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Themen 2004

H2O
STROM
H2 BZ MOBILITÄT

WÄRME
H2

Wasserstoff und
Brennstoffzellen –
Energieforschung
im Verbund

Themen 2004 • Wasserstoff und Brennstoffzellen

FVS ForschungsVerbund
Sonnenenergie

ForschungsVerbund Sonnenenergie • Geschäftsstelle c/o Hahn-Meitner-Institut • Kekuléstraße 5 • 12489 Berlin


Telefon: (030) 80 62-1338 • Telefax: (030) 80 62-1333 • E-Mail: fvs@hmi.de • www.FV-Sonnenenergie.de
FVS ForschungsVerbund
Sonnenenergie
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Wasserstoff und
Brennstoffzellen –
Energieforschung
im Verbund
Jahrestagung des
ForschungsVerbunds Sonnenenergie
25. - 26. 11. 2004 in Berlin

FVS Themen 2004


Diese Publikation wurde durch das BMWA gefördert.
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 Methoden der Wasserstofferzeugung


Inhalt
50 Wasserspaltung mit Strom und Wärme
Themen 2004 Dr. Werner Schnurnberger • DLR
Dr. Holger Janßen • FZ Jülich
Ursula Wittstadt • Fraunhofer ISE
4 Geleitwort
Hartmut Schneider • BMWA 60 Wasserstoffgewinnung aus Erdgas –
Anlagenentwicklung und Systemtechnik
Dr. Thomas Aicher • Fraunhofer ISE
 Wasserstoff und Brennstoffzellen Prof. Dr. Ludger Blum • FZ Jülich
Stand der Entwicklungen im Überblick Dr. Michael Specht • ZSW

8 Wasserstoff und Brennstoffzellen – 65 Wasserstofferzeugung aus Dieselkraftstoffen


Ein Systemüberblick Dr. Joachim Pasel • FZ Jülich
Dr. Gerd Eisenbeiß • FZ Jülich Dr. Ralf Peters • FZ Jülich
Prof. Dr. Jürgen Schmid • ISET Dr. Thomas Aicher • Fraunhofer ISE

16 Netzmanagement und Integration 70 Wasserstofferzeugung aus Biomasse –


von Brennstoffzellen Wasserspaltung mit organischen Verbindungen
Prof. Dr. Jürgen Schmid • ISET Dr. Nikolaos Boukis • FZK
Dr. Tim Meyer • Fraunhofer ISE Dr. Nikolaus Dahmen • FZK
Dr. Ludwig Jörissen • ZSW Prof. Dr. Eckhard Dinjus • FZK
Prof. Dr. Konrad Scheffer • Universität Kassel
23 Internationale Entwicklungen der
Wasserstofftechnologie
Dr. Hanns-Joachim Neef • Projektträger Jülich  Hochtemperatur-Brennstoffzellen

33 Regenerativer Wasserstoff – Erzeugung, 78 Hochtemperatur-Brennstoffzellen –


Nutzung und Syntheserohstoff Entwicklung neuer Materialien und Werkstoffe
Dr. Michael Specht • ZSW Dr. Robert Steinberger-Wilckens • FZ Jülich
Dr. Ulrich Zuberbühler • ZSW Prof. Dr. Detlev Stöver • FZ Jülich
Ursula Wittstadt • Fraunhofer ISE Dr. Andreas Mai • FZ Jülich
Dr. Rudolf Henne • DLR
41 Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Robert Ruckdäschel • DLR
Kosten und Endenergiestrukturen Dr. Evelyn Proß • BMW Group
Dr. Joachim Nitsch • DLR
Dr. Peter Viebahn • DLR 84 Hochtemperatur-Brennstoffzellen –
Prof. Dr. Bernd Höhlein • FZ Jülich von der Komponentenentwicklung zum System
Dr. Christopher Hebling • Fraunhofer ISE Dr. Rudolf Henne • DLR
Dr. Günter Schiller • DLR
Dr. Norbert H. Menzler • FZ Jülich
Dr. Franz-Josef Wetzel • BMW Group
Horst Greiner • Siemens-Westinghouse

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 Niedertemperatur-Brennstoffzellen 138 Wasserstofftechnik in stationären


autonomen Stromversorgungssystemen
94 Niedertemperatur-Brennstoffzellen – Dr. Tim Meyer • Fraunhofer ISE
Stand und Perspektiven der PEMFC Andreas Steinhüser • Fraunhofer ISE
Dr. Werner Lehnert • ZSW Dr. Bruno Burger • Fraunhofer ISE
Manfred Grünerbel • ZSW Felix Holz • Fraunhofer ISE
Jürgen Mergel • FZ Jülich Georg Bopp • Fraunhofer ISE
Klaus Wippermann • FZ Jülich
Harald Scharmann • FZ Jülich
Andrej Kulikowski • FZ Jülich  Umwelt, Markt und Logistik –
Dr. Christopher Hebling • Fraunhofer ISE Schlüsselfragen der Nachhaltigkeit
Ursula Wittstadt • Fraunhofer ISE
Tom Smolinka • Fraunhofer ISE 146 Wasserstofftechnik –
Erich Gülzow • DLR Forschung für Sicherheit und Transport
Mathias Schulze • DLR Dr. Wolfgang Breitung • FZK
Till Kaz • DLR Prof. Dr. Horst Friedrich • DLR
Dr. Ulrich Schmidtchen • DWV
101 Niedertemperatur-Brennstoffzellen – Dr. Peter Treffinger • DLR
Stand und Perspektiven der DMFC
Jürgen Mergel • FZ Jülich 152 Wasserstofflogistik –
Dr. Peter Bogdanoff • HMI verteilen, speichern und betanken
Erich Gülzow • DLR Prof. Dr. Bernd Höhlein • FZ Jülich
Thomas Grube • FZ Jülich
108 PEM-Brennstoffzellen – Jaco Reijerkerk • Linde AG
Neue Katalysatoren und bionische Aspekte Dr. Thomas Aicher • Fraunhofer ISE
Prof. Dr. Helmut Tributsch • HMI Dr. Ludwig Jörissen • ZSW

162 Brennstoffzellen im Vergleich mit


 Brennstoffzellen und anderen Energiekonversionstechnologien
Wasserstofftechnologien in der Praxis Jochen Bard • ISET
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • FZ Jülich
118 Die keramische Brennstoffzelle als Energie- Ulf Groos • Fraunhofer ISE
wandler für die Stromerzeugung im Auto
Dr. Franz-Josef Wetzel • BMW Group 167 Umweltauswirkungen und Märkte des dezentralen
Dr. Evelyn Proß • BMW Group Einsatzes stationärer Brennstoffzellen
Dr. Günter Schiller • DLR Dr. Wolfram Krewitt • DLR
Friedhelm Steinborn • SiGES
124 Brennstoffzellen im Einsatz als dezentrale Dr. Frithjof Staiß • ZSW
Kraft-Wärme-Kopplung Dr. Andreas Bühring • Fraunhofer ISE
Dr. Klaus Heikrodt • Viessmann Werke Dr. Christopher Hebling • Fraunhofer ISE
Dr. Christof Wittwer • Fraunhofer ISE Thomas Feck • FZ Jülich
Dr. Joachim Scholta • ZSW

131 Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik 172 Standorte der FVS-Mitgliedsinstitute


Dr. Christof Hebling • Fraunhofer ISE
Ulf Groos • Fraunhofer ISE 173 Mitgliedsinstitute und Ansprechpartner
Mario Zedda • Fraunhofer ISE
Marco Zobel • Fraunhofer ISE 174 Bildnachweise

175 Impressum 3
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FVS Themen 2004

und Demonstration einer solaren, also CO2 -


Geleitwort freien Wasserstoffwirtschaft investiert. Hierüber
wird im Rahmen dieser Veranstaltung sicher
berichtet werden. Zusammengefasst kann man
Sehr geehrte Damen und Herren, sagen: Die technologischen Ergebnisse dieser
Projekte waren erfolgreich, die wirtschaftliche
zunächst möchte ich Ihnen die Grüße von Umsetzung dieser Entwicklungsmaßnahmen
Herrn Minister Wolfgang Clement übermitteln, hingegen eher ernüchternd.
der die Schirmherrschaft für die Jahrestagung
2004 des ForschungsVerbunds Sonnenenergie Auch heute, etwa 10 Jahre nach dem Abschluss
Hartmut Schneider sehr gerne übernommen hat. dieser ehrgeizigen Projekte, ist nach wie vor
Bundesministerium für ungeklärt, wie der CO2 - freie, bzw. CO2 - arme
Wirtschaft und Arbeit Das Thema der Jahrestagung lautet „Wasserstoff Wasserstoff – und hier möchte ich besonders
(BMWA) und Brennstoffzellen – Energieforschung im betonen – unter wirtschaftlichen Randbedingun-
Abteilung Energie Verbund“. Die Veranstalter haben dieses Thema gen gewonnen werden kann. Gerade deshalb
hartmut.schneider@ richtig gewählt, denn die Zukunftstechnologien ist weitere Forschung und Entwicklung
bmwa.bund.de Wasserstoff und Brennstoffzellen sind in der letz- notwendig.
ten Zeit immer stärker in den Mittelpunkt der
politischen und öffentlichen Debatte gerückt. Wir wissen, die Einführung neuer Technolo-
gien bedarf einer langen Vorlaufzeit durch For-
Das wachsende Interesse wird schnell verständ- schung und Entwicklung. Dies gilt im Besonde-
lich, wenn man sich die energiewirtschaftlichen ren für neue Energietechnologien. Es kann also
Herausforderungen ansieht: die zu erwartende nicht früh genug begonnen werden, um am
enorme Steigerung der weltweiten Energie- Ende diese Technologien erfolgreich in den
nachfrage insbesondere in China und Indien, Markt einführen zu können. Aber, ich glaube
die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen sagen zu können, dass wir durch die gemeinsa-
zum Schutz der Erdatmosphäre und die aktu- men Anstrengungen von Bund und Ländern,
ellen Entwicklungen auf den Weltölmärkten. aber vor allem dem großen Engagement der
Industrie, sehr gute Voraussetzungen für eine
Wir müssen sehr intensiv über Alternativen zur erfolgreiche Umsetzung der Technologie in
herkömmlichen Energieversorgung nachdenken, Deutschland geschaffen haben.
um Mobilität, Wachstum und Beschäftigung
auch in Zukunft erhalten zu können. Und in Viele sagen, dass Deutschland, sowohl in der
diesem Zusammenhang kommt dem Wasser- Forschung als auch in der industriellen Entwick-
stoff als Energieträger und der Brennstoffzelle lung, weltweit die Nase vorne habe. Ich teile
als effizienter und sauberer Energiewandler diese Einschätzung. Jedenfalls brauchen wir
eine besondere Bedeutung zu. den Vergleich mit der internationalen Konkur-
renz nicht zu scheuen. Aber der endgültige
Für das BMWA ist eines völlig klar: Wasserstoff Durchbruch – sowohl technologisch als auch
und Brennstoffzelle versprechen bei erfolgreicher wirtschaftlich – ist noch lange nicht geschafft.
technologischer Entwicklung, langfristig wichtige Das BMWA wird daher auch in Zukunft einen
Komponenten einer auf Nachhaltigkeit beruhen- in seinen Kräften stehenden Beitrag zur Über-
den Energiewirtschaft zu werden. windung dieser Hemmnisse leisten.

Das Thema Wasserstoff als Energieträger ist Zur Zeit wird unter der Federführung des
nicht neu. Im Rahmen der Energieforschung BMWA gemeinsam mit anderen Ressorts das
wurden Projekte zur Entwicklung der Wasser- neue Energieforschungsprogramm „Innovation
stofftechnologien bereits seit nahezu 30 Jahren und neue Energietechnologien“ der Bundes-
verfolgt. Die Bundesregierung hat bis weit in regierung vorbereitet.
die 90er Jahre, lange vor den ehrgeizigen Maß- Für den in die Zuständigkeit des BMWA fallen-
nahmen zur Entwicklung der Brennstoffzelle, den Teil wird die „Brennstoffzelle“ neben den
4 erhebliche Mittel in Forschung, Entwicklung Themen „Neue Kraftwerkstechnologien“
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FVS Themen 2004

und „Energieoptimiertes Bauen“ eine der Auf die Notwendigkeit der internationalen Ko-
drei wesentlichen Säulen dieses neuen Energie- operationen habe ich hingewiesen. Auf nationa-
forschungsprogramms sein. Zum Thema ler Ebene scheint mir die Zusammenarbeit, vor
Wasserstoff hat das BMWA 2003 einen Arbeits- allem in Zeiten begrenzter Ressourcen, noch
kreis gegründet, der ein Strategiepapier zum bedeutender. Denn nur durch die intensive
Forschungsbedarf ausgearbeitet hat. Einige Kooperation der Fachleute kann eine kritische
von Ihnen haben an dieser Ausarbeitung kräftig Masse für eine erfolgreiche technologische
mitgewirkt. Für dieses Engagement möchte Entwicklung erreicht werden.
ich mich ganz herzlich bedanken.
Wenn ich mir das Programm und den Teilneh-
Das Programm steht kurz vor der Veröffent- merkreis dieser Veranstaltung ansehe, dann
lichung. Wir werden die Empfehlungen des freut es mich zu beobachten, dass dies zum
Programms bei den künftigen Fördermaß- Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen bereits
nahmen berücksichtigen. zutrifft. In diesem Sinne wünsche ich den Orga-
nisatoren und natürlich den Teilnehmern eine
Forschung und Entwicklung werden zuneh- erfolgreiche, von kritischer und konstruktiver
mend komplexer, und in einer globalisierten Diskussion geprägte Veranstaltung.
Welt kann ein einziges Land die enormen
Herausforderungen der Zukunft nicht alleine
schultern. Es bedarf der internationalen Koope- Berlin, 25. November 2004
ration. Dabei gibt es zur Zeit drei verschiedene
Ansatzpunkte: Das BMWA hat die Initiative der
amerikanischen Regierung zur Gründung der
Internationalen Partnerschaft für die Wasserstoff-
Wirtschaft (IPHE) mit großem Interesse aufge-
nommen. Im Herbst 2003 wurde in Washington Hartmut Schneider
die Gründungsurkunde der IPHE von Herrn BMWA
Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch Abteilung Energie
(BMWA) mit unterzeichnet. Zwischenzeitlich
wurden die Arbeiten mit intensiver Beteiligung
deutscher Firmen und Forschungseinrichtun-
gen aufgenommen.

Weiterhin ist das BMWA an den Programmen


der Internationalen Energieagentur – unter
anderem als aktives Mitglied in der Hydrogen
Coordination Group – beteiligt. Schließlich
möchte ich in diesem Zusammenhang die
Initiativen der europäischen Union erwähnen.
So sind wir Mitglied der sogenannten Mirror
Group der Anfang diesen Jahres gestarteten
Plattform für Wasserstoff- und Brennstoff-
zellen-Technologien, in der wir die Interessen
Deutschlands mit Nachdruck vertreten.
Zu diesen internationalen Entwicklungen
werden Sie in den Vortägen noch Näheres
erfahren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun


noch einmal zu Ihrer Veranstaltung hier in Berlin:
Ihr Thema lautet „Wasserstoff und Brennstoff-
zellen – Energieforschung im Verbund“. 5
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Wasserstoff und
Brennstoffzellen
Stand der Entwicklungen
im Überblick

• Wasserstoff und Brennstoffzellen –


Ein Systemüberblick

• Netzmanagement und Integration


von Brennstoffzellen

• Internationale Entwicklungen
der Wasserstofftechnologie

• Regenerativer Wasserstoff –
Erzeugung, Nutzung und
Syntheserohstoff

• Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen,
Kosten und Endenergiestrukturen

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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Wasserstoff und Brennstoffzellen –


ein Systemüberblick
Dr. Gerd Eisenbeiß Wasserstoff – ein wichtiges von Strom oder jedenfalls hochwertiger Ener-
gie. Aber es ging auch schon um die Frage,
FZ Jülich Thema im ForschungsVerbund
energie@fz-juelich.de welcher Kraftstoff denn eines Tages dem Ver-
Sonnenenergie kehr zur Verfügung stehen würde, wenn die
natürlich vorkommenden Kohlenwasserstoffe
Prof. Dr. Der FVS • ForschungsVerbund Sonnenenergie wie Erdöl und Erdgas nicht mehr oder nur
Jürgen Schmid wurde vor 14 Jahren auf Initiative der Bundes- extrem teuer zu haben sein würden.
ISET regierung gegründet. Sein prioritäres Ziel war
jschmid@iset.uni-kassel.de es, die erneuerbaren Energien zu erforschen
und energiewirtschaftlich nutzbar zu machen. Der solare Brüter
„Energiewirtschaftlich” bedeutete dabei soviel
wie „in großem Maßstab”, d. h. die Gründer Die Wasserstoff-Idee ist schon relativ alt.
wollten nicht nur Nischen besetzen, sondern Prof. Justi in Göttingen der 30er Jahre oder
erneuerbare Energien zu einem wesentlichen der AEG-Ingenieur Dahlberg aus den 70er Jah-
Pfeiler unserer Energieversorgung machen – ren des letzten Jahrhunderts dürfen hier zitiert
unserer Energieversorgung in Deutschland und werden. Insbesondere Dahlberg entwickelte
der Energieversorgung überall in der Welt. Die- die Vision vom solaren Wasserstoff, der aus
ses Ziel eint uns im ForschungsVerbund nach dem Sand der Sahara mit Hilfe der dortigen
wie vor und wir sind stolz auf das zwischenzeit- Solarenergie Europa versorgen sollte. Er sprach
lich Erreichte und unseren Beitrag dabei. damals vom „solaren Brüter”, weil Solarenergie
den Sand der Wüste zu Silizium reduzieren
Die Wasserstoff-Idee war schon bei der Grün- sollte und dieses Silizium wiederum als photo-
dung ein Teil der Vision, obwohl wir sicher zu voltaische Zellen den Strom für die Silizium-
jeder Zeit zu den Realisten gehörten, die sich Reduktion und die Wasserstoff-Produktion
über die Länge des Weges bis zum Erfolg klar liefern sollte (Abb. 1).
waren. Diese Fragen bestimmten die mitunter
auch kontroverse Diskussion:
Das HYSOLAR- Projekt
• Brauchen Solar- und Windgeneratoren als
stark intermittierend produzierende Strom- Mitte der 80er Jahre hatte das Forschungs-
quellen Wasserstoff als Zwischenspeicher ministerium diese Idee aufgegriffen, nachdem
zur Netzstabilisierung? der Reaktorunfall in Tschernobyl die Solarener-
gieforschung wieder in den Vordergrund poli-
• Wird die Stromversorgung der Menschheit tischen Interesses gerückt hatte. In einem spek-
intersaisonale Stromspeicher brauchen, takulären politischen Ansatz, zu dessen Vätern
die Batterien überlegen sind? u.a. der damalige badenwürttembergische
Ministerpräsident Lothar Späth und Prof. Bloss
• Ist ein indirekter interkontinentaler aus Stuttgart sowie Prof. Winter aus dem DLR •
Stromtransport durch Wasserstoff-Pipelines Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
trotz der zweimaligen Umwandlung gehörten, wurde das sogenannte HYSOLAR-
günstiger als Hochspannungs-Gleichstrom- Projekt ins Leben gerufen und ab 1986 gemein-
Übertragung? sam von BMBF (Bundesministerium für Bildung
und Forschung), dem Bundesland Baden-Würt-
Es ging also insbesondere um die Probleme temberg und dem Königreich Saudi-Arabien ge-
intermittierender Stromquellen, intersaisonaler fördert. Die Projektleitung lag beim DLR, einem
8 Speicherung und interkontinentalen Transports der vier Gründungsmitglieder des FVS 1990.
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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Hauptzweck des Projektes war es, heraus zu


Die solare Brüteridee der 70er Jahre
finden, ob das Zusammenschalten von photo-
voltaischen Generatoren und Elektrolyse auf
einfache Weise technisch beherrscht werden
kann. Dazu musste ein Elektrolyseur entwickelt
werden, der auch bei den allnächtlichen Unter-
brechungen Wasserstoff mit gutem Wirkungs-
grad produzieren konnte. Außerdem wurden
verschiedene andere Technologien der Wasser-
stoff-Erzeugung und Anwendung vor allem
in den Universitäten Stuttgart, Riyad und
Jeddah erforscht. Brennstoffzellen als Energie-
wandler von Wasserstoff zu Strom spielten
erst ganz am Ende des HYSOLAR-Projektes
eine Rolle.

Wasserstoff und
Brennstoffzellen im FVS Im DLR kamen auch Fragestellungen aus Welt- Abbildung 1
raumanwendungen (autonome Versorgung zeigt ein Solarkraft-
Neben dem DLR haben auch andere Mitglie- von Weltraumplattformen) hinzu, während das werk in Kalifornien,
der des FVS auf dem Gebiet solaren Wasser- Forschungszentrum Jülich vor allem seine beim das heute auf thermi-
stoffs gearbeitet, zum Beispiel das Forschungs- Hochtemperatur-Reaktor erworbene Kompetenz schem Wege Strom
zentrum Jülich, wo Solarzellen auf dem Dach für Hochtemperaturwerkstoffe nutzen konnte. produziert. In Zukunft
der Bibliothek den Strom für einen selbst ent- könnten solche Kraft-
wickelten Elektrolyseur liefern. Für das ZSW • Die sich für Brennstoffzellen-Entwicklung en- werke auch Elektro-
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- gagierenden Forschungsinstitute des FVS lösten lyse-Wasserstoff
Forschung war die HYSOLAR -Kooperation von sich dabei ein Stück von der solaren Mission, bereitstellen. In den
DLR und der Universität Stuttgart eine der Grün- denn die jetzt zu entwickelnden Systeme müssen 70er Jahren stellte
dungswurzeln und das Fraunhofer ISE • Institut sich zunächst in der „Erdgas-Welt” von heute man sich solche
für Solare Energiesysteme in Freiburg hat früh- bewähren. Eine Entwicklung ist dabei die Hoch- Anlagen als Photo-
zeitig kleine, dezentrale Solar-Wasserstoffsys- temperatur - Brennstoffzelle, weil sie eine mehr voltaikkraftwerke vor,
teme entwickelt, z. B. für das berühmte erste oder weniger interne Reformierung des Brenn- deren Strom teilweise
energieautarke Haus in Freiburg. gases erlaubt, um den am Elektrolyten erfor- unmittelbar zur Her-
derlichen Wasserstoff bereit zu stellen. Dabei stellung von Silizium
In den frühen 90er Jahren wurde deutlich, wandten sich DLR und FZ Jülich der SOFC 1 und Solarzellen ge-
dass Brennstoffzellen auf Grund fortgeschritte- zu, während das ZSW an Problemen der nutzt werden könnte.
ner Werkstoffwissenschaften, Fertigungs- und MCFC 2 arbeitete.
Verfahrenstechniken eine neue Chance zum
Erfolg bieten. Daraufhin haben sich mehrere Parallel dazu nahmen die Mitglieder des FVS
Mitgliedsinstitute, auch das ISET • Institut für die Entwicklung der Membran-Brennstoffzellen
Solare Energieversorgungstechniken in Kassel, auf, die – mit Wasserstoff oder direkt mit Me-
den neuen Herausforderungen zugewandt. thanol betrieben – eine externe Bereitstellung
Dabei wurde im FZ Jülich und beim DLR an die dieser Brennstoffe erfordern. Dabei zielt die
erworbene hohe Kompetenz für Elektrochemie Entwicklungsstrategie der Forschungsgruppen
angeknüpft, denn eine Brennstoffzelle ist schließ- nicht primär auf den Fahrzeugantrieb, wie ihn
lich im Grundsatz eine umgekehrte Elektrolyse. die großen Konzerne der Automobilindustrie
mit hohem Aufwand anstreben, sondern eher
auf kleinere dezentrale Anwendungen oder gar
1 SOFC = Solid Oxid Fuel Cell eine Mikroenergietechnik, die den Ersatz von
2 MCFC = Molten Carbonate Fuel Cell Batterien in Notebooks und Kameras erlaubt. 9
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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Ein wichtiges Thema des ForschungsVerbundes Allerdings geht es heute nicht allein um Klima-
Sonnenenergie ist auch die systemtechnische schutz, sondern auch um die Versorgung mit
Herausforderung, Brennstoffzellen ebenso Kraftstoffen für den Verkehr. Schon seit den
wie Photovoltaik- und Windanlagen so ins 70er Jahren waren Energieforschung und ener-
elektrische Versorgungsnetz einzubinden, dass gietechnische Innovationen auch von der Er-
Versorgungssicherheit und Frequenzstabilität wartung bestimmt, insbesondere Erdöl werde
gewährleistet sind. Hier liegt insbesondere eine über die nächsten Jahrzehnte knapp und sehr
Stärke des ISET sowie des Fraunhofer ISE. teuer werden. Hier standen sich stets – und
auch heute wieder – unterschiedliche Einschät-
zungen gegenüber. Global tätige Ölfirmen
weisen gerne darauf hin, dass Öl reichlich vor-
Wasserstoff-Energiepolitik
handen sei und die immer wieder genannten
und Klimaschutz 30 Jahre Reichweite der Vorräte lediglich eine
Folge marktbedingt beschränkter Aufwen-
Heute ist Wasserstoff wieder ein politisches dungen für Prospektion und Exploration seien.
Thema, und zwar auf der globalen Agenda von Selbst die Preisanstiege dieses Herbstes werden
Staatspräsidenten. Das überraschte in Deutsch- nicht so dramatisch interpretiert, wie dies eine
land; denn hierzulande galt das Thema in Poli- andere Gruppe von Fachleuten tut, nämlich als
tik und Forschung nicht als aktuell. Nach den klares Zeichen, dass Ölförderung schon recht
Erfahrungen mit dem Projekt HYSOLAR und dem bald zurückgehen werde. Diese Gruppe ver-
Großprojekt Solar-Wasserstoff-Bayern schien den weist zusätzlich auf die steigenden Bedürfnisse
Unternehmen und auch den solar engagierten insbesondere in Ostasien, die den Ölmarkt
Politikern die Angelegenheit genügend klar: weiter anspannen und die Preise ansteigen
wenn man wegen des notwendigen Klimaschut- lassen müssten. Beim Thema Wasserstoff geht
zes Wasserstoff mittels erneuerbarer Energien es allerdings nicht um den Ersatz der Primär-
gewinnen will, muss man warten, bis diese energiequelle Erdöl, sondern um den Ersatz der
erneuerbaren Energien entsprechend kosten- Sekundärenergieträger Benzin, Diesel und Ke-
günstig sind. rosin, von denen der Verkehr abhängt (Abb. 2).

Kraftstoffe der Zukunft

Abbildung 2 Biomasse
Primärenergiequellen Fermentation Wind
Gas
für Fahrzeugkraft- Gaserzeugung Photovoltaik,
stoffe: links die Methanol FTD Solarthermische
Ethanol Kraftwerke
konventionellen Wege BIO-Diesel
Reforming
vom Rohöl zu Benzin POX
Elektrolyse
und Diesel, halbrechts
GTL DNG
die erneuerbaren Ener-
ÖL Kohle
gien als Stromliferan- CNG Wasser- (mit CO2 -
ten für Elektrolyse- Benzin stoff Abtrennung)

Wasserstoff und ganz Diesel Gaserzeugung


rechts Fischer-Tropsch- FTD
Diesel (FTD) aus Kohle. Auto

GTL = Gas-to-Liquid Kraftstoffe sind eine Alternative zu Rohöl und werden aus Erdgas hergestellt.
DNG = Debutanisiertes Erdgas
CNG = Druckerdgas
POX = Reformierung mit einem partiellen Oxidationsverfahren
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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Forschungsstrategie des FVS Deshalb sind Brennstoffzellen mit allen


Systemaspekten ein wichtiges Thema des
Zwei Fragen sind also entscheidend für die ForschungsVerbunds Sonnenenergie.
Beurteilung des Wasserstoffthemas und seiner
Dringlichkeit: 4. Der ForschungsVerbund Sonnenenergie
erforscht mit besonderer Priorität die System-
• Wie ökologisch, wirtschaftlich und zusammenhänge von Wasserstofftechniken
zeitlich drängend ist die Situation der auf der Basis erneuerbarer Energien. Dabei
Erdölversorgung? wird in den Arbeitsergebnissen immer wieder
• Welche Kraftstoffe stehen bei Rückgang deutlich, dass regenerativer Wasserstoff erst
und Verteuerung der Ölversorgung zur dann zu vertretbaren Kosten bereitgestellt
Verfügung? werden kann, wenn die direkte Nutzung der
erneuerbaren Energien durch konzentrierte
Der ForschungsVerbund Sonnenenergie nimmt strategische Forschung deutlich verbilligt
beide Fragen sehr ernst und möchte mit seinen worden ist; dies wird am Beispiel von Elektro-
wissenschaftlichen Möglichkeiten an Lösungen lysewasserstoff aus regenerativem Strom
mitarbeiten, die die Risiken mindern und ins- unmittelbar sichtbar.
besondere die erneuerbaren Energien als kosten-
günstige Energiequelle erschließen. Er hat die 5. Der ForschungsVerbund Sonnenenergie
Wasserstofffrage aufgenommen und sich for- befürwortet und betreibt verfahrenstechni-
schungsstrategisch mit den folgenden sechs sche Forschung zur Erzeugung regenerativer
Thesen positioniert: Kraftstoffe und Wasserstoff aus Biomasse.
Er weist allerdings aufgrund seiner system-
1. Der ForschungsVerbund Sonnenenergie analytischen Forschungsergebnisse darauf
konzentriert seine Forschungsarbeiten auf die hin, dass die Strom- und Wärmeerzeugung
volle Erschließung erneuerbarer Energiequel- aus Biomasse technisch, wirtschaftlich und
len. Da aus heutiger Sicht eine sehr umfang- ökologisch vorteilhafter ist als die Erzeugung
reiche Nutzung erneuerbarer Energien ihre von Biokraftstoffen. Insofern können For-
Speicherung auch in Wasserstoff erforderlich schungsergebnisse im Bereich regenerativer
macht, ist die Wasserstofftechnik ein Teil Kraftstoffe nur dann umgesetzt werden,
seiner Arbeiten. wenn politische Rahmenbedingungen den
Biomasseeinsatz auf den weniger wirtschaft-
2. Die Gewinnung von Kraftstoffen aus erneuer lichen Kraftstoffmarkt kanalisieren, wie dies
baren Energien stellt anspruchsvollere Anfor- gegenwärtig mit der obligatorischen EU-
derungen an kostensenkende Entwicklungen, Quote für Alternativkraftstoffe geschieht.
als ihr Vordringen in den Strom- und Wärme
markt. Auch der ForschungsVerbund Sonnen- 6. Zusammengefasst begrüßt der Forschungs-
energie entwickelt regenerative Kraftstoffe, Verbund Sonnenenergie das gestiegene
wobei Wasserstoff hierbei eine Option ist, Interesse von Öffentlichkeit und Politik an
sowohl für die direkte Nutzung als auch als erneuerbaren Energien und Brennstoffzellen.
Einsatzstoff für synthetische Kraftstoffe. Forschungspolitisch sollte die notwendige
Kostensenkung bei der Nutzung erneuer-
3. Brennstoffzellen als besonders vielversprech- barer Energien allerdings höchste Priorität
ende Konversionstechnologie benötigen haben. Der FVS rät, den Weg in eine regene-
für die elektrochemischen Umwandlungs- rativ-orientierte Energiewirtschaft konsequent
prozesse Wasserstoff. Hochtemperaturbrenn- zu verfolgen, wobei Strom und Wasserstoff
stoffzellen können wegen ihres internen eine wesentliche Rolle als Endenergieträger
Reformings unmittelbar auf Erdgasversor- spielen – in Verbindung mit effektiven Ener-
gungssysteme zugreifen. Für Niedertempe- giewandlern, insbesondere Brennstoffzellen.
ratur-Brennstoffzellensysteme ist eine Wasser- Er unterstreicht den großen Forschungs- und
stoffversorgung erforderlich. Entwicklungsbedarf, der auch Wasserstoff-
systeme umfasst. 11
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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Mit dieser Positionierung weist der Forschungs- und erst recht in Deutschland ein prioritäres
Verbund Sonnenenergie klar auf die Bedeutung Anliegen, das man anders als in den USA mittels
der erneuerbaren Energien als Energiequellen Einsparungen, erneuerbaren Energien und
und auf die Bedeutung von Brennstoffzellen als Kyoto-Instrumenten verfolgt, die die Volkswirt-
effiziente Wandler hin. schaften aktuell finanziell belasten, auch wenn
später Klimafolgekosten global vermindert wer-
den. Allerdings gilt für die europäische Fahr-
Internationale Perspektiven zeug-Industrie dasselbe wie für die japanische:
auch europäische Hersteller müssen sich auf
Niemand sollte bei der Nachahmung von Politi- dem US-Markt durchsetzen, also Fahrzeuge
ken anderer Länder übersehen, dass nicht über- mit Elektro- oder Wasserstoff-Antrieb anbieten.
all ein klarer Beitrag zum Klimaschutz im Vor-
dergrund steht und dass andere wirtschaftsstarke Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass
Staaten der Erde den Wasserstoff eher als Pro- Europa der Entwicklung der Brennstoffzellen-
dukt von Kernreaktoren sehen als von Sonnen- technik hohe Priorität einräumt und auch
energie. die Schlüsselfragen der Wasserstofftechnik in
Forschungs- und Entwicklungsprogrammen
Insbesondere die USA setzen auch langfristig aufgreift. Dabei kommt der Speicherfrage
auf ihre heimischen Kohlevorräte und haben besondere Bedeutung bei, denn klar und
jedenfalls im Moment keine besonderen Akzep- provokativ formuliert:
tanzprobleme mit der Kernenergie. Die USA
streben nicht in erster Linie Klimaschutz an, Mit elektrischem Strom kann man fast alles
sondern wollen kontinentale Versorgungsunab- auch direkt machen, sauber und rückstandsfrei.
hängigkeit. Fossil und nuklear erzeugter Wasser- Wasserstoff wird nur benötigt, soweit er trotz
stoff soll diese Versorgungssicherheit insbeson- der Umwandlungsverluste bessere Speicherung
dere für den Verkehrssektor garantieren und bietet, wie sie insbesondere im Verkehr, aber
die Kraftstoffpreise niedrig halten. Für Präsident auch bei Kleingeräten sehr wünschenswert
Bush ist Wasserstoff kein Mittel zum Klimaschutz, wäre. Der Verbraucher möchte in einer erdöl-
sondern ein Mittel zur Autarkie, verbunden freien Zukunft sicher nicht den Beschränkungen
mit dem industriepolitischen Ziel, die von der in Reichweite eines Fahrzeugs oder Nutzungs-
Brennstoffzelle erwarteten Innovationen als dauer eines elektronischen Kleingerätes ausge-
Marktführer zu beherrschen. setzt sein, die wir von den elektrischen Batterien
kennen. Allerdings: wird er die Vorteile von
Japan verfügt über keine nennenswerten fossi- Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lösungen mit den
len Energiequellen. Daher zieht es alle Versor- Mehrkosten abwägen. Auch die neuen Lösun-
gungsoptionen in Betracht, wobei die Diver- gen müssen also preiswert sein.
sifikation der Bezugsquellen als Element der
Absicherung gesehen wird. Da Akzeptanzpro-
bleme der Kernenergie nicht als entscheidend Das Wasserstoffsystem
betrachtet werden, könnte Wasserstoff aus und seine Forschungs- und
Kernkraftwerken gewonnen werden. Zudem
braucht Japans Fahrzeug-Industrie den US-
Entwicklungsthemen
Markt, muss also die dort verlangten Lösungen
wettbewerbsfähig anbieten können. Wie den Im Folgenden seien einige wesentliche Zusam-
USA dürfte es auch Japan um die Führung bei menhänge anhand von Systembildern erläutert.
Brennstoffzellen als innovatives Schlüsselpro-
dukt der Zukunft gehen. Wer Wasserstoff einsetzen will, muss ihn zu-
nächst erzeugen. Wer dies in so großem Maß-
In Europa gibt es nicht genug Kohle, um den stab tun will, dass der Verkehrssektor versorgt
Strom und den Kraftstoffmarkt zu bedienen. werden kann, muss letztlich Wasser spalten,
Außerdem ist man über Kernenergie sehr kontro- denn die Alternative Erdgas ist ebenso wenig
12 verser Auffassung. Klimaschutz ist auf EU-Ebene nachhaltig wie das schwindende Öl und die
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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Wasserstoff-Erzeugung

Abbildung 3
Nachhaltigkeitsprobleme CO2 radioaktive Abfälle keine Probleme zeigt, wie Wasserstoff
durch Einsatz verschie-
dener Primärenergie-
quellen aus seinen
Primärenergien zur fossile nukleare solare (incl. Wind, Erdwärme etc.)
Stromerzeugung natürlichen Verbindun-
gen gewonnen werden
kann. Dabei sind die
fossilen H2-Quellen wie
Strom
Erdgas und Erdöl (links)
und Biomasse (rechts)
nur beschränkt verfüg-
H2 -Quellen Erdgas, Erdöl Wasser Biomasse bar. In der obersten
Zeile ist vermerkt,
Methanhydrate Abfälle Energiepflanzen
Reformierung Elektrolyse chemische/thermische Umwandlung welche ökologischen
Nachhaltigkeits-
probleme diese Ener-
giequelle haben.
Wasserstoff

Alternative energetische Biomasse bietet In der Wasserstoff-Anwendung sollten nach


quantitativ nicht genug Potenzial (Abb. 3). unseren Erwartungen im ForschungsVerbund
Sonnenenergie Brennstoffzellen eine überra-
Mittelfristig ist es sinnvoller, Biomasse im Strom- gende Bedeutung erlangen, sowohl in Kleinan-
und Wärmemarkt zur Verdrängung der dort wendungen als Batterieersatz wie auch im Ver-
eingesetzten Kohlenwasserstoffe zu nutzen. kehr zunächst als Ersatz der Lichtmaschine und
Insofern ist kritisch zu bewerten, wenn die EU dann auch im Antrieb. Allerdings sind weder
bis 2010 eine Beimischung von 5,75 % Biokraft- Wasserstoff noch Brennstoffzellen in diesen
stoff in Benzin und Diesel verordnet. Aber auch Anwendungen konkurrenzlos. Bei Kleinanwen-
diese Strategie zur Entlastung des Kraftstoff- dungen kann auch Methanol als Energieträger
marktes ist ökonomisch und ökologisch noch und eine Direkt-Methanol-Brennstoffzelle ein-
günstiger als eine Biomasse-Konversion zu gesetzt werden und die herkömmliche Batterie
Wasserstoff. mag auch noch ein gewisses Verbesserungs-
potenzial haben. Es ist aber zu erwarten, dass
Aus heutiger Sicht ist die Wasserstofferzeugung die Brennstoffzellen in diesem Kleingerätebe-
durch Elektrolyse die Referenztechnologie, mit reich erste Märkte finden werden, die für das
der wahrscheinlich besten Wirtschaftlichkeit. industrielle Lernen große Bedeutung haben.
Ob diese Einschätzung gerechtfertigt ist, muss Hilfsstromquellen auf Brennstoffzellenbasis
allerdings in Forschung und Entwicklung noch (APUs)1 werden eine zweite frühe Marktchance
geklärt werden. Die Alternativen sind thermo- bieten, zumal bei beiden Frühanwendungen
chemische Verfahren der Wasserspaltung bei ho- die energiewirtschaftliche Verfügbarkeit von
hen Temperaturen, aber auch biologische oder kostengünstigem Wasserstoff noch keine
photochemische Verfahren, deren Erforschung Rolle spielt.
noch bei weitem nicht abgeschlossen ist.

1 APU = Auxillary Power Unit 13


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Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Autarker Betrieb im Kleinleistungsbereich

Photovoltaik

Abbildung 4
zeigt, wie erneuerbar lokales, autarkes elektrisches Netz Verbraucher
Wind
erzeugter Strom im
Bedarfsfall über einen
Elektrolyseur als
Wasserstoff gespei-
Wasser
chert und über eine Elektrolyse Brennstoffzelle
Brennstoffzelle ins Strom-
Netz zurückgespeist kurzzeitspeicher

werden kann. 2000 €/kW 2000 €/kW

Wasserstoff-
druckspeicher

Diskutiert wird auch die Vorstellung von Elek- nehmen müssen, dass der Wasserstoff mittels
trolyse-Brennstoffzellen-Systemen im Netzma- erneuerbaren Stroms gewonnen wird. Dann
nagement. Ein solches Wasserstoffsystem muss nämlich wird man auf jeden Fall mit direktem
aber mit anderen Lösungen, z. B. Pumpspeichern Stromeinsatz besser fahren (Abb. 5).
oder Druckluftspeichern (CAES) konkurrieren,
wobei Kosten und Wirkungsgrade entscheiden Brennstoffzellen müssen allerdings nicht auf
werden. Andererseits muss darauf hingewiesen eine energiewirtschaftliche Wasserstoffversor-
werden, dass solche Zwischenspeicher vorteil- gung warten; sie sind insbesondere in den
hafterweise beide Produktgase der Elektrolyse, Hochtemperaturversionen SOFC und MCFC
also Wasserstoff und Sauerstoff, am selben Ort auch mit Erdgas zu betreiben, ohne externe
speichern. Über Brennstoffzellen (oder Gastur- Reformer vorzuschalten. Deshalb entwickeln wir
binen und Motoren) werden sie dann wieder in im ForschungsVerbund Sonnenenergie Hoch-
Strom zurück verwandelt. Solche Systeme bieten temperatur-Brennstoffzellen mit großem Auf-
aber quantitativ nichts Wesentliches für weiter- wand. Sie versprechen gute Wirkungsgrade
gehende Verwendungen, wie etwa im Verkehr, auf Erdgasbasis und werden noch effizienter,
an. Sollte man allerdings für die Kraftstoffversor- wenn sie eines Tages mit Wasserstoff betrie-
gung des Verkehrs in ganz anderen Dimensio- ben werden.
nen Wasserstoff über Elektrolyse herstellen müs-
sen, wäre die Netzstabilisierungsfunktion ein Membran-Brennstoffzellen niederer Betriebs-
eleganter Nebeneffekt für einen entsprechend temperatur müssen in der Erdgaswelt zunächst
geregelten Elektrolyseurbetrieb (Abb. 4). Reformer vorschalten, um dann den so erzeug-
ten Wasserstoff nutzen zu können. Für den
Auch die Vorstellung von wasserstoffversorgten Klimaschutz kann dies gleichwohl ein Vorteil
Brennstoffzellen in unseren Kellern zur Heizung sein, wenn ein hoher Brennstoffzellen-Wirkungs-
der Wohnräume zur Warmwasserversorgung grad die vorausgehenden Umwandlungsver-
14 muss kritisch diskutiert werden, wenn wir an- luste überkompensiert.
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FVS Themen 2004

Vergleich: Strom- und Gastransport für Offshore-Windturbinen

Offshore Windfarm Gleichrichter Wechselrichter


> 100 MW h = 99,4 % h = 99,4 %
1500 €/kW 60 € /kW 60 € /kW
HGÜ 2

~ h = 97 % / 1000 km
70 €/kW / 1000 km
= Gesamtwirkungsgrad: 95,8 %
Kosten: 1690 € /kW
Abbildung 5
zeigt am Beispiel

= ~ einer Offshore Wind-


stromerzeugung, dass
direkter Stromeinsatz
günstiger ist als ein
Umweg über Wasser-
Gesamtwirkungsgrad: 49 %
stoff, falls nicht die
Kosten: 5000 € /kW
Notwendigkeit zu
speichern besteht.
Elektrolyse Brennstoffzelle
h = 70 % h = 70 %
2000 € /kW 2000 €/kW

Auslastung der Übertragungsstrecke = Auslastung Wind = 3500 Volllastbetriebsstunden.


Bei Teilauslastung des Elektolyseurs sinkt die Wirtschaftlichkeit entsprechend

2
HGÜ = Hochspannungs Gleichstrom Übertragung

Und in Kleingeräten dürften sich die schon Wenn die so skizzierte Entwicklungs- und
erwähnten ersten Märkte aus dem großen Nut- Markteinführungsstrategie zunächst auf Erdgas-
zungsvorteil solcher Systeme ergeben. Deshalb basis gelingt, ist nicht nur eine Brücke in die
entwickeln wir im ForschungsVerbund Sonnen- Zukunft geschlagen, in der Wasserstoff dann
energie auch diese Brennstoffzellentypen mit eine größere infrastrukturelle Rolle spielen
Nachdruck und kümmern uns um die Technolo- könnte; vielmehr wäre dies ein Innovations-
gien einer entsprechenden Wasserstoffbereit- schritt von größter Tragweite für den Fahr-
stellung. zeug- und Motorenbau.

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Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Netzmanagement und Integration


von Brennstoffzellen
Prof. Dr. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen also auch Stationäre dezentrale
Jürgen Schmid ökonomischen Energiewirtschaft steht neben
dem effizienten Umgang mit Energie die Ent-
Energiewandlung
ISET
jschmid@iset.uni-kassel.de wicklung und der zunehmende Einsatz rege-
nerativer Energietechnologien im Mittelpunkt, Mit Brennstoffzellen können hohe Wirkungs-
Dr. Tim Meyer wie beispielsweise Photovoltaik, Windenergie, grade bei der Wandlung chemischer Energieträ-
Fraunhofer ISE Wasserkraft, Solar- und Geothermie oder auch ger wie Erdgas oder Wasserstoff in elektrischen
tim.meyer@ise.fraunhofer.de die Nutzung von Biomasse. Es besteht die be- Strom und Wärme erreicht werden. Dabei
gründete Aussicht, dass sich mittel- bis langfristig fallen bei Wasserstoff praktisch keine Schadstoff-
Dr. Ludwig Jörissen ein Umbau unserer jetzigen Energiewirtschaft, Emissionen an. Aus einzelnen Zellen lassen sich
ZSW die überwiegend auf fossilen Kohlenwasserstoffen leistungsangepasst Stapel zusammensetzen,
ludwig.joerissen@zsw- basiert, hin zu einer solaren Stromwirtschaft mit denen kleinste Versorgungseinheiten für
bw.de vollzieht. Dabei kann sich in zunehmendem Geräte bis hin zu Systemen für die Hausversor-
Maße die Brennstoffzellentechnologie insbeson- gung oder für mobile Anwendungen aufgebaut
dere im Verkehr sowie in der dezentralen statio- werden können. Brennstoffzellensysteme bieten
nären Strom- und Wärmeerzeugung (auf Basis daher den großen Vorteil, dass sie sich der
von Erdgas) entwickeln. Parallel dazu gewinnen Versorgungsaufgabe anpassen und dezentral
Brennstoffzellensysteme im niedrigen Leistungs- einsetzen lassen.
bereich für netzferne und portable Anwendun-
gen an Bedeutung. Letztere auch als Wegberei- Für den stationären Einsatz zur kombinierten
ter von Systemen in höheren Leistungsklassen. Stromerzeugung und Wärmebereitstellung in
Gebäuden wird der Erfolg der Brennstoffzellen-
technik insbesondere davon abhängen, wie
gut und vor allem zuverlässig sich die neuen
Versorgungsaggregate in bestehende Netz-
und Gebäudeinfrastrukturen integrieren lassen.
Dabei gilt es die spezifischen Randbedingungen
für Gebäude, Gasversorgung und Stromnetz zu
Strom berücksichtigen und alle Schnittstellen über
Abbildung 1 Informations-/ kostengünstige Informations- und Kommunika-
Kommuni-
Vernetzung der kationstechnik
tionstechniken für übergeordnete Handlungs-
Infrastrukturen zur strukturen des zukünftigen Energiehandels
Integration von Brenn- KWK verfügbar zu machen (Abb. 1).
stoffzellensystemen Brennstoffzellen
in Gebäude Wärmepumpen

(Quelle: Fraunhofer ISE) Integration in die Gebäude


Wärme/Kälte Erdgas
Gebäude
Etwa ein Drittel der CO2 - Emissionen in
Deutschland werden durch die Bereitstellung
von Niedertemperaturwärme verursacht. Über
80 % davon ist dem Raumwärmebedarf im
Wohngebäudebestand zuzuordnen. Durch ver-
schiedene Entwicklungen der rationellen Ener-
gienutzung lässt sich dieser deutlich senken
(Abb. 2).
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Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

kWh / m2
0 50 100 150 200 250 300

Bestand

Wärmeschutz- -25%
verordnung 1995

Energieeinspar-
Abbildung 2
-25%
verordnung 2002 Energiebedarf von
Wohngebäuden:
Niedrigenergiehaus
2002
Endenergie in kWh/m2
(Quelle: Fraunhofer ISE)
Raumwärme
3-Liter Haus
Warmwasser

Haustechnikstrom
Solar-Passivhaus
Haushaltsstrom

Während Niedrigenergiehäuser im Neubau mitt- Systemstrukturen und


lerweile zum Standard zählen, setzen sich auch
Schnittstellen
weitreichende Maßnahmen wie 3-Liter- oder
Passiv-Häuser hier und da durch. Eine besondere
Herausforderung bei der rationellen Energienut- Verfügbare Brennstoffzellenarten lassen sich
zung sind Renovierungen im Gebäudebestand. grundsätzlich durch unterschiedliche Betriebs-
temperaturen von 80 bis 1000 °C unterscheiden,
Der mittlere elektrische Leistungsbedarf eines wobei der elektrische Wirkungsgrad mit der
durchschnittlichen Haushalts beträgt zwischen Temperatur steigt (Abb. 3). Der Betrieb mit Erd-
500 und 1000 Watt. Ein darauf ausgelegtes gas erfordert eine vorgelagerte Reformierung die
Aggregat führt für Niedrigenergiehäuser unge- bei Hochtemperatur-Brennstoffzellen teilweise in
fähr zu einer ausgeglichenen Energiebilanz. der Brennstoffzelle selbst abläuft. Die Komplexi-
Höhere Leistungsanforderungen werden sich tät des Gasprozesses zur Gewinnung von Wasser-
wirtschaftlich am günstigsten über das Strom- stoff aus Erd- oder Biogas und Beseitigung von
netz bereitstellen lassen. Für eine zusätzliche systemschädigenden Bestandteilen wie beispiels-
Wärmeversorgung müssen dann beispielsweise weise Schwefel nimmt mit fallenden Betriebs-
zusätzliche Spitzenlastkessel installiert werden. temperaturen der Brennstoffzelle zu.

Flüssig- Verdampfer Brennstoffzellen-Typen Wirkungsgrad


Brennstoff

SOFC
Abbildung 3
Erdgas
Biogas Thermisch inte- 800 °C Grundlegende
grierter Reformer bis 1000 °C
Zusammenhänge
Schwefel-
entfernung
verschiedener Brenn-
MCFC
Thermisch inte- 650 °C
stoffzellentypen und
500 °C Konversion zu grierter Reformer der erforderlichen
bis 800 °C H2 and Co2
Gasprozesstechnik
300 °C Konversion zu PAFC 200 °C (Quelle: ZSW) [1]
bis 500 °C H2 and Co2 CO < 5 %

Steigende
selektive CO PEMFC 80 °C
Komplexität des Oxidation CO < 10 ppm
Gasprozessors
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FVS Themen 2004

In einem kompletten Niedertemperatursystem Der Anschluss an das Stromnetz erfolgt über


sind einer PEM-Brennstoffzelle ein Verdichter, ein Wechselrichter, die die Gleichspannung und
Reformer, ein zum Teil zweistufiger Shiftreaktor den Gleichstrom in die üblichen Wechselgrößen
sowie eine Feinreinigung zur CO-Entfernung vor- des Versorgungsnetzes umwandeln.
gelagert (Abb. 4). Über einen oder mehre Wär-
metauscher wird die Nutzwärme ausgekoppelt
und das thermische Management realisiert.

CH4 + 2H2O => 4H2 + CO2 (CO)

Erdgas Erdgasverdichter Reformer Shift- Reaktor HT

9 % CO 3 % CO
Abbildung 4
Systemstruktur und
a) Reformer-Erwärmung
Schnittstellen eines Restgas
b) Kat-Brenner (therm. Nutzung)
Niedertemperatur-
Brennstoffzellensy-
stems einschließlich
Gasprozessor
(Quelle: ZSW)
Shiftreaktor NT CO-Feinreinigung PEM-Brennstoff- Wärme
zelle

H2 , CO2
elektrische
< Energie
0,5 % CO Luft (O2) 0,005 % CO

Integration in die Gasversorgung

Großkraftwerke
Wind SOT PV Wasser Kohle Gas-KW
Abbildung 5
Vernetzungsoptionen
Übertragungsnetz
auf Strom- und Gas-
ebene mit zentralen
Kraftwerken und Verteilungsnetz
dezentralen Einheiten
wie Brennstoffzellen Nieder-
spannungs-
(BZ) und anderen netze
Kraft-Wärme-Kopp-
lungsaggregaten
(Motor-Generatoren, Reformer BZ BZ Reformer BZ BZ BZ 60 % Reformer BZ µT Stirling
Motor-
Gen. µT Stirling
Motor-
Gen.

Mikrogasturbinen (µT), H2-Netz


Stirlingmotoren) h= 30 % Reformer 60 % 30 % 30 % 30 % 30 %

(Quelle: ISET)
Erdgasnetz Biogasnetz Synthetische
Kraftstoffe
h = Wirkungsgrad / SOT = Solarthermische Kraftwerke
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FVS Themen 2004

40000
Wärme geführt:
35000
Primärenergieverbrauch (kWh/a)

Brennwertkessel+Strombezug

30000
SOFC (1 kW, 29,5 %)

25000 PEM (1 kW, 28 %)


Abbildung 6
PEM (2 kW, 29,5 %) Exemplarischer
20000
Systemvergleich
Stirling (1 kW, 25 %) verschiedener KWK-
15000
Dampfmaschine (2 kW, 7 %)
Aggregate am
10000
Beispiel eines
Primärenergie geführt: Einfamilienhauses
5000 (Quelle: Fraunhofer ISE)
PEM (1 kW, 28 %)

0 PEM (2 kW, 29,5 %)

Integration in die Eine interessante Option sind große Reformer


Gasversorgung mit höheren Wandlungsgraden (geringere
Wärmeverluste), denen ein sogenanntes Mikro-
Brennstoffzellen benötigen ein wasserstoffhalti- Wasserstoffnetz nachgelagert ist. Darin werden
ges Gas, das in der heutigen Infrastruktur zur dann mehrere Aggregate betrieben. Der besse-
Gebäudeversorgung nicht direkt verfügbar ist. re Gesamtwirkungsgrad ist aber nur gewähr-
Während für Hochtemperatur-Brennstoffzellen leistet, wenn die Abwärme des Reformers weit-
Methan und CO zulässig und nutzbar ist, wirkt gehend genutzt wird, z. B. als Prozesswärme
in Niedertemperatur-Brennstoffzellenzellen CO oder über Absorptions-Kältemaschinen.
als Katalysatorgift und Methan lässt sich darin
nicht direkt nutzen. Ohne Ankopplung an Leitungsnetze lässt sich
Wasserstoff vor Ort in Druckspeichern oder
Aus Erdgas kann Wasserstoff durch die bereits Flüssigwasserstofftanks bereit halten.
angesprochene Reformierung von Kohlenwas-
serstoffen gewonnen werden. Dezentrale Refor-
mer, die sich direkt am Brennstoffzellenaggre- Systemvergleich
gat befinden, müssen auch thermisch in das
Gesamtsystem eingekoppelt sein. Jedoch senkt Ein Vergleich verschiedener Kraft-Wärme-Kopp-
der Energiebedarf für solche integrierte Kleinst- lungs-Aggregate für Einfamilienhäuser (Abb. 6)
reformer den elektrischen Wirkungsgrad des belegt, dass der Primärenergieeinsatz gegen-
Gesamtsystems auf etwa 30 % (Abb. 5). über dem klassischen Strombezug aus dem
Damit müssen sich Brennstoffzellensysteme Netz und die Wärmebereitstellung über einen
gegen andere teilweise bereits etablierte Kraft- modernen Brennwertkessel nicht unbedingt
Wärme-Kopplungstechniken durchsetzen, die geringer ausfällt. Bei zu geringen elektrischen
ähnliche Stromeffizienzen aufweisen [2]. Wirkungsgraden kann er sogar darüber liegen.
Neben einer grundlegenden Verbesserung der
Technik können hier neue primärenergiegeführ-
te Regelungskonzepte Vorteile bringen. 19
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Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Integration in die tragen. Über Mittel- und Niederspannungs-


netze gelangt der Strom schließlich in die Nie-
Stromverteilungsnetze
derspannungsverteilungsnetze der Verbraucher-
ebene. Der Strom wird in diesem Netz im Prin-
Brennstoffzellensysteme werden über den Haus- zip von oben nach unten verteilt [3].
anschluss in das öffentliche Wechselspannungs-
netz (400V/230V, 50Hz) eingebunden. Moder- Dezentrale Mikrokraftwerke, die es in Form der
ne Wechselrichter formen aus Gleichstrom Windenergieanlagen, Blockheizkraftwerken und
durch hochfrequentes moduliertes Ein- und Photovoltaikanlagen seit einigen Jahren immer
Ausschalten von Leistungstransistoren sinusför- häufiger gibt, ersetzen mehr und mehr Anteile
mige Ausgangsspannungen und Ströme. Zur der Energieerzeugung konventioneller Kraftwer-
Anpassung der geringen Eingangsspannungen ke. Messtechnisch werden sie daher als „nega-
sind zusätzlich Transformatoren erforderlich. tive Last” registriert. Viele Energieversorungsun-
Die Qualität der Netzgrößen bleibt dabei erhal- ternehmen (EVU) sehen daher in der Stromein-
ten. Mit entsprechenden Regelverfahren lässt speisung eine zusätzliche Erzeugung, die das
sich sogar eine Steigerung der Netzqualität bestehende ausgeklügelte System der Bereit-
erreichen. stellung von Energie stören könnte. Sie argumen-
tieren mit der fluktuierenden Einspeiseleistung.
Eine interessante Option ist, einen kleinen elek- Da nicht einplanbar sei, wann die Sonne scheint
trochemischen Speicher in das Wechselrichter- oder der Wind weht, müssten von den Netz-
system zu integrieren. Zusätzliche Steuerungs- Betreibern teure Regelleistungen bereitgestellt
und Regelungsfunktionen würden damit den werden. Doch mit den heute verfügbaren
Inselbetrieb und so die zusätzliche Dienstlei- leistungsfähigen Wetter-Prognosesystemen,
stung eines Ersatzbetriebes bei Netzausfällen die das ISET entwickelt hat, lassen sich derartige
für die wichtigsten Verbraucher ermöglichen. Probleme lösen oder zumindest stark minimie-
ren. Hinzu kommt, dass elektrische Stromnetze
In der historisch gewachsenen Infrastruktur der heute mit Hilfe von Informationstechnologien
Stromversorgung wird die in großen zentralen so gemanagt werden können, dass ihre Stabi-
Kraftwerken erzeugte Energie über Hochspan- lität absolut gewährleistet bleibt. Dies wird im
nungstrassen in die Verbrauchsregionen über- Folgenden beschrieben:

überregional regional

Energiebörse
Energiehandel Netzleitstelle
(Trading)
EMS

Abbildung 7 Anlagen

Mögliche zukünftige
Betreiber virtueller KW
Kommunikations- EMS EMS EMS EMS EMS
und Handelsstruk-
turen im Bereich
elektrischer Energie
dezentral
(Quelle: RWEnet, EUS) Netzleitstelle dezentrale Erzeuger
Lastmanagement

Anlagen

EMS = Energiemanagement System


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Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Netzmanagement und
Energiehandel Photovoltaik

Hausbesitzer werden künftig verstärkt auch Er- PV-Wechselrichter


zeuger von Strom sein und EVUs werden Strom
von ihnen kaufen. Die Rollen, von Erzeuger und
Abnehmer von Strom, Kunden und Produzen-
ten werden zukünftig flexibler. Denn immer
mehr Kleinstkraftwerke, wie z. B. KWK-Aggrega- Verbraucher
te mit Brennstoffzellen, speisen Energie ins Netz Netzbetreiber

ein. Deshalb ist es erforderlich, alle Beteiligten Energieversorger

mit einem Kommunikationssystem zu verknüp- Internetanbieter


fen, damit Anbieter und Nachfrager in ein Han-
Brennstoffzelle
delsgeschäft eintreten können und Energiebör-
sen neue Freiheitsgrade gewinnen (Abb. 7). Gasnetzbetreiber

Der Strompreis wird sich auch in Zukunft an


Angebot und Nachfrage orientieren. In der
Grundlast kostet der Strom heute 1,5 bis 3 Cent Zusammenfassung Abbildung 8
je Kilowattstunde (ohne Kosten für Verteilung Bidirektionales
und Handel), während er in Kalifornien wäh-
und Ausblick Energie-Management-
rend der Energiekrise in Zeiten der Spitzen Interface (BEMI) als
belastung auf bis zu 12 Dollar je Kilowattstunde Für den wirtschaftlichen Betrieb von stationären zukünftiger Ersatz für
hochschnellte. Die Preisunterschiede können Brennstoffzellensystemen ist neben einem ho- den heutigen Haus-
Verbraucher für sich nutzen. Beispielsweise hen elektrischen Wirkungsgrad ein hoher Wärme- anschlusskasten
können Kühlgeräte mit guter Wärmedämmung nutzungsgrad von entscheidender Bedeutung. (Quelle: ISET)
längere Zeiten zwischen den Einschaltprozessen Auch andere innovative Wandlungsaggregate
des Kompressors überbrücken. Über ein neues auf der Basis von Mikrogasturbinen, Dampf-
bidirektionales Energie-Management-Interface maschinen oder Stirlingmotoren haben gute
(Abb. 8) kann ein Kühlschrank dann via Internet Marktchancen.
(zum Beispiel aus der Steckdose über eine Power-
line-Kommunikation) oder andere Kommunika- Mittelfristig werden stationäre Brennstoffzellen
tionswege den aktuellen Strompreis abfragen nicht direkt mit Wasserstoff, sondern über
und mit seiner Kältereserve abgleichen, um im Erdgas versorgt. Erst wenn der Strom zu über
richtigen Moment zu einem attraktiven Preis zwei Dritteln aus erneuerbaren Energien kommt,
Energie einzukaufen, in Kälte zu verwandeln und alle Potenziale der Anlagen- und Lastbetriebs-
zu speichern. Das Potenzial allein für solche führung ausgeschöpft und andere dezentrale
Maßnahmen des Demand-Side-Managements Speichertechnologien ausgeschöpft sind, wird
bei Kühlsystem im Lebensmittelhandel sowie bei die Speicherung von Strom in Wasserstoff in
Heizungspumpen wird in Deutschland insgesamt Betracht kommen. Denn bei diesen Umwand-
auf 10 bis 15 % des Verbrauchs geschätzt. lungsprozessen gehen mit heutigen Technolo-
gien fast noch 2/3 der Energie verloren.
Wenn der Strombedarf steigt, ist es denkbar,
dass Stromanbieter nicht ein Spitzenlastkraftwerk Welche Anteile Brennstoffzellen im Bereich der
wie eine Gasturbine oder ein Pumpspeicher- stationären dezentralen Strom- und Wärmever-
kraftwerk anfahren, sondern dass sie beispiels- sorgung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, Bü-
weise aus Blockheizkraftwerken in Wohnhäusern ros, Handwerksbetrieben und der Industrie errei-
Strom kaufen [4]. Die dabei anfallende Wärme chen werden, hängt neben den Faktoren Wirt-
kann wesentlich einfacher und kostengünstiger schaftlichkeit, Qualität und Zuverlässigkeit insbe-
als Strom gespeichert und zu einem späteren sondere von der sorgfältigen und verlässlichen
Zeitpunkt verfügbar gemacht werden. Integration in die Gebäudesystemtechnik ab. 21
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Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Eine weitere Optimierung komplexer Teilsyste-


me der Gas-, Strom- und Wärmeversorgung
kann die Entwicklung deutlich beschleunigen.

Mit Hilfe neuer, digitaler Informationstechnik


und aufgrund eines liberalisierten Marktes mit
eigenständig agierenden Anbietern und Abneh-
mern werden die neuen Energieerzeuger zu-
künftig in das Stromnetz integriert. Das Strom-
netz, welches bisher einer Einbahnstraße glich,
wird zu einem Energiemarkt, auf dem bisherige
Abnehmer auch zu Anbietern und bisherige
Produzenten auch zu Nachfragenden werden
können.

