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Genossenschaft für Gemeinwohl

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Die österreichische Genossenschaft für Gemeinwohl mit Sitz in Wien hatte zum Ziel, eine
ethische und nachhaltige Alternative am österreichischen Finanzmarkt zu etablieren. Dazu
zählt ethisches Banking, eine gemeinwohlorientierte Crowdfunding-Plattform sowie eine
Akademie mit Weiterbildungsangeboten zu Geld und Ethik.

Im Juni 2018 lehnte die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) den Antrag der
Bank für Gemeinwohl (BfG) Eigentümer- und Verwaltungsgenossenschaft auf Erteilung einer
Konzession als Zahlungsinstitut ab. Der Vorstand erklärte, dass es 2015 nicht geschafft
wurde, das Startkapital von 15 Millionen Euro für die Gründung aufzubringen, auch die sechs
Millionen Euro, um bei der FMA den Lizenzprozess zu starten, wurden nicht erreicht.
Insgesamt wurden 4,2 Millionen Euro von 6.000 Genossenschaftern eingesammelt. 2016
wurde beschlossen, eine Lizenz als reines Zahlungsinstitut zu bekommen, dies sei mit der
Ablehnung der FMA ebenfalls gescheitert. Über eine Kooperation mit der deutschen GLS
Gemeinschaftsbank wird weiter verhandelt. Der Vorstand teilte mit, dass vom
eingesammelten Genossenschaftskapital noch rund ein Drittel vorhanden sei, im September
2018 wird im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung über eine
Neuorientierung der Genossenschaft entschieden.[1] Es soll die Finanzierung der
Genossenschaft mittels Crowdfunding betrieben werden.[2]

Tätigkeit

Ethisches Banking mit Gemeinwohl-Konto

Das erste Gemeinwohl-Kontos Österreichs sollte es – je nach Fortschritt der Verhandlungen


mit der österreichischen Finanzmarktaufsicht FMA – nach Angaben der Genossenschaft ab
2018 geben. Das Konto mit Bankomat- und Kreditkarte diene dem Zahlungsverkehr für
Geschäftskunden und Private. Es werde einen freiwilligen Gemeinwohl-Beitrag enthalten.
Damit werden u. a. günstige Sozialkonten für Menschen mit geringem Einkommen finanziert,
Beiträge für Umweltinitiativen usw. Die Konten-Guthaben wären treuhändisch verwaltet und
nicht für spekulative Zwecke verwendet worden und an Personen, die ethisches, Werte-
basiertes Banking anstreben, gerichtet. Im Sinne einer selbstgesetzten Transparenz sollte jeder
erfahren, was mit dem anvertrauten Geld geschieht und es keine Spekulation und keine
gewinn-maximierenden Finanzprodukte geben. Stattdessen sollten nur nachhaltige,
ökologische und soziale Projekte finanziert werden und Unternehmungen der Realwirtschaft,
die dem Gemeinwohl dienen.

Gemeinwohlorientierte Crowdfunding-Plattform

Bereits aktiv ist die gemeinwohl-orientierte Crowdfunding-Plattform. Dorthin gelangen


Projekte, die zuvor eine Gemeinwohl-Prüfung durchlaufen haben. Hierfür zählt die
Genossenschaft auf die Expertise ihrer Mitglieder: Diese sind aufgerufen, sich an der
Evaluierung der geldwerbenden Projekte zu beteiligen. Experten für Windkraft können sich
dann beispielsweise bei der Gemeinwohl-Beurteilung eines Windkraft-Projektes einbringen.
Auch die Umsetzbarkeit wird überprüft.
Gemeinwohlprüfung

Die Gemeinwohlprüfung wird bei der Evaluierung der Crowdfunding-Projekte angewendet.


Folgende Kriterien werden laut Genossenschaft angewandt:

• Positive gesellschaftliche Wirkung der Produkte oder Dienstleistungen


• Ethisches Beschaffungsmanagement
• Ethisches Finanzmanagement
• Arbeitsplatzqualität und gerechte Verteilung des Arbeitsvolumens
• Förderung ökologischen Verhaltens der MitarbeiterInnen
• Gerechte Verteilung des Einkommens
• Gleichstellung/Inklusion Benachteiligter
• Innerbetriebliche Transparenz und Mitbestimmung
• Ethischer Verkauf/Marketing
• Kooperationen
• Reduktion ökologischer Auswirkungen
• Gesellschaftliche Transparenz und Mitbestimmung
• Machbarkeit

Aufbau der Genossenschaft

Bankprojekt

Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig von der Höhe der erworbenen Anteile. Die
Genossenschaftsmitglieder nehmen mehrmals jährlich an Versammlungen teil und stimmen
über Entscheidungen zur weiteren Entwicklung des Bankprojektes ab. Es gibt regelmäßige
Online-Umfragen, Info- und Weiterbildungs-Veranstaltungen und die Möglichkeit, bei einer
der österreichweit aktiven Regionalgruppen mitzuarbeiten. Ziel sei die Entwicklung einer
ethischen Bank aus der Zivilgesellschaft heraus. Die Genossenschaft stellt das Startkapital in
Form von Genossenschafts-Anteilen zur Verfügung. Alle Menschen, Vereine und
Unternehmen mit Sitz in Österreich, Deutschland oder der Schweiz konnten ab 200 EUR
mitgründen. Dividenden sollten bewusst nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert werden. In
welcher Form, sollte gemeinsam beschlossen werden.

