrags- und die sich daraus ergebenden Funktionen
staaten verbindlich. der Kategorien.
Nationalpark, Naturpark, Biosphärenreservat:

Jede Kategorie hat ihre Funktion


im System
Nachdem im Jahr 2005 die gemeinsame Dach- schiedlich, haben aber auch weite Überschnei-
marke „Nationale Naturlandschaften“ ent- dungsbereiche. So sind sowohl Naturparks als
standen war, erarbeiteten und veröffentlichten auch Biosphärenreservate vor allem Gebiete,
die deutschen Nationalparks, Biosphärenre- die für eine „nach­haltige Entwicklung“ stehen.
servate und Naturparks gemeinsame Leitbil- Die Leitbilder verdeutlichen die Funktion der
der für die drei Kategorien. Das Leitbild für jeweiligen Kategorie und helfen, zugehörige
7
die Naturparks wurde mit dem Verband Aufgabenfelder und einzelne Maßnahmen zu
Deutscher Naturparke abgestimmt. Die Leit- definieren.
bilder sind für alle drei Kategorien unter-

Nationalparks Biosphärenreservate Naturparks

Natur Natur sein lassen Modellregionen für ein ausgegliche­ Harmonisches Miteinander
nes Zusammenleben von Mensch für Mensch und Natur
und Natur

1. B
 ewahrung der eigengesetzlichen 1. Bewahrung und Entwicklung von 1. E rhalt und Entwicklung von
Natur Kulturlandschaften Landschaft und Natur
2. Einblicke in die Werkstatt Natur 2. Bewahrung von Lebensräumen 2. F örderung und Unterstützung einer
nachhaltigen Regionalentwicklung
3. Von der Natur lernen 3. Nachhaltige Regionalentwicklung
3. E ntwicklung eines naturverträg­
4. N
 aturschutz als regionaler 4. Anschauungsbeispiele für Bildung
lichen Tourismus
Entwicklungsfaktor und Wissenschaft
4. E ntwicklung von Angeboten zur
Umweltbildung und Öffentlich­
keitsarbeit

Quelle : Leitbilder der Nationalen Naturlandschaften, erarbeitet und abgestimmt in EUROPARC Deutschland e. V., 2005

Lebensraum für den Luchs im Bayerischen Wald (Wilhelm Dirmaier) Lebensraum für Wildnarzissen in der Eifel (Naturpark Nordeifel)
Aus den Leitbildern ergeben sich für die je- –– Öffentlichkeitsarbeit
weilige Kategorie spezifische Funktionen und (z. B. Veranstaltungskalender, Internet­
Handlungsfelder. Alle drei Kategorien zusam- auftritte, Ausstellungen)
men bilden genau die Handlungsfelder ab, die –– Bildung für nachhaltige Entwicklung
einem gemeinsamen, umfassenden Schutz der (z. B. Aus- und Weiterbildung von Natur-
biologischen Vielfalt einschließlich ihrer nach- und Landschaftsführern, Freiwilligen­
haltigen Nutzung dienen. Die meisten dieser management, Bildungsarbeit für Kinder
Handlungsfelder eignen sich für eine Zusam- und Jugendliche)
menarbeit zwischen räumlich benachbarten –– Forschung und Monitoring
NNL, wie die Beispiele in den Klammern
zeigen: Oft sind Handlungsfelder sehr eng miteinan-
der verknüpft, z. B. die Bereiche Öffentlich-
–– Arten-, Biotop- und Landschaftsschutz keitsarbeit / Umweltbildung oder Tourismus /
(z. B. Renaturierung, ökologisches Moni- Regionalentwicklung oder auch der Erhalt
toring, Naturschutzgroßprojekte, Land- von Arten und Biotopen durch die Nutzung
8
schaftspflege, Besucherlenkung) der Kulturlandschaft wie Streuobstwiesen
–– nachhaltige Regionalentwicklung und Magerrasen.
(z. B. Regionalmarke, sozioökonomisches
Monitoring, kommunale Gremienarbeit)
–– naturverträglicher Tourismus
(z. B. Entwicklung eines Besucherleitsys-
tems vom Internet über Informationsstel-
len in den NNL, Informations­materialien
bis hin zu einer Wege­beschil­derung;
Schulung touristischer Anbieter)

Der Erfolg beginnt mit der Neuausweisung

Bei Neugründungen von Parks sollte die Wahl der Kategorie nach objektiven Kriterien erfolgen, die sie
als Teil eines Schutzgebietssystems betrachten. Die Wahl einer ungeeigneten Kategorie, weil es politisch
opportun scheint, kann dazu führen, dass das Gebiet seine Aufgabe im Schutzgebietssystem nicht wirk-
lich wahrnehmen kann. Erfahrungen und Beispiele, wie sich die Kategorien ergänzen, können dazu bei-
tragen, die richtige Wahl im Kontext der benachbarten NNL zu treffen.

In der Rhön überschneiden sich Naturpark- und Biosphärenreservatsflächen, wie hier im Bereich Milseburg (Thomas Lemke)
Im System miteinander arbeiten und die Vorteile nutzen:

Kategorien können einander ergänzen


Welche Vorteile sind für die an Kooperatio- näher vorgestellt. Es liegt auf der Hand, dass
nen beteiligten NNL-Verwaltungen zu erwar- sich eine Zusammenarbeit, zumal bei der
ten? Können sie bestimmte Aufgaben effekti- Planung und Umsetzung von konkreten
ver wahrnehmen? Welche Stärken der Maßnahmen, besonders gut bei räumlicher
jeweiligen Kategorie können genutzt werden, Nähe verwirklichen lässt. Insbesondere auf
um sich gegenseitig zu unterstützen und zu der Grundlage einer gemeinsamen regionalen
9
ergänzen? Antworten darauf wurden anhand Identität – z. B. „Region Harz“, „Re­gion Eifel“,
von neun beispielhaften Kooperationen im „Region Rhön“ – stellen sich viele Aufgaben,
Rahmen eines Forschungs- und Entwick- die besser in Kooperation statt allein oder gar
lungsvorhabens gesucht. Dieses wird ab S. 17 parallel gelöst werden können.

Verschiedene Möglichkeiten räumlicher Beziehungen von Nationalen Naturlandschaften

1 2 3 4

So liegen beispielsweise eher kleinflächige steht, wenn NNL-Flächen einander überlap-


Nationalparks in großräumigen Naturparks, pen, wie es z. B. in der Rhön der Fall ist
wie im Hainich, in der Eifel und im Keller- (Skizze 3). Eine andere räumliche Beziehung
wald-Edersee (Skizze 1). Mehrere NNL in besteht, wenn beide NNL zwar nahe beiein-
Deutschland grenzen direkt aneinander und anderliegen, aber nicht direkt aneinandergren-
haben damit ein gemeinsames Grenzgebiet, zen (Skizze 4). So ist beispielsweise bei dem
das in die Fläche wirkt, z. B. das Biosphären­ Naturpark Kyffhäuser und dem Biosphären-
reservat Niedersächsische Elbtalaue und der reservat Karstlandschaft Südharz die rund
Naturpark Elbhöhen-Wendland (Skizze 2). 50 km² große Fläche zwischen den Gebieten
Eine noch größere gemeinsame Kulisse ent- Gegenstand ihrer Zusammenarbeit.

Aus diesen räumlichen Beziehungen ergeben gänzung von Kategorien aufgeführt, durch die
sich vielfältige Möglichkeiten der Zusammen- sich modellhaft eine sinnvolle Vernetzung ver-
arbeit. Im Folgenden sind Beispiele für die Er- deutlichen lässt.
Beispiel 1

Räumliche Beziehung : Naturpark grenzt an Nationalpark oder umschließt ihn

Naturpark Nationalpark
Flächen zur Abpufferung der Fachexperten und -expertisen
Randbereiche des Nationalparks zur ökologischen Aufwertung der
Naturparkflächen in den Randbereichen

Gemeinsames Ziel : Die Synergien aus dem unterschiedlichen Flächenmanagement der beiden Kate­
gorien nutzen und Habitatangebot erhöhen: Die Flächen entlang der gemeinsa­
men Grenze können so aufgewertet werden, dass sie einen Wechsel der Arten
10 zwischen Kulturlandschaft und Wildnis begünstigen. Störeinflüsse auf die „unbe­
rührte“ Natur im Nationalpark können bereits im Naturpark gemindert werden

Zugrunde liegendes Handlungsfeld : Erhalt von Arten und ihren Lebensräumen durch Landschaftspflegemaßnahmen

Ein Beispiel für diese Ergänzung der Kategorien stellen der Naturpark Eichsfeld Hainich-Werratal und der Nationalpark
Hainich in dieser Broschüre vor.

Beispiel 2

Räumliche Beziehung : Naturpark und Nationalpark liegen im zusammenhängenden Naturraum, für den
sie gleiche oder sich ergänzende Ziele definiert haben

Naturpark Nationalpark
Argumente aus Sicht der Argumente aus Sicht
Naturpark-Ziele ( z. B. nachhaltige der Nationalpark-Ziele
Nutzung der Ressourcen ) ( z. B. Prozessschutz )

Bündelung der naturschutzfachlichen Kompetenz,


um z. B. gemeinsam argumentieren zu können

Gemeinsames Ziel : Im Sinne des Naturschutzes und einer naturverträglichen, nachhaltigen Regional­
entwicklung an einem Strang ziehen und damit die Position als NNL stärken:
Mit Hilfe einer breiten Palette von Argumenten können Auswirkungen politischer
Entscheidungen auf Natur und Landschaft umfassender dargestellt werden

Zugrunde liegendes Handlungsfeld : Arten-, Biotop- und Landschaftsschutz

Ein Beispiel für diese Ergänzung der Kategorien ist die Zusammenarbeit des Naturparks Feldberger Seenlandschaft und des
Müritz-Nationalparks. Sie erarbeiteten eine gemeinsame Argumentationsgrundlage gegen die Verunreinigung eines Sees
und seines Einzugsgebiets durch landwirtschaftliche Düngemittel.

Im Bayerischen Wald haben Naturpark und Nationalpark ihre naturschutzfachliche Kompetenz gebündelt, um gemeinsam
ein umfassendes Kompendium über zwölf heimische Wildtierarten für die Darstellung im Internet zusammenzustellen.
Dafür konnten sie die Summe ihrer verfügbaren Fachexperten und -netzwerke nutzen.
Beispiel 3

Räumliche Beziehung : Naturpark und Biosphärenreservat grenzen aneinander oder überschneiden


sich und haben sich ähnelnde oder deckungsgleiche Ziele und Aufgaben

Biosphären-
Naturpark
reservat

Möglichkeit der Arbeitsteilung bei gemeinsamen Projekten,


entsprechend der vorhandenen Kompetenzen

Gemeinsames Ziel : Vermeidung von Doppelarbeit bei gleichen Aufgaben; gemeinsame Ressourcen­
nutzung, soweit möglich; Ergänzung der eigenen Ressourcen 11

Zugrunde liegendes Handlungsfeld : Naturverträglicher Tourismus, nachhaltige Regionalentwicklung,


Öffentlichkeits­arbeit, Umweltbildung, Arten- / Biotopschutz u. a.

Beispiele für diese Ergänzung der Kategorien sind die Kooperationen des Naturparks Elbhöhen-Wendland und des Bio-
sphärenreservats Nieder­sächsische Elbtalaue oder auch des Naturparks Kyffhäuser und des Biosphärenreservats Karstland-
schaft Südharz.

Zudem ist eine Arbeitsteilung teilweise auch in der Konstellation Naturpark / Nationalpark möglich. Dies zeigt sich
in einigen entsprechenden NNL-Partnerschaften, z. B. im Harz oder im Kellerwald-Edersee.