Literatur
[1] B.C.H. Steel, Natur 1999

[2] Vetter, M.; Wittwer, C.; Dynamic modeling


and investigation of residential fuel cell
cogeneration systems, 16. Internationales
Kolloquium über Anwendungen der Infor-
matik und der Mathematik in Architektur
und Bauwesen, Bauhaus Universität
Weimar, 2003

[3] Degner, T.; Engler, A.; Schmid, J.;


Strauß, P.; Viotto, M.; Meyer, T.; Erge, T.;
Integration Erneuerbarer Energien in
Versorgungsstrukturen - Inhalte Europäi-
scher Forschungsprojekte, 18. Symposium
Photovoltaische Solarenergie,
Staffelstein, 2003

[4] Bendel, C.; Die Rolle der Photovoltaik


im Strommanagement, Die Zukunft der
Photovoltaik, Dornbirn, Juni 2004

22
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

Internationale Entwicklungen
der Wasserstofftechnologie
Warum Wasserstoff ? Motoren, Turbinen, Brennern und nicht zuletzt Dr. Hanns -Joachim
Brennstoffzellen in Dienstleistungen wie Mobili- Neef
Warum beschäftigen wir uns mit den Wasser- tät, Strom, Wärme umgewandelt wird. Wenn Projektträger Jülich
stofftechnologien? Sie versprechen uns sichere dazu noch der Wasserstoff umweltfreundlich h.j.neef@fz-juelich.de
Energieversorgung, Mobilität und andere Dienst- hergestellt wird – was das bedeutet, wird noch
leistungen, ökonomische Vorteile wie Techno- zu prüfen sein – haben wir Grund zur Freude: Dr. Neef ist Co Chair des
logieführerschaft, Wirtschaftswachstum, Arbeits- Die gesamte Kette von der Herstellung des IPHE (Implementation and
plätze sowie einen kräftigen Beitrag zum lokalen Wasserstoffs über die Speicherung und den Liason Commitee of the
und globalen Umweltschutz. All das wird oft Transport bis zum Endverbraucher ist aus glo- Intenational Partnership for
unter dem Begriff der Nachhaltigkeit zusammen- baler und lokaler Sicht eine ideale Option. the Hydrogen Economy)
gefasst.
Hinzu kommt, dass wir im Verkehrssektor stark
Deutschland hat sich schon früh mit Wasserstoff von importiertem Öl abhängig sind. Das ist bei
als Energieträger und Speichermedium beschäf- 50 $ pro Barrel (im Oktober 2004) nicht nur
tigt. Die elegante Option, Wasserstoff CO2-frei eine Frage der Kosten des Ölimports, sondern
herzustellen, diesen zu speichern und zu ver- noch mehr eine Frage der Versorgungssicherheit.
wenden, wo und wann der Verbraucher ihn be- Alle Länder, die langfristig nicht über eigenes
nötigt, war und bleibt verführerisch. Wasserstoff Öl verfügen, streben danach, den Verkehrssek-
eröffnet also räumliche und zeitliche Freiheits- tor unabhängig vom Öl zu machen. Das kann
grade, die die Elektrizität nicht so leicht bietet. durch den Einsatz von Wasserstoff erreicht wer-
den. Die sichere Energieversorgung ist wohl
Ein weiterer Grund ist die umweltfreundliche die Hauptmotivation für die USA, sich intensiv
Verwendung des Wasserstoffs, dort wo er in mit der Wasserstoffoption zu beschäftigen.

Wasserkraft Solarthermie
SOFC-Brennstoffzellen für
örtliche Versorgung der Windturbienen
Haushalte mit Warmwasser
und Wärme
Biomasse

Eine Hausstrom- und Photovoltaikanlage


Hauswärmeversorgung
mit PEM-Brennstoffzellen Brennstoffzellen auf Schiffen
H2 für den Antrieb und in Abbildung 1
Hilfskraftanlagen
Darstellung einer
Energieversorgung mit MCFC-
oder SOFC/GUD-Kraftwerken „Wasserstoffwelt” als
Anlage zur Wasserstofferzeugung
H2 Energiemix aus Erdgas
CO2 und erneuerbaren
Versorgung der verarbeitenden
Industrie mit Prozesswärme und -strom Energien
Wasserstofftankstelle

Erdgas

Erschöpftes Salzhaltiges Grundwasser


Gasvorkommen in großer Tiefe

23
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

Ob diese Beschäftigung zu einer Wasserstoff-


wirtschaft führen wird, hängt aber noch von Nachhaltige Entwicklung
vielen Entscheidungen ab.
Was ist nötig, um noch über geplante,
fortschrittliche Politikszenarien
hinaus zu gehen?
Wasserstoffwirtschaft
Politische Anreize für eine weitergehende
Reduktion von CO2 - Emissionen
Abbildung 3  Es gibt also eine Menge guter Gründe, sich
Politische Anreize mit Wasserstoff zu beschäftigen. Warum also Ein Portfolio an Technologien, um
und Technologie- gibt es die Wasserstoffwirtschaft noch nicht? Giga-Tonnen an CO2 zu vermeiden:

entwicklungen für Die Barrieren sind die hohen Kosten der Kom- • Energieeinsparung, effiziente
eine nachhaltige ponenten einer Wasserstoffwirtschaft (zum Bei- Umwandlungs- und Endverbrauchs-
Entwicklung spiel der Brennstoffzellen), die hohen Kosten für techniken
eine Wasserstoffinfrastruktur, die von der Inter- • Erneuerbare Energien
nationalen Energieagentur auf 1 bis 5 Billionen $
geschätzt wurden. Auch Kundenorientierung • CO2 Abtrennung und -Speicherung
und Betriebszuverlässigkeit der Endprodukte
• Wasserstofftechnologien
wie zum Beispiel von Brennstoffzellen-BHKWs,
Abbildung 2 Hausversorgungsanlagen, Wasserstoffbussen • Fortschrittliche Übertragungs-
„Das magische und Personenkraftwagen müssen gewähr- und Verteilungstechnologien
für alle Energieträger
Dreieck der Nach- leistet sein.
haltigkeit”: Der Kreis • ... neue Ideen und Grundlagenforschung
versinnbildlicht die Die Ziele des magischen Dreiecks der Nachhal-
Verbindung der ein- tigkeit – Energieversorgungssicherheit, Wirt-
zelnen Nachhaltig- schaftlichkeit, Umweltschutz – sind nicht zu er-
keitskriterien. reichen, wenn wir so weitermachen wie bisher.
Die Wasserstofftechnologie steht dabei aller-
dings nicht an allererster Stelle. Stattdessen
müssen wir bei der Energieeffizienz anfangen.
Dann kommen die erneuerbaren Energien,
die CO2 -Abtrennung und -Speicherung, die
Ökonomie Wasserstofftechnologien, die fortschrittliche
wirtschaftliche Übertragungs- und Verteilungstechnologien für
Entwicklung
alle Energieträger, die fortschrittlichen Kernreak-
toren (eine Option, die für Deutschland zurzeit
nicht in Frage kommt) sowie die Fusion. Last
Nachhaltigkeit
but not least brauchen wir neue Ideen und
Grundlagenforschung, die die Energietechno-
logie beflügeln soll. Hier kommt unter anderen
Versorgungs- Ökologie der Helmholtzgemeinschaft und den Mitglie-
sicherheit Umweltschutz
dern des FVS eine Schlüsselfunktion zu.

Versorgung und Bedarf


Wasserstoff lässt sich leider nicht wie Erdöl oder
Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht Erdgas gewinnen, er muss hergestellt werden.
ziehen, um optimale Lösungen zu erreichen. Heute wird der Wasserstoff vorwiegend aus
Wir müssen ein umfangreiches Portfolio an Erdgas hergestellt. Das dabei entstehende CO2
Technologien betrachten, da keine einzelne wird in die Atmosphäre abgegeben. Es gibt
Technologie uns den Königsweg aus dem aber drei Wege, den Wasserstoff CO2 - frei
24 business-as-usual Szenario verspricht. herzustellen:
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

1. erneuerbare Energien (und hier sowohl Pro 100 km verbraucht ein Auto etwa 1kg
direkt als auch über die Elektrolyse) Wasserstoff, dies entspricht etwa 10.000 Litern
2. Kernenergie gasförmigen Wasserstoffs. Deshalb stellt seine
3. fossile Energieträger mit Speicherung in kleinen, insbesondere mobilen
Abscheidung und Lagerung des Tanks ein Problem dar.
entstehenden CO2
Da auch die energetische Betrachtung eine
Natürlich würden wir alle gerne sehen, dass Rolle spielt, also die Frage, wie viel Energie wird
Wasserstoff mit Hilfe der erneuerbaren Energien gebraucht, um Wasserstoff zu komprimieren
in großen Mengen zu wettbewerbsfähigen Prei- oder zu verflüssigen, sind neue Verfahren der
sen in den Markt kommen würde. Aber es ist zu chemischen oder physikalischen Speicherung in
beachten, dass aus den erneuerbaren Energien Metallhydriden oder Nano-Strukturen die Hoff-
zuerst einmal Strom hergestellt wird. Diesen nungsträger für die Zukunft. Ein echter Durch-
Strom zu nutzen, muss die erste Aufgabe sein. bruch zu kommerziellen Produkten ist hier aber
Ihn in Wasserstoff umzuwandeln heißt, Investi- noch nicht gelungen, hier soll und kann die
tionen für die Elektrolyse zu tätigen und Ener- Grundlagenforschung, auch in internationaler
gieverluste in Kauf zu nehmen. Das wird man Zusammenarbeit, hilfreiche Beiträge leisten.
erst dann tun, wenn billiger Strom aus Erneuer-
baren zur Verfügung steht. Es wird also in allen
seriösen Szenarien angenommen, dass dies erst Brennstoffzellen
in einigen Jahrzehnten der Fall sein wird.
Die heute meist beachtete Technologie zur
Ähnlich sieht es aus mit der Technik der CO2- Nutzung des Wasserstoffs ist die Brennstoffzelle.
Abtrennung und seiner Speicherung in geologi-
schen Schichten. Auch hier wird es noch Jahr- Es gibt verschiedene Typen von Brennstoffzellen.
zehnte dauern, bis die Technik so weit entwickelt Allen Typen gemeinsam ist, dass sie elektroche-
ist und öffentliche Akzeptanz findet, dass sie in misch aus Wasserstoff und Sauerstoff Strom und
großem Maßstab eingesetzt werden kann und Wärme produzieren. Dabei muss nicht allen
in den weltweiten Statistiken der CO2-Emissio- Typen der Brennstoffzelle Wasserstoff in reiner
nen und deren Vermeidung zu sehen ist. Form zugeführt werden. Die auf hohem Tempe-
Aus Szenarien des US-Department of Energy, raturniveau arbeitenden Zellen können den
des britischen Department of Trade and Indu- Wasserstoff quasi „in-situ“ aus wasserstoffhalti-
stry, des dänischen Forschungszentrums RIS∅ gen Energieträgern wie Erdgas, Methanol, Bio-
und vielen anderen Untersuchungen sieht man, gas, Kohlegas etc. herstellen. Die Abb. 4 zeigt,
dass die internationale Einschätzung über die wie die einzelnen Brennstoffzellentypen sich
Möglichkeiten der CO2 - freien Wasserstoffher- hinsichtlich einiger Komponenten und Betriebs-
stellung ziemlich einheitlich gesehen werden. daten unterscheiden. Eigentlich sollte man
Vom technischen Standpunkt aus gesehen ist unter dem Thema dieses Vortrags nur über die
natürlich die CO2 - freie Herstellung von Wasser- Brennstoffzellentypen sprechen, die nur mit
stoff aus Kernenergie mit Hilfe der Elektrolyse reinem Wasserstoff betrieben werden können,
heute schon möglich. Ob das wirtschaftlich denn nur sie sind ein integraler Teil der Wasser-
Sinn macht sei dahingestellt, da wir die Option stoffwirtschaft. Oder anders ausgedrückt: Was-
Kernenergie nicht im deutschen Portfolio haben. serstoff und Brennstoffzellen erschließen unab-
hängig voneinander energiewirtschaftliche und
Also wird der Option der Wasserstoffwirtschaft ökologische Vorteile. Sie lassen sich zu beson-
am besten geholfen, wenn die Erneuerbaren ders energieeffizienten Lösungen kombinieren.
ausreichend gefördert werden.
Weiterhin werden für die Wasserstoffanwen-
Die Speicherung von Wasserstoff ist ein wei- dung Verbrennungsmotoren, Brenner und Tur-
teres Feld der Forschung. Wasserstoff ist bei binen sowohl für den Verkehr zu Land, Wasser
Raumtemperatur gasförmig und beansprucht und Luft, als für stationäre Strom- und Wärme-
ein großes Volumen: erzeugung entwickelt. 25
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen Hochtemperatur-Brennstoffzellen

Brennstoff- DMFC PEMFC AFC PAFC MCFC SOFC


zellentyp Direct Methanol Polymer Electrolyte Alkaline Phosphoric Molten Carbonate Solid Oxide
Fuel Cell Membran Fuel Cell Fuel Cell Acid Fuel Cell Fuel Cell Fuel Cell

Electrolyte Protonenleitende Protonenleitende Kalilauge Konzentrierte Schmelz- Keramisch


Membran Membran Phosphorsäure karbonat
Abbildung 4
Temperaturbereich < 100 °C < 100 °C < 100 °C ca. 200 °C ca. 650 °C 800 –1.000 °C
Brennstoffzellen
Brennstoff Methanol Wasserstoff Wasserstoff Wasserstoff Erd-, Kohlegas Erd-, Kohlegas

Leistungsbereiche Watt / Kilowatt Watt / Kilowatt Watt / Kilowatt Kilowatt Kilo- /Megawatt Kilo- /Megawatt

Anwendungs- Fahrzeuge, Fahrzeuge, Raumfahrt Blockheiz- Kraftwerke, Kraftwerke,


beispiele Kleingeräte Kleingeneratoren, kraftwerke Heizkraftwerke Heizkraftwerke
Hausversorgung,
Blockheizkraftwerke

Die europäische Ebene stationäre und mobile Wasserstoffanwendun-


gen demonstriert werden sollen.
In einer Publikation der Internationalen Energie-
agentur zu den Wasserstoffprogrammen der CUTE
IEA-Mitgliedsländer steht der für uns ehrenvolle Eines der bekanntesten europäischen Projekte
Satz: „Germany is at the forefront of hydrogen ist das CUTE-Projekt1, in dem an die 30 Wasser-
and fuel cell technology development and stoffbusse in mehreren europäischen Städten
implementation worldwide.“ praktisch erprobt werden. Hier in Berlin können
Aber auch in den USA, in Japan und bei der Sie am Funkturm schon eine Wasserstofftank-
Europäischen Kommission werden ehrgeizige stelle sehen, die im Rahmen des CEP (Clean
Programme geplant, finanziert und realisiert. Energy Partnership) von den Bundesministerien
Daneben stehen die nationalen Programme gefördert werden. Ein wichtiges Ziel solcher
Kanadas, Italiens und einiger anderer entwickel- Demonstrationsprojekte ist es, die Zuverlässig-
ten Länder wie Norwegen, Dänemark, die Nie- keit aller Komponenten zu testen und das Zu-
derlande und Österreich, die Forschung und sammenspiel im System zu erproben. Die ge-
Entwicklung auf speziellen Gebieten der Wasser- samte Systemverfügbarkeit ist natürlich in den
stofftechnik betreiben, ohne Anspruch auf ein Anfangsmonaten noch nicht ausreichend, aber
alle Themen umfassendes Programm. die Tendenz geht in die richtige Richtung
(Abb. 5).
Im 5. und 6. Forschungsrahmenprogramm sind
viele Wasserstofftechnologie-Projekte gefördert ECTOS
worden, fast alle haben deutsche Beteiligung, Eng verbunden mit dem CUTE-Projekt ist das
viele haben deutsche Koordinatoren. Besonders ECTOS-Projekt in Island. Es ist der Wasserstoff-
zu erwähnen sind zwei Projekte, die im Rahmen Bus-Teil des isländischen Gesamtkonzepts. Ice-
der so genannten Quick Start Programme im land New Energy Ltd sucht noch nach Partnern,
Zeitraum von 2005 bis 2015 realisiert werden um Brennstoffzellenfahrzeuge oder auch Was-
sollen. Von den abgeschätzten Kosten von serstofffahrzeuge mit Verbrennungsmotoren
2,8 Mrd. € soll die Industrie den Hauptanteil in Auto-Flotten einzusetzen, um die hohen
tragen, die Mitgliedsländer und die Kommission Kosten zu bewältigen.
sollen den Rest aufbringen. Geplant ist eine
Großanlage zur Wasserstoff- (und Strom-) Erzeu-
gung mit CO2-Abscheidung und Speicherung
1
26 sowie „Wasserstoff-Gemeinden”, in denen CUTE = Clean Urban Transport for Europe
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

CLEAN URBAN TRANSPORT FOR EUROPE

ECTOS
Reykjavik STEP
Perth
Hamburg
Amsterdam
London Stockholm Abbildung 5
Luxembourg Das CUTE-Projekt
Stuttgart
Barcelona

Porto
Madrid

• 27 Brennstoffzellen - Busse
• Betriebszeit zwei Jahre
• in 9 europäischen Städten
• 9 Wasserstoff-Tankstellen mit verschiedenen H2 - Versorgungssystemen
• weitere 6 Busse in den Projekten ECTOS (Reykjavik) und STEP (Perth), weitere 3 in Peking
• deutsche Standorte kofinanziert vom BMWA im Zukunfts-Investitions Programm

Und das ist nicht nur eine Frage für Island, son- Regierungen vertreten. Deutschland ist im
dern diese Frage stellt sich generell. Auch für Advisory Council mit 10 Vertretern bei 36 Mit-
die Schiffsflotte Islands soll Wasserstoff verwen- gliedern gut repräsentiert und leitet auch die
det werden. beiden wichtigsten Lenkungsgruppen. Es wurde
eine Roadmap erstellt, wie man von einer Wirt-
Island plant, seine gesamte Energieversorgung schaft auf Grundlage fossiler Brennstoffe in den
auf erneuerbare Energieträger umzustellen und nächsten 50 Jahren zu einer wasserstofforien-
Wasserstoff als Energieträger neben der Elek- tierten Wirtschaft gelangt.
trizität einzuführen. Wasserstoff soll mit Hilfe Was wir hier erkennen, ist der Übergang von
der Wasserkraft und der geothermischen Ener- der Forschungs-, Entwicklungs- und Demon-
gie über Elektrolyse hergestellt und für Fahrzeu- strationsphase zum Markt (siehe Abb. 6 u. 7).
ge und die Flotte verwendet werden. Island
hat deshalb Verträge mit anderen Regierungen In Abb. 7 werden die Kernpunkte der Roadmap
und mit der Industrie abgeschlossen, um herausgehoben. Die Entwicklung der Brenn-
dieses Ziel zu erreichen. stoffzelle und der Wasserstoffherstellung wird
zunächst getrennt betrachtet. Wasserstoff und
HTP Brennstoffzellen machen je für sich Sinn, zu-
Auf der Basis der europäischen Projekte aus den sammen sind sie jedoch eine starke Option für
laufenden und früheren Forschungsrahmen- eine wasserstofforientierte Wirtschaft.
programmen hat die Kommission im Januar
2004 die „Europäische Technologie-Plattform
für Wasserstoff und Brennstoffzellen (HTP)“ ins
Leben gerufen. In der Plattform sind sowohl
die Industrie und die Wissenschaft als auch die 27
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

European H 2 / FC Technology Platform


Gegründet im Januar 2004 mit diesen Zielen:
• einen effektiven und sauberen Weg in eine Wasserstoffwirtschaft erschließen
• kohärente Forschungsstrategien entwickeln (strategic research agenda)
• Anstrengungen der Mitgliedstaaten koordinieren
• den privaten Sektor (stakeholder) einbeziehen
• Marktstrategie entwickeln (deployment strategy)
• Initiativgruppen zu wichtigen Themen einrichten
• die internationale Zusammenarbeit (IPHE, IEA) gestalten

Commission H/FC Projekt Team

European H 2 / FC Technology Platform

Abbildung 6
Member States’ Advisory Council TP Secretariat
Europäische H2 /BZ Mirror Group (incl. Executive Group) Information Office
Technologieplattform IT Support

Steering Strategic Deployment Strategy


Panels: Research Agenda (incl. policy framework)

Initiative H2 / FC Public Safety codes Business Education


Groups: Roadmap awareness & Standards development & Training

   
Platform Operations
New and on-going projects and initiatives (EC + MS national, regional and local)

General Assembly
(Bi-) annual Technology Platform Forum

Wasserstoff
F&E, Demonstration Markt

Motivation CO2 - freie Produktion


H2 - Erzeugung & -Verteilung
für H2
Abbildung 7 Pipeline Infrastruktur
Die herausfordernde
europäische H2-Vision
Energieversorgungssicherheit

H2 ist 1. Wahl für Kfz


(nach EUR 2719DE, H2 mit CO2 Abtr.;
Örtliche Netze
Wettbewerbsfähigkeit

Abschlussbericht der
Hochrangigen Gruppe H2 aus Erdgas;
Globale Umwelt
Lokale Umwelt

Tankstellen Dezentrale Energieerzeugung


für Wasserstoff- und
Brennstoffzellen-
Fahrzeuge
technologie) Serienproduktion; BZ & H 2 Systeme
Stationäre Anwendung



bis 2010 bis 2020 bis 2030 bis 2040 Zeit


Fossile Brennstoffe
28
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FVS Themen 2004

Deutschland Europäische Union USA Japan


350 HY-CO Abschätzung
für Europa:
• ca. 160 – 200 Mill. €/a
300
öffentliche Mittel
(ohne Europ. Kommission)
250 • ca. 60 Mill. €/a
Europ. Komm.
Millionen €

200 IEA-Abschätzung Abbildung 8


für die Industrieländer:
Internationale
• ca. 1 Mrd $ / a
150 öffentliche Mittel Förderung
• 3 bis 4 Mrd $ / a
von der Industrie
100
Schwellenländer
• China > 25 Mill. €/a;
50
• Indien ?
• Russland ?
0 • Brasilien ?
2000 2001 2002 2003
Jahr

HY-CO-Projekt Internationale Budgets


HY-CO ist ein so genanntes ERA-Net-Projekt .
Dieses Konzept („European Research Area, Die Darstellung zeigt, dass Europa hinter den
abgekürzt ERA“) wird in Europa auf alle For- USA und Japan zurückliegt. Allerdings ist anzu-
schungsthemen angewendet, um die zersplit- merken, dass die europäischen Gelder noch
terte europäische Forschungslandschaft zusam- sehr unkoordiniert vergeben werden. Hier soll
men zu führen. Das ERA-Net zu Wasserstoff- das HY-CO-Projekt der EU Abhilfe schaffen.
und Brennstoffzellen-Forschung und -Entwick- Im Rahmen der ERA-Nets HY-CO wurde zusam-
lung heißt HY-CO (Hydrogen and Fuel Cell mengezählt, welches Budget sich ergibt, wenn
Co-ordination) und wird vom Projektträger alle EU-Länder bei HY-CO mitmachen würden,
Jülich koordiniert. HY-CO hat 21 Partner aus so kommt man auf ca. 160 bis 200 Millionen
16 Ländern. Wir sind sicher, dass es während pro Jahr. Das verdoppelt in etwa die europäi-
seiner vierjährigen Laufzeit einen entscheiden- sche Säule in der Grafik.
den Einfluss auf die europäische Forschungs-
landschaft haben wird. Die IEA hat versucht, eine Abschätzung für ihre
Mitgliedsländer, die Industrieländer, zu machen
und beziffert die öffentlichen Aufwendungen
mit einer Milliarde US-Dollar pro Jahr. Öffentli-
che Mittel bilden nicht den Löwenanteil.
Die IEA führt jedoch aus, dass eine Abschätzung
der Mittel aus dem Industriebereich noch viel
schwieriger ist. An diese Daten ist kaum heran-
zukommen. Die IEA schätzt diese Mittel mutig
mit 3 bis 4 Milliarden pro Jahr.
Noch schwieriger wird die Abschätzung, wenn
wir uns die Schwellen- und Entwicklungsländer
und Russland ansehen. Durch die IPHE (Interna-
tional Partnership for the Hydrogen Economy)
konnten wir wertvolle Kontakte knüpfen und
Einsichten gewinnen. 29
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

Japan Das USDEO – Budget


Japan strebt, wie andere Länder auch, die frühe Über die nächsten fünf Jahre beträgt die Zuwen-
Kommerzialisierung von Brennstoffzellen an. dung: ca. 1,7 Mrd $. Davon sind 1,2 Mrd $ für
Dabei bilden Regierung und Industrie eine enge Wasserstoff und für BZ, einschließlich Infrastruk-
Partnerschaft. Ähnlich wie in Deutschland hat turentwicklung mit FreedomCAR 0,5 Mrd. $.
Japan ein umfangreiches Wasserstoff-Forschungs-
und Entwicklungsprogramm über 10 Jahre mit USDOE – Budget für 2005 insgesamt 227 Mio $:
einem Budget von ca. 130 Mio. durchgeführt. • Brennstoffzellen-Komponenten 25,2 %
Im Nachfolge-Programm “New Hydrogen Pro- und -Systeme
ject” sollen Wasserstoff und Brennstoffzellen bis • H2 -Produktion und -Verteilung 22,1 %
2020 kommerzialisiert werden. Darüber hinaus • Demonstration 15,3 %
werden im Demonstrationsprojekt JHFC (Japan • H2 -Speicher 13,2 %
Hydrogen Fuel Cell) Fahrzeuge und Tankstellen • Grundlagenforschung 12,8 %
getestet. Die angegeben Zielwerte für die Markt- • Sicherheit, Codes und Standards 8,3 %
einführung sind: 50.000 Brennstoffzellen-Fahr- • Ausbildung 3,1 %
zeuge und 2 Gigawatt (das sind z. B. 10.000
Anlagen mit 200 kW) im Jahr 2010. Anderer- Der Posture Plan
seits hat Nissan darauf hingewiesen, dass große Der Hydrogen Posture Plan fasst die Wasser-
Flotten an Brennstoffzellen-Fahrzeugen in den stoff-Aktivitäten der einzelnen Abteilungen des
nächsten Jahren nicht zu erwarten seien. Die USDOE, die Koordinierung mit anderer Mini-
Darstellung des japanischen Industrieministeri- sterien und die internationale Zusammenarbeit
ums aus dem Jahr 2003 zu den Entwicklungs- zusammen. Das amerikanische Programm ist in
zielen stimmt dagegen mit unseren Zielvorstel- Phasen eingeteilt, an deren jeweiligem Ende
lungen gut überein. Unsere Ziele im nationa- Entscheidungspunkte vorgesehen sind.
len Programm liegen für mobile Anwendungen
auch bei ca. 50 pro kW und bei etwa 1.200 Die Entwicklung befindet sich noch in der
pro kW für die stationären Anwendungen. Dazu ersten Phase, in der Forschung, Entwicklung
kommen Betriebszeiten der Zellen von 5.000 h und Demonstration von so genannten „critical
im Auto und 40.000 h im stationären Betrieb. path“-Technologien im Vordergrund stehen.
Erst wenn diese Phase erfolgreich abgeschlos-
USA sen sein wird, einschließlich von Arbeiten zu
Das US Department of Energy (USDOE) betreibt Richtlinien und Standards sowie zur Sicherheit
ein weltweit führendes, das ganze Spektrum von Wasserstoffsystemen, wird entschieden, ob
der Wasserstofftechnologie umfassendes Pro- die großen Investitionen in eine Infrastruktur
gramm, mit spezifischen Forschungs-, Entwick- in Folgephasen getätigt werden sollen.
lungs- und Demonstrationszielen und einer
definitiven Marktstrategie. Dies ist in dem auf Zitat: „Der Erfolg der Forschung ist nicht garan-
der US National Hydrogen Energy Roadmap tiert. Bessere Optionen könnten sich abzeichnen,
(November 2002) aufbauenden Hydrogen um die Öl-Importabhängigkeit und die CO2-
Posture Plan (Februar 2004) klar dargelegt. Emissionen im Verkehrssektor zu reduzieren.
Deshalb wird vor dem Investment in die Infra-
In der FreedomCAR Partnerschaft zwischen struktur eine Entscheidung zur Kommerziali-
USDOE, General Motors, Ford und Daimler sierung getroffen werden.”
Chrysler werden PEM-BZ für Fahrzeuge ent-
wickelt. Hier wird allerdings nach den Betriebs- Der Entscheidungspunkt liegt aus heutiger
erfahrungen mit der letzten Generation der Sicht im Jahr 2015, frühere Zeitpunkte für
Fahrzeuge auch wieder verstärkt in Richtung Nischenmärkte werden genauso genannt wie
Forschung geschaut, ähnlich wie bei Nissan spätere für den Verkehrssektor. In der letzten
in Japan. Phase, ab etwa 2025, soll ein voll entwickelter
Wasserstoffmarkt mit funktionierender Infra-
struktur beginnen.
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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

Russian
Federation USA Canada Iceland

Japan United Kingdom


Steering Committee
(Lenkungsausschuss) Vorsitz USA
D ist durch BMWA und Abbildung 9
South Korea BMVBW vertreten France
IPHE-Partner und
Implementation and Komitees
Liaison Committee
China (Technisches Komitee) Germany
Vorsitz Deutschland & Island
D ist durch PTJ und
MVEL-NRW vertreten
India Italy

Australia Brazil Norway European


Comission

China IPHE
Chinas Ministerium für Wissenschaft und Tech- Die International Partnership for the Hydrogen
nologie (MOST) ist die treibende Kraft hinter Economy (IPHE) ist eine Initiative, die 2003 von
der Entwicklung und Markteinführung neuer den Vereinigten Staaten gestartet wurde. Die
Energietechnologien. Hier wird die Wasserstoff- Vision, die hinter der IPHE steht, ist dass bis 2020
technologie auch als eine mögliche Option Wasserstoff-Autos und die dazugehörende Infra-
betrachtet. Die Forschung wurde seit etwa struktur Realität geworden sind. Dafür müssen
1990 auf Elektrofahrzeuge und in der Folge die Kosten für die Wasserstoffherstellung und
auf Brennstoffzellen ausgeweitet. Das Budget, noch mehr für die Brennstoffzellenfertigung
das in China für Forschung, Entwicklung und dramatisch sinken. Neue Konzepte für die Was-
Demonstration für Wasserstoff und Brennstoff- serstoffspeicherung müssen gefunden und die
zellen zur Verfügung steht wird auf mehr als Hemmnisse in der Infrastruktur überwunden wer-
25 Millionen € pro Jahr geschätzt. Auch in den. An der IPHE beteiligen sich 15 Länder (da-
China werden Pläne für die Kommerzialisierung runter Deutschland) und die Europäische Union.
der Brennstoffzellen und der Wasserstofftech-
nologien formuliert. So werden zum Beispiel Fünf Themenkomplexe dienen der Definition
Brennstoffzellen-Busse entwickelt. gemeinsamer Aktivitäten. Dazu sollen im Jahr
2005 IPHE Workshops und Konferenzen stattfin-
den, um gemeinsame Forschungsprojekte zu
Internationale Kooperationen definieren:

Für Europa ist das Engagement für eine Wasser- • H2 - Produktion


stofftechnologie in der Energiewirtschaft ein Bei- • Brennstoffzellen
trag zur Lissabon-Strategie, der Strategie für Wett- • H2 -Speicher
bewerbsfähigkeit, sozialen Zusammenhalt und • Standards, Normen, Regeln
Umwelt. • sozio-ökonomische Arbeiten

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Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie


FVS Themen 2004

IEA
Die IEA hat Mitte 2003 eine Hydrogen Co-
ordination Group (HCG) ins Leben gerufen,
um die IEA-spezifischen Wasserstoff-Aktivitäten
zu ordnen. Eine Veröffentlichung über die
Wasserstoff- und Brennstoffzellenprogramme
der IEA-Mitgliedsländer wird für Dezember
2004 erwartet.

Fazit
Internationale Zusammenarbeit ist für Deutsch-
land wichtig, vor allem bei Technologien, die
weltweit eingeführt werden sollen. Dabei müs-
sen wir uns selbst strategisch orientieren. Euro-
päisch geschieht das für Wasserstoff und Brenn-
stoffzellen durch die Technologieplattform und
das ERA-Net-Projekt, international durch die
IPHE und die IEA.
Diese internationalen Zusammenarbeiten er-
fordern gemeinsames Engagement der öffent-
lichen Hand, der Industrie und der Forschung.
Hierzu müssen wir uns in Deutschland aber
auch selbst organisieren und die interne Kom-
munikation und Koordination auf eine bessere
Basis stellen.

In den letzten 15 Monaten hat ein vom Wirt-


schaftsministerium einberufener Strategiekreis
„Wasserstoff” eine Forschungs- und Entwick-
lungsstrategie für Deutschland formuliert, die
Anfang 2005 publiziert wird. Es ist geplant,
diesen Strategiekreis um das Thema Brenn-
stoffzellen zu erweitern.

Die europäischen und internationalen Koope-


rationen zu Wasserstoff und Brennstoffzellen
haben erst in 2003 und 2004 angefangen oder
neuen Schwung bekommen. Geduld, Ausdauer
und Engagement werden zu konkreten inter-
nationalen Projekten und Aktivitäten führen.

Alle Szenarios und Visionen der Phasen der


Entwicklung und der Markteinführung stim-
men weitgehend überein im internationalen
Vergleich. Wo und wann in die Wasserstoff-
Infrastruktur investiert wird, ist aber eine noch
offene Frage. Erfolgreiche Forschung und
Entwicklung, Engagement der Industrie und
politischer Wille sind hierfür Voraussetzungen.
32
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Dr. Michael Specht • Regenerativer Wasserstoff – Erzeugung, Nutzung und Syntheserohstoff


FVS Themen 2004

Regenerativer Wasserstoff –
Erzeugung, Nutzung und
Syntheserohstoff
Einleitung Regenerativer Wasserstoff Dr. Michael Specht
und Problemstellung ZSW
Ziel einer zukünftigen Energiewirtschaft ist michael.specht@zsw-bw.de
Für eine zukünftige Energiewirtschaft, die zu der rationelle Umgang mit Energie und ein Ver-
einem hohen Anteil auf Wasserstoff als Energie- sorgungssystem mit einem hohen Anteil erneu- Dr. Ulrich Zuberbühler
träger basiert, stellt sich die Frage nach dessen erbarer Energie und nicht der Wasserstoff per ZSW
regenerativer Bereitstellung. se. Wasserstoff ist also ein Mittel zum Zweck. ulrich.zuberbuehler@
Es bestehen aber Zweifel am Sinn einer Wasser- Für die Verwendung von Wasserstoff spricht zsw-bw.de
stoff-Energiewirtschaft. Gründe hierfür sind v.a. die Möglichkeit zur Energiespeicherung und die
die Verluste bei Verwendung von Elektrizität zur Nutzung als Sekundärenergieträger. Ein weite- Ursula Wittstadt
elektrolytischen Erzeugung des Wasserstoffs und rer Grund ist die effiziente Energiewandlung Fraunhofer ISE
bei dessen „Zurückverstromung“. Ein weiteres in Prozessen, die über Wasserstoff als Zwischen- ursula.wittstadt@
Argument gegen die Wasserstoff-Energiewirt- energieträger ablaufen. ise.fraunhofer.de
schaft sind die enormen Investitionen für den
Aufbau einer Infrastruktur zur Wasserstoff-Ver- Neben gasförmigem bzw. flüssigem Wasserstoff
teilung. Diese Bedenken sind nicht von der gibt es eine Vielzahl von chemischen Verbindun-
Hand zu weisen. Die resultierende Frage ist, ob gen, in denen Wasserstoff chemisch gebunden
dies einen Verzicht auf Wasserstoff als zukünfti- vorliegt und die als Energieträger verwendet
gen Energieträger bedeutet oder ob es Bereiche werden können. Dies gilt für viele regenerative
gibt, in denen die Einführung von Wasserstoff Energieträger, die sich bereits im Markt etabliert
ihre Berechtigung hat. Bereits heute besteht haben. Genannt seien hier beispielsweise das
eine „real existierende Wasserstoffwelt“ mit Bio-Ethanol (CH3CH2OH), Methan (CH4) aus
einem Wasserstoffbedarf, der ca. 2 % des Welt- Biogas und Pflanzenöle bzw. Pflanzenölmethyl-
primärenergieverbrauchs bzw. ca. 10 % des ester mit dem Hauptbestandteil Ölsäureme-
weltweiten Kraftstoffverbrauchs für den Verkehr thylester mit der Formel:
entspricht. Dieser Wasserstoff wird jedoch zum
CH3-(CH2)7-CH=CH-(CH2)7-CO-O-CH3
überwiegenden Teil aus fossilen Primärressour-
cen erzeugt und sowohl energetisch als auch aber auch Holz mit der angenäherten Zusam-
stofflich genutzt. mensetzung CH1.52O0.65. In all diesen Verbin-
dungen ist regenerativer Wasserstoff zu einem
Im Verlauf des vorliegenden Beitrags sollen hohen Anteil enthalten. Die Bezeichnung rege-
Bereiche identifiziert werden, in denen regene- nerativer Wasserstoff sollte folglich erweitert
rativ erzeugter Wasserstoff bzw. mögliche Fol- werden, um die verschiedenen wasserstoffhal-
geprodukte in der heute bestehenden Infrastruk- tigen Energieträger mit einzubeziehen, auch
tur genutzt werden können. Wenn es gelingt, wenn das in der öffentlichen Wahrnehmung
diese Potenziale auszuschöpfen, ist ein kurzfri- und selbst in Fachkreisen bisher nicht üblich ist.
stiger Einsatz möglich, der im Laufe von Jahr-
zehnten kontinuierlich ausgebaut werden kann,
ohne auf eine flächendeckende Infrastruktur Regenerative Ressourcen
für Wasserstoff angewiesen zu sein.
Zur nachhaltigen Erzeugung von Wasserstoff
bzw. wasserstoffreichen Verbindungen gehört
neben der Verwendung von Strom aus erneu-
erbaren Ressourcen also auch die Biomasse. 33
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:41 Uhr Seite 34

Dr. Michael Specht • Regenerativer Wasserstoff – Erzeugung, Nutzung und Syntheserohstoff


FVS Themen 2004

Im Jahre 2001 trug die Biomasse immerhin ca. Um aufzuzeigen, in welcher Bandbreite die
11 % (ca. 45 EJ) zum Weltprimärenergiever- Anzahl von Fahrzeugen liegt, die pro Flächen-
brauch (ca. 420 EJ) bei [1]. Dieser Anteil ist zwar einheit (erforderliche Fläche für den landwirt-
noch steigerbar, dürfte aber kaum auf mehr als schaftlichen Anbau oder für die solare Stromer-
das 2-3-fache des heutigen Wertes ansteigen. zeugung) versorgt werden können, seien
Die maximalen Substitutionspotenziale belaufen verschiedene Beispiele mit hohen und niedri-
sich bezogen auf den heutigen Primärenergie- gen Flächenerträgen bei unterschiedlichem
verbrauch auf ca. 8 % für Deutschland und ca. Energiebedarf für den Fahrantrieb dargestellt.
25 % weltweit. Werden Umwandlungsverluste Für die nachhaltige Versorgung mit Kraftstoff
berücksichtigt (maximal 60 % energetischer sind im Fall von Biodiesel beim heutigen Durch-
Wirkungsgrad für Wasserstoff aus Biomasse), schnittsverbrauch von 8 l Diesel pro 100 km
sinken diese Werte entsprechend. und durchschnittlicher Jahresfahrleistung von
12000 km/a fast 10.000 m2 pro Fahrzeug not-
Damit wird die Biomasse zukünftig zwar einen wendig. Bei optimierten Flächenerträgen, einer
erheblichen Anteil am Weltprimärenergiebedarf Gaserzeugung der Biomasse zur Erzeugung von
decken können, diese Ressourcen sind aber limi- Wasserstoff und dessen Verwendung in hochef-
tiert. Hierbei stellt sich zusätzlich die Frage des fizienten „3-Liter-Fahrzeugen“ kann der Flächen-
ökoeffizienten Einsatzes biogener Ressourcen, bedarf auf unter 1000 m2 pro Fahrzeug sinken.
was das folgende Beispiel verdeutlichen möge: Bezieht man zukünftige Möglichkeiten der pho-
Aus 6 t Holz lassen sich ca.1t Dieselkraftstoff tovoltaischen Stromerzeugung im Sonnengürtel
(bzw. Wasserstoff als Dieselkraftstoffäquivalent) der Erde mit anschließender elektrolytischer
über eine thermochemische Gaserzeugung her- Wasserstofferzeugung (z. B. als flüssig-H2 ) in
stellen. Würden diese 6 t Holz stationär im Wär- die energetischen Vergleichsbetrachtungen mit
memarkt eingesetzt, so ließen sich ca. 2t Heizöl ein, so ergäbe sich für ein „3-Liter-Fahrzeug“ ein
substituieren. In welchem Umfang die Biomasse Photovoltaik-Flächenbedarf von nur ca. 30 m2.
also zukünftig zur Wärme- und Stromerzeugung
oder zur Erzeugung von Sekundärenergieträ- Ohne sich bereits jetzt auf einen konkreten
gern wie Wasserstoff bzw. wasserstoffhaltigen Pfad festzulegen, soll dieses Zahlenbeispiel die
Verbindungen verwendet wird, hängt von Wei- langfristig angelegten Vorteile der „solaren“
chenstellungen ab, die sich neben der Vermei- Kraftstofferzeugung bzgl. des Flächenbedarfs
dung von Treibhausgasemissionen auch an gegenüber der „biogenen“ Kraftstofferzeugung
der Diversifizierung in den verschiedenen Ver- verdeutlichen. Weiterhin muss die Einführung
brauchssektoren (Wärme, Strom, Kraftstoff) „flächeneffizienter“ Kraftstoffe von „energieeffi-
orientieren müssen. zienten“ Fahrzeugantrieben begleitet werden.

Da landwirtschaftliche Anbauflächen nur be-


grenzt zur Verfügung stehen, ist der pro Fläche Erzeugungswege für
erzielbare Ertrag für die Herstellung von Sekun-
Wasserstoff aus regenerativen
därenergieträgern von besonderer Bedeutung.
Die höchsten Nettoerträge sind mit Herstellungs- Ressourcen
verfahren zu erzielen, die über eine primäre
Gaserzeugung ablaufen (Synthesegas- bzw. Elektrolyse
Biogaserzeugung). Bei Verfahren, die nur be- Wasserstoff hat den großen Vorteil, über ver-
stimmte Pflanzenteile wie Öl, Zucker und Stärke schiedene Herstellungswege zugänglich zu sein.
nutzen (Biodiesel, Ethanol), sind die Flächener- Weit verbreitet ist das Verfahren der alkalischen
träge kleiner. Die Bandbreite reicht unter mittel- Elektrolyse. In zunehmendem Maße werden
europäischen Klimabedingungen hierbei von auch saure Elektrolysen auf dem Markt ange-
ca. 11 MWh/(ha x a) für Biodiesel aus Raps bis boten. In beiden Verfahren wird Wasser durch
zu ca. 40 MWh/(ha x a) für die Erzeugung von Anlegen einer elektrischen Spannung in einer
Wasserstoff aus dem Gras Miscanthus über die elektrochemischen Zelle in Wasserstoff und
thermochemische Gaserzeugung [2]. Sauerstoff gespalten. Während die alkalische
34 Elektrolyse mit flüssigem Elektrolyten arbeitet
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Dr. Michael Specht • Regenerativer Wasserstoff – Erzeugung, Nutzung und Syntheserohstoff


FVS Themen 2004

(meist KOH), werden in der sauren Elektrolyse mit einer genau eingestellten Zusammensetzung
protonenleitende Polymer-Membranen einge- herzustellen für kohlenstoffhaltige Kraftstoffe
setzt (PEM-Elektrolyse). Die alkalische Elektroly- bzw. für die Herstellung reinen Wasserstoffs.
se wird bevorzugt zur Produktion großer Wasser- Die Arbeiten am Fraunhofer ISE konzenzentrie-
stoffmengen eingesetzt, während die PEM-Elek- ren sich auf die Speicherung von Energie über
trolyse ihre Anwendung im kleinen Leistungsbe- Wasserstoff als saisonales Speichermedium zur
reich (< 30 mN3/h) findet. Im Zusammenhang Versorgung von autarken Inselsystemen wie sie
mit regenerativen Energien ist hier der Vorteil z. B. in der Telekommunikation erforderlich sind.
des besseren Teillastverhaltens zu nennen.
Der AER-Prozess zur
Wasserstoff aus Biomasse Gaserzeugung aus Biomasse
Bei der Wasserstofferzeugung aus Biomasse Der AER-Prozess (Absorption Enhanced Refor-
ist zwischen den thermochemischen und den ming) wurde zur in situ-Konditionierung bei der
biologischen Konversionsverfahren zu unter- Gaserzeugung aus Biomasse entwickelt. Das bei
scheiden. Bei den thermochemischen Umwand- der thermochemischen Umwandlung von Bio-
lungsverfahren wird die Biomasse unter Luftab- masse entstehende gasförmige CO2 wird z. B.
schluss erhitzt (Pyrolyse) bzw. in Gegenwart von durch CaO absorbiert und als Feststoff (CaCO3)
einem Gas / Dampfgemisch (z. B. Luft, Sauer- gebunden, womit das chemische Gleichgewicht
stoff, Wasserdampf) in die Gasphase überführt. in Richtung H2 verschoben wird. Der AER-Prozess
In einem Folgeschritt wird das entstandene Gas kann durch die Kombination der Wasserdampf-
konditioniert und gereinigt. Aus dem erzeugten reformierung/-gaserzeugung in Gleichung 1
Produktgas kann z. B. durch eine Druckwech- (Glg. 1) mit der homogenen Wassergas-Shift-
seladsorptionsanlage Wasserstoff abgetrennt Reaktion (Glg. 2) und der Hochtemperatur CO2-
werden. Ein Sonderfall ist die hydrothermale Absorption (Glg. 3) zur Summenformel (Glg. 4)
Gaserzeugung, bei der unter hohem Druck zusammengefasst werden. Die bei der exother-
(bis über 300 bar unter superkritischen Bedin- men Absorption freigesetzte Energie steht direkt
gungen) Biomasse mit Wasser umgesetzt wird. der endothermen Gaserzeugung / Reformierung
zur Verfügung.
Im Gegensatz zu den thermochemischen
Konversionsverfahren laufen die biologischen
Verfahren in einem Temperaturbereich deutlich AER-Wasserdampfgaserzeugung aus Biomasse:
unterhalb von 100 °C ab. Bei der anaeroben Glg.1: CxHyOz + (x-z) H2O –> x CO + (2x+0.5y-z) H2 D HR » 0
Vergärung wird zunächst ein methanhaltiges
Biogas erzeugt, das in einer nachfolgenden + Shift-Reaktion:
Wasserdampf-Reformierung zu Wasserstoff um- Glg.2: x CO + x H2O –> x CO2 + x H2 D HR ‹ 0
gesetzt werden kann. Durch fermentative Ver-
fahren ist aus zucker- bzw. stärkehaltigen Pflan- + Hochtemperatur CO 2 Absorption:
zen Ethanol zugänglich, das sich analog durch Glg.3: x CaO + x CO2 –> x CaCO3 D HR « 0
Reformierung zu Wasserstoff konvertieren lässt.
= AER-Prozess:
Glg.4: CxHyOz + (2x-z) H2O + x CaO –> x CaCO3+ (2x-z+0.5y) H2 D HR ≈ 0
Forschungs- und D HR = Reaktionsenthalpie

Entwicklungsprojekte im FVS
zur Herstellung von
Die Reaktionen finden parallel in einem Reaktor
regenerativem Wasserstoff
bei 600 - 700 °C statt. Das zur CO2-Absorption
eingesetzte Calciumoxid wird als Calciumcar-
Schwerpunkt der Aktivitäten beim ZSW ist die bonat zusammen mit nicht vollständig umge-
Herstellung von Wasserstoff /Synthesegas aus setztem Kohlenstoff in einem separaten Prozess-
Biomasse über den Weg der thermochemischen schritt regeneriert und kann erneut zur CO2 -
Gaserzeugung mit dem Ziel, ein Synthesegas Absorption eingesetzt werden. 35
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Synthesegas, H 2 Rauchgas, CO 2

CaCO 3

Wirbelschicht Gaserzeugungs- Wirbelschicht


Abbildung 1 Gaserzeuger rückstände Verbrennung
(Absorption) (Desorption)
Verfahrensschema
zur kontinuierlichen,
absorptionsunter-
stützten Gaserzeugung
aus Biomasse in
zwei gekoppelten Zusatz-
Wirbelschichten Biomasse CaO brennstoff
(Biomasse, Produktgas)

Wasserdampf Luft

H2 - reiches Synthesegas und CO2 (je nach Ver- Biomasse kann dies auf einem relativ niedrigen
fahrenstechnik in aufkonzentrierter Form bzw. Temperaturniveau von 600-700 °C erfolgen.
zusammen mit dem Abgas der Regenerierung) Dies ermöglicht auch den Einsatz von halmgut-
fallen als separate Gasströme in getrennten artigen Biomassen, welche wegen des hohen
Reaktoren an, was einen erheblichen Vorteil Mineralgehalts einen niedrigen Ascheschmelz-
gegenüber konventionellen Verfahren darstellt. punkt aufweisen.

Eine technische Realisierung des kontinuierli- Mit diesem Verfahren wurden Wasserstoffkon-
chen Prozesses kann in zwei gekoppelten Wir- zentrationen von über 70 Vol.% im trockenen
belschichtreaktoren erfolgen, wie es in Abb. 1 Produktgas erzeugt (Abb. 2) [3]. Dagegen lie-
skizziert ist. Im linken Reaktor wird die Biomasse gen die bisher bei der thermochemischen Gas-
unter Zugabe von Dampf und Absorptionsmit- erzeugung aus Biomasse erreichten H2-Konzen-
tel thermochemisch umgesetzt. Im Vergleich zu trationen bei allen bisher bekannten Prozessen
konventionellen Gaserzeugungsverfahren aus bei deutlich unter 50 Vol.%.

100 1000

Verbrennungs temperatur

80 800
Gaszusammensetzung [Vol.-%]

H2
Abbildung 2
Produktgaszusammen-
Temperatur [°C]

60 600
Gaserzeugungstemperatur
setzung bei der AER-
Gaserzeugung aus
Holz in zwei gekoppel- 40 400
ten Wirbelschichen

20 200
CH 4 CO 2

CO
0 0
4 6 8 10 12 14
36 Zeit [h]
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In den letzten Jahren wurden verstärkt Techno- Im normalen Betrieb wird der Verbraucher –
logien zur Nutzung fossiler Ressourcen diskutiert, zum Beispiel eine Telekommunikationseinrich-
bei denen sich CO2 abtrennen und anschlie- tung (TE) – mit einer Dauerverbrauchsleistung
ßend – z. B. in Aquiferen – deponieren lässt. 100 - 300 W durch die Batterie (BAT) (48 V,
Die Nutzung fossiler Primärenergieträger wäre 19 kWh Speicherkapazität) mit Energie versorgt.
hierbei nicht durch klimaschädliche Emissionen Tagsüber erfolgt eine Nachladung der Batterie
belastet. Insbesondere haben diejenigen Ver- durch ein photovoltaisches Modul (PVM mit
fahren das höchste Entwicklungspotenzial, die 1.5 kW) mit nachgeschaltetem Laderegler (LR).
zunächst ein wasserstoffreiches Gas durch Gas- In Zeiten andauernder geringer Einstrahlung
erzeugung bzw. Reformierung herstellen, aus (Winter oder lang andauernde Schlechtwetter-
dem vor der Verbrennung CO2 abgetrennt wird. perioden) wird die Batterie nicht genug nachge-
Durch die Weiterentwicklung dieser Technolo- laden, so dass als zweite Energiequelle die Brenn-
gien, zu denen auch der AER-Prozess zählt, stoffzelle (BZ mit 300 W) zugeschaltet wird.
könnte die Wasserstoffherstellung aus fossilen Diese wird mit Wasserstoff aus dem Wasserstoff-
Ressourcen in einem neuen Licht erscheinen. speichersystem (HSS; Metallhydrid, 30 bar,
Kapazität 70 mN3) versorgt. Die Brennstoffzelle
Autonome Stromversorgungssysteme ist über einen Gleichspannungswandler (GW)
mit saisonaler Energiespeicherung an die Batterie und über den Gleichstromkreis
Ziel des in Abb. 3 dargestellten autonomen mit allen übrigen Komponenten verbunden.
Energieversorgungssystems ist, die netzferne
Stromversorgung (z. B. von Komponenten der Um vollständige Autonomie zu erreichen,
Telekommunikations-Infrastruktur) ohne Nach- wird der in den Sommermonaten anfallende
lieferung von Brennstoff sicherzustellen. Die Überschuss in der Stromproduktion durch die
tageszeitliche Speicherung erfolgt hierbei über Solarzellen im Elektrolyseur (ELY, 1 kWe, 30 bar)
eine Batterie, die saisonale Speicherung über in Wasserstoff umgesetzt. Dieser wird im Was-
die elektrolytische Wasserstofferzeugung. serstoffjahresspeicher saisonal gespeichert.

PVM

LR TE Telekommunikations-
einrichtung
Photovoltaik-Modul
mit Laderegler

Abbildung 3
Autonomes Energie-
EMS
versorgungssystem
BAT ELY mit saisonalem
Energiespeicher
Batteriespeicher
Energiemanagement-
system
Elektrolyseur
Brennstoffzelle
Energieflüsse, elektrisch und GW - Wandler
Wasserstoffspeichersystem
HSS
Wasserstoff
GW
H2
Signale,
Kommunikationswege
BZ 37
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Strom des Elektrolyseurs Spannung der Batterie Temperatur des Elektrolyseurs

0 60

55

50
-2
45
Abbildung 4

Spannung (V) / Temperatur (°C)


40
Betrieb des autonomen
-4
Energieversorgungs- 35
Strom (A)

systems an einem 30
typischen Sommertag
-6 25

20

15
-8
10

5
-10 0
00:00 00:400 08:00 12:00 16:00 20:00 24:00

Uhrzeit

Die Batterie dient als Kurzzeit- bzw. Tagesspei- Das entwickelte System ist unabhängig von der
cher. Das Energiemanagementsystem (EMS) Systemgröße und kann auch für größere Anla-
koordiniert Erzeuger und Verbraucher, über- gen – z. B. für die Dorfstromversorgung – adap-
wacht bzw. berechnet den Füllstand der Spei- tiert werden. Das Ausführungsbeispiel zur An-
cher und sorgt für eine verlässliche Stromver- wendung von solar erzeugtem Wasserstoff
sorgung. Die Stromversorgung ist für alle zeigt, dass Wasserstoff auch ohne eine Wasser-
Wetteranomalien durch eine entsprechende stoff-Infrastruktur sinnvoll im Zusammenhang
Dimensionierung der Komponenten gesichert. mit regenerativer Energie genutzt werden kann.

Das System konnte seine Eignung für den Ein-


satz in einem autonomen Energieversorgungs- Wasserstoff-Nutzung zur
system unter Beweis stellen. Beispielhaft für den
Herstellung kohlenstoffhaltiger
Betrieb sind in Abb. 4 Daten eines typischen
Sommertags mit Wasserstoffproduktion darge- Brennstoffe
stellt. Mit Sonnenaufgang wird die Batterie aus
den PV-Modulen geladen. Nachdem die Batte- Aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid/Kohlendi-
rieladung einen Wert von 85 % überschritten oxid (Synthesegas) ist eine Reihe kohlenstoffba-
hat, startet das Energiemanagementsystem den sierter Kraftstoffe zur Speicherung und zum
Elektrolyseur. Um 16 Uhr wird die Wasserstoff- Vertrieb des Wasserstoffs herstellbar. Das Syn-
produktion gemäß der aus den Optimierungs- thesegas muss frei von Teer, Partikeln und Kata-
rechnungen bestimmten Regeln für den Som- lysatorgiften sein sowie neben einem geringen
merbetrieb gestoppt, weil die Lichteinstrahlung Inertgasanteil einen hohen Wasserstoffgehalt
allein nicht mehr ausreicht, den Verbraucherbe- aufweisen. Weiterhin muss für einen hohen
trieb und den Elektrolyseur zu versorgen. Die Umsatz zu Alkoholen bzw. Kohlenwasserstoffen
Batterie würde bis zum Sonnenuntergang in das H2/CO/CO2-Verhältnis optimal eingestellt
Anspruch genommen und teilweise entladen. werden.
Ihre Ladekapazität wird aber für die nächtliche
Stromversorgung des Verbrauchers benötigt, Die Herstellung von Methanol erfolgt über die
bzw. für den Betrieb in einer Periode mit nied- so genannte Niederdruck-Synthese bei einem
38 riger Sonneneinstrahlung [4]. Druck von bis zu 100 bar und Temperaturen
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von 250 bis 280 °C unter Verwendung von Neben biomassestämmigen, CO-haltigen Syn-
Katalysatoren auf Cu/ZnO-Basis. Aus thermo- thesegasen können für die Methanol-, Methan-
dynamischen Gründen kann nur ein Teil des und die Fischer-Tropsch-Synthese auch CO-freie
eintretenden Synthesegases zu Methanol kon- Synthesegase verwendet werden. Dies eröffnet
vertiert werden. Das Syntheserestgas wird rezy- die Möglichkeit, kohlenstoffbasierte Kraftstoffe
kliert, um eine möglichst hohe Kohlenstoff- auch aus CO2 und H2 zu erzeugen. Alle heute
Konversion zu erzielen. Voraussetzung hierfür verwendeten, auf fossiler Basis hergestellten
ist eine genaue Einstellung der Zusammenset- Kraftstoffe sind prinzipiell auch auf regenerati-
zung des Synthesegases. Alternativ kann eine vem Wege aus Biomasse, aus erneuerbarer Elek-
Auslegung mit niedrigeren energetischen Wir- trizität bzw. deren Kombination zugänglich.
kungsgraden (bezogen auf Methanol) gewählt
werden, bei der das Syntheserestgas zur Co-
Generation von Strom verwendet wird. Schlussfolgerungen
Synthetische Benzin- und Dieselkraftstoffe Für eine zukünftig mögliche Energiewirtschaft,
können mittels Fischer-Tropsch-Synthese her- die auf regenerativem Wasserstoff basiert, lassen
gestellt werden. Die Reaktion findet bei Tem- sich folgenden Thesen formulieren:
peraturen von 200 - 300 °C bei einem Druck
bis 25 bar unter Verwendung von Eisen- und Was ist regenerativer Wasserstoff ?
Cobalt-basierten Katalysatoren statt. Die Pri- Regenerativer Wasserstoff ist ein aus erneuer-
märprodukte sind nicht nur die gewünschten barer Primärenergie erzeugter Sekundärenergie-
Kohlenwasserstoff-Fraktionen, sondern auch träger – und keine „Energiequelle“. Wasserstoff
langkettige Kohlenwasserstoffe (wachsreiches ist nur dann als Energieträger sinnvoll, wenn
„Syncrude"), die in einem weiteren Verfahrens- seine Erzeugung und Nutzung langfristig mit
schritt durch Zugabe von Wasserstoff in Kohlen- einer Einsparung klimarelevanter Emissionen
wasserstoffe der gewünschten Kettenlänge einhergeht. Wasserstoff ist ein Sekundärenergie-
umgewandelt werden müssen. Auch methan- träger unter verschiedenen weiteren Optionen
reiche Gase (SNG; Substitute Natural Gas) kön- (z. B. Alkohole, Kohlenwasserstoffe), die regene-
nen aus Synthesegas durch eine so genannte rativen Wasserstoff in chemisch gebundener
Methanisierung hergestellt werden. Form enthalten und bereits heute marktver-
fügbar sind.
Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von
Kohlenwasserstoffen ist der MTG-Prozess Woher kommt der regenerative Wasserstoff ?
(Methanol-to-Gasoline), bei dem Methanol an Biomasse ist zwar – verglichen mit anderen
Zeolith-Katalysatoren umgesetzt wird. Metha- regenerativen Quellen – relativ kostengünstig,
nol wird bei Temperaturen von 350 - 450 °C die Ressourcen sind aber limitiert und müssen
und geringem Überdruck von einigen Bar zu- sich der Konkurrenz der Wärme- und Stromer-
nächst zu Dimethylether konvertiert, der über zeugung stellen. Dieser Nutzungsweg kann
die Stufe der leichten Olefine schließlich zu mittelfristig (> 20 Jahre) für die Wasserstoffer-
Benzin-Fraktionen reagiert. zeugung erschlossen werden. Die Ressourcen
über „solare“ Wege sind im Gegensatz zur
Auch Wasserstoff selbst wird im Wesentlichen Nutzung von Biomasse „theoretisch unbe-
aus Synthesegas hergestellt. Über die Wassergas- grenzt“ verfügbar.
Shift-Reaktion wird der CO-Anteil im Synthese-
gas mit Wasserdampf in Wasserstoff und CO2 Was ist „CO2-freier“ Wasserstoff ?
umgewandelt und anschließend Wasserstoff Neben regenerativem Wasserstoff lässt sich
vom Restgas (CO2, Rest-CO, Wasserdampf, evtl. „CO2-freier“ Wasserstoff im Prinzip auch aus
N2, nicht umgesetzte Ausgangsstoffe) über eine fossilen Energieträgern herstellen, wenn bei
Druckwechseladsorption (PSA) abgetrennt. seiner Erzeugung das entstehende CO2 abge-
trennt und deponiert wird.

39
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Dr. Michael Specht • Regenerativer Wasserstoff – Erzeugung, Nutzung und Syntheserohstoff


FVS Themen 2004

Wie wird erneuerbare Energie am besten optimale „Verzahnung“ mit dem heutigen
transportiert und in bestehende Energie- Energiesystem erschlossen werden, ohne auf
verteilungsstrukturen integriert ? eine großflächige Wasserstoff-Infrastruktur
Oberstes Ziel ist, die bestehende Infrastruktur angewiesen zu sein.
auch für erneuerbare Energien zu nutzen.
Dies gilt vor allem für die Energieverteilungs-
strukturen über das Stromnetz, Verteilungswege
für flüssige Kraftstoffe und das Erdgasnetz. Literatur
Steht regenerativ erzeugte Elektrizität zur Ver- [1] International Energy Agency:
fügung, so ist sowohl deren Transport wie auch „Key World Energy Statistics“,
deren direkte Nutzung einer Wasserstoffnut- Paris (2004)
zung vorzuziehen.
[2] M. Specht, U. Zuberbühler, A. Bandi,
Die kohlenstoffbasierten, flüssigen Kraftstoffe „Kraftstoffe aus erneuerbaren Ressourcen
verfügen über etablierte Vertriebswege, die - Potentiale, Herstellung, Perspektiven“,
indirekt auch für den Wasserstoff erschlossen Nova Acta Leopoldina NF 91, Nr. 339,
werden können („Erneuerbare Petrochemie“). S. 239 (2004)
Auch Methan ist ein exzellenter „Energie- und
Wasserstoffträger“. Wasserstoff kann als Zu- [3] T. Marquard-Möllenstedt, P. Sichler,
satzgas (einige Vol. % H2 in Erdgas) oder als M. Specht, M. Michel, R. Berger,
Austauschgas (z. B. synthetisches Methan aus K.R.G. Hein, E. Höftberger, R. Rauch,
H2/CO) über bestehende Gaspipelines ver- H. Hofbauer, „New Approach for Biomass
trieben werden. Gasification to Hydrogen“
Proceedings of the „2nd World Confe-
Wann kommt die Wasserstoffwirtschaft ? rence and Technology Exhibition on Bio-
Das Ziel einer zukünftigen Versorgung mit Wär- mass for Energy, Industry and Climate
me, Strom und Kraftstoff ist nicht in erster Linie Protection“, 10.-14.06.2004,
die Wasserstoffwirtschaft, sondern ein rationel- Rom, p. 764 (2004)
ler Umgang mit den Ressourcen und ein hoher
Anteil erneuerbarer Energie. Erst wenn diese [4] J. Benz, U. Wittstadt, B.Hacker, F. Isorna,
Voraussetzungen geschaffen sind, wird regene- A.M. Chaparro, L. Daza, „Autonomous
rativem Wasserstoff eine tragende Rolle zukom- PV-hybrid system with electrolyser and
men. Denn die Nutzung erneuerbarer Elektrizi- fuel cell: Operating experience“, Procee-
tät für die Wasserstoffherstellung ist teuer und dings des 14. Intern. Sonnenforum
erst dann sinnvoll, wenn 30 - 50 % der Stromer- EUROSUN 2004, 20.-23.06.2004,
zeugung aus regenerativen Quellen stammt Freiburg (2004)
(Zeithorizont > 50 Jahre).

