Sie sind auf Seite 1von 2

Wissenschaft oder Humbug?

Meldungen wie die folgenden finden sich täglich in den Medien. Bezug nehmend auf wissenschaftli-
che Studien wird dabei allerlei mehr oder weniger Interessantes und (un-)Wichtiges berichtet. Aber
stimmt das eigentlich immer, was hier angeblich wissenschaftlich belegt wurde? Sind die Schlussfol-
gerungen die hier gezogen berechtigt?
Die hier aufgeführten Beispiele enthalten bereits in ihrer Kurzform Hinweise darauf, warum die damit
angeblich wissenschaftliche „bewiesene“ Schlussfolgerung vermutlich gar nicht wirklich ausreichend
belegt und damit gerechtfertigt ist. Es handelt sich dabei um typische Fehlerquellen, die entweder
bereits in der Studie selbst liegen oder aber aufgrund einer fehlerhaften Interpretation der Ergeb-
nisse entstehen. Welche typischen Fehlerquellen sind das jeweils?

Beobachtungsstudien:

70% aller Deutschen haben Unkrautvernichtungsmittel im Urin:


Meldung des Südwestrundfunks in der SWR Landesschau vom 13.
Juni 2013: Es konnten bei 70 Prozent aller deutschen Großstädter
das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat im Urin nachgewiesen
1 werden; das Mittel gilt als stark gesundheitsschädlich (die entspre-
chende Überschrift bei RTL lautete: „Verheerend für die Gesund-
heit“). Diese Zahl resultiert aus einer Studie des Bund für Umwelt
und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie seines europäischen
Dachverbands Friends of the Earth. Untersucht wurden insgesamt
182 Stadtbewohnern aus 18 Ländern, davon zehn aus Deutschland.
„Kaffeekonsum ist schädlich fürs Herz“: Das jedenfalls könnte man
vermuten, denn es wurde immer wieder ein Zusammenhang zwi-
2 schen Kaffeekonsum und den Inzidenzzahlen für koronare Herzer-
krankung beobachtet. Steht der Kaffee zu Recht im Verdacht?

„Lebenselixier Kaffee“. Das Ergebnis der Studie zum Zusammenhang


zwischen Kaffeekonsum und Lebensdauer dürfte Kaffee-Fans begeis-
tern: Denn ein erhöhter Kaffee-Konsum wurde mit einem geringeren
Sterblichkeitsrisiko in Verbindung gebracht. Die Sterblichkeit unter
insgesamt 200.000 Männern und Frauen wurde von den Forschern
untersucht. Dabei gaben die Untersuchten an, wie viel koffeinhalti-
gen oder entkoffeinierten Kaffee sie tranken. Auch die Gesamtan-
3 zahl getrunkenen Kaffees wurde aufgezeichnet. Die Forscher stellten
fest, dass Konsumenten von einer bis fünf Tassen Kaffee am Tag im
Vergleich zu Nicht-Kaffeetrinkern ein verringertes Sterblichkeitsri-
siko aufwiesen. Der Konsum von mehr als fünf Tassen Kaffee am Tag
wurde nicht untersucht. Zwischen Kaffeekonsum und Krebserkran-
kungen konnte keinerlei Verbindung festgestellt werden. Verlängert
Kaffee also das Leben?
„Bummel-Bachelor in Berlin“ Studierende an der Freien Universität
Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin überziehen die Regel-
studienzeit immer häufiger. Dies gilt vor allem für die geistes- und
sozialwissenschaftlichen Fächer. Das berichtet der Berliner Tages-
4 spiegel. So seien im Jahr 2010 die Bachelorabsolventen an der FU
Berlin im Schnitt noch in 6,8 Semestern zum Abschluss gekommen,
im Jahr 2012 aber erst mit 7,3 Semestern. Im Mehrfach-Studium
(„Kombi-Bachelor“) habe das Studium 7,9 Semester gedauert. Im
Master sei die durchschnittliche Studiendauer von 5,1 auf 5,5 Se-
mester gestiegen.
Wissenschaft oder Humbug?

Weitere Studien:

„Schokolade macht dünn“: So oder ähnlich („Schokolade-Liebhaber


sind schlanker“) überschrieben verschiedene deutsche Tageszeitun-
gen und Wochenmagazine Berichte über eine Studie der Universität
5 von Kalifornien in San Diego/USA. Darin hatten Forscher eine nega-
tive Korrelation zwischen der Häufigkeit des Schokoladenkonsums
und dem sogenannten Body-Mass-Index (BMI) entdeckt. Das Team
aus San Diego hatte 1018 Probanden untersucht, zwei Drittel von
ihnen waren Männer. Das durchschnittliche Alter lag bei 57 Jahren.
Die Wissenschaftler um Beatrice Golomb berechneten für 972 Teil-
nehmer den BMI - der Durchschnittswert lag bei 28. Im Durch-
schnitt aßen die Teilnehmer nach eigenen Angaben zweimal in der
Woche Schokolade - sie trieben aber auch 3,6 Mal Sport.

„Manipulierte Forschungsergebnisse“: Mit einer anonymen Um-


frage unter Wissenschaftlern hat das „US Office of Research Integ-
rity“ sondiert, wie groß der Anteil an Wissenschaftlern, die For-
schungsergebnisse manipulieren, unter denjenigen ist, die mit öf-
fentlichen Geldern finanzierte Projekte durchführen. Dazu wurden
6 2212 Wissenschaftler, die solche Projekte durchführen, befragt, ob
sie ein Fehlverhalten bei den Kollegen beobachtet hätten. Aus den
Daten (die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurden) wurden 3
Fälle von Fehlverhalten auf 100 Wissenschaftler pro Jahr errechnet
bzw. 2300 Fälle potentiellen Fehlverhaltens pro Jahr bezogen auf
alle öffentlich geförderten Forschungsprojekte. Die Teilnahme an
der Befragung war freiwillig.

Pressemitteilung vom 28.9.2012


„Genmodifizierter Mais soll Krebs erzeugen.“: Ein Wissenschaftler-
team um den Franzosen Gilles-Eric Séralini hatte berichtet, dass bei
Ratten, die über zwei Jahre mit genmodifiziertem Mais gefüttert
worden waren, schwere gesundheitliche Schäden aufgetreten sind.
Insbesondere starben diese Ratten häufiger als andere an Krebs. Da-
7 mit sei die genetische Modifikation des Futters als Verursacher von
Krebs identifiziert. In diesem Versuch wurden je 100 männliche und
weibliche Ratten auf jeweils 9 Experimentalgruppen und jeweils
eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Die Experimentalgruppen bekamen
den genmanipulierten Mais zu fressen, die Kontrollgruppen beka-
men „natürlichen“ Mais. In der Kontrollgruppe starben 30% der
männlichen und 20% der weiblichen Ratten vor Erreichen der durch-
schnittlichen Überlebensdauer. In den Experimentalgruppen waren
es bis zu 50% bei den Männchen und bis zu 70% bei den Weibchen.

Das könnte Ihnen auch gefallen