Beispiel 4

Räumliche Beziehung : Naturpark und Nationalpark grenzen aneinander, bilden zusammen eine
Destination für Naturtourismus

Nationalpark Naturpark
Attraktive, nachgefragte Rechtliche Voraussetzungen
Naturerlebnisangebote für umfassende Infrastruktur;
(oft ist bereits der Nationalpark ergänzende Erlebnisangebote
für sich die Attraktion)

Gemeinsames Ziel : Bündelung der Angebote, die für „Naturreisende“ attraktiv sind, um einen umfas­
senden Service für Gäste anbieten zu können ( besondere Naturerlebnisse + Gast­
ronomie + Übernachtung + Transport + weitere Versorgungsdienstleistungen );
Steigerung der wirtschaftlichen Effekte durch Tourismus in Verbindung mit der
Gewährleistung der Naturverträglichkeit von Angeboten

Zugrunde liegendes Handlungsfeld : Naturverträglicher Tourismus, eng mit nachhaltiger Regionalentwicklung,


Öffentlichkeitsarbeit usw. verknüpft

Ein Beispiel für diese Ergänzung der Kategorien findet sich in der Nordeifel mit dem Deutsch-Belgischen Naturpark­
Hohes Venn – Eifel und dem Nationalpark Eifel. Beide sorgen seit Jahren mit der Entwicklung eines barrierefreien
naturverträg­lichen Tourismus dafür, dass Naturerleben für alle möglich wird. Dazu gehört, eine Servicekette für Menschen
mit und ohne Behinderung auf- und auszubauen.
Beispiel 5

Beziehung : Naturpark und Biosphärenreservat/Nationalpark mit naturräumlich vergleichbaren


Flächen (nicht unbedingt abhängig von räumlicher Nähe)

Biosphärenreservat/
Nationalpark Naturpark
Flächen für Anwendung von
i. d. R. Experten und Mittel für Ergebnissen aus der Forschung
„Forschung und Monitoring“

Gemeinsames Ziel : Forschung und Anwendung der Forschungsergebnisse auf großer Fläche
miteinander verbinden
12
Zugrunde liegendes Handlungsfeld : Arten-, Biotop- und Landschaftsschutz

Diese und ähnliche Beispiele für die sinnvolle die Natur: S


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Vernetzung der verschiedenen Kategorien d ni ut
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konnten durch ein Forschungs- und Entwick-

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lungsvorhaben in Trägerschaft von EURO­

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tionalpark
PARC Deutschland erprobt und analysiert
werden. Das Vorhaben wird im Folgenden

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kurz vorgestellt.
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Orchideenreiche Feuchtwiese im Naturpark Kellerwald-Edersee


im Grenzbereich zum Nationalpark (cognitio)
Entwicklung der Nationalen Naturlandschaften zu einem funktionalen System:

EUROPARC Deutschland zeigt Wege auf


Im weltweiten Übereinkommen über die bio- ler Arbeitsebene Projekte entwickeln, Ent-
logische Vielfalt werden hinsichtlich der Zu- wicklungen anstoßen und begleiten. Als
sammenarbeit von Nationalparks, Naturparks Multiplikator kann er die in den Projekten
und Biosphärenreservaten keine konkreten und Gremien erarbeiteten Ergebnisse und Po-
Ziele oder Maßnahmen benannt. Daher sitionen nach innen und außen kommunizie-
wurde ein Forschungs- und Entwicklungs­ ren. Er sorgt dafür, dass aus den gewonnenen
13
vorhaben (F+E-Vorhaben) auf den Weg ge- Erkenntnissen Impulse für die stete Weiter-
bracht mit dem Ziel, die für Deutschland gel- entwicklung des Qualitätsmanagements der
tenden Rahmenbedingungen für NNL zu NNL werden. Dementsprechend wird dem
untersuchen sowie modellhaft anhand von Dachverband von seinen Mitgliedern eine
Praxisbeispielen aufzuzeigen, welche Chancen Schlüsselrolle als bündelnde und unterstüt-
in einer engeren Zusammenarbeit liegen, aber zende Einrichtung zugesprochen, die es auch
auch, welche Hindernisse noch bestehen. für die Entwicklung der NNL zu einem funk-
Der Dachverband der Nationalen Natur- tionalen Schutzgebietssystem zu nutzen gilt.
landschaften, EUROPARC Deutschland, ist So wird es darum gehen, die Lobbyarbeit ge-
als Träger eines solchen Vernetzungsvorha- genüber politischen Entscheidungsträgern
bens geeignet, weil er länderübergreifend alle weiterzuentwickeln, Vernetzungsprozesse zu
drei Kategorien vertritt. Unter dem Dach von unterstützen und Serviceangebote für die
EUROPARC Deutschland können sich inte- NNL auszubauen. Ein Beispiel dafür ist die
ressierte NNL-Verwaltungen in verschiede- Unterstützung der NNL-Arbeit im Bereich
nen kategorieübergreifenden Arbeitsgruppen Bildung für nachhaltige Entwicklung durch
und Projekten austauschen und vernetzen. das Junior-Ranger-Programm oder auch die
Als Moderationsplattform kann der Dachver- Einbindung von Akteuren durch das Frei­-
band auf bundesweiter und auch internationa- willigenprogramm.

F+E-Vorhaben : Entwicklung der Nationalen Naturlandschaften zu einem funktionalen


Schutzgebietssystem

Laufzeit : 1. November 2010 – 30. Juni 2013

Träger : EUROPARC Deutschland e. V.

Förderung : Bundesamt für Naturschutz ( BfN ) mit Mitteln des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktor­sicherheit ( BMU )

Ziele : – positive Erfahrungen der Zusammenarbeit als übertrag­bare Beispiele


aufbereiten
– f ür weniger positive Erfahrungen die Ursachen suchen und hinterfragen
–d
 ie Funktionen der drei Kategorien unter dem Aspekt des gegenseitigen
Ergänzens untersuchen und ihren jeweiligen Beitrag für die Entwicklung
der NNL zu einem funktionalen System darstellen
In diesem Vorhaben ging es insbesondere um jeweils ein Naturpark zu einem Nationalpark
die Frage, ob bzw. wie eine kategorieübergrei- oder zu einem Biosphärenreservat benachbart
fende Zusammenarbeit funktionieren kann. liegt, beispielhaft untersucht. Die neun
Dies wurde in neun Modellregionen, in denen Modellregionen sind in der Karte dargestellt.

14
Region Bayerischer Wald: Region Eifel: Region Elbtalaue-Wendland:

Region Hainich: Region Harz: Region Kellerwald-Edersee:

15
Region Müritz: Region Rhön: Region Kyffhäuser-Südharz:

Ein enges Miteinander gibt es auch in der Natur


(Kerstin Emonds)

In allen neun Regionen wurden Koopera­


tionsprojekte jeweils gemeinsam geplant und
umgesetzt. Um die Zusammen­arbeit in ver-
schiedenen Handlungsfeldern betrachten zu
können, gab es Projekte z. B. zum Arten- und
Biotopschutz, zur Umweltbildung und ge-
meinsamen Öffentlichkeitsarbeit sowie zum
naturverträglichen Tourismus bzw. zur nach-
haltigen Regionalentwicklung. EUROPARC
Deutschland koordinierte die Teilvorhaben,
organisierte den intensiven Erfahrungsaus-
tausch aller Beteiligten, initiierte die bewusste
Auseinandersetzung der jeweiligen Partner
mit den Bedingungen und Auswirkungen ih-
rer Kooperationen und erarbeitete die Ge-
samtauswertung und -dokumentation. Durch
die finanzielle Unterstützung der Kooperati-
onsprojekte und des Trägerverbandes durch
das Bundesamt für Naturschutz gelang es,
eine Reflexionsleistung zu erbringen, die im
Alltag der NNL-Arbeit, in der Fülle der Auf-
gaben, die die NNL zu leisten haben, allzu oft
an Priorität verliert.
Gemeinsam agieren in regionaler Zusammenarbeit:

Neun NNL-Kooperationen machen’s vor


Eine Zusammenarbeit – so die Erfahrung der Ansprechpartnern werden dabei unterschied-
beteiligten NNL – funktioniert am besten auf lich gehandhabt. Für manche Kooperationen
der Projektebene. Gemeinsame Projekte las- ist es von Vorteil, wenn sich die Beteiligten je
sen sich grundsätzlich besser verwirklichen, nach aktuellen zeitlichen Kapazitäten die an-
wenn zwischen den Partnern nicht nur inhalt- stehenden Aufgaben teilen. In anderen Mo-
liche, sondern auch räumliche Nähe besteht. dellregionen wird betont, dass von Anfang an
16
Durch die Arbeit in Kooperationsprojekten darauf geachtet worden ist, die Aufgabenver-
kommt es zu „grenzüberschreitenden“ Treffen, teilung frühzeitig festzulegen. Wichtig ist in
die – oftmals auch über das eigentliche Pro- jedem Falle, dass die Partner ihre jeweiligen
jektthema hinaus – weitere gemeinsame Pro- Erwartungen und Möglichkeiten bereits im
bleme bzw. Interessen zum Vorschein bringen. Vorfeld klären und sich über den Projektver-
Die Aufgabenverteilung und Festlegung von lauf regelmäßig austauschen.

„Innere“ Voraussetzungen für eine systematische Vernetzung

Um eine Zusammenarbeit umfassend und systematisch aufzubauen und kontinuierlich


­fortzuführen, braucht es die Unterstützung der NNL-Leitungsebene.

Weitere wichtige Voraussetzungen sind:

–– Erwartungen der Beteiligten im Vorfeld klären und ggf. anpassen, regelmäßiger Austausch

–– personelle /finanzielle Kapazitäten der Partner besprechen und berücksichtigen

–– gemeinsame Ziele bestimmen, Handlungsfelder der Zusammenarbeit festlegen


( im Idealfall konzeptionell /strategisch in den jeweiligen Planwerken der NNL )

–– klare Zuständigkeiten und direkte Ansprechpartner. Fachliche, aber auch soziale Eignung
der Ansprechpartner für „grenzüberschreitende“ Teamarbeit

–– Zusammenarbeit muss von Zeit zu Zeit gemeinsam reflektiert und evaluiert werden, um
Prozesse zu steuern, Synergiepotentiale zu erkennen und noch besser nutzen zu können

Neben den betrachteten neun NNL-Nach- zelnen NNL nicht als isolierte Gebiete be-
barschaften gibt es in Deutschland weitere. trachten, die nichts miteinander zu tun haben.
Warum sollte nicht gerade regionale Nähe als Auch Außenstehende sollten bemerken, dass
Chance genutzt werden, die Gesamtheit der verschiedene NNL zu einem System /zu einer
NNL bzw. ihre Dachmarke zu stärken? Es Familie gehören, nicht in Konkurrenz
sollte alles dafür getan werden, dass Bewoh- stehen, sondern gemeinsame Ziele haben.
ner, Touristen und regionale Akteure die ein- Nachfolgende Regionen machen es vor.
Naturpark und Nationalpark im Bayerischen Wald:

Gemeinsam stark für „tierisch wilde“ Arten

Als „Nationalparkregion Bayerischer Wald“ seit mehreren Jahren in der Region Aktivitä-
17
bemühen sich beide NNL seit Jahren, dem ten entfaltet. Im Rahmen des F+E-Vorhabens
Tourismus in der hoch frequentierten Region arbeiteten Naturpark und Nationalpark an
nachhaltige, naturverträgliche Strukturen zu der Optimierung ihrer Internetauftritte be-
geben. Ein gemeinsames Vorgehen ist dabei züglich dieses „tierisch wilden“ Projekts. Ein
der sinnvollste Weg: Ohnehin spielen für gemeinsamer Veranstaltungskalender wurde
Gäste die Grenzen zwischen Naturpark und entwickelt, und darin die „Tierisch wild“-
Nationalpark keine oder kaum eine Rolle. Der Veranstaltungen noch einmal extra gekenn-
Nationalpark als „Marke“ ist ein Magnet für zeichnet. Zudem entstanden ausführliche
Touristen. Viele Gäste wollen „Wildnis“ erle- Internetporträts der zwölf Wildtiere, die
ben. Nationalpark und Naturpark Bayerischer Grundlage von „Tierisch wild“ sind, z. B. von
Wald sind naturräumlich ähnlich ausgestattet Auer- und Birkhuhn, Luchs, Wolf und Bär.
und bieten Waldgebirgslandschaften, die In Wort und Bild werden vielfältige Infos
Naturinteressierte zum „Wildnis-Abenteuer“ über diese Arten vermittelt.
locken. Die heimischen Wildtierarten sind
nicht auf den Nationalpark beschränkt. Beide
Gebiete, ergänzt durch den Nationalpark und
das Landschaftsschutzgebiet Šumava auf
tschechischer Seite, bieten zusammen einen
weiträumigen Lebensraum für viele Wildtiere, Kooperationen leben von regelmäßigem Austausch und
die anderenorts teilweise schon ausgestorben Abstimmungen (Ludwig Rahm)
oder stark gefährdet sind.
Unter diesen Voraussetzungen ist es das
zentrale Anliegen der Kooperation, den As-
pekt des Naturschutzes in touristische Ziel-
stellungen einzubringen und dort möglichst
zu verankern. Nur wenn es gelingt, Gäste und
Einheimische, Touristiker und Wirtschafts­
akteure gleichermaßen für den Erhalt der
­heimischen Wildnis zu begeistern, wird die
Akzeptanz für Schutz- und Entwick­lungs­
maßnahmen steigen.
Nationalpark und Naturpark grenzen auf
über 100 Kilometern Länge unmittelbar
anein­ander. In diesem „Grenzgebiet“ befinden
sich elf Naturpark-Gemeinden. Diese sind
mit dem Nationalpark insbesondere durch
das Projekt „Tierisch wild“ verbunden, welches
Durch eine abgestimmte, konkrete Zusam- Doch indem beide NNL bestimmte Experten
menarbeit sind beide NNL in der Lage, ihre und Netzwerke haben bzw. kennen, die bei
Kompetenz in Naturschutzfragen zu bündeln. dem Projekt um Mitarbeit gebeten werden
Somit gelingt es, Maßnahmen effektiver und konnten, führte dies in der Summe zu dem ge-
mit höherer Qualität umzusetzen. Insbeson- wünschten Ergebnis: umfängliche, fachlich ge-
dere die Naturparkverwaltung stößt aufgrund naue Texte, die anschaulich und interessant
ihrer geringen personellen und finanziellen für Nichtexperten aufbereitet werden konn-
Ausstattung sehr schnell an die Grenzen ten, sowie eine Vielzahl an passenden, hoch-
ihrer Möglichkeiten, wenn sie allein auf sich wertigen Fotos. Die Projektverantwortlichen
gestellt wäre. in Naturpark und Nationalpark sorgten dafür,
dass die Produkte ihrer Zusammenarbeit bei
zahlreichen lokalen und regionalen Akteuren
Verbreitung fanden. Das gemeinsame Auftre-
ten führt zudem dazu, dass beide NNL zu-
sammen als die für den Naturschutz zuständi-
18
gen Partner in der Region wahrgenommen
CZ
und anerkannt werden. Dies stärkt die Positi-
onen beider und steigerte deren Akzeptanz –
Nationalpark
auch als Teil der „Nationalen Natur­land-
Regensburg Bayerischer Wald schaften“.
Naturpark Das Projekt gab beiden NNL-Verwaltun-
Bayerischer Wald
gen den Anstoß, sich mit dem Thema Koope-
ration auch in anderen Arbeitsfeldern ausein-
Straubing
anderzusetzen. Es entstand eine konkrete
Übersicht über weitere in Frage kommende
BAYERN gemeinsame Handlungsfelder nebst zuständi-
Donau Passau gen Personen. Auch gibt es seither einen zent-
ralen Ansprechpartner für den Naturpark in
AT der Nationalparkverwaltung.

Nationalparkregion Bayerischer Wald

Daten und Fakten Naturpark Bayerischer Wald Nationalpark Bayerischer Wald

Fläche : 278.000 ha 24.250 ha

Gründungsjahr : 1967 1970

Träger : Naturpark Bayerischer Wald e. V. Freistaat Bayern

Gebietstypische Arten : u. a. Auerhuhn, Fischotter, Luchs, u. a. Auerhuhn, Dreizehenspecht,


Wachtelkönig, Wasseramsel, Luchs, Habichtskauz, Buchdru­
Holunderorchis, Sumpfbärlapp, cker, Rothirsch, Fichte, Tanne,
Sonnentau, Buche, Fichte Zunderschwamm, Bergsoldanelle

Zusammenarbeit seit : 1970 ( intensiv nach der Nationalparkerweiterung 1997 )

Aktuell z. B. Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit für das Projekt „Tierisch wild“; Veranstaltungen
und Einrichtungen ( z. B. Nationalparkinfostelle im Naturparkhaus ); naturtouristische Projekte
( z. B. Fahrtziel Natur ); gemeinsame Artenschutz- und Monitoringprojekte
Naturpark und Nationalpark in der Eifel:

Gemeinsam stark, damit Natur


für ALLE erlebbar wird

Das Kooperationsprojekt im Rahmen des des regionalen Prädikats „Nationalpark“ über-


19
F+E-Vorhabens fügt sich konsequent in eine wiegend im Naturpark erfolgt.
vor mehr als zehn Jahren begonnene Entwick- Tourismus und Umweltbildung, insbeson-
lung ein: Menschen mit und ohne Behinde- dere die naturverträgliche und barrierefreie
rung werden in der Nationalparkregion Eifel Gestaltung der Naturerlebnisangebote, stehen
willkommen geheißen. Dazu ist es erforder- im Mittelpunkt der intensiven Zusammen­
lich, nicht nur einzelne Naturerlebnisangebo- arbeit. Daraus erwachsen gemeinsame Hand-
te, sondern die gesamte touristische Dienst- lungen in weiteren Bereichen, wie beispiels-
leistungskette barrierefrei zu gestalten und weise naturschutzfachlich begründete
touristische Anbieter entsprechend zu schulen. Maß­nahmen der Besucherlenkung.
Natur- und Nationalpark betrachten sich Der Ausbau der barrierefreien Angebote
als eine gemeinsame Region, definieren von wird von Beginn an gemeinsam vorangetrie-
Beginn an gemeinsame Ziele und Stärken und ben. Die Nationalparkverwaltung hat „Barrie-
tragen das Bild der „Nationalparkregion Eifel“ refreiheit“ als eine Quer­schnittsaufgabe defi-
in gemeinsamer Presse- und Öffentlichkeits- niert und mit einer Fachkraft besetzt.
arbeit nach außen. Beiden Partnern ist be-
wusst, dass sich im Bereich „Naturerlebnis
und Umweltbildung“ ihre Stärken sinnvoll
In der Nationalparkregion Eifel finden Menschen mit und
ergänzen und zur gemeinsamen Kernkom­
ohne Behinderung immer mehr barrierefrei qualifizierte
petenz verschmelzen: Während Naturerlebnis Angebote, wie z. B. im Barrierefreien Natur-Erlebnisraum
und Umweltbildung im Nationalpark zwar in Wilder Kermeter ( Nationalparkverwaltung Eifel )
großer Zahl und hoher Qualität, doch flä-
chenmäßig und infrastrukturell nur einge-
schränkt angeboten werden können, bietet der
Naturpark – zusätzlich zu Bildungs- und
Natur­erlebnismöglichkeiten – die touristische
Infrastruktur: vor allem Übernachtungs- und
Gastronomiebetriebe, aber auch weitere,
­
insbesondere für Gäste mit Behinderung
­
wichtige Dienstleistungen wie barrierefreie
Transport- und medizinische Versorgungs-
möglichkeiten. Von den insgesamt 50 Natio-
nalpark-Gastgebern sind mittlerweile 14
­Betriebe auf Barrierefreiheit geprüft und ihre
Mitarbeiter im Umgang mit Gästen mit Be-
hinderung geschult. Beiden Partnern ist be-
wusst, dass die wirtschaftliche Inwertsetzung
setzung des gemeinsamen Ziels. Damit neh-
NL Aachen
Düren men beide eine gemeinsame Vorreiterrolle ein,
die sowohl innerhalb der Region als auch
Nordrhein-
überregional aufzuzeigen vermag, dass sich die
Westfalen
Belange des Naturschutzes und die der Barri-
erefreiheit nicht widersprechen, sondern her-
vorragend ergänzen können.
Nationalpark Die Kooperation führt zu ganz konkreten
Eifel Synergieeffekten, z. B. bei der Vermarktung
der barrierefreien Angebote. Beide Verwaltun-
Deutsch-Belgischer gen ergänzen sich in den ihnen zur Verfügung
Naturpark Hohes Venn – Eifel stehenden Kanälen und verweisen in eigenen
Medien stets auch auf die Angebote des
B ­Partners. Alle barrierefreien Angebote in der
St. Vith Nationalparkregion Eifel werden unter
­
20
www.eifel-barrierefrei.de gebündelt darge-
Gerolstein stellt. Dies hat sich als ein wirkungsvolles Ins-
trument erwiesen, um Informationen insbe-
Rheinland- sondere für Besucher mit Behinderung weit
Pfalz zu verbreiten. Ein weiterer wichtiger Erfolgs­
L faktor ist der kontinuierliche, gute Kontakt zu
Vertretern der Behindertenverbände und
Nationalparkregion Eifel ­betroffenen Menschen sowie die Beteiligung
regionaler Akteure (Unterkunfts- und
Gastronomie­betriebe, Kommunen, Touristi-
Entscheidungsträger beider NNL-Verwaltun- ker etc.) an Projektmaßnahmen. Die enge Ko-
gen führen regelmäßig Abstimmungsgesprä- operation aller Beteiligten und das gemeinsa-
che. Als einen der wichtigsten Aspekte der me Ziel der Nationalparkregion Eifel,
jahrelangen, erfolgreichen Kooperation beto- herausragende Naturerlebnisse für ALLE an-
nen beide die Zusammenarbeit auf Augenhö- zubieten, macht den Erfolg von „Eifel barriere-
he, gekennzeichnet durch gegenseitigen Res- frei“ aus.
pekt und einen offenen Umgang miteinander.
Eine vorausschauende Planung unter Berück-
sichtigung der unterschiedlichen Kapazitäten
der Partner ermöglicht die schrittweise Um-

Daten und Fakten Deutsch-Belgischer Naturpark Nationalpark Eifel


Hohes Venn – Eifel

Fläche : 280.000 ha 11.000 ha

Gründungsjahr : 1960 ( deutscher Teil ) 2004

Träger : Verein Naturpark Nordeifel e. V. Land Nordrhein-Westfalen


( deutscher Teil )

Gebietstypische Arten : u. a. Wacholderheide, Wildnarzis­ u. a. Rothirsch, Biber, Wildkatze,


se, Küchenschelle, Monschauer Uhu, Schwarzstorch, Schwarz-
Heckenlandschaft, Moorlilie, Arni­ und Mittelspecht, Mauereidechse,
ka, Galmeiflora, zwiebeltragende Gelbe Narzisse, Astlose Graslilie
Zahnwurz

Zusammenarbeit seit : 2004

Vor allem im Bereich barrierefreier Besucherlenkung, Besucherinformation und Naturbildung in


der gemeinsamen Nationalparkregion Eifel (mehr unter www.eifel-barrierefrei.de)
Naturpark und Biosphärenreservat in der Region Elbtalaue-Wendland:

Gemeinsam stark, um Vielfalt


sichtbar zu machen

In der stark eiszeitlich geprägten Elbregion Zusammenhänge. Eine der vorgestellten Be-
21
mit den Hängen und Höhen entlang des sonderheiten ist die Acker-Feuerlilie (Lilium
Elbe-Urstromtals grenzen Naturpark und bulbiferum). Der traditionelle Anbau von Rog-
Biosphärenreservat auf rund 120 Kilometern gen auf Sandäckern führte zu ihrer flächigen
unmittelbar aneinander. Das Kooperations- Verbreitung, ihr Bestand ist in den letzten
projekt im Rahmen des F+E-Vorhabens stell- Jahrzehnten allerdings stark zurückgegangen.
te die gemeinsame Grenze als verbindendes Um eines der wenigen erhaltenen Vorkom-
Element in den Fokus: Auf rund 25 Kilome- men zu bewahren, war es notwendig, aufkom-
tern entlang des Geesthangs wurden natur- mende Gehölze zu entfernen. Nicht nur die
kundliche und kulturhistorische Besonderhei- Feuerlilie, auch weitere für Trockenrasen
ten sichtbar gemacht. An 31 ausgewählten typische Tier- und Pflanzenarten profitieren
Standorten sind Spuren des Landschaftswan- von dieser Maßnahme. Auch dieser Zusam-
dels und die Vielfalt von Lebensräumen erleb- menhang wird durch die Broschüre sichtbar.
bar. Eine gemeinsam erarbeitete Broschüre Das Bewusstmachen der gemeinsamen
stellt diese Stationen vor, erläutert kultur­ Landschaftsgeschichte und der landschaft­
historische Ursachen und naturkundliche lichen sowie funktionalen Verzahnung beider
Gebiete wird dazu beitragen, dass sie zukünf-
tig noch stärker als „Biosphärenregion“ wahr-
Feuerlilien waren früher häufige Begleiter in
genommen werden – von Anwohnern und
Roggenbeständen auf Sandäckern (Uwe Franzen)
Besuchern, aber auch von den Mitarbei­
terInnen der Verwaltungen selbst. Zumal
deutlich wird, dass der Naturpark nicht nur
rein touristische, sondern auch naturschutz-
fachliche Aufgaben erfüllt.
Die gemeinsame Zielstellung des Projektes
war schnell gefunden. Aufgaben und Ziele
beider Gebiete ähneln oder gleichen sich viel-
fach. Dazu gehören Schutz, Pflege und Ent-
wicklung der Landschaft, Erhalt der Kultur-
landschaft, Förderung einer nachhaltigen
Regionalentwicklung, Sicherung eines um-
welt- und sozialverträglichen Tourismus,
Durchführung von Bildungs-, Informations-
und Öffentlichkeitsarbeit sowie Maßnahmen
zur Besucherlenkung. Daher bestehen schon
seit längerem Kooperationen – auch über das
beschriebene Projekt hinaus.
Während der Naturpark fünf Außendienst- Wesentlichen durch das Biosphärenreservat
und nur einen Innendienstmitarbeiter übernommen und anschließend mit dem
beschäftigt, verhält es sich beim Biosphären­ Naturpark abgestimmt, während die Arten-
reservat umgekehrt. Hier kommt ein schutzmaßnahmen zur Sicherung des Feuer­
Außendienstmitarbeiter auf zwölf Innen- lilien-Vorkommens von den Naturparkmitar-
dienstmitarbeiterInnen. Bewusst wird ver- beitern durchgeführt wurden. Die klare
sucht, diese Situation zum Vorteil für beide Abstimmung und Verteilung der Federfüh-
Partner werden zu lassen und für die Durch- rung für einzelne Arbeitsschritte hat sich in
führung von Projekten zu nutzen. So wurden diesem wie auch in anderen gemeinsamen
bei der Erstellung der Broschüre konzeptio- Projekten als sinnvoll erwiesen.
nelle und redaktionelle Vorarbeiten im So waren Teile des erst 2002 ausgewiese-
nen Biosphärenreservats vorher jahrzehnte-
lang Naturparkflächen. Daher wurden und
werden Pflegearbeiten an vielen Beschilderun-
SCHLESWIG- gen und Wanderwegen traditionell durch
22
MECKLENBURG- Naturparkmitarbeiter durchgeführt. Ein insti-
HOLSTEIN
VORPOMMERN tutionalisierter Kooperationsvertrag zwischen
Elbe
Biosphärenreservat
Naturpark und Biosphärenreservat regelt die
Ludwigslust Zusammenarbeit auch unabhängig von betei-
Niedersächsiche
Elbtalaue ligten Personen und auf Dauer.
Lüneburg In der Elbe-Wendland-Region sind viele
regionale Netzwerke aktiv. Die gemeinsame
BRANDEN- Mitwirkung der NNL-Verwaltungen in die-
BURG sen Netzwerken begünstigt auch die Entwick-
NIEDERSACHSEN Naturpark Wittenberge lung neuer Kooperationsprojekte. Der Anstoß
Elbhöhen-Wendland kommt häufig von Akteuren, die nicht unmit-
Uelzen telbar in den NNL-Verwaltungen mitarbei-
SACHSEN- ten. Kontinuierliche, aktive Netzwerkarbeit
Salzwedel ANHALT hilft, Aspekte der Regionalentwicklung und
des Naturschutzes dauerhaft miteinander zu
Biosphärenregion Elbtalaue-Wendland verknüpfen.

Daten und Fakten Naturpark Elbhöhen-Wendland Biosphärenreservat


Niedersächsische Elbtalaue

Fläche : 115.994 ha 56.760 ha

Gründungsjahr : 1968 ( früher Naturpark Elbufer- 2002


Drawehn )

Träger : Naturpark Elbhöhen- Land Niedersachsen


Wendland e. V.

Gebietstypische Arten : u. a. Bachmuschel, Brachpieper, u. a. Elbspitzklette, Schwarz­


Feuerlilie, Gewöhnliche Kuhschel­ pappel, Brenndolde, Weißstorch,
le, Hirschkäfer, Kranich, Leber­ Nordische Gänse und Schwäne,
blümchen, Ortolan, Schwarz­ Seeadler, Biber, Fischotter,
storch, Wolf Großes Mausohr, Rotbauchunke

Zusammenarbeit seit : 2003

Aktuell z. B. Übernahme von Pflegearbeiten an Beschilderungen und Wanderwegen durch


Naturparkmitarbeiter im Biosphärenreservat ( institutionalisierte Kooperationsvereinbarung ),
Besucherinformation und -lenkung Biotopflege, Mitwirkung in regionalen Arbeitskreisen;
gemeinsame Internetseite im Aufbau : www.biosphaerenregion-elbtalaue-wendland.de
Naturpark und Nationalpark in der Hainich-Region:

Gemeinsam stark für Wildnis und


Kulturlandschaft

Der durch ausgedehnte Laubwälder geprägte


23
Hainich ist einer der drei charakteristischen,
namensgebenden Landschaftsbestandteile des
Naturparks. Im Südteil liegt, eingebettet in
den Naturpark, der Nationalpark Hainich.
Beide NNL werden als Dienststellen des
Thüringer Umweltministeriums staatlich ver-
waltet. Dies und eine enge Verzahnung der
Wirkungsbereiche bilden die Basis für eine
Zusammenarbeit in allen Handlungsfeldern.
Durch die Naturpark-Verordnung von 2011
wurde zudem eine klare rechtliche Grundlage
für die Zusammenarbeit geschaffen.
Zur Einrichtung von Truppenübungsplät-
zen wurden weite Flächen entwaldet. Nach
der Gründung des Nationalparks fasst der
Wald hier wieder Fuß. Tier- und Pflanzenar-
Intensiv genutzte Ackerflächen und die Kernzone des
ten des Offenlandes, die hier ein Refugium ge-
­Nationalparks stoßen im Bereich der Fuchsfarm aufeinander
funden hatten, werden jetzt wieder verdrängt.
( Dieter Mey/ Naturparkverwaltung )
Gemeinsam gehen Naturpark und National-
park nun der Frage nach, wie sich die unge-
störte Entwicklung der Natur im National- wird in die umgebenden Naturparkflächen,
park auf einzelne Arten auswirkt und welche wo sie schon immer auch heimisch war, abge-
Konsequenzen sich daraus ergeben. Wie kann drängt. Diese Entwicklung gilt es, in beiden
das Nationalparkumfeld gestaltet werden, da- Gebieten zu beobachten, ebenso wie die
mit einerseits die verdrängten Arten hier ein Entwicklung weiterer Leit­
­ arten, die den
geeignetes Rückzugsgebiet finden, anderer- Lebensraum auf den großflächigen Verbu-
­
seits aber auch der Wald im Nationalpark bes- schungsflächen und auf Magerrasen im
ser gegen negative Einflüsse von außen ge- Übergangs­ bereich von Nationalpark und
schützt wird? ­Naturpark kennzeichnen: Hier leben Arten
Ein Beispiel hierfür ist die Gelbbauchunke wie Braunkehlchen, Grauammer, Sperbergras­
(Bombina variegata). Auf den Truppen- mücke, Neuntöter und Wendehals sowie
übungsplätzen hatte sich eine der größten ­zahllose Insektenarten. Durch gezielte Biotop­
Gelbbauchunken-Populationen Deutschlands verbesserung im Naturpark sollen die
mit geschätzten 10.000 Individuen entwickelt. Populationen stabilisiert und der Fortbestand
Nach dem Abzug des Militärs reduzierte sich von bedrohten Tierarten gesichert werden.
die Population auf heute nur noch ca. 2.000 – Für andere Arten wiederum, die – wie z. B.
3.000 Individuen. Ein Teil der Population die Wildkatze – einen sehr großen Flächen­
achtet werden können. Durch die
Heilbad Heiligenstadt
vergleichsweise einfache Handhabung könnte
das NNL-Personal auch durch inte­ressierte
Naturpark Freiwillige unterstützt werden. Aufgrund
Eichsfels- THÜRINGEN knapper Personalressourcen ist die Umset-
Hainich- zung größerer Projekte nur möglich, wenn alle
Werratal
Kapazitäten und Mittel gebündelt werden.
Daher war es beiden NNL wichtig, gemein-
sam mit weiteren Partnern Wege zu finden,
Werra die der Umsetzung von Maßnahmen im
Bad
Langen- Natio­nalparkumfeld dienen.
salza Die Kooperation im Hainich wird direkt
HESSEN Nationalpark auf Leitungsebene übertragen. Beide Leiter le-
Hainich ben ihre Zusammenarbeit so überzeugend
vor, dass ihre Einstellung bis auf die Ebene der
24
MitarbeiterInnen Wirkung entfaltet. Der
­Leitungsbeschluss, gemeinsame Aktivitäten
Eisenach (z. B. Fortbildungsveranstaltungen und Weih-
nachtsfeiern) durchzuführen, trägt zusätzlich
Nationalparkregion Hainich
zu Teambildung und Kooperationsbereit-
schaft bei. Das hat bereits zur besseren Nut-
anspruch haben, gilt es, eine gebietsüber­ zung von Synergien in Natur- und National-
greifende Bestandserfassung (Moni­ toring) parkverwaltung geführt. Der Kontakt der
durchzuführen und ein geeignetes Biotop­­- Verwaltungen ist intensiver geworden, und
verbundsystem (Korridore) zu ent­wickeln. das Verständnis dafür, dass sich beide Gebiete
Im Rahmen des F+E-Vorhabens erarbeite- ergänzen, ist gestiegen. Die bewusste Reflexi-
ten beide NNL ein gemeinsames Monitoring- on der Zusammenarbeit gab zudem den
konzept, das sich an den begrenzten personel- Anstoß zu überprüfen, inwiefern die Feder-
len und finanziellen Ressourcen beider führung gleicher Aufgaben untereinander auf-
Verwaltungsstellen orientiert. So beschränkt geteilt werden kann (z. B. Fortbildung der
es sich z. B. auf wenige Leitarten und ausge- Umweltbildungsteams und Naturführer,
wählte Biotope, die mit einfachen Erfassungs- Datenein­gabe und -auswertung).
methoden untersucht und regelmäßig beob-

Daten und Fakten Naturpark Nationalpark Hainich


Eichsfeld-Hainich-Werratal

Fläche : 87.000 ha 7.500 ha

Gründungsjahr : 1990 ( 2011 – Rechtsverordnung ) 1997, Weltnaturerbe seit 2011

Träger : Freistaat Thüringen Freistaat Thüringen

Gebietstypische Arten : u. a. Eibe, Frauenschuh, Gemeine u. a. Rotbuche, Märzenbecher,


Küchenschelle, Silberdistel, Bärlauch, Waldgerste, Wildkatze,
Geburtshelferkröte, Großer Baummarder, Mittelspecht,
Abendsegler, Wildkatze, Uhu Bech­steinfledermaus, Laubfrosch,
Kammmolch