Regionalgruppen

Österreichweit arbeiten zahlreiche Regionalgruppen in allen Bundesländern daran, die Idee


der BfG Genossenschaft in die Regionen zu tragen. Sie fungieren als Projektbotschafter,
nehmen an Podiumsdiskussionen teil, organisieren Vorträge, Gründersalons und Infostände.
Es gibt österreichweit 6 Regionalbüros – als Bürogemeinschaften mit anderen
Unternehmungen.

Transparenz & Gehälter

Zwischen allen Mitarbeitern inkl. Vorstand war vorgesehen eine maximale Gehaltsspreizung
von 1:5 bei gleichzeitiger Transparenz der Einkommen zu erreichen. Außerdem sollten
Frauen und Männer gleich viel verdienen. Das Gehaltsschema samt Gehaltsspreizung, die
durchschnittlichen Ausgaben und Einnahmen der Genossenschaft, die Entwicklung der
Rückzahlquote und die wichtigsten Kennzahlen des Jahresabschlusses sollten jährlich im
Rahmen des Transparenzberichtes veröffentlicht werden.

Geschichte

Gründung einer freien Genossenschaft – Bankgründung aus der


Zivilgesellschaft

Am 30. April 2014 wurde die Genossenschaft gegründet. Nach Ablehnung der Aufnahme
durch den Österreichischen Genossenschaftsverband (ÖGV) wurde der Weg Richtung
verbandsfreie Genossenschaft eingeschlagen. Am 18. Dezember erfolgte die Eintragung ins
Firmenbuch als verbandsfreie Genossenschaft.

Schrittweise Entwicklung von ethischen Finanzdienstleistungen

Nach Beschluss in der Generalversammlung vom 1. Oktober 2016 wurde an der Umsetzung
einer Gemeinwohl-Prüfung, einer Crowdfunding-Plattform, an der Kooperation mit
Partnerbanken sowie an der Errichtung eines Zahlungsinstituts mit Gemeinwohl-Konto
gearbeitet. Im April 2017 wurde die Akademie für Gemeinwohl eröffnet. Im Mai 2017
wurden die ersten Crowdfunding-Projekte der Öffentlichkeit zur Finanzierung angeboten. Sie
hatten zuvor eine von der Genossenschaft entwickelte Gemeinwohlprüfung durchlaufen. Im
Juni gab die Genossenschaft bekannt, dass die GLS, Deutschlands größte sozial-ökologische
Bank, sich als Investor am Aufbau des Zahlungsinstitutes beteiligen wird.

Vorgeschichte seit 2008

Die Idee zu einer alternativen Bank entsteht 2008 als Reaktion auf die Finanz- und Banken
Krise und konkret auf die Forderung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nach
Einrichtung einer „Bad Bank“ für Deutschland. Der Publizist und Autor Christian Felber
fordert als Reaktion darauf eine „Bank des Vertrauens“ und startet innerhalb von Attac
Österreich eine Arbeitsgruppe, die 2010 ein Projektpapier „Demokratische Bank“ vorlegt.
Erste Regionalgruppen finden beim großen „Treffen der Regionen“ auf Schloss Goldegg in
Salzburg zusammen. Ab Mai 2011 konnte jeder Mitglied des „Vereins zur Förderung und
Gründung einer Demokratischen Bank“ werden. Im August 2011 entwickelten 18 Personen
die Bankstrategie sowie einen Businessplan. Ab Jänner 2013 übernahmen die beiden
Projektleiter Markus Stegfellner und Ralf Widtmann Gespräche mit wichtigen
Interessensgruppen (Einlagensicherungs-Verbände, Behörden, Gerichte, Wirtschaftsprüfer,
Anwälte). Im August 2013 erhielt die Initiative einen neuen Namen: Projekt Bank für
Gemeinwohl.

Akademie für Gemeinwohl

Die Akademie für Gemeinwohl soll Wissen über das Geld- und Bankenwesen vermitteln mit
dem Fokus auf Finanzpraktiken, die das Gemeinwohl fördern. Sie gibt Informationen zu den
Themen Geld, Zinsen, Umverteilung und Demokratisierung.

Weblinks

• ORF Help Konsumentenmagazin: Schwierige Suche nach guter Bank,


• Tagesspiegel: Die Banklehre,
• Der Standard: Ethikbanker Zimmerl,
• Die Zeit: Antikapitalist, ich?
• Nova Sedes Genossenschaft

Einzelnachweise

1.

• derStandard.at: Gemeinwohlbank ist gescheitert, zwei Drittel des Kapitals


weg. Artikel vom 15. Juni 2018, abgerufen am 17. Juni 2018.
• Genossenschaft für Gemeinwohl macht ohne Bankkonzession weiter,
derstandard.at, 20. Juni 2018

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