Der Einstieg in eine Energieversorgung mit


regenerativem Wasserstoff als Energieträger und
-speicher ist aber in bestimmten Anwendungs-
feldern bereits heute angezeigt. Beispiele hier-
für sind die thermochemische Gaserzeugung
aus Biomasse zu einem wasserstoffreichen Pro-
duktgas, das effizient verstromt aber auch zu
Kraftstoffen umgewandelt werden kann. Auch
eine saisonale Energiespeicherung über Wasser-
stoff zur Stromversorgung von Inselsystemen
in abgelegenen Gebieten ist bereits heute wirt-
schaftlich. Viele Anwendungen von regenerativ
40 erzeugtem Wasserstoff können durch eine
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Dr. Joachim Nitsch • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen


FVS Themen 2004

Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen,
Kosten und Endenergiestrukturen

Energetische Die Bedeutung einer zukünftigen energetischen Dr. Joachim Nitsch


Anwendung von Wasserstoff kann durch die DLR
Nutzungsmöglichkeiten elektrochemische Umwandlung von Wasserstoff joachim.nitsch@dlr.de
von Wasserstoff (und Luft bzw. Sauerstoff) noch erheblich ge-
steigert werden. Die Brennstoffzelle ist deshalb Dr. Peter Viebahn
Als chemischer Energieträger kann Wasserstoff geradezu zum Synonym für die „Wasserstoff- DLR
prinzipiell überall dort energetisch genutzt wer- wirtschaft“ geworden. Prinzipiell ist sie – als peter.viebahn@dlr.de
den, wo heute Erdgas, Mineralölprodukte und Umkehrung der Elektrolysetechnologie – eine
Kohle für diesen Zweck zum Einsatz kommen. ideal geeignete Wandlungstechnologie in einer Prof. Dr. Bernd
Dies ist derzeit fast ausschließlich die Flammen- Wasserstoff-Energiewirtschaft. Brennstoffzellen Höhlein
verbrennung bei hohen Temperaturen für Raum- sind im Leistungsbereich von wenigen Watt FZ Jülich
heizung, Warmwasserbereitung, Prozesswärme, (portable Systeme) über Anlagen im kW-Bereich b.hoehlein@fz-juelich.de

thermische Kraftwerke sowie Antriebe. Für die- (kleine und mittelgroße Blockheizkraftwerke)
Dr. Christopher
sen bedeutenden Bereich müssen „lediglich“ bis mehreren MW (Heizkraftwerke) als Pilot-
Hebling
bewährte und ausgereifte Wasserstoff -Tech- und Demonstrationsanlagen und teilweise in
nologien so modifiziert werden, dass sie den (noch nicht wirtschaftlichen) Kleinserien verfüg- Fraunhofer ISE
christopher.hebling@
Anforderungen an eine möglichst effiziente, bar. Intensive Entwicklungen laufen insbeson-
ise.fraunhofer.de
schadstoffarme und sichere Energieumsetzung dere in der Automobilindustrie, um Brennstoff-
genügen. Dies ist in praktisch allen Fällen zellen als emissionsfreie Antriebsaggregate in
schon mehrfach demonstriert worden (Abb.1). Verbindung mit Elektromotoren für Fahrzeuge
serienreif zu machen.
Gegenüber der Verwendung von Kohlenwasser-
stoffen kann der Einsatz von Wasserstoff zur Mit der Nutzung der Brennstoffzelle kann die
Wärmebereitstellung durch zusätzliche Techno- Energiebereitstellung in Bereichen, die bisher
logien erweitert werden. Dies ist z. B. die kata- mit konventionellen Brenn- und Kraftstoffen
lytische Verbrennung. Wasserstoff oxidiert an eher aufwändig bzw. wenig effizient erschlossen
geeigneten Katalysatoroberflächen (z. B. Nickel) werden mussten, mit größerer Flexibilität und
bereits bei Umgebungstemperaturen, die im allgemeinen höherem Nutzungsgrad
eigentliche Umsetzung verläuft bei Temperatu- erfolgen. Dies sind:
ren unter 500 °C und weist deshalb praktisch
keine Stickstoffoxid-Emissionen auf. Prinzipiell • Die dezentrale Strom- (und Wärme-)
ist auch die reine H2 /O2 -Verbrennung von Bereitstellung in Leistungseinheiten von
Interesse, bei der direkt (d. h. ohne Wärme- einigen kW bis in den MW-Bereich hinein.
übertrager) Heißdampf entsteht, der unter Damit kann sowohl Ersatz von zentralen
Zumischung von weiterem Wasser konditioniert Kraftwerken einhergehen, wie auch eine
werden kann. Auch diese Technologie wurde bedeutende Ausweitung der effizienten
bereits demonstriert und ist für die Bereitstel- Kraft-Wärme-Kopplung erfolgen.
lung von Prozessdampf und zur Spitzenlast-
stromerzeugung geeignet. Die Kohlenstofffrei- • Die Einführung des Elektromotors im
heit von Wasserstoff erleichtert also im Bereich mobilen Bereich in Verbindung mit der
der etablierten direkten Wärmebereitstellung Brennstoffzelle. Diese Kombination ermög-
(und damit auch prinzipiell für daraus herge- licht sehr günstige Nutzungsgrade des
stellten Strom, z. B. in Gasturbinen und BHKW) Antriebs und mittels getrennter Stromerzeu-
generell eine Nutzung mit hoher Effizienz, ger eine größere Flexibilität hinsichtlich der
hoher Flexibilität und geringem bis vernach- wachsenden Anzahl stromverbrauchen
lässigbarem Schadstoffausstoß. der Funktionen in Fahrzeugen. 41
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Dr. Joachim Nitsch • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen


FVS Themen 2004

• Die Herstellung kleiner bis sehr kleiner darauf in unterschiedlichem Maße eingestellt.
Energiewandler als Hilfsenergieaggregate Die herkömmlichen Nutzungstechniken Flam-
und für portable Zwecke, die – zusammen menbrenner, Motor und Gasturbine können
mit einer Brennstoffversorgung – das Poten- in weiten Mischungsbereichen an Erdgas-
zial besitzen, leistungsfähiger als herkömmli- Wasserstoffgemische mit relativ geringen Mo-
che Batterien oder herkömmliche Hilfsener- difikationen angepasst werden. Erst bei sehr
gieaggregate zu sein. hohen Anteilen von Wasserstoff sind Neuausle-
gungen erforderlich, die bei Flamenbrennern
und Motoren bereits demonstriert und einsatz-
Wasserstoff bereit sind, bei Gasturbinen aber noch einen
gewissen Entwicklungsaufwand erfordern.
Brennstoff- Verbrennungs- Gasturbine Flammen- Katalytischer H2/O2 - Auch die MCFC und SOFC könnten bei Bedarf
zellen motor brenner Brenner Verbrennung
in weiten Bereichen mit Methan-Wasserstoff-
Gemischen betrieben werden, wobei im We-
sentlichen nur die Vorreformierung angepasst
werden muss. Der Einsatz der PEMFC (Polymer
Electrolyte Membran Fuel Cell) erfordert dage-
gen an Erdgas angepasste Reformer oder die
Verwendung reinen Wasserstoffs. Katalytische
Mobile Niedertemp. Hochtemp.
Strom
Kraft wärme wärme Brenner und H2 /O2 -Brenner benötigen eben-
falls reinen Wasserstoff. Für einen frühen Ausbau
„reiner“ Wasserstoffinfrastrukturen in größerem
Umfang besteht daher aus der Sicht der An-
Abbildung 1 Wasserstoffinfrastruktur wendungsmöglichkeiten von Wasserstoff
Mit Wasserstoff Neben dem Nutzungsaspekten sind für eine kein Bedarf.
einsetzbare breite Einführung eines Energieträgers auch
Energiewandler die Verteilungs- und Infrastrukturgesichtspunkte
zur Bereitstellung von großer Bedeutung. Ausgangspunkt für alle Wasserstoffherstellung
von End- bzw. Überlegungen zum Ausbau einer „Wasserstoff- und Kosten
Nutzenergie infrastruktur“ müssen die heute bestehenden
Infrastrukturen für Energie sein, also die Erdgas- Eine wesentliche Rolle bei der Ermittlung der
verteilung, die Stromverteilung und die Tank- günstigsten Einführungsstrategie für Wasserstoff
stelleninfrastruktur. Daraus lassen sich drei Stra- spielen Kostengesichtspunkte und damit indi-
tegieansätze für den Einstieg in eine Wasser- rekt seine Herstellungsart. Da – abgesehen von
stoffinfrastruktur ableiten: Übergangs- und Einführungsüberlegungen –
letztlich nur CO2 - freier bzw. CO2 - armer
• Längerfristige Nutzung der Erdgasinfrastruk- Wasserstoff für eine breite energetische Nut-
tur durch Zumischung von Wasserstoff zung in Frage kommt, sind die Aufwendungen
• Nutzung der Stromverteilung zur dezentra- seiner Bereitstellung aus erneuerbaren Energien
len (elektrolytischen) Erzeugung von von Interesse. Die ermittelten Kosten für seine
Wasserstoff elektrolytische Herstellung aus Windstrom
• Aufbau einer Wasserstoffgrobverteilung und Strom aus solarthermischen Kraftwerken
(nur Transportebene) bei eher zentraler sowie aus der Gaserzeugung von Biomasse
Erzeugung und Bildung von „Wasserstoff- zeigt Abb. 2 nach unterschiedlicher Herkunft
inseln“ in ausgewählten Regionen im Laufe der nächsten Jahrzehnte.

Alle drei Stränge können dann längerfristig – Die heutigen Kosten regenerativen Wasserstoffs
mit unterschiedlicher Gewichtung – zu einer (hinterste Balken) mittels Windstrom liegen bei
flächendeckenden Wasserstoffinfrastruktur Werten von 40 bis 45 €/GJ 1 (bezogen auf Hu2 ),
beitragen. Für die stationäre Nutzung ist zu-
nächst insbesondere der erste Strategieansatz 1 GJ = Gigajoule
42 von Bedeutung. Die Nutzungstechniken sind 2 Hu = unterer Heizwert
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Dr. Joachim Nitsch • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen


FVS Themen 2004

aus Restholz erzeugter Wasserstoff dagegen bei


etwa 25 €/GJ. Die Kosten schließen die Bereit- 50

stellung bei dezentralen Großverbrauchern 45

(z. B. Tankstellen, BHKW) ein. Wegen beträcht- 40

licher Kostensenkungsmöglichkeiten bei der 35

regenerativen Stromerzeugung können diese 30

€/GJ H2
Werte im Zeitraum 2030 bis 2050 ebenfalls auf 25
20
rund 20 bis 25 €/GJ sinken. Je nach Größe der
15
Erzeugungsanlage und der Transportentfernung
10
liegen die Bereitstellungsverluste von elektroly-
5
tisch erzeugtem Wasserstoff zwischen 40 bis
0 2010
45 % (heutige Werte) und 25 bis 30 % (zukünf-

W
2030

in

So
in
tige Werte). Die Treibhausgasemissionen sind

in

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2050

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selbst bei heutigen Infrastrukturen mit Werten

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um 5 bis 10 g/MJ äußerst gering, diejenigen

,L

ba .
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l

ba
KW

u,
,P
l

u,
LK
der Gaserzeugung aus Biomasse bewegen sich

ip

Pi
W

p.
bei Werten um 15 bis 20 g/MJ (obere Werte für
Energiepflanzenanbau), liegen also deutlich Nutzung erneuerbarer Primärenergien in Form Abbildung 2
unter denjenigen fossiler Kraftstoffe. von Strom und Wärme sind also auf absehbare Wasserstoffkosten
Zeit deutlich kostengünstiger als eine forcierte für Großverbraucher
Erste Abschätzungen einer Wasserstoffbereitstel- Wasserstoff-Einführungsstrategie. in Deutschland
lung aus Kohle und Erdgas mit paralleler Rück- (€/GJ, Hu) für unter-
haltung des Kohlendioxids führen zu Wasser- Berücksichtigt man zusätzlich noch die Bereit- schiedliche erneuer-
stoffkosten frei Großverbraucher um 15 €/GJ stellungskosten von Wasserstoff an Tankstellen bare Primärenergien,
(mit heutigen Rohstoffkosten). Berücksichtigt („Well to tank“) so lassen sich die Optionen Transportwege
man zukünftige Preissteigerungen der Einsatz- zukünftiger Kraftstoffe vergleichend gegenüber- und -arten [1].
stoffe, so ist längerfristig etwa dasselbe Kosten- stellen (Abb. 3). Neben Öl kann in nächster Zeit
niveau wie für Wasserstoff aus regenerativen Erdgas zur Verbreiterung der Rohstoffbasis bei-
Quellen erwartbar. Damit liegen zukünftige tragen. Im Gegensatz zu Erdgas selbst haben
Kosten einer klimaverträglichen Bereitstellung aber alle aus Erdgas hergestellten Kraftstoffe wie
von Wasserstoff beim 2 bis 3-fachen heutigen Wasserstoff; Methanol, Fischer-Tropsch-Diesel
(emissionsbehafteten) Wasserstoffs und beim (FTD) höhere Treibhausgasemissionen als Ben-
4 bis 5-fachen des heutigen Erdgaspreises. zin und Diesel; bessere Antriebsaggregate müs-
Strategien der Effizienzsteigerung und der sen also diesen Malus wieder kompensieren.

150 Abbildung 3
Treibhausgasemission für Bereitstellung und

LH2 ohne Steuer; ohne CO2-Rückhaltung Treibhausgasemis-


sionen und Bereitstel-
Nutzung in Gramm CO2eq / MJ

Methanol
FTD ( NG) (NG) lungskosten heutiger
CH2 ( NG) Benzin inkl. Steuern, 2004 (35US$/Barrel)
100 Kraftstoffoptionen
Benzin /
Diesel)
(bis zumTank).
Die Pfeile deuten die
RME, Ethanol Zukünftige Kostenentwicklung Richtung der zu-
CNG
künftigen Kostenent-
50
wicklung an.
CH2 (Windstrom)
FTD CH2 (Solarstrom) CNG = Druckerdgas
(Holz)
NG = Erdgas
RME = Raps Methyl Ester
0
0 20 40 60 80

Kraftstoffbereitstellungskosten €/GJ 43
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Auch ihre Bereitstellungskosten, insbesondere Wasserstoff als Energieträger


die von Wasserstoff aus Erdgas, sind höher. Mit Zentraler Ausgangspunkt für die Überlegungen,
entsprechenden Steueranpassungen wie zur Wasserstoff als Energieträger in die Energiewirt-
Zeit bei Biokraftstoffen könnten sie aber in den schaft einzuführen, sind die ressourcenseitigen
Markt eingeführt werden, aus klimapolitischer und ökologischen (insbesondere klimaseitigen)
Sicht ist dies jedoch nur schwer begründbar. Begrenzungen der gegenwärtigen Energiewirt-
schaft. Diese können gemildert oder vollständig
Deutliche Treibhausgasminderungen erbringen aufgehoben werden, wenn ein zusätzlicher che-
erst regenerative Kraftstoffe. Obwohl Kraftstof- mischer Sekundär-Energieträger es prinzipiell
fe auf Biomassebasis mit 20 - 25 €/GJ in ihrer ermöglicht, Primärenergien einen günstigeren
Bereitstellung gut doppelt so teuer sind wie und umfassenderen Zugang zu allen Nutzungs-
Benzin, erlaubt eine entsprechende Steuerbe- bereichen zu ermöglichen, als es durch die
freiung ebenfalls derzeit ihre Markteinführung. direkte und alleinige Bereitstellung von Strom
Bei größerer Marktausweitung machen sich und Nutzwärme – die prinzipiell alle Energie-
allerdings die resultierenden Steuerausfälle im dienstleistungen erfüllen können – möglich ist.
Staatshaushalt bemerkbar. Aus Solarstrom Wie nützlich Wasserstoff ist, hängt demnach
bereitgestellter „Kraftstoff“ Wasserstoff wäre wesentlich von der Primärenergieart ab, mit
dagegen in seiner Bereitstellung heute noch der er hergestellt wird [2, 3]
teurer als versteuertes Benzin. Mittelfristig wird
sich generell die Bereitstellung fossiler Kraftstof- Für eine umfassende Nutzung erneuerbarer
fe verteuern und die Kostenschere zwischen Energien kann Wasserstoff in zweifacher
regenerativen und fossilen Kraftstoffen kann Hinsicht nützlich sein:
sich schließen (Pfeile in Abb. 3). Wie bereits in
Abb. 2 gezeigt, dürfte längerfristig regenerati- • Er ist in der Lage die primärenergetisch
ver Kraftstoff „frei Tank“ um 25 - 30 €/GJ bedingten „Schwachstellen“ erneuerbarer
bereitstellbar sein. Die dadurch bedingten Energien (Ortsgebundenheit, Fluktuationen
Mehrkosten beim Kraftstoffverbrauch – unter etc.) auszugleichen, sobald diese Schwach-
Beibehaltung einer entsprechenden Kraftstoff- stellen sich bei einer sehr weitgehenden
besteuerung – können durch sparsamere Erschließung deutlich bemerkbar machen.
Fahrzeuge ausgeglichen werden. • Er ermöglicht erneuerbaren Energien den
Zugang zum mobilen Bereich der Energie -
versorgung, wo Strom nur begrenzt und
Schlussfolgerungen für die Wärme überhaupt nicht nutzbar sind.
Auch die Bereitstellung von Hochtempe-
Einführung von Wasserstoff
raturwärme wird möglich.
und Brennstoffzellen
Für die Einführung von Wasserstoff ist entschei-
In den meisten Analysen der zukünftigen dend, dass die zusätzlichen Aufwendungen für
Energieversorgung und einschlägiger Strategie- seine Bereitstellung durch den Zuwachs an Nut-
überlegungen werden Wasserstoff und Brenn- zungsqualität mindestens aufgewogen, besser
stoffzellen in einer sehr engen Verknüpfung noch deutlich überkompensiert werden. Wach-
zueinander betrachtet werden. Die Argumen- sen erneuerbare Energien sehr rasch, so lässt
tationsstränge hinsichtlich der Rahmenbedin- sich aus diversen Analysen [2, 4] ableiten, dass
gungen und Handlungsnotwendigkeiten zur auf mittlere Sicht (ab etwa 2030) auch Wasser-
Einführung der Nutzungstechnologie Brenn- stoff benötigt wird, wenn das Wachstum der
stoffzelle und des Energieträgers Wasserstoff erneuerbaren Energien nicht ins Stocken gera-
werden dabei stark vermischt sein. Es empfiehlt ten soll. Sollte dagegen entschieden werden,
sich jedoch, die Perspektiven und Einsatzmög- Öl und Gas in starkem Ausmaß durch Kohle
lichkeiten von Wasserstoff und von Brennstoff- und Kernenergie zu ersetzen, ist ein Einsatz von
zellen voneinander getrennt zu betrachten, da Wasserstoff erst dann erforderlich, wenn auch
sowohl die Herausforderungen als auch die der mobile Verbrauchssektor diesen Primärener-
44 zeitlichen Abläufe unterschiedlich sind. gien zugänglich gemacht werden soll.
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Entsprechend ist es auch nicht zweckmäßig, stoffzellen sehr gut eignen, aber auch andere
energetischen Wasserstoff in größerem Ausmaß Energiewandler eingesetzt werden können.
aus Kohlenwasserstoffen bereitzustellen, da
letztere die notwendigen Nutzungsbedin- Wann kommt der Wasserstoff?
gungen direkt erfüllen können. Wie sich dies auf aktuelle Szenarioentwicklungen
[2, 5, 6] hinsichtlich einer deutlichen Vermin-
Selbstverständlich ändert Wasserstoff – ebenso derung der CO2 -Emissionen in der Energiever-
wie Strom und Nutzwärme – nicht die Eigen- sorgung Deutschlands auswirkt, zeigt Abb. 4.
schaften der Primärenergien. Erneuerbare Ener- Obige Überlegungen führen zu einer Verknüp-
gien haben auch ohne Wasserstoff keine Res- fung von (frühen) Brennstoffzellenmärkten und
sourcenprobleme und keine schwerwiegenden einem nachfolgenden Eindringen von Wasser-
ökologischen Auswirkungen; für Kohle und stoff in die Energieversorgung (Abb. 4).
Kernenergie müssen Ressourcengrenzen, Klima- Eine optimierte Verknüpfung verschiedener
beeinträchtigung, Risiko- und Akzeptanzpro- Strategien zur CO2 -Minderung erfordert:
bleme mit und ohne Wasserstoff überwunden
werden, wenn sie in größerem Umfang genutzt • verstärkte Nutzungseffizienz in allen Sektoren
werden sollen. Mit den (positiven) Eigenschaf- • dezentrale KWK
ten von Wasserstoff kann also nicht pro oder • effizientere Kraftwerke
contra einer Primärenergiequelle argumentiert • Ausbau aller Technologien
werden. zur Nutzung erneuerbarer Energien

Brennstoffzellen als Energiewandler Ein dabei erforderlicher Beitrag des Wasserstoffs


Unabhängig von den Überlegungen zur Ein- wird frühestens ab einer (gegenüber 1990) um
führung von Wasserstoff leitet sich das Bestre- 40 % verringerten CO2 - Emission benötigt. Er
ben, den Energiewandler Brennstoffzelle einzu- taucht deshalb erst nach 2020 in nennenswer-
führen, von ihrer potenziell sehr hohen Effizienz ten Umfang in der Energieversorgung auf. Nach
der Strom- und damit auch Krafterzeugung, 2050 wenn eine CO2 - Emissionsminderung um
ihrer lokalen Emissionsfreiheit und ihrer Modu- 80 % erreicht ist und die meisten der o. g.
larität ab. Sie zeigen hohe Wirkungsgrade in Optionen einer CO2 - Minderung ausgeschöpft
einem sehr weiten Leistungsbereich und machen sind, steigt der H2 - Anteil deutlich und erreicht
so auch kleine Leistungseinheiten möglich. im Extremfall einer 100 %igen CO2 - Minderung
Weitere nützliche Eigenschaften, wie Geräusch- (basierend ausschließlich auf erneuerbaren
armut und kaum bewegte Teile unterstützen Energien) einen Anteil um 30 % am Endenergie-
dieses Bestreben. Die Einführung von Brenn- verbrauch. Frühere Szenarioüberlegungen zur
stoffzellen steht nicht unmittelbar in Verbindung zukünftigen Energieversorgung Deutschlands
mit der Art der genutzten Primärenergien und [6] hatten in ihren Maximalvarianten vielfach
ist auch nicht unbedingt an das allgemeine Vor- noch einen steileren Anstieg des Wasserstoffan-
handensein von Wasserstoff angewiesen. Brenn- teils nach Überschreiten der „40 %-Reduktions-
stoffzellen können auch aufbereitete Energie- hürde“ angenommen (gestrichelte Linie in
träger aus allen fossilen Primärenergien und Abb. 4). Die Darstellung macht deutlich, dass
aus Biomasse nutzen. Die für PEMFC und AFC der Bedarf an Wasserstoff in erster Linie von der
erforderliche Reformierung und Aufbereitung angestrebten CO2 - Minderung in einem Ener-
der Brennstoffe verringert allerdings ihre Effi- giesystem abhängt. Als Ergebnis kann festgehal-
zienzvorteile gegenüber Nutzungstechnologien, ten werden, dass mit dem Aufbau einer Wasser-
die diese Brennstoffe (Kohlenwasserstoffe, Kohle) stoff-Infrastruktur in größerem, vernetztem
direkt verarbeiten können. Eine nützliche Ver- Umfang erst zwischen 2020 und 2030 begon-
knüpfung von Brennstoffzellen mit erneuerba- nen werden muss, unter der Voraussetzung,
ren Energien entsteht erst dann, wenn nicht dass bis dahin die CO2 - Minderung mittels
direkt nutzbarer Strom aus erneuerbaren Ener- anderer Optionen zügig vorangebracht wird.
gien in Wasserstoff gewandelt wird. Dieser soll- „Wasserstoffmärkte“ in energetisch relevantem
te dann mit möglichst hohem Gesamtwirkungs- Umfang müssen daher nicht kurzfristig ent-
grad genutzt werden, wofür sich zwar Brenn- wickelt werden. 45
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Dr. Joachim Nitsch • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen


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35
Maximale Werte
früherer UBA Ökologisch opti-
Untersuchungen Szenario MAX mierter Ausbau
30

Abbildung 4
Bedarf an Wasser- 25
Anteil am Endenergieverbrauch in %

stoff als Funktion der Massenmärkte


CO2 - Minderung im
frühe Märkte
Gesamtenergiesystem 20
nach verschiedenen
Szenarien für Deutsch- Demoprojekte, Nischenmärkte
land und zeitliche 15

Zuordnung von
Nischen- und frühen H2 -Infrastruktur
10
Einstiegsmärkten Erdgas,(Methanol)
für Brennstoffzellen
(Szenarien nach [2, 5]).
5

Größere
APU Busse PKW Flotten
Größere KWK
derzeitige Demo; portable FC Kleinflotten
0
komm:U-Boote Mini-KWK

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
CO2 -Reduktion in % bezogen auf 1990

1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2100


Zeit

Brennstoffzellenmärkte heute mobilisieren Erst wenn dieser zweite Strategieschritt zu


Märkte für Brennstoffzellen sollten und müssen Erfolgen führt, ist die Schaffung von echten
dagegen wesentlich früher mobilisiert werden. Massenmärkten, vergleichbar denjenigen von
Die Aktivitäten in einer „Brennstoffzelleneinfüh- Verbrennungsmotoren oder Heizungsanlagen,
rungsstrategie“ müssen sich darauf konzentrie- möglich und sinnvoll. Dies dürfte frühestens
ren, den jetzigen Einstieg in aussichtsreiche in 30 Jahren zu erwarten sein.
(Nischen-) Märkte, bei denen die Kostenfragen
hinter den Nutzungsvorteilen von Brennstoff- In Abb. 4 sind in ungefährer zeitlicher Abfolge
zellen zurücktreten, möglichst wirksam zu die aus heutiger Sicht möglichen Markteinstie-
unterstützen und abzusichern. Dabei werden ge verschiedener Brennstoffzellenanwendungen
Brennstoffzellen energiewirtschaftlich noch kei- in Nischenmärkte und in frühe Einstiegsmärkte
ne Rolle spielen. Parallel zu einer beginnenden markiert. Danach können die Segmente „Por-
Erschließung „früher Märkte oder Einstiegs- table FC“ 3 und „FC als APU“ nennenswerte
märkten“ (ab ca. 2020) sind weitere Foschungs- Märkte bis etwa 2015 aufbauen. Überlappend
und Entwicklungsarbeiten von entscheidender dürften Brennstoffzellen-Busse und Kleinflotten
Bedeutung, da aus heutiger Sicht konventionel- von PKW sowie kleinere BHKW auf FC-Basis fol-
le Energiewandler immer noch sehr viel kosten- gen und sich bis ca. 2020 etablieren. Bis etwa
günstiger sind und ebenfalls noch beträchtliche 2020 - 2025 benötigen diese Nischenmärkte
Entwicklungspotenziale besitzen. Forschungs- (und die parallel dazu etablierten Demoprojek-
und Entwicklungserfolge müssen deshalb dazu te) noch keine Wasserstoffinfrastruktur; sie wird
beitragen, die erforderlichen öffentlichen und erst mit dem Einstieg in die „frühen Märkte“
industriellen Vorleistungen in dieser Phase in
46 vertretbaren Grenzen zu halten. 3 FC = Fuell Cells = Brennstoffzellen
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Dr. Joachim Nitsch • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen


FVS Themen 2004

(stationäre KWK in größerem Umfang, größere


PKW-Flotten) erforderlich. Alle Annahmen sind
als optimistisch anzusehen, da sie von einer
relativ wirksamen und gut abgestimmten
Wechselwirkung von engagierter und zielstre-
biger Energiepolitik und einer investitions- und
vorleistungsfreudigen Industrie ausgehen.

Kann sich die Brennstoffzelle in dieser „Bewäh-


rungsphase“ erfolgreich etablieren, so sind die
Aussichten auf „Massenmärkte“ günstig. Rand-
bedingungen dafür sind einerseits ein generell
dynamisch wachsender Markt für die dezentrale Literatur
Stromerzeugung (KWK, „virtuelle“ Kraftwerke
[7] und im Verkehrsbereich eine Gestaltung [1] P. Viebahn: Prozesskettenanalyse für
von Steuern und Preisen von Kraftstoffen, die Wasserstoff im Rahmen des UBA-Projekts
sowohl geringen Energieverbrauch als auch „Einführung alternativer Kraftstoffe.“
minimale Treibhausgasemissionen begünstigen. Beitrag zum 3. Zwischenbericht,
Damit dann zeitgleich eine ausgedehnte Was- September 2004.
serstoffinfrastruktur entstehen kann, ist zuvor
auf eine weitreichende und kostengünstige [2] J. Nitsch, W. Krewitt, M. Pehnt,
Bereitstellung erneuerbarer Energien zu achten. M. Fischedick u.a.: „Ökologisch
optimierter Ausbau der Nutzung
Hinsichtlich der Dringlichkeit einer „Wasserstoff- erneuerbarer Energien in Deutschland.
infrastruktur“ ist zu beachten, dass ihr Stellen- DLR, IFEU, Wuppertal-Institut,
wert für die beiden Einsatzbereiche „stationär“ Untersuchung im Auftrag des BMU,
und „mobil“ von unterschiedlicher Bedeutung Berlin 2004.
ist. Für die stationäre Nutzung von Wasserstoff
kann in einer längeren Übergangszeit das Prin- [3] G. Eisenbeiß: Germany's Hydrogen
zip der Zumischung zu Erdgas genutzt werden. Vision. Vortrag IEA-Seminar, Paris,
Die konventionellen Nutzungstechnologien 3. März 2003.
Flammenbrenner und Gasturbine können in
weiten Bereichen mit einem Erdgas-Wasserstoff- [4] „Welt im Wandel – Energiewende zur
Gemisch betrieben werden. Stationäre Brenn- Nachhaltigkeit.“ Wissenschaftlicher
stoffzellen können auf die Reformierung zurück- Beirat der Bundesregierung globale
greifen. Der Übergang zu einer größeren „reinen“ Umweltveränderungen (WBGU).
Wasserstoffinfrastruktur kann sich also aus sta- Springer-Verlag Berlin, 2003.
tionärer Nutzungssicht bis in die Mitte des Jahr-
hunderts erstrecken. Im mobilen Bereich muss [5] M. Fischedick, J. Nitsch, u.a.: Langfrist-
dagegen der Aufbau eines entsprechenden szenarien für eine nachhaltige Energie-
Tankstellennetzes früher erfolgen. Allerdings nutzung in Deutschland. Forschungsbe-
kann im Falle der Nutzung elektrolytischen richt 200 97 104 (UBA-FB 000314),
Wasserstoffs zunächst auf eine eigentliche Was- Umweltbundesamt Berlin, Juni 2002.
serstoffverteilungsstruktur verzichtet werden.
Die Etablierung größerer Teile einer Wasser- [6] J. Nitsch: Potenziale einer Wasserstoff-
stoffinfrastruktur stellt sich daher nicht vor wirtschaft. Gutachten im Auftrag des
2030 bis 2040. WBGU, Stuttgart, Berlin 2003.

[7] W. Krewitt, M. Pehnt, M. Fischedick,


H. Temming: Brennstoffzellen in der
Kraft-Wärme-Kopplung. Erich Schmidt
Verlag, Berlin 2004. 47
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Dr. Joachim Nitsch • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen


FVS Themen 2004

Weiterführende Literatur
„Wasserstoff als Energieträger - Ergebnisse der
Forschung der letzten 20 Jahre und Ausblick auf
die Zukunft“. Bericht zum Statusseminar. Hrsg.
Projektträger Jülich (PTJ) des BMBF, Okt. 1995.

„Wasserstoffenergie und Brennstoffzellen -


Eine Zukunftsvision.“ Abschlussbericht der High
Level Group. EUR 20719 DE; EU Brüssel 2003.

C. Hebling, U. Groos: Brennstoffzellen im


kleinsten Leistungsbereich. Fraunhofer-Institut
für Solare Energiesysteme ISE, Vortrag f-cell
Stuttgart, Sep. 2001.

B. Höhlein: „Chancen und Grenzen neuer


Kraftstoffe – Potenziale und Einsatzbereiche.”
2. Klimaschutzkonferenz „Nachhaltige
Mobilität“, 4. Nov. 2004, Düsseldorf.

M. Pehnt: „Ganzheitliche Bilanzierung


von Brennstoffzellen in der Energie- und
Verkehrstechnik“. Fortschritt-Berichte VDI,
Reihe 6: Energietechnik, Nr. 476,
VDI-Verlag, Düsseldorf 2002.

Strategiekreis Wasserstoff des BMWA,


Abschlußbericht Oktober 2004.

48
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Methoden der
Wasserstofferzeugung
• Wasserspaltung mit Strom
und Wärme

• Wasserstoffgewinnung aus
Erdgas – Anlagenentwicklung
und Systemtechnik

• Wasserstofferzeugung aus
Dieselkraftstoffen

• Wasserstofferzeugung aus
Biomasse – Wasserspaltung mit
organischen Verbindungen

49
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

Wasserspaltung mit Strom


und Wärme
Dr. Werner 1. Einleitung luste den thermodynamischen Gesetzen folgt,
Schnurnberger ist der Energieaufwand zur Bereitstellung von
DLR Wasserstoff zeichnet sich gegenüber allen an- Wasserstoff immer höher als die letztlich im
werner.schnurnberger@ deren Brennstoffen durch den höchsten Energie- Energieträger Wasserstoff gespeicherte Energie.
dlr.de inhalt aus: bei der Verbrennung von nur 1 Kilo- Jede Energiewandlung ist also mit irreversiblen
gramm Wasserstoff zu Wasser wird dieselbe Verlusten behaftet. Die vordringliche Aufgabe
Dr. Holger Janßen Energie frei wie bei der Verbrennung von 2,75 der Energietechnik ist es daher, diese Umwand-
FZJ Kilogramm Benzin. Dieser hohe Gehalt des lungsverluste möglichst klein zu halten.
h.janssen@fz-juelich.de Wasserstoffs an chemischer Energie muss bei Im folgenden werden daher die verschiedenen
der Herstellung von Wasserstoff aus Wasser Möglichkeiten der Wasserstoffherstellung aus
Ursula Wittstadt auch aufgewendet werden. Und da kein tech- Wasser aus technischer und energetischer
Fraunhofer ISE nischer Prozess in idealer Weise und ohne Ver- Sicht dargestellt.
ursula.wittstadt@ise.
fraunhofer.de

Wasser + Energie = Wasserstoff + Sauerstoff


H2O + ∆ H R ⇔ H2 + 0,5 O2

Verfahren Energiequelle

Reaktion mit Metallen Chemische Energie


H2O + Zn ⇔ H2 + ZnO
Tabelle 1
Dampfreformierung Chemische Energie
Energiequellen zur
2 H2O + CH4 ⇔ 4 H2 + CO2
Spaltung von Wasser
in Wasserstoff und Thermische Wasserspaltung mit Hochtemperaturwärme
Sauerstoff thermochemischen Kreisprozessen

Elektrochemische Wasserspaltung Elektrische Energie

Wasserelektrolyse Elektrische Energie

Wasserdampfelektrolyse Strom + Wärme

Biologische Wasserspaltung Lichtenergie / Photonen


(Bildung von Biomasse)

Photolytische Wasserspaltung Lichtenergie / Photonen


(Direkte Wasserstoffentwicklung)

50
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

Sonnenenergie

Photolyse Photovoltaik Wasserkraft Windenergie Solarthermie


Biomasse

HT Abbildung 1
Wärme
mechanische Energie Erneuerbare Energie-
Biophotolyse
Photoelektrolyse quellen und technische
Vergärung
Fermentation
Verfahren zur Wasser-
Gaserzeugung elektrische Energie spaltung mit Sonnen-
energie

Wasserdampf- thermochemische
Wasserelektrolyse elektrolyse Kreisprozesse

Wasserstoff

Alle Verfahren der Wasserstoffherstellung folgen Hierbei wird jeweils die Hälfte des produzierten
direkt oder auf Umwegen, also mit zusätzlichen Wasserstoffs aus Wasser und dem Energieliefe-
Reaktionsschritten, der Grundgleichung der ranten Erdgas freigesetzt. Dies ist ein Grund für
Wasserspaltung: die herausragende Stellung der Dampfreformie-
rung bei der großtechnischen Wasserstoffher-
H2O + Energie ⇔ H2 + 0,5 O2 ; DH0 = + 289,5 kJ/Mol stellung. Vor dem Hintergrund, erneuerbare Pri-
märenergiequellen für die Wasserstoffherstel-
Die Reaktionsenthalpie H0 legt fest, dass für die lung und damit Speicherung von Sonnenener-
Herstellung von einem Gramm Wasserstoff der gie zu nutzen, werden im Folgenden ausschließ-
Energieaufwand mindestens 145 kJ1 beträgt. lich Verfahren der Wasserspaltung mit Wärme
Diese Energie für die Wasserspaltung kann als oder elektrischem Strom dargestellt (Abb.1).
chemische Energie, Wärme, elektrische Energie
oder die Energie von Photonen zugeführt
werden (Tab.1).
2. Thermische Verfahren der
Beispiel für die Wasserstofferzeugung durch Wasserspaltung
Einsatz chemischer Energie sind die etablierten,
bzw. konventionellen Verfahren der Wasserstoff- Das thermodynamische Gleichgewicht der
erzeugung wie etwa die Reaktion von wässrigen Wasserspaltung wird bei sehr hohen Tempera-
Säuren mit Metallen, oder die Reaktion von turen immer mehr in Richtung der Elemente
Wasserdampf mit Erdgas, Erdöl oder Kohle. Wasserstoff und Sauerstoff verschoben. Bei
Bei diesen chemischen Verfahren wird die not- 3300 K treten Wasserdampf und Wasserstoff in
wendige Energie für die Wasserspaltung durch etwa äquivalenten Konzentrationen nebenein-
die hohe Reaktionswärme der Oxidation der ander im Gleichgewicht auf. Aus den thermo-
Metalle oder die Verbrennung des Kohlenstoffs dynamischen Daten wird deutlich, dass bei
der fossilen Energieträger zu Kohlendioxid diesen hohen Temperaturen Wasser sehr wohl
zugeführt. Die Dampfreformierung von Erdgas direkt mit Wärme in seine Komponenten Was-
ist heute das wichtigste Verfahren der groß- serstoff und Sauerstoff zerlegt werden könnte.
technischen Wasserstoffherstellung. Bis heute sind jedoch keine technischen Wege
zur selektiven Abtrennung des Wasserstoffs aus
1k J = Kilojoule 51
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

Abbildung 2
links: Solar Receiver
Reaktor des DLR zur
thermochemischen
Wasserspaltung im
Temperaturbereich
800 - 1000 °C
rechts: Untersucht
wird die Kinetik der
solaren Wasserdampf-
reduktion und der
Bildung von Wasser-
stoff und Eisenoxiden

einem Gasgemisch bei diesen hohen Tempera- Die Metalloxide wirken letztlich wie Katalysa-
turen gefunden worden. Auch beim raschen toren zur Erniedrigung der Reaktionstemperatur
Abkühlen (mit sehr hohen Wärmeverlusten des der thermischen Wasserzerlegung und bleiben
Prozesses) würde das Gleichgewicht wieder in formal bei der Gesamtreaktion unverändert er-
Richtung H2O verschoben, so daß heute keine halten: die Spaltung von Wasser in Wasserstoff
technische Realisierung dieser direkten thermi- und Sauerstoff ist – wenn keine unerwünschten
schen Wasserspaltung vorstellbar ist. Eine Redu- chemischen Nebenreaktionen auftreten –
zierung des Temperaturniveaus der thermischen die alleinige Gesamtreaktion.
Wasserspaltung auf technisch besser beherrsch-
bare Temperaturen unter 1200 °C ist grundsätz-
lich möglich, wenn in sogenannten thermoche-
mischen Kreisprozessen die Wasserspaltung in
3. Elektrolytische
mindestens zwei unterschiedliche Einzelreaktio- Wasserspaltung
nen aufgeteilt wird. Dieses Prinzip der thermo-
chemischen Wasserstoffherstellung wird derzeit Die elektrolytische Herstellung von Wasserstoff
im Rahmen des europäischen Forschungspro- ist verfahrenstechnisch das einfachste und –
gramms Hydrosol im DLR untersucht und in bezogen auf die eingesetzte elektrische Energie
Abb. 2 dargestellt. Das Hydrosol-Verfahren der – ein sehr effizientes Verfahren. Wasserelektrolyse
thermischen Wasserspaltung beruht auf der und Brennstoffzellenreaktion basieren auf den-
selektiven Oxidation und Reduktion von Metall- selben elektrochemischen Prinzipien (Abb.3):
oxiden. Bei diesem zweistufigen thermischen durch Umkehrung der Stromrichtung wird
Kreisprozess (Arbeitstemperaturen zwischen elektrische Energie verbraucht (Elektrolyse)
800 und 1200 °C) wird aus Eisenoxiden ther- oder abgegeben (Brennstoffzelle).
misch Sauerstoff freigesetzt und anschließend Wie bei den Brennstoffzellensystemen lassen
durch Reaktion mit Wasserdampf unter Rückbil- sich die verschiedenen Elektrolyseverfahren
dung des Ausgangsoxides Wasserstoff erzeugt: nach der Art des ionenleitenden Elektrolyten
und der Betriebstemperatur einteilen:
(MeX)Fe2O4 ⇔ (Mex) Fe2O4-d + d/2 O2
(MeX)Fe2O4-d + d H2O ⇔ (Mex) Fe2O4 + d H2 1. Alkalische Elektrolyseure mit wässriger
Kalilauge als Elektrolyt
Durch Dotierung der Eisenoxide mit anderen 2. Membranelektrolyseure mit einer protonen-
Metalloxiden (Me = Nickel, Mangan, Zink) soll leitenden Membran als Elektrolyt
die Reaktionsgeschwindigkeit dieser hetero- 3. Wasserdampfelektrolyseure mit einer
genen Feststoffreaktionen erhöht werden, um Keramikmembran als Sauerstoffionenleiter
einen möglichst hohen Reaktionsumsatz zu
erreichen. Diesen Elektrolyseverfahren entsprechen
52 hinsichtlich Elektrolyt und Betriebstemperatur:
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

1. die alkalische Brennstoffzelle (80 °C)


2. die Membranbrennstoffzelle (80 °C) Wasserelektrolyse Brennstoffzelle

3. die oxidkeramische Brennstoffzelle elektrische Energie + H2O ⇔ H2 + 0.5 O2


(650 -1000 °C)

3.1. Alkalische Elektrolyse e- e-


Die „klassische“ alkalische Wasserelektrolyse mit
einem Wirkungsgrad von ca. 70 % (bezogen
auf den oberen Heizwert des Wasserstoffs) für H2 O2 H2 O2
die Herstellung von Wasserstoff wird seit vielen
Jahrzehnten dort eingesetzt, wo entweder elek-
trischer Strom günstig verfügbar ist, oder klei-
nere Mengen reinen Wasserstoffs für chemische
H2O H2O
Verfahren benötigt werden. Verschiedene neue
Konzepte wurden in den letzten Jahren unter-
sucht und verfahrenstechnisch entwickelt, um
die Effizienz der alkalischen Wasserelektrolyse
zu erhöhen. Wie die Elektrolysekennlinien in blem Stromangebot (Windkraftanlagen, Solar- Abbildung 3
Abb. 4 zeigen, sind Wirkungsgrade über 80 % kraftwerke) oder für das Lastmanagement mit Wasserelektrolyse
bei Stromdichten um 0,5 A/cm2 durchaus tech- Wasserstoffspeicherung in Netzen mit ausge- und Brennstoffzellen-
nisch realisierbar. Da die Zellspannung von prägt wechselnden Lastprofilen. reaktion: durch
Elektrolyseuren und damit auch der Wirkungs- Umkehrung der
grad unmittelbar von der Stromdichte (und Die in den unterschiedlichen fortschrittlichen Stromrichtung wird
damit der Leistung des Elektrolyseurs) abhän- Konzepten der alkalischen Wasserelektrolyse elektrische Energie
gen, nimmt die Effizienz von Elektrolyseuren demonstrierte Verbesserung des Wirkungsgra- verbraucht oder
im Teillastbereich zu, wie dies auch für Brenn- des basiert auf zwei technologischen Entwick- abgegeben.
stoffzellen charakteristisch ist. Dieses günstige lungslinien. Zum einen ist es gelungen, durch
Teillastverhalten ist besonders vorteilhaft bei katalytische Aktivierung der Elektroden die Über-
der Kopplung von Elektrolyseuren mit varia- spannungsverluste deutlich zu senken (Abb. 5).

1.15 Leistungsklasse
FZ Jülich - HPEL: 80 °C, 30 bar 5 kW
1.10
Lurgi/ FZ Jülich: 90 °C, 32 bar 1000 kW
Abbildung 4
1.05 GHW: 80 °C, 30 bar 100 kW
Wirkungsgrade
ELWATEC / FZ Jülich: 76 °C, 30 bar 1kW
1.00 fortschrittlicher Kon-
DLR:
Elektrolysewirkungsgrad

80 °C, 5 bar 10 kW
zepte der alkalischen
0.95
Wasserelektrolyse.
0.90 Im Teillastbereich wird
0.85 die Zellspannung der
Strom-Spannungs-
0.80
Kennlinie kleiner:
0.75 der Wirkungsgrad
steigt daher bei
0.70
Teillast an.
0.65 Teillast: Zunahme des Wirkungsgrads

0.60

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9

2
Stromdichte (A/cm ) 53
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:37 Uhr Seite 54

Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

Abbildung 5 2,2
Reduzierung der

spezifischer Energieverbrauch [kWh/Nm3]


Zellspannung und 5,0
damit des Energieauf-
2,0
wandes der Wasser-
spaltung durch den
Zellspannung [V] 4,5
Einsatz plasmage-
15 - 18 % Reduktion
spritzter (VPS) Elektro- 1,8 des Energieverbrauchs
den beim DLR.
Betriebsdruck 5 bar,
4,0
Betriebstemperatur
80 °C, VPS-aktivierte 1,6

Nickelkathoden Standardelektroden
(Raney-Nickel-Legie- VPS - Elektroden
3,5
rungen als Katalysator).
1,4

0 100 200 300 400 500


2
Stomdichte [mA/cm ]

Hierbei werden auf Eisen- oder Nickelkathoden einer Verbesserung des Elektrolysesystems
sogenannte Raney-Nickel-Legierungen als Kata- (Abb. 6). Diese Ergebnisse prototypischer Anla-
lysatoren durch Plasmaspritzen (VPS-Vacuum gen im Leistungsbereich 10 kWel werden bei
Plasma Spraying) in definierter Dicke und Poro- entsprechender Skalierung der Technologien
sität aufgebracht. Die Langzeitstabilität (über auch mit zukünftigen Elektrolyseuren höherer
50.000 Stunden Betriebszeit) von VPS-aktivier- Leistung erreicht werden können.
ten Elektrolysekathoden wurde in den letzten
Jahren im industriellen Einsatz eindrucksvoll 3.2. Membranelektrolyse
belegt. Eine Erhöhung des Betriebsdruckes so- Wie bei der Membranbrennstoffzelle ist eine
wie eine Optimierung der Elektrolytkreisläufe protonenleitende Membran der Festelektrolyt
und Produktgasseparatoren führt ebenfalls zu eines Membranelektrolyseurs. Da die Ionenlei-
tung zwischen den Elektroden durch hydrati-
sierte Wasserstoffionen erfolgt, sind die Mate-
rialanforderungen bei dieser Wasserelektrolyse
mit saurem Elektrolyten grundsätzlich anspruchs-
Abbildung 6 voller. Edelmetallkatalysatoren sind für beide
Alkalischer Druckelek- Elektroden notwendig, um die Überspannungen
trolyseur entwickelt niedrig zu halten, und auch an die Konstrukti-
im FZ Jülich: onswerkstoffe werden sehr viel höhere Anfor-
Betriebsdruck 120 bar, derungen gestellt. Im Vergleich zur alkalischen
Betriebstemperatur Elektrolyse ist der verfahrenstechnische Aufwand
80 °C, Anschlussleistung bei der Membranelektrolyse aber einfacher
5 kWel ,15 Einzelzellen, (Abb. 7). Denn da ein Festelektrolyt eingesetzt
katalytisch aktivierte wird, ist hier kein interner Elektrolytkreislauf
Nickelanoden (Co,Fe) notwendig. Auch entfällt die externe Separation
und Nickelkathoden von Flüssigelektrolyt und den Reaktionsproduk-
(C-Pt). ten Wasserstoff und Sauerstoff.
Für Elektrolyseure kleiner Leistung ist die Mem-
branelektrolyse daher eine interessante Alterna-
tive zu den alkalischen Systemen. Vor allem dann,
wenn die zu erwartenden Fortschritte bei der
54 Entwicklung und Produktion kostengünstiger
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 55

Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

52 V
Abbildung 7
50 V Temperaturabhängig-
keit der U(I)-Kennlinie
48 V
Spannung [ V ]

eines PEM-Wasser-
46 V elektrolyseurs (2 kWel)
des Fraunhofer ISE.
44 V
Betriebsdruck 30 bar,
42 V Wasserstoffproduktion
450 Nl/h.
40 V
Messsung bei:
38 V 45 °C
0A 5A 10A 15A 20A 25A 30A 35A 40A 45A 50A
70 °C
Strom [ A ]

Membranbrennstoffzellen unmittelbar oder mit 3.3. Hochtemperatur-Dampfelektrolyse


geringem zusätzlichen Aufwand auf die Mem- Beim Phasenübergang vom flüssigen Wasser zu
branelektrolyse übertragen werden können. Eine Wasserdampf verringert sich die Bildungsent-
Skalierung der Membranelektrolyse zu Anlagen halpie DH von Wasser und damit der zur Wasser-
größerer Leistung ist dagegen heute noch nicht spaltung notwendige Mindestenergieaufwand
absehbar, da bisher keine Verfahren zur Herstel- sprunghaft (Abb. 8). Diese Energiedifferenz ent-
lung von großflächigen Membran-Elektroden spricht der Verdampfungswärme des Wassers.
Einheiten verfügbar sind. Mit weiter steigender Temperatur nimmt die

kJ kWh
Verdampfungswärme H 2 O m3NH2
Mol
300 1.55 3.72

V
Freie Standardenthalpie ∆ G°
Standardenthalpie ∆ H°

250 1.29 3.10

Abbildung 8
Energieaufwand für
die Wasserspaltung
200 1.04 2.48
in Abhängigkeit von
der Temperatur.
H2Ofl H2 + 1 2 O2 H2Og H2 + 1 2 O2

150 0.78 1.86

0 20 40 60 80 100 100 400 700 1000


Temperatur °C

Durch die hohe Verdampfungswärme des Wassers erniedrigt sich die thermodynamische Zellspannung beim Über-
gang von flüssigem Wasser zu Wasserdampf. Bei der Wasserdampfelektrolyse kann ein Teil der zur Wasserspaltung
notwendigen Energie theoretisch als Hochtemperaturwärme Qmax eingekoppelt werden, um so den Aufwand an
elektrischer Energie εmin zu verringern.

55
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

1600 Wie aktuelle Messungen zeigen (Abb. 9), ist


1000 °C es bei hohen Temperaturen durchaus möglich,
1400
850 °C oxidkeramische Brennstoffzellen in einem wei-
1200 750 °C ten Stromdichtebereich zur Elektrolyse von
Zellspannung [mV]

1000 Wasserdampf und als Brennstoffzelle zu betrei-


ben. In dem durch grüne Linien begrenzten
800
Zellspannungsbereich ist die Einkopplung von
600 Hochtemperaturwärme zur Wasserspaltung
400
grundsätzlich möglich. Ob dies auch unter den
Wasserdampfelektrolyse Brennstoffzelle
SOEC
realen Bedingungen unter Berücksichtigung der
SOFC
200
H2O ⇒ H2 + 0.5 O2 H2 + 0.5 O2 ⇒ H2O inneren Widerstände und Überspannungen beim
0 Betrieb eines Zellstapels möglich ist, werden die
-2 -1.5 -1 -0.5 0 0.5 1 1.5 2 2.5 Ergebnisse der Projektarbeiten zeigen. Auch ist
noch verfahrenstechnisch zu klären, wie der
Stromdichte (A/cm2 )
Energieaufwand zur Separation von Wasserstoff
und Wasserdampf bei den hohen Temperaturen
der Wasserdampfelektrolyse die Energiebilanz
Abbildung 9 freie Bildungsenthalpie D G kontinuierlich ab, des Gesamtsystems beeinflußen wird.
Kennlinienverlauf von bei nahezu konstanter Bildungsenthalpie D H.
Hochtemperaturbrenn- Aus diesen thermodynamischen Gesetzmäßig-
stoffzelle (SOFC) und keiten lassen sich die beiden folgenden Aus-
Wasserdampfelektroly- sagen ableiten:
4. Fluktuierende Primärenergie
se (SOEC) für verschie- zur Wasserstofferzeugung
dene Betriebstempera- • Die thermodynamische Zellspannung bei
turen. Quelle: RISØ; der Elektrolyse von Wasserdampf ist geringer Wasserstoff bietet als chemischer Energieträger
„Hi2H2 Project” als bei der Elektrolyse von flüssigem Wasser. die Möglichkeit, erneuerbare Energien zu spei-
• Bei hohen Temperaturen kann ein Teil der zur chern und so Angebotsprofil und Verbrauch
elektrolytischen Wasserspaltung notwendigen täglich oder im Jahresmittel zu entkoppeln.
Energie auch als Wärme eingekoppelt werden: Als nahezu idealer Kraftstoff eröffnet Wasserstoff
der maximale mögliche Wärmeanteil Qmax den Weg, auch Sonnenenergie zu „tanken“ und
entspricht der Differenz zwischen damit als gleichsam solarer Kraftstoff nachhalti-
Bildungsenthalpie D H und freier ge Mobilität ohne Emissionen zu ermöglichen.
Bildungsenthalpie D G. Das fluktuierende Angebot erneuerbarer Ener-
giequellen stellt jedoch auch besondere verfah-
Von diesen thermodynamischen Überlegun- renstechnische Anforderungen an die verschie-
gen ausgehend wurden bereits vor mehr als denen Technologien zur Wasserspaltung. Die
25 Jahren Untersuchungen zur Hochtempera- Dynamik des Leistungsprofils bei der direkten
tur-Dampfelektrolyse (HOTELLY) durchgeführt. Kopplung einer Windkraftanlage mit einem
Mit den in den letzten Jahren erreichten Fort- Wasserelektrolyseur ist in Abb. 10 dargestellt.
schritten bei der Entwicklung von oxidkerami- Verzögerungsfrei folgen Elektrolysestrom und
schen Hochtemperaturbrennstoffzellen eröffnen Zellspannung der von der Windkraftanlage vor-
sich auch für die Hochtemperaturelektrolyse gegebenem Leistungskurve. Auch sehr rasche
neue Entwicklungschancen. Die Entwicklung Leistungssprünge im Sekundenbereich könnnen
neuer Materialien und verbesserter Herstellungs- von einem Elektrolyseur problemlos umgesetzt
technologien für die oxidkeramischen Brenn- werden. Elektrolyseure sind daher ideale Nutz-
stoffzellen und auch die Fortschritte beim Auf- lasten zur dynamischen Umwandlung von fluk-
bau von bipolaren Zellstapeln in kompakter tuierenden Strom in Wasserstoff. Elektrochemi-
Flachbauweise sind die Basis des soeben ge- sche Vorgänge reagieren praktisch verzöge-
starteten europäischen Forschungsprojektes rungsfrei auf Lastsprünge. Die Zeitkonstanten
„Hi2H2“ mit dem Ziel, die Funktion eines Zell- nachgeschalteter Systemkomponenten (Elektro-
stapels zur Hochtemperatur-Dampfelektrolyse lytkreislauf, Druckregler, Produktgasseparato-
56 zu demonstrieren. ren) sind jedoch deutlich grösser: es ist daher
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

Abbildung 10
Tageslauf der direkten
100
gemessen Kopplung von Wind-
berechnet
kraftanlagen und
Temperatur [0...100 °C] Wasserelektrolyse.
80
Ein dynamisch opti-
mierter Elektrolyseur
Zellspannung [0...50 °C] folgt im gesamten
60 Lastbereich unmittel-
Temperatur [°C]

Strom [0...250 A] bar dem Leistungs-


profil der Windkraft-
40 anlage.
Hier dargestellt:
gemessene Werte
20 und Simulations-
ergebnisse von
Elektrolysestrom,
Energieinput [0...15 kW]
Zellspannung und
0
Betriebstemperatur
0 6 12 18 24
des Elektrolyseurs.
Zeit [h]
Quelle: DLR

2.5

0.1 A/cm2 > 2 vol %: Sicherheitsabschaltung


2.0 0.2 A/cm 2

Abbildung 11
Fremdgasanteil in vol. %

0.4 A/cm2
Produktgasqualität in
1.5
Abhängigkeit von der
H 2 in O 2 Stromdichte und dem
1.0 Druck. Alkalischer
Druckelektrolyseur
im FZ Jülich,
0.5. O 2 in H 2 Betriebstemperatur
60 °C.
0.0

0 20 40 60 80 100 120
Druck (bar)

notwendig, das dynamische Verhalten dieser Stromdichte wird also auch die Zellspannung
Komponenten so zu optimieren, dass Lastsprün- des Elektolyseur kleiner und damit der Nut-
ge im gesamten Leistungsbereich störungsfrei zungsgrad der elektrischen Energie zur Wasser-
gefahren werden können. spaltung zunehmen. Beim Betrieb von Elektro-
lyseuren im unteren Teillastbereich ändert sich
Der Wirkungsgrad von elektrochemischen Ener- jedoch auch die Produktgasqualität (Abb. 11),
giewandlern steigt beim Übergang in den Teil- also die Konzentration von Waserstoff in Sauer-
lastbetrieb grundsätzlich an. Mit abnehmender stoff und – weniger stark ausgeprägt – von 57
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

Sauerstoff in Wasserstoff. Der Grund hierfür Membranelektrolyseure sind auf Grund der
ist die Löslichkeit und Diffusionsfähigkeit einfacheren Systemtechnik (Festelektrolyt ohne
von Wasserstoff und Sauerstoff im Elektroyten. Elektrolytkreislauf) besonders vorteilhaft für
Da mit steigendem Betriebsdruck des Elektro- autarke Systeme im Leistungsbereich einiger
lyseurs auch die Löslichkeit der Gase im Elek- kWel. Die Wasserelektrolyse mit Säure als Elek-
trolyten zunimmt, wird die sicherheitstechnisch trolyt stellt hohe Anforderungen an die einsetz-
vorgegebene Abschaltgrenze von 2 Vol % baren Materialien (Edelmetallkatalysatoren, pro-
Wasserstoff in Sauerstoff mit steigendem Druck tonenleitende Membranen). Hier werden
schon früher erreicht. Andererseits kann ein Fortschritte bei der Entwicklung von Membran-
höheres Druckniveau des Elektrolyseurs dann brennstoffzellen auch entscheidend zur weite-
vorteilhaft sein, wenn das Produktgas Wasser- ren Verbesserung und Kostenreduktion der
stoff ohne weitere Kompression gespeichert Membranelektrolyse beitragen.
werden kann. Ein Schlüsselproblem bei der Skalierung der
Membranelektrolyse zu größeren Leistungsklas-
sen ist die Herstellungstechnik großflächiger
5. Ausblick Membran-Elektroden-Einheiten.
Eine langfristig besonders attraktive Entwick-
Konventionelle alkalische Wasserelektrolyseure lungslinie für alkalische und Membranelektroly-
sind Stand der Technik und werden seit Jahr- seure ist die sogenannte „Regenerative Fuel
zehnten zur Herstellung von Elektrolysewasser- Cell“ (RFC). Wie bei einer wiederaufladbaren
stoff betrieben. Auch der intermittierende zu- Batterie wird durch Umkehr der Stromrichtung
verlässige Betrieb eines technischen alkalischen zum einen Wasserstoff produziert, und dann
Elektrolyseurs der Leistungsklasse 350 kWel im Brennstoffzellenbetrieb wieder verstromt.
in direkter Kopplung mit einer Photovoltaik- Der besondere Vorteil einer solchen „Gasbatte-
Anlage wurde bereits demonstriert (Abb. 12). rie“ ist die Entkopplung der Leistung des Ener-
Fortschrittliche Elektrolyseure mit aktivierten giewandlers (in kWe) vom Energieinhalt des
Elektroden und verbesserten Diaphragmen Systems (in kWh, also der Menge des extern
erreichen im Auslegungspunkt energetische gespeicherten Wasserstoffs). Bei den wiederauf-
Wirkungsgrade bis über 80 %. Im intermittie- ladbaren Batterien ist dies grundsätzlich nicht
renden Betrieb mit Strom aus Windkraftanlagen möglich, da die chemischen Energie in den Elek-
oder Solarkraftwerken sind durch das günstige troden des Energiewandlers gespeichert wird.
Teillastverhalten von Elektrolyseuren auch hö-
here Jahreswirkungsgrade möglich. Die an Pro- Bei der Hochtemperatur-Dampfelektrolyse
totypen erprobten verfahrenstechnische Lösun- (SOEC, Solid Oxide Electrochemical Conversi-
gen für den dynamischen Betrieb müssen beim on) verspricht die Einkopplung von Prozess-
Skalieren grössere Anlagen oder bei höheren wärme auf hohem Temperaturniveau aus ther-
Betriebsdrücken übernommen und optimiert modynamischer Sicht Effizienzvorteile bei der
werden. Wasserstoffherstellung. Auch hier lassen Syner-

Abbildung 12
HYSOLAR 350: die
erste technische Anla-
ge zur Produktion von
solarem Wasserstoff
mit einer Elektrolyse-
leistung von 350 kWel .
Solar Village, Riyadh,
September 1993.

58
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Dr. Werner Schnurnberger • Wasserspaltung mit Strom und Wärme


FVS Themen 2004

gien mit der Entwicklung von Hochtemperatur-


Brennstoffzellen (Solid Oxide Fuel Cell) Fort-
schritte erwarten. Verbesserte Strom-Spannungs-
Kennlinien bei Temperaturen unter 800 °C und
bei technisch relevanten Gaszusammensetzun-
gen sind hier die nächsten Entwicklungsziele.
Auch die Separation von Wasserstoff und Was-
serdampf im Kathodengas bei hohen Tempera-
sturen mit möglichst geringen Wärmeverlusten
ist eine anspruchsvolle technologische Heraus-
forderung.

Die rein thermische Wasserspaltung in thermo-


chemischen Kreisprozessen mit solarthermischer
Energie ist aus thermodynamischer Sicht durch-
aus reizvoll, da die energetischen Verluste der
Stromerzeugung in nachgeschalteten Wärme-
Kraftprozessen hier nicht berücksichtigt werden
müssen. Diese Vorteile werden jedoch in techni-
schen Verfahren nur dann auch realisiert wer-
den können, wenn zum einen die Gesamtzahl
der Reaktionsstufen der thermischen Kreispro-
zesse möglichst klein gehalten wird, und zum
zweiten die Reaktionskinetik der einzelnen Reak-
tionen entscheidend verbessert werden kann.
Eine weitere und besonders anspruchsvolle Her-
ausforderung bei allen thermischen Verfahren
der Wasserspaltung ist die Frage der dynami-
schen Prozessführung und der thermischen
Zyklenfestigkeit im solaren Tag-Nacht Betrieb.

Es gibt also mehrere Wege, Wasserstoff aus


Wasser mit Strom oder Wärme aus erneuerba-
ren Energien bereitzustellen. Konkurrenz beflü-
gelt die Kreativität, und Synergien mit unter-
schiedlichen Entwicklungslinien der Brennstoff-
zellenforschung tragen zur weiteren Intensivie-
rung der Forschung im Verbund zur Bereitstel-
lung von Wasserstoff bei.