Zusammenarbeit seit: 1998

Aktuell z. B. Aus- und Fortbildung von Naturführern und Umweltbildungsteams, Mitarbeit in den
LEADER-RAG’s; wissenschaftlich fundiertes Monitoringkonzept als Grundlage für eine gezielte
Umfeldgestaltung des Nationalparks im Naturpark
Naturpark und Nationalpark im Harz:

Gemeinsam stark für die Perspektive


„Mensch – Natur“

Die Zusammenarbeit im Harz überschreitet Natur- und Nationalpark Harz haben ge-
25
Bundeslandgrenzen: Sowohl der National- meinsame, aber auch sich ergänzende Aufga-
park als auch der Naturpark Harz erstrecken ben in einer identitätsstiftenden Region. Bei-
sich über Teile Niedersachsens und Sachsen- den ist es z. B. wichtig, authentische kulturelle
Anhalts. Der sachsen-anhaltische Teil der Themen in ihre Naturschutzarbeit zu integ-
Nationalparkfläche ist Bestandteil des Natur- rieren. Dies war die Basis, um im Rahmen des
parks. Zur Gesamtregion „Harz“ gehören wei- F+E-Vorhabens ein konkretes Kooperations-
tere NNL: Der südliche Teil wird in Thürin- projekt zu starten. Am Beispiel der Harzer
gen durch den Naturpark Südharz, in Landschafts- und Kulturgeschichte lässt sich
Sachsen-Anhalt durch das Biosphärenreser- die Ausbeutung der Natur, der Bergbau, die
vat Karstlandschaft Südharz geprägt, dessen Einführung der Nachhaltigkeit und der heuti-
Gebiet ebenfalls Teil des Naturparks Harz ist. ge Wandel des Nachhaltigkeitsverständnisses
Im Harz besteht so eine breite gemeinsame verdeutlichen. Harzer Sagen spielen nicht nur
Grundlage für Kooperationen und eine struk- für Einheimische eine Rolle. Der National-
turelle Zusammenarbeit in regionalen Netz- park wirbt seit langem mit „sagenumwobener
werken und Gremien. Bergwildnis“ erfolgreich um Gäste. Einige der
Sagen und Erzählungen sind gut geeignet, die
Langfristigkeit natürlicher Prozesse und
Die konzipierte Erlebnisstation zum Thema Wasser wurde bereits umgesetzt
Nachhaltigkeit sowie die Ethik von Nutzung
(Design Office)
und Nutzungsverzicht zu beschreiben.
Den Mensch-Natur-Bezug mit Hilfe der
Harzer Sagen und Geschichte(n) erlebbar zu
gestalten, ist Anliegen des Kooperationspro-
jekts. Dazu eignet sich insbesondere der „Har-
zer Hexen-Stieg“. Der beliebte, zertifizierte
Themenwanderweg durchquert auf 97 Kilo-
metern beide NNL. Im Laufe des Projekts
wurden mit externer Unterstützung zwölf
über den Weg verteilte, thematisch verschie-
dene Erlebnisstationen geplant, die dazu anre-
gen, den eigenen Gedanken zum Mensch-Na-
tur-Verhältnis freien Lauf zu lassen. So gibt es
z. B. einen Standort, der durch eine Quelle
charakterisiert ist. Hier wurde eine Installati-
on aus Astholz und Natursteinen geplant, die
einen „Schutzkreis“ um die Quelle symboli-
siert und gleichzeitig reale Plätze zum Sitzen
bietet. Durch besondere, Gedanken anregen-
de „Schilder“ wird hier der Wert des Wassers wies sich einmal mehr als Vorteil: Je besser die
für den Menschen sowie der Verbund des Kompetenzbereiche und Arbeitsweisen des
Wassers im Harz und über den Harz hinaus Partners einschätzbar sind, umso unkompli-
thematisiert. zierter und vertrauensvoller gestaltet sich die
Diese und eine zweite Station konnten be- Zusammenarbeit. Jeder der beiden NNL-
reits realisiert werden. Das zehnjährige Jubilä- Partner konnte die eigenen Erfahrungen und
um des Harzer Hexen-Stiegs 2013 bildet ei- Kompetenzen in die notwendigen Abstim-
nen öffentlichkeitswirksamen Rahmen, um mungen einbringen, beispielsweise bei der
das Anliegen der NNL anhand der fertigge- Klärung von Eigentumsrechten oder der Prü-
stellten und der geplanten Stationen zu fung der Standorte auf Naturverträglichkeit.
verdeutlichen. Während der Nationalpark Haushaltsmittel
Die Projektverantwortlichen pflegen schon und Personal stärker in die Kooperation ein-
Jahre lang Kontakt auf Augenhöhe. Das er- bringen konnte, glich der Naturpark dieses
durch seine intensivere Netzwerkarbeit aus.
Die Netzwerke, mit denen insbesondere der
26
Naturpark in vielen Bereichen seiner Arbeit
verbunden ist, waren auch bei diesem Projekt
NIEDERSACHSEN eine große Unterstützung, z. B. Wanderführer,
SACHSEN-
Halberstadt ANHALT Harzklub-Zweigvereine und Kommunen.
Die nach außen hin deutlich gemachte Zu-
Nationalpark sammenarbeit von Natur- und Nationalpark
Harz steigert ihre Akzeptanz in der Bevölkerung,
insbesondere, da das gemeinsame Thema eine
Osterode
am Harz
Identifikation der Harzer mit ihrer Natur-
Naturpark Harz
und Landschaftsgeschichte ermöglicht. Somit
rücken auch die Schutzwürdigkeit dieser
Landschaft und damit der Schutzzweck bei-
Lutherstadt
Nordhausen Eisleben der NNL in den Fokus.
Langfristig gesehen ist ein daraus resultie-
THÜRINGEN render Akzeptanzgewinn mit Hilfe des ge-
wählten thematischen Hintergrundes von
großer Bedeutung für die NNL.
Länderübergreifende Region Harz

Daten und Fakten Naturpark Harz Nationalpark Harz

Fläche : 271.600 ha 24.700 ha

Gründungsjahr : 1960 ( NRP Harz, Niedersachsen ) 1990 ( Sachsen-Anhalt )


2003 ( NRP Harz, Sachsen-Anhalt ) 1994 ( Niedersachsen )
2010 ( NRP Südharz, Thüringen ) Fusion 2006
2012 ( NRP Harz, Sachsen-Anhalt,
Mansfelder Land )

Träger : Regionalverband Harz e. V. Länder Sachsen-Anhalt und


Niedersachsen

Gebietstypische Arten : u. a. Fichte, Buche, Traubeneiche, u. a. Fichte, Buche, Eberesche,
Elsbeere, Breitblättriges Knaben­ Brockenanemone, Wollgräser,
kraut, Harzer Labkraut, Wildkatze, Luchs, Wildkatze, Rothirsch, Reh,
Feuersalamander, Wasseramsel, Rauhfußkauz
Gebirgsstelze

Zusammenarbeit seit : 1990

Aktuell z. B. Besucherlenkung und -information ( z. B. Inszenierung der Mensch-Natur-Beziehung


mit Hilfe der Harzer Sagen und Geschichte; GeoPark Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen )
Naturpark und Nationalpark im Kellerwald:

Gemeinsam stark für eine Arche-Region

Die Arche-Region ist ein wichtiger Maßnah-


27
menraum im „Naturschutzgroßprojekt Keller-
wald-Region“. Träger und Kulisse des vom
Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des
Bundesumweltministeriums geförderten Na­
turschutzgroßprojekts ist der Naturpark Kel-
lerwald-Edersee, zu dem auch die National-
parkfläche gehört. Als Ausschnitt einer
kleinbäuerlichen Kulturlandschaft soll die Ar-
che-Region am Rande des Nationalparks ei-
nen wirksamen Puffer zur werdenden Wildnis
bilden. Innovative Begleitkonzepte in den Be-
reichen Landtourismus, Direktvermarktung Heidschnucken auf der Wacholderheide in Frankenau
(cognitio)
und Naturerlebnis sollen den Agrarstruktur-
wandel auffangen und die umweltgerechte
Landbewirtschaftung, Landschaftspflege und
Erholungsvorsorge befördern. Die „Arche-
Region“ greift die Initiative „Arche-Hof “ der park mit sich bringt. In Kooperation wurden
Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefähr- und werden Projekte realisiert, die eines der
deter Nutztierrassen e. V. (GEH ) auf und Gebiete allein nicht schultern kann. So ist z. B.
überträgt sie auf eine ganze Region. Modell- klar, dass der Nationalpark gewerbliche und
haft werden Landschaftssicherung, natur- touristische Einrichtungen nicht in den engen
schutzgemäße Bewirtschaftung, Erhaltung al- Schutzgebietsgrenzen mit dem Ziel „Natur
ter Haustierrassen, Naturtourismus und Natur sein lassen“ und der Weltnaturerbestät-
Umweltbildung vereint. Letztendliches Ziel te platzieren kann. Besuchereinrichtungen
ist der wirksame Erhalt der biologischen Viel- und höher frequentierte Naturerlebnisange-
falt vom Artenspektrum der Kulturlandschaft bote sind daher im Rahmen einer naturver-
bis zu den gefährdeten Haustierrassen und träglichen Besucherlenkung ausschließlich in
den gefährdeten landwirtschaftlichen Kultur­- Besucherzonen und im Pufferbereich um den
formen. Nationalpark angesiedelt bzw. geplant. Dies
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde von erfordert eine enge Abstimmung und partner-
Beginn an nach einer geeigneten, langfristig schaftliche Herangehensweise sowie eine
funktionierenden Kooperationsform zwi- transparente Trennung der Raumaktivitäten
schen Naturpark, Nationalpark und der Inte- und Themen. So können Veranstaltungen
ressengemeinschaft Arche-Region gesucht. über einen Veranstaltungskalender gemein-
Frühzeitig haben beide NNL-Verwaltungen sam beworben und publikumswirksame Akti-
die Probleme und Chancen erkannt, die die onen im Pufferbereich des Nationalparks und
Einbettung des Nationalparks in den Natur- damit im Naturpark etabliert werden.
hier aufs Eng­ste verzahnt. So zieht sich die
Kulturlandschaft über die Pflege- bzw. kultur-
HESSEN Edersee
historische Zone in den Nationalpark. Auch
Nationalpark dort benötigen die nach dem Nationalpark
Kellerwald- Fritzlar noch offenzuhaltenden Wiesen, Magerrasen
Edersee
und Heiden dauerhafte Pflege, die die frühere
extensive Nutzung imitieren.
Naturpark
Im F+E-Vorhaben wurde die Zusammen-
Kellerwald- arbeit zwischen Naturpark und Nationalpark
Edersee bewusst reflektiert und optimiert. Über Kom-
Frankenberg
munikationsprozesse innerhalb der Verwal-
tungen konnten gemeinsame Aufgabenfelder
im Schutzgebietsmanagement erkannt und
Arche-Region Kellerwald besser miteinander abgestimmt werden. Wei-
tere gemeinsame Projekte sind anvisiert.
28
Region Kellerwald-Edersee Förderlich ist, dass Naturparkverwaltung und
Nationalparkamt unter einem Dach, quasi
Die Arche-Region basiert auf einer Koopera- Flur an Flur arbeiten und daher die Abstim-
tion mehrerer Landwirtschafts- und Hobby- mungsprozesse und die allgemeine Kommu-
betriebe sowie weiterer Akteure aus Natur- nikation reibungslos verlaufen.
schutz, Wirtschaft und Verwaltung. Auch Je nach Projekt wird die Zusammenarbeit
wenn vielfältige, teilweise sehr unterschiedli- durch andere Partner ergänzt. Auch die
che Interessen potentieller Akteure im Detail Arche-Region benötigt viele Partner. Die
­
unter einen Hut gebracht werden müssen, ­gemeinsame Moderation des Entwicklungs­
arbeiten die Projektverantwortlichen in Na- prozesses der Arche-Region und die sichtba-
tur- und Nationalpark doch kontinuierlich, ren Ergebnisse haben dazu geführt, dass sich
mit viel Geduld und zeitlichem Engagement die beiden NNL als wichtige Ansprechpart-
an der Fortentwicklung der Kooperationen, ner für Naturschutz und nachhaltige Regio-
unter anderem durch die Etablierung eines nalentwicklung etablieren konnten. Die Ver-
Fördervereins. waltungen von Nationalpark und Naturpark
Die Arche-Region bildet eine entscheiden- werden von regionalen Akteuren als eine stim-
de Schnittstelle für die Zusammenarbeit von mige und aktive Einheit wahrgenommen. Die-
Naturpark und Nationalpark. Wildnis und se Tendenz wird durch eine gemeinsame
bäuerliche Kulturlandschaft, Naturschutz Außen­darstellung, z. B. mit einem Flyer zur
und nachhaltige Regionalentwicklung sind Arche-Region, gestärkt.

Daten und Fakten Naturpark Nationalpark


Kellerwald-Edersee Kellerwald-Edersee

Fläche : 40.631 ha 5.738 ha

Gründungsjahr : 2001 2004

Träger : Zweckverband Naturpark Land Hessen


Kellerwald-Edersee

Gebietstypische Arten : u. a. Rotmilan, Wasserfledermaus, u. a. Rotbuche, Pfingstnelke,


Schwarzstorch, Neuntöter, Breit­ Luchs, Wildkatze, Rothirsch,
blättriges Knabenkraut, Heide­ Schwarzstorch, Grauspecht,
nelke, Astlose Graslilie 18 Fledermausarten, Feuersala­
mander, Totholzkäfer

Zusammenarbeit seit : 2004

Aktuell z. B. Naturschutzgroßprojekt Kellerwald-Region, u. a. Entwicklung der „Arche-Region


Kellerwald“ ( regionale Vernetzung, Landschaftspflege, naturverträglicher Tourismus )
Naturpark und Nationalpark in der Müritz-Region:

Gemeinsam stark für den Schutz


von Gewässern

In den Nationalen Naturlandschaften finden überhöhte Nährstoffeinträge in Gewässer, die


29
oftmals Landnutzungen statt, deren Auswir- zu teils irreparablen Schäden an Gewässern in
kungen mit den Schutzzielen nicht vereinbar den NNL führen. So ist z. B. der Grünower
sind. Hier gilt es, sich mit Interessengruppen See, an dem das Jugendwaldheim des Müritz-
der Landnutzung auseinanderzusetzen und Nationalparks liegt, so stark belastet, dass er
Möglichkeiten zu finden, um aktuelle Ent- für Umweltbildungs- und Freizeitaktivitäten
wicklungen im Sinne der Schutzziele zu be- nicht mehr nutzbar ist.
einflussen. Mit den Auswirkungen der „guten In der fachlichen und gesellschaftlichen
fachlichen Praxis“ der Landwirtschaft hat sich Diskussion streitet die Landwirtschaft regel-
das Kooperationsprojekt von Naturpark Feld- mäßig eine direkte Verantwortung ab und
berger Seenlandschaft und Müritz-National- negiert einen Kausalzusammenhang bzw.
park befasst. stellt andere Ursachen in den Vordergrund.
In der Müritz-Region arbeiten die Land- Da die „gute fachliche Praxis“ sehr weitgehen-
wirte hochintensiv mit einem massivem Ein- de Maßnahmen intensiver Nutzung zulässt
satz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln und die Landwirtschaft eine starke politische
auf den Flächen. Für den Naturschutz entste- Lobby hinter sich weiß, ist es für die NNL
hen Probleme unter anderem durch die Zer- schwierig, hier praktische Verbesserungen
störung der Lebensräume für Tier- und Pflan- bzw. Entlastungen zu erreichen. Mit Hilfe ei-
zenarten und nicht zuletzt durch einen flächig nes Gutachtens, das die vorhandenen Dräna-
massiven Nährstoffeintrag. Die Folge sind gesysteme konkret erfasst und die daraus re-
sultierenden Nährstoffeinträge abschätzend
Das Jugendwaldheim des Müritz-Nationalparks am Grünower See kann das stark beurteilt hat, konnten konkrete Vorschläge
belastete Gewässer nicht mehr für Umweltbildung und Freizeit nutzen (Claus Weber) für Nährstoffrückhaltung und Feuchtgebiets-
renaturierung erarbeitet werden. Damit wur-
de eine Argumentationsgrundlage geschaffen,
die von Landwirten und Politik nicht einfach
wegzudiskutieren ist. Sie dient den beiden
NNL-Verwaltungen als Voraussetzung, um
mit den verschiedenen Inte­ressengruppen eine
Verringerung der Nährstoffbelastung des Ge-
wässersystems und eine Sanierung des Grü-
nower Sees zu diskutieren.
Zwischen beiden Gebieten besteht eine
enge landschaftsökologische Verzahnung. So
führt das gemeinsame Gewässernetz z. B. zu
Stofftransporten und -ablagerungen von ei-
nem Gebiet in das andere. Für beide NNL-
Verwaltungen liegt es nahe, auf der Grundla-
ren. Die formalen Hindernisse sind minimal.
Anklam Der direkte persönliche Austausch zwischen
MECKLENBURG
Güstrow
VORPOMMERN den Mitarbeitern vor Ort wird von beiden
Seiten als entscheidender Faktor eingeschätzt.
Aufgrund seiner deutlich höheren Kapazitä-
Müritz- Neubrandenburg ten kann das Nationalparkamt den Naturpark
Waren Nationalpark
Naturpark Feldberger
auf Anfrage im Sinne der Amtshilfe auch per-
Seenlandschaft sonell und technisch unterstützen. Beispiele
Neu- hierfür sind die Mitwirkung bei Brutvogelkar-
Müritz strelitz
tierungen im Naturpark oder die Unterstüt-
zung bei Verkehrssicherungsmaßnahmen mit
Personal ( Motorsägenführer ) und Technik.
Doch die eklatant unterschied­liche Ausstat-
BRANDENBURG tung der Verwaltungen wird durchaus auch
als hinderlich beschrieben. Die Minimalbeset-
30
zung der Naturparkverwaltung sowie der wei-
Region Müritz/Feldberger Seenlandschaft
tere Personalabbau in der Nationalparkver-
waltung bewirken zwar die verstärkte
ge identischer Ziele gemeinsam vorzugehen. Nutzung von Synergien und ein effektiveres
Schon viele Jahre arbeiten sie durch einen Denken, sind aber doch das entscheidende
regelmäßigen Informationsaustausch und
­ Hemmnis für einen notwendigen, über das
­gemeinsame Argumentationslinien zusam- Tagesgeschäft hinausgehenden Erfahrungs-
men. Synergien entstehen z. B. durch vernetz- austausch oder für die gemeinsame Planung
tes Wissen und die Bündelung ihrer weiterer Projekte. Was bleibt, ist die Konzen-
„Argu­­mente“, mit denen sie gemeinsam auf tration auf das unmittelbar Not­wendige.
Lösungen drängen. Im vorliegenden Beispiel Die Umsetzung weiterer gemeinsamer
können beide NNL-Verwaltungen betonen, Projekte bedarf daher einer sorgfältigen und
dass der massive Nährstoffeintrag negative langfristigen Vorbereitung. Der Nationalpark
Auswirkungen auf die Nutzungsfähigkeit der und der Naturpark haben vereinbart, einen
Ressourcen und auf den umweltverträglichen festen Termin im Jahr zu finden, an dem ge-
Tourismus hat und dass die Lebensräume und meinsam reflektiert und neue Projekte geplant
-prozesse beeinträchtigt werden. werden können. Und auch das zuständige
Positiv für die Zusammenarbeit ist, dass Landesministerium hat regelmäßige Dienst-
beide Verwaltungen zum selben Dienstherrn, beratungen aller NNL in Mecklenburg-Vor-
dem Land Mecklenburg-Vorpommern, gehö- pommern wieder eingeführt.

Daten und Fakten Naturpark Feldberger Müritz-Nationalpark


Seenlandschaft

Fläche : 34.700 ha 32.200 ha


( Teilgebiet Müritz 26.000 ha,
Teilgebiet Serrahn 6.200 ha )

Gründungsjahr : 1997 1990

Träger : Land Mecklenburg-Vorpommern Land Mecklenburg-Vorpommern

Gebietstypische Arten : u. a. Breitblättriges Knabenkraut, u. a. Rothirsch, Fischotter, See-


Buschwindröschen, Wollgras, und Fischadler, Kranich, Rot­
Seeadler, Fischadler, Schreiadler, buche, Schneidried, Wollgras,
Fischotter, Biber, Weißstorch, Rohrdommel, Moorfrosch,
Laubfrosch Buchen-Schleimrübling

Zusammenarbeit seit : 1997

Aktuell z. B. Erarbeitung und Diskussion eines Sanierungsansatzes für den Grünower See auf
der Grundlage eines wissenschaftlichen Gutachtens zur Erfassung der Nährstoffeinträge
Naturpark und Biosphärenreservat in der Rhön:

Gemeinsam stark für erhebende


Ein- und Aussichten

„Die Rhön: einfach erhebend“ – unter diesem


31
Label werden die Aktivitäten zur Regional-
entwicklung der Rhön vereint und Einhei­
mischen und Gästen gleichermaßen nahe­
gebracht. Über drei Bundesländer hinweg
arbeiten bayerische, hessische und thüringi-
sche Verwaltungen, Institutionen und Vereine
gemeinsam an der wirtschaftlichen Entwick-
lung der Rhön. Eines der erklärten Ziele ist
die Etablierung eines nachhaltigen Tourismus,
in dem naturverträgliche Erholungsformen
wie z. B. das Wandern eine zentrale Rolle spie-
len. Hierbei wirken das Biosphärenreservat
Das „Land der offenen Fernen“ ist beim Wandern
Rhön mit den drei Verwaltungsstellen in Bay-
besonders gut zu erleben (Arnulf Müller)
ern, Hessen und Thüringen sowie die beiden
Naturparkverwaltungen Hessische Rhön und
Bayerische Rhön maßgeblich mit. Im Mittel- technisch und personell so ausgestattet, dass
punkt des Wandertourismus steht der auch aufwändigere Arbeitsmaßnahmen wie
„HOCHRHÖNER“, im Jahr 2006 vom Materialtransport und Installa-
Deutschen Wanderinstitut als Premiumweg tion im Gelände möglich sind. Die Biosphä-
ausgezeichnet. Er erstreckt sich auf 175 Kilo- renreservatsverwaltungen wiederum können
metern über die Grenzen von Bayern, Hessen unkompliziert Personal für das Auslesen der
und Thüringen durch die gesamte Rhön. Daten und ihre Weiterverarbeitung zur Ver-
Eine Evaluierung und Optimierung des fügung stellen. Zusätzlich zu der im Jahr 2011
Wandertourismus rund um den HOCH­ begonnenen quantitativen Er­fassung des Be-
RHÖNER führen die Verwaltungsstellen des sucheraufkommens konnte im Rahmen des
Biosphärenreservats und der beiden Natur- F+E-Vorhabens im Oktober 2011 und im Mai
parks in Kooperation durch. Daten erheben, 2012 eine umfangreiche Besucherbefragung
um Einsichten zu gewinnen: Mit Hilfe eines realisiert werden. Die insgesamt 676 Inter-
umfassenden Besuchermonitorings sollen views wurden von 23 Freiwilligen, die über ei-
konkrete Aussagen zur Frequentierung des nen Aufruf in der regionalen Presse geworben
Wegs, zum Profil der Wanderer und zum worden waren und eine entsprechende Schu-
Grad ihrer Zufriedenheit getroffen werden lung erhalten hatten, durchgeführt. Die Ergeb-
können. Neun Infrarot-Zählgeräte ­erfassen nisse aus der Zählung und der Befragung wer-
das Besucheraufkommen. Die Standorte der den in einem umfassenden Besuchermonitoring
Zählung sowie die erforderlichen ­Arbeiten abgebildet und evaluiert – dabei soll die Situa-
werden miteinander abgestimmt. Beispiels- tion in naturschutz­fachlich sensiblen Bereichen
weise sind die beiden Naturparkverwaltungen einer kritischen Prüfung unter­zogen werden.
Die drei Biosphärenreservatsverwaltungen zusammenzuarbeiten, war eine wichtige Vor-
verfolgen gemäß ihrem Auftrag dieselben Zie- aussetzung für den Erfolg. Aufgrund eines
le – mit unterschiedlichen Schwerpunktset- gemeinsamen Budgets der Biosphärenreser-
zungen. Ein Verwaltungsabkommen regelt die vatsverwaltungen ist eine länderübergreifende
diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen Finanzierung von gemeinsamen Maßnahmen
Bayern, Hessen und Thüringen. Da der möglich, was zusätzlich unterstützend wirkte.
HOCHRHÖNER ebenfalls über alle drei In einem dreijährig wechselnden Turnus ist je-
Bundesländer verläuft, konnte das Besucher- weils eine Verwaltungsstelle „federführend“
monitoring nur durch eine länder- bzw. insti- bei länderübergreifenden Projekten tätig. Im
tutionsübergreifende Zusammenarbeit reali- bayerischen Teil bestehen sehr kurze Abstim-
siert werden, in die auch die beiden mungswege zwischen Naturpark- und Bio-
Naturparks einbezogen waren. Der gemein­ sphärenreservatsverwaltung, weil beide im sel-
same Wille, in dieser konkreten Maßnahme ben Gebäude sitzen. Die Hessische
Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats
Rhön und der Naturpark Hessische Rhön
32
THÜRINGEN sind mittlerweile sogar in einem gemeinsamen
Fachdienst des Landratsamtes Fulda zusam-
HESSEN Bad Salzungen mengefasst und werden von einer Person ge-
leitet, wodurch eine zentrale und personelle
Bündelung der Interessen möglich geworden
ist. Durch den Austausch in verschiedenen
Biosphären- Gremien und Foren (z. B. ARGE Rhön) exis-
reservat Meiningen tiert ein regelmäßiger Kontakt zwischen den
Naturpark
Rhön Institu­tionen – auch auf unterschiedlichen
Fulda Hessische Rhön
Arbeits­ebenen.
Letztendlich ist auch bei diesem Projekt
die Zeit der limitierende Faktor. Obwohl alle
Akteure es wollen und die Strukturen eine
Zusammenarbeit ermöglichen, ist jeder in sei-
ne originären Aufgaben eingebunden und nur
Naturpark in beschränktem Umfang in der Lage, zusätz-
Bayerische Rhön liche Aufgaben zu übernehmen. Umso wichti-
BAYERN
ger ist es, bei künftigen Gemeinschaftsprojek-
Bad Kissingen ten den zeitlichen Aufwand möglichst präzise
zu ermitteln, um ggf. an anderen Stellen zeit­
liche Ressourcen zu mobilisieren. Auch die
Naturpark ­realisierbaren Aufgaben und ihre ressourcen­
Biosphärenreservat Schweinfurt
abhängige Verteilung auf die jeweiligen
Projektpartner sollten möglichst genau durch-
Länderübergreifende Region Rhön dacht und festgelegt werden.

Daten und Fakten Naturpark Naturpark Biosphärenreservat


Hessische Rhön Bayerische Rhön Rhön

Fläche : 72.000 ha 125.000 ha 185.939 ha

Gründungsjahr : 1964 1967 1991

Träger : Landkreis Fulda Naturpark und Biosphären­ Land Hessen, Freistaat Bayern
reservat Bayerische Rhön e. V. und Freistaat Thüringen

Gebietstypische Arten : u. a. Trollblume, Arnika, gewöhnliche Kuhschelle, Silberdistel, diverse Orchideenarten, Birkhuhn,
Schwarzstorch, Uhu, Rhönquellschnecke, Rotmilan, Wildkatze

Zusammenarbeit seit : 1991

Aktuell z. B. Wanderweltprojekt, Besuchermonitoring


Naturpark und Biosphärenreservat in der Südharz-Kyffhäuser-Region:

Gemeinsam stark für den Schutz


der Wildkatze

Acht Kooperationsbeispiele wurden in dieser vor allem wandernde Arten, insbesondere


33
Broschüre bisher vorgestellt. So vielfältig Großsäuger zu leiden.
diese sind, haben sie eines gemeinsam: Die Beide NNL haben sich daher das Ziel
Nationalen Naturlandschaften grenzen direkt gesetzt, die in ihren Gebieten vorhandenen
aneinander. Mit dem neunten Beispiel rücken Lebensräume für Wildkatzen und andere
zwei NNL in den Fokus, die keine gemeinsa- wandernde Arten besser miteinander zu ver-
me Grenze haben. Nicht nur eine durch Ver- netzen. Ein erster Schritt hierzu war die Pla-
kehrswege zerschnittene Agrarlandschaft liegt nung und Begleitung eines entsprechenden
zwischen ihnen, sondern, mehr noch, eine Gutachtens sowie eine erstmals gemeinsame
Bundeslandgrenze. Das staatlich verwaltete Öffentlichkeits­arbeit zum Thema Wildkatze.
Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz Auf Veranstaltungen können sie nun auch
gehört zu Sachsen-Anhalt, der ebenfalls staat- drei Rollups präsentieren, die verdeutlichen,
lich verwaltete Naturpark Kyffhäuser liegt in dass es sich um eine NNL-Kooperation han-
Thüringen. Doch weder für die Besucher der delt. Die erarbeiteten Handlungsempfehlun-
Region noch für die Tiere sind Ländergrenzen gen für umsetzbare Maßnahmen zur Verbes-
relevant. Unter den gegenwärtigen Rahmen- serung eines Biotopverbundes und die
bedingungen ermöglichen allerdings nur vom Dar­stellung potentieller Konfliktpunkte sol-
Bund geförderte Projekte eine direkte Zusam- len mit dem Wildkatzenwegeplan des BUND
menarbeit, denn die einzelnen Länder setzen e. V. abgeglichen und damit in ein überregio-
bei der Mittelvergabe im wahrsten Sinne des nales Projekt einfließen.
Wortes Grenzen.
Daher bot das bundesweite F+E-Vorhaben Großsäuger wie die Wildkatze legen weite Wege zurück, die durch
einen willkommenen Anstoß für ein Projekt, fehlende Biotopvernetzung erschwert sind (Gernot Pohl )
welches die Verbindung beider NNL deutlich
macht: Beiden war es wichtig zu erforschen,
wie und auf welchen Wegen ein genetischer
Austausch zwischen Wildkatzen-Populatio-
nen im Südharz und Kyffhäuser erfolgt. Tod-
funde bestätigten, dass es Verbindungen zwi-
schen den Waldgebieten der beiden NNL
geben muss. Die zwischen den beiden Gebie-
ten liegende Goldene Aue ist durch Besiede-
lung und überwiegend intensive landwirt-
schaftliche Nutzung geprägt. Mehrere stark
frequentierte Verkehrswege, unter anderem
eine Bundesautobahn und eine Bahntrasse,
„trennen“ die beiden NNL voneinander. Un-
ter der Zerschneidung der Landschaft haben
tung mit Gipskarstflächen, Streuobstwiesen
SACHSEN- und Trockenrasen, Buchenwäldern und Or-
ANHALT chideenvorkommen eine mögliche Basis, um
z. B. im Bereich Landschaftspflege zu koope-
rieren. Auch im Bereich umweltverträglicher
Biosphärenreservat Tourismus könnten gemeinsame Projekte zur
THÜRINGEN Karstlandschaft Südharz
Sanger- Verbesserung der touristischen Infrastruktur
hausen oder zur Vermarktung naturverträglicher
Talsperre Erlebnisangebote beitragen. Der Bereich
Kelbra Bildung für nachhaltige Entwicklung bietet
darüber hinaus weitere Anknüpfungsmöglich-
Naturpark
Sonders- Kyffhäuser keiten, um identische Ziele gemeinsam zu
hausen
verfolgen.
Eines wird durch diese länderüberschrei-
tende Zusammenarbeit besonders deutlich:
34
Eine Partnerschaft ist für beide NNL sinnvoll
und nutzbringend, obwohl sie in unterschied-
lichen Bundesländern liegen. Eine Partner-
Länderübergreifende Region Kyffhäuser/Südharz
schaft wird umso enger und langlebiger, je
sichtbarer und erfolgreicher gemeinsame
Durch das F+E-Vorhaben haben beide Maßnahmen sind. Da aber in der Regel hier-
Verwaltungen ihre Zusammenarbeit bewusst bei auch Sachmittel benötigt werden, können
reflektiert. Maßgeblich brachten sich beide diese bei der Umsetzung bislang nur in dem
Leiter in den Prozess ein. So konnten sie auch jeweiligen Bundesland eingesetzt werden.
dafür sorgen, dass sich die bislang eher spora- Dieser Nachteil sollte daher durch die Be-
dischen Fachkontakte der Mitarbeiter­Innen rücksichtigung in Vergabekriterien für För-
zu einer engeren, kontinuierlichen Zusam- dermittel des Bundes, aber auch von Stiftun-
menarbeit verdichteten. Mittlerweile finden gen abgemildert werden. In jedem Fall werden
regelmäßig Abstimmungen statt, so zur ge- über eine Kooperation die gemeinsamen An-
meinsamen Besucherlenkung, z. B. bei Kra- liegen des Naturschutzes, der nachhaltigen
nichwanderungen, oder zur Organisation von Regionalentwicklung und der Umweltbildung
Tagungen, Veranstaltungen und Exkursionen. durch einen Austausch von Informa­tionen
Auch für die Zukunft wurden Ideen ge- und ein gemeinsames Auftreten in der
schmiedet: So ist die ähnliche Naturausstat- Öffentlichkeit weiter gefördert.

Daten und Fakten Naturpark Kyffhäuser Biosphärenreservat


Karstlandschaft Südharz

Fläche : 30.500 ha 30.034 ha

Gründungsjahr : 2008 ( in Aufbau seit 1999 ) 2009 ( im Aufbau seit 1999 )

Träger : Freistaat Thüringen Land Sachsen-Anhalt

Gebietstypische Arten : u. a. Wachtelkönig, Wildkatze, u. a. Stattliches Knabenkraut,


Glattnatter, Kyffhäuserzikade, Ebensträußiges Gipskraut, Früh­
Salzstellen-Kamelläufer, Unga­ lings-Adonisröschen, Weißer
rischer Schildkäfer, Hirschkäfer, Diptam, Hirschkäfer, Schwalben­
Brand-Knabenkraut, Großes schwanz, Wanderfalke,
Federgras, Stengelloser Tragant Feuersalamander, Wildkatze,
Bachneunauge

Zusammenarbeit seit : 1999

Aktuell z. B. Verbund von Wildkatzenlebensräumen, Beratung und Konsultationen zu verschie­


denen Biotop- und Artenschutzproblemen, Abstimmungen zur gemeinsamen Besucherlenkung,
Organisation gemeinsamer Veranstaltungen
Vom Fallbeispiel zur übertragbaren Regel:

Wie können die Nationalen Naturland-


schaften zum System zusammenwachsen?
Übertragbare Beispiele bzw. verallgemeiner­ klappt in der Praxis nicht automatisch und
bare Konstellationen für eine Vernetzung nicht bei allen Personen gleichermaßen.
wurden hier ausführlich dargestellt. Es wurde Vor allem ist es wohl die Einstellung des
aufgezeigt, dass es trotz begrenzter Ressour- Leitungspersonals zur Kooperation, durch die
cen zu einem besseren Miteinander kommen sich erreichen lässt, dass MitarbeiterInnen in
kann, wenn für beide Partner Vorteile erkenn- den NNL-Verwaltungen positive kollegiale
35
bar werden. So können beispielsweise Kom- Beziehungen, auch über die Grenzen des eige-
petenzen gebündelt werden und damit zu ei- nen Gebiets hinaus, aufbauen. Eine aktive,
ner höheren „Schlagkraft“ führen. Ein positive Einstellung der Leitung bedeutet Mo-
miteinander abgestimmtes Vorgehen kann tivation und Rückenstärkung für „gemischte“
Doppelarbeit vermeiden und somit Ressour- Mitarbeiterteams. Hier kann die Leitungsebe-
cen einsparen, die anderweitig nutzbar sind. ne in einer Vorbildfunktion viel für die gegen-
Die Stärken des einen können gemeinsam ge- seitige Wertschätzung im gesamten Kollegi-
nutzt werden, um „Schwächen“ des anderen um, über die eigenen Gebietsgrenzen hinaus,
auszugleichen. tun. Unter anderem bewirken gezielte Team-
Diese und andere Sachfragen stehen beim bildungsmaßnahmen wie beispielsweise ge-
Aufbau von Kooperationen natürlich im Vor- meinsame interne Veranstaltungen, dass sich
dergrund. Doch gilt es daneben auch, eine das Personal gebietsübergreifend besser ken-
„persönliche Ebene“ von Kooperationsbezie- nenlernt. Am besten lernt man sich jedoch
hungen zu beachten, insbesondere, wenn es durch konkrete, gemeinsame Projektarbeit
um die Suche nach den richtigen (Ansprech-) kennen, und was vielleicht im ersten Projekt
Partnern für gemeinsame Projekte geht. Eine noch nicht so gut klappte, erhält durch ein
Begegnung auf Augenhöhe, für eine funk­ zweites gemeinsames Projekt die Chance, kor-
tionierende Zusammenarbeit unerlässlich, rigiert zu werden.