Weitere Informationen können den folgenden


Web-Seiten entnommen werden:

http://www.dlr.de/tt
http://www.fz-juelich.de/iwv
http://www.ise.fhg.de
http://www.hi2h2.com
http://www.hysolar.com 59
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 60

Dr. Thomas Aicher • Wasserstoffgewinnung aus Erdgas


FVS Themen 2004

Wasserstoffgewinnung aus Erdgas –


Anlagenentwicklung und
Systemtechnik
Dr. Thomas Aicher Einleitung • Dampfreformierung: Wird reiner Wasser-
Fraunhofer ISE
dampf verwendet, spricht man von Dampf-
thomas.aicher@
Die Erzeugung von Wasserstoff aus Erdgas ist reformierung. Diese Reformierung ist endo-
ise.fraunhofer.de ein Standardverfahren der Großchemie und therm, d. h. es muß von außen Wärme zu-
wird seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt, geführt werden, damit die Reaktion abläuft.
Prof. Dr. Ludger Blum um die chemische Industrie und Raffinerien mit • Partielle Oxidation (POX): Verwendet man
FZ Jülich Wasserstoff zu versorgen. Neben der Elektrolyse Sauerstoff (oder Luft) zur Reformierung,
l.blum@fz-juelich.de ist die Reformierung das wichtigste Verfahren spricht man von partieller Oxidation,
zur Wasserstofferzeugung. Jährlich werden welt- welche exotherm ist, d.h. Wärme freisetzt.
Dr. Michael Specht weit über 500 Mrd. Norm-Kubikmeter (Nm3) • Reformierung mit einer Mischung von
ZSW Wasserstoff durch Reformierung und ca. 15 Mrd. Luft und Wasserdampf: Schließlich kann die
michael.specht@ Nm3 durch Elektrolyse erzeugt. Ein Großteil Reformierung auch mit einer Mischung von
zsw-bw.de dieser Menge wird direkt in der chemischen Luft und Wasserdampf durchgeführt werden,
und petrochemischen Industrie verwendet. wobei das Verhältnis von Luft und Wasser
meist so eingestellt wird, daß keine Wärme-
Kleinere Verbraucher konnten bislang mit Fla- zufuhr oder -abfuhr nötig ist (autotherme
schen bündeln oder über Wasserstoffleitungen Reformierung).
beliefert werden. Mit dem steigenden Interesse
an Brennstoffzellen zur Energieumwandlung Ganz allgemein lassen sich die chemischen
wird auch der Bedarf an einer dezentralen Reaktionen, die bei der Reformierung eines
Wasserstoffversorgung steigen. Sie kann mittels Kohlenwasserstoffs ablaufen, schreiben als:
Speicher/Pipeline oder dezentraler Erzeugung in
kleinen Reformeranlagen gewährleistet werden. CxHy + O –> CO/CO2 + H2/H2O

Bei der Reformierung konkurrieren also die


Grundlagen der Reformierung C- und die H-Atome um eine Verbindung mit
Sauerstoff. Der Sauerstoff kann in verschiedener
Mit Reformierung bezeichnet man die Um- Form eingesetzt werden, wie z. B. als O2 oder
wandlung von Kohlenwasserstoffen und Alko- auch H2O. Jedoch soll möglichst wenig Wasser-
holen in Wasserstoff. Als Nebenprodukt fallen stoff zu Wasser oxidieren, um eine hohe Wasser-
dabei Wasserdampf, Kohlenmonoxid (CO) und stoffausbeute zu erreichen. Dazu werden ge-
Kohlendioxid (CO2) an. Wird Luft als Oxidati- eignete Katalysatoren eingesetzt.
onsmittel eingesetzt, findet sich zusätzlich auch
noch Stickstoff im Produktgas des Reformers. Das Produktgas nach dem Reformierreaktor
Die Reformierreaktion selbst besteht aus vielen enthält noch sehr viel CO, das in einem nach-
Einzelschritten, die - vor allem bei höheren folgenden Reaktor bei Temperaturen zwischen
Kohlenwasserstoffen - nur zu einem geringen 250 und 400 °C mit Wasserdampf zu CO2 oxi-
Teil verstanden sind. Die Reaktionen lassen sich diert wird (so genannte Shift-Reaktion). Ange-
durch Katalysatoren beschleunigen. Neben nehmer Nebeneffekt dieser Reaktion ist die Bil-
hohen Temperaturen von 700 bis 900 °C und dung von Wasserstoff, gemäß der Gleichung:
einem Katalysator ist noch ein Oxidationsmittel,
z. B. Wasserdampf oder Sauerstoff (Luft) erfor- H2O + CO –> H2 + CO2
derlich. Abhängig vom Oxidationsmittel lassen
60 sich drei Reformierverfahren unterscheiden:
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Dr. Thomas Aicher • Wasserstoffgewinnung aus Erdgas


FVS Themen 2004

Gasgemisch Wasserstoff
(H2, CO, CO2, H2O) (evtl. mit CO2, N2)

Abbildung 1
Reformeranlage
Erdgas bestehend aus
Entschwefelung CO- CO-Entfernung
Reformer
Wasser 700 - 800°C
Shift-Reaktor oder dem eigentlichen
250 - 300°C H2-Abtrennung
Luft Reformer, dem
Erdgas
Shift-Reaktor und
Brenner nur Dampfreformierung der H2-Abtrennung/
Luft
CO-Entfernung

In einem letzten Schritt wird nun der Wasser- (z. B. Wasserstofftankstellen für Brennstoffzellen-
stoff gereinigt, indem entweder das verbleiben- Busse, Forschungslabore, etc.). Kleine Wasser-
de CO entfernt (CO-Entfernung) oder der stoffverbraucher (bis einige 100 Nm3/h) werden
Wasserstoff abgetrennt wird (H2-Abtrennung). derzeit vornehmlich aus zentralen Erzeugern
Während das erste Verfahren ein Gasgemisch mittels Pipeline, Druckgasflaschen oder Flüssig-
liefert, das neben hohen Anteilen an Wasserstoff wasserstofftanks versorgt. Andererseits können
auch noch CO2 und eventuell auch Stickstoff kleine, dezentrale Verbraucher auch direkt vor
enthält, gewinnt man mit dem zweiten Ver- Ort Wasserstoff erzeugen, in kleinen Wasser-
fahren reinen Wasserstoff (Abb.1). stofferzeugern, die z. B. Erdgas, flüssige Kohlen-
wasserstoffe oder Methanol/Ethanol in Wasser-
stoff umwandeln.
Wasserstoffversorgung
Diese beiden Möglichkeiten der Wasserstoff-
Wasserstoff wird derzeit zum größten Teil in versorgung kleiner Verbraucher sind in Abb. 2
zentralen Dampfreformern aus Erdgas und Erd- dargestellt. Bei der zentralen Wasserstofferzeu-
ölfraktionen hergestellt. Es gibt heute schon gung ist die CO2-Abtrennung aus dem Herstel-
eine Vielzahl „kleiner“ Wasserstoffverbraucher, lungsprozeß mit anschließender CO2-Sequestrie-
wie z. B. Betriebe der Stahlerzeugung (Stahlhär- rung möglich. Dies wäre zwar auch bei der
tung), Medizintechnik, Elektrotechnik und in dezentralen Erzeugung im Prinzip technisch
zunehmendem Maße Brennstoffzellensysteme möglich, jedoch nicht wirtschaftlich.

Primärenergie Primärenergie
oder oder
Brennstoff Brennstoff Abbildung 2
Möglichkeiten der
Verteilung via Versorgung kleiner
Stromnetz / Pipeline / Wasserstoffverbrau-
CO2 - Abtrennung zentrale Flaschen
H2 - Erzeugung cher durch zentrale
(linkes Bild) oder
Verteilung via dezentrale Wasser-
Pipeline / Flaschen dezentrale H2 - Erzeugung stofferzeuger
(rechtes Bild).

CO2 - H2 - Verbraucher H2 - Verbraucher


Sequestrierung

61
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Dr. Thomas Aicher • Wasserstoffgewinnung aus Erdgas


FVS Themen 2004

Platine mit Abgaskanälen (Oberseite) Substrat

Rahmen

Abbildung 3
Komponenten eines
abgasbeheizten plana-
ren Vorreformers für
Maschen
eine SOFC

Platine mit Abgaskanälen (Unterseite)

P l a n a r e r Vo r r e f o r m e r : 1 6 W e l

Reformerebenen: 10 (planares Anodensubstrat)


Heizebenen: 11/ Druckverlust: BG 4 mbar / Abgas: 17 mbar
Masse: 45 kg / Volumen: 11 Liter

Hierzu wurden das Reformierungsverhalten des


Forschung und Entwicklung in
Anodenkatalysators eingehend untersucht und
den Instituten des FVS Modelle für die Reformierungskinetik als Funk-
tion der Temperatur aufgestellt. Es zeigte sich,
Forschungszentrum Jülich dass der verwendete Nickelkatalysator für die
Am Institut für Werkstoffe und Verfahren der interne Reformierung sehr gut geeignet ist.
Energietechnik des FZ Jülich werden seit Beginn Da neben Methan aber auch höhere Kohlen-
der 90er Jahre Untersuchungen zum Verhalten wasserstoffe im Erdgas enthalten sind, muss
unterschiedlicher Katalysatoren bei der Erdgas- ein Teil des Erdgases vor Eintritt in die Brenn-
reformierung durchgeführt. Bei den Untersu- stoffzelle reformiert werden, um zu vermeiden,
chungen zur Reformierung flüssiger Treibstoffe, dass sich in den Rohrleitungen oder in der
hier vor allem Diesel, wurde besonderes Augen- SOFC Kohlenstoff abscheidet. Deshalb kon-
merk auf die Problematik der Rußabscheidung zentriert sich die Arbeit zur Zeit auf die Entwick-
bei der Dampfreformierung gelegt. Es wurden lung eines kompakten planaren Vorreformers,
bereits früh kompakte planare Reformer ent- der einfach in die SOFC-Anlage zu integrieren
wickelt und getestet. ist. Da sich das Anodenmaterial als sehr guter
Der größte hatte eine Leistung von 10 kWel. Reformierungskatalysator erwiesen hat, wurde
Der Schwerpunkt der Untersuchungen im Be- auf dieser Basis ein planarer 5 kWel Reformer ent-
reich der Erdgasreformierung liegt auf der oxid- wickelt (Abb. 3) und über mehrere 1000 Stun-
keramischen Hochtemperatur-Brennstoffzelle den getestet. Für die erforderliche Reformierungs-
(SOFC), die die Möglichkeit bietet, das Methan rate von ca. 20 % ist eine Reformertemperatur
direkt in der Zelle am Anodenkatalysator zu von ca. 500 °C ausreichend. Auf dieser Basis
reformieren. Da CO für die SOFC einen Brenn- werden in 2005 Komponenten für eine 20 kWel
stoff darstellt, sind die in Abb. 1 beschriebene SOFC-Anlage gefertigt.
Shiftstufe und die Feinreinigung nicht erforder-
lich. Zudem kann die autotherme Reformie-
rungsreaktion in der Brenstoffzelle zum Kühlen
verwendet werden, wodurch der Systemwir-
62 kungsgrad deutlich ansteigt.
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 63

Dr. Thomas Aicher • Wasserstoffgewinnung aus Erdgas


FVS Themen 2004

H2 Konzentration
Zentrum für Solarenergie- und
Wasserstoff-Forschung 100
Das ZSW in Stuttgart verfolgt bei der Reformie-
rung von Erdgas zwei verschiedene Wege. Im H2
80
Bereich kleiner Gaserzeugungssysteme (einige
kW) wird ein Reformat zur Versorgung von
PEM-Brennstoffzellen erzeugt. Die Entwicklung 60
des Gesamtsystems erfolgt hierbei zusammen konventionelle
mit der Firma WS Reformer GmbH. Der Aufbau AER Prozess Reformierung
des Systems entspricht im Wesentlichen dem in 40

Abb.1 darstellten Konzept einer Erdgas-Dampf-


CO 2
reformierung. Die Besonderheit des auf 4 kWel 20 CO
ausgelegten Systems ist eine hohe thermische CH 4
Integration der Systemkomponenten und die
Verwendung eines FLOX-Brenners zur Behei- 0
0 10 20 30 40 50 60
zung des Dampfreformers, in dem alle Gasströ-
me (Erdgas, Reformat, Anodenrestgas) rück- Zeit [min]
standsfrei umgesetzt werden.

Ein weiteres Schwerpunktthema im ZSW ist die umlaufenden Sorbens so gekoppelt, dass in Abbildung 4
Reformierung von Erdgas (und anderer fossiler einem Reaktor ständig absorptionsunterstützt Verlauf der Gaszu-
Brennstoffe) in Gegenwart eines Hochtempe- reformiert und im zweiten unter CO2 -Freiset- sammensetzung bei
ratur-CO2 -Absorbers (z. B. CaO). Vorteil dieser zung bei höheren Temperaturen regeneriert der absorptionsunter-
Reaktionsführung ist, dass während der Refor- wird. Sollte sich die CO2 -Sequestrierung wie in stützten Wasser-
mierung das entstehende CO2 (und CO über Abb. 2 angedeutet als ein gangbarer Weg zur dampf-Reformierung
die Shift-Reaktion) eingebunden wird. Bereits Treibhausgasreduzierung erweisen (z. B. in (AER-Prozess) von
nach der ersten Reaktionsstufe haben die Pro- Aquiferen), bietet der AER-Prozess eine energe- Methan in einem
duktgase eine H2 -Konzentration von über 95 %, tisch effiziente Variante zur Nutzung fossiler Festbettreaktor mit
was die nachfolgende Produktgasaufbereitung Ressourcen unter CO2 -Abtrennung. CaO als Absorber-
entscheidend vereinfacht. Ein Ergebnis der material
absorptionsunterstützten Reformierung (AER- Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme
Prozess, Absorption Enhanced Reforming) mit Die Abteilung Energietechnik des Fraunhofer ISE
einem hohen H2 -Anteil in einem Festbettreaktor beschäftigt sich seit mehr als fünfzehn Jahren
ist in Abb. 4 wiedergegeben. Sobald das Sor- mit der katalytischen Wasserstofferzeugung aus
bens beladen ist, nähert sich die Gaszusam- kohlenstoffhaltigen Energieträgern wie Erdgas,
mensetzung der einer konventionellen Methan- Benzin, Diesel oder Kerosin sowie aus biogenen/
Wasserdampfreformierung an. Durch die CO2 - regenerativen Energieträgern wie Ethanol oder
Absorption werden nicht nur die Reaktions- Rapsöl. In dieser Zeit wurden zahlreiche Projekte
gleichgewichte in Richtung der gewünschten zur Reformierung durch autotherme Reformie-
Produkte verschoben, sondern auch die Wärme rung, Dampfreformierung und katalytische
für die endothermen Reaktionen aufgebracht. partielle Oxidation durchgeführt. Die Größe der
Ein wesentlicher Vorteil dieser Reaktionsführung Anlagen lag zwischen 1 und 20 kWel bezogen
ist der Anfall reinen Kohlendioxids bei der Rege- auf die Wasserstoffproduktion. Parallel dazu wur-
neration des Hochtemperatur-Absorptionsmit- den in zahlreichen Labortestständen Katalysato-
tels. Die Freisetzung erfolgt hierbei durch Tem- ren zur Reformierung untersucht. In 2003 wurden
peratur und/oder Druckwechsel. Mit diesem zwei Erdgasdampfreformer am Fraunhofer ISE
Verfahren können potenziell höhere Wirkungs- entwickelt, die Wasserstoff für Brennstoffzellen
grade als mit nachgeschalteten Shift-Stufen produzieren. Diese Erdgasdampfreformer sind
und einem Wäscher zur Abtrennung des CO2 Teil zweier Demonstrationsanalgen für soge-
erzielt werden. Für die kontinuierliche Erzeugung nannte Brennstoffzellen-BHKWs. Sie liefern bei
hoher H2 -Anteile nach dem AER-Verfahren Vollast 2 kW elektrischen Strom und 5 kW ther-
werden zwei Wirbelbett-Reaktoren mit einem mische Energie bei ca. 60 - 80 °C. 63
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 64

Dr. Thomas Aicher • Wasserstoffgewinnung aus Erdgas


FVS Themen 2004

1,5

Abbildung 5
Leistung in kW

Elektrische und
thermische Leistung 1
des Reformer-Brenn-
stoffzellen-BHKWs
bei Lastsprüngen
0,5 elektrische Leistung

thermische Leistung Reforemer

thermiche Leistung BZ
0

12:43 13:33 14:24 15:14 16:04 16:55

Zeitraum [h:min]

Mit dem Erdgasreformer gelang es, eine Anlage Es läßt sich leicht erkennen, daß die thermi-
zu entwickeln, die sicher und zuverlässig über schen Leistungen der beiden Anlagenteile fast
Leistungsbereiche von 50 bis 100 % Last Wasser- genauso groß sind, wie die elektrische Leistung
stoff mit weniger als 20 ppm CO produziert. der Gesamtanlage.
Damit ist das Produktgas des Reformers auch Insgesamt war die Anlage bis heute 1000 Stun-
für die PEM-Brennstoffzelle der Demonstrations- den in Betrieb, ohne nennenswerte Leistungs-
anlage geeignet. So konnte der Reformer er- verluste. Der elektrische Wirkungsgrad der
folgreich in ein vollautomatisch gesteuertes Anlage bewegt sich um die 30 %.
Brennstoffzellen-BHKW integriert werden.
Die Brennstoffzelle stammt vom Projektpartner
ZSW. Ein Wechselrichter wandelt den von der
Brennstoffzelle produzierten Gleichstrom in
Wechselstrom um und speist ihn in das Elektro-
netz des Hauses ein. Die von Reformer und
Brennstoffzelle produzierte thermische Energie
wird über einen Kühlwasserkreislauf abgeführt.

In Abb. 5 ist das Betriebsverhalten der Gesamt-


anlage bei schnellen Lastwechseln (stromge-
führt) gezeigt. Zu sehen ist die elektrische
Leistung, die im Bereich zwischen 1,3 und
1,7 kW vorgegeben wird (blaue Kurve), und
die Antwort der thermischen Leistungen des
Reformers und der Brennstoffzelle
(rote und schwarze Kurve).

64
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 65

Dr. Joachim Pasel • Wasserstofferzeugung aus Dieselkraftstoffen


FVS Themen 2004

Wasserstofferzeugung
aus Dieselkraftstoffen

Gewinnung von Reformierungsverfahren Dr. Joachim Pasel


flüssigen Kraftstoffen FZ Jülich
j.pasel@fz-juelich.de
Die Verfahren zur Reformierung von flüssigen
Flüssige Kraftstoffe verschiedener Herkunft Kraftstoffen können in katalytische und nicht-
Dr. Ralf Peters
können in ein wasserstoffreiches Gasgemisch- katalytische Methoden eingeteilt werden. Zum
FZ Jülich
umgewandelt werden. Dies geschieht mit Hilfe katalytischen Bereich gehört die autotherme
ra.peters@fz-juelich.de
der sogenannten Reformierung. Aus der Raffi- Reformierung. Dieser Prozess vereint eine stark
nierung von Erdöl werden verschiedene Fraktio- exotherme katalytische partielle Oxidation mit
Dr. Thomas Aicher
nen gewonnen: Flüssiggas, Rohbenzin, Diesel einer endothermen katalytischen Dampfre-
Fraunhofer ISE
und Kerosin sowie schweres Heizöl (Abb.1). formierung in einem Reaktionsapparat ohne
thomas.aicher@
Ein zweiter Herkunftsbereich sind synthetische räumliche Trennung. ise.fraunhofer.de
Kraftstoffe wie synthetischer Diesel oder synthe- Beide, die partielle Oxidation und auch die
tische Alkohole, die nach dem katalytischen Dampfreformierung können bei höheren Tem-
Fischer-Tropsch-Verfahren hergestellt werden peraturen auch ohne Katalysator durchgeführt
(Abb. 1). Kraftstoffe aus Biomasse stellen den werden und gehören dann zu den nichtkatalyti-
dritten Bereich dar: Synthetischer Diesel, der schen Methoden. Dabei werden überkritische
ebenfalls nach dem Fischer-Tropsch Verfahren Reaktionsbedingungen eingestellt, das heißt
hergestellt wird, Bioalkohole aus Zuckerrohr Temperaturen von 400 °C - 600 °C und Drücke
oder Biodiesel aus Rapsöl. Zum gegenwärtigen zwischen 250 bar und 300 bar. Weitere nicht-
Zeitpunkt haben die Raffinerieprodukte aus katalytische Verfahren zur Reformierung von
Erdöl den weitaus größten Marktanteil an der flüssigen Kraftstoffen sind die Pyrolyse und die
Bereitstellung von flüssigen Kraftstoffen. Der Plasmareformierung im Lichtbogen. Bei diesen
Marktanteil von Biokraftstoffen wird in Zukunft Verfahren werden der Kraftstoffe in seine ele-
steigen müssen, da die Ressourcen an Erdöl mentaren Bestandteile Kohlenstoff und Wasser-
endlich sind. stoff zersetzt (Abb. 2).

Raffenerieprodukte aus Erdöl


Abbildung 1
Herkunftsbereiche,aus
• Flüssiggas
• Rohbenzin denen flüssige Kraft-
• Diesel (Mitteldestillat) stoffe für die Reformie-
• Schweres Heizöl rung gewonnen wer-
her”
nstlic iesel
• “Kü he tisch
er D den. Die Marktanteile
Syn t l)
hano sind ist nicht maß-
s
1
” le (Met
d Ga h o
de • Alko stäblich zu sehen. Sie
S tran
as, “ sollen nur andeuten,
le, Erdg
us Koh dass es auch flüssige
ffe a
raf tsto Kraftstoffe aus Bio-
s c he K
Marktanteil

t i
Sy nthe • Synthetischer Diesel aus nachwachsenden Stoffen masse und Synthese-
• Bioalkohole: z. B. Bioethanol aus Zuckerrohr verfahren gibt.
Biokraftstoffe • Biodiesel aus Rapsöl

Ziel
1
“Stranded Gas” bezeichnet ökonomisch nicht oder nur sehr schwer erschließbare Erdgasvorkommen. 65
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 66

Dr. Joachim Pasel • Wasserstofferzeugung aus Dieselkraftstoffen


FVS Themen 2004

Nicht-Katalytische Verfahren

Pyrolyse
CmHn ⇔ m C + n/2 H2

überkritische thermische
Dampf- To t a l o x i d a t i o n ( T O X ) partielle Oxidation
Reformierung (TPOX)
Abbildung 2
Plasma Reformierung
Verfahren zur
Reformierung von
flüssigen Kraftstoffen

autotherme Reformierung (ATR)


Dampf- katalytische
Reformierung CmHn + m H2O ⇔ m CO + (m + n/2) H2 partielle Oxidation
(SR) CmHn + m/2 O2 ⇔ m CO + n/2 H2 (CPOX)

Katalytische Verfahren

Die Reformierung von Benzin, Diesel, Kerosin Zentren. Außerdem schaden schwefelhaltige
oder leichtem Heizöl findet Anwendungen im Substanzen im Kraftstoff den Katalysatoren
Pkw- und Lkw-Bereich, bei Flugzeugen, Schiffen der Brennstoffzelle. Tab. 1 fasst dazu geeignete
und Hausheizungen. Verfahren zusammen.

Am häufigsten wird die Hydrierung eingesetzt:


Entschwefelung Zunächst wird der Kraftstoff verdampft; danach
werden die Schwefelverbindungen bei erhöh-
Wenn bei der Reformierung flüssige Kraftstoffe tem Druck hydriert und in Schwefelwasserstoff
mit hohen Schwefelgehalten (2000 ppm - und Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Nach-
3000 ppm) zum Einsatz kommen (zum Beispiel teilig für dieses Verfahren ist, dass von außen
für Schiffantriebe), ist eine vorherige Entschwe- Wasserstoff zur Verfügung zugeführt werden
felung notwendig, um den Katalysator vor den muss. Bei diesem Verfahren stehen adsorptive,
schwefelhaltigen Komponenten zu schützen. extraktive und oxidative Prozesse zur Auswahl;
Denn Schwefelverbindungen blockieren die für die beiden letzteren befinden sich noch in
die Reformierungsreaktion notwendigen aktiven der Forschungs- und Entwicklungsphase.

Verfahren Beschreibung Erfahrung Anmerkungen

Hydrierung H2 bricht S-Verbindungen Weltweit eingesetztes, Hohe Drücke und H2


Tabelle 1 auf (Katalysator) kommerzielles Verfahren erforderlich
Übersicht über Adsorption Katalysator adsorbiert S-Verbin- Kommerzielles Verfahren,
verschiedene dungen die im Regenerations- wenige Anlagen
schritt wieder freigesetzt werden
Entschwefelungs-
verfahren Extraktion Extraktionsmittel, das im Stadium der F&E Kein H2 erforderlich,
S-Verbindungen bindet und in Umgebungsdruck
Diesel nicht löslich ist
Oxidation Chemikalien, die S-Verbindungen im Stadium der F&E Kein H2 erforderlich,
oxidieren Umgebungsdruck
66
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Dr. Joachim Pasel • Wasserstofferzeugung aus Dieselkraftstoffen


FVS Themen 2004

40
H2
35

30
Abbildung 3
Zusammensetzung in vol-%

Gemessene Gas-
25 Katalysator A
zusammensetzung
Katalysator B
(trocken) für zwei
20
unterschiedliche Kata-
CO
lysatoren im Dauerver-
15
such. Gezeigt sind
Messwerte für Wasser-
10
stoff, Kohlenmonoxid,
CO2 Kohlendioxid und
5
CH4 Methan.
0
0 50 100 150 200 250 300

Zeit in h

Arbeiten zum Thema Verschlechterungen der Katalysatoraktivitäten


Reformierung von Dieselkraft- beobachten lassen. Bei den gewählten Betriebs-
parametern hat sich kein Ruß im Reaktor gebil-
stoffen am Fraunhofer ISE det und der Anteil an höheren Kohlenwasser-
stoffen (C6+) im Produktgas lag unter 10 ppm.
Die Abteilung Energietechnik des Fraunhofer Letzterer ist ein Wert, der für eine MC-Brenn-
ISE entwickelt seit vielen Jahren Reformer für stofzellen akzeptabel ist.
flüssige Kohlenwasserstoffe. Im Rahmen einer
Zusammenarbeit mit der italienischen Firma Bei einer Vergrößerung des Anlagemaßstabs, die
Ansaldo Fuel Cell SpA (AFCo) in Genua entwik- derzeit erfolgt, wird ein Technologiedemonstra-
kelten die Ingenieure des Fraunhofer ISE eine tor aufgebaut, der mit einer MC-Brennstoffzelle
Reformer-Anlage, die Diesel durch autotherme der Firma AFCo (350 kWel) kombiniert wird.
Reformierung in Synthesegas umwandelt. Diese
Pilot-anlage besitzt eine Leistung von 100 kWth,
bezogen auf den Heizwert von Diesel. Das pro-
duzierte Synthesegas, ein Gemisch aus Wasser-
Abeiten zur Reformierung von
stoff und Kohlenmonoxid, kann dann in einer Dieselkraftstoffen am FZ Jülich
Schmelzkarbonat-Brennstoffzellen (MCFC)
verstromt werden. Im Institut für Energieverfahrenstechnik (IWV-3)
im FZ Jülich wurde ein Reformer für Diesel-
Nach erfolgreicher Inbetriebnahme der Refor- kraftstoff entwickelt, der in Abb. 4 zu sehen ist.
mer-Pilotanlage wurde das Zeitstandverhalten Dieser Reformer ist in der Lage, eine Wasser-
zweier unterschiedlicher kommerzieller Katalysa- stoffmenge zu produzieren, die für eine Leistung
toren in Dauerversuchen getestet. Im Dauerbe- von 3 - 5 kWel in einer Brennstoffzelle ausreicht.
trieb wurden Temperaturverläufe an verschiede- Er verfügt über eine Kaltstartvorrichtung, eine
nen Stellen innerhalb der Katalysatorwabe und interne Dampferzeugung und eine Vorrichtung
die Veränderung der Produktgaszusammenset- zur Auskoppelung der bei der Reformierung
zung beobachtet. Die Ergebnisse sind in Abb. 3 anfallenden Prozesswärme.
dargestellt. Es wurde festgestellt, dass sich im
Zeitraum vom 300 Stunden (Katalysator A) und
150 Stunden (Katalysator B) keine wesentlichen 67
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 68

Dr. Joachim Pasel • Wasserstofferzeugung aus Dieselkraftstoffen


FVS Themen 2004

Pyrolyse und eine Verdampfung des Kraftstoffes


zu vermeiden. Denn eine Pyrolyse würde zur
Verstopfung der Düse führen. Setzt die Verdam-
pfung des Diesels bereits in der Düse ein, ist
eine kontinuierliche Dosierung nicht mehr mög-
lich. Andererseits darf die Temperatur auf der
äußeren Oberfläche der Düse ca. 150 °C nicht
unterschreiten, da sonst der Kraftstoff dort kon-
Abbildung 4 densiert und sich anreichert (Abb. 6, Zone 2).
Diesel-Reformer Dies würde zur Bildung von kohlenstoffhaltigen
des FZ Jülich Ablagerungen auf der Düse führen, wodurch
ihre Funktion langfristig beeinträchtigt wird.
Abb. 5 verdeutlicht einen solchen Prozess der
kontinuierlich anwachsenden Ablagerungen auf
der Düse unter ungünstigen Reaktionsbedin-
gungen.

Um die beschriebenen Anforderungen an die


Temperaturverhältnisse im Inneren der Zwei-
stoffdüse besser verstehen und vorhersagen
zu können, werden im FZ Jülich CFD-Modellie-
rungen (Computational Fluid Dynamics) durch-
Ist der Katalysator bereits auf 350 °C vorgewärmt, geführt. Sie haben zum Ziel, in Abhängigkeit
beträgt die Startzeit 1 min, ansonsten ca. 7 min. von gegebenen Reaktionsbedingungen wie
Im oberen Bereich des Reformers befindet sich Temperatur und Strömungsgeschwindigkeit der
eine Zweistoffdüse, mit deren Hilfe der flüssige Medien Luft und Dieselkraftstoff und der Geo-
Dieselkraftstoff mit einem Luftstrom zusammen metrie der Zweistoffdüse möglichst genaue
als Aerosol versprüht wird. Dabei ist es wichtig, Angaben zu liefern, welche Temperaturen sich
dass die Temperatur im Inneren der Düse120 °C in der Düse einstellen werden. Abb. 6 zeigt das
nicht überschreitet (Abb. 6, Zone 1), um eine Ergebnis einer solchen Modellierung.

Abbildung 5
Kohlenstoffhaltige
Ablagerungen bei der
Diesel-Reformierung
bei falscher Tempera-
tureinstellung

Zone 2 (150°C)

Abbildung 6
CFD-Modellierung der
Zweistoffdüse Zone 1 (120°C)

Zone 2 (150°C)

68
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Dr. Joachim Pasel • Wasserstofferzeugung aus Dieselkraftstoffen


FVS Themen 2004

40 10000

35
H2
CH4 -, H2 - Konzentration Produktgas [%]

8000
30

25
6000

Produktgasmenge [l/h]
Abbildung 7
20
Methan-, Wasser-
4000 stoffkonzentration
15
Kraftstoff: und Produktgasmenge
Aral Ultimate - Diesel bei der Autothermen
10
n(O2)/n(C) = 0,47 Reformierung
n(H2 O)/n(C) = 1,7 2000

5
CH4

0 0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Versuchsdauer [h]

Mit dem Diesel-Reformer des FZ Jülich (Abb. 4) stoffzelle dar. Die Reinigung wird im sogenann-
ist es möglich, kommerziell erhältlichen Diesel- ten Wasser-Gas-Shift-Reaktor sowie im Reaktor
kraftstoff, den Ultimate-Diesel von Aral, über für die präferenzielle Oxidation durchgeführt.
einen Zeitraum von 200 h mittels der autother- Ziel der zukünftigen Arbeiten am FZ Jülich wird
men Reformierung in ein wasserstoffreiches Gas es sein, diese beiden entwickelten und geteste-
umzuwandeln. In Abb. 7 ist dieses Experiment ten Reaktoren mit dem eigentlichen Reaktor für
dargestellt. die Reformierung zu verschalten und das dann
saubere Produktgas in die Brennstoffzelle zu
Abb. 7 zeigt, dass sich die Konzentration von führen. Auf dem diesjährigen Fuel Cell Seminar
Wasserstoff während des Experiments von ca. in San Antonio, USA hat das FZ Jülich diese
35 % zu Beginn auf ca. 33 % nach 200 h ver- Komponenten in unverschaltetem Zustand
ringerte. Einen vergleichbaren Trend zeigte ausgestellt. Abb. 8 zeigt die Ausstellungsvitrine
die Produktgasmenge. Die Konzentration an mit den erwähnten Komponenten.
Methan war während des gesamten Versuches
sehr gering. Trotz der leichten Verschlechterung
der Wassersoff-Ausbeute konnte die Reformie-
rung mit hohen Wirkungsgraden durchgeführt
werden. Zu Beginn des Experimentes betrug
er mehr als 80 %, nach 190 h immerhin noch
mehr als 75 %. Der Diesel-Umsatz war nach
190 h größer als 99 %.

Abbildung 8
Ausblick Vitrine des FZ Jülich in
San Antonio, USA
Soll das bei der Reformierung erzeugte Gas in
eine Niedertemperaur-Brennstoffzelle geleitet
werden, muss es von Kohlenmonoxid gereinigt
werden. Diese entsteht aus thermodynamischen
Gründen ebenfalls bei der Reformierung. Koh-
lenmonoxid stellt ebenso wie Schwefelverbin-
dungen ein Gift für die Katalysatoren der Brenn- 69
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Dr. Nikolaos Boukis • Wasserstofferzeugung aus Biomasse


FVS Themen 2004

Wasserstofferzeugung aus
Biomasse – Wasserspaltung mit
organischen Verbindungen
Dr. Nikolaos Boukis Einführung Die Prozessdurchführung beginnt mit der Vor-
konditionierung des Ausgangsmaterials. Die
Forschungszentrum
Der hier vorgestellte Prozess wird im Druck- Biomasse wird zerkleinert, die Konzentration
Karlsruhe
und Temperaturbereich des überkritischen eingestellt und mit einer Hochdruck-Dosier-
nikolaos.boukis@
itc-cpv.fzk.de Wassers1 durchgeführt und zielt auf die effektive pumpe auf den Betriebsdruck gebracht. Da es
energetische Nutzung nasser Biomasse ab. sich um ein flüssiges wässriges Gemisch han-
Dr. Nicolaus Dahmen Ein großer Teil der Restbiomasse fällt als nasses delt, ist der erforderliche Energieaufwand ge-
Forschungszentrum Ausgangsmaterial an, das bis zu 95 % Wasser ring. Das komprimierte Gemisch wird einem
Karlsruhe enthält und derzeit trotz vorhandenen Poten- Wärmetauscher, Vorwärmer und Reaktor zuge-
Nicolaus.Dahmen@ zials kaum energetisch genutzt wird. Mit den führt. Dort entsteht nach kurzen Verweilzeiten
itc-cpv.fzk.de
konventionellen Gaserzeugungsverfahren ein gasförmiges Produkt, hauptsächlich Wasser-
werden bei hohen Wassergehalten nur sehr stoff, Methan und Kohlendioxid.
Prof. Dr. Eckhard
niedrige Wirkungsgrade erzielt.
Dinjus
Danach wird das heiße Reaktionsprodukt in
Forschungszentrum
Das Ziel der hier dargestellten Arbeit ist es daher, den Hauptwärmetauscher zur Aufheizung des
Karlsruhe
in effektiverer Weise Wasserstoff zu erzeugen Ausgangsmaterials zurückgeführt. Schließlich
eckhard.dinjus@
itc-cpv.fzk.de
und damit einen Beitrag zur Bereitstellung von werden die Gase vom wässrigen Ausfluss sepa-
Wasserstoff als Basis für zukünftige Energieer- riert und das Kohlendioxid in einem Hochdruck-
Prof. Dr. Konrad zeugung aus nicht fossiler Quelle zu leisten. wäscher vom Wasserstoff getrennt. Das Spek-
Scheffer Das wasserstoffreiche Produktgas ist, nach ent- trum potenzieller Ausgangsmaterialien für die
Universität Kassel
sprechender Konditionierung, zur Verstromung Wasserstoff-Produktion aus nasser organischer
Institut für
in Gasmotoren, Turbinen oder Brennstoffzellen, Materie ist breit (s. Tab. 1).
Nutzpflanzenkunde
aber auch für chemische Synthesen, z. B. von
scheffer@
Kraftstoffen, geeignet. Aus wirtschaftlicher Sicht sind Abfallbiomasse
wiz.uni-kassel.de und organisch belastete Abwässer oder Schläm-
Die Entwicklung dieses Prozesses (im Englischen me am interessantesten. Der Anbau von Ener-
als Super Critical Water Gasification, abgekürzt giepflanzen kann dazu beitragen, die Menge
SCWG bezeichnet) wird seit Ende der 90er an regenerativ erzeugter organischer Materie
Jahren intensiv untersucht und entwickelt. signifikant zu steigern. Auch das Reforming
Ohne Zusatz von Sauerstoff reagieren dabei von biogenen Kraftstoffen wie z. B. alkoholische
organische Substanzen mit überkritischem Lösungen oder wasserreiche Fraktionen von
Wasser. Kohlenstoff wird zu CO2 oxidiert und Pyrolyseöl (BCO) könnte sich im Hinblick auf
Wasserstoff wird sowohl aus den organischen die Erzeugung von Wasserstoff und / oder
Substanzen als auch aus Wasser freigesetzt. Strom als vorteilhaft erweisen.

Tabelle 1 Abfallbiomasse Organische Abfälle Kraftstoffe Energiepflanzen


Potenzielle Ausgangs- Landwirtschaft Industrie Bioalkohol Mais
(Gewächshausabfälle, (Pharma, Chemie, Papier) BCO Raps
materialien für die Gülle, Trester) Algen
Wasserstoff-Produktion Klärschlamm
Getränkeindustrie
aus nasser organischer Lebensmittelindustrie
Materie
1
Von überkritischem Wasser spricht man bei Temperaturen
70 von über 374 °C und einem Druck von 22,1 MPa.
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Dr. Nikolaos Boukis • Wasserstofferzeugung aus Biomasse


FVS Themen 2004

Literaturübersicht entsteht auch Methan (20 Vol %). Methan kann


vielfältig eingesetzt werden. Teere wurden wie
und Laboruntersuchungen erwartet nicht gebildet, nach Versuchsende
wurde im Reaktor allerdings ein dünner Belag
Um die chemischen Reaktionen organischer Ma- aus Ruß gefunden. Die Versuchsdauer lag bei
terie mit Wasser zur Wasserstoffherstellung zu einigen hundert Stunden (Durchfluss im Bereich
ermöglichen, werden Temperaturen von 600 °C 100 ml / h). Pyrolyseöl aus der Flash-Pyrolyse
bei Drucken von 250 bar benötigt. Unter diesen von Biomasse enthält, je nach Einsatzstoff und
Bedingungen reagiert z. B. Glucose nach der Verfahren, auch Wasser. Für die wasserreichen
idealisierten Brutto- Gleichung: Fraktionen von Pyrolyseöl könnte die Wasser-
stofferzeugung mit dem hydrothermalen Pro-
C6H12O6 + 6 H2O –> 6 CO2 + 12 H2 ; H0= +37,9 kJ/mol zess eine sinnvolle Ergänzung zur der Hochtem-
peratur-Gaserzeugung bei niedrigeren Drücken
Erste Versuche zur Gaserzeugung organischer darstellen. Somit werden Holzessig und wasser-
Materie in überkritischem Wasser (T > 374 °C, lösliche Pyrolyseöl-Fraktionen ebenfalls unter-
p > 221 bar) wurden Ende der 70er Jahre in den sucht. Holzessig ist ein Nebenprodukt bei der
USA beschrieben. Dabei wurde die prinzipielle Holzkohleherstellung und entspricht in seiner
Machbarkeit der Reaktion gezeigt. Zusammensetzung weitgehend der wasserlös-
Am Hawaii Natural Energy Institute (Universität lichen Fraktion des Pyrolyseöls. Der erste Versuch
Hawaii) wurden Laborexperimente mit Durch- mit Holzessig ergab einen sehr hohen Kohlen-
flußapparaturen zur Wasserstoffbildung aus Bio- stoffumsatz (der TOC2 im Ausgangsmaterial be-
masse und wässrigen Abfällen (Wasserpflanzen, trägt 31445 ppm; im Produkt nur noch 151 ppm)
Holz, Klärschlamm) mit Aktivkohle als Katalysa- und knapp 40 Vol % Wasserstoff im Produktgas.
tor durchgeführt. Diese Versuche ergaben einen Diese Arbeiten wurden im Rahmen des Kompe-
hohen Umsatz von meist über 90 %. Gleichzeitig tenznetzwerkes ReFuelNet durchgeführt.
wurde Korrosion und Verstopfung des Reaktors
bei der Umsetzung von konzentrierten Ausgangs- Pflanzliche Biomasse, so auch Energie-Pflanzen,
materialien (>15 Gew. %) beobachtet. Es zeigte werden 1-2 mal pro Jahr geerntet, die energeti-
sich, dass der Zusatz von Alkaliverbindungen sche Nutzung der Biomasse soll aber möglichst
(K+ und Na+) den Umsatz zu H2 und CO2 erhöht über das ganze Jahr verteilt sein. Das Institut
und dass auch die homogene Wassergas-Shift für Nutzpflanzenkunde der Universität Kassel
Reaktion (CO + H2O = CO2 + H2) bei hohem hat das Konzept der Feuchtkonservierung der
Druck durch die Alkalisalze katalysiert wird. geernteten Biomasse in Silos vorgeschlagen.
Im Forschungszentrum Karlsruhe wurden zahl- Aus den wertstoffliefernden Pflanzenarten wie
reiche Laborexperimente mit kontinuierlichen Hanf (Fasern), Raps (Öl), Mais (Stärke) werden
Anlagen mit Methan, Methanol und wasserlös- nach dem Silierprozess sowohl die Wertstoffe als
lichen Modellsubstanzen durchgeführt. auch Brennstoff gewonnen, sodass die vollstän-
Überraschend bei den Versuchen mit Methanol dige Verwertung der Pflanzen sichergestellt ist.
war, dass die chemische Reaktion ohne Einsatz
eines zusätzlichen Katalysators bei Verweilzeiten Im Rahmen des BMBF Kompetenznetzwerkes
von wenigen Sekunden abläuft. Auch bei hohen ReFuelNet (Koordinator ZSW) wurde Maissilage
Methanolkonzentrationen bis zu 64 Gew. % als Ausgangsmaterial für den Prozess der Konver-
wurden Umsätze von mehr als 97 % erzielt, der sion in überkritischem Wasser ausgewählt. Es ist
Wasserstoffanteil im erzeugten Gas betrug gelungen, feststoffhaltige Biomasse kontinuierlich
mehr als 60 Vol. %. auch im Durchflussbereich von wenigen ml/min
ohne Störungen zu fördern. Erste Screening-
Die Wasserstofferzeugung aus Restbiomassen Tests der Reaktionsparameter (Temperatur, Druck,
variierender Zusammensetzung und aus bio- Verweilzeit, Zusätze, Konzentration) wurden
massestämmigen Kraftstoffen (Ethanol oder durchgeführt. Auch die Bildung von Neben-
Pyrolyseöle) wird in umfangreichen Screening-
Tests untersucht. Die Wasserstoffkonzentration
2
aus Ethanol liegt bei 50 - 60 Vol %. Daneben TOC = Total Organic Carbon = organischer Kohlenstoffgehalt 71
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 72

Dr. Nikolaos Boukis • Wasserstofferzeugung aus Biomasse


FVS Themen 2004

produkten und die Gaszusammensetzung lassen se und vermischt sich mit dem Produktgas.
sich so mit vergleichsweise geringem Aufwand Neuere Untersuchungen zum Einfluss der mitt-
im Vorfeld der Versuche im Pilotmassstab unter- leren Verweilzeit auf den Gaserzeugungsumsatz
suchen. Aufgrund der geringen Massen, die um- ergaben im Fall des Ausgangsmaterials Mais-
gesetzt werden, und der begrenzten Möglichkei- silage, dass bereits kurze Verweilzeiten im Hoch-
ten zur Online-Analytik sind jedoch die Massen- temperaturteil der Anlage (600-700 °C) aus-
bilanzierungen noch zu ungenau. reichen, um Gaserzeugungsumsätze über
90 % zu erreichen.
Die ersten Versuchsreihen mit der Laboranlage Die Variation des Druckes hat nur geringen
wurden mit Grünschnitt und mit Maissilag durch- Einfluss auf die Reaktion. Der Gaserzeugungs-
geführt. Das Ausgangsmaterial wird über ein Dis- umsatz sinkt, der TOC- Gehalt der wässrigen
pergierwerkzeug zerkleinert, um die Faserlänge Produktphase steigt. Kalium spielt eine wichtige
zu reduzieren. Die Ausgangsmaterialkonzentra- Rolle bei der Erhöhung des Gaserzeugungs-
tion liegt meist bei bis zu 10 Gew % Trockensub- umsatzes. Ab einer Konzentration von etwa
stanz. Die Versuche mit Grünschnitt bestätigen 500 ppm Kalium sind jedoch keine signifikanten
die Machbarkeit der Herstellung von Wasserstoff Veränderungen in der Produktzusammenset-
und Methan aus Biomasse. Die Variation der Tem- zung zu beobachten.
peratur zwischen 620°C und 700 °C zeigt, dass
Wasserstoff mit über 40 Vol % der Hauptbestand-
teil des Produktgases und Methan mit etwa Versuche im Pilot-Maßstab
25 Vol % ein nutzbares Nebenprodukt des Prozes-
ses sind. In dieser Anlage, wie bei allen Laboranla- Die Versuchsanlage zur energetischen Nutzung
gen, wird das CO2 nicht abgetrennt. Dies liegt agrarwirtschaftlicher Stoffe, VERENA
daran, dass beide Produktphasen, Gas und wäss- (s. Abb. 1), ist weltweit die erste komplett aus-
rig, gemeinsam entspannt werden. Die Phasen- gestattete kontinuierlich arbeitende Anlage für
trennung erfolgt im Niederdruckteil des Prozes- einen Gaserzeugungsprozess aus Biomasse mit
ses. Das CO2 entweicht aus der wässrigen Pha- überkritischem Wasser.

Waschwasser
Rauchgas

Biomasse Vorheizer Reaktor CO 2 -


700 °C Wäscher
Wasser Fackel

Abbildung 1
Wärme- Rauchgas-
Prozessschema tauscher rückführung
der Pilotanlage
VERENA
Kühlwasser Spülvor- Gasmotor
richtung SOFC
Hochdruckpumpe PEM
320 bar, 100 kg/h

Kühler Phasentrennung und


Druckentspannung
Abwassertank

Beschickungssystem Reaktionssystem Abscheidesystem

72
c_wasserstoff_end.qxd 13.04.2005 14:38 Uhr Seite 73

Dr. Nikolaos Boukis • Wasserstofferzeugung aus Biomasse


FVS Themen 2004

Energiebilanz
für [CH3OH] = 15 wt. %. 95 kg/h

Energieverbrauch Energie-
interner Wärmeverbrauch erzeugung
nach Abzug (Exergie*/Zeit)
Produktgas
85 kW th :
H2 90%
2 kWe CH4 6%
Energie Abbildung 2
CO 4%
Energiebilanz
44 kW th
(nach CO2-Abtrennung) der Versuchsdaten

3-6 kW e
Energie für C0 2 -Abtrennung

Beschickung
11 kW th
15% MeOH
95 kg/h heißes Wasser
Verluste (T max 166 °C, 40 °C reflax)
(79 kWth)
(= 26 kW)

Reaktionstemperatur = 571 °C, Ausbeute 98.4 %, Masse 98 % *Exergie = umwandelbarer Anteil der Gesamtenergie

Bei einem Durchsatz bis zu 100 kg/h wasser- In Abb. 3 sind die Versuchsdaten von vier Versu-
haltigem Ausgangsmaterial (Reaktorvolumen chen mit Methanollösungen mit einer Konzen-
35 l), kann die Anlage bis zu einer maximalen tration zwischen 5 und 20 Gew % zu sehen.
Reaktortemperatur von 700 °C und einem Bereits bei sehr verdünnten Lösungen sind Ener-
Druck bis zu 350 bar betrieben werden. Der gieverbrauch und Produktion etwa gleich hoch.
erste Test-Betrieb der Anlage VERENA begann
Ende 2002; bis Ende 2004 wurden etwa 500 Aufbauend auf den Laborversuchen wurde
Stunden Betriebszeit verwirklicht. auch in der Pilot-Anlage VERENA eine leichte
Pyrolyseöl-Fraktion (Holzessig, 10 Gew. % orga-
Der thermische Wirkungsgrad wird in der Anla- nische Materie) zu einem Brenngas aus H2 und
ge VERENA mit verdünnten Methanollösungen Methan umgesetzt. Es wurden 500 kg Aus-
bestimmt. Dadurch werden mit Kohlenstoffkon- gangsmaterial durch die Anlage gefahren.
zentrationen im Ausgangsmaterial, die auch mit Der Durchsatz wurde auf 50 kg/h und die Reak-
Biomasse angestrebt werden, möglichst genaue tionstemperatur auf ca. 620 °C eingestellt. Der
Daten zur Energiebilanz gewonnen. Die Daten Gaserzeugungsumsatz lag bei 97 %. Die Gas-
zur Energiebilanz bei Einsatz einer 15 Gew % zusammensetzung ergab wieder ein wasser-
Methanollösung sind in der Abb. 2 zu sehen. stoffreiches Produktgas (36 Vol %, s. Abb. 4).
Die Abtrennung von CO2 wurde in dieser Die Methankonzentration lag bei 31 Vol %.
Versuchsreihe aus technischen Gründen nicht Der wässrige Abfluss hatte eine gelb-orange Fär-
betrieben. Somit sind die Energieverbrauchs- bung. Spuren von Naphthalin (63 ppm)
werte (3-6 kWe) für diesen Schritt abgeschätzt. wurden in der wässrigen Phase nachgewiesen.
Das Produktgas hat primär einen Energieinhalt Das Abwasser könnte direkt in die biologische
(Hu3) von 85 kWth. Davon werden 41 kWth für Stufe der Kläranlage eingeleitet werden.
die Beheizung des Reaktionssystems verbraucht. Die weitere Verfahrensentwicklung konzentriert
Das restliche Gas, mit einem Energieinhalt sich auf die Reduzierung des Methangehalts
von 44 kWth, kann genutzt werden. zugunsten der Wasserstoffkonzentration und
auf die Verbesserung der Abwasserqualität.

3
Hu = unterer Heizwert 73
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Dr. Nikolaos Boukis • Wasserstofferzeugung aus Biomasse


FVS Themen 2004

120 40
Heat dissipation (flue gas) kW
LHV / Zeit (CH3OH) kW 35
100
LHV / Zeit (Gas) kW
30
Abbildung 3 Product gas flow Nm 3/h
80

Produktgas (Nm 3/h)


Leistungsverbrauch 25
Leistung [kW]

und unterer Heizwert


des Produktgases 60 20
als Funktion der
Ausgangsmaterial- 15
40
konzentration
10

20
5

0 0
0 5 10 15 20 25

[CH3OH] Gew %

C2HG [Nm 3/h]; 0.13


3%

H2 [Nm 3/h]; 1.30;


29%
Abbildung 4
Produktgaszusam- CO2 [Nm 3/h]; 1.84;
mensetzung aus dem 41%
Gaserzeugungsprozess
einer 10 Gew %
Holzessig-Lösung.
Ausgangsmaterial-
durchsatz 50 kg/h,
Produktgasdurchsatz
4 Nm3/h.

Nm3= Normkubik- CO [Nm 3/h]; 0.02; CH4 [Nm 3/h]; 1.19;


meter 0% 27%

Zusammenfassung • Es wurde ein wasserstoffreiches


Produktgas erzeugt.
Das Potenzial des Prozesses liegt in der tech- • Der thermische Wirkungsgrad des
nischen Möglichkeit, aus wasserreicher Rest- Hauptwärmetauschers lag bei etwa 80 %.
biomasse mit guter energetischer Effizienz • Die integrierte C02- Abtrennung erwies sich
ein wasserstoffreiches Brenngas zu erzeugen. als sehr wirkungsvoll
Dies wurde im Pilot-Maßstab am Beispiel (Abreicherungsfaktor >100).
verflüssigter Biomasse demonstriert. • Der Umsatz betrug in allen in der Pilot-
Die wesentlichen Ergebnisse aus dem Betrieb anlage durchgeführten Gaserzeugungs-
74 der Pilotanlage VERENA sind: versuchen über 95 %.
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Dr. Nikolaos Boukis • Wasserstofferzeugung aus Biomasse


FVS Themen 2004

Danksagung
Die Autoren möchten sich bei
U. Galla, Dr. V. Diem, P. D´Jesus
(Forschungszentrum Karlsruhe) und
Dr. Stülpnagel (Universität Kassel)
für die erfolgreiche Zusammenarbeit
bedanken.

Weiterführende Literatur
Volker Diem, Nikolaos Boukis, Elena Hauer,
and Eckhard Dinjus, Hydrothermal Reforming
of Alcohols and Bio Crude Oil, Chemical
Engineering Transactions, ISBN 88-900775-3-0,
Vol. 4, 2004, 99-104

Nikolaos Boukis, U. Galla, V. Diem, P. D´Jesus,


E. Dinjus, Wasserstoffreiches Brenngas aus
nasser Biomasse. Erste Ergebnisse mit der
Pilot-Anlage VERENA, DGMK-Fachbereichs-
tagung: Velen VI, „Energetische Nutzung von
Biomassen”, April 2004 in Velen/Westfalen,
Deutschland, S. 289-296

Nikolaos Boukis, U. Galla,V. Diem,


P. D´Jesus and E. Dinjus, Hydrogen generation
from wet biomass in supercritical water,
2nd World Conference and Technology
Exhibition on Biomass for Energy, Industry
and Climate Protection, 10-14 May 2004
Rome, ETA-Florenz, ISBN 88-89407-04-2,
page 738-741.

75
Hochtemperatur-
Brennstoffzellen
• Hochtemperatur-Brennstoffzellen – KORRIGIERTE
Entwicklung neuer Materialien VERSION
JANUAR 2006
und Werkstoffe

• Hochtemperatur-Brennstoffzellen –
von der Komponentenentwicklung
zum System
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • Hochtemperatur - Brennstoffzellen
FVS Themen 2004

Hochtemperatur-Brennstoffzellen –
Entwicklung neuer Materialien
und Werkstoffe
Dr. Robert Zusammenfassung bran ermöglicht eine wesentliche Reduktion der
Steinberger-Wilckens Schichtdicke und damit einen verminderten Zell-
FZ Jülich Die Forschungsinstitutionen FZ Jülich und DLR widerstand. Durch die daraus folgende Leistungs-
r.steinberger@fz-juelich.de im FVS beschäftigen sich im Bereich Hochtem- erhöhung kann nun die Betriebstemperatur ge-
peratur-Brennstoffzelle ausschließlich mit der senkt werden, sodass der Einsatz von kosten-
Prof. Dr. Detlev Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC)1. Diese zeichnet günstigen und elektrisch gut leitenden Stählen
Stöver sich durch Betriebstemperaturen von ca. 800 (typischerweise Edelstahl, also Stahl mit hohem
FZ Jülich bis 1000 °C aus. Durch die Entwicklung neuer Chromanteil) im Temperaturbereich unter 900 °C
d.stoever@fz-juelich.de Materialien wird angestrebt, die Temperatur ermöglicht wird. Die Degradation (Alterung) und
unter 750 °C zu senken und damit die Lebens- Korrosion der Brennstoffzellenmaterialien, ins-
Dr. Andreas Mai dauer der SOFC wesentlich zu verlängern. besondere der Stähle, wird durch die geringere
FZ Jülich Damit wird auch der Einsatz verhältnismäßig Temperatur vermindert und damit die Lebens-
a.mai@fz-juelich.de kostengünstiger Materialien im Brennstoffzel- dauer der Komponenten wesentlich erhöht.
lenstapel, vor allem von Chromstählen, möglich.
Dr. Rudolf Henne Die Entwicklung neuer Kathoden-, Anoden- und
DLR Elektrolytmaterialien lässt eine weitere Senkung
rudolf.henne@dlr.de Einleitung der Betriebstemperatur unter die heute üblichen
800 bis 900 °C zu. Bei abgesenkten Temperatu-
Robert Ruckdäschel Die ersten Entwicklungen der SOFC beruhten ren von 750 °C und darunter bestimmen dann
DLR auf Zellen mit relativ dicken Elektrolyten, die die elektrochemischen Prozesse an der Kathode
robert.ruckdaeschel@dlr.de gleichzeitig das tragende Element der Zelle dar- zunehmend die Gesamtleistung einer anoden-
stellten. Um das Elektrolyt-Material hinreichend gestützten SOFC.
Dr. Evelyn Proß elektrisch leitend zu machen, war eine hohe Be-
BMW Group triebstemperatur von ca. 1000 °C notwendig.
Diese Temperatur wiederum war bestimmend
evelyn.pross@bmw.de
Neue Kathodenwerkstoffe
für die Auswahl der Materialien in den SOFC-
Stapeln – auch SOFC-Stacks oder einfach kurz für den Betrieb unter 750 °C
Stacks genannt. Insbesondere Keramiken zeigen
die benötigte hohe Temperaturbeständigkeit, Traditionell werden für die Kathodenkeramiken
allerdings mit dem Nachteil relativ geringer elektronisch leitende Perowskite 2 auf Mangan-
elektrischer Leitfähigkeiten. basis verwendet (La0,65Sr0,3MnO3- δ – kurz LSM
genannt). Diese zeichnen sich durch hohe
Inzwischen wurde die Entwicklung von Elektro- Stabilität während des Brennstoffzellenbetriebs
denmaterialien vorangetrieben, die als Träger aus und zeigen sehr geringe Alterungserschei-
der SOFC-Zellen fungieren. Insbesondere nungen. Durch Optimierung der keramischen
wurden planare Brennstoffzellen entwickelt, Mikrostruktur lassen sich hohe Stromdichten
deren Zellen durch die Anode getragen werden erzielen. Allerdings sind diese Materialien sehr
(anodengestützte Brennstoffzellen). Die Tren- empfindlich gegen eine „Vergiftung“ durch
nung der Funktion des mechanischen Trägers Chrom, das in den SOFC-Stacks freigesetzt wird,
von der gastrennenden, ionenleitenden Mem- deren verbindende Elemente aus Chromstählen
bestehen. Die Alternative zu LSM sind Perowski-
1 te, die neben der elektronischen auch ionische
Solid Oxid Fuel Cell (SOFC)
2
Perowskite sind Verbindungen des Typs ABX3 Leitfähigkeiten besitzen und daher weniger
78 mit einer kubischen Kristallstruktur anfällig für Chromvergiftung sind (Abb. 1).
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • Hochtemperatur - Brennstoffzellen
FVS Themen 2004

Mit den untersuchten (La,Sr) (Fe,Co)O3- δ -


Kathode Perowskiten konnten weit höhere Stromdichten
O2 als mit den bisher üblichen manganhaltigen
-
O e-
LSM-Materialien erzielt werden. Dabei spielen
für die Leistungsfähigkeit und die Degradation Abbildung 1
CGO- - nicht nur das Material an sich eine Rolle, son- Adsorption und
Zwischen-
O
dern auch die Mikrostruktur und die Zusam- Transport von
schicht O 2-
mensetzung (Stöchiometrie). Durch die Opti- Sauerstoff an einer
O 2-
mierung beider Parameter können erhebliche misch-leitenden
Verbesserungen erzielt werden. So wirken Perowskit-Kathode,
Elektrolyt
O 2- sich eine Kristallstruktur, deren so genannte zum Beispiel LSCF
A-Gitterplätze mit einer bestimmten Häufigkeit
mit einem der Verbindungselemente besetzt ist
Anode und ein hoher Strontiumanteil besonders posi-
tiv auf eine hohe Leistungsdichte aus. Die mit
Kathoden aus La 0,58 Sr 0,4 Co 0,2 Fe 0,8 O3- δ gemes-
senen Stromdichten sind bei 800 °C und 0,7 V
mit 1,76 A/cm2 fast doppelt so hoch wie die
Diese Materialien versprechen höhere Strom- von Brennstoffzellen mit LSM/YSZ 3-Kathoden.
dichten bei abgesenkter Betriebstemperatur. Bei tieferen Temperaturen von 700 °C und Abbildung 2
Daher wurden am FZ Jülich die katalytischen 650 °C erreichten die neuen Kathoden fast den Mikrostruktur
Eigenschaften von eisen- und kobalthaltigen dreifachen Wert der LSM/YSZ-Zellen (Abb. 3). einer LSCF-Kathode
Perowskiten charakterisiert und diese auf ihre Langzeittests an Zellen mit (obere Bildhälfte)
Eignung als SOFC-Kathode untersucht. Hierbei La0,58 Sr0,4 Co0,2 Fe0,8 O3- δ -Kathoden haben mit CGO Zwischen-
wurden insbesondere die bei der Sauerstoffre- gezeigt, dass ein Betrieb dieser Zellen über schicht (unten) und
duktion stattfindenden Adsorptionsprozesse mit mehr als 5000 h möglich ist. 8YSZ Elektrolyt
Hilfe eines Katalysator-Charakterisierungsgerä- (dichte Schicht am
tes untersucht. Aus diesen Ergebnissen konnte 3
YSZ = Yttrium stabilisiertes Zirkonoxid unteren Bildrand)
eine Vorauswahl an Materialien getroffen wer-
den, deren Eigenschaften als Kathoden von
SOFCs geprüft wurden. Insbesondere Perowskite
mit einem hohen Strontiumgehalt und einer
Kristallstruktur in der bestimmte Gitterplätze
mit Eisen und Kobalt belegt sind (La 0,58 Sr0,4 Co0,2
Fe0,8 O3- δ, abgekürzt LSCF) zeigten die höchsten
Sauerstofffehlstellen-Konzentrationen, die ein
Hinweis auf eine hohe Leistungsfähigkeit als
Kathodenmaterial sind.

Für eine elektrochemische Charakterisierung


wurden planare, anodengestützte SOFCs mit
einer Zellgröße von 50 x 50 mm2 verwendet.
Die Kathoden wurden mit Siebdruck auf die
Zellen aufgebracht. Dabei verhinderte eine
zwischen Kathode und Elektrolyt aufgebrachte
Cer-Gadolinium-Oxidschicht (Ce0,8 Gd0,2 O2- δ)
(CGO) eine chemische Reaktion von Kathoden-
und Elektrolytmaterial. Bei der Herstellung der
Kathoden wurde darauf geachtet, dass durch
2748 5 µm
Variation der Sintertemperaturen alle Kathoden
eine elektronenmikroskopisch ähnliche Mikro-
struktur aufweisen (Abb. 2). 79
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • Hochtemperatur - Brennstoffzellen
FVS Themen 2004

1.1 LSM / YSZ - Referenz

La0.8Sr0.2Co0.2Fe0.8O3-δ

Abbildung 3 1.0 La0.6Sr0.4Co0.2Fe0.8O3-δ


Strom-Spannungs-
Zellenspannung [V]
La0.58Sr0.4Co0.2Fe0.8O3-δ
kennlinien von SOFC
mit verschiedenen 0.9
Kathodenmaterialien
(Gase: 1000 ml/min
H 2 + 3 % H 2O 0.8
bzw. Luft, Betriebs-
temperatur: 700 °C)
0.7
700 °C

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2


2
Stromdichte (A/cm )

Herstellung der Kathoden- Energieeinkopplung erzeugt wird, besteht nun


die Möglichkeit einer kostengünstigen, auch
schichten durch Abscheidung
für eine Massenproduktion geeigneten Synthe-
aus der Gasphase se während des Abscheidungsprozesses der
Perowskite. Erleichtert wird dies, da als Aus-
Perowskite werden durch Festkörperreaktionen gangsbasis wässrige Nitrat-Lösungen der rele-
hergestellt und für eine weitere Verarbeitung vanten Elemente erlaubt sind. Dabei ist durch
pulverisiert. Mit Hilfe der Sinter- oder Plasma- den mehrlagigen Aufbauprozess während des
spritztechnik können sie zu Schichten oder Ein- Beschichtungsvorgangs eine Beeinflussung der
zelmaterialien verarbeitet werden. Für die SOFC- Mikrostruktur innerhalb der Schicht leicht mög-
Zelle werden üblicherweise dünne Schichten lich. Das Werkzeug ist hierbei der thermische
(im Bereich weniger Mikrometer) der Perowskit- Plasmastrahl, wobei auf Grund seiner Vorteile
materialien aus Lösungen oder Pasten über ein das so genannte Induktionsplasma eingesetzt
Aufsprühverfahren (WPS, wet powder spraying) wird. Da der flüssige Ausgangsstoff – in Anleh-
oder durch Siebdruck aufgebracht und dann nung an Herstellungsvorschriften von Kerami-
bei Temperaturen über 1000 °C gesintert. Beim ken als Precursor bezeichnet – im Plasma voll-
Plasmaspritzen, auf der anderen Seite, werden ständig verdampft, ist das Schichtwachstum ein
die Schicht-Materialien durch direkte Pulverzu- Aufdampfprozess analog dem Chemical Vapour
fuhr erst während des Spritzprozesses hergestellt. Depositionsprozess (CVD).

Die bei kleinen Mengen sehr hohen spezifischen Abb. 4 zeigt das Prinzip der experimentellen
Kosten der Darstellung solcher Perowskite be- Anordnung beim DLR. Links sieht man die Gas-
grenzen die Möglichkeit, ausgedehnte Unter- verströmung der flüssigen Ausgangslösung aus
suchungen der Variation der chemischen einer Düse. Der Vorgang findet in einem auf
Zusammensetzung der Materialien anzustellen. etwa 200 mbar evakuierten Reaktor statt. Eine
Mit der Entwicklung des TPCVD-Verfahrens, peristaltische Pumpe versorgt die Plasmaquelle
(Thermal Plasma Chemical Vapour Depositions- mit einigen wenigen ml/min an wässrigen Pre-
80 prozess) bei dem das Plasma durch induktive cursoren, die über den Einspritzer (Injektor)
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • Hochtemperatur - Brennstoffzellen
FVS Themen 2004

direkt in das Zentrum der bis zu 15.000 K heißen Im heißesten Bereich des Plasmastrahls bildet
Plasmaerzeugungszone geführt wird. In diesem sich bevorzugt La2O3, d.h. das einfache Oxid
heißen Zentrum erfolgt die Verdampfung des mit dem höchsten Schmelz- und Verdampfungs-
Wasseranteils und die Synthesereaktion kann punkt. Dieses La2O3 wird im weiteren Prozess-
auf Grund einer relativ hohen Konzentration an verlauf nicht vollständig zum gewünschten
Sauerstoffionen beginnen. Die reaktiven chemi- Perowskit umgesetzt, so dass die abgeschie-
schen Verbindungen werden mit der Plasma- denen Schichten infolge einer Hydratisierung
strömung beschleunigt und kondensieren durch des La2O3 zu La(OH)3 mechanisch instabil
heterogene Keimbildung auf dem Substrat. werden und zerfallen.

Mittlerweile wurde eine große Zahl verschie- Im weiteren Verlauf wurden ausgehend vom
dener wässriger Lösungen von Metallnitraten LSM verschiedene Elemente auf A- und B-Gitter-
unterschiedlicher Konzentrationen dem Prozess plätzen des Perowskitkristallgitters ausgetauscht.
unterworfen, zunächst hauptsächlich zur Erzeu- Ziel war, eine Elementkombination zu finden,
gung von Lanthan-Strontium-Manganiten (LSM). die sich im Verlauf der Abscheidung aus der
Als problematisch erwies sich dabei die Herstel- Dampfphase als weniger empfindlich gegenüber
lung großflächig phasenreiner (La,Sr)MnO3- δ - auftretenden Temperaturgradienten erweisen
Schichten, da sich bei der Keimbildung im über- sollte. Ein Ersatz des Elementes auf dem B-Gitter-
sättigten Dampf nicht die gewünschte Perowskit- platz erwies sich jedoch als erfolglos. Daher
phase bildet. Der Grund hierfür ist das ther- musste ein Element für den A-Gitterplatz gefun-
modynamisch unterschiedliche Verhalten der den werden, welches weniger zur Bildung von
einfachen Oxide der beteiligten Elemente. A2O3 neigt.

peristaltische Pumpe

Precursor

Zentralgas Zerstäubergas
Hüllgas

HF-Generator
HF-Plasmaquelle

Abbildung 4
TPCVD-Installation
im DLR
Plasma mit
Spritzgut

Fenster Spritzschicht

Substrat

beweglicher
Precursor Werkstückhalter
Gas Vakuumreaktor

Vakuumfilter und -pumpen


81
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • Hochtemperatur - Brennstoffzellen
FVS Themen 2004

Wurde das Lanthan durch Praseodym (Pr) er- fläche vergröbert. Diese Phänomene können
setzt, konnten deutlich reinere Perowskitschich- mit gängigen Modellen der Schichtbildung
ten auch im Zentralbereich des Plasmas synthe- bei der CVD sowie auch der so genannten
tisiert werden. Ein Beispiel für großflächig pha- Ostwald-Reifung erklärt werden. Durch geziel-
senrein abgeschiedene Perowskitschichten ist te Relativbewegungen zwischen Plasmaquelle
das System Pr0,58 Sr0,4 Fe0,8 Co0,2 O3 (PSCF). und Substrat, das heißt durch Abrastern,
werden Temperatur und der Dampffluss peri-
Die Schichtausbildung ist abhängig davon, ob odisch geändert. Dadurch muss, die (heteroge-
die Temperatur während des Prozesses ansteigt ne) Keimbildung immer wieder neu beginnen
oder etwa konstant gehalten wird. Auf stationär und es entstehen stängelige Aggregate ohne
angeordneten Substraten erhöht sich die Tem- nennenswerte Vergröberung. Die so entstehen-
peratur und die Schicht wird in Richtung Ober- den Schichten weisen offene Gasmigrations-

Abbildung 5
REM-Oberflächenauf-
nahme einer PSM-
Schicht, abgeschieden
auf abgerasterter
Halbzelle

x3000 10 µm 5kV 10mm


#117 HF 03040 DLR-GEMINI: SE

Abbildung 6
REM-Oberflächenauf-
nahme einer PSCF-
Schicht, abgeschieden
auf abgerasterter
Halbzelle

x3000 10 µm 5kV 10mm


#117 HF 03044 DLR-GEMINI: SE

82
Dr. Robert Steinberger-Wilckens • Hochtemperatur - Brennstoffzellen
FVS Themen 2004

wege auf, wie sie in Katalysatorschichten be- Danksagung


nötigt werden. Noch unklar ist jedoch der Ein-
fluss der chemischen Zusammensetzung auf die Die gegenwärtigen Forschungs- und Entwick-
Mikrostruktur der Schichten. Insbesondere hin- lungsarbeiten wurden im Rahmen des BMWA-
sichtlich der Besetzung des B-Kations scheint Forschungsvorhabens „Neue katalytisch aktive
hier ein deutlicher Zusammenhang zu beste- Kathodenwerkstoffe für SOFCs mit abgesenkter
hen. Vergleicht man die Mikrostruktur von Betriebstemperatur“ (01SF0039) durchgeführt.
Perowskiten mit nicht-stöchiometrischen, d. h.
nicht optimalen Elementzusammensetzungen
wie zum Beispiel Pr0,65 Sr0,3 MnO3 (PSM) – mit
PSCF-Schichten der gewünschten Zusammen-
setzung, die unter völlig identischen Bedingun-
gen auf einem Substrat abgeschieden wurden,
ergeben sich für erstere poröse, aber trotzdem
mechanisch stabile Strukturen, wohingegen
PSCF-Schichten korallenartige, mechanisch leicht
zerstörbare Aggregate bilden (Abb. 5 und 6).
Die Ursachen für dieses unterschiedliche Ver-
halten werden gegenwärtig mit dem Ziel unter-
sucht, eine Elementkombination zu finden, die
die erforderliche Temperaturabsenkung des
SOFC-Betriebs ermöglicht und dabei dennoch
mechanisch und chemisch stabile Kathoden-
schichten erzeugt.

Die Wachstumsgeschwindigkeiten der Schichten


sind mit bis zu 25 Mikrometern pro Minute
(auf einer Substratgröße von 25 cm2) im Ver-
gleich zu konventionellen CVD-Prozessen sehr
attraktiv. Weitere Verbesserungen des Herstel-
lungsprozesses sind hinsichtlich des Tempe-
raturquerprofils des Plasmastrahls und der Kon-
trolle der Temperaturbelastung des Substrats
(SOFC-Schichtverbund) im Forschungs- und
Entwicklungsprozess.

Ausblick
Die Leistungsfähigkeit von SOFC-Kathoden
kann durch die Nutzung mischleitender
(elektronisch und ionisch) Perowskite erheblich
verbessert werden. Die zunächst beobachtete
schnellere Alterung kann durch Optimierung
der Zusammensetzung und der Mikrostruktur
während des Syntheseverfahrens überwunden
werden. Eine höhere Leistungsfähigkeit der
Kathodenschichten erlaubt geringere Betriebs-
temperaturen wodurch geringere Alterungsge-
schwindigkeiten erreicht werden können.
Dieser Optimierung sind die zukünftigen For-
schungs- und Entwicklungsarbeiten gewidmet. 83
d_ht_brennstoffzelle_end.qxd 13.04.2005 10:11 Uhr Seite 84

Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Hochtemperatur-Brennstoffzellen –
von der Komponentenentwicklung
zum System
Dr. Rudolf Henne Einführung nentenentwicklung von Brennstoffzellensyste-
men in den letzten Jahren dürfte sich jedoch
DLR
Brennstoffzellen werden als Schlüsseltechnolo- eine selbstragende Markteinführung noch hin-
rudolf.henne@dlr.de
gie in einer zukünftigen stationären Energiever- auszögern. Denn es sind noch erhebliche Ver-
Dr. Günter Schiller sorgung wie auch für mobile Anwendungen an- besserungen der Leistungsdichte, des Wirkungs-
DLR gesehen. Dadurch ist eine Erwartungshaltung grads und der Standzeiten erforderlich.
guenter.schiller@dlr.de entstanden, die in umfangreichen Förderpro-
grammen und weltweiten Entwicklungsanstren-
Dr. Norbert H. gungen zum Ausdruck kommt. Dies ist gerecht- 1
SOFC -Systeme für die
Menzler fertigt, da das Potenzial von Brennstoffzellensys-
FZ Jülich temen dem der konventionellen Energiewandler stationäre Energieversorgung
n.menzler@fz-juelich.de
hinsichtlich Wirkungsgrad und Umweltfreund-
lichkeit überlegen ist. Insbesondere Hochtem- Rohrkonzept von Siemens
peratur-Brennstoffzellen wird eine große Bedeu- Westinghouse Power Corporation (SWPC)
Dr. Franz-Josef Wetzel tung zugemessen, da sie einen verhältnismäßig Von den bisher realisierten SOFC-Systemen
BMW Group geringen Aufwand bei der Brenngasaufberei- größerer Leistung dürfte das von SWPC den
Franz-Josef.Wetzel@bmw.de tung erfordern. Sie können sehr viele chemi- höchsten Entwicklungsstand aufweisen. Die Ba-
scher Energieträger nutzen wobei der Energie- sis des Systems bilden kathodengestützte Rohr-
Horst Greiner wandlungsprozess sowohl Strom als auch zellen von 1,8 m Länge, 22 mm Durchmesser
Siemens Westinghouse Wärme erzeugt, die vielfältig genutzt werden und einer Leistung von je etwa 110 W, betrie-
horst.greiner@irls.siemens.de kann. Trotz großer Fortschritte bei der Kompo- ben mit entschwefeltem Erdgas bei ca. 1000 °C.

Verbindung

Abbildung 1
SOFC-Rohrzelle von Elektrolyt
Siemens und Anord-
nung zu Bündeln Luftelektrode
Brennstofffluss
und Stack

Brennstoffelektrode Zelle Bündel Generator


Luftdurchfluss 110 W 3 kW 125 kW

1
84 SOFC = Solid Oxid Fuel Cell
d_ht_brennstoffzelle_end.qxd 13.04.2005 10:11 Uhr Seite 85

Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

e-

Kathoden-
Verbindungen Ni - Kontakt

electrodes in

Elektrolyt Abbildung 2
Siemens HPD-Flach-
zelle im Vergleich
electrodes out mit Rohrzelle hinsicht-
Luftelektrode Brennstoffelektrode lich der Geometrie
(Kathode) (Anode)

Rohr- SOFC High - Power - Density (HPD) - SOFC

Die an einem Ende geschlossenen Kathoden- Höhere spezifische Leistung bedeutet auch nie-
rohre werden durch Extrudieren2 und Sintern3 drigerer innerer elektrischer Widerstand. Dieser
hergestellt. Die Funktionsschichten der Zellen wird bei zylindrischen Rohrzellen im Wesentli-
werden oft durch atmosphärisches Plasma- chen durch den Bahnwiderstand für die Elek-
spritzen aufgebracht. Mehrere Zellen werden tronen im Kathodenrohr bestimmt. Eine deut-
zu einem Rohrbündel zusammengefasst, wie liche Verkürzung der Stromwege verbunden
Abb. 1 zeigt, und mehrere Rohrbündel bilden mit Leistungssteigerung wird durch eine flache
einen Generator. In einem derzeitig entwickel- Rohr-geometrie mit eingezogenen Stegen
ten 125 kW Generator sind 1152 solcher Rohr- (Wabenstruktur) möglich. Dies wird durch die
zellen integriert. Hinsichtlich Standzeit und Abb. 2 und 3 mit dem Vergleich von Rohr-
Alterungsraten ist diese Technologie überzeu- brennstoffzellen mit sogenannten HPD (High
gend: einzelne Zellen arbeiteten mehr als Power Density) -Zellen deutlich. Gefördert
69 000 Teststunden. Die Gesamtanlagen liefen durch das Bundesministerium für Wirtschaft
über 20 000 Stunden. Degradationsraten von und Arbeit (BMWA) arbeitet Siemens intensiv
nur < 0,1 % in 1000 Stunden wurden gemessen. mit wissenschaftlichen Einrichtungen wie dem
Hinsichtlich thermischer Zyklierbarkeit konnten FZ Jülich, dem DLR und dem Fraunhofer IKTS
über 100 Zyklen nachgewiesen werden. in Dresden zusammen. Das Aufbringen der
Funktionsschichten durch weiterentwickelte
Trotz dieser guten Eigenschaften ist noch eine oder zu adaptierende Verfahren wie WPS (Wet
beträchtliche Kostensenkung bei der Herstel- Powder Spraying), Roller Coating und Plasma-
lung Voraussetzung für eine Marktreife. For- spritzen im Vakuum (VPS, LPPS) sowie das
schungsprojekte mit Zellen höherer Leistung gleichzeitige Sintern mehrerer Schichten durch
sind hier in der Durchführung. „Co-firing“ sind gemeinsame Aktivitäten.

2
verarbeiten des Materials zu Rohren oder anderen Profilen
3
keramische Massen durch Erhitzen zusammenbacken lassen 85
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Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

1.000 0.325
HPD5
0.950 0.300
Cylindrical
0.275
0.900
0.250
0.850
0.225

Energiedichte (W/cm2)
0.800
Abbildung 3 Spannung [V ]
0.200

Siemens HPD-Flach- 0.750 0.175


zelle im Vergleich 0.150
0.700
mit Rohrzelle hinsicht-
0.125
lich der elektrischen 0.650
0.100
Leistungsdichte 0.600
0.075
0.550
0.050

0.500 0.025

0.450 0.000

50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600
2
Stromdichte (mA/cm )

Planares SOFC-Konzept gebracht und der Elektrolyt gasdicht versintert.


Die Aufbringung der Doppelkathode erfolgt
des FZ Jülich über Siebdruck mit anschließender Wärmebe-
handlung. Parallel zu diesem Standardprozess
Das FZ Jülich arbeitet seit ca. 10 Jahren an werden auch alternative, kontinuierlich ablau-
Systemen mit planaren, anodengestützten fende Fertigungsverfahren untersucht und
Zellen, wobei vier Institute eingebunden sind. adaptiert, die eine bessere Industrieakzeptanz
Sie bearbeiten gemeinsam das gesamte Gebiet und Kostengünstigkeit versprechen.
von der System- und Stapelmodellierung, der
Entwicklung von Materialien und ihrer Verarbei- Abb. 5 zeigt Komponenten des Jülicher planaren
tungsmethoden zu Komponenten bis zum Auf- SOFC-Projekts und die Realisierung eines Sta-
bau und Betrieb von Zellenstapeln im Gesamt- pels aus 60 Brennstoffzellen (Stacks), die mit
system. Auch Nebenaggregate wie Reformer einer elektrischen Ausgangsleistung von 13 kW
und Wärmetauscher sind Bestandteil der For- bei einer Betriebstemperatur von 800 °C, betrie-
schungs- und Entwicklungsarbeiten. Die Aktivi- ben mit Wasserstoff und Luft, ein sehr gutes
täten im Bereich der eigentlichen Zelle konzen- Ergebnis lieferte. Vom thermischen und elektro-
trieren sich auf zwei Bereiche: die Entwicklung chemischen Verhalten her könnte diese Techno-
und Optimierung geeigneter Elektroden-, Elek- logie eine gute Basis für die Entwicklung von
trolyt- und Kontaktwerkstoffe und die Verar- SOFC-Systemen kleinerer bis mittlerer Leistung,
beitung von Pasten, Suspensionen und Schlik- z. B. für die dezentrale Strom- und Wärmebe-
kern zu Bauteilen bzw. Schichten. reitstellung im Hausbereich bilden.
Die Herstellung der Jülicher Membran-Elektro-
den-Anordnung (MEA) erfolgt ausschließlich Für den im Folgenden zu betrachtenden Ein-
über nasschemische Verfahren mit anschließen- satz von SOFCs für die Bordstromversorgung
der Sinterung. Das Fertigungsschema ist in im mobilen Bereich sind jedoch wesentliche
Abb. 4 gezeigt. Das mechanisch tragende Ele- technische Änderungen Voraussetzung.
ment ist das Anodenmaterial, das über einen
Warmpressprozess hergestellt wird. Nach Vor-
sintern des Substrats werden Anode und Elek-
86 trolyt durch einen Vakuumschlickerguss auf-
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Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Standardfertigung der MEA für stationäre Anwendungen

Pressen des Substrats Anoden- und Elektrolytbeschichtung


NiO/YSZ NiO/YSZ
YSZ

Sintern 1200 °C

Abbildung 4
Vakuumschlickerguss
Fertigungsschema
Brennen bei 1400 °C
planarer SOFCs
Warmpressen von Coat Mix Pulver Kathode und Stromsammler
im FZ Jülich
Brennen bei 1100 °C

Schneiden

LaSrMnOx /YSZ
LaSrMnOx
320 mm Siebdrucken

Zusammenbau zum Stack


s 13
EA kW
0 M
MEA (Membrane - Elektrode - Array) 6
Abbildung 5
FZ Jülich: Zusammen-
bau eines Brenn-
stoffzellenstapels
Ni-Netz
und gegenwärtige
Entwicklung

Dichtung Interkonnektor

zu handhaben ist, andererseits weil der Einbau


SOFCs als Bordstromversorger
weiterer, die Sicherheit und den Komfort erhö-
im mobilen Einsatz hender Einrichtungen, wie beispielsweise die
Standklimatisierung, wünschenswert sind.
Der Bedarf an elektrischer Leistung in Fahr- Einer Steigerung des verfügbaren elektrischen
zeugen steigt kontinuierlich. Dabei wird diese Niveaus sind jedoch in funktioneller und öko-
bisher über die vom Motor mechanisch ange- nomischer Hinsicht Grenzen gesetzt, da insbe-
triebene Lichtmaschine bereit gestellt. Zahl- sondere im Teillastbetrieb des Motors sich
reiche elektrische Verbraucher sind bereits in recht geringe Wirkungsgrade bei der Stromer-
Fahrzeugen vorhanden und der Trend zur ver- zeugung und eine kritische Belastung des
stärkten Elektrifizierung besteht weiter, einer- Motors ergeben können.
seits weil die elektrische Energieform leichter 87
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Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Abbildung 6
Neue Generation
von SOFC-Zellen für
mobile Anwendungen:
links Sinterzelle von
FZ Jülich, rechts
Kassettenzelle durch
Vakuumsplasmaspritz-
Fertigung im DLR

Die Verfügbarkeit eines motorunabhängigen Solche Zielwerte benötigen eine neue Genera-
Generators könnte bei einer unabhängigen tion von Brennstoffzellen, die bei kompakter
Optimierung der beiden Funktionen – Vortrieb Bauweise eine hohe Leistungsdichte aufweisen,
und Strom/Wärme-Versorgung – das Fahrzeug- bei möglichst niedriger Temperatur arbeiten
Gesamtsystem effizienter und komfortabler und vor allem durch niedrige Wärmekapazität
machen. Aufgrund des Vorteils von SOFC- und hohe Wärmeleitfähigkeit große Tempera-
Brennstoffzellen, Treibstoffe wie Benzin oder turgradienten und -transienten tolerieren
Diesel als Ausgangsstoffe für die Brenngasbe- können. Niedrige Arbeitstemperaturen sind
reitstellung zu nutzen, konzentriert sich das auch deshalb anzustreben, um für die Herstel-
Interesse des Industriekonsortiums unter lung kostengünstige Materialien einsetzen zu
Führung der BMW AG auf das Entwicklungsziel können, wie beispielsweise ferritische Stähle.
einer motorunabhängigen Bordstromversorgung Mit der Bezeichnung CroFer 22APU wurde vom
mit Hilfe einer SOFC- APU (Auxiliary Power Unit). FZ Jülich und der Firma ThyssenKruppStainless
Bei diesem auch vom Wirtschaftsministerium (TKS) ein solcher Stahl mit guten Eigenschaften
geförderten Verbundprojekt (ZeuS II) sind und angepasster Wärmedehnung entwickelt,
seitens der Forschungseinrichtungen das der von TKS als Blechhalbzeug zur Verfügung
FZ Jülich, das DLR, die Universität Karlsruhe gestellt wird. Durch Stanzen und Prägen wer-
und das Fraunhofer ISC in Würzburg beteiligt. den daraus Formbleche hergestellt, die durch
Schweißen zu Kassetten zusammengefügt wer-
Der Einsatz in Fahrzeugen im Vergleich zur den mit einem Zwischenraum für die Zufüh-
stationären Anwendung bedeutet einige gra- rung des Brenngases. Das obere Blech weist
vierende, zusätzlich zu erfüllende Anforderun- eine Aussparung auf, in die planare Zellen
gen, die vor allem die Startzeit, die Zyklenfe- eingefügt werden.
stigkeit und das Bauvolumen betreffen. Die im
BMW-Konsortium angestrebten Zielwerte für Bei dieser neuen Zellengeneration stehen zwei
ein Fahrzeug-APU-Stack lauten wie folgt: Ausführungen und Herstellungstechnologien
im Wettbewerb, die Nasspulver- und Sinter-
Leistung ca. 5 kW technik des FZ Jülich und die Plasmaspritztech-
Brenngas Benzin-Reformat nologie des DLR.
Lebensdauer > 5000 Stunden Abb. 6 zeigt die Unterschiede, wobei jeweils
Zyklen > 5000 die aktiven Zellenflächen etwa 100 cm2 aufwei-
Brenngasnutzung > 60 % sen und die Kassettenstärken zwischen 2 und
Startzeit < 20 Minuten 3 mm liegen. Während das FZ Jülich-System
Leistungsspezifisches Gewicht < 4 kg/kW anodengestützt ist, das heißt, die Anode ist die
Leistungsspezifisches Volumen ~ 1 l/kW die Zelle tragende Komponente, wird beim
Spezifische Systemkosten < 500 €/kW DLR-Ansatz ein poröses metallisches Substrat
eingesetzt, das gleichzeitig als Brenngasverteiler
88 dient. Auf dieses Substrat werden mit einer
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Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

Kathode (30 µm)

Elektrolyt (25 µm)


50 µm Abbildung 7
Anode (35 µm) Metallographischer
Querschliff durch DLR-
VPS-Zelle

Poröses metallisches
Substrat (Ni fehlt)

speziellen Plasmaspritztechnik in einer Unter- Eine erfolgreiche Realisierung solcher SOFC-


druckkammer die einzelnen Zellenschichten Brennstoffzellensysteme für eine Arbeitstempe-
je nach Funktion dicht oder porös aufgebracht. ratur um 800 °C könnte eine Basistechnologie
Abb. 7 zeigt einen Querschliff einer so herge- für ein breites Spektrum von Anwendungen
stellten Zelle. werden: im Pkw-Bereich, für Busse und Lkws,
für Boote und auch für die Bordstromversor-
In Abb. 8 ist eine Beschichtungsanlage im DLR- gung von Flugzeugen. Auch die Erschließung
Institut dargestellt. Diese Anlage kann mehrere, alternativer Brenngase biogenen Ursprungs,
durch Schleusenverbundene Kammern aufneh- dürfte dann eine lohnende Aufgabe sein.
men, um eine spätere Produktionsanlage zurkon-
tinuierlichen Schichtherstellung zu entwikeln.

Abbildung 8
DLR-VPS-
Pilotfertigungsanlage

89
d_ht_brennstoffzelle_end.qxd 13.04.2005 10:11 Uhr Seite 90

Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

SOFC-Systemaspekte Flugzeugen zur Bordstromversorgung als APU


(Auxiliary Power Unit) besonders wichtig ist, um
In Abb. 9 wird das Grundprinzip von SOFC- in großen Flughöhen bei dem stark reduzierten
Brennstoffzellensysteme wiedergegeben. Sauerstoffpartialdruck (in 10 km nur noch etwa
Neben der Brennstoffzelle gehören die Kom- 20 % des Wertes der Meereshöhe) die Brenn-
ponenten zur Aufbereitung des Brennstoffs und stoffzellenleistung zu erhalten.
der Frischluft, zur Konditionierung der elektri-
schen Leistung und zur Behandlung der Brenn- In allen Fällen ist eine kompakte Systembau-
stoffzellenabgase zum Gesamtsystem. weise mit ausgeklügeltem Wärmemanagement
Bei stationären Anlagen mit Erdgas als Brenn- Voraussetzung für einen hohen Systemwirkungs-
stoff gestaltet sich die Brennstoffaufbereitung grad. Anordnung und Ausführung dieser Kom-
relativ einfach im Gegensatz zu einer solchen ponenten sind direkt von den Einsatzbedin-
für den mobilen Bereich und für Flugzeuge, bei gungen und der Realisierungsweise des SOFC-
der auch Schwefelverbindungen im flüssigen Systems abhängig.
Brennstoff ein Problem darstellen können. Der derzeit meist noch unbefriedigende Entwick-
Wesentlich ist auch, wie das in der Zelle nicht lungsstand, bzw. ihre noch zu hohen Kosten be-
vollständig umgesetzte Brenngas und die hindern gegenwärtig die technische Einführung
Abwärme der Zelle behandelt werden. Meistens von SOFC-Systemen in die Anwendung. Dieser
wird ein Teil des unverbrannten Brenngases als Herausforderung muss weiterhin das Hauptau-
befeuchteter Zusatz wieder dem frischen Brenn- genmerk der Forschungs- und Entwicklungsan-
gas zugegeben und die Abwärme für den endo- strengungen gewidmet werden. Daneben müs-
thermen Reformierungsvorgang verwendet. sen auch so wichtige Komponenten wie die zur
Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Brenngasaufbereitung (Reinigung, Reformie-
Zusammenhang Mikrogasturbinen als weitere rung, Nachverbrennung) und die Mikrogastur-
Energiewandlerstufen zur Erhöhung des Wir- bine weiterentwickelt werden, um zeitgleich
kungsgrades zu. Besonders bei deren Kopplung alle Systemteile für den technischen Einsatz
mit einem Luftverdichter, der beim Einsatz in zu Verfügung zu haben.

Lufterwärmer
Frischluft Verdichter/Turbolader
in Fahr- und Flugzeugen.
Mikrogasturbinen + Verdichter
bei stationärem Einsatz

Je nach Einsatz
Verdichter
Abbildung 9
Grundprinzip von
SOFC-Systemen Brenngas
Nachbrenner

Elektrische
Brennstoff Leistungs-
Brennstoff- Vor- aufbereitung
aufbereitung reformer

Inverter

90
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Dr. Rudolf Henne • Hochtemperatur - Brennstoffzellen


FVS Themen 2004

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91
e_nt_brennstoffzelle_end.qxd 13.04.2005 14:29 Uhr Seite 93

Niedertemperatur-
Brennstoffzellen
• Niedertemperatur-Brennstoffzellen –
Stand und Perspektiven der PEMFC

• Niedertemperatur-Brennstoffzellen –
Stand und Perspektiven der DMFC

• PEM-Brennstoffzellen –
Neue Katalysatoren und bionische Aspekte

93
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

Niedertemperatur-Brennstoffzellen –
1

Stand und Perspektiven der PEMFC


ZSW Einleitung Stand der Technik
Dr. Werner Lehnert
Der Brennstoffzelleneffekt wurde bereits im Jahr Brennstoffzellen sind eine Querschnittstechno-
werner.lehnert@zsw-bw.de
1839 entdeckt. Trotz anfänglich rascher Fort- logie. Bereits heute liegen Prototypen für den
Manfred Grünerbel schritte konnte sich die Brennstoffzellentech- Einsatz von Brennstoffzellen in Bussen, PKWs,
nologie aber erst in den letzten Jahrzehnten zu in der Hausenergieversorgung und in portablen
einer Schlüsseltechnologie entwickeln. Doch Stromerzeugern vor. Der Leistungsbereich der
FZ Jülich
schon 1884 erkannte der Nobelpreisträger Brennstoffzellensysteme reicht von wenigen
Jürgen Mergel Wilhelm Ostwald das hohe Potenzial der Brenn- Watt für die Stromversorgung von Mobiltele-
j.mergel@fz-juelich.de stoffzelle und sagte ihr eine große Zukunft fonen bis zum Megawattkraftwerk. Fahrzeug-
Klaus Wippermann voraus: „Die Brennstoffzelle ist eine größere antriebe, denen das größte Marktpotenzial
Harald Scharmann zivilisatorische Leistung als die Dampfmaschine zugeschrieben wird, liegen im Bereich um
Andrej Kulikovsky und wird schon bald den SIEMENSschen 50 -100 kW.
Generator in das Museum verbannen.“
Hohe Materialanforderungen und die Forderung Brennstoffzellen sind ein interdisziplinäres
Fraunhofer ISE
nach reinen Brennstoffen verzögerten jedoch Arbeitsfeld, das verschiedenste Fachbereiche
Dr. Christopher eine frühe Einführung von Brennstoffzellen auf zusammenführt. Hierbei sind vor allem die
Hebling dem Energiemarkt. Die heutige Energieversor- Chemie- und Elektroindustrie, aber auch der
christopher.hebling@ gung basiert dagegen noch weitgehend auf dem Maschinenbau und die Verfahrenstechnik zu
ise.fraunhofer.de
von Wärmekraftmaschinen getriebenen SIEMENS- nennen. Eine Markteinführung von Brennstoff-
Ursula Wittstadt schen Generator, der 1866, also lange nach zellensystemen hängt stark von den Kosten ab.
Tom Smolinka der Entdeckung des Brennstoffzelleneffektes, Während für Hausenergieversorgungsanlagen
erfunden wurde. Systemkosten von 1.000 bis 1.500 €/kW akzep-
DLR tiert werden können, müssen für Anwendungen
Erich Gülzow Zur Bereitstellung von elektrischem Strom im Fahrzeugantrieb Kosten von 30 - 50 €/kW
erich.guelzow@dlr.de
werden also bis heute meist Energieumwand- unterschritten werden. Dies erfordert, vergli-
lungstechnologien verwendet, die auf der Ver- chen mit der Kostensituation heutiger Prototy-
Mathias Schulze brennung von fossilen Energieträgern beruhen. pen, eine Kostensenkung um ein bis zwei
Till Kaz
Der Energieinhalt der Brennstoffe wird über den Größenordnungen. Das ist nur mit weiteren,
Umweg der Wärmeerzeugung in kinetische beträchtlichen Entwicklungsanstrengungen zu
Energie (Rotation) umgewandelt. Die kinetische erreichen. Typische Anforderungen an Brenn-
Energie wird mit Hilfe eines SIEMENSschen stoffzellensysteme sind in Abb. 1 dargestellt.
Generators in Strom umgewandelt. Der theo-
retische Wirkungsgrad dieses Prozesses ist ther-
modynamisch durch den so genannten CARNOT-
schen Kreisprozess, nach oben begrenzt.

Im Gegensatz hierzu wandeln Brennstoffzellen


den Brennstoff (z. B. Wasserstoff) auf elektroche-
mischem Weg direkt in Strom um. Dieser Pro-
zess ist nicht an den CARNOTschen Wirkungs-
grad gebunden. Daher können Brennstoffzellen
höhere Wirkungsgrade erzielen.

1
94 PEMFC = Polymer Elektrolyte Membran Fuel Cells
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

Mobil Mobile
Stationär Antrieb Bordversorgung Portabel

Lebensdauer > 10 a ca. 10 a ca. 10 a 1–5a

Betriebszeit 40.000 – 80.000 h 5.000 h 5.000 h 1.000 – 5.000 h

he,System > 50 % > 40 % 30 – 40 % > 20 %


Abbildung 1
Leistungsgröße 100 – 1.000 kW 50 – 70 kW Pkw 50 – 70 kW kw 0,1...5 kW Anforderungen an
dezentr. Versg. 500 – 5.000 kW Bahnen PKW, LKW, Boote
1 – 50 kW 5 – 500 kW Boote 50 – 200 kW Flugzeuge
Brennstoffzellen-
Hausversg. 1.000 – 20.000 kW Schiffe 100 – 1.000 kW Schiffe systeme

Leistungsgewicht bestimmt durch 1 kg/kW 10 kg/kW Pkw bestimmt durch


Materialkosten << 50 kg/kW Flugzeuge Handhabbarkeit

Spez. Zielkosten 1.500 US$/kW 30 – 50 US$/kW 100 – 200 US$/kW > 5.000 US$/kW
Pkw Pkw

Zuverlässiger 0,13 – 0,25 % <2% <2% 2 – 10 %


Leistungsverlust* pro 1.000 h pro 1.000 h pro 1.000 h pro 1.000 h

* bestimmt durch 10 % Leistungsverlust während der gesamten Lebensdauer

Technische Lebensdaueruntersuchungen:
reversible und nicht reversible Alterung
Herausforderungen an PEM- Ein typisches Ergebnis eines Alterungsexperi-
Brennstoffzellensysteme ments ist in Abb. 2 dargestellt. Der Brennstoff-
zellenstapel (Stack) wurde bei einer konstanten
Funktionsfähige PEM-Brennstoffzellensysteme Stromdichte (galvanostatisch) von 500 mA/cm2
wurden in den verschiedensten Bereichen er- betrieben. Der Verlauf von Zellspannung und
folgreich demonstriert. Aber es gibt verschiede- Strom ist über einen Zeitraum von 2000 Stun-
ne Problemfelder, die auch weiterhin bearbeitet den dargestellt. Mit fortschreitender Betriebs-
werden müssen: die zu hohen Kosten und die zeit sinkt die Zellspannung.
noch nicht ausreichende Lebensdauer, die Auffallend ist, dass die Stackspannung nach Un-
beide voneinander abhängen. terbrechung zunächst fast auf ihr anfängliches

5,0 A: H2, u 90 %, trocken 100


C: Luft, u 30%, Umluftbetrieb, Taupunkt 45°C
4,5 Stacktemp. 50°C, 400 mA/cm2
90

4,0 80

3,5 70
Stack-Spannung [V]

3,0 60
Strom [V]

2,5 50 Abbildung 2
2,0 40
Langzeituntersuchung
an einem fünfzelligen
1,5 30
Stack
1,0 20

0,5 10

0,0 0
0 500 1000 1500 2000
Zeit [h]
95
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

600
In Abb. 4 sind die Impedanzmessungen in
Strom einem Diagramm dargestellt. Zu erkennen ist
500
Strom [mA/cm2] bzw. Spannung [mV]

eine deutliche Zunahme des Impedanzbetrages


und Phasenverschiebung im Frequenzbereich
400
zwischen 500 Hz und 50 kHz. In diesem Fre-
Zellspannung
quenzbereich macht sich überwiegend die
300
Anodenimpedanz aufgrund ihrer Zeitkonstan-
ten (RACdl,A) bemerkbar. Deutlicher wird dies,
200
wenn man nach Auswertung der Impedanz-
100% rel. Feuchte
spektren über das entsprechende Ersatzschalt-
100 Lambada Anode: 1,5
Lambada Kathode: 3
bild (Abb. 4) den Verlauf der Widerstände der
0,12 mg/cm2 Pt/Elektrode Elemente wie in Abb. 5 chronologisch aufträgt.
0
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000
Zeit [h] Die Auswertung der Impedanzmessungen
ergibt zusammenfassend folgende Informatio-
nen über die Alterung der Einzelzelle:
Abbildung 3 Leistungsniveau zurückkehrt, sich jedoch
Langzeituntersuchun- anschließend wieder schnell verschlechtert. • keine Zunahme des Membranwiderstandes
gen an einer Einzel- (hoher Frequenzbereich, ab 50 kHz)
zelle. Zu den mit Zur Untersuchung dieses Phänomes wurden • geringe Zunahme des
Pfeilen gekennzeich- detaillierte Untersuchungen an einer Einzelzelle Diffusionswiderstandes
neten Zeiten wurden (Abb. 3) durchgeführt. An den eingezeichneten • Zunahme des Kathodenwiderstandes
Impedanzspektren 2 Zeitpunkten wurden Impedanzspektren2 auf- • Zunahme des Anodenwiderstandes
aufgenommen genommen. Der Zeitraum der Messung betrug
1000 Stunden. Nach Beendigung dieses Versuchsteils wurde
Während dieser Zeit tritt eine Verringerung der die Zelle für 24 Stunden abgeschaltet und von
Zellspannung um 170 mV auf, was einer Degra- der Gasversorgung getrennt. In dieser Zeit
dationsrate von 170 µV/h entspricht. kühlte die Zelle auf Raumtemperatur ab. Danach
wurde die Zelle wieder in Betrieb genommen.
2
Die Zelle erreichte nahezu ihr ursprüngliches
Impedanz bezeichnet den elektrischen
Widerstand im Wechselstromkreis. Leistungsniveau, fiel aber anschließend inner-

Schaltbild Impedanz / mΩ I Phase I°


90
RN RC RA

RM
30 Zeit 75
25

Abbildung 4 20 60
CN Cdl,c Cdl,a
Ersatzschaltbild und
Impedanzspektrum 15 45

10 30

7 15

0
100 1 3 10 100 1K 10K 100K
Frequenz / Hz
96
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

Kathodendurchtrittswiderstand Anodendurchtrittswiderstand
17,00 10,00
RN RC RA
16,00 9,00
RM
8,00
15,00
7,00
Impedanz / mΩ

CN Cdl,c Cdl,a

Impedanz / mΩ
14,00
6,00
13,00 Neustart 5,00
nach 24 h RN RC RA
12,00 4,00
RM
3,00
11,00
2,00 Neustart
10,00 CN Cdl,c Cdl,a nach 24 h
1,00
0,00 0,00
0 200 400 600 800 1000 1200 0 200 400 600 800 1000 1200
Zeit / h Zeit / h

halb von 720 Stunden linear auf die Zellspan- dargestellt. Die Spannungsverluste durch die Abbildung 5
nung vor der Abschaltung zurück, was einer Membran und der diffusive Anteil können ver- Zeitlicher Verlauf des
Degradationsrate von 270 µV/h entspricht. nachlässigt werden, da die Änderung der ent- Kathodendurchtrittswi-
Direkt im Anschluss an den Neustart wurde ein sprechenden Widerstände während des Versuchs derstandes, Rc (links)
Impedanzspektrum aufgenommen. Wie Abb. 5 sehr gering waren. Eine Analyse der Brennstoff- und des Anodendurch-
zeigt, nimmt der Kathodenwiderstand nach zellen nach den Alterungsversuchen ergab, dass trittswiderstandes, Ra
dem Neustart nur wenig ab, während der Strukturänderungen in den Elektrodenmaterlien (rechts)
Anodenwiderstand beinahe auf den Wert zu für die Degradation verantwortlich sind.
Beginn des Alterungsexperiments zurückgeht.

Die Analyse der Alterungsuntersuchungen und Degradationswelle


der Impedanzspektren lässt den Schluss zu, dass
die Verschlechterung der Brennstoffzellenleist- Basierend auf den genannten Alterungsexperi-
tung in einen reversiblen und einen irreversiblen menten bei konstantem Strom wurde eine Theo-
Anteil aufgeteilt werden kann. In Abb. 6 sind zu- rie zur Dynamik der Brennstoffzellen-Degra-
sammenfassend die Spannungsanteile der Elek- dation entwickelt. Wie Abb. 7 zeigt, kann beim
troden zum reversiblen und irreversiblen Anteil Betrieb von Brennstoffzellen mit konstantem
des Gesamtspannungsverlustes schematisch Strom ein Alterungsverhalten auftreten, bei

41 100

Abbildung 6
reversible Verluste Anteile der reversiblen
und irreversiblen
68,8 31,2 Verluste

Anode Kathode

A. Kathode

5,4 35,6 irreversible Verluste

0 20 40 60 80 100 120 140 160


Spannung / mV
97
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

Projekt: „Langlebige PEFC“ Parameter


Dafür muss der Kanalteil vor der Wellenfront
U/t - Kennlinie Betrieb unter Sauerstoff den gesamten, konstanten Strom aufnehmen.
Last:
1000 Je weiter die DW voranschreitet, desto kleiner
500 mA / cm2
Befeuchter: ist der verbleibende, aktive Kanalteil und desto
800 Anode / Kathode 70°C
langsame Degradation Betriebstemperatur 70°C höher ist die mittlere Stromdichte die er tragen
Zellspannung [mV]

Elektrodenhalter:
600 Titan vergoldet
muss. Die Analyse der Wellendynamik erlaubt
Lambda: es, die Charakteristika der gemessenen Zell-
Wasserstoff: 1,1
400 Sauerstoff: 5 spannungs/Zeitkurven zu erklären.
Druck:
Anode / Kathode 2bar abs.
200
Zellwiederstand: Qualitativ ist zu erwarten, dass die Degrada-
schnelle Degradation 0,146 Ohm/ cm2
0 Laufzeit: tionsrate in den Bereichen größer ist, wo auch
0 200 400 600 800 1000 900 Stunden die lokale Stromdichte hoch ist. Es wird ange-
Zeit / h
nommen, dass diese Rate stufenweise vom
Strom j abhängt. Dies bedeutet, dass eine kriti-
sche Stromdichte, jcrit , existiert, bei der die De-
gradationsrate von Null auf einen bestimmten,
Abbildung 7 dem die Alterungsrate mit der Betriebsdauer begrenzten Wert springt. Wenn td die charakte-
Unterschiedliches fortlaufend zunimmt und die Zellspannung ristische Zeitdauer der lokalen Degradation ist,
Degradationsverhalten schließlich zusammenbricht. Dabei lassen sich bedeutet td gleichzeitig die Zeitdauer, nach der
zu Beginn und gegen zwei zeitlich aufeinanderfolgende Phasen unter- ein Zellbereich keinen Strom mehr produziert,
Ende des Zellbetriebs scheiden: wenn dort j > j crit ist. Abb. 8 zeigt die Simulation
einer Degradationswelle. Wenn zum Zeitpunkt
• Stabiler Betrieb mit fast gleichbleibender t0 die lokale Stromdichte am Eingang jcrit über-
Zellspannung schreitet, findet im gestrichelten Bereich bei t0
• Abnahme der Zellspannung mit einer eine lokale Degradation statt. Nach Ablauf
zunehmenden Abnahme der Zellspannung von td ist dieser Bereich „ausgebeutet” und
mit der Zeit bis zum völligen Zusammen- produziert nicht länger Strom. Bei t1 = t0 + td
bruch der Zellspannung verschiebt sich der Peak der lokalen Stromdich-
te entlang des Kanals zu einer neuen Position
Das gezeigte Alterungsverhalten lässt sich mit und ein neuer Bereich ist der lokalen Degrada-
der Entstehung einer Degradationswelle (DW) tion ausgesetzt. Da der Gesamtstrom konstant
erklären, die sich vom Gaseinlass entlang des bleibt, wächst die Länge des degradierenden
Kanals zum Gasauslass fortsetzt. Nimmt man Kanalbereichs mit der Zeit an. Dieser Mechanis-
an, dass die lokale Degradation den an dieser mus ist für das Fortschreiten der Degradations-
Stelle fließenden Strom unterbricht, ist die welle verantwortlich.
Zellenaktivität des Kanalstücks hinter der
Wellenfront gleich Null. Vergleichende Langzeitmessungen am
Fraunhofer ISE bestätigen diese Vermutung.
Eine Langzeituntersuchung mit ortsaufgelöster
Stromdichtemessung über 1200 h zeigt zu
5
Beginn eine nahezu homogene Stromdichte-
verteilung über die aktive Fläche der Zelle.
4
Mit zunehmender Betriebszeit sank die Strom-
Strom 3
dichte vor allem im Eintrittsbereich der Luft,
Abbildung 8 bis es zu einer vollständigen Inaktivierung die-
Simulation einer ses Bereiches kam. Dies ist in Abb. 9 dargestellt.
2
Degradationswelle Die Zunahme des inaktiven Bereiches beschleu-
nigte sich mit zunehmender Betriebszeit.
1

0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
98
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

600
j= 600 mA / cm2 j = 550 mA / cm2 Stack 1 Pt-Ru/ Pt_H2-N2 26 % / Luft
Stack 2 Pt-Ru/ Pt_H2CO2 26 % / Luft
a 500 Stack 3 Pt-Ru/ Pt_H2 - Luft

mittlere Einzelzellspannung [mV]


Stack 4 Pt / Pt_H2/ Luft

400

300

200

100

0
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000

Betriebszeit [h]
j / mA cm-2
500
b
400
Einfluss der Gaszusammen- Abbildung 10 
300 setzung auf das Alterungs- Alterungsverhalten
von Stacks beim
200
verhalten Betrieb mit verschie-
denen Wasserstoff-
100
Werden Brennstoffzellen mit reformierten Brenn- Gas-Gemischen
stoffen betrieben (zum Beispiel mit Erdgas), so
0
befinden sich in den Brenngasen neben Wasser-
stoff auch noch weitere Gasanteile. Abb. 10  Abbildung 9
zeigt den Einfluss verschiedener Brenngaszu-
j / mA cm-2 sammensetzungen auf das Alterungsverhalten
500 von Stacks, die bei konstantem Strom (galvano-
c statisch) im Labor betrieben wurden (Abb. 11).
400 Erkennbar ist, dass der Abfall der mittleren
Zellspannung in den gezeigten Fällen nahezu
300 gleich ist. Für die eingesetzten Materialien und
unter den gewählten Betriebsbedingungen ist
200 innerhalb einer Laufzeit von annähernd 2000 h
somit kein Unterschied erkennbar im Alterungs-
100 verhalten bei Betrieb der Stacks mit

0 a) reinem Wasserstoff
b) Wasserstoff mit zugemischtem N2
Abbildung 9: c) reinem Wasserstoff 3
d) Wasserstoff mit zugemischten CO2
a: Messzelle zur Bestimmung der Strom-
dichteverteilung.
Der Einfluss anderer möglicher Komponenten
b: Gemessene Stromdichteverteilung zu
Beginn des Versuches. im Brenngas auf das Langzeitalterungsverhalten
wird in weiteren Arbeiten untersucht werden.
c: Gemessene Stromdichteverteilung nach
1200 h Betrieszeit. Der dunkle Bereich ist Bei allen Versuchen kamen kommerzielle Mem-
inaktiv. Die Luft strömt durch ein Serpenti-
nen-Flowfield von rechts unten nach links
bran-Elektroden-Einheiten (MEA) zum Einsatz mit
oben. Platin/Ruthenium-Katalysatoren in der Anode.

3
Messreihe mit Platin/Platin - Katalysatoren 99
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Dr. Werner Lehnert • Niedertemperatur-Brennstoffzellen – PEMFC


FVS Themen 2004

Literatur
[1] A. A. Kulikovsky, H. Scharmann and
K. Wippermann, Electrochem.
Communications 6 (2004) 75-82

[2] A. Hakenjos, H. Münter, U. Wittstadt,


Ch. Hebling: „A PEM Fuel Cell for Combi-
ned Measurement of Current and Tempe-
rature Distribution, And Flow Field
Flooding“ in: Proceedings of Eighth Grove
Fuel Cell Symposium - Building Fuel Cell
Industries, September 2003, London.

[3] N. Wagner, T. Kaz, S. Schönbauer


Impedance Spectroscopy as a Tool for
Investigating Degradation in Polymer
Electrolyte Fuel Cell (PEFC),
6th International Symposium on
Abbildung 11 Zusammenfassung Electrochemical Impedance
Versuchsaufbau für Spectroscopy, 16 - 21 Mai 2004,
Alterungsmessungen Der Einsatz von Brennstoffzellen im portablen, Cocoa Beach (FL), USA
an fünfzelligen Stacks stationären und mobilen Bereich ist eine Op-
im Labor tion für die Zukunft. Neben den zur Zeit noch
zu hohen Kosten ist das Alterungsverhalten der
Brennstoffzellen ein Problemfeld, welches er- Danksagung
höhte Aufmerksamkeit von Seiten der For-
schungs- und Entwicklungsinstitute verlangt. Die Arbeiten wurden im Rahmen eines
Verschiedene Alterungscharakteristika wurden vom BMBF geförderten Verbundprojektes
beobachtet und näher untersucht. Es konnte durchgeführt:
gezeigt werden: „Langlebige PEMFC als Voraussetzung für
eine Wasserstoffenergiewirtschaft“, 01SF0048,
• Reversible und nicht reversible Alterung 01SF0049, 01SF0050, 01SF0051
sind unterscheidbar. Die Prozesse konnten
verschiedenen Komponenten zugeordnet
werden.
• Ein analytisches Modell kann ein progressives
Altern im Sinne einer Degradationswelle
beschreiben.
• N2 und CO2 zeigen keinen Einfluß auf das
Alterungsverhalten bei den untersuchten
Betriebsparametern.

100
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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

Niedertemperatur-Brennstoffzellen –
Stand und Perspektiven der DMFC 1

Einleitung stoffhaltiges Molekül direkt an der Elektrode Jürgen Mergel


umzusetzen. Das der Reformierungsschritt dabei FZ Jülich
Direktmethanol-Brennstoffzellen (DMFC) umgangen wird, muss allerdings mit höheren j.mergel@fz-juelich.de
wandeln den flüssigen Brennstoff Methanol Überspannungen, elektrochemischen Verlusten,
direkt in elektrischen Strom um. Im Vergleich zu an der Elektrode ausgeglichen werden.
Brennstoffzellensystemen, die mit gasförmigen Dr. Peter Bogdanoff
Brennstoffen wie reinem Wasserstoff oder was- HMI
serstoffreichen Gasen aus Reforming-Prozessen Anode: CH3OH + H2O  CO2 + 6 H+ + 6 e- bogdanoff@hmi.de
betrieben werden, erfolgt die Brennstoffzufuhr Kathode: 1,5 O2 + 6 H+ + 6 e-  3 H 2O
direkt über flüssiges Methanol. Flüssige Brenn- Zelle: CH3OH + 1,5 O2  CO2 + 2 H2O
stoffe haben gegenüber gasförmigen den Vor- Erich Gülzow
teil der höheren Speicherdichte. Dies wirkt sich DLR
im System besonders dann aus, wenn lange Ein oft zitierter Nachteil von Methanol ist die erich.guelzow@dlr.de
Betriebszeiten mit einer Tankfüllung erreicht Toxizität. Was dabei aber vergessen wird ist,
werden sollen. Bei den meisten Brennstoffen dass Methanol wesentlich weniger giftig ist,
außer Wasserstoff ist ein chemischer Zwischen- als der eingeführte Energieträger Benzin, der
schritt erforderlich um den Brennstoff für die darüber hinaus durch seinen Benzolgehalt
Brennstoffzelle brauchbar zu machen: er wird auch krebserregend und fruchtschädigend ist.
in Wasserstoff umgewandelt, also reformiert Methanol hingegen ist zwar akut toxisch, aber
und gereinigt. weder fruchtschädigend noch krebserregend
Hingegen wird eine Brennstoffzelle wesentlich und auch wesentlich leichter biologisch ab-
einfacher, wenn Wasserstoff direkt umgesetzt, baubar als Benzin oder Diesel. Bei der Hand-
also ein Reformierungsschritt umgangen wer- habung von Methanol ist zu bedenken, dass
den kann. Dies gilt für Niedertemperaturbrenn- es durch seine Wasserlöslichkeit über die Haut
stoffzellen, wie zum Beispiel die Direktbrenn- in den Körper eindringen kann, was aber durch
stoffzellen, die in der Lage sind, ein kohlen- Schutzmaßnahmen zu verhindern ist.

Pel
CO2
CH3OH
H2O O2 / Luft

CH3OH H+solv O2 Sauerstoff-


Methanol- H2O H2O H2O reduktion
oxidation CO2 Abbildung 1
CH3OH O2
Funktionsschema
H2O Methanol-
transport und einer DMFC
CO2 -oxidation
O2 / N2
CH3OH
H2O H2O
CO2
Anode Membran Kathode

Anode: CH3OH + H2O  CO2 + 6 H+ + 6e -


Kathode: 1,5 O2 + 6 H+ + 6e-  3 H2O
Zelle: CH3OH + 1,5 O2  CO2 + 2 H2O

1
DMFC = Direktmethanol-Brennstoffzelle 101
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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

Die Handhabung von Methanol ist daher im Elektroden erforderlich, die die Reaktionen
professionellen Bereich, in dem das Personal schnell ablaufen lassen [1]. Die Elektroden be-
geschult und entsprechend vorsichtig ist, unkri- stehen im Wesentlichen aus einem leitfähigen
tisch. Im Hobby- und Haushaltsbereich wären Grafitgewebe, das mit der Katalysatorschicht
entsprechende passive Sicherheitsmaßnahmen, elektronisch kontaktiert ist. Auf der Anode
wie hermetisch dichte Behältnisse, die eine kommen üblicherweise binäre Platin-Ruthenium-
sichere Handhabung zulassen, Voraussetzung Katalysatoren zum Einsatz, während auf der
für den Einsatz. In jedem Fall muß jedoch fest- Kathode reines Platin verwendet wird. Zusätz-
gestellt werden, dass Methanol deutlich unge- lich sind den Katalysatorschichten ionisch leit-
fährlicher ist als Benzin, mit dem wir heute fähige Anteile zugesetzt.
umzugehen gewohnt sind.
Das derzeit gebräuchlichste Membranmaterial
ist ein Sulfonsäurepolymer „Nafion“ von der
Grundlagen Firma DuPont. Es hat jedoch einige gravierende
Nachteile im DMFC-Betrieb, so dass intensiv
Die Kernkomponente der DMFC ist die Mem- nach alternativen Materialien gesucht wird,
bran-Elektroden-Einheit (MEA). Die Membran – bei denen diese Nachteile nicht oder weniger
eine protonenleitende Kunststofffolie – trennt auftreten. So ist die Protonenleitfähigkeit
ein Methanol-Wasser-Gemisch auf der Anoden- von Nafion nur gegeben, wenn die Membran
seite der Brennstoffzelle von der Luft auf der mit Wasser gesättigt ist. Im Methanolbetrieb
Kathodenseite. Im einzelnen laufen die in Abb. 1 ist die Befeuchtung durch den flüssigen, wässri-
gezeigten katalytisch aktivierten Teilreaktionen gen Brennstoff zwar stets gegeben, da aber
ab. Innerhalb der Zelle liegt auf der Anoden- Methanol und Wasser chemisch sehr ähnlich
seite das Methanol nicht in reiner Form vor, sind, nimmt die Membran auch Methanol auf,
sondern muss aus chemischen Gründen min- das dann durch die Membran zur Kathode
destens in einem Verhältnis 1:1 mit Wasser gelangt. Dies führt neben einem Brennstoffver-
vorliegen. Im realen Betrieb ist eine höhere Ver- lust auch zu einer Leistungsminderung durch
dünnung des Methanols erforderlich, da die Mischpotenzialbildung und Katalysatorvergif-
Membran methanoldurchlässig ist. Um die tung an der Kathode.
Verluste durch den Methanoldurchtritt gering
zu halten, muss daher eine möglichst geringe Beim praktischen Betrieb einer Direktmethanol-
Methanolkonzentration auf der Anodenseite Brennstoffzelle treten folgende Schwierig-
angestrebt werden. Üblicherweise wird die Ano- keiten auf:
denseite in einem Kreislauf gefahren, bei dem
das Methanol-Wasser-Gemisch kontinuierlich • Potenzialverluste an der Anode aufgrund
umgewälzt wird. Das bei der Anodenreaktion geringer Katalysatoraktivität
entstehende gasförmige Kohlendioxid wird da- • Wirkungsgradeinbußen infolge von Metha-
bei mit herausgetragen. Gleichzeitig kann die noldurchtritt durch die Elektrolytmembran
Kreislaufführung dazu dienen, die Verlustwärme • Potenzialverluste an der Kathode aufgrund
aus dem Brennstoffzellenstapel zu transportie- der Mischpotenzialbildung
ren und über einen Wärmeaustauscher der
Umgebung zuzuführen. In den Kreislauf wird
Methanol kontinuierlich zum Ausgleich des Entwicklungsfelder
Methanolverbrauchs eingespeist.
Der Markteintritt für DMFCs wird derzeit im Be-
Die chemischen Reaktionen (Abb. 1) in einer reich der portablen Stromversorgung für Laptops,
DMFC laufen wesentlich langsamer ab als in Handys, Minicomputer (PDAs) und zur mobilen
einer Wasserstoff-Luft-Brennstoffzelle. Beeinfluss- Stromversorgung bis 1 kW gesehen. Um derar-
bar ist die Reaktionsgeschwindigkeit vor allem tige Systeme in den Markt einzuführen, müssen
durch den Aufbau und die Struktur der Mem- sie leicht und kompakt sein. Daher werden hohe
bran-Elektroden-Einheit. Zur Realisierung eines Leistungsdichten schon bei moderaten Tem-
102 DMFC-Systems sind daher leistungsfähige peraturen zwischen 10 - 50 °C benötigt.
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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

1000 100
Eine Grundvoraussetzung für den Markteintritt Anode: 2mg PtRu-C/cm2
ist aber, abgesehen von einigen Nischenanwen- 900 Kathode: 2mg Pt-C/cm2 90
Nafion 117
dungen, ein vergleichbares Kostenniveau zu
800 80 °C, Umgebungsdruck 80
bestehenden Techniken. Tab. 1 zeigt einige 1m MeOH

Leistungsdichte / mV / cm2
Zielgrößen für unterschiedliche Leistungsklassen 700 Lambda= 4 = konst. 70
und Anwendungsfelder von portablen Brenn-
600 60

Zellenspannung / mV
Leistungskurve
stoffzellen-Systemen für einen möglichen
Markteintritt [2]. 500 50

400 40
So sind heutige DMFC-Systeme mit etwa Kennlinie
140 Wh/kg noch doppelt bis dreimal so groß 300 30

wie vergleichbare Lithiumbatterien. Die Brenn- 200 20


stoffzellenstacks benötigen zusammen mit Pum-
100 10
pen, Lüftern, Steuer- und Regelelektronik sowie
dem Brennstoff Methanol so viel Platz, dass an 0 0
einen Einschub beispielsweise für einen Laptop 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
noch nicht zu denken ist. Stromdichte / mA/cm
2

Im Bereich spezifischer elektrischer Leistung und


Leistungsdichte müssen vor allem Membran- erreicht (Abb.2). Die Abb. 2 zeigt auch, dass Abbildung 2
Elektroden-Einheiten entwickelt werden, die eine DMFC nicht unter 400 mV betrieben wer- Kennlinie und
mit wesentlich höheren spezifischen Leistungs- den sollte, um einen guten Wirkungsgrad zu Leistungskurve einer
dichten als mit den heute üblichen 50 mW/cm2 erreichen – hier mit einer Leistungsdichte von DMFC bei 80 °C
bei moderaten Temperaturen um 50 °C arbei- ca. 80 mW/cm2. Weiterhin müssen die Kosten
ten [3]. Zielgröße sind hier etwa 100 mW/cm2, durch Minimierung der Katalysatorbelegung
um mit Lithium-Akkus zu konkurrieren. Diese unter 2 mg/cm2 gesenkt werden. Denn nur
Leistungsdichten werden aber erst bei Tempera- über eine Steigerung der spezifischen Leistungs-
turen zwischen 70 und 80 °C von heutigen dichte bei gleichzeitiger Minimierung des Edel-
Membran-Elektroden-Anordnungen (MEAs) mit metallbedarfs kann ein vergleichbarer Preis zu
einer Katalysatorbelegung von 4 mg/cm2 /Zelle Akkus erzielt werden.

Leistungsbereich Leistungsbereich Leistungsbereich


<_ 20 W 20 - 50 W 1 - 5 kW
Betriebstemperatur 10-50 °C Betriebstemperatur 10-50 °C

Ziel 2010 Ziel 2007 Ziel 2007

Notstromaggregate, kleine
Anwendung Handy, PDA Laptop Computer
mobile Anwendungen Tabelle 1
Spez. Leistung 100 W/kg k.A. 200 W/kg
Zielgrößen für
Leistungsbereich
portable Brennstoff-
100 W/l k.A. 200 W/l
zellen-Systeme
Spez. Leistung k.A. 600 Wh/kg k.A.

Energiedichte 1.000 Wh/l k.A. k.A.


25 % kommerzielle Anwendung 30 %
Wirkungsgrad k.A.
50 % militärische Anwendung
1 $/W für kommerzielle Anwendung
Kosten 3 $/W 400 $ für 20 W System
3 $/W militärisch/industrielle
1.000 $ für 50 W System
Anwendung
Lebensdauer 5.000 h 1.000 h 1.500 - 2000 h (kommerziell)
(1,5 h/t für 2 Jahre) 5.000 h (militärisch/industriell)

k.A. = keine Angaben vorhanden 103


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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

Portable Brennstoffzellen haben außerdem Bei der DMFC sind die Unterschiede im Was-
nur dann eine Chance, wenn die Fragen nach sergehalt über den Querschnitt einer Zelle stär-
Infrastruktur, Standards und Genehmigungen ker inhomogen als bei der PEMFC. Dies erfordert
der Transportbehörden geklärt sind. besser angepasste oder speziell entworfene
Diffusionsschichten.
Aus den Anforderungen leitet sich der Forschungs-
und Entwicklungsbedarf für die DMFC ab: Durch die Reaktionen und die damit verbunde-
ne mögliche Degradierung des Katalysators ist
• Optimierung der Elektrodenkatalysatoren die aktive Schicht der Membran-Elektroden-
für die Methanoloxidation Anordnung (MEA) zu optimieren. Das DLR hat
• Verbesserung der Elektrodenstruktur segmentierte Zellen entwickelt, mit denen die
• Entwicklung neuartiger Membranmaterialien Stromdichteverteilung lokal aufgelöst in Einzel-
mit verringerter Methanolpermeation zellen und in Brennstoffzellenstapeln bestimmt,
• Entwicklung von methanolunempfindlichen sowie lokale elektrochemische Impedanzen
Sauerstoffkatalysatoren zur Reduzierung der gemessen werden können. Damit ist es möglich,
Mischpotenzialbildung während des Betriebs die Einflüsse verschiede-
• Systemvereinfachung und Systemintegration ner Betriebsparameter auf die Leistungsfähigkeit
der MEA zu messen. Dadurch können, ange-
passte Elektroden mit inhomogenen Katalysa-
Verbesserung der Elektrodenstruktur torverteilungen entwickelt werden.
Die Mikrostruktur der Elektroden ist für deren
Leistungsfähigkeit und für die optimale Nut- Neue Membranmaterialien
zung der Katalysatoren in der Brennstoffzelle Eine Reihe von Membranen befindet sich zur
essenziell. Im Gegensatz zu den wasserstoff- Zeit in der Entwicklung. Membranen auf der
oder reformatversorgten Polymer-Elektrolyt- Basis von sulfonierten Polymeren werden der-
Brennstoffzellen (PEMFC) wird die Anodenseite zeit in mehreren Firmen und Forschungsgrup-
mit methanolhaltiger Lösung versorgt. Dies pen entwickelt. Sie werden als fluorfreie Alter-
erfordert grundsätzlich andere Strukturen der nativen zu Nafion angesehen und man erwartet,
Elektroden und in der Diffusionsschicht an der dass die Herstellung bei Massenproduktion billi-
Anode. Während die PEMFC mit der Austrock- ger ist als bei Nafion. Die Polymere werden
nung der Membran und damit einer Erhöhung meist in Lösung sulfoniert, wobei die Membra-
der Widerstände Probleme hat, ist in der DMFC nen in einem Gießprozess hergestellt werden.
meist ein zu hoher Anteil von Wasser auf der Die Grundpolymere für diese Art von Membra-
Kathodenseite festzustellen. Forschungs- und nen sind sehr stabile Hochleistungswerkstoffe.
Entwicklungsziel sind daher angepasste Struktu- Viele Arbeiten gehen von so genannten Poly-
ren für diese veränderten Anforderungen und etherketonen (PEK) aus. Die Eigenschaften
ein optimiertes Wassermanagement. der Membranen hängen von der Qualität der

Abbildung 3 700
Spezifische Methanol- 3,0 Nafion 117 (178µm)
Speziaf.Permeabilität [mA/cm]

600 sPEK (40µm)


permeation und Kenn- 2,5
Zellspannung [mV]

linien zweier Mem- 500


Nafion 117
2,0
branmaterialien: sPEK (IEC = 1,4) 400
einer sulfonisierten 1,5
300
PEK-Membran
1,0 200
(bei 80 °C, 1m
MeOH, 3 bar) und 0,5 100
von Nafion 117 0 0
0 100 200 300 400 500 0 100 200 300 400 500
104 Stromdichte [mA/cm2] Stromdichte [mA/cm2]
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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

Grundpolymere, von der Selektivität der Sulfo- einer hoch porösen Kohlenstoffmatrix einge-
nierungsreaktion und von der Membranher- bunden sind. Abb. 4 zeigt die hohe elektro-
stellung ab (Abb. 3). Im Vergleich zu Nafion chemische Aktivität und Methanolresistenz
nehmen die sulfonierten Polymere etwas weni- der Materialien im Vergleich zu Platin. Bezogen
ger Wasser auf. Während Nafion wenige breite auf den eingesetzten Metallgehalt zeigen die
Leitfähigkeitskanäle hat, in denen die Sulfonsäu- kobalthaltigen Katalysatoren sogar eine viel-
regruppen mit Wasser in Kontakt stehen, sind fach bessere Aktivität als kommerzielle Platin-
diese Kanäle bei sulfonierten PEK enger und Katalysatoren, was für sehr aktive katalytische
stärker verzweigt. Daher wird ein kleinerer Zentren spricht. Aufgrund dieser Eigenschaften
Wassermitführungskoeffizient und somit eine wird dem kobalthaltigen Material ein hohes
geringere Methanolpermeation erreicht [4]. Entwicklungspotenzial zugeschrieben. Zusätz-
Dies führt im DMFC-Betrieb zur Zeit aber noch lich wird erwartet, dass das Vermeiden von
nicht zu geringeren Leistungsverlusten. Daher teuren Edelmetallen zu einem Kostenvorteil in
wird weiter an der Zusammensetzung der sulfo- der Brennstoffzellen-Technologie führen wird.
nierten Polymere gearbeitet, wobei sich ein Netz- Erste Tests in DMFCs zeigen, dass jedoch die
werk bildet [5], das die Stabilität erhöht und Morphologie sowohl der Katalysatoren als auch
somit die Quellung und Methanoldurchlässig- der MEA noch optimiert werden müssen, bevor
keit verringert. hohe Leistungsdichten realisiert werden können.

Selektive Katalysatoren
Das durch die Membran zur Kathode hindurch- Anwendungen
dringende Methanol wird an den Platin-Kata-
lysatoren teilweise oxidiert. Dies führt zu einer Da gerade das Konzept der Direktmethanol-
Mischpotenzialbildung an der Kathode und da- Brennstoffzelle für portable Anwendungen
mit zu Spannungsverlusten beim Betrieb der attraktiv ist, wurden durch weltweite intensive
DMFC. Zur Vermeidung dieser Mischpotenziale Entwicklungsarbeiten wichtige und beeindruk-
werden Methanol-unempfindliche Katalysatoren kende Fortschritte in dieser Technologie erzielt.
mit hoher Aktivität als Ersatz für das Platin ent- In Deutschland sind vor allem die Aktivitäten
wickelt. Besonderen Erfolg versprechen, Selen- von Smart Fuel Cell bekannt, die DMFC-Syste-
modifizierte Rutheniumpartikel, die auf Kohlen- me im Kleinleistungsbereich entwickeln und
stoff aufgebracht sind sowie Materialien, in erste Kleinserien von 25 W DMFC-Systemen
denen atomare Kobalt- bzw. Eisen-Zentren in ausgeliefert haben.

100
Co/C-haltig (1 wt %) +/- Methanol
Pt/C ETEK (20 wt %) + Methanol
Pt/C ETEK (20 wt %) - Methanol
Abbildung 4
RuSe/C (20 wt %) +/- Methanol
Die Kennlinien wurden
Stromdichte mA/cm2

10
an rotierenden Schei-
benelektroden in O2-
gesättigter 0.5M
H2SO4, bei Raumtem-
1
peratur gemessen.
Die Elektroden-
Belegung ist bei allen
Messungen 25 µg.
0,1

0,6 0,8 1,8


Potenzial V/[NHE] 105
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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

Durch die Verwendung heutiger Membran- Zusammenfassung


materialien wie Nafion muss aus Gründen des
Wasserhaushaltes und des Wärmemanagements
und Ausblick
das DMFC-System wesentlich komplexer aufge-
baut werden als mit Wasserstoff betriebene Direktmethanol-Brennstoffzellen sind für unter-
Brennstoffzellensysteme. Deshalb werden erste schiedliche Anwendungen attraktiv, vor allem
mobile DMFC-Anwendungen zur Zeit ausschließ- jedoch als Batterie- bzw. Akkumulatorersatz.
lich im kleinen Leistungsbereich durch Hybrid- Sie können in verschiedenen Leistungsklassen
Systeme realisiert [6]. Das Forschungszentrum eingesetzt werden. Bei portablen Anwendun-
Jülich hat im Jahr 2004 ein kommerzielles Elek- gen im Kleinstleistungsbereich wird in den
trofahrzeug mit einem 1,3 kW DMFC-System nächsten Jahren der Markteintritt erwartet.
ausgerüstet (Abb. 5), das in Verbindung mit Neben der sehr hohen Energiedichte des Me-
einem Lithium-Ionen-Akkumulator den Hybrid- thanols besticht die DMFC durch die einfache
antrieb für das Fahrzeug bildet. Getankt wird Handhabung und das problemlose Nach-
reines Methanol. füllen des Brennstoffs.

Durch weltweite intensive Entwicklungsarbeiten


konnten wichtige und beeindruckende Fort-
schritte in dieser Technologie erzielt werden.
Jedoch sind die Eigenschaften der heute auf
dem Markt verfügbaren Materialien, besonders
die der Membranen, für die Anwendung in
DMFC-Systemen noch nicht optimal. Daher
sind weitere Forschungs- und Entwicklungsar-
beiten zwingend notwendig, um Direktmetha-
nol-Brennstoffzellen und -Systeme mit hohen
Wirkungsgraden und Leistungsdichten zu reali-
sieren. Das Potenzial dieser Technologie kann
nur mit neuen optimierten Materialien voll
ausgeschöpft werden.

Abbildung 5
DMFC-Fahrzeug
„JuMOVe“
vom FZ Jülich

106
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Jürgen Mergel • Niedertemperatur-Brennstoffzelle – DMFC


FVS Themen 2004

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chemical Systems 5, 2002, 71-81

[9] S. Adachi,
Yamaha Motor Technical
Review, 2003, 11, 13

[10] H. Janßen, M. Nölke, L. Blum, D. Stolten,


Proceedings Fuel Cell Seminar 2004,
San Antonio, Texas, November 1-5, 2004

107
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FVS Themen 2004

PEM-Brennstoffzellen –
Neue Katalysatoren und
bionische Aspekte
Prof. Dr. Überblick mischer Verbindungen hergestellt werden kön-
Helmut Tributsch nen. Mit elektrochemischer Energie als Zwischen-
HMI Die bionische Forschungsstrategie versucht, form werden damit alle nötigen Lebensaktivi-
tributsch@hmi.de sich an Naturvorbildern zur Bewältigung ener- täten versorgt.
gietechnologischer Probleme zu orientieren.
Für drei technologische Komponenten von
PEM-Brennstoffzellen, die hohe Kostenfaktoren Die regenerative Energie-
darstellen, für Katalysatoren, Protonen-leitende
Membranen und für ein Wasserstoff-bereitstel-
strategie der Natur: Vorbild
lendes System, werden alternative bionische für bionische Forschung
Lösungsvorschläge vorgestellt. Die regenerative
Energie-Strategie der Natur ist in vieler Hinsicht Die regenerative Energiestrategie der Natur
ein Vorbild nach dem sich die Industriegesell- (Abb. 1) ist ein naheliegendes Vorbild für eine
schaft orientieren sollte. Dabei wird Wasser mit nachhaltige Energieversorgung einer zukünfti-
Licht gespalten, der Wasserstoff jedoch letztlich gen Industriegesellschaft. Markante Eckpfeiler
an Kohlenstoffverbindungen angelagert, so dass sind die lichtinduzierte Wasserspaltung, das
eine Vielfalt nützlicher Energieträger und che- Ankoppeln von Wasserstoff an Kohlenstoff-

CO2

(CH2O)n
Abbildung 1
Sonnenlicht
Veranschaulichung Calvin- Krebs-
Zyklus Zyklus
der biologischen Ener-
giestrategie: Wichtige
e-, h+ ATP O2 e-, h+ ATP
Elemente sind die
lichtinduzierte Wasser- Elektronen
transfer-Kette Elektronen-
spaltung, die Anbin- transfer- ATP
Kette
dung von Wasserstoff Chlorophyll
an Kohlenstoffverbin-
dungen und die rever-
H2O
sible Energieumwand-
lung mit elektroche-
mischer Energie als chemische
Zwischenform (Brenn- Energie

stoffzellen-Prinzip).
elektrochemische
Energie
chemische Energie (ATP)

Brennstoffzellen-Prinzip

Mitochondrion
108
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FVS Themen 2004

verbindungen als Energieträger und die reversi- Häm-Zentrum Vitamin B12

ble Umwandlung dieser chemischen Energie in


alle mögliche andere Energieformen, welche die
Lebensaktivitäten bestimmen. Bemerkenswert
ist, dass die Natur sowohl bei den Primärpro-
zessen als auch bei den Sekundärprozessen der
Energieumwandlung immer elektrochemische
Energie als Zwischenform nutzt. Hervorzuheben
ist auch die Tatsache, dass viele komplexe Ener- Eisen
gieumwandlungsreaktionen bei Umgebungs- Stickstoff
temperatur oder niedriger Körpertemperatur Metalle mit
wirksam katalysiert werden können. Stickstoff - Umgebung Cobalt

Stickstoff
Die Energie-Bionik hat es sich zum Ziel gesetzt,
von den energietechnologischen Vorbildern der Metalle, durch starke
Natur zu lernen. Dazu müssen zunächst einmal Bindungen geschützt
die ablaufenden Mechanismen verstanden wer-
den, damit sie mit technisch machbaren und
stabilen Materialien reproduziert und für indu-
Eisen
strielle Anwendungen eingesetzt werden können.
Die Natur hat auch das Brennstoffzellenprinzip, Schwefel
die Umwandlung chemischer Energie in elek-
trische Energie, realisiert. Es funktioniert zum Hydrogenase-Zentrum
Beispiel in den Kraftwerken der Zellen, den (Clostridium Pasteurianum)

Mitochondrien. Aus demselben energetischen


Grund, weswegen Brennstoffzellen Sauerstoff
verbrauchen, setzen Lebewesen beim Atmen derungen, weil keine ungünstigen Zwischen- Abbildung 2
Sauerstoff um. schritte auftreten dürfen. Edelmetalle bilden da- Bionische Vorbilder
für geeignete Komplexe und werden daher in für Katalysezentren
Drei besonders kostenintensive Problemkreise der Technologie intensiv eingesetzt. Außerdem bei Mechanismen der
der PEM-Brennstoffzellenforschung wurden umgeht man katalytische Probleme oft durch Energieumwandlung.
ausgewählt, um bionische Lösungsstrategien Prozesse bei höheren Temperaturen. Auffallend ist, dass
zu erarbeiten: Im Gegensatz dazu hat die Natur alle ihre Kata- häufige Übergangs-
lyseprobleme unter Verwendung von häufigen metalle von Stickstoff
1. Ersatz von Platin-Katalysatoren Übegangsmetallen gelöst und arbeitet bei nie- umgeben sind oder
2. Erschließung alternativer Protonenleiter- drigen Temperaturen. Ein Beispiel ist die Cyto- durch stabil gebunde-
Membranen chrom-Oxidase, die beim Atmungsprozess Sauer- ne chemische Gruppen
3. Bereitstellung von regenerativem Wasserstoff. stoff in Wasser umwandelt, wie es auch in den in der Umgebung
Brennstoffzellen geschieht. Die Natur kommt hier gegen Oxidation
Es sollen Alternativen aufgezeigt werden, um mit Eisen- und Kupferzentren aus, die in ange- geschützt sind.
heute sehr kostenintensive technologische passter molekularer Umgebung wirksam wer-
Materialien und Verfahren durch Lösungen zu den. Es fällt auf, dass die Metallzentren bei der
ersetzen, welche die Evolution entwickelt hat. biologischen Katalyse häufig von Stickstoffgrup-
pen umgeben sind, wie es beim Porphyrin oder
in der Häm-Gruppe (Hämoglobin, Myoglobin,
verschiedene Cytochrome) der Fall ist. Beim elek-
1. Katalysatoren ohne tronenübertragenden B12 Vitamin ist Kobalt in
Edelmetalle einer ähnlichen Stickstoffumgebung wirksam
(Abb. 2). Da einfache Zentren von sich aus nicht
Katalysatoren für Energieumwandlungsprozes- mehrere Elektronen speichern können, sind in
se, bei denen mehrere Elektronen übertragen der Regel zwei oder mehrere von ihnen mitein-
werden müssen, stellen ganz besondere Anfor- ander gekoppelt, so dass Elektronen schnell und 109
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Kohlenstoff (Ruß) Zentren bleiben im Wesentlichen erhalten


plus
Kobalt-Porphyrin

Umgebung
2+ glaskohlenstoffartig
Co
Abbildung 3
Karbonisierung
von organischer
Stickstoff
Molekülstruktur zur
Erzielung eines
chemisch stabilen
plus Eisenoxalat und Zusatzstoffe
Gerüstes für Katalyse-
ausgesetzt Temperaturen bis 800°C
Zentren in Glaskohlen-
stoff-Umgebung.
Diese Zentren sind von
Multielektron-Transfer
molekularer Natur – durch nahe Zentren?
im Gegensatz zum
Platin-Katalysator,
dessen Partikel bei
gleicher Auflösung
deutlich sichtbar
wären. bionischer Katalysator

kooperativ nachgeliefert werden können. geeignete metallorganische Moleküle z. B.


Beim Studium biologischer, katalytischer Me- Eisen oder Kobalt-Porphyrine mit ausgewählten
tallzentren fällt auch auf, dass sie durch Absätti- Zusatzchemikalien bzw. auch gaserzeugenden
gung aller möglichen Bindungen regelrecht Aufschäumern (z. B. Eisenoxalat) vermischt und
gegen Oxidationsprozesse geschützt werden. auf bis zu 800 °C erhitzt. Dadurch bleibt im
Wenn die Natur z. B. im Hydrogenase-Zentrum Wesentlichen die Metall-Stickstoff-Umgebung
des Bakteriums Chlostridium Pasteuranum für der Porphyrine erhalten. Die Umgebung wird
die Wasserstoffentwicklung Eisen wählt, statt wie aber zu stabilem Glaskohlenstoff karbonisiert
in der Technologie Platin, dann sättigt sie die (Abb. 3) [1].
Umgebung der Eisenzentren durch starke CO-
oder CN-Bindungen ab. Offensichtlich sollte Die Leistungscharakteristik solcher Elektroden
vermieden werden, dass Sauerstoffmoleküle für die Sauerstoffreduktion zeigt Abb. 4. Die
reagieren und Eisen oxidieren können. In der Katalyse-Eigenschaften von Platin werden nahe-
Regel sind die Katalysezentren zusätzlich von zu erreicht, wobei bei 0,7 V gegen Wasserstoff
einer Proteinmatrix umgeben, die verschieden- mit Eisen oder Kobalt-Katalysezentren bereits
ste Aufgaben erfüllt. ähnlich hohe Stromdichten erzielt werden. Dabei
fiel auf, dass der bionisch konzipierte Katalysator
Die zentrale bionische Anforderung besteht mit nur einem Gewichtsprozent Eisen oder Ko-
nun darin, die interessierenden zentralen Kata- balt auskommt, während der Platin-Katalysator
lysestrukturen (Metalle + Stickstoffumgebung) 20 Gewichtsprozent Platin beansprucht. Dies
aufrecht zu erhalten, die übrige organisch-bio- bedeutet, dass die erzielten Katalysezentren aus
logische Materie aber chemisch zu stabilisieren häufigen Elementen wie Eisen oder Kobalt rund
110 und zu modifizieren. Dies gelingt, indem man 10-fach aktiver sind als die Platinzentren.
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20% Platin/C (Etek Inc.)


10

Abbildung 4
Vergleich der
Leistungscharakteristik
Stromdichte / mAcm-2

von Eisen -Kobalt-


1.3 % CoTMPP/FeC 2 O 4 Katalysatoren mit der
1 von Platin. Die Strom-
dichten bezogen auf
den Metallgehalt sind
verglichen mit Platin
zehnfach höher.

2 % CoTMPP/BP
0.1

0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1

Potenzial / VNHE

Es sieht also so aus, als ob man anhand von leiten Protonen mit Hilfe ihrer Sulfonsäuregrup-
Zentren aus häufigen Übergangsmetallen ganz pen, die im Polymer statistisch verteilt sind und
neue Erkenntnisse über komplexe katalytische den Protonen Andockstellen liefern.
Prozesse gewinnen könnte. Dies unterstützt Auch in der Biologie sind protonenleitende Mem-
die Beobachtung, dass, wenn man die Struktur branen für die Energietechnologie sehr wichtig.
des Katalysators immer feiner macht, also seine Es stellt sich nun folgende bionische Herausfor-
reaktive Oberfläche deutlich erhöht, sich die derung: Welchen Protonenleitmechanismus
katalytischen Eigenschaften überproportional nutzt die Natur und wie kann man ihn, wenn
verbessern. In einer doppelt logarithmischen er sich von den zur Zeit in Brennstoffzellen ge-
Auftragung von Katalysestrom gegen gemesse- nutzten unterscheidet, auf künstliche Membra-
ne Katalysator-Oberfläche beobachtet man statt nen anwenden? Als bionische Vorbilder (Abb. 5)
einer Neigung von 1, eine Neigung von 2,35 könnten einerseits salzliebende Bakterien (Halo-
[2]. Modernste Forschungsmethoden sind jetzt bakterien) dienen, die Licht ernten, um damit
nötig, um die Mechanismen zu verstehen und Protonen zu pumpen, und so chemische Energie
um auf dieser Grundlage zu lernen, die Dichte zu gewinnen. Sie nutzen dazu das Protein Bak-
der Katalysezentren kontrolliert zu verändern. teriorhodopsin, das Lichtenergie in Strukturän-
derungen umwandelt, welche die Energie für
die Protonenleitung bereitstellen. Wie dies ge-
schieht wird in [3] beschrieben. Protonen werden
2. Protonenleitende
jedenfalls durch Kanäle geleitet, die von Ami-
Membranen nosäuren (Bestandteile des Proteins) berandet
werden.
Seit vielen Jahren schon sind protonenleitende Auch bei der primären Photosynthese oder
Membranen für Brennstoffzellen vor allem Per- bei der Energieumwandlung in den Mitochon-
fluorkohlenstoffsulfonsäure (kommerziell NAFION drien spielen Protonenleitungskanäle eine große
genannt) - ein kostenintensiver Faktor. Sowohl Rolle. Maßgeblich dabei ist die ATP-Synthase,
NAFION, als auch konkurrierende Materialien ein Proteinkomplex, der Protonenströme nutzt
wie PEEK (sulfoniertes Polyetheretherketon) oder um Adenosintriphosphat (ATP), einen wichtigen
das weniger effektive PES (Polyether-Sulfon) biologischen Energieträger zu synthetisieren. 111
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Licht
H+ H+ H+
H+ H+
H+

Abbildung 5 H+
Bionische Vorbilder für
H+ H+
Protonenleitung durch
Membranen (Bacter- Bakteriorhodopsin
iorhodopsin in Halo-
bakterien, CF0 Kom- ADP +PI Aminosäure-verkleidete Kanäle zur Protonenleitung
plex der ATP-Synthase)
ATP
weisen eindeutig auf
Aminosäure-berandete
Kanäle.

H+ H+

+
H+ H+ H+ H+ H H+ H+ H+ H+ H+
Protonen (H + )

ATP-Synthase

Innerhalb dieser ATP-Synthase ist der so genannte Diese beiden können Protonen austauschen,
CF0-Komplex für die Protonenleitung verantwort- in anderen Worten, Protonen leiten. Ein Proton
lich. Er ist noch nicht vollständig verstanden kann also eine Aminosäure über eine Karboxyl-
aber der Kanal, der Protonen leitet, muss von gruppe verlassen, die Aminogruppe der näch-
Aminosäuren begrenzt sein. Man weiß übrigens, sten Aminosäure erreichen und dort zur Kar-
dass wenn 100 mV an diesem Kanal anliegen, boxylgruppe weiterwandern, von wo es zur
105 Protonen pro Sekunde geleitet werden, Aminogruppe des übernächsten Aminosäure-
ohne dass Wasser mittransportiert wird. Eine moleküls übergehen kann. Man erkennt also
einfache Hochrechnung zeigt, dass makrosko- einen rationellen Mechanismus, den die Natur
pisch auf diese Weise leicht Ströme von Tausen- offensichtlich nutzt und optimiert hat.
den von Ampere pro Quadratmeter aufrecht
erhalten werden könnten, womit die Anforde- Der naheliegenste Schritt in Richtung auf eine
rungen moderner Brennstoffzellen erfüllt wären. bionisch konzipierte Membran mit Aminosäure-
berandeten Poren bestand darin, handelsübli-
Von Aminosäuren berandete Kanäle sind in che poröse Membranen entsprechend zu modi-
der modernen Membran-Technik als Protonen- fizieren. Aus der Nanotechnologie stammt die
leitwege nicht bekannt. Daher muss man sich Erfahrung, dass 15 nm große Silika-Teilchen gut
Gedanken machen, wie ein solcher Prozess an Polymeroberflächen angelagert werden kön-
funktionieren könnte. Abb. 6 zeigt zwei der 20 nen. Aminosäuren wiederum lassen sich über
bekannten Aminosäuren. Sie sind dadurch cha- ihre Amino- oder Karboxyl-Gruppe ohne weite-
rakterisiert, dass sie neben einer Karboxylgrup- res an Silika anbinden. Indem man unter Vaku-
112 pe auch wenigstens eine Aminogruppe haben. um silika- und aminosäurehaltige Lösungen
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durch poröse Membranen zieht, kann man de- Leistung / [Watt]


ren Kanäle auf diese Weise mit Aminosäure ver- 0,5
kleiden, was in TEM-Querschnittspräparationen
auch nachgewiesen werden kann. Diese mit 0,45

Aminosäuren modifizierten Membranen wurden


0,4
in Serie mit einer NAFION-Membran in einer
Brennstoffzelle untersucht. Die unbehandelte po- 0,35

röse Membran ließ keine Protonen durch. In An-


0,3
wesenheit der Aminosäurebeschichtung funktio- Aminosäure-berandete Poren
nierte die Brennstoffzelle einwandfrei, was eine 0,25
erfolgreiche Protonenleitung belegt. Nur ein Teil
0,2
der Membran (z. B. 40 %) ist mit Poren besetzt.
PET
Wenn dies bei der Leistungsabschätzung berück- 0,15
sichtigt wird, ergibt sich, dass die Protonenlei- PC
0,1
tung in einer ähnlichen Größenordnung liegt
Nafion
wie bei NAFION-Membranen [4] (Abb. 7). 0,05
Vorläufig wurden mit der Aminosäure Lysin und
0
einer porenbesetzten Polyethylentherephthalat 0 0,5 1 1,5
(PET)-Membran die besten Erfolge erzielt. Strom / [Ampere]

Im Hinblick auf eine bessere Durchgängigkeit Abbildung 7 


der Poren, auf die Anbindung der Aminosäuren Brennstoffzellen-Lei-
an die Silika-Teilchen und auf optimale Ami- stung mit den Amino-
nosäure-Kombinationen besteht noch viel For- säure-Membranen
schungsspielraum. Es gilt nun, ihn zu nutzen. Lysin (PET) und Aspa-
Da es auch wärmeliebende Bakterien gibt, die ragin (PC)) verglichen
ungeladene Form Zwitter-Ion Protonen-leitende Kanäle dieser Art nahe 100 °C mit der NAFION-Mem-
nutzen, stehen die Chancen für eine sinnvolle bran, aufgetragen als
technologische Anwendung gut. Funktion des Zell-Stro-
mes, bei dem sie ver-
messen wurden. Bei
den Aminosäure-Mem-
Lysin 3. Tandem-Membran zur branen wurde auf den
direkten solaren Wasserstoff- Porenanteil (ca 40%)
umgerechnet, der zum
erzeugung Protonenfluss beitra-
gen kann.
Pflanzen sammeln bei der Photosynthese keinen
Strom, sondern wandeln Licht über elektroche-  Abbildung 6
Asparagin mische Energie direkt in Brennstoffe um (Abb. 8). Aminosäuren mit ihren
Während die direkte photoinduzierte Brenn- Protonen-aktiven
stofferzeugung nach der ersten Energiekrise Gruppen (Aminogrup-
in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts noch pe und Karboxylgrup-
Poren- ernsthaft diskutiert wurde, hat die Hoffnung auf pe) und mögliche Pro-
wände
sehr billige Solarzellen die Bemühungen, von tonen-Übertragungs-
der Natur in dieser Hinsicht zu lernen, verdrängt. wege entlang von
R-COOH R-COO- + H+ Trotzdem sind einzelne Initiativen weitergeführt Silika modifizierten
R-NH2 + H + R-NH3+ worden, um über zwei Photonenanregungen in Porenkanälen.
hintereinandergeschalteten photovoltaischen
Strukturen genügend Energie zu sammeln. 113
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Sonnenlicht

Abbildung 8
NADPH
Prinzip der photo-
synthetischen ATP
Membran.
O2

H2O

photosynthetische Brennstofferzeugung Köcherbaum

CIS
hv Beleuchtung

hv
Abbildung 9 Ti TiO2 Statt ZnO,
AR coating [ZnS(50nm)/MgF2(70nm)] dotiert mit
Links: Bisher wirksam- p+-Al0.8Ga0.2As 50nm H2 Katalysator

p+ -GaAs Au-Zn/Au
stes Tandem Modell- p+-Al(0.3-0.15)Ga(0.7-0.85)As 300nm

system zur Wasserstoff- n-Al(0.15)Ga(0.85)As 1.0µm


n+-Al(0.15)Ga(0.85)As 1.7nm
Erzeugung (solare Quer- H2
n-GaAs 20nm
schnitt Licht
Effizienz 18 %) mit vergrößert GaAs(Buffer Layer) 10nm
RuO2

zwei hintereinander p+-Si 1.0µm


n-Si 350µm
geschalteten Solarzel- Licht
RuO2

n+-Si 800nm
len [5]. Rechts: die Au-Sb/Au
O2
vorgeschlagene, auf
Plblack

TiO2 basierende, kor-


rosionsstabile Mem- 1M HCIO4 TiO2 (C,N,S)-dotiert mit
O2 Katalysator
bran zur Wasser-
spaltung. bestes Modellsystem (18 % Wirkungsgrad) TiO2 basierte Brennstoff-Membran

Auf diese Weise wird direkt, d. h. ohne dazwi- Kontakt mit Wasser gebracht werden konnten.
schenliegende Stromsammlung und ohne Nut- Um die photosynthetische Membran technisch
zung eines spezialisierten Elektrolysators, Was- nachzuempfinden, braucht man Materialien,
serstoff aus Wasser erzeugt (Abb.9). Der Rekord die im Kontakt mit Wasser reaktiv und gleich-
auf diesem Gebiet, erzielte mit einer 20 % effi- zeitig langzeitstabil bleiben können.
zienten Tandem-Photovoltaikstruktur eine solare Es ist schon seit 30 Jahren bekannt, dass TiO2,
Effizienz der Wasserstoffenergieerzeugung von wenn es das ultraviolette Licht aus der Sonnen-
18 % [5]. Dies heißt, dass 90 % der photovol- strahlung absorbiert, oxidativ mit Wasser rea-
taischen Energie über angepasste Katalysatoren gieren kann und Sauerstoff aus diesem befreit.
direkt in Wasserstoffenergie umgewandelt Bei diesem Prozess entstehen chemische Radi-
werden konnte. Dies wäre für ein technisches kale, die organische Moleküle zu CO2 und Was-
System im Vergleich mit der Photosynthese, ser oxidieren können. Diese Eigenschaft wird in
wo auch bei drei Zuckerrohr-Ernten pro Jahr letzter Zeit immer mehr zur Herstellung selbst-
im Jahresmittel nicht mehr als 0,5 % der Solar- reinigender Oberflächen genutzt. Als kürzlich
energie in chemische Energie (Biomasse) um- berichtet wurde, dass bei Kohlenstoff- oder
gewandelt werden kann, eine eindrucksvolle Stickstoffdotierung von TiO2 dieses Material
Leistung. Es blieb aber das Problem, dass die auch im blauen Bereich des sichtbaren Spek-
verwendeten Silizium- und Galliumarsenid- trums des Solarlichtes photoempfindlich wird
114 Halbleitermaterialien nicht ohne weiteres in und mit Wasser reagiert [6, 7], schien der
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Zeitpunkt für den Versuch, eine wasserstabile Kunststofflinse


integrierte photovoltaische
photosynthetische Membran zu entwickeln, Membran mit TiO2 Oberfläche Sonne
gekommen zu sein.
reflektierte Oberfläche
Abb. 9 zeigt die am HMI entwickelte Struktur. (Al bedeckt mit SiO2 Schicht)
Eine Titanfolie wird auf der einen Seite oxidiert
und mit Dotierstoffen sowie einem Katalysator
O2
versehen. Auf der anderen Seite wird eine stark H2
vereinfachte CuInS2 (CIS)-Solarzelle aufgesput-
Wasser
tert. Sie enthält aber keine stromsammelnde Wasser

Struktur. Auch wird die für Dünnschicht-Solarzel-


len typische, stromsammelnde Zinkoxid-Schicht
durch Titandioxid ersetzt, das zwar schlechter
Elektronen leitet aber in diesem Fall die Elektro- Winston- artige Kollektorstruktur

nen lediglich durch die Membran hindurch zur Konzentrator (optional)


Wassergrenzfläche transportieren muss, wo im
Titanoxid auch Katalysatoren für die Wasser-
Strom
stoffentwicklung eingebracht sind. Auf diese
Weise liegt eine Membran vor, die auf beiden Sonne
Seiten von Titanoxid begrenzt ist, das bekannt-
lich thermodynamisch stabil ist. Die Elektronen,
Brennstoffzelle Wärme
die auf der einen Seite dem Wasser entnommen
werden, werden in zwei Schritten (im Titanoxid
und in der vereinfachten CIS-Solarzelle) ange-
regt, um anschließend dem Wasser zugefügt zu
werden, aus dem sich Wasserstoff entwickelt.
O2 H2
Leider hat sich die Hoffnung auf im sichtbaren
Spektralgebiet photoaktives N oder C dotiertes Wärmeaustauscher
Titanoxid für die Wasserspaltung bisher nicht
bestätigt [8], so dass weitere TiO2 -Materialstra- Gasaustauscher und Zwischenspeicher
tegien erforscht werden müssen. Nichtsdesto-
weniger funktioniert die brennstofferzeugende
Membran im Prinzip. Aber es sind in Richtung
realistischer Energieumsätze noch größere For- Kontur, das Licht ganztägig auf die photosyn- Abbildung 10
schungsherausforderungen zu bewältigen. thetische Membran lenken. Man braucht den Technologische Reali-
Schlauch nur in Form einer Schnecke auszule- sierung einer direkten,
Ein bionisch-technisches Modell einer photosyn- gen, um einen flächenförmigen Kollektor zu lichtinduzierten Was-
thetischen, brennstofferzeugenden Membran erzielen, der das Licht in die Schlauchstruktur serstoffproduktion für
allein reicht für eine realistische neue Technolo- einlässt, die mit dem durchströmenden Wasser Brennstoffzellen mit-
gie nicht aus. Die Technik kann sich eine so Wasserstoff und Wärme zu den entsprechenden tels einer in ein Ener-
hochentwickelte Brennstofflogistik, wie die der Austauschsystemen führt. Solche Strukturen gie-Kabel integrierten
Pflanzen, nicht leisten, weil Selbstorganisations- könnten einmal auf unseren Dächern direkt Brennstoff-Membran.
prozesse noch nicht beherrscht werden. Die Wasserstoff für Brennstoffzellen bereitstellen. Ein zu einer Schnecke
einfachste Geometrie, in der auch der Brenn- Man erkennt, dass bei dieser Technologie die zusammengerolltes
stoff-Transport gut gehandhabt werden kann, Kabelindustrie der geeignete Kooperationspart- Kabel ergibt den
ist in Abb. 10 dargestellt. Wir erkennen einen ner wäre. Verglichen mit der Wasser-Elektrolyse solaren Kollektor,
Schlauch oder ein Kabel, in dem die brennstoff- durch Photovoltaik-Strom ergeben sich ein- der Wasserstoff und
erzeugende Membran so eingepasst ist, dass drucksvolle Chancen zur Kostenreduktion. Wärme liefert.
sie zwei Wasserräume trennt. An der Oberseite Die TiO2 Materialkosten sind niedrig, die Solar-
ist eine durchsichtige Kunststoffbahn in Form zelle verzichtet auf Stromsammlungsstrukturen
einer optischen Linse gefertigt. Durch diese und die hochleitende Zinkoxid-Schicht. Eine
dringt das Sonnenlicht ein und kann, reflektiert Versiegelung der Membran erübrigt sich und es
durch eine winstonkollektorartige reflektierende werden weder elektrische Leitungen noch eine 115
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FVS Themen 2004

Elektrolyse-Einrichtung benötigt. Auch ist der [3] H. Tributsch, L. Pohlmann,


photoelektrochemische Prozess energetisch effi- Synergetic Mechanisms in Energy and
zient, weil die reaktive TiO2-Fläche groß und Signal Transduction: Photo Oscillating
die Stromdichte klein ist. Proton Transport in Bacteriorhodopsin,
J. Theoretical Biology 178 (1996) 17-28

Ausblick [4] H.-J. Leem, J. Rojas-Chapana,


S. Fiechter, H. Tributsch,
Noch ist diese Technologie eine Zukunftsvision. Bio-Analogue Amino Acid
Aber es lohnt sich, über die Wege der Natur Lined Proton Conducting Channels for
nachzudenken. Schließlich waren es im Prinzip Fuel Cell Membranes. In Vorbereitung
analoge photokatalytische Prozesse in der pho-
tosynthetischen Membran, welche die Existenz [5] S. Licht , B. Wang,S. Mukerji,
höheren Lebens ermöglichten und auch die T. Soga, M.Umeno , H. Tributsch,
Masse der fossilen Brennstoffe ansammelten. Efficient Solar Water Splitting, Exemplified
Leider fehlt die Technologie der photokataly- by RuO2-Catalyzed AlGaAs/Si Photoelectro
tischen Wasserspaltung in allen Zukunftspro- lysis, J. Phys. Chem. B, 104, (2000)
gnosen der Solarenergie. Aus diesem Grund 8920-8924
wird diese Technologie zur Zeit nicht gefördert.
[6] R. Asahi, T. Morikawa, T. Ohwaki,
Die Beispiele aus der Energie-Bionik zeigen aber K. Aoki, Y. Taga,
dass es sinnvoll ist, den Entwicklungstendenzen Visible-Light Photocatalysis in Nitrogen-
der Natur zu folgen, um schneller zu relevanten, Doped Titanium Oxides,
für den Menschen nutzbaren Technologien zu Science 293 (2001) 269
gelangen. Gerade bei der Entwicklung nachhal-
tiger Energietechnologien, wo die Menschheit [7] S.U.M. Khan, M. Al-Shary, W.B. Ingler Jr.,
wegen der Umweltproblematik keine Zeit zu Efficient Photochemical Water Splitting by
verlieren hat, sollte man die lange Evolutionser- a Chemically Modified n-TiO2, Science
fahrung der Natur nutzen. 297 (2002) 2243

[8] B. Neumann, P. Bogdanoff,


H. Tributsch, S. Sakthivel, H. Kisch,
Electrochemical Mass Spectroscopic and
Literatur
Surface Voltage Studies of Catalytic Water
Oxidation by Undoped and Doped Titania,
[1] M. Hilgendorff, I. Dorbandt, J. Phys. Chem. B. eingereicht
H. Schulenburg, M. Bron, S. Fiechter,
P. Bogdanoff, H. Tributsch,
Platinfreies Chelat-Katalysatormaterial
für die selektive Sauerstoffreduktion und
Verfahren zu seiner Herstellung.
Patent: DE 101 32 490 A 1,
Offenlegungstag: 30.01.2003

[2] P. Bogdanoff, I. Herrmann, M. Hilgendorff,


I. Dorbandt, S. Fiechter, H.Tributsch:
Probing Structural Effects of Pyrolysed
CoTMPP-Based Electrocatalysts for Oxygen
Reduction via New Preparation Strategies.
New Materials for Electrochemical
Systems, 7 (2004) 85-92
116
f_bz_anwendung_end.qxd 13.04.2005 9:57 Uhr Seite 117

Brennstoffzellen und
Wasserstofftechno-
logien in der Praxis
• Die keramische Brennstoffzelle als
Energiewandler für die Sromerzeugung
im Auto

• Brennstoffzellen im Einsatz als dezentrale


Kraft-Wärme-Kopplung

• Brennstoffzellen für die


Mikroenergietechnik

• Wasserstofftechnologie in stationären
autonomen Systemen

117
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Dr. Franz-Josef Wetzel • Die keramische Brennstoffzelle als Energiewandler im Auto


FVS Themen 2004

Die keramische Brennstoffzelle


als Energiewandler für die
Stromerzeugung im Auto
Dr. Franz-Josef Wasserstoff als Kraftstoff Zur Darstellung zukunftsträchtiger Antriebs-
Wetzel systeme für Benzin, Diesel und Wasserstoff
Realistische Energie-, Umwelt- und Verkehrs- werden sowohl in den Unternehmen als auch in
BMW Group
szenarien gehen davon aus, dass das Automobil der Öffentlichkeit verschiedene Lösungsansätze
franz-josef.wetzel@bmw.de
auch weiterhin Basis der Mobilität bleibt. vertreten. Die BMW Group favorisiert hierbei
Es wird jedoch in Zukunft neben Benzin auch eine Strategie, bei der die Zahl von Energie-
Dr. Evelyn Proß mit anderen Kraftstoffen betrieben werden. umwandlungsschritten und der zugehörigen
BMW Group Dabei stellen Erdgas und insbesondere Wasser- Bauteile auf einem Minimum gehalten werden.
evelyn.pross@bmw.de stoff die saubersten Alternativen dar. Wasser- Die Abb. 1 zeigt den Paradigmenwechsel in
stoff macht vor allem dann Sinn, wenn er mit der Stomversorgung [2].
Hilfe von regenerativem Strom umweltneutral
Dr. Günther
aus Wasser hergestellt wird. Als Verbrennungs-
Schiller
produkt entsteht im Wesentlichen wieder Brennstoffzellen-APUs
DLR
der Ausgangsstoff Wasser.
guenter.schiller@dlr.de
Unabhängig vom Kraftstoff ergibt sich das ge-
Die BMW Group setzt mittel- und langfristig meinsame Optimum von Mobilität und ener-
auf diese Option. Das Unternehmen sieht darin getischer Effizienz der Transportleistung, durch
die beste Möglichkeit, optimale Schonung der eine geschickte Aufteilung der Leistungsbereit-
Umwelt mit Mobilität verbinden zu können. stellung für den Vortrieb und für die Nebenag-
Wegen seiner bestechenden Praxiseigenschaften gregate des Fahrzeugs.
gilt dabei der wasserstoffbetriebene Verbren-
nungsmotor als der Zukunftsantrieb [1]. Bei diesem Konzept wird der Verbrennungs-
motor von möglichst vielen Aufgaben zur Bereit-
Solange Wasserstoff als Kraftstoff in geeigneten stellung von Hilfsenergien befreit. Er kann somit
Mengen praktisch noch nicht verfügbar ist, für seine Aufgaben als Energiewandler für den
bietet sich das ungiftige Erdgas über die kom- Antrieb optimiert werden (Abb. 2).
menden Jahrzehnte als erdölschonende und
umweltfreundliche Zwischenlösung an: Wenn sinnvoll, werden die Nebenaggregate
Mit Erdgas betriebene Motoren emittieren bei- des Automobils elektrifiziert und können da-
spielsweise rund 20 % weniger klimarelevantes durch noch bedarfsgerechter als bisher betrie-
CO2 und 80 % weniger ozonbildende Kohlen- ben werden. Sinnvoll ist dies jedoch nur, wenn
wasserstoffe. Damit können die strengen kali- das zeitliche Integral über die typischen Nut-
fornischen Grenzwerte für „Ultra Low Emission zungstechniken einen geringeren Energiever-
Vehicles“ schon heute erfüllt werden. brauch ergeben, oder wenn sich bei gleichem
Gleichzeitig ist die Technologie von Erdgas- Verbrauch aus Kundensicht signifikante Nut-
und Wasserstoffmotoren ähnlich. Deshalb war zungsvorteile ergeben – z. B. hinsichtlich
die BMW Group der erste europäische Auto- Komfort.
mobilhersteller, der serienmäßig gefertigte
Erdgasautomobile am Markt anbot und damit
den ersten konsequenten Schritt in Richtung
Wasserstoffautomobil gezielt vollzog.

118
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Dr. Franz-Josef Wetzel • Die keramische Brennstoffzelle als Energiewandler im Auto


FVS Themen 2004

Heute:
Abbildung 1
50 – 70 % (Generator) 10 – 17 % Paradigmenwechsel in
100% 20 – 25 %
70 – 90 % (KSG) 14 – 22 % der Stromversorgung:
Die Prozentangaben
bezeichnen den durch-
schnittlichen Wirkungs-
grad.

Zukünftig:

100% 35 – 50 % (BZ-APU) 35 – 50 %

Teillast: Zunahme des Wirkungsgrads

Die Jahresenergiebilanz elektrifizierter Neben-


aggregate wird gegenüber den ausgereiften Die Antriebsstrategie der BMW Group.
heutigen Systemen in der Regel nur dann besser
sein, wenn die Bereitstellung der elektrischen
Energie mit signifikant höherem Wirkungsgrad
erfolgt, als dies durch die bisherige Technolo-
gie der keilriemengetriebenen Generatoren
möglich ist.

Die BMW Group sieht für diesen Zweck eine


sinnvolle Einsatzmöglichkeit von Brennstoffzellen Abbildung 2
auch wenn sie heute im Vergleich mit guten Jedes System macht
Hubkolbenmotoren leistungsbezogen immer Mechanische Leistung > 100 kW was es am besten
noch sehr kostenintensiv sind. kann: Wasserstoff-
motor und Brennstoff-
Will man Brennstoffzellen schon im Benzin- zelle für die Strom-
und Dieselzeitalter eine Marktchance eröffnen, versorgung.
so benötigen diese Gasbereitstellungsanlagen
geringes Gewicht, kleines Volumen und geringe
Kosten. Eine Eigenschaftsbewertung verschie-
dener Bauformen von Brennstoffzellen als Hilfs-
energie-Bereitstellungsanlagen (Auxiliary Power
Elektrische Leistung > 1 kW
Unit, APU, [2]) ergibt signifikante Vorteile für 119
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Dr. Franz-Josef Wetzel • Die keramische Brennstoffzelle als Energiewandler im Auto


FVS Themen 2004

Benzin HT NT
Reformer Shift Shift CO-Reinigung PEMFC

800 °C CO + H2O CO2 + H2 80 °C

Benzin
SOFC
Reformer
Abbildung 3 H2, CO

Vergleich PEMFC 800 °C 800 °C


mit SOFC im
Benzinbetrieb Eigenschaften der SOFC-Technologie

+ Umwandlung von CO in Strom


+ Keine Platin-Katalysatoren für die Elektroden
+ Kein Wassermanagement für Elektrolyt notwendig
+ Kühlung mit Reaktionsluft
- Hohe Betriebstemperatur

die keramische Variante, welche allerdings erst legung des Brennstoffzellenblocks bei Abküh-
bei Temperaturen oberhalb von ca. 650 °C lung der APU auf Umgebungstemperatur einige
funktioniert (Abb. 3). Daraus resultiert jedoch Minuten Anwärmzeit in Kauf genommen wer-
ihr Hauptnachteil. Sie kühlt bei längeren Be- den müssen.
triebspausen aus. Werkstoffbedingt verträgt sie
beim Wiederhochheizen thermomechanische Die Lebensdauer der einzelnen Brennstoffzellen
Spannungen nur in begrenztem Maße. Daraus unter automobilen Betriebsbedingungen spielt
resultiert, dass trotz automobilorientierter Aus- eine zentrale Rolle. Sie hängt sowohl von der

Kathode (La,Sr)MnO3
Abbildung 4
Schnitt durch Elektrolyt (Zr,Y)O2 50 µm
eine plasmage-
spritzte SOFC
Quelle: DLR Anode (Zr,Y)O2 + Ni

metallisches Substrat

120
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Dr. Franz-Josef Wetzel • Die keramische Brennstoffzelle als Energiewandler im Auto


FVS Themen 2004

Stromsammler

Abbildung 5
10 µm Kathoden-Funktionsschicht
Schnitt durch
eine gesinterte ASC
(Anoden Supported Cell)
Quelle: FZ Jülich

5 µm Elektrolyt

7 µm Anoden-Funktionsschicht

Substrat

FZJ - IWV 2001 EHT = 10.00 kV Detector = BSE WD = 12 mm 2 µm

konstruktiven Auslegung als auch vom Her-


stellungsverfahren der keramischen Reaktions-
Herausforderungen
schichten ab (Abb. 4 und 5). Diese Erkenntnisse
wurden bereits frühzeitig in den Entwicklungs-
• Entwicklung von Komponenten, die
prozess der APU integriert (Tab.1).
gegenüber Last- und Thermozyklen
tolerant sind
Nach mehr als 10 Jahren Brennstoffzellen-
Praxiserfahrung wurde nun die weltweit erste
• Verbesserung der Schnellstartfähigkeit
Brennstoffzellen-APU auf Basis einer kerami-
schen Brennstoffzelle in einer Limousine der
• Erhöhung der volumetrischen und
BMW 7er Reihe der Öffentlichkeit vorgestellt
gravimetrischen Leistungsdichte
[3]. Diese benzinbetriebene APU wurde mittels
sowie der Lebensdauer
einer isolierten Box im Bereich der bisherigen
Ersatzradwanne in den Kofferraumboden inte- Tabelle 1
• Reduzierung der Kosten
griert. Damit wurde ein integriertes Package- SOFC-Forschungs-
konzept von Karosserie, Fahrwerk und APU er- bedarf aus BMW-Sicht
Maßnahmen reicht. Das System liefert eine Spannung von
42 V und erfüllt damit die Anforderungen
• Wahl und Optimierung von zukünftiger Bordnetze.
Materialien und Fertigungsverfahren
Trotz der Erfolge gibt es weiterhin großen
• Änderung des Designs Forschungs- und Entwicklungsbedarf für Brenn-
stoffzellen-APUs:
• Anpassung der Betriebsweise
Die Brennstoffzellen-APU erschließt durch die
motor- und batterieunabhängige Bereitstellung
elektrischer Leistung neue Fahrzeugfunktionen, 121
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Dr. Franz-Josef Wetzel • Die keramische Brennstoffzelle als Energiewandler im Auto


FVS Themen 2004

auch bei dessen Fahrzeugstillstand [4]. So kön- optimal betrieben werden. Der zukünftig stark
nen z. B. zusätzlich zur Standheizungsfunktion zunehmende Elektrizitätsbedarf der Fahrzeuge
u.a. die Sitze elektrisch vorgeheizt werden. Bei kann somit mit Brennstoffzellen-APUs gedeckt
sommerlicher Hitze kann der Fahrgastraum via werden [4].
elektrisch betriebenem Klimakompressor bereits
vor der Fahrt auf angenehme Temperaturen Pro Kilowatt Leistungsbedarf des elektrischen
gebracht werden. Multimedia- und Kommuni- Bordnetzes erschließt die keramische Brenn-
kationsanwendungen, wie z. B. das Internet, stoffzellen-APU einen Verbrauchsvorteil von
werden auch im Fahrzeugstillstand möglich. mehr als 0,5 Liter Benzin oder Diesel pro hun-
In einigen Jahren können die dann elektrifizier- dert Kilometer. Hinzu kommt die Erschließung
ten Nebenaggregate eines Automobils sowohl von Verbrauchsminderungspotenzialen durch
im Fahrbetrieb als auch im abgestellten Zustand die Optimierung der Verbrennungsmotoren
komforterhöhend und gleichzeitig verbrauchs- auf ihre Antriebsaufgabe.

Abbildung 6
BMW 750 hl –
Wasserstofffahrzeug
mit Brennstoff-
zellen-APU (PEM)
in Kleinserie
Partner: IFC/UTI

Leistung: 5 kWe / Spannung: 42 V / Wirkungsgrad: 35-50 % (Gesamtsystem)


Volumen: 20 l (Stack) 48 l (Gesamtsystem) / Gewicht: 22 kg (Stack) 45 kg (Gesamtsystem)

Brennstoffzellen-Stack
Erzeugung elektrischer Energie
aus Reformat (H2 und CO)

Energie-Rückgewinnung
Abbildung 7 Restgasverbrennung, Aufheizung Reaktionsluft
Brennstoffzellen-
APU für Benzinfahr-
zeuge. Delphi 1,5 kW
SOFC APU-Gesamt- Hauptreformer
Aufheizung Stack, Erzeugung von Reformat
system („Hot-Box“)
(20 % H2, 20 % CO, 3 % CH4, Rest N2)
der 1. Generation

Mikroreformer
Start Hauptreformer

Luft-Gebläse Kraftstoffversorgung
Reaktionsluft und
122 Kühlluft
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Dr. Franz-Josef Wetzel • Die keramische Brennstoffzelle als Energiewandler im Auto


FVS Themen 2004

Literatur
[1] CleanEnergy – Wasserstoffantrieb
Informationen der BMW Group,
D-80788 München

[2] J. Tachtler, Thomas Dietsch and


Georg Götz
Fuel Cell Auxiliary Power Unit –
Innovation for Electric Supply of Passenger
Cars, 2000-01-0374; SAE 2000 World
Congress, Detroit, March 6-9, 2000

[3] Andreas Klugescheid, Thomas Gubitz


BMW Group presents first car with petrol
fuel cell for onboard electricity supply
BMW Group, Corporate Communications,
Media Information, D-80788 Munich,
E-Mail: presse@bmw.de

[4] Burkhard Göschel, Member of the Board


of Management of BMW Group,
R&D Presentation of the SOFC Prototype
Vehicle, Februar 16, 2001BMW Group,
Corporate Communications, Media
Information, D-80788 Munich

123
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

Brennstoffzellen im Einsatz als


dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung
Dr. Klaus Heikrodt Einleitung Versorgung von Ein- und
Viessmann Werke
Die vom Menschen verursachten CO2 - Emissio-
Zweifamilienhäusern
GmbH & Co KG
nen führen offensichtlich zu einer Klimabeein-
drh@viessmann.com
flussung. Aus diesem Grund hat die Bundesre- Im Jahr 2000 umfasste die Wohnbevölkerung
gierung beschlossen, diese Emissionen bis 2005 in Deutschland 82,2 Mio. Menschen, die in
Dr. Christof Wittwer um 25 % gegenüber dem Stand von 1990 zu einem Bestand von 38,4 Mio. Wohnung lebten.
Fraunhofer ISE reduzieren. Diese Zielsetzung, ist ohne maßgeb- Die Gebäudestruktur weist in 2001 10,24 Mio.
christof.wittwer@ise.fhg.de liche Mitwirkung der Hausenergietechnik nicht Einfamilienhäuser, 3,37 Mio. Zweifamilienhäu-
zu erreichen. Im Vergleich zu anderen Kraft- ser und 1,97 Mio. Mehrfamilienhäuser auf [2].
Dr. Joachim Scholta Wärme-Kopplungsanlagen weist nach Vorunter- Anlagenanzahl und Energieverbrauch machen
ZSW suchungen die erdgasbetriebene Niedertempe- den Markt der Ein- und Zweifamilienhäuser
joachim.scholta@zsw-bw.de ratur-Brennstoffzelle das größte Potenzial auf, sowohl im Bestand als auch im Neubau interes-
dezentral und im kleinem Leistungsbereich mit sant, er ist aber hinsichtlich der Anforderungen
hohem elektrischen Wirkungsgrad, die elektri- sehr schwierig. Abb. 1 zeigt das Anlagenschema
sche Energieversorgung im Haushalt zu unter- einer Brennstoffzellen-Hausenergieversorgungs-
stützen und die Wärmeerzeugung mit äußerst anlage.
niedrigen Schadgasemissionen zu übernehmen.
Die Brennstoffzelle muss nach wirtschaftlichen
Die Viessmann Werke arbeiten seit 2000 an der Gesichtspunkten ausgelegt und betrieben wer-
Entwicklung einer Brennstoffzellenanlage, im den. Die Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen-
Rahmen eines vom Bundesministerium für Wis- anlagen wird durch das Kraft-Wärme-Kopp-
senschaft und Arbeit (BMWA) geförderten Ver- lungs-Gesetz und die ökologische Steuerreform
bundvorhabens [1]. Die Schwerpunkte der Ent- unterstützt [3,4]. Danach erhalten Betreiber von
wicklungsarbeiten bei Viessmann liegen in der KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung
Entwicklung des Gaserzeugungssystems, des unter 2000 kW und einem Jahresnutzungsgrad
Brennstoffzellenstacks und der Senkung der bis- der Anlage über 60 % eine Befreiung von der
her hohen Systemkosten, sowie der Steigerung Öko-Mineralölsteuer von 0,366 Ct/kWh (H0)1
von Lebensdauer und Zuverlässigkeit. Im Rah- bei Erdgas und zusätzlich bei einem Jahres- bzw.
men des Forschungsvorhabens wurde die Ent- Monatsnutzungsgrad von mindestens 70 %
wicklung mehrerer Laborgeräte durchgeführt. auch von der bisherigen Mineralölsteuer von
Derzeit laufen Lebensdaueruntersuchungen an 0,184 Ct/kWh (H0) bei Erdgas. Aus Abb. 2 [4]
Komponenten und Gesamtanlagen mit Blick lässt sich auch der ökologische Nutzen einer
auf erste Anwendungsversuche in 2005. KWK-Anlage erkennen. Im Vergleich zur Strom-
erzeugung aus Kohlekraftwerken und Wärme-
erzeugung mit einem Heizöl-Kessel kann mit
einer KWK-Anlage 36 % Primärenergie und
58 % CO2 eingespart werden.

Der jährliche Stromverbrauch von Einfamilien-


häusern ist abhängig von verschiedenen Fak-
toren wie Personenzahl im Haushalt, Art und
Fläche und elektrischer Ausstattung.

1
124 H0 = oberer Heizwert
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

Hausbedarf
Strom-Netz
P Strom Heizung Brauchwasser
P P P

t t t t Abbildung 1
Anlagenschema
Hausanschluss einer Brennstoffzellen-
Brauchwasserspeicher
Regelung Hausenergieversor-
Strom
gungsanlage
Wasser
Wechselrichter
Wärme
Demi-Patrone

Wasser PEM-FC
Erdgas

Reformat + Luft Erdgas


Methan
Dampfreformer
Feinreinigung Brenner

Der Warmwasserbedarf wird in einer VDI-Richt- Die elektrische Leistung ist mit 2 kW für ein
linie [5] behandelt; näheres zum Strom- und Einfamilienhaus eher hoch veranschlagt, der
Wärmebedarf kann in einer Broschüre über erd- gute Teillastwirkungsgrad der Brennstoffzellen
gasbetriebene Brennstoffzellen-Hausanlagen [1] und eine Modulation von 1:5 sprechen für
nachgelesen werden. Aus diesen Überlegungen diese Auslegung. Die Auslegungsdaten sind
resultiert die Auslegung der Brennstoffzellenan- in Abb. 3 zusammengefasst.
lage. Die elektrische Nettoleistung wurde mit
2 kW festgelegt, woraus sich eine thermische
Leistung von 5 kW ergibt.

Energieeinsatz Energieeinsatz
Stromerzeugung
getrennte Erzeugung BHKW
159 100 hel=36%
ca. 52 % ca. 19%
Wärme
Erzeugung
getrennte

34 ca. 40 %
Kraftwerk 100 %
100 Verluste
Kohle 100 Strom Gas
Erdgas Abbildung 2
hel=36% 2
ca. 41%

64
ca. 48 % Strom Getrennte
hth=85% Energieerzeugung
53 Wärmeerzeugung
im Vergleich zur
Wärme
Kessel Kraft-Wärme-Kopplung
Kraft- Wärme-

Abgas
Heizöl EL 59 ca. 10 %
Kopplung

hth=90% Verluste
Block-
100 % ca. 60 %
heizkraftwerk
Gas Wärme
6 72 Verluste 13 Verluste
ca. 30 %
Strom

Primärenergieeinsparung = 37%
CO2 - Einsparung = 59% 125
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme zur Hausheizung


und Trinkwassererwärmung in Ein- und Mehrfamilienhäusern

Brennstoffzelle
PEMFC 2 kWelNetto
Modulationsgrad 1:5
Druck Normaldruck
Kathode Betrieb mit unbefeuchteter Luft
Abbildung 3 CO-Toleranz < 20 ppm Betrieb ohne air bleed
Auslegungsspannung > 650 mV bei 0,6 A/cm2
Auslegungsdaten Wasserstoffumsatz > 80 %
einer Brennstoff- Luftumsatz > 60 %

zellen-Hausanlage Gesamtanlage
Heizmitteltemperaturen bis 75 °C
Ges. Wirkungsgrad > 90 % Niedertemperatur-Heizkreis
Elektr. Wirkungsgrad > 32 %
Lebensdauer > 40.000 h
Geringer Wartungsaufwand
Kaltstartzeit (20 °C) < 15 min
Thermische Leistung 3-5 kW
Gewicht 120 kg
Abmaße 60 * 70 * 100 (cm)
Wärmespitzenabdeckung Zusatzgerät

Stand der Entwicklung am umgewandelt wird. Dieses Konzept ermöglicht


den Verzicht auf zwischengeschaltete Wärme-
Beispiel der SOFA 3-Anlage tauscher in der Gasreinigung. Die in der SOFA
3-Anlage realisierte Gaserzeugung ist in Abb. 4
Gaserzeugung wiedergegeben.
Für die Gaserzeugung wurde aus energetischen-
und Gasqualitätsgründen das Konzept der Die Entwicklungsfortschritte sind in Abb. 5
Dampfreformierung gewählt. Nach der Refor- dargestellt. Der erste Prototyp SOFA 1 ist mit
mierung erfolgt eine zweistufige Gasreinigung, einer Gaserzeugung bestehend aus Reformer,
in der das verbleibende Kohlenmonoxid (CO) Hochtemperatur-Shift, Niedertemperatur-Shift,
in einer sogenannten chemischen Shiftreaktion selektive Oxidation und zwei umluftbefeuch-
zu CO2 beziehungsweise zu CH4 (Methan) teten Brennstoffzellen-Stapeln ausgeführt.

Luft Rauchgas trockene Zuluft

Brenner
Abbildung 4
Shift- Methani- Stack
Gaserzeugung in der Reformer WT reaktor sierung WT 60 Zellen
SOFA 3-Anlage

Wasser

Erdgas Abluft zur


Doppelmantelkühlung

Anodenrestgas
WT = Wärmetauscher
126
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

Der dritte Prototyp SOFA 3 hat eine Gaserzeu-


gung nach Abb. 4 und einen Stack mit unbe-
feuchteter Kathode. Größe und apparativer Auf-
wand sind wie in Abb. 5 zu sehen durch diese
Maßnahmen entschieden reduziert worden.

Im Zuge der angestrebten Lebensdauer von


40.000 h wurden Untersuchungen zum Einfluss
von Schadgasen auf die Brennstoffzellen-Leistung
durchgeführt. Hierbei ergab sich eine relative
Unempfindlichkeit der Zelle auf Belastungen mit
Ethylen, andererseits eine sehr hohe Empfind-
lichkeit auf Schwefelwasserstoff, welcher voll-
ständig aus dem Anodengas entfernt werden
muss. Dieses erfolgt über eine in die Gasauf-
bereitung integrierte Entschwefelungseinheit.

Brennstoffzellen-Stapel Gesamtsystem Abbildung 5


Die Brennstoffzellen-Stapelentwicklung führte Das Gesamtsystem Prototyp SOFA 3 ist in Größenvergleich der
von den zwei Stapeln – in der technischen Um- Abb. 5 dargestellt. Das Gerät kann mit gängi- Prototypen SOFA 1
gangssprache als Stacks bezeichnet – mit Um- gem Erdgas betrieben werden, eine Entschwe- und SOFA 3
luftbefeuchtung und 140 Zellen auf einen Stack felung ist im Gehäuse untergebracht. Die elek-
mit 60 Zellen, der ohne zusätzliche Kathoden- trische Bruttoleistung beträgt 2,2 kW Gleich-
befeuchtung betrieben werden kann. strom, das entspricht einer Nettoleistung von
2,0 kW Wechselstrom. Der elektrische Wir-
Beide Prototypen lieferten 2 kW elektrische kungsgrad ist mit 28 % noch nicht im Zielge-
Leistung. Der Luftumsatz an der Kathodenseite biet, eine Verbesserung ergibt sich aber schon
wurde deutlich erhöht, um den Wasseraustrag mit der zunehmenden Güte der elektrischen
mit der Abluft zu reduzieren. Die technischen Komponenten des Gesamtsystems (wie zum
Daten und die Ausführung des Stacks im Pro- Beispiel Wechselrichter, elektrische Pumpen
totyp SOFA 3 sind in Abb. 6 dargestellt. und Ventile).

DC-Leistung 2,2 kW
(650 mV mittlere Zellspannung)
60 Zellen (39 V Nennspannung)
Zellfläche 140 cm2
(Stromdichte 400 mA/cm2)
Nennleistungsdichte 0,27 W/cm2
Abbildung 6
Stacktemperatur 70 °C
Technische Daten
Kühlung Wasserkühlung des Stacks im
H2-Umsatz > 70 % bei Dampfreformat Prototyp SOFA 3
(H2-Gehalt ca. 75 %)
Luftumsatz > 50 %
Druckverluste Anode < 10 mbar
Kathode < 10 mbar

127
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

Versorgungsobjekt Saniertes Einfamilienhaus (5 Personen)


sucht, die einerseits die Betriebskosten und an-
dererseits den Primärenergiebedarf minimieren.
Beheizte Fläche 180 m2

Spezifischer Raumwärmebedarf 78 kWh/m2a 1. Stromgeführter Betrieb


Warmwasserverbrauch 2600 kWh/a Abhängig von dem Speicherzustand und den
Stromverbrauch 5500 kWh/a Lastgrenzen (Teillastgrenze und Nennbetriebs-
Brennstoffzellen-BHKW 2 kW PEM punkt) des BHKW folgt die Anlage dem aktuel-
Elektrischer Wirkungsgrad 29,5 % len Strombedarf des Gebäudes.
Thermischer Wirkungsgrad 50,5 %

Wärmespeicher Schichtspeicher mit integriertem Gasbrenner


2. Wärmegeführter Betrieb
Bei Wärmebedarf wird das Brennstoffzellen-
Volumen 750 l
BHKW zugeschaltet und erst nach Überschrei-
Leistung Gasbrenner 10 kW
ten des vorgegebenen Solltemperaturbereichs
Elektrisches Netz:
wieder abgeschaltet.
Wirkungsgrad des Stromerzeugungsmixes 39,1 %

Strompreis (inkl. MWST) 15,31 Cent/kWh 3. Betriebskosten-optimierte Regelstrategie


Einspeisevergütung 8 Cent/kWh Auf Basis von Lastprognosen wird der Arbeits-
Gasnetz: punkt des Brennstoffzellen-BHKWs ermittelt, der
Gaspreis (inkl. MWST) 4,41 Cent/kWh für ein definiertes Zeitintervall die geringsten Be-
triebskosten verursacht. Berücksichtigt sind da-
bei die Energiebezugkosten, die Einspeisever-
gütung und die spezifischen Wartungskosten.
Tabelle 1 Heizwassertemperaturen von 35 °C bis 75 °C
Randbedingungen sind möglich. Die Abgasemissionen sind durch 4. Primärenergie-optimierte Regelstrategie
für die Simulations- Einsatz konventioneller Brennertechnik besser Auf Basis von Lastprognosen wird derjenige
studie aus Abb. 7, als der Grenzwert für den „Blauen Engel“ und Arbeitspunkt des Brennstoffzellen-BHKWs
prognostizierte Werte die Schallemissionen vergleichbar konventio- ermittelt, der für ein definiertes Zeitintervall
für das Jahr 2010 neller Gasheiztechnik. Die Kaltstartzeit (Start der den geringsten Primärenergiebedarf aufweist.
(siehe [8]). Anlage bei einer Systemtemperatur von 20 °C Berücksichtigt werden dabei der Erdgasbedarf
bis zum Beginn der Erzeugung von elektrischer des Brennstoffzellen-BHKWs, der Erdgasbedarf
Energie) beträgt knapp 30 min, die Warmstart- des Gasbrenners, der Strombezug (gewichtet
zeit nach 1 h Anlagenstop ca. 15 min. Die Maße mit dem Wirkungsgrad des Strommixes) und
des Gesamtsystems des Prototyps SOFA 3 betra- die primärenergetische Gutschrift für die ins
gen 80 x 80 x 105 cm. Die Anlage wiegt 150 kg. Netz eingespeiste elektrische Energie (ebenfalls
gewichtet mit dem Wirkungsgrad des Strom-
mixes). Zur energetischen und wirtschaftlichen
Betriebsführungskonzepte Bewertung von Energieversorgungskonzepten
sind Untersuchungen im Jahresverlauf erforder-
Für die Energieversorgung eines Gebäudes auf lich, die anhand von Simulationsstudien sehr
Basis eines Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerks effizient durchgeführt werden können. Die dazu
(BHKW) in Kombination mit einem Wärmespei- notwendige Modellbildung wird in [6 und 7]
cher und einem Zusatz-Wärmeerzeuger wird näher beschrieben.
ein Regelungskonzept benötigt, das einerseits
die Versorgungssicherheit gewährleistet und In Tab.1 sind die Randbedingungen für die
andererseits die Anlagenkomponenten vor un- vorgestellte Simulationsstudie aus Abb. 7
zulässigen Betriebszuständen schützt. Die dazu zusammengefasst.
notwendige Regelungshierarchie besteht aus
vier Ebenen [6]. Im Folgenden wird die oberste In Abb. 7 sind die Simulationsergebnisse für
Ebene dieses Konzeptes, die sogenannte Betriebs- ein Energieversorgungssystem auf Basis eines
führung, erläutert. Neben den Betriebsführungs- Brennstoffzellen-BHKWs mit einer elektrischen
arten „stromgeführt“ und „wärmegeführt“ Leistung von 2 kW, eingesetzt in einem sanier-
128 werden zwei optimierte Regelstrategien unter- ten Einfamilienhaus, dargestellt.
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

35000 1750
34000 Primärenergieverbrauch 1725
Primärenergieverbrauch [kWh/m2 a]

Betriebskosten
33000 1700 Abbildung 7
32000 1675 Vergleich verschie-

Betriebskosten [Euro/a]
31000 1650 dener Regelstrategien
30000 1625 für ein Brennstoff-
29000 1600 zellen-BHKW auf PEM-
28000 1575 Basis, hinsichtlich
27000 1550 Primärenergiever-
26000 1525 brauch und Betriebs-
25000 1500 kosten [6]
stromgeführt wärmegeführt Betriebskosten- Primärkosten-
optimiert optimiert
Regelstrategie

Nähere Angaben zu den verwendeten Algorith- Das Brennstoffzellen-Heizgerät ist im Sinne


men sind in [6] zu finden. eines Serienproduktes ein nur wenig erprobtes
Gerät. Die reversiblen und irreversiblen Einflüsse
Es wird ein deutlicher Einfluss der Betriebs- auf die Funktion und die Dauerhaltbarkeit sind
führungsstrategie auf die Primärenergie und die wenig bekannt, insbesondere das Degradieren
Betriebskosten erkennbar. Die primärenergieop- der Katalysatoren stellt ein großes Problem dar.
timierte Regelung ermöglicht ein Einsparungs- Für den stationären Einsatz sind Lebensdauer-
potenzial von ca. 20 % bei relativ geringen forderungen von 40.000 h für das Ein- und
Betriebskosten. Zweifamilienhaus und bis zu 80.000 h für das
Mehrfamilienhaus zu erfüllen. Realtime-Tests
würden sich über Jahre hinziehen, beschleunigte-
und Schnellalterungs-Tests für Komponenten
Zusammenfassung und Gesamtsysteme sind noch nicht bekannt
und Ausblick und werden erst entwickelt. Auf eine breite
Wissensbasis kann leider nicht zurückgegriffen
Die Schwerpunkte der weiteren Brennstoffzel- werden, so dass neben der Weiterentwicklung
lenentwicklung sind sicherlich in der Entwick- zum Serienprodukt noch umfangreiche Grund-
lung der Gasaufbereitung und des Stacks zu lagenuntersuchungen betrieben werden müssen.
sehen, wobei für die Peripheriekomponenten
auch nur wenige fertige Serienlösungen vorhan-
den sind. Im Verlauf des Projektes sind hinsicht-
lich Funktionalität, Wirkungsgrad, Kompaktheit
und Reduktion der Bauteile große Fortschritte
erzielt worden. Die Dauerhaltbarkeit ist bei
weitem noch nicht abgesichert und das Kosten-
ziel insbesondere der Brennstoffzellen längst
nicht erreicht.

129
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Dr. Klaus Heikrodt • Brennstoffzellen als dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung


FVS Themen 2004

Literatur

[1] Heikrodt, K., Britz, P.: Erdgasbetriebene


PEMFC-Hausenergieversorgungsanlage -
innovativer Beitrag zur Emissions-
und Energiereduktion, Fortschrittsbericht
VDI Reihe 6 Nr. 516, Düsseldorf 2004

[2] Statistisches Bundesamt 2001

[3] ASUE: KWK-Gesetz 2002, Kaiserslautern

[4] ASUE: „Die ökologische Steuerreform”


Vorteil für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
Stand 1.1.2003, Kaiserslautern

[5] VDI Richtlinie 2067, Blatt 12: Berechnung


der Kosten von Wärmeversorgungs-
anlagen, Düsseldorf 1988

[6] Vetter, M: Modellbildung und Regelstra-


tegien für erdgasbetriebene Brennstoff-
zellen-BHKWs auf PEM-Basis. Dissertation
am Fraunhofer ISE, Universität Karlsruhe
(TH), 2004.

[7] Wittwer, C: ColSim Simulation von Rege-


lungssystemen in aktiven solarthermischen
Anlagen, Dissertation am Fraunhofer ISE,
Universität Karlsruhe (TH), 1999.

[8] Umweltauswirkungen, Rahmenbedin-


gungen und Marktpotenziale des dezen-
tralen Einsatzes stationärer Brennstoff-
zellen. Abschlussbericht des Forschungs-
projektes FKZ 0327550, gefördert vom
BMU (Zukunftsinvestitionsprogramm),
2003.

[9] DIN V 4701-10 2001. Deutsches Institut


für Normung e.V.: Energetische Bewertung
von heiz- und raumlufttechnischen
Anlagen, Teil 10: Heizung, Trinkwasser-
erwärmung, Lüftung, Berlin, 2001.

130
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Brennstoffzellen für
die Mikroenergietechnik
Jedes zweite elektronische Gerät ist mittlerweile versorgt werden. Methanol hat den großen Fraunhofer ISE
tragbar oder wird zumindest fern einer Steck- Vorteil einer hohen Energiedichte, während
dose betrieben. Üblicherweise liefern dann Wasserstoff eine im Vergleich zum Methanolbe- Dr. Christopher
Batterien oder Akkus die nötige Energie. trieb eine mehrfach höhere Leistungsdichte des Hebling
Während Mikroprozessoren im letzten Jahrzehnt Brennstoffzellen-Stapels ermöglicht. Gegenüber christopher.hebling@
ise.fraunhofer.de
um 3000 % schneller geworden sind, ist im glei- der DMFC hat die mit Wasserstoff betriebene
chen Zeitraum die Energiedichte von Batterien Brennstoffzelle deshalb das Potenzial, leistungs-
Ulf Groos
lediglich um etwa 75 % gestiegen, was beispiels- starke Geräte allein, d. h. ohne Hybridisierung
ulf.gross@ise.fraunhofer.de
weise bei einem Laptop derzeit zu Betriebszeiten mit einem Akku zu betreiben. Ein Anwendungs-
von etwa zwei bis maximal vier Stunden pro schwerpunkt für portable Brennstoffzellen-Sys-
Mario Zedda
Akkuladung führt. Gleichzeitig wächst jedoch teme ist derzeit die Entwicklung geräteexterner,
mario.zedda@
der Energiebedarf der elektronischen Geräte. und damit Netz unabhängiger Ladestationen. ise.fraunhofer.de
Zwar konnte durch Verbesserungen der Prozes- Längerfristig angelegte Entwicklungen sehen
soren und intelligenteres Powermanagement auch eine Integration von flachen, serienver- Marco Zobel
der Stromverbrauch gesenkt werden, aber die- schalteten Brennstoffzellen mit selbstatmender marco.zobel@
ser Effekt wird überkompensiert durch weitere Kathode 1 in das jeweilige Gerätegehäuse vor. ise.fraunhofer.de
Funktionsmerkmale und kryptische Schlagworte Derartige Systeme sind als Hybridsysteme
wie: W-LAN, UMTS, Blue Tooth, GPS, personal konzipiert, bei denen die Brennstoffzelle den
networks, mobility, connectivity, wireless und geräteintegrierten Akku auflädt.
always-onTM. Dies sind in steigendem Maße
die entscheidenden Begriffe für den „Nomadic Eine Schwierigkeit liegt in der Miniaturisierung
Office Worker” und auch für die Teenager von der verschiedenen Peripherieeinheiten. Bisher
heute, wenngleich mit anderen Daten. konnten zwar vielversprechende Labormuster
präsentiert werden, noch fehlt jedoch ein in-
Eine Umfrage unter Nutzern des IBM-Laptop tegrationsfähiges Demonstrationssystem.
„ThinkPad“ ergab, dass die Betriebsdauer höher In Nischenanwendungen wie Camping oder
bewertet wird als die Leistung [1]. Da die Ener- Fahrrad wurden bereits erste Produkte zur Markt-
giedichte von modernen Akkutechnologien nicht einführung in 2005 vorgestellt. Massenanwen-
mit dieser Entwicklung Schritt halten kann, wer- dungen wie Laptops werden voraussichtlich
den neue Energiewandler mit höheren Kapazi- vor allem von asiatischen Unternehmen ab
täten gesucht. Abhilfe, kann in Zukunft die dem Jahr 2006 erschlossen.
Brennstoffzelle schaffen, da die Energiedichte
von Wasserstoff oder Methanol die von Batte-
riesystemen um ein Vielfaches übersteigt.
Vom Brennstoffzellen-Stapel
Daher sind große Aktivitäten zur Entwicklung zum portablen Gesamtsystem
von portablen Brennstoffzellen bei den Her-
stellern mobiler elektronischer Geräte wie Lap- Zur Reduzierung von Größe, Gewicht und Kosten
tops, Mobiltelefone oder Organizer zu verzei- wird in allen Anwendungsbereichen der Brenn-
chnen. Aufgrund der hohen Leistungsdichte stoffzelle versucht, die Systemkomplexität zu re-
und des vorteilhaften Niedertemperaturverhal- duzieren. Auch der Energieeigenverbrauch der
tens konzentrieren sich die Aktivitäten auf die Systemperipherie muss in der Praxis mit dem ge-
Entwicklung von PEM-Brennstoffzellen (Polymer forderten Leistungsbereich im Einklang stehen.
Elektrolyt Membran), die entweder mit flüssi-
gem Methanol (Direktmethanol-Brennstoffzelle,
1
DMFC) oder mit Wasserstoff als Brennstoff ohne extra Sauerstoffzuführung 131
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Abbildung 1
Planare, serien-
verschaltete und
selbstatmende Brenn-
stoffzelle aus Leiter-
platten-Material
Quelle: Fraunhofer ISE

Planare, selbstatmende Brennstoffzellen errei- Jede zusätzliche Systemkomponente besitzt


chen zwar derzeit nicht die Leistungsdichte jedoch den Nachteil der ihr eigenen begrenzten
eines mit Pumpen betriebenen Systems, aber Lebensdauer. So können portable Brennstoff-
sie können wegen der Gehäuseintegration und zellen eine höhere Lebenszeit haben als die
der einfachen Systemarchitektur einen weiten Pumpen oder Ventile im System. Hersteller von
Anwendungsbereich mit Leistungen ab weni- Mini-Pumpen, kleinen Ventilen, Lüftern und
gen Milliwatt abdecken. anderen Komponenten sehen hier einen Markt
und entwickeln in enger Zusammenarbeit mit
Ein mit geregelten Aktoren und Sensoren aus- Industrie und Forschungsinstituten angepasste
gestattetes Brennstoffzellen-System (Abb. 2) Produkte [2].
erlaubt große und schnelle Lastsprünge und
übertrifft ein passives, selbstatmendes System Abb. 3 zeigt den Aufbau eines portablen, aktiv
im Hinblick auf dessen Betriebszuverlässigkeit. geregelten PEMFC-BrennstoffzellenSystems.

Gleichspannungs -Wandler
Brennstoffzellen-
Regelung
Knopfzelle
zum Systemstart

Abbildung 2
Komplettsystem einer
Miniaturbrennstoff-
Mikroventil
zelle. Im Beispiel ein H2-Leitung
PEMFC-System der
Fraunhofer-Initiative
Mikro-Brennstoffzelle.
Quelle: Fraunhofer ISE Brennstoffzelle

1 cm
Miniatur-Lüfter

132
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Wassermanagement
Regelung
Die Kathodenpumpe saugt gefilterte Außenluft Last
an und presst diese in den Brennstoffzellen-
Stapel. Am Kathodenausgang wird der über-
Druck-
schüssigen Luft die Feuchte entzogen, in einem sensor
Befeuchter gesammelt und rückgeführt. Wasser-
stoff wird aus einem Metallhydrid- oder Druck-
speicher entnommen oder mittels chemischer
Pumpe Pumpe
Reduzier-
Hydride erzeugt. Der Druck wird mit geeigne- ventil
ten Maßnahmen geregelt, wobei ein Mikrocon-
troller das Druckniveau überwacht. Die Mini- Kathode Anode
pumpe im Anodenkreislauf sorgt durch den
Wasseraustrag für einen stabilen anodenseiti-
gen Dauerbetrieb der Brennstoffzellen.
Wasserabschneider Wasserstoff-
Brennstoffzelle versorgung
Das im Anodenkreislauf anfallende Wasser wird
gesammelt und ausgetragen. Wichtige Anforde-
Durchflussventil
rungen an alle Bauteile im Anodenkreislauf sind
Auffangbehälter
Korrosionsbeständigkeit und Dichtigkeit gegen-
über Wasserstoff bei einem Druck bis etwa 2 bar.

Wärmemanagement
Auch portable Brennstoffzellensysteme im Energiedichte des Methanols kann bei der Abbildung 3
kleinen Leistungsbereich müssen über ein DMFC nur dann genutzt werden, wenn hoch Schematischer Aufbau
(passiv oder aktiv) geregeltes Wärmemanage- konzentriertes Methanol getankt wird und die eines portablen, aktiv
ment verfügen. Bei Umgebungstemperaturen Einstellung des optimalen Mischungsverhält- geregelten und mit
von 40 °C erreichen selbst moderat belastete nisses mit Wasser erst vor der Anode erfolgt. Wasserstoff versorgten
Brennstoffzellen-Systeme ohne Kühlung Systemtechnisch elegant ist die Rückführung Brennstoffzellen-
Betriebstemperaturen von bis zu 80 °C. Mit des kathodenseitig produzierten Wassers auf systems.
einer effektiven Kühlstrategie kann der Aus- die Anode. Die Einstellung eines optimalen Quelle: Fraunhofer ISE
trocknung der Membran-Elektroden-Einheiten Methanolgehalts erfordert einen Methanol-
(MEA) bei diesem Betriebspunkt entgegenge- sensor der die Konzentration misst und die
wirkt werden. In der Regel ist eine Befeuchtung Zudosierung des Wassers steuert.
der Gase am Brennstoffzellen-Eingang unter
den genannten Extrembedingungen jedoch Je nach Leistungsbedarf der peripheren System-
unumgänglich, was zudem auch noch die komponenten beträgt der Wirkungsgrad eines
Lebensdauer der MEA verlängert. DMFC-Systems derzeit etwa 20 -30 %. Miniatu-
risierte und effiziente Komponenten, wie z. B.
Anoden-Rezirkulationspumpen, Kathoden-
DMFC-System Pumpen bzw. -Lüfter, Wassertanks, Gasabschei-
der und Methanolsensoren werden benötigt,
Die Systemtechnik einer DMFC unterscheidet um alle geforderten Funktionen möglichst
sich von der einer mit Wasserstoff betriebenen kompakt zu realisieren [3].
Brennstoffzelle durch die Zufuhr von flüssigem
Methanol und demzufolge durch unterschied-
liche elektrochemische Teilreaktionen in der
Zelle (Abb. 4). Durch eine Pumpe wird die Me-
thanolzufuhr realisiert. Der Vorteil der hohen
133
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Luft Hannover Messe 2004 das PEMFC-System


„Powerbox“ mit einer Nennleistung von 35 W
Methanolkeislauf vorgestellt. Brennstoffzelle und Peripherie
wurden in ein funktionales Gehäuse integriert.
Der Wasserstoffspeicher kann als externe Einheit
Methanoltank angeschlossen werden, wodurch eine Anpas-
Abbilung 4 sung des Systems an unterschiedliche Anwen-
Prinzipschema eines dungen möglich ist. Neben der Powerbox
DMFC-Systems Methanolsensor DMFC hat Masterflex auch ein Brennstoffzellen be-
CO2
Quelle: Fraunhofer ISE triebenes Hybrid-Fahrrad vorgestellt.

Methanolpumpe
CO2 - Abtrennung Brennstoffspeicher
für portable Anwendungen
Wasserabschneider

Die Energiedichte eines PEMFC-Gesamtsystems


hängt entscheidend von der Kapazität der Was-
Wasser
serstoffspeicher ab. Die Entwicklung der porta-
blen Brennstoffzelle wird vor allem durch die
hohe Energiedichte der Brennstoffe vorangetrie-
Die DMFC ist stark temperaturabhängig. Mit ben, die im Vergleich zu Sekundärbatterien län-
steigender Temperatur nimmt die Blockierung gere Gerätebetriebszeiten bei gleichem Volu-
der reaktiven Oberfläche des Anodenkataly- men bzw. Gewicht versprechen. Im Folgenden
sators durch Kohlenmonoxid ab, welches bei werden die Energiedichten verschiedener
der chemischen Reaktion als Zwischen- bzw. Brennstoffe bei verschiedenen Speicherarten
Nebenprodukt entsteht und die Leistung der diskutiert.
Methanolzelle steigt deutlich an. Ziel ist daher
der Betrieb der DMFC bei Temperaturen von
typischerweise 80-90 °C. Daher ist auch das Druckwasserstoff
Wärmemanagement weniger relevant als
bei der PEMFC. Bei einer Speicherung von gasförmigem Wasser-
stoff mit Drücken bis zu 300 bar werden maxi-
male Speicherdichten von ca. 0,5 kWh/l er-
reicht. In jüngster Vergangenheit wurden erste
Markteinführung Wasserstoffdruckspeicher für Drücke bis 700 bar
portabler Brennstoffzellen zugelassen. Handelsüblich sind heute Druckfla-
schen mit 200 bzw. 250 bar. In Kleinstanwen-
Nachdem in den letzten Jahren zahlreiche Pro- dungen wurde Druckwasserstoff bisher kaum
totypen verschiedener Entwickler in der Öffent- eingesetzt. In naher Zukunft wird jedoch damit
lichkeit präsentiert wurden, findet eine Markt- gerechnet, dass auch Flaschen mit einer Größe
einführung nun Schritt für Schritt statt. Einige unter 5 l mit Drücken bis 700 bar zur Verfügung
Unternehmen konzentrieren sich auf autarke stehen. Vorteile der Druckgasflaschen als etablier-
Energiesysteme zur Versorgung unterschiedlicher te und standardisierte Technologie sind eine
Elektrogeräte. Da Brennstoffzellen als externe für Industrieunternehmen bereits verfügbare
Energieversorgung eingesetzt werden sollen, Infrastruktur und im Betrieb die weitgehende
sind die Anforderungen an die Miniaturisierung Unabhängigkeit von der Außentemperatur.
etwas weniger streng als bei der Geräteintegra- Ebenso könnten kleine Druckspeicher in einer
tion. In Deutschland sind in diesem Zusammen- Massenfertigung kostengünstig hergestellt
hang insbesondere die Unternehmen Masterflex werden.
und Smart Fuel Cell zu nennen. Masterflex hat
134 zusammen mit dem Fraunhofer ISE auf der
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Metallhydridspeicher Aufwand für die Herstellung. Grundsätzlich ist


diese Technologie noch in der Entwicklung und
Metallhydridspeicher lagern Wasserstoff noch nicht in Kombination mit Brennstoffzellen
chemisch gebunden in das Metallgitter einer verfügbar. Einzelne Prototypen werden jedoch
Legierung ein. Die Absorption von Wasserstoff bereits auf Konferenzen und Messen vorgeführt.
erfolgt exotherm, der Speicher erwärmt sich.
Umgekehrt muss zur Desorption Energie von
außen zugeführt werden – die Reaktion ist Nanospeicher
endotherm.
Nanospeicher sind Gegenstand der Grundlagen-
Niedertemperatur-Metallhydride (MeH) können forschung. Publikationen über deren Wasser-
bis zu 0,7 l H2/cm2 MeH bzw. 1,5 Gewichtspro- stoffspeicherkapazitäten differieren beträchtlich.
zent bei Umgebungstemperatur speichern. Bei dem Speichervorgang von Wasserstoff
Dieses entspricht volumetrisch ungefähr einem lagert dieser sich physikalisch in die Kohlenstoff-
Druckspeicher mit 400 bar. Metallhydridspei- strukturen ein, weshalb keine Energiezufuhr zur
cher stellen wegen der notwendigen Wärmezu- Desorption erforderlich ist. Wegen der großen
fuhr bei der Freisetzung von Wasserstoff eine Oberfläche können hohe Speicherdichten erzielt
relativ sichere Art der Speicherung dar. Bei einer werden. Theoretisch scheint ein Wasserstoff-
Leckage in der Speicherwandung führt ein speichervermögen bei Karbon-Nanomaterialien
rasches Austreten von Wasserstoff zur Vereisung bis zu 14 Gewichtsprozent erreichbar zu sein.
und reduziert den Volumenstrom auf ein Mini-
mum. Für portable Anwendungen werden häu-
fig Legierungen gewählt, die eine Desorption Kohlenwasserstoffe und
von Wasserstoff bereits bei Raumtemperatur Mikroreformer
ohne aktive Wärmezufuhr erlauben.
Mikroreformer bieten vor allem zwei wichtige
Eine Wiederbefüllung der Metallhydridspeicher Vorteile gegenüber den bisher vorgestellten
mit reinem Wasserstoff kann ohne nennens- Brennstoffspeichern. Zum einen könnte mit
werten Kapazitätsverlust mehrere hundert bis Hilfe von Mikroreformern auf eine bestehende
tausend Mal durchgeführt werden. Die Wieder- Infrastruktur (z. B. Propangas) oder auf eine
befüllung erfolgt dabei zum Beispiel durch leicht aufzubauende Infrastruktur (z. B. Ethanol)
Anschluss an eine Druckgasflasche und Einstel- zurückgegriffen werden. Zum anderen könnten
lung des jeweiligen Beladedrucks. Dieser beträgt Brennstoffe mit einer sehr hohen Energiedichte
bei portablen Brennstoffzellensystemen typi- verwendet und dadurch die Größe und das
scherweise 10 bar. Metallhydridspeicher können Gewicht des Brennstoffspeichers bei einem
heute bereits kommerziell erworben werden. gegebenen Energiebedarf verringert werden.

Reformer wandeln je nach verwendeten Brenn-


Chemische Hydride stoffen zwischen Temperaturen von 200 °C bis
1.000 °C Kohlenwasserstoffe in Wasserstoff (H2),
Chemische Hydride setzen bei Zugabe von Kohlendioxid (CO2), Kohlenmonoxid (CO) und
Wasser oder von Wärme Wasserstoff frei und Wasser (H2O) um. Da Katalysatoren von Membran-
zeigen hohe Energiedichten zwischen 9 und brennstoffzellen bereits bei Konzentrationen von
20 Gewichtsprozent. Der Wasserstoff ist im Ge- wenigen 10 ppm Kohlenmonoxid „vergiftet“ wer-
gensatz zu den Metallhydriden chemisch ge- den, ist eine aufwändige Gasreinigung nach der
bunden. CaH2 oder MgH2 sind auch ökologisch Reformierung notwendig. Neuere Forschungsar-
unbedenklich. Die bei der Wasserstoffherstel- beiten untersuchen den Einsatz von metallischen
lung produzierten Schlämme können recycelt oder keramischen Membranen zur Wasserstoffse-
und erneut als Speicher verwendet werden. paration. Um die technische Eignung eines Mikro-
Bei den chemischen Hydriden handelt es sich reformers für den Betrieb portabler Brennstoff-
heute allerdings um Spezialchemikalien mit ho- zellen einzuschätzen, müssen die zusätzlichen
hen Kosten und teilweise hohem energetischen Baugruppenebenfalls verkleinert werden. 135
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Es muss auch beachtet werden, dass zum Start einfach aufgebaut werden. Einige Unternehmen
eine Aufheizzeit notwendig ist und auch das planen die Einführung von standardisierten
Abschalten definiert über einen gewissen Zeit- Methanolbehältern, die direkt in den Brenn-
raum erfolgen muss. Nach heutigem Stand der stoffzellensystemen eingesetzt werden können.
Technik erscheint die Reformierung in Kombi-
nation mit Membranbrennstoffzellen vor allem In der Betrachtung von Gesamtsystemen muss
für stationär und kontinuierlich betriebene Ener- allerdings beachtet werden, dass die derzeitige
gieversorgungen sinnvoll. Mikroreformer befin- Leistungsdichte einer DMFC ein Vielfaches
den sich derzeit im Stadium der Entwicklung unter der einer PEMFC liegt, somit eine DMFC
und sind noch nicht produktreif. bei gegebener Ausgangsleistung entsprechend
größer und schwerer ausfallen wird. Methanol
könnte kostengünstig zur Verfügung gestellt
Methanol werden, allerdings werden die Kosten einer
DMFC aufgrund des höheren Materialbedarfs
Mit ca. 4.200 Wh/l bzw. 5.300 Wh/kg besitzt und der höheren Katalysatorbeladung deutlich
Methanol, ohne Einbezug eines Brennstoffzellen- über denen einer PEMFC liegen. Der Wirkungs-
systems und Wirkungsgradverlusten, gegenüber grad einer DMFC liegt mindestens 10 % absolut
einem Lithium-Ionen-Akku eine vielfach höhere unter dem einer PEMFC. Der technische Ver-
chemische Energiedichte. Methanol ist eine gleich einer DMFC mit einer PEMFC kann des-
Flüssigkeit, die sich leicht speichern, umfüllen halb nur für eine spezielle Anwendung durch
und transportieren lässt. Des Weiteren kann eine Systembetrachtung inklusive Brennstoff,
eine Infrastruktur für Methanol vergleichsweise Brennstoffzelle und Peripherie erfolgen.

Diesel
10.000
Benzin
Butan (200 bar)
Abbildung 5 Propan (200 bar)
Energiedichten von
Reinmethanol
Sekundärzellen und chem. Hydride
Methan (200 bar)
Brennstoffen. Die elek- H2 (flüssig)
Energiedichte in Wh/ l

trische Energiedichte H2 in Metallhydrid


Erdgas (200 bar)
bei Wasserstoff bzw.
Methanol wurde mit 1.000
Systemwirkungsgraden Reinmethanol
H2 in Metallhydrid
(el Energiedichte)
von 35% (PEMFC) (el Energiedichte)

bzw. 20 % (DMFC) H2 (200 bar)


Li-Ion-Akku
angegeben. Ni-MH-Akku
Quelle: Fraunhofer ISE

Ni-CD-Akku

100

10 100 1.000 10.000 100.000

Energiedichte in Wh/kg

136
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Dr. Christopher Hebling • Brennstoffzellen für die Mikroenergietechnik


FVS Themen 2004

Vergleich der Energiedichten Literatur


Im Folgenden werden die Energiedichten ver- [1] Kelty, K. R.:
schiedener Batterien mit den Speichermöglich- Small Fuel Cells vs. Li-Ion Battery:
keiten für Brennstoffe ohne die Berücksichti- A Battery Manufacturer's View,
gung von Brennstoffzellensystemen bzw. 5th Annual International Symposium
Tanks verglichen. Small Fuel Cells 2003, New Orleans,
7 - 9 Mai 2003
Die Abb. 5 vergleicht die Energiedichte von
Batterien mit Brennstoffen, die prinzipiell für [2] VDI/VDE-IT:
den Einsatz in Brennstoffzellen geeignet sind. Verbundfaltblatt des Projekts
Es muss beachtet werden, dass die Energiedich- “Outdoor FC”, Förderprogramm Innonet
ten der Brennstoffe sich nicht auf Gesamtsyste-
me beziehen, während bei den Akku-Technolo- [3] Martin, C.:
gien eine direkte Leistungsentnahme möglich Integration of Portable DMFC Systems,
ist. Zur Stromgewinnung aus den Brennstoffen 6th Annual International Symposium
mit Hilfe von Brennstoffzellen muss noch die Small Fuel Cells 2004, Arlington,
oben beschriebene Systemtechnik berücksich- 5-7 Mai 2004
tigt werden. Da eine aggregierte Darstellung
jedoch nur leistungsabhängig möglich ist,
wurde hierauf verzichtet. Bei den für Metall-
hydrid und Methanol angeführten elektrischen
Energiedichten wurden Wirkungsgrade von
35 % beim Einsatz von Metallhydridspeichern
in PEMFC-Systemen und 20 % beim Einsatz von
Methanol in DMFC-Systemen angenommen.
Es wird deutlich, dass mit Hilfe der Brennstoff-
zellentechnologie in Abhängigkeit von der
jeweiligen Systemkonfiguration Vorteile gegen-
über Batterien bezüglich der Energiedichten
bzw. Gerätelaufzeiten erreicht werden können.

137
f_bz_anwendung_end.qxd 13.04.2005 9:58 Uhr Seite 138

Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

Wasserstofftechnik
in stationären autonomen
Stromversorgungssystemen
Fraunhofer ISE Einleitung Die Kapazität der Wasserstoffsysteme reicht
dabei von einigen Wochen bis zu einigen
Dr. Tim Meyer Stationäre autonome Stromversorgungssysteme Monaten zur Aufrechterhaltung des Betriebes.
tim.meyer@ zählen zu den möglichen Vorreitermärkten für Damit treten sie in Konkurrenz zu herkömmli-
ise.fraunhofer.de
Brennstoffzellen. Insbesondere in Photovol- chen Dieselgeneratoren. Ebenso können Brenn-
taik- oder Photovoltaik-Wind-Hybridsystemen stoffzellen Batterien ersetzen. In diesem Fall
Andreas Steinhüser könnten Brennstoffzellen die Rolle des Zusatz- sind Wasserstoffsysteme auch als Saisonspeicher
andreas.steinhueser@ stromerzeugers übernehmen. Bei nicht aus- denkbar, in denen die elektrische Überschuss-
ise.fraunhofer.de
reichenden Sonnenscheinintensitäten und Wind- energie aus den Solarzellen im Sommer durch
geschwindigkeiten können sie die Versorgungs- Elektrolyse in Wasserstoff gewandelt, gespei-
Felix Holz lücke schließen. Im Leistungsbereich von einigen chert und im Winter in einer Brennstoffzelle
felix.holz@ise.fraunhofer.de 10 Watt bis zu wenigen kW sind hier für heute wieder in Strom gewandelt wird (Abb. 1).
Puls@ise.fraunhofer.de keine befriedigenden konventionellen technolo-
gischen Lösungen für autonome Stromversor- Brennstoffzellen haben gegenüber Diesel-
Georg Bopp gungssysteme am Markt verfügbar. Im Folgen- generatoren prinzipielle Vorteile, die allerdings
georg.bopp@ den wird dieser Anwendungsbereich anhand in heutigen Komponenten technologisch noch
ise.fraunhofer.de
der Erfahrungen aus Planung und Feldbetrieb nicht immer umgesetzt werden konnten:
einer 1 kW-Brennstoffzelle am Rappenecker Hof
Dr. Bruno Burger
sowie einem vollständig autarken System mit • höherer Wirkungsgrad, gerade im
bruno.burger@
ise.fraunhofer.de
einem Wasserstoffsystem als Saisonspeicher Teillastbetrieb
dargestellt. • geringere Emissionen von Lärm und
Schadstoffen
• kleinerer Wartungsbedarf
Einsatzgebiete für Brenn-
Diese prinzipiellen Vorteile können der Brenn-
stoffzellen in stationären stoffzellentechnologie auch bei höheren Kosten
autonomen Systemen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Zusatz-
stromerzeugern sichern. An den Nachteilen wie
Technische Stromversorgungen wie z. B. Mess- der teuren Sicherheitstechnik sowie der aufwän-
stationen, Telekommunikations- oder Telema- digeren Brennstoffversorgung von PEM-Brenn-
tikanlagen werden häufig in sehr abgelegenen stoffzellen mit Wasserstoff oder durch Reformie-
Gegenden betrieben und müssen kostengünstig rung aus Kohlenwasserstoffen muss aber noch
und zuverlässig mit Strom versorgt werden. gearbeitet werden.
Dies erfolgt heute meist mit Hybridsystemen
in denen Solarzellen, Wind- oder Wasserkraft
sowie ein Batteriespeicher und möglicherweise Praxiserfahrungen aus
ein Diesel-Generator als Zusatzstromerzeuger
zusammenwirken. Auch Wohnhäuser, ländliche
Projekten in Deutschland
Gewerbebetriebe, Tourismusanlagen und Gast- und Spanien
stätten sind Anwendungen für ähnlich aufge-
baute Hybridsysteme. Das Fraunhofer ISE hat Technologien für Brenn-
stoffzellen, Leistungselektronik und Regelungs-
Brennstoffzellen könnten in solchen Hybridsyste- technik entwickelt sowie mehrere Projekte
138 men die Zusatzstromerzeugung übernehmen. durchgeführt, die intensive Praxistests auch
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Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

bereits auf dem Markt erhältlicher Technologien einem Wasserstoffspeicher mit Druckgasflaschen Abbildung 1
beinhalten. Solche Tests mit Dauerbetrieb von (Reichweite ca. 400 Betriebsstunden) und der Brennstoffzellenstapel
Komponenten und Anlagen sind wesentlich für notwendigen Sicherheitstechnik. Der Sauerstoff und Wasserstofflager
die Identifikation des weiteren Forschungs- und für die Brennstoffzelle wird der Luft entnommen,
Entwicklungsbedarfes und des Marktpotenziales was in der Höhenlage von 1000 Metern zu
neuer Technologien. Im Folgenden werden die einer Reduktion der Brennstoffzellen-Leistung
Erkenntnisse aus den Projekten „Rappenecker auf 1,1 kW führt.
Hof“ und „FIRST“ zusammen gefasst.
Seit September 2003 ist das Wasserstoffsystem
Rappenecker Hof: mit insgesamt 3500 Betriebsstunden in Betrieb.
Hybridsystem mit Brennstoffzelle als Nach 2020 Stunden musste der erste Brenn-
Zusatzstromerzeuger stoffzellenstapel wegen Ausfalls einer Zelle
Das Hybridsystem am Rappenecker Hof ist seit ausgetauscht werden. Abb.2 zeigt die typische
1987 in Betrieb und wurde im Jahr 2003 für die Betriebsführung der Brennstoffzelle an einem
gestiegenen Lastanforderungen und mit einer Tag mit guter Sonneneinstrahlung und Erträgen
1,2 kW-Brennstoffzelle als Zusatzstromerzeuger aus dem Windrad.
ertüchtigt. Solar- und Windgenerator liefern ca.
40 % der Jahresenergie der saisonal betriebenen Nach nunmehr über einem Jahr Betrieb der
Gaststätte. Der vorhandene Motorgenerator Anlage können folgende Erfahrungen aus der
blieb in das Energieversorgungssystem einge- Planungsphase und dem Betrieb festgehalten
bunden, um die Verfügbarkeit in der Erpro- werden:
bungsphase und nach Projektende (d. h. ohne
Brennstoffzelle) sicherzustellen. Ein innovatives • Der Zusatzaufwand für die Sicherheitstechnik
Batteriemanagementsystem des Fraunhofer ISE ist erheblich. Am Markt verfügbare Wasser-
soll die Lebensdauer der in der Zwischenzeit stoff-Sensoren, die den Betrieb in der Praxis
unterschiedlich stark gealterten Komponenten absichern, sind teuer und müssen regelmäßig
maximieren. Eine ausführliche Dokumentation erneuert werden. Bereits über die Projekt-
des Projektes kann in [1] nachgelesen werden. laufzeit von 3 Jahren liegen die Aufwän-
dungen bei mehreren tausend Euro. Auch
Das Wasserstoffsystem besteht aus einem 1,2 kW- der Aufwand für Lüftungstechniken muss
Brennstoffzellen-Stapel der Firma Ballard (inkl. noch reduziert werden.
allen Hilfsaggregaten), einem Gleichstromwand-
ler zur Anpassung der Ausgangsspannung auf
das Batterieniveau, einer Ladereglung sowie 139
f_bz_anwendung_end.qxd 13.04.2005 9:58 Uhr Seite 140

Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

PVM

LR TE Telekommunikations-
einrichtung
Photovoltaik-Modul
mit Laderegler

Abbildung 2
Typische Betriebs-
führung der Brenn- EMS
stoffzelle an einem BAT ELY
Tag im September
2004. Am Vormittag Batteriespeicher
und am Nachmittag Energiemanagement-
(wenn Solarertrag und system
Elektrolyseur
Windkraft nicht zur
Brennstoffzelle
Deckung der Last Energieflüsse, elektrisch und GW - Wandler
ausreichen) wird Wasserstoffspeichersystem
HSS
die Brennstoffzelle
Wasserstoff
zugeschaltet. GW
H2
Signale,
Kommunikationswege
BZ

• Zum Zeitpunkt des Projektbeginns waren • Die Lebensdauer der Brennstoffzelle hat
kaum Gleichspannungs-Wandler GW ver- zwar die Garantie des Herstellers über-
käuflich, die die Ausgangsspannung des schritten, ist mit ca. 2000 Stunden aber
Brennstoffzellen-Stapels von 24 V bis 36 V für die Erschließung von Märkten noch
auf die Batteriespannung von 48 V heraufset- deutlich zu klein.
zen. Das Fraunhofer ISE entwickelte daher
selbst einen Wandler mit einem optimalen • Insgesamt läuft der Betrieb des Wasserstoff-
Wirkungsgrad (97 %). Dabei kann demon- systems annähernd störungsfrei. Die Zuver-
striert werden, dass ein Wandler auch ohne lässigkeit der Komponenten ist gut.
Kühlkörper auskommt und so besonders
leicht in Brennstoffzellen-Packages integriert FIRST:
werden kann. Generell müssen Brennstoff- Wasserstoffsystem als Saisonspeicher
zelle und Leistungselektronik eng aufeinan- in einer technischen Stromversorgung
der abgestimmt werden. Zur autonomen Versorgung einer Telekommu-
nikationseinrichtung mit durchschnittlich 150 W
• Hersteller verlangen heute einen Betrieb der Dauerlast wurde im EU-Projekt „FIRST“ ein Sys-
Brennstoffzelle mit Wasserstoff der Güte 5.0 tem mit geschlossenem Wasserstoffkreis als
(99,9990 %). Die Kosten dieses Brennstoffs Saisonspeicher aufgebaut. Standort ist Madrid.
liegen nach Abzug der Umwandlungsverluste Ein 1 kW-Elektrolyseur wandelt Überschussener-
in der Brennstoffzelle mit ca. 2,80 €/kWh gie aus dem 1,5 kW-Solarzellen-Generator im
elektrischer Energie sehr hoch. Um autono- Sommer in Wasserstoff. Dieser wird in einem
me Stromversorgungen als Markt erschließen Metallhydridspeicher (äquivalent 100 kWh elek-
zu können, müssen die Anforderungen an trischer Leistung) gelagert und im Winter über
die Brennstoffqualität und damit die Kosten eine 300 W-Brennstoffzelle wieder in Strom
deutlich gesenkt werden. gewandelt. Ca. 7 % des Jahresenergieverbrau-
140 ches werden über den Wasserstoffkreis geführt.
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Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

Messwerte am 05.09.2004

3000 Photovoitaik
Wind
2500 Brennstoffzelle
Wechselrichter 1
2000
Leistung (W)

1500

1000

500

0:00 6:00 12:00 8:00 24:00


Uhrzeit (hh:mm) Abbildung 3
Systemkonzept der
Stromversorgungs-
anlage in „FIRST“
und Foto der Anlage

Mit der Anlage konnte ein vollständig autarker erheblich. Beim Einlagern im Sommer ist
Betrieb demonstriert werden. Trotz eines effi- hoher Druck notwendig (bis über 10 bar)
zienten Energiemanagements zeigen die Erfah- während bei der Entnahme im Winter nur
rungen aus Planung und Betrieb, dass Wasser- niedriger Druck entnommen werden kann
stoffsysteme als Saisonspeicher noch erhebliche (in diesem System benötigt die Brenstoffzelle
Technologieentwicklung und Kostensenkung mindestens 2 bar). Damit kann im gegebe-
benötigen, um eine Marktchance zu erhalten: nen System nur etwa 50 % der theoretischen
Speicherkapazität genutzt werden.
• Die Komplexität des Wasserstoffsystems und
die Abhängigkeit der Komponenten unter- • Die Wasserstoff-Speichertechnik ist teuer
einander ist erheblich. Für einen zuverlässi- (Metallhydrid) oder potenziell zu energie-
gen und wartungsarmen Betrieb muss eine aufwändig (Druckspeicher).
Vielzahl von Betriebszuständen beherrscht
und in seinen Auswirkungen auf Lebensdauer • Besondere Schwachstellen sind Kompo-
und Wirkungsgrade verstanden sein. nenten der Systemperipherie (Pumpen,
Ventile, Sensoren).
• Die Temperaturabhängigkeit des Be- und
Entladeverhaltens von Metallhydridspeichern
vermindert die nutzbare Speicherkapazität 141
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Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

Kostenvergleiche von stem kleiner ausfallen kann. Inklusive Montage


und Laderegler spart dies ca. 50 T. Die 10 kWh/d
Systemlösungen mit und
sollen im Alternativsystem über eine Brennstoff-
ohne Wasserstoffsystem zelle von 1 kW Leistung bereitgestellt werden,
die täglich 10 h läuft. Für das Brennstoffzellen-
Ob Wasserstoffsysteme in den beschriebenen system ergeben sich überschlägig mit heutiger
Anwendungsfeldern Einzug erhalten werden, Technologie (Wirkungsgrad 33 %, 2000 h
hängt von technologischen und wirtschaft- Lebensdauer, benötigte H2 - Qualität 5.0)
lichen Faktoren und Entwicklungen ab. Diese folgende Kostenfaktoren:
sind heute nur schwer vorherzusagen und zu
modellieren. Da in die Lebensdauerkosten von • Kosten pro Brennstoffzelle 12 x 3500 €
autonomen Systemen die Betriebskosten er- (fällt über 20 Jahre 12 Mal an)
heblich eingehen und nicht nur die Abschrei- • H2-Qualität 5.0 2,8 €/kWhe
bungen für Anfangsinvestitionen, sind diese __________________________________________
Modellierungen für Wasserstoffsysteme beson- Summe über 20 Jahre 115 T €
ders erschwert 1.
Darin sind Transportkosten für den Wasserstoff,
Die folgenden Kostenvergleiche wurden zwar die je nach Standort erheblich variieren, nicht
ohne detaillierte Modellierung von Kosten- enthalten. Es liegt auf der Hand, dass allein der
faktoren und Betriebsführungsstrategien erstellt, 12-malige Austausch der Brennstoffzellen nicht
beinhalten aber keine Barwertermittlung unter akzeptabel wäre. Auch die Brenn-stoffkosten sind
Berücksichtigung von Inflation und Zinsen. erheblich zu hoch. Nimmt man für die selbe
Sie sind daher lediglich als Plausibilitätsprüfun- Rechnung jedoch eine verbesserte Brennstoff-
gen zu verstehen. Sie geben wertvolle Anhalts- zellentechnologie an (Wirkungsgrad 40 %,
punkte ob das entsprechende Marktsegment 10000 h Lebensdauer, benötigte H2-Qualität
überhaupt für Wasserstofftechnologie attraktiv 3.0), ergibt sich eine deutlich bessere
ist und welche technologischen Ziele hierfür Perspektive:
in etwa erreicht werden müssen. Es ist auch zu
beachten, dass die Sicherheitstechnik heute • Kosten Brennstoffzellen 3 x 3500 €
noch sehr hohe Kosten verursacht, die ebenfalls (fällt über 20 Jahre 3 Mal an)
erheblich reduziert werden müssen. • H2-Qualität 3.0 0,6 €/kWhe
__________________________________________
Brennstoffzelle als Zusatzstromerzeuger im Summe über 20 Jahre 31 T €
Vergleich mit einem reinen PV-System (ohne Transportkosten)
Im Sinne einer Extremwertbetrachtung wird ein
reines Photovoltaik-Batterie-System mit einem Der Vergleich zeigt, dass technologisch neben
Hybridsystem PV-Batterie-Brennstoffzelle ver- der erforderlichen Erhöhung der Lebensdauern
glichen. Es wird angenommen, dass in einem vor allem auch die Anforderungen an die Brenn-
größeren Photovoltaik-Batterie-System ein Anteil stoffqualität reduziert werden müssen. Gelingt
von 10 kWh/d der Last über vier Wintermonate dies, scheinen entsprechende Systeme als
nicht mehr über Photovoltaik, sondern über eine Alternative zu reinen PV-Systemen interessant.
Brennstoffzelle als Zusatzstromerzeuger bereit- In diesem Fall kann je nach Anwendung als
gestellt werden soll. Dies entspricht in unseren weiterer Vorteil die durch einen zweiten Strom-
Breiten etwa einer PV-Generatorleistung von erzeuger im System steigende Systemverfüg-
10 kW, um die der PV-Generator im Hybridsy- barkeit geltend gemacht werden.

Anwendungen wären also Bereiche, in denen


sonst 100 % PV-Versorgung notwendig wäre,
1
Am Fraunhofer ISE wurden auch detaillierte Lebensdauer-
kosten-Berechnungen für spezielle Anlagenauslegungen im
z. B. weil Diesel als Zusatzgenerator wegen Lärm-
Rahmen des Projektes FIRST durchgeführt. Dabei wurde ein und Abgasemissionen oder eines Standortes mit
umfassender Modellansatz mit dem ebenfalls am Fraunhofer
ISE entwickelten Software-tool „TALCO“ (Technical and
sehr hohen Wartungskosten (Anfahrtskosten)
142 Least Cost Optimisation) verwendet. nicht in Frage kommt.
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Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

Brennstoffzelle als Zusatzstromerzeuger Die Versorgung der Brennstoffzelle aus flüssigen


im Vergleich mit einem Photovoltaik- Brennstoffen wäre hier gegenüber gasförmigem
Diesel-Hybridsystem Wasserstoff von erheblichem Vorteil. Ein weite-
Es wird angenommen, dass 1 kW Zusatzstrom- rer Vorteil von Brennstoffzellen gegenüber Die-
erzeugerleistung ersetzt werden soll. In einem sel-Generatoren ist, dass mit Diesel eine Pflege-
konventionellen Hybridsystem würde diese ladung von Batterien nicht sinnvoll möglich ist,
Leistung über einen überdimensionierten Diesel da diese in extremer Teillast mit sehr schlechten
bereitgestellt, da kleinere Aggregate nicht auf Wirkungsgraden betrieben werden müssten.
dem Markt verfügbar sind (nur als Benziner,
deren Wartungskosten aber für die hier unter- Wasserstoffsystem als Saisonspeicher
stellte Anwendung zu hoch sind). Es wird ein Wasserstoffsystem als Saisonspeicher
in autonomen Stromversorgungen betrachtet.
Der Diesel-Generator im Referenzsystem wird In unseren Breiten muss in einem solchen Sys-
mit einer Lebensdauer von 10 Jahren angenom- tem der PV-Generator stets so groß dimensio-
men (20.000 Betriebsstunden) und der elektri- niert werden, dass er in einem konventionellen
sche Wirkungsgrad h mit 15 %. Damit ergeben Hybridsystem wenigstens einer 80 % -igen sola-
sich Kraftstoffkosten von ca. 0,7 €/kWh elektri- ren Deckung entsprechen würde, zuzüglich des
scher Energie. Eine kleine Wartung (Ölwechsel) Ausgleichs der Verluste, die in der Speicherkette
soll alle 500 Betriebsstunden durchgeführt wer- Elektrolyseur – H2-Speicher – Brennstoffzelle
den (je 150 €) und eine große Wartung einmal entstehen. Andernfalls würde im Sommer nicht
pro Jahr (500 €). Die groben Kostenfaktoren genügend Überschussenergie erzeugt, um den
sind dann: Bedarf im Winter zu decken.

• Investition 2 x 3 T€ Da konventionelle Hybridsysteme mit Diesel-


(10 Jahre Lebensdauer) generator an „einfachen“ Standorten in der
• Kraftstoff (h = 15 %) 0,7€/kWhe Regel kostenoptimal mit ca. 50 - 70 % solarer
• Wartung 1,1 T€/a Deckungsrate ausgelegt werden, können Was-
(2000 h/a Betrieb Teillast) serstoffsysteme als Saisonspeicher hier nicht
__________________________________________ konkurrieren: alleine die Zusatzinvestitionen in
Summe über 20 Jahre 56 T € den größeren PV-Generator verteuern das
System bereits.
Im Alternativsystem wird direkt eine Brennstoff-
zelle mit 10.000 h Lebensdauer angenommen, Als Marktnische kommen daher nur Anwen-
die mit 2000 Volllaststunden/a und Wasserstoff dungen in Frage, in denen das konventionelle
3.0 betrieben wird: System ohnehin mit hoher solarer Deckungsrate
ausgelegt würde, z. B. über 90 %. Gründe hier-
• Investition 4 x 3,5 T€ für können ein besonders entlegener Standort
(Lebensdauer 10000 h) sein, Emissionen von Zusatzstromerzeugern
• Kraftstoff H2-Qualität 3.0 0,6 €/kWhe oder Zuverlässigkeitskriterien. Wie in dem Pro-
(h = 40 %) jektbeispiel deutlich wird, macht allerdings die
__________________________________________ hohe Komplexität von Wasserstoffsystemen für
Summe über 20 Jahre 38 T € Saisonspeicher und daran geknüpft ihre Kosten
und der Wartungsbedarf noch auf längere Sicht
Auch in dieser Wettbewerbssituation scheint den Markteinstieg solcher Systeme unwahr-
also ein Brennstoffzellensystem prinzipiell Markt- scheinlich.
chancen zu besitzen, wenn die technologischen
und wirtschaftlichen Ziele (inkl. kostengünsti-
ger Sicherheitstechnik) erfüllt werden. Vorteile
entstehen vor allem bei Leistungen, für die kei-
ne entsprechenden Diesel-Generatoren auf dem
Markt sind und wenn der Aufwand für Brenn-
stofftransport und -speicherung begrenzt ist. 143
f_bz_anwendung_end.qxd 13.04.2005 9:58 Uhr Seite 144

Dr. Tim Meyer • Wasserstofftechnik in stationären autonomen Stromversorgungssystemen


FVS Themen 2004

Zusammenfassung Das Projekt FIRST wurde unter Koordination


von INTA, Spanien gemeinsam mit den spani-
Stationäre autonome Stromversorgungen schen Forschungsinstituten CIEMAT und ICP-
stellen tatsächlich einen realistischen Einstiegs- CSIC, der französischen Firma Air Liquide, der
markt für Wasserstoffsysteme und Brennstoff- italienischen Firma Nuvera Fuel Cells sowie
zellen dar, vorerst jedoch als Zusatzstromerzeu- Würth Elektronik und dem Fraunhofer ISE aus
ger und erst mittelfristig als Saisonspeicher – Deutschland durchgeführt. Als Beobachter
wenn Konkurrenztechnologien wie etwa die nehmen die Firmen INABENSA und CHLORIDE
Redox-Flow-Battery sich nicht als vorteilhafter aus Spanien teil. Das Projekt wird in Teilen
erweisen sollten. Zu seiner Erschließung müssen von der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen
jedoch einige, aus heutiger Sicht teilweise des Forschungsvertrages ERK5-CT1999-00018
ambitionierte, Ziele erreicht werden: finanziert.

• Erhebliche Erhöhung der Lebensdauer von


Brennstoffzellen und ihren Systemkompo-
nenten auf 10.000 h
• Reduzierung der Anforderungen an die Literatur
Brennstoffqualität
• Vereinfachung und Kostensenkung in der [1] A. Steinhüser, R. Kaiser, N. Reich, W. Roth,
Sicherheitstechnik M. Schneider:
• Zuverlässigere und kostengünstigere Brennstoffzellen zur dezentralen Strom-
Komponenten für die Systemperipherie versorgung auf dem Rappenecker Hof,
(Pumpen, Ventile, Sensoren) 19. Symposium Photovoltaische
• Verbesserte Systemintegration von Brenn- Solarenergie, Staffelstein 2004
stoffzellen und Leistungs- und Regelungs-
elektronik [2] J. Benz, B. Hacker, U. Wittstadt,
• Für Saisonspeicher Kostensenkung und F. Isorna, A.M. Chaparro, L. Daza:
Steigerung der Zuverlässigkeit der sehr Autonomous PV-hybrid system with
komplexen Systeme (Elektrolyser – electrolyser and fuel cell:
H2-Speicher – Brennstoffzelle) und Operating experience, EuroSun,
günstigere Speichertechnologie Freiburg 2004
• In Outdoor-Anwendungen Entwicklung von
Technologien für entsprechende Tempera- [3] J. Benz, T. Meyer, D.U. Sauer, A. Vegas:
turbereiche (bis -20 °C) Integrated Design Approach for PV Hybrid
Systems, 3rd World Conference on Photo-
voltaic Energy Conversion, Osaka 2003
Danksagung
[4] W. Roth, J. Benz, B. Ortiz, D. U. Sauer,
Die Modernisierung der Stromversorgung auf A. Steinhüser:
dem Rappenecker Hof wurde möglich dank der Fuel Cells in Photovoltaic Hybrid Systems
Förderung durch den Innovationsfonds Klima- for Stand-Alone Power Supplies,
und Wasserschutz der badenova AG & Co. KG, 2nd European PV Hybrid and Mini Grid
Freiburg. Die beteiligten Projektpartner Familie Conference, Kassel 2003
Riesterer, Oberried; Phocos AG - Deutschland,
Illerkirchberg sowie das Fraunhofer ISE, Freiburg
beteiligten sich ebenfalls mit beträchtlichen
Eigenmitteln an der Finanzierung dieses Projektes.
Die Firma basi Schöberl GmbH und Co, Rastatt
stellt den Wasserstoff kostenlos zur Verfügung.

144
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 145

Umwelt, Markt
und Logistik –
Schlüsselfragen
der Nachhaltigkeit

• Wasserstofftechnik – Forschung für


Sicherheit und Transport

• Wasserstofflogistik – verteilen, speichern und betanken

• Brennstoffzellen im Vergleich mit


anderen Energiekonversionstechnologien

• Umweltauswirkungen und Märkte


des dezentralen Einsatzes stationärer
Brennstoffzellen
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Dr. Wolfgang Breitung • Wasserstofftechnik – Forschung für Sicherheit und Transport


FVS Themen 2004

Wasserstofftechnik – Forschung
für Sicherheit und Transport
Dr. Wolfgang Einleitung gien in unsere heutige Wirtschaftsform sicher
Breitung integriert werden können. Das Ziel muss sein,
FZK • Forschungszentrum Bei der Einführung von Wasserstoff (H2) als ein mit heutigen konventionellen Brennstoffen
Karlsruhe zukünftigem Energieträger stellt sich auch die vergleichbares und vom Endverbraucher akzep-
breitung@iket.fzk.de wichtige Frage nach der sicheren Nutzung tiertes Restrisiko zu erreichen.
durch eine breite Allgemeinheit. Im Vergleich
zum heutigen Gebrauch in der Großindustrie
Prof. Dr. Horst wird Wasserstoff in der Zukunft viele neue Stand der
Friedrich Anwendungen mit sich bringen: Er wird weit-
DLR gehend dezentral angewendet werden und
Sicherheitsforschung
horst.friedrich@dlr.de seine Nutzung erfolgt dann auch in normalen
Wohn- und Arbeitsumgebungen durch nicht Die prinzipiellen Vorgänge bei Störfällen mit
Dr. Peter Treffinger speziell dafür ausgebildete Menschen. Kann Wasserstoff sind gut verstanden. Die Haupt-
DLR Wasserstoff unter diesen veränderten Randbe- phasen der generellen Ereigniskette bestehen
peter.treffinger@dlr.de dingungen sicher genutzt werden? aus der anfänglichen Gasfreisetzung, der an-
schließenden Vermischung mit Luft, Zündung,
Das Beispiel des Zeppelin-Unfalls der „Hinden- Verbrennung, Erzeugung von Bränden und
Dr. Ullrich burg“ 1937 hat gezeigt, wie ein einziger schwe- Druckwellen, sowie daraus resultierenden Perso-
Schmidtchen rer Unfall die Akzeptanz einer gesamten Tech- nen- und Sachschäden. Dieser generelle Ablauf
DWV • Deutscher nologie zerstören kann. Dieser Unfall bedeutete ist zwar im Prinzip für alle Brenngase identisch,
Wasserstoff- und das Ende der Luftschifffahrt weltweit. Ein weite- aber Wasserstoff unterscheidet sich in seinen
Brennstoffzellen- res Beispiel für Transportunfälle mit Wasserstoff sicherheitsrelevanten Eigenschaften erheblich
Verband ist das Ereignis in Stockholm im Jahr 1984. von den derzeit genutzten fossilen Brennstoffen
h2@dwv-info.de Dort traten aus einem H2-Flaschenbündel etwa wie Erdgas, Propan oder Benzindampf. Beispiele
180 Normalkubikmeter Wasserstoff aus, entzün- sind Dichte, Auftrieb, Diffusionskoeffizient,
deten sich und beschädigten Fahrzeuge und Zündenergie, Brennbarkeitsbereich und Brenn-
Gebäude im Umkreis von 90 m (Abb.1). geschwindigkeit. Diese speziellen physikalisch-
16 Personen wurden verletzt. Es muss deshalb chemischen Eigenschaften von H2 bzw. H2-
frühzeitig untersucht werden, wie sich die be- Luftgemischen manifestieren sich zum Beispiel
kannten Risiken von Wasserstoff beherrschen in einer starken – bei Kohlenwasserstoffen nicht
lassen und wie zukünftige Wasserstofftechnolo- beobachteten – Neigung zur spontanen Flam-
menbeschleunigung, die wiederum ungewöhn-
lich hohe Verbrennungsdrücke erzeugen kann.

Der Ablauf von Unfallszenarien mit Wasserstoff


Abbildung 1 kann theoretisch und experimentell untersucht
Wasserstofftransport- werden. Für die theoretische Analyse des Was-
unfall in Stockholm serstoffverhaltens wurde im Forschungszentrum
1984: Freisetzung von Karlsruhe (FZK) eine durchgehend deterministi-
180 Nm3, beschädigte sche Methodik entwickelt, in der unter Einsatz
Gebäude und Fahr- von dreidimensionalen Simulationsprogrammen
zeuge im Umkreis von die Gemischbildung, das damit verbundene
90 m, 16 Verletzte Risikopotenzial, die schnellst mögliche Ver-
brennungsform und die strukturmechanischen
Konsequenzen berechnet werden (Abb.2).
146
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Dr. Wolfgang Breitung • Wasserstofftechnik – Forschung für Sicherheit und Transport


FVS Themen 2004

Für die punktuelle Überprüfung und Absicherung


GEMISCHBILDUNG RISIKOPOTENZIAL VERBRENNUNGS- KONSEQUENZEN
der theoretischen Vorraussagen sind Experimen-
SIMULATION
te eine wertvolle Ergänzung. Insbesondere bei
sehr komplexen Ereignisabläufen muss sicherge-
stellt werden, dass die Simulation tatsächlich Anlagengeometrie
Brennbarkeit
alle wichtigen physikalischen Prozesse beschreibt.
mechanische +
Experimente können auch schnellere und ge- ja
Gegenmaßnahmen Langsame thermische
Deflagration Lasten
nauere Antworten geben als Simulationen. Flammen-
beschleunigung
Oft lassen sich Verteilungs- und Verbrennungs- FLAME3D
Unfallszenario
prozesse nicht befriedigend auf verkleinerten ja
geometrischen Skalen untersuchen, so dass schnelle Strukturresponse
Detonations- Deflagration
die Notwendigkeit von Experimenten auf voller übergang ABAQUS
Quellen
COME3D
1:1-Skala entsteht. Aus diesem Grund wurde ja
im Forschungszentrum Karlsruhe ein Wasser-
Verteilung Detonation
stoff-Versuchszentrum mit Unterstützung der
GASFLUSS GP-PROGRAMM DET3D Schäden
Industrie errichtet, in dem Wasserstofffreiset-
zungs- und -verbrennungsexperimente durch-
geführt werden können (Abb.3). Diese Anlagen
erschließen neue experimentelle Möglichkeiten
für Sicherheitsuntersuchungen an wasserstoff-
betriebenen Systemen, wie z. B. Brennstoff- freigesetzt und seine Verteilung im Raum mit Abbildung 2
zellenstapel oder ganzen H2-betriebenen Fahr- hoher Orts- und Zeitauflösung gemessen wer- Am Forschungszen-
zeugen. In einem 160 m3 großen Prüfstand den. Szenarien mit hochenergetischen Verbren- trum Karlsruhe (FZK)
kann Wasserstoff unter kontrollierten Strömungs- nungsabläufen können in zwei großen Ver- entwickelte Analysen-
bedingungen aus einer zu prüfenden Apparatur suchsbehältern untersucht werden (Abb.4). methodik zum Wasser-
stoffverhalten bei
Unfällen mit 3d-Simu-
lationsprogramm

Kontrollraum H2 Testraum
(160 m3)

10 m
Abbildung 3
Versuchszentrum des
Behälter A3
FZK für Freisetzungs-
(30 m3, 60 bar)
und Verbrennungsver-
suche mit Wasserstoff
Gebäude 608
(450 m2)

Behälter A1
(110 m3, 100 bar)

147
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Dr. Wolfgang Breitung • Wasserstofftechnik – Forschung für Sicherheit und Transport


FVS Themen 2004

Nettoladungen beim LKW-Transport überra-


schend gering. Ein Lastzug für 53 m3 LH2 trans-
portiert nur etwa 3300 kg H2, während es bei
Gasflaschen für 3000 Nm3 CGH2 (Compressed
Gaseous Hydrogen) sogar nur 270 kg sind.

Pipelines
Eine attraktive Transportmöglichkeit bieten
Pipelines. Die Firma Air Liquide betreibt im
Raum Nordfrankreich, Belgien und Holland ein
Pipeline-System für Wasserstoff mit einer Länge
von insgesamt 966 km bei einem Betriebsdruck
von 100 bar. Weitere Wasserstoffpipelines be-
stehen z. B. im Rhein-Ruhr-Gebiet (240 km)
und im Leuna-Merseburg-Bitterfeld-Gebiet
(150 km). Diese Pipelines verbinden große in-
dustrielle Wasserstoffhersteller und -Verbrau-
cher. Wasserstoff kann risikolos und ohne nen-
Abbildung 4 nenswerte Verluste in Stahlpipelines transportiert
Stand der Sicherheit in
Versuchsbehälter für werden. Die dabei verwendeten Stähle sind
Verbrennungsversuche der Transporttechnik wowohl bei Raumtemperatur als auch bei
mit großen Wasser- höheren Temperaturen für den Wasserstoff-
stoffmengen Wasserstoff wird in der Industrie in großen transport sehr gut geeignet.
Mengen hergestellt und verbraucht, jährlich ca.
500 Milliarden m3 weltweit. Er kommt vor allem Fahrzeuge
in der Petrochemie (Benzinherstellung), bei der Ein wichtiger Sektor der Transporttechnik ist die
Ammoniak- und Methanolherstellung, in der Speicherung und der Transport von Wasserstoff
Lebensmittelchemie (Fetthärtung), der Stahlin- in Fahrzeugtanks. Dazu wurden Flüssigwasser-
dustrie (Eisenreduktion) und als Raketentreib- stofftanks und Gasdruckbehälter für den Einsatz
Abbildung 5 stoff zum Einsatz. Es gibt deshalb sichere und in PKW und Bussen entwickelt. Heutige Spei-
Wassserstoff- langfristig erprobte industrielle Transporttech- chertechnologien für mobile Anwendungen
Druckgasspeicher aus nologien für flüssigen und gasförmigen Wasser- erreichen noch nicht die Energiedichten von
Kompositwertstoffen stoff. Wegen der geringen Dichte von Wasser- üblichen Diesel- und Benzintanksystemen (etwa
für Drücke bis stoff (71 kg/m3 LH21 , 0.09 kg/Nm3H2) sind die 30 MegaJoule pro Liter (MJ/l), bzw. 35 MJ/kg).
700 bar und 3.1 kg Am besten schneiden derzeit LH2-Speicher mit
H2 - Inventar 1 bis zu 8 MJ/l bzw. 20 MJ/kg ab. Um Gasdruck-
LH2 = Liquid Wasserstoff
speicher auf vergleichbare Energiedichten zu
verbessern, sind Systeme aus leichten Kompo-
sitwerkstoffen mit 700 bar Speicherdruck in
der Entwicklung (Abb.5).

Brennstoffzellen
Ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung von
Brennstoffzellen-Fahrzeugen besteht in der Sys-
temintegration von Antrieb, H2-Speicher und
Brennstoffzellenaggregat, verbunden mit einem
Wasserstoffsicherheitskonzept. Im Rahmen des
Projektes HyLite entwickelt das DLR gemeinsam
mit der Zulieferindustrie eine Brennstoffzellen-
energieversorgung für ein Elektrofahrzeug, das
bisher mit einem Batteriesatz ausgerüstet war.
148 Das Fahrzeug dient als Versuchsträger für die
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Dr. Wolfgang Breitung • Wasserstofftechnik – Forschung für Sicherheit und Transport


FVS Themen 2004

Einbaubereiche:
Frontbereich Umgebung Umgebung

Doppelboden H2-
Blockgehäuse Versorgungs-
Heckschublade raum
H2-Speicherraum 1
Seitentaschen hinten
Heckablage Abbildung 6
Entwurf für ein PEFC-
Fahrzeugkonzept
der DLR

H2-Speicherraum 2

Wasserstoffzonen:
Innenraum: H2-Speicherraum 1/2
Heckablage: Blockgehäuse
Seitentasche: H2-Versorgungsraum

von den Projektpartnern entwickelten Kompo- vier „Wasserstoffzonen“ spezifiziert, die jeweils
nenten. Das DLR ist im Projekt für Systemdesign gasdicht zum Innenraum ausgeführt werden.
und Systemintegration verantwortlich und Außerdem verfügt jeder dieser Räume über eine
betreibt neben dem Fahrzeug weitere stationäre nicht verschließbare Öffnung, die an der höchs-
Prüfstände (Abb.6). ten Stelle des Raumes angebracht ist (Abb.7).
Im Rahmen des Projektes wurde ein Wasserstoff- In den Leitungen, die von den Wasserstoffzonen
sicherheitskonzept erarbeitet, das auf einer ge- nach außen führen sind H2-Detektoren ange-
eigneten Packungstechnik beruht. Innerhalb ge- bracht, die fest mit der Not-Ausschaltung des
eigneten Packungsräume des Fahrzeugs wurden Fahrzeugs verdrahtet sind.

Umgebung Umgebung

Fahrzeug Flammensperre

Wasserstoff- H2
H2 detektor

PEMFC- Abbildung 7
Blockgehäuse Wasserstoffsicher-
heitskonzept der DLR-
Fahrzeugstudie mit
H2-Versorgungsraum PEMFC
Wasserstoffdetektor
(optional)

H2-Speicherraum 1 H2 H2-Speicherraum 2

149
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Dr. Wolfgang Breitung • Wasserstofftechnik – Forschung für Sicherheit und Transport


FVS Themen 2004

Risikokontrolle

Wasserstoff- Verteilung Verbrennung Gegen- Risikostudien Standards


maß- und Regel-
anwendungen
nahmen werke

Produktion

Transport
Abbildung 8
Aufgabenfeld für Speicher
zukünftige Wasser-
stoffsicherheitsunter- Fahrzeuge
suchungen
Tunnel, Garage

Geräte

bisherige (FZK) Prioritäten teilweise Abdeckung offene Fragen

Die verwendeten Gasableitungen sind elektrisch Zukünftige Aufgaben


leitfähig und mit der Fahrzeugmasse verbunden.
Außerdem sind in der Not-Abschaltungskette Die Sicherheitsaspekte des Energieträgers
zwei Beschleunigungssensoren eingebunden, die Wasserstoff werden im europäischen Network-
bei einem Crash einen Not-Abschaltung auslösen. of-Excellence „HySafe” systematisch untersucht.
Das Konsortium besteht aus 24 Partnern aus 12
Das DLR betreibt weiterhin einen Prüfstand europäischen Ländern und Kanada. Die Koordi-
für Brennstoffzellensysteme, der aus folgenden nation von HySafe liegt beim Forschungszen-
Modulen aufgebaut ist: Brennstoffzellen-Modul, trum Karlsruhe. Industrie, Forschungseinrich-
Wasserstoffversorgungsmodul, Luftversorgungs- tungen und Universitäten werden in den Jahren
modul, Wasser- und Wärmemanagement-Modul, 2004 - 2008 durch internationale Kooperationen
sowie Steuerungs- und Messdatenerfassungs- die existierenden Experimentiereinrichtungen,
Modul. Mit diesem Prüfstand werden Unter- Simulationswerkzeuge und Arbeitsgruppen
suchungen zum dynamischen Verhalten von zusammenführen, sowie die wichtigsten Aufga-
Brennstoffzellensystemen durchgeführt. ben im Bereich der Wasserstoffsicherheit identi-
Dabei können zeitabhängige Betriebsparameter fizieren. Das gesamte anstehende Aufgabenfeld
wie mittlere und minimale Zellspannung, Soll- ist in Abb.8 für die verschiedenen Wasserstoff-
und Ist-Strom, Luftmassenstrom, sowie H2- und anwendungen und die zugehörigen Risikokon-
Luftdrücke bei transienten Leistungsänderungen trollmaßnahmen dargestellt. Die bisherigen
des Brennstoffzellen-Stapels gemessen werden. Prioritäten der FZK-Arbeiten betrafen z. B. die
Aus diesen Daten lassen sich die optimalen Untersuchung von H2-Verteilungs- und Verbren-
Betriebsstrategien für verschiedene Leistungs- nungsprozessen bei Fahrzeugen in einer weit-
anforderungen ableiten. gehend geschlossenen Umgebung, wie Tunnel
und Garage. Ziel ist die Ableitung von wir-
kungsvollen Schutzmaßnahmen und die Bereit-
stellung von grundlegenden Daten für H2-Stan-
dards und Regelwerke. Durch die Kombination
der Expertise der verschiedenen HySafe-Partner
kann das gesamte Aufgabenfeld abgedeckt und
150 bestehende Lücken identifiziert werden.
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Dr. Wolfgang Breitung • Wasserstofftechnik – Forschung für Sicherheit und Transport


FVS Themen 2004

Schlussfolgerung
Erfahrungen mit Wasserstoff haben gezeigt,
dass Unfallrisiken bei der Einführung neuer H2-
Technologien frühzeitig erkannt und kontrolliert
werden müssen, damit keine sicherheitsbeding-
ten Akzeptanzbarrieren entstehen. Wasserstoff
ist nicht gefährlicher als die heutigen fossilen
Brennstoffe, aber er verhält sich anders. „Lear-
ning bei doing” wäre hier der falsche Ansatz.

Für die Untersuchung möglicher Unfallabläufe


sind im Forschungszentrum Karlsruhe bereits
moderne dreidimensionale-Simulationspro-
gramme und große Testanlagen vorhanden.
Diese können für die Entwicklung von funktio-
nalen, sicheren und vom Endverbraucher
akzeptierten Produkten eingesetzt werden.
Im Transportsektor gibt es sichere und für den
industriellen Einsatz erprobte Technologien.
Für eine zukünftige flächendeckende Verteilung
von Wasserstoff bieten sich insbesondere Pipe-
linesysteme an, wie sie bereits für Wasserstoff
und Erdgas bestehen. Für wasserstoffbetriebene
Fahrzeuge wurden überzeugende und bereits
erprobte Sicherheitskonzepte entwickelt, z. B.
beim DLR und verschiedenen deutschen Auto-
mobilherstellern.

Im Bereich der Standards und Regelwerke sind


auf der europäischen Ebene noch erhebliche
Anstrengungen notwendig, um vorhandene
genehmigungsbedingte Innovationsbarrieren
abzubauen. Dazu muss auch eine breitere
wissenschaftliche Basis geschaffen werden.
Insgesamt ist zu erwarten, dass der Energieträ-
ger Wasserstoff auch bei einer breiten Markt-
einführung sicher genutzt werden kann, sofern
seine spezifischen Eigenschaften berücksichtigt
werden.

151
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Prof. Dr. Bernd Höhlein • Wasserstofflogistik


FVS Themen 2004

Wasserstofflogistik –
verteilen, speichern und betanken
Prof. Dr. Bernd Einführung Zukünftige Primär-
Höhlein
FZ Jülich Abnehmende Ölressourcen, höhere Kraftstoff-
und Sekundärenergieträger
b.hoehlein@fz-juelich.de preise und eine notwendige Reduktion klimare-
levanter und lokaler Emissionen verstärken den Zukünftige Sekundär- oder Endenergieträger
Thomas Grube Druck auf neue Energieträger und Energieum- werden Aussicht auf mittel- bis langfristigen
FZ Jülich wandlungssysteme [1]. Einsatz haben, wenn sie gleichzeitig für kon-
th.grube@fz-juelich.de ventionelle als auch für neue Energieumwand-
Unsere Herausforderung besteht darin, eine lungssysteme mit Brennstoffzellen auch unter
Jaco Reijerkerk saubere, sichere und zugleich zuverlässige Bereit- Einsatz regenerativer Primärenergieträger
Linde AG stellung von Energie zu bezahlbaren Preisen und genutzt werden können [2]. Der Weg dazu
jaco.reijerkerk@linde- bei wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu realisieren. führt über synthesegasstämmige Energieträger
gas.com
wie Methanol, Synfuel (auf Erdgasbasis),
Auf dem Weg in eine wasserstoff-orientierte Sunfuel (auf Biomassebasis) oder Wasserstoff,
Dr. Thomas Aicher
Energiewirtschaft wird nicht nur die Herstellungs- wie in Abb. 1 dargestellt.
Fraunhofer ISE frage sondern auch die Frage nach der Logistik
thomas.aicher@
der Wasserstoffbereitstellung bis hin zum Kun- In den dargestellten Synthesegaspool können
ise.fraunhofer.de
den von Bedeutung sein. Bei der heute fossil- folgende Gase eingespeist werden:
basierten Wasserstoffbereitstellung kann bei-
Dr. Ludwig Jörissen
spielsweise der Kostenanteil dieser Logistik • Synthesegas aus der Erdgasreformierung
ZSW
ab zentralem Erdgasreformer bis zu 2/3 der • Synthesegas aus der Kohle
ludwig.joerissen@
zsw-bw.de Wasserstoffkosten (1/3 für zentrale Produktion) • Synthesegas aus der Biomasse
beim Tanken betragen. Optionen und Heraus- • Wasserstoff aus der CO2-freien
forderungen dieser Wasserstofflogistik sind zu Stromerzeugung
analysieren. • Wasserstoff aus der Elektrolyse durch fossil
oder regenerativ hergestelltem Strom

Erdgas Kohle CO2-freies Kraftwerk CO2-freie


Biomasse Vorverbrennung Stromerzeugung
Gaserzeugung + CO2-Abtrennung
Reformierung H2 CO CO2
CO2
Abbildung 1 CO2-Lager
Zukünftige Primär-
und Sekundärener- Synthesegas (H2, CO2, CO) Elektrolyse
gieträger unter
besonderer Berück-
sichtigung synthese- Heterogen H2-Abtrennung
katalysierte Synthese Aufbereitung
gasstämmiger
Energieträger

Erdgas Methanol Syn-/Sunfuel Wasserstoff Strom

152
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 153

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FVS Themen 2004

Fern Transport Regional Verteilung Lokal (Tankstelle) Pkw Abbildung 2


L.NG
GTL Speicher
Konkurrierende
Tankschiff Lkw MeOH
SET-
C.H2
Pipeline Pipeline C.H2/L.H2 Antriebssysteme
L.H2 H2 L.H2 PEFC*
Herst. C.H2 und Kraftstoffpfade
MeOH Kom- C.H2
pression GTL
GTL
MeOH fossiler Herkunft
H2- GTL PEFC*
Herst.
Erdgas C.H2/L.H2 L.NG
Förderung/ Pipeline Pipeline C.NG/L.NG
Aufbereitung Kom-
MeOH
GTL
flüssiges Erdgas
C.NG
pression MeOH
C.H2
L.NG VM L.H2
SET- C.NG (Hybrid)
Pipeline Herst.
L.H2 Lkw flüssiger Wasserstoff
MeOH
C.NG
Benzin Benzin komprimiertes Erdgas
Rohöl
Pipeline SET- Benzin Diesel
Förderung/ Lkw VM VM
Tankschiff Herst. Diesel
Aufbereitung (Hybrid)
Diesel Verbrennungsmotor

* auch Hybridvarianten GTL


Gas-to-Liquid
Kraftstoffe

Auf der Nutzerseite können die Gase so einge- • in Deutschland an einer Erdgas-Pipeline in
setzt werden: großen zentralen Reformierungsanlagen
erzeugt und konditioniert mit anschließen-
• Erdgas kurz- bis mittelfristig direkt in dem Transport zu den Tankstellen
Verbrennungsmotoren [3] (kurz- bis mittelfristig Straßentransport,
• Methanol, Syn-/Sunfuel mittelfristig bis langfristig Pipelinetransport)
langfristig für Verbrennungsmotoren oder
für besondere Brennstoffzellenanwendungen • an der Tankstelle aus Erdgas in kleinen
• Wasserstoff mittelfristig für Verbrennungs- Reformern erzeugt und direkt nach ent-
motoren und langfristig für Brennstoffzellen sprechender Konditionierung verteilt
antriebe [4]
• an der Tankstelle aus Strom in kleinen
Elektrolyseuren an der Tankstelle erzeugt und
Bereitstellungswege direkt nach entsprechender Konditionierung
verteilt
für Kraftstoffe aus fossilen
Energiequellen • für erste kurzfristige Nischenanwendungen
aus den vorhandenen H2-Pipelinesystemen,
Im Straßenverkehr gibt es für die Zukunft eine Raffinerien und Chemieparks für die Tank-
Reihe von Kraftstoffversorgungsmöglichkeiten stelle bereitgestellt
auf fossiler Basis. Diese konkurrieren miteinander
je nach Marktsituation und geographischen Ge- Diese Bereitstellungswege müssen mit Bezug
gebenheiten und können kurz- bis mittelfristig für auf Energieaufwand, Emissionen und Kosten
Verbrennungsmotoren sowie mittel- bis langfris- bilanziert werden, so wie es in den Studien
tig für Brennstoffzellenantriebe genutzt werden. [5] bis [10] mit unterschiedlicher Schwerpunkt-
setzung durchgeführt wurde. Die genannten
Für den Wasserstoff sind folgende Bereit- Studien wurden bewertet und sind in den
stellungswege möglich: nachfolgenden Ausführungen zur Wasserstoff-
bereitstellungslogistik berücksichtigt [11].
• an der Erdgasquelle aus Erdgas erzeugt und
konditioniert (verflüssigt oder komprimiert)
mit anschließendem Transport nach Europa
bis hin zu den Tankstellen 153
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 154

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FVS Themen 2004

Zum Vergleich: Kraftstoff mit Tanksystem


120 120
[MJ/kg] [MJ/I]
Benzin 39 28
100 Flüssigwasserstoff (1bar) 7-8 3-4
Druckwasserstoff (700 bar) 5-6 3-4
Abbildung 3
80 Unterer
Bewertung der Heizwert
Speicherdichte von MJ/kg [MJ/kg]
60
Kraftstoffen ohne
50
Tanksystem [12] 49 44 Energie-
40
dichte
Quelle: Linde 35 33 [MJ/I]
20 21 20
16
9
0
Diesel Benzin Methan Methanol Wasserstoff

Wasserstoff in langfristigen Bausteine einer Wasserstoff-


Energieversorgungsstrukturen logistik bis zur Tankstelle

Langfristig spielen Wasserstoff und Elektrizität Die Bausteine einer Wasserstofflogistik von der
zusammen eine herausragende Rolle. Einerseits Erzeugung bis hin zur Abgabe an den Kunden
kann Strom direkt ins Versorgungsnetz einge- an der Tankstelle werden durch Produktion,
speist werden, wobei Elektrizität im Gegensatz Konditionierung, Transport, Speicherung und
zu Wasserstoff auch Informationen übertragen Betankung bestimmt (Abb.2). Dabei spielt bei
und speichern kann. Andererseits verfügt der fast allen Bausteinen die Speicherung eine
Wasserstoff durch seine Speicherfähigkeit über besondere Rolle. Abb. 3 zeigt die besondere
einen Vorteil gegenüber Elektrizität, der die Situation der Speicherung von Wasserstoff, die
Verwendung gerade in mobilen Anwendungen massebezogen alle anderen überragt mit 120
und zur Einbindung fluktuierender Solar- oder MJ/kg aber volumenbezogen mit weniger als
Wind-Energie attraktiv macht. Wasserstoff und 9 MJ/l den untersten Rang einnimmt. Bewertet
Elektrizität sind, wenn auch mit Umwandlungs- man nicht nur den Kraftstoff allein sondern
verlusten, wechselseitig konvertibel und er- bezieht auch das Tanksystem ein, so ergibt sich
lauben im Versorgungssystem eine hohe Flexi- gegenüber Benzin im Tank eine Reduktion der
bilität. Dies ist eine Voraussetzung, um das Be- Systemspeicherdichte für flüssigen Wasserstoff
reitstellungsnetz aus zentralen und dezentralen im Tank bei 1 bar oder gasförmigen Wasserstoff
Energieversorgern sowie aus fluktuierenden im Tank bei 700 bar um mehr als 80 % (Abb. 3).
Einspeisungen stabil halten zu können.
Beide Energieträger lassen sich auf fossiler, Im europäischen HYNET Projekt [13] wurden
nicht-fossiler und langfristig regenerativer die Speicherdichten der unterschiedlichen Was-
Basis herstellen. serstoff-Speichersysteme (also inklusive Tank)
für Hydridspeicher (MH), Flüssigspeicher (LH2),
Druckspeicher (CGH2), dargestellt und diskutiert.

Heutige Wasserstoff-Speichersysteme liegen


demnach im Bereich von 3-4 MJ/l und etwa 6
Gewichtsprozent Wasserstoff bezogen auf das
154 Systemgewicht. Ein erheblicher Forschungs-und
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Entwicklungsaufwand wird erforderlich sein,


um für eine zukünftige Einführung von Wasser- 1,0
stoff auf dem Verkehrsmarkt die Speicherdich- Elektrische Speicherdichten der Gesamtsysteme 1000 Wh, 10 W Speicherdichten

Volumetrische Speicherdichte [kWh/l]


für Gesamtsysteme
ten zu verbessern. Metallhydride + PEMFC Chemische
Geht man in der Speicherbewertung noch einen Hydride + PEMFC physikalisch:
- ca. 250 Wh/kg
Schritt weiter und bezieht für portable Brenn- Li-Ion-Akku
chemisch:
stoffzellenanwendungen (Abb. 4) Energieträger GH2 (700bar) + PEMFC
- bis 500 Wh/kg
und -wandler mit in die Bewertung ein, so er- DMFC
DMFC:
geben sich für kleine portable Anwendungen Ni-Cd-Akku - bis 600 Wh/kg
GH2 (200bar) + PEMFC
elektrische Speicherdichten von etwa 1,4 MJ/kg
Akku (Referenz):
oder MJ/l für Hydridspeicher und PEFC (etwas - bis 200 Wh/kg
niedriger für Brennstoffzellen auf Methanolba-
0,1
sis) verglichen mit einer elektrischen Speicher- 0,01 0,10 1,00
dichte von Ni-Cd-Akkus von 0,2 MJ/kg und Gravimetrische Speicherdichte [kWh/kg]
0,7 MJ/l (Li-Ion Akku: 0,7 MJ/kg und 1,4 MJ/l).

Beim Wasserstoffeinsatz im Verkehr zeigt sich,


dass mit einem LKW-Anhänger von etwa 40 t
etwa 6 mal mehr Wasserstoff und damit Energie
transportiert werden kann, wenn Flüssigwasser- Ein wesentlicher Unterschied dieser beiden Spei- Abbildung 4
stoff transportiert wird (Abb. 5). Es sei aber auch cherformen für Wasserstoff ist bei der Tankstelle Wasserstoffspeicher
gesagt, dass bei der großtechnischen Konditio- von Bedeutung, wo der Aufwand für das Wasser- für portable
nierung von Wasserstoff etwa 30 % der Energie stoff-Management von Druckwasserstoff an Anwendungen
des zu verflüssigenden Wasserstoffs in Form von der Tankstelle bis zur Abgabe an das Fahrzeug
Strom eingesetzt werden muss im Gegensatz zu des Kunden (Abb. 6) größer sein wird als der
10 % bei komprimiertem Wasserstoff. Aufwand zur Herstellung von Flüssigwasserstoff.

Bewertung der Anhänger

Abbildung 5
Anhänger für druckgasförmigen Wasserstoff
LKW für den Transport
mit leichtgewichtigen Druckflaschen
aus Verbundmaterial von Druckwasserstoff
Gesamtgewicht 40 t (oben) und Flüssig-
Wasserstoffinhalt 530 kg wasserstoff (unten)
[12] Quelle: Linde

Anhänger für Flüssigwasserstoff


mit doppelwandig isoliertem Tank

Gesamtgewicht < 40 t
Wasserstoffinhalt 3.370 kg

155
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 156

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FVS Themen 2004

Puffer Bündel
Speicherung Kompressor
Abbildung 6
Funktion einer
Hochdrucktankstelle 30 MPs
für Wasserstoff [12]
H2 Quelle
Bewertungskriterien: 43,8 MPa bei 85 °C = 35 MPa bei 15 °C
Platzbedarf,
Investitions- und
Betriebskosten,
H2-Management

Zapfsäule

Bewertung der Bereitstellung bereitstellung bis hin zur Tankstelle und Abb. 8
entsprechend die für die Klimagasemissionen
von Wasserstoff zusammen [8]. Jede Bilanzierung einer solchen
vom „Bohrloch bis zum Pkw“ oder Well-to-Tank
Primärenergie und entstehende Klimagasemis- Kraftstoffkette wurde durchgeführt auf der Basis
sionen sind zwei wesentliche Kriterien bei der vorgegebener Randbedingungen, insbesondere
Bewertung der Kraftstoffbereitstellung bis hin unter Berücksichtigung der in Abb. 2 diskutier-
zur Tankstelle. Eine weitere Bewertungsgröße ten lokalen, regionalen oder fernen Umwand-
sind die Bereitstellungskosten des Endener- lungsschritte und Transportmöglichkeiten.
gieträgers.
Kurz zusammengefasst kann festgestellt werden,
1. Primärenergie- und Klimagasemissionen dass der niedrigste Primärenergieaufwand er-
Abb. 7 fasst Ergebnisse einer Bilanzierung der forderlich ist für die Bereitstellung von Benzin,
aufgewendeten Primärenergie für die Kraftstoff- Diesel und komprimiertem Erdgas (C.NG).

Förderung Ferntransport Regionaltransport SET-Herstellung Konditionierung

Erdgas - GTL (fern) 0,63

Abbildung 7 Erdgas - Methanol (regional) 0,62

Primärenergetisch Erdgas - Methanol (fern) 0,56


bewertete Energieauf-
Erdgas - C.H2 (lokal) 0,94
wendungen bei der
Bereitstellung von Erdgas - C.H2 (fern) 0,57

fossilen Kraftstoffen [8] Erdgas - L.H2 (regional) 1,04


(vgl. auch Abb. 2)
Erdgas - L.H2 (fern) 0,91

Erdgas - C.NG (lokal) 0,24

Rohöl - Diesel (regional) 0,17

Rohöl - Benzin (regional) 0,24

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2


156 Primärenergieeinsatz [MJ/MJ Kraftstoff ]
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 157

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FVS Themen 2004

Erdgas - GTL (fern) 36,5

Erdgas - Methanol (regional) 27,7

Erdgas - Methanol (fern) 24,7


Abbildung 8
Erdgas - C.H2 (lokal) 96,3 Klimagasemissionen
Erdgas - C.H2 (fern) 92,6 bei der Bereitstellung
von Kraftstoffen
Erdgas - L.H2 (regional) 119,3
fossiler Herkunft [8]
Erdgas - L.H2 (fern) 119,9 (vgl. auch Abb.2)
Erdgas - C.NG (lokal) 14,0

Rohöl - Diesel (regional) 12,3

Rohöl - Benzin (regional) 17,7

Emission klimarelevanter Gase [g/MJ Kraftstoff ]

Förderung Ferntransport Regionaltransport SET-Herstellung Konditionierung

Den nächst höheren Primärenergieaufwand er- nur bis zur Tankstelle sondern einschließlich
fordert komprimierter Wasserstoff, der in großen der Nutzung zu betrachten ist. Entsprechende
Erdgas-Reformierungsanlagen erzeugt, in Pipe- Zahlen in g CO2 pro MJ-Kraftstoff (Bereitstel-
lines transportiert und an der Tankstelle auf lung und Nutzung) sind in Abb. 9 dargestellt
430 bar für die Abgabe an den Pkw kompri- und werden dort im Zusammenhang mit den
miert wurde („Erdgas - C.H2 fern“). Bereitstellungskosten aufgezeigt.
Der Aufwand von 0,57 MJ Primärenergie pro MJ
C.H2 am Pkw-Einfüllstutzen ist etwas geringer 2. Bereitstellungskosten
als der Aufwand für Methanol (regional) oder Der Weg zu emissionsarmen und insbesondere
Fischer-Tropsch-Diesel (fern), beide auf Erdgas- treibhausgasfreien Endenergieträgern wird
basis. Der größte Primärenergieaufwand ist bei zu einem höheren Kostenniveau führen. Dies
der Abgabe von flüssigem Wasserstoff (L.H2) wird in der Darstellung der Bereitstellungskos-
insbesondere bei regionaler Produktion bei einer ten (EUR/MJ) für Endenergieträger im Zusam-
Verflüssigung mit Strom aus dem deutschen menhang mit den CO2-Emissionen (g/MJ)
Stromnetz erforderlich. Elektrolytisch hergestell- bei der Bereitstellung und vollständigen Ver-
ter Wasserstoff mit Strom aus dem deutschen brennung von jeweils einem Megajoule – also
Stromnetz würde selbst bei C.H2-Anlieferung ohne Berücksichtigung von unterschiedlichen
gegenüber der zuletzt diskutierten Kette einen Wirkungsgraden der Energieumwandlungssys-
erheblich höheren Primärenergieaufwand von teme – in Abb. 9 gezeigt.
etwa 3 MJ/MJ erforderlich machen.
Benzin und Diesel auf Erdölbasis sowie C.NG
Da hier nur fossil-hergestellter Wasserstoff und Fischer-Tropsch-Diesel (FTD auf Erdgasbasis
diskutiert wird, so wie er in einer ersten Einfüh- als Synfuel) können unter bestimmten Vorausset-
rungsphase auf dem Energiemarkt anzubieten zungen ein vergleichbares Kostenniveau haben.
wäre, wird deutlich, dass auf allen Wasserstoff- Methanol aus Erdgas ist etwas teurer und kom-
pfaden die höchsten CO2-Emissionen anfallen, primierter Wasserstoff (C.H2) aus Erdgas nur zwei-
da sämtlicher Kohlenstoff schon bei der Herstel- bis dreimal so teuer wie konventionelle Energie-
lung dem Prozess entzogen wird (Abb. 8). In träger, aber auf etwas höherem CO2-Niveau.
dieser Darstellung sind allerdings Abtrennung Alle genannten Endenergieträger einschließlich
und Endlagerungsschritte nicht berücksichtigt. RME (Rapsölmethylester) und Ethanol aus Zu-
ckerrüben sind in der Anlieferung ohne staat-
Gerade die CO2-Diskussion macht deutlich, liche Abgaben günstiger als Benzin an der
dass letztendlich die Bewertungskette nicht Tankstelle einschließlich staatlicher Abgaben. 157
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 158

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FVS Themen 2004

D
Strom privat
Strom EEX mit Steuern Ohne Steuern
150 Ohne CO2- Management
Sommer 04

Bereitstellung und Nutzung/ gCO2eq / MJ


EU Flüssigwasserstoff Fossile
F-T-Diesel (Erdgas) Herkunft
(Erdgas) Methanol
Benzin / (Erdgas) Druckwasserstoff Regenerative
100
Diesel (Öl) (Erdgas) Herkunft
Abbildung 9
Treibhausgasemissionen:

Benzin mit Steuern (Öl)


Gegenüberstellung

re
Fo wa
ne
ssi ble
von Bereitstellungskos-

lt
o
ten und Klimagasemis- Druck- Biodiesel
50
sionen von Kraftstoffen erdgas Ethanol Druck- oder Flüssig-
Erdgas an D Raps Zuckerrüben Druckwasserstoff wasserstoff
(Klimagasemissionen (Wind & Strom) (Solar-Strom)
inklusive der vollstän- F-T-Diesel
digen Verbrennung (Holz)
0
von jeweils 1 MJ). 0 20 40 60 80
Kraftstoffkosten / EUR / GJ

Die Darstellung gilt für den „Benzin“-Referenzpunkt und „Strom privat“ für alle Energieträger ohne Steuer und im Fall
fossiler Endenergieträger auch ohne besondere Maßnahmen der CO2-Abtrennung und -Lagerung.

Die aus Biomasse hergestellten Energieträger oder Wasserstoff mit der Pipeline bis zur Tank-
(RME oder Biodiesel, Ethanol und FTD aus Holz) stelle anzuliefern. Die Auslegung wird für eine
ordnen sich bezüglich der CO2-Emissionen und 10 % Kraftstoffsubstitutionsquote in Deutsch-
Kosten auf einem sehr niedrigen CO2-Niveau land bestimmt [12].
ein – bei niedrigeren Kosten gegenüber Wasser-
stoff aus Wind- oder Photovoltaik.
Als Fazit dieser Analyse ist zu erkennen:
In dieser Diskussion muss aber auch berücksich-
tigt werden, dass mittelfristig sich generell die • Bei der Wasserstoff-Verflüssigung wird in der
Bereitstellung fossiler Kraftstoffe verteuert und Prozesskette der höhere Primärenergieauf-
sich die Kostenschere zwischen regenerativen wand teilweise kompensiert durch einen
und fossilen Kraftstoffen verkleinert. Auch ist die geringeren Transportaufwand gegenüber
Endenergieträgernutzung – zum Beispiel im der Druckwasserstoff-Variante.
Fahrzeug – mit einzubeziehen und hier gerade
die effektive Wasserstoffnutzung im Brennstoff- • Das Wasserstoff-Management an der
zellenantrieb eine Veränderung der Bilanzen Tankstelle bestimmt die unterschiedlichen
und damit langfristig eine besondere Option Betriebskosten einer Betankung von Druck-
für die Zukunft darstellt. oder Flüssig-Wasserstoff. Hardwareumfang
und damit Kosten für Flüssigwasserstoff
3. Kostenanalyse einer Wasserstofflogistik sind niedriger.
Abb. 10 zeigt eine Übersicht der Kosten einer
Wasserstofflogistik bei einer zentralen Produk- • Die dezentrale Wasserstoff-Bereitstellung wird
tion in Erdgasreformern (Z-SMR), Transport durch relativ hohe Stückkosten und Strom-
mit Lkw und druckförmiger (G-B) oder flüssiger kosten (Elektrolyseure) beziehungsweise
(L-B) Betankung bei entsprechendem Wasser- Erdgaskosten (On-Site Reformer) bestimmt.
stoff-Management an der Tankstelle.
Diese Varianten werden verglichen mit einer • Eine langfristige Pipelineanlieferung erlaubt
Möglichkeit, Wasserstoff an der Tankstelle in klei- niedrige Wasserstoff-Bereitstellungskosten nur
158 nen Reformern zu erzeugen (On-Site Reformer) bei großer Kraftstoff-Substitutionsquote.
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Her- Ver- Kom- Transport Betankung Summe


stellung flüssigung pression
€ / kg € / kg € / kg € / kg € / kg € / kg

Z-SMR 100 t/d 1) 1,02 0,42 0,66 0,75 2,8


G-Bündel; G-B (0,023
HTAS: 216 t/d 4) 0,55 €/MJ)
Abbildung 10
Z-SMR 200 t/d 1) 0,92 1,01 0,21 0,26 2,4 Kosten der Wasser-
L-Transport; L-B US: 0,6-0,3 (0,02 €/MJ)
stoffbereitstellung
Onsite-SMR G-B 1) 2,00 0,89 2,9
[12,14,15]
On-Site-E G-B 2) 4,40 0,72 5,12) 2,93)

Z-SMR 28 t/d 1) 1,27 0,14 2,73 0,80 4,9


Pipeline; G-B
50% Quote107 t/d 1) 1,01 0,14 0,67 (290 km) 0,80 2,6
US: 1200 t/d 5) 1,03 s. Herst. 0,42 (600 km) 0,54 2,0

Z: Zentral; SMR-Erdgas-Reformierung; E: Elektrolyse; G: Druck H2; L: Flüssig H2; G/L-B Gas/Flüssig-Betankung)


1) 3
[12]; On-Site SMR 200 Nm /h bei 1000 Stück und 777 €/kW Invest,
Erdgas 7 €/GJ (On-Site); ~ 4 -5 €/GJ (Z-SMR)
2)
On-Site-Elektrolyse nach RECHLER [12] bei Strom 6 Ct/kWh;
3)
On-Site-Elektrolyse nach RECHLER [12] bei Strom 2 Ct/kWh
4)
[14] Z-SMR Erdgas 3,5 $/GJ;
5)
[15] Z-SMR Erdgas 4,5 $/GJ, 150 km Pipeline, 600 000 $/km, 2,5 t/d H2

• Zentrale Anlagen auf Erdgasbasis erlauben und regional unterschiedlichen Potenzialen.


heute H2-Kosten (ohne Steuer) an der Tank- Im Bereich Forschung und Entwicklung besteht
stelle, die niedriger liegen als Benzin und noch großer Handlungsbedarf insbesondere
Diesel. Letztere produzieren allerdings mehr bei der Wasserstoffherstellung und der Bereit-
CO2 bei der Herstellung und Bereitstellung. stellungslogistik bis hin zum Kunden.
Die anstehenden Aufgaben der vorab beschrie-
• Dezentrale Reformer erlauben keine wirt- benen Lösungsansätze einer Wasserstoffbereit-
schaftliche CO2-Abtrennung und für Wasser- stellung für den Verkehr sind nur zu lösen durch
stoff per Pipeline angeliefert wäre dies erst Bündelung der Ressourcen – international,
bei Substitutionsquoten deutlicher größer national und regional.
10% sinnvoll.
Für ein kurz- bis mittelfristiges Wasserstoff-
Angebot müssen vorrangig folgende Forschungs-
und Entwicklungsziele bearbeitet werden:
Zusammenfassung
und Optionen • zentrale Prozesse für die Erschließung fossiler
Energieträger mit CO2-Abtrennung
Wasserstoff wird zunächst für Nischenbedarfe • dezentrale Anlagen für die On-Site Wasser-
auf Basis fossiler Energieträger durch Bereitstel- stofferzeugung (Elektrolyseure)
lung aus zentralen oder dezentralen Anlagen • marktfähige Prozesse für die Darstellung
sowie aus Chemieparks und Raffinerien zuneh- erneuerbarer Energieträger
mend mit CO2-Abtrennung bereit gestellt. • Wasserstoff-Speicherungssysteme
Er wird auf unterschiedlichen Transportwegen • Wasserstoff-Infrastruktursysteme verbunden
und mittels stationärer und mobilen Befüllungs- mit Wasserstoff-Management insbesondere
einrichtungen für Kraftfahrzeuge und z. B. an den Kundenstationen
Kartuschen angeboten. Langfristig nimmt die • Bereitstellung marktfähiger Energieumwand-
Bedeutung regenerativ erzeugten Stroms für lungssysteme mit Brennstoffzellen [4] und
die direkte Nutzung und für die H2-Bereit- ihre peripheren Einheiten
stellung zu, bei oft dezentraler Bereitstellung 159
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 160

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FVS Themen 2004

Die Bereitstellungskosten für neue Energieträger Literatur


und den langfristig angestrebten Wasserstoff
müssen als Funktion des Brennstoff-Substitu- [1] IEA, World Energy Outlook 2002,
tionszieles und der Bereitstellungswege analy- OECD/IEA, Paris 2002
siert werden. Erheblicher Forschungs- und Ent-
wicklungsaufwand ist mittelfristig erforderlich. [2] Höhlein, B.; Brennstoffzellensysteme und
Staatliche Regulierungen und Life-Cycle-Cost- Wasserstoff als Energieträger; BWK Bd.56
Analysen [16] sind notwendig. Die Logistik der (2004), Nr. 1/2 Höhlein, B., Nitsch, J.,
Wasserstoffbereitstellung ist kosten- und ener- Wagner, U., Ganzheitliche Systemunter-
gieintensiv, wenn man dabei Produktion, Kondi- suchung zur Energiewandlung durch
tionierung, Verteilung, Speicherung sowie das Brennstoffzellen. Brennstoffzellenstudie,
Wasserstoff-Management an der Tankstelle Projekt 686, Nr. 657, Schlussbericht,
(für mobilen Einsatz im Kfz) oder Befüllstation Forschungsvereinigung Verbrennungskraft-
(zur Befüllung von Kartuschen) berücksichtigt. maschinen e.V., Frankfurt/M, 1998
Langfristig muss die hier aufgezeigte fossil-
basierte Wasserstofflogistik auf nicht-fossil bzw. [3] Ramesohl, St. et al., Bedeutung von Erdgas
regenerativ erzeugten Wasserstoff umgestellt als neuer Kraftstoff im Kontext einer nach-
werden. haltigen Energieversorgung. Wuppertal
Institut für Klima Umwelt Energie,
September 2003

[4] TAB-Arbeitsbericht No. 67,


Dagmar Oertel und Torsten Fleischer,
TA-Projekt Brennstoffzellen-Technologie
Endbericht, Büro für Technikfolgenab-
schätzung des Deutschen Bundestages“,
buero@tab.fzk.de

[5] Well-to-Wheel Analysis of Future Automo-


tive Fuels and Powertrains in the European
Context http://ies.jrc.cec.eu.int/
download/eh

[6] Well-to-Wheel Analysis of Energy Use and


Greenhouse Gas Emissions of Advanced
Fuel/Vehicle Systems - A European Study.
L-B-Systemtechnik GmbH, Ottobrunn,
September 2002; www.lbst.de/gm-wtw

[7] Grahl, M., Ökonomische Systemanalyse


zum Antrieb von Personenkraftwagen mit
Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzellen unter
Verwendung neuer Kraftstoffe. in Beiträge
zur Energieforschung, Dissertation.de
Verlag im Internet GmbH Berlin, 2001

[8] Berechnungsmodell für die Bewertung


von Fahrzeug-/Kraftstoff-Systemen
bezüglich Energiebedarf und Emissionen,
Forschungszentrum Jülich GmbH, Jülich,
April 2004
160
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 161

Prof. Dr. Bernd Höhlein • Wasserstofflogistik


FVS Themen 2004

[9] Höhlein, B., Isenberg, G., Edinger, R.,


Grube, Th., Well-to-Wheel efficiencies of
different fuel choices, Handbook of Fuel
Cells. Herausgeber W. Vielstich, A. Lamm,
H.A. Gasteiger, John Wiley & Sons Ltd,
Chichester, 2003

[10] On the Road in 2020 - A Life Cycle Analysis


of New Automobile Technologies.
Massachusetts Institute of Technology
(Cambridge USA), 2000/2003;
www.mit.com/e-labNRC [2004]
NATIONAL RESEARCH COUNCIL and
NATIONAL ACADEMY of ENGINEERING
[2004]: The Hydrogen Economy; The
National Academies Press; www.nap.edu

[11] Höhlein, B.; Grube, T.; Vergleichende


Bewertung zukünftiger Fahrzeug-Kraftstoff-
systeme, VDI Innovative Fahrzeugantriebe,
Dresden 11. und 12. November 2004

[12] Diplomarbeiten von Reijerkerk, Valentin


und Rechler, LINDE GAS, München

[13] Towards a European Hydrogen Energy


Roadmap; Executive Report;
www.HyNet.info

[14] Key questions to be solved to develop an


EU Hydrogen Policy; The Hydrogen
Economy – a Bridge to Sustainabel Energy;
Brüssel, 17. Juni 2003

[15] National Research Council and


National Academy of Engineering [2004]:
The Hydrogen Economy;
The National Academies Press;
www.nap.edu

[16] Ogden, J. M. et al., Societal lifecycle costs


of cars with alternative fuels/engines.
Energy Policy 32 (2004) 7-27

161
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 162

Jochen Bard • Brennstoffzellen im Vergleich


FVS Themen 2004

Brennstoffzellen im Vergleich
mit anderen Energiekonversions-
technologien
Jochen Bard Einführung einigen Tausend bis 10.000 Wh/l.
ISET Nun lässt sich Benzin nicht direkt zum Antrieb
jbard@iset.uni-kassel.de Brennstoffzellen müssen in allen Anwendungs- eines Laptops nutzen (die Emissionen bei der
bereichen etablierte Technologien verdrängen Nutzung fossiler Brennstoffe wären im Indoor-
Dr. Robert oder sich gegen konkurrierende neue Wand- Bereich auch nicht akzeptabel). Der Einsatz
Steinberger-Wilckens lungssysteme behaupten. Dies wird nur gelin- von Brennstoffzellen in Kombination mit relativ
FZ Jülich gen, wenn sich bei Einsatz der Brennstoffzellen „sauberen“ Brennstoffen wie Methanol und
r.steinberger@fz-juelich.de in Handhabung, Zuverlässigkeit, Wirkungsgrad, Wasserstoff kann hier langfristig Abhilfe schaf-
Kosten und Umweltauswirkungen Vorteile erge- fen. Berücksichtigt man die Umwandlungs-
ben. Bis zur breiten Markteinführung von Brenn- wirkungsgrade von 20 bis 30 %, so ergeben
Ulf Groos stoffzellen, die sicher noch einige Jahre auf sich sich Speicherdichten im Bereich von etwa
Fraunhofer ISE warten lässt, werden sich aber viele konventio- 1000 Wh/l. Darüber hinaus bietet diese Kombi-
ulf.groos@ise.fraunhofer.de nelle Technologien ebenfalls weiter entwickeln; nation die Möglichkeit, den Energiespeicher
und auch neue Energiekonversionstechnologien z. B. in Form eines Metallhydrids oder einer
zum Beispiel im Bereich der Kraft-Wärme-Kopp- Methanolflasche unabhängig von der Leistung
lung, Stirlingmotoren oder neue Dampfmoto- der Brennstoffzelle zu skalieren. Ein rascher Aus-
ren werden in relativ kurzer Zeit verfügbar sein. tausch der Brennstoffbehälter ist leicht möglich.
Damit wäre auch bei einer weiter anhaltenden
Dieser Beitrag soll die Situation für die Einsatz- schnellen Entwicklung der elektronischen Gerä-
bereiche tragbare Stromversorgungen, Kraft- te mit immer größerer Leistungsfähigkeit und
Wärme-Kopplung und Versorgung von elektri- erweitertem Funktionsumfang auch auf lange
schen Bordnetzen in Fahrzeugen verdeutlichen. Sicht eine zuverlässige und angemessene
Der gesamte Bereich der Fahrzeugantriebe wird Stromversorgung möglich.
bewusst ausgeklammert.
Ein Vorteil für eine rasche Markteinführung
von Brennstoffzellen in diesem Bereich sind die
Portable Stromversorgungen sehr hohen spezifischen Energiekosten sowie
die relativ schwierige Leistungssteigerung der
Tragbare elektronische Geräte wie z. B. Camcor- heute etablierten Akkutechnologien. Dennoch
der, Mobiltelephone, Computer (Laptop, PDA sind noch erhebliche Entwicklungsschritte not-
Personal Data Assistants (Minicomputer) und wendig wie z. B. Erhöhung des Brennstoffzel-
viele elektrisch betriebene Werkzeuge werden len-Wirkungsgrades, Reduktion des peripheren
heute mit Akkutechnologien betrieben. Dabei Energieverbrauchs, weitere Miniaturisierung
werden nur relativ kurze Betriebszeiten erreicht, sowie die Auslegung für extreme Umgebungs-
wenn Größe und Gewicht des Akkus die Hand- temperaturen. Aussichtsreich sind aus heutiger
habung des Geräts nicht zu sehr beeinträchtigen Sicht kleine portable Stromversorgungssysteme
sollen. Ursache dafür ist die relativ geringe Ener- auf Basis von Polymerelektrolytbrennstoffzellen
giedichte dieser Akkus bezogen auf Volumen und (PEFC) und Wasserstoff sowie Direktmethanol-
Gewicht von nur wenigen Hundert Wattstunden brennstoffzellen (DMFC). Letztere erreichen
pro Liter und pro Kilogramm. noch nicht die gleichen spezifischen Kosten,
Leistungsdichten und Wirkungsgrade wie die
Demgegenüber erreichen flüssige oder kom- PEFC, Handhabung und Speicherung von
primierte gasförmige Kohlenwasserstoffe wie Methanol sind aber gegenüber dem Einsatz
162 Benzin, Diesel, Butan oder Propan Werte von von Wasserstoff wesentlich einfacher.
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:53 Uhr Seite 163

Jochen Bard • Brennstoffzellen im Vergleich


FVS Themen 2004

9 Ct/kWh - eine im freien Markt erzielbare


Dezentrale Vergütung liegt aber nur bei etwa 4,5 Ct/kWh.
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) Das KWK-Gesetz schafft durch die Festsetzung
erhöhter Einspeisetarife hier Abhilfe.
Im Gegensatz zum oben genannten Bereich
gibt es bei der Versorgung von Wohngebäuden Alle Brennstoffzellentypen basieren auf exother-
sowie im industriellen Bereich keine technischen men elektrochemischen Reaktionen, es wird
Schwierigkeiten mit der Strom- und Wärmever- also immer Strom und Wärme erzeugt – dies
sorgung. Mit einem Anteil am deutschen Pri- prädestiniert Brennstoffzellen für die dezentrale
märenergieverbrauch von etwa einem Drittel KWK. Die Niedertemperatursysteme, vor allem
für Raumwärme und etwa 20 % für Prozesswär- die PEFC, ist besonders für die Raumwärmeer-
me ergibt sich durch die gekoppelte Erzeugung zeugung in Ein- und Mehrfamilienhäusern ge-
von Wärme und Strom gegenüber der unge- eignet. Dieses Marktsegment wird heute von
koppelten Stromerzeugung in zentralen Kraft- Diesel- oder Gasmotor-betriebenen so genann-
werken und separater Wärmebereitstellung eine ten Mikro-KWK-Anlagen versorgt. Die Anlagen
Brennstoffeinsparung im Bereich von 40 % mit leisten typischerweise 5 kWel und werden in
entsprechender Reduzierung der CO2-Emissio- der Regel wärmegeführt betrieben, um in Kom-
nen. Darin ist neben dem verstärkten Einsatz bination mit einem Spitzenlastkessel Warmwas-
erneuerbarer Energien die wichtigste Möglich- ser und Raumwärme bereit zu stellen. In über
keit gegeben, den umweltpolitischen Zielen der 10.000 Anlagen wird dabei vorwiegend Erdgas
Ressourcenschonung und des Klimaschutzes zu eingesetzt, Anlagen mit biogenen Brennstoffen
entsprechen. Daneben sind die Kosten für Strom wie Rapsöl sind mit ca. 50 installierten Maschinen
und Wärme ein Wirtschaftsfaktor. Aber gerade noch selten. Besonders häufig findet man solche
hier liegt ein wichtiges Hemmnis für den Aus- BHKWs in Kleingewerben, Krankenhäusern
bau der Kraftwärmekopplung in Deutschland.
Für ein kleines Motor-BHKW 1 mit 10 kW Leistung
liegen die Stromerzeugungskosten bei knapp 1
BHKW = Blockheizkraftwerk

Hersteller/Produkt Motortyp Leistung kW Wirkungsgrad weitere


(el./therm.) (el./gesamt) Informationen

Senertec Dachs Diesel/Gas- 4,5/12,5 27 % /88 % ca. 2650/kW


HKA Kolbenmotor

Ecopower BHKW Gas-Kolbenmotor 1,3 - 4,7/12,5 25 % /91% ca. 2650/kW

Honda Ecowill Gas-Kolbenmotor 1/3,25 20 % /85 % nur in Japan über


6000 Einheiten

Enginion Dampfent- 0,5-4,6/2-25 15 %/ > 90 % Feldversuche ab


Steamcell spannungsmotor 2005, Ziel
Tabelle 1
1500 E/kW
Micro-KWK-
OTAG Lion Freikolbendampf- 0,2-3/2-16 Feldversuch mit Technologien auf
maschine 10 Einheiten
Motorbasis
Whispergen Alpha-Stirling 0,4-1,2/4,9-8 12 %/ > 90 % Feldversuch mit
500 Einheiten

BG-Group Freikolben-Stirling 1,1/15 18 %/ > 90 % Feldtest 50 Einh.,


Microgen Preis 2800 E

Solo Stirling 4-9/12-25 24 %/ > 75 % ausgelegt für


Holzpelletfeuerung

163
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Jochen Bard • Brennstoffzellen im Vergleich


FVS Themen 2004

nuierlich sinkende Raumwärmebedarf. Es wird


erwartet, dass sich der gesamte Raumwärmebe-
darf von heute bis zum Jahr 2050 um mindes-
tens 25 % verringert – im Szenario einer nach-
haltigen Energiepolitik sogar halbieren wird.
Dies wirkt sich nicht allein auf die wirtschaftlich
sinnvolle Leistung der KWK-Aggregate und die
Betriebsstunden aus. Wenn das Verhältnis zwi-
schen Raumwärme- und Warmwasser sowie
dem Strombedarf sinkt, könnten in Zukunft vor
allem kleine Brennstoffzellensysteme mit guten
Abbildung 1 elektrischen Wirkungsgraden von mindestens
Stirlingaggregat für 35% weitere Reduktionen von Brennstoffbedarf
Erdgasbetrieb als und Emissionen bewirken.
Untertischgerät
(Foto: Whisper Tech) In der industriellen KWK spielt die Raumwärme
eine geringere Rolle. Der industrielle Wärmebe-
darf, der immerhin etwa ein Drittel des gesam-
ten Wärmebedarfs ausmacht, liegt vorwiegend
in der Prozesswärme vor allem für die Dampf-
erzeugung. Eine saisonale Bedarfsabhängigkeit
oder anderen Liegenschaften mit hoher Wärme- wie bei der Raumwärme gibt es daher kaum.
grundlast. Eine Übersicht über marktverfügbare Motor-BHKW sind in der Industrie nur im Nie-
sowie neue Mikro-KWK-Technologien auf Motor- dertemperaturbereich einsetzbar. Für die Pro-
basis enthält die abgebildete Tab 1. zesswärmebereitstellung werden dann spezielle
Gas- oder Ölbrenner oder elektrische Heizsyste-
Beachtenswert ist der Entwicklungsstand der me eingesetzt.
neuen Technologien wie z. B. der Stirlingmoto-
ren. Die Microgen Anlage der BG-Group soll in
Kürze als kompaktes Wandgerät zu einem kon-
kurrenzfähigen Preis angeboten werden. EON-
UK plant den Einsatz von 80.000 Stirlingsyste-
men der Firma Whisper Tech mit einer jährlichen
Abbildung 2  Einsparung bei den Energiekosten von 220 €
Stirlingmotor mit einer pro Haushalt (Abb. 1). Auch die jüngsten Erfol-
Leistung von 1 KW ge mit neuen dampfgetriebenen Anlagen ver-
für Holzfeuerung sprechen einen kurzfristigen Markteintritt mit
(Foto: Solo) wettbewerbsfähigen Kosten in Kombination mit
CO2-Einsparungen im Bereich von 20 %. Zwar
ist auch für alle neuen Systeme zur Zeit Erdgas
noch der wichtigste Brennstoff. Anlagen mit
externer Verbrennung haben gegenüber inter-
nen Verbrennungsmotoren wie Otto und Diesel
aber den Vorteil, dass sie mit relativ wenig Eine Alternative sind die Hochtemperaturbrenn-
Aufwand an andere Brennstoffe wie Biogas stoffzellen wie MCFC 2, SOFC 3 und teilweise
oder Holzfeuerung angepasst werden können auch die PAFC 4, die in Systemen mit elektrischen
(Abb. 2). Das ist mit Brennstoffzellen – wenn Leistungen von typisch 200 bis 300 kW ange-
überhaupt – nur sehr eingeschränkt möglich. boten werden.

Ein wichtiger Aspekte bei der langfristigen Ein- 2


Molten Carbonate Fuel Cell
schätzung der Bedeutung von Brennstoffzellen 3
Solid Oxid Fuel Cell
4
164 für die Raumwärmebereitstellung ist der konti- Phosphoric Acid Fuell Cell
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Jochen Bard • Brennstoffzellen im Vergleich


FVS Themen 2004

Für die gekoppelte Nutzung fester Biomasse wie


Holz oder landwirtschaftliche Restbiomasse sind
zur Zeit nur Systeme mit externer Verbrennung
wie zum Beispiel Stirlingmotoren oder Dampf-
aggregate einsetzbar.

Im Gegensatz dazu hat der Einsatz von Brenn-


stoffzellen als Auxiliary Power Unit (APU) zur  Abbildung 3
Bordstromversorgung von Fahrzeugen, Flug- MCFC mit 250 kW
zeugen und Schiffen erhebliche Vorteile durch Strom und 180 kW
die Entkopplung von Antriebsaggregat und Wärme in Form
Stromerzeugung. Dies ermöglicht im PKW bei von 200 °C heißem
stehendem Motor Beheizung, Klimatisierung Dampf
und Batterieerhaltungsladung sowie eine spür-
bare Verbrauchsminderung bei laufendem
Motor durch den deutlich höheren Wirkungs-
grad im Verhältnis zur konventionellen Licht-
maschine. In LKW können mit einer Brennstoff-
zellen-APU zum Beispiel Kühlaggregate bei
längerem Stillstand unabhängig vom Stromnetz
Aufgrund der hohen Betriebstemperaturen von betrieben werden. Auch in Flugzeugen ist eine
650 °C bei der MCFC und 750 bis zu 1000 °C Stromversorgung im Stand – ohne laufende
bei der SOFC lässt sich Wärme auf dem erfor- Triebwerke möglich.
derlichen Niveau auskoppeln (Abb. 3). Damit
ergeben sich bei elektrischen Wirkungsgraden
über 50 % sehr hohe Gesamtwirkungsgrade
und Primärenergieeinsparungen. Als relativ neue
Technologie bieten Mikrogasturbinen mit elek-
trischen Leistungen von 25 bis 500 kW und Wir-
kungsgraden zwischen 25 und 35 % ebenso
die Möglichkeit der Prozesswärmebereitstellung
bei einigen Hundert Grad – je nach gewählter
Wärmetauscherkonfiguration (Abb. 4).
Abbildung 4
Mikrogasturbinen sind wartungsarm, haben Mikrogasturbine
gute Abgaswerte und erlauben prinzipiell ver- des ISET, zur Zeit in
schiedene Brennstoffe. Eine Anlage mit Biogas der Praxiserprobung
als Brennstoff wurde vom ISET erfolgreich in mit Biogas
Betrieb genommen. Auch große Dampfmo-
toren lassen sich im industriellen Umfeld zur
Kombination von Wärme- und Stromerzeugung
sinnvoll einsetzten. Neben den etablierten
Dampfkolbenmotoren ist besonders auch ein
neues Dampfschraubenaggregat von Bedeu-
tung, das in 2004 im Biomasseheizwerk Hart-
berg mit 730 kWel erstmals in Betrieb ging.
Unter dem Blickwinkel der Biomassenutzung
haben Verbrennungsmotoren und Gasturbinen,
die prinzipiell auch für flüssige und gasförmige
biogene Brennstoffe geeignet sind, heute noch
große Vorteile gegenüber Brennstoffzellen –
eine Ausnahme ist dabei die MCFC. 165
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Jochen Bard • Brennstoffzellen im Vergleich


FVS Themen 2004

Schlussbetrachtung
Wie am Beispiel der APU gezeigt, bietet der
Einsatz von Brennstoffzellen technologische Vor-
teile und auch für den Nutzer ergibt sich ein
zusätzlicher Mehrwert im Vergleich zur konven-
tionellen Technik. Für diesen erhöhten Nutzen
wird ein höherer Preis über dem Vergleichs-
marktwert zu erzielen sein. Dafür erhält der
Nutzer ein Produkt mit verbesserter Leistungs-
fähigkeit und Handhabung, aber auch Kriterien
wie Prestige, Spaß und Erholung spielen im Ver-
halten der Konsumenten eine wichtige Rolle.

Für den Einsatz in der KWK stehen demgegen-


über harte Faktoren wie die Kosten und die
Emissionen im Vordergrund. Zur Minderung
von Treibhausgasen tragen Systeme auf Brenn-
stoffzellenbasis im Verhältnis zu den genannten
Technologien nur verhältnismäßig wenig bei,
wenn man einmal von der Vision der solaren
Wasserstoffwirtschaft absieht. Auch wenn
zukünftige sekundäre Energieträger wie Wasser-
stoff aus erneuerbaren Energien bereit gestellt
werden, sind Brennstoffzellen nur eine von
vielen möglichen Technologien. Die Investi-
tionskosten liegen heute noch um einen Faktor
5 bis 10 über den Motortechnologien. Doch
selbst die Motor-BHKW können sich ohne
gesetzlich geregelte Einspeisevergütung noch
nicht wirtschaftlich behaupten.

Wann und in welchem Umfang Brennstoff-


zellen in Zukunft eingesetzt werden, lässt sich
bis heute nur in entsprechenden Szenarien
prognostizieren. Insbesondere entwickeln auch
lange bekannte konventionelle Technologien
in einem verschärften Verdrängungswettbewerb
eine neue Entwicklungsdynamik, wie dies am
Bespiel der Glühbirne oder des Dampfschiffes
(„sailing ship effect“) in der Technikgeschichte
belegt ist.

166
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:54 Uhr Seite 167

Dr. Wolfram Krewitt • Umweltauswirkungen und Märkte


FVS Themen 2004

Umweltauswirkungen und Märkte


des dezentralen Einsatzes stationärer
Brennstoffzellen
Energieversorgungsstrukturen • Der deutlich sinkende Raumwärmebedarf Dr. Wolfram Krewitt
schränkt generell das Potenzial ein für KWK-
im Wandel – Chancen für DLR
Anwendungen – und damit auch für Brenn- wolfram.krewitt@dlr.de
stationäre Brennstoffzellen? stoffzellen. Bei einem wachsenden Bedarf
an Hausenergiesystemen mit einer niedrigen Friedhelm Steinborn
Unsere heutige Energieversorgung ist aufgrund Auslegungsleistung hat allerdings die Brenn- Steinborn innovative
erheblicher Defizite vor allem im Bereich des stoffzelle aufgrund ihres modularen Aufbaus Gebäude-Energie-
Klimaschutzes und der Nutzung nicht erneuer- voraussichtlich konstruktive Vorteile gegen versorgung Stuttgart
barer Ressourcen nicht nachhaltig. Als Reaktion über motorischen Blockheizkraftwerken. steinborn@bhkw-info.de
auf die Herausforderungen des Klimaschutzes, Auch das Nutzungsverhältnis Strom- zu
aber auch um vor dem Hintergrund begrenzter Wärmebedarf verschiebt sich zu einem Dr. Frithjof Staiß
fossiler Energieressourcen die langfristige Versor- größeren Strombedarf, der den Einsatz der ZSW
gungssicherheit zu gewährleisten, wurden in Brennstoffzelle mit ihren potenziell höheren frithjof.staiss@zsw-bw.de
Europa konkrete Vorgaben für den Anteil erneu- Stromkennzahlen1 begünstigt.
erbarer Energien an der Stromerzeugung fest- Dr. Andreas Bühring
geschrieben. Empfehlungen der Europäischen • Auch der stark wachsende Anteil erneuer- Fraunhofer ISE
Union liegen auch für eine deutliche Auswei- barer Energieträger an der direkten Strom- buehring@ise.fraunhofer.de
tung der Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmeversorgung schränkt das Ausbau-
vor. Die genannten Ziele können wirtschaftlich potenzial der Brennstoffzelle ein. Marktein- Dr. Christopher
und umweltverträglich nur dann erreicht wer- führungsprogramme für Brennstoffzellen Hebling
den, wenn es gelingt, sowohl den Strom- und sollten nicht dazu führen, dass eine Stromer- Fraunhofer ISE
Wärmebedarf durch kostengünstige Effizienz- zeugung auf der Basis erneuerbarer Energien christopher.hebling@
ise.fraunhofer.de
maßnahmen zu reduzieren als auch gleichzeitig verdrängt wird. Vielmehr sollte das Potenzial
die bestehenden Versorgungsstrukturen zu der Brennstoffzelle dazu genutzt werden,
Thomas Feck
ändern. Für die Einsatzmöglichkeiten stationärer durch die Nutzung von Brenngasen aus
FZ Jülich
Brennstoffzellen ergibt sich daraus das folgende erneuerbaren Energien (Biogas, Elektrolyse-
t.feck@fz-juelich.de
Spannungsfeld, in dem sie sich in Zukunft Wasserstoff) neue Anwendungsmöglich-
behaupten müssen: keiten für erneuerbare Energieträger zu
erschließen.

• Durch die wachsende Bedeutung der Kraft-


Wärme-Kopplung eröffnet sich für die Brenn-
stoffzelle trotz absolut sinkenden Wärmebe-
darfs ein grundsätzlich hohes Einsatzpoten-
zial. Dabei ergeben sich im Bereich der Haus
energieversorgung mit Mini-BHKW, die in
ihrer Vielzahl auch als virtuelle Kraftwerke
betrieben werden können, möglicherweise
neue Einsatzbereiche.

1
Die Stromkennzahl einer Brennstoffzelle definiert sich
als Quotient aus der bereitgestellten Strommenge und
der nutzbaren Wärmemenge eines Kraft-Wärme-Kopp-
lung-Prozesses. 167
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Dr. Wolfram Krewitt • Umweltauswirkungen und Märkte


FVS Themen 2004

6000 Kosten sind, also je teurer eine Brennstoffzellen-


Vergleich mit Vergleich mit anlage im Vergleich zu einem Konkurrenzsys-
getrennter Strom- und Motor-BHKW
Wärmeversorgung tem werden darf.
5000

Besonders wirtschaftlich kann eine kleine Brenn-


4000
stoffzelle zur Versorgung einer Passiv-Reihen-
€ /kWel

hauszeile über ein kleines Nahwärmenetz ein-


3000
gesetzt werden. Durch den extrem niedrigen
Raumwärmebedarf von Passivhäusern, der nur
2000 ungefähr ein Drittel des gesamten Wärmebe-
darfs beträgt, kommt es zu einem sehr gleich-
1000 mäßigen Wärmebedarf auf niedrigem Niveau,
der zu einer hohen Auslastung der Brennstoff-
0 zelle führt. Gleichzeitig ist der Strombedarf der
- v- r- - - - r- -
in ah siv ah Passivhäuser hoch im Vergleich zum Wärmebe-
-E us ssi e eh s -N ung as eile
in
-E us eh us N ng
BZ ha -Pa zeil -M hau Z P
- z Z
B h a -M h a Z- u
kW ie
n BZ aus BZ lien W B org BZ aus n BZ lien B rg darf, so dass der erzeugte Strom weitgehend
2 mil kW ami k ers kW ie kW ers
o
kW enh kW enh 2 mil kW ami
fa 2 ih 2 f 300 ev 2 ih fa 2 f 30 e0 v selbst genutzt wird. Im Vergleich zur getrenn-
Re m Re m
är är
w w ten Strom- und Wärmeversorgung kann die
Brennstoffzelle in diesem Fall selbst bei Investi-
tionskosten von ca. 5.000 €/kW noch wirt-
Abbildung 1 schaftlich betrieben werden. Für die Versorgung
Vergleich der Investi-
Ökonomischer eines Ein- bzw. Mehrfamilienhauses liegen die
tionskosten für Leistungsvergleich Kosten für eine Brennstoffzelle zur Hausenergie-
Brennstoffzellen mit versorgung im Vergleich zum Brennwertkessel
getrennter Strom- und Brennstoffzellen müssen sich nicht nur tech- mit ca. 2.000 bis 3.000 €/kWel noch über den
Wärmeversorgung nisch und ökologisch, sondern vor allem von den Herstellern genannten Zielkosten.
(links) und mit einem wirtschaftlich gegenüber den verschiedenen Das dies auch für den Vergleich mit motorischen
Motor-BHKW (rechts) Konkurrenztechnologien durchsetzen und BHKW zutrifft, liegt an den hohen spezifischen
behaupten können. Die Herstellungskosten für Kosten von Motor-BHKW mit kleiner Leistung.
stationäre Brennstoffzellen liegen heute zwi- Eine Entwicklung hin zu noch kleineren moto-
schen ca. 4.000 und 30.000 €/kWel und damit rischen BHKW-Einheiten, wie sie zum Beispiel
noch weit über den Zielkosten für marktfähige durch den Stirlingmotor realisiert werden
Produkte. Für die Markteinführung muss die können, würde die Konkurrenzfähigkeit der
Brennstoffzelle ihre Wirtschaftlichkeit zunächst Brennstoffzelle in diesem Anwendungsbereich
gegenüber den konventionellen Konkurrenz- erheblich erschweren. Um eine „große“ Brenn-
technologien der getrennten Strom- und Wär- stoffzelle (Leistungsbereich 300 kW) zur Nah-
meversorgung und vor allem der Kraft-Wärme- wärmeversorgung im Vergleich zu einem ent-
Kopplung unter Beweis stellen. Mittelfristig sprechenden Motor-BHKW wirtschaftlich betrei-
steht die Brennstoffzelle aber auch in Konkur- ben zu können, müssen Herstellungskosten
renz zu einer ganzen Palette innovativer und von unter 1.000 €/kW erreicht werden.
hocheffizienter Technologien zur Nutzung
sowohl fossiler als auch erneuerbarer Energie- Ökologische Bewertungen und Vergleiche
träger wie zum Beispiel dem Stirlingmotor. Von einem verstärkten Einsatz der Brennstoff-
zelle in einem zukünftigen Energiesystem
Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit einer werden erhebliche Beiträge zur Verminderung
neuen Technologie können die Investitions- von Treibhausgasemissionen und zum Ressour-
kosten herangezogen werden im Vergleich zu censchutz erwartet. Detaillierte Ökobilanzen
alternativen Techniken. Abb. 1 zeigt Investiti- (Life Cycle Assessment) helfen, eine umfassende
onskosten für verschiedene Einsatzgebiete ökologische Bewertung einer Brennstoffzelle
stationärer Brennstoffzellen. Generell gilt, dass unter Berücksichtigung des gesamten Lebens-
die Konkurrenzfähigkeit der Brennstoffzelle weges mit Herstellung, Betrieb, Entsorgung
168 umso besser ist, je höher die anlegbaren und Brennstoffbereitstellung zu erstellen.
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Dr. Wolfram Krewitt • Umweltauswirkungen und Märkte


FVS Themen 2004

Der direkte Vergleich verschiedener Umwand- +


e
m
är
lungstechnologien zeigt, dass unter heutigen KW w
HK
W GT H ah
-B + -B N
Bedingungen durch den Einsatz stationärer r C or e ix
ar m
FC ot
o F as ot zgas l
SO M SO olzg M ol So rom
Brennstoffzellen der Verbrauch erschöpflicher H H St
0
Energieträger und die Emissionen von Treib-
-200
hausgasen im Vergleich zur ungekoppelten
-400
Stromerzeugung bei gleichem Brennstoff um
20 bis 50 % reduziert werden kann. -600

t CO2-Äq. pro Jahr