Rolle der LeiterInnen der NNL-Verwaltungs- bzw. Geschäftsstellen

LeiterInnen müssen Kooperation wollen, z. B. :

–– im Vorfeld gegenseitig die Erwartungen klären,

–– gemeinsame Interessen und Ziele, Stärken / Schwächen / Potentiale feststellen

–– die unterschiedlichen Kapazitäten der Partner beachten


(➝ Möglichkeiten des Mittel- und Personaleinsatzes gut planen )

–– die Zusammenarbeit reflektieren bzw. die unmittelbar Beteiligten zur Reflexion anregen
(➝ bewusst Möglichkeiten dafür schaffen )

–– geeignete MitarbeiterInnen mit sowohl fachlicher als auch sozialer Kompetenz


in Kooperationsprojekten einsetzen; ggf. Maßnahmen der Teambildung planen
Bund, Länder, Kommunen:

Wie können politische Entscheidungen


die Vernetzung der Nationalen
Naturlandschaften unterstützen?

36

Rahmenbedingungen müssen viele gute


Kooperationsansätze auf der Strecke bleiben.
Naturschutz ist in Deutschland „Länder­
sache“. Deshalb liegen viele der erforderlichen
Maßnahmen in der Verantwortung der Län-
der bzw. in der Verantwortung der Träger der
NNL. Etliche Maßnahmen erfordern jedoch
ein bundesweites, einheitliches Vorgehen. So
wurde das weltweite Übereinkommen über
die biologische Vielfalt ja auch nicht von den
Die aufgezeigten positiven Erfahrungen aus Ländern, sondern von der Bundesrepublik
der Praxis von NNL-Kooperationen sind Deutschland unterzeichnet. Die deutschen
prinzipiell übertragbar, auch wenn die jeweili- Nationalparks, Biosphärenreservate, viele
gen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten ­Naturparks und Naturschutzorganisationen
in jeder Partnerschaft individuell ausgelotet haben sich daher unter dem Dach von
werden müssen. Doch sind sich alle am Vor- ­EUROPARC Deutschland zu einem gemein-
haben beteiligten NNL einig: Die Qualität, samen länderübergreifenden Netzwerk zu-
aber auch die Quantität ihrer Zusammenar- sammengeschlossen. Ziel ist die bundesweit
beit ist von finanziellen und personellen Res- einheitliche Entwicklung der Nationalen Na-
sourcen und von den rechtlichen und struktu- turlandschaften zu einem nationalen Schutz-
rellen Rahmenbedingungen abhängig. Der gebietssystem sowie die Entwicklung und
wichtigste Faktor im Positiven wie auch im Überprüfung bundesweit einheitlicher Stan-
Negativen ist dabei sicherlich die „Ressource dards. Zur Umsetzung dieser Ziele wurde be-
Mensch“ und seine Bereitschaft zur Vernet- reits einiges geleistet: Es wurden Leitbilder für
zung und zur Kooperation. Eine Reihe von die Nationalparks, Biosphärenreservate und
flankierenden Maßnahmen kann diesen Fak- Naturparks erarbeitet und darauf aufbauend
tor aber stabilisieren und positive Ansätze ein Qualitäts­ management für Natur- und
fördern. ­Nationalparks entwickelt bzw. für Biosphä-
Nahezu unüberwindbare Grenzen zeigten renreservate weiterentwickelt. EUROPARC
sich allerdings insbesondere dort, wo unter­ Deutschland kooperiert unter anderem auf
finanzierte und unterbesetzte NNL-Verwal- dem Gebiet des Qualitätsmanagements mit
tungsstellen vor einer Vielzahl von Aufgaben dem Verband Deutscher Naturparke, unter
stehen, die sich im Missverhältnis zur Aus- dessen Dach ein Großteil der Naturparks­-
stattung befinden. Ohne eine Änderung der organi­siert ist.
37

Der Ortsbürgermeister von Stolberg/Harz, Ulrich Franke, begrüßt die projektbegleitende Arbeitsgruppe des Vernetzungsvorhabens
im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz (Heinz Noack)

Doch auch die Bundespolitik selbst ist aufge- Eine weitere Option wäre die Auflage einer
fordert, den Aufbau eines länderübergreifen- Förderkulisse analog der europäischen Ge-
den funktionalen Schutzgebietssystems zu meinschaftsinitiative INTERREG bzw. des
unterstützen. So hat sich im Rahmen des vom Ziels „Europäische Territoriale Zusammen­
Bund finanzierten F+E-Vorhabens die länder­ arbeit“ der aktuellen EU-Förderperiode.
übergreifende Verfügbarkeit von gemeinsa- Seitens der Länder bietet es sich an, die
men Projektmitteln für eine erfolgreiche Ko- Zusammenarbeit zwischen den NNL ihrer
operation zwischen dem Naturpark Zuständigkeit zu stärken. Es sind durchweg
Kyffhäuser und dem Biosphärenreservat positive Erfahrungen, die beispielsweise im
Karstlandschaft Südharz als besonders hilf- Freistaat Thüringen mit geringen zusätzlichen
reich erwiesen. Beide Gebiete sind durch eine personellen und finanziellen Mitteln gemacht
Ländergrenze „getrennt“. Eine Zusammenar- wurden. Durch gemeinsame Arbeitsberatun-
beit über Ländergrenzen hinweg ist in der Re- gen aller NNL des Landes, die etwa dreimal
gel weitaus aufwändiger als im Falle einer ge- pro Jahr stattfinden, wird sowohl ein effektiver
meinsamen Zugehörigkeit zu einem Bundes- Austausch der NNL untereinander als auch
land. Hier könnte seitens des Bundes eine der kontinuierliche Informationsfluss
Modifizierung von Vergabekriterien für För- ­zwischen Landesregierung und Naturparks,
dermittel vorhandener Projekttöpfe die Zu- Biosphärenreservaten und dem Nationalpark
sammenarbeit ermöglichen. Dies würde län- ­gewährleistet. Im Laufe der Jahre sind auf die-
derübergreifende Kooperationen begünstigen, se Weise viele gemeinsame Projekte auf den
so dass Nachteile, die durch die unterschied­ Weg gebracht worden, die von einer Verwal-
liche Landeszugehörigkeit entstehen, vermin- tung allein schwerlich oder gar nicht hätten
dert werden. umgesetzt werden können. Ein zusätzlicher
positiver Effekt ist zudem, dass hierbei staatli- Die Einbindung der beiden nichtstaatlichen
che Finanzmittel effektiver eingesetzt wurden. Verwaltungen durch jeweils eine staatliche
Beispielhaft sei das Pilotprojekt „Besuchermo- Gebietsverwaltung ( Biosphärenreservat Ves-
nitoring“ genannt, in dem eine Verwaltung für sertal / Thüringer Wald und Naturpark Thü-
die anderen die Erfahrungen mit Methoden ringer Wald sowie Naturpark Kyffhäuser und
und Messgeräten sammelte, damit alle davon Naturpark Südharz ) wird auch über die je-
profitieren können. Ein anderer Bereich für weilige Verordnung zum Gebiet gestärkt.
eine sinnvolle Kooperation liegt natürlich in Hier könnte bei künftigen Ausweisungen von
der überwiegend überregional ausgerichteten NNL ein Vernetzungsauftrag Bestandteil der
Öffentlichkeitsarbeit der NNL, die durch eine Ziele und Zwecke der Verwaltungen werden.
landesweite AG Öffentlichkeitsarbeit gema- Auch ein institutionalisierter Kooperations-
nagt. Auch hier werden Synergien erreicht, da vertrag zwischen NNL-Verwaltungen, wie es
sich einzelne MitarbeiterInnen mit Spezial- das Beispiel Naturpark Elbhöhen-Wendland
kenntnissen ergänzen und dadurch gegensei- und Bios­ phärenreservat Niedersächsische
tig helfen. Elbtalaue zeigt, ist eine Möglichkeit, Vernet-
38
zung auf Dauer und unabhängig von konkre-
ten Personen zu verankern.

Es lassen sich im Besonderen folgende Empfehlungen für Entscheidungsträger von Bund,


Ländern und Kommunen, ggf. Vereinen / Zweckverbänden ( je nach Trägerschaft der NNL )
formulieren:

Für den Bund:


–– Stärkung des Systems der NNL durch die Bereitstellung von Finanzierungsmöglichkeiten
für Projekte von Partnerschaften in mehreren Bundesländern, unabhängig von den
Ländergrenzen

Für die Länder:


–– Bereitstellung einer Struktur zur Vernetzung der NNL im Bundesland, mit deren Hilfe
fachliche Abstimmungsprozesse erfolgen und landesweite, die NNL betreffende Projekte
gemeinsam geschultert werden
–– Verankerung des Vernetzungsauftrags in der jeweiligen Festsetzungsurkunde der NNL
( z. B. dem Gesetz, der Verordnung oder der Erklärung )

Für die Träger:
–– Die NNL müssen personell und finanziell so ausgestattet sein, dass sie an Vernetzungs­
prozessen teilhaben können

Für EUROPARC Deutschland:


–– Angebot einer Austausch- und Informationsbörse zur Vernetzung der NNL
–– Initiieren von Projekten, die zur Vernetzung der NNL beitragen
–– Optimierung und Ausbau vorhandener Angebote für die NNL, die die Vernetzung befördern

Mit dieser Unterstützung können alle – lung eines Schutzgebietssystems in der Bun-
Regierungs- und Nichtregierungsorganisa­ desrepublik Deutschland entsprechend der
tionen – einen Beitrag leisten zur Entwick- Vorgaben der CBD.
Herausgeber : EUROPARC Deutschland e. V.
Friedrichstraße 60
10117 Berlin
Telefon 030. 288 78 82-0
Telefax 030. 288 78 82-16
info @ europarc-deutschland.de
www.europarc-deutschland.de
www.nationale-naturlandschaften.de

Redaktion : Kerstin Emonds


Dr. Johannes Hager
Jörg Nonnen

Redaktionsschluss : 05 / 2013

Bildnachweis : Titelbild : „Biosphärenreservat Bliesgau“


( Saarpfalz-Touristik / Eike Dubois ) 39

U2 / U3 : „Naturpark Ebbegebirge“


( Antonius Klein )

Gestaltung : Drei Dreizehn Werbeagentur GmbH, Berlin

Lektorat : www.publicate.eu

Druck : Brandenburgische Universitätsdruckerei, Potsdam-Golm

Klimaneutral gedruckt auf 100 % Recyclingpapier „Envirotop“.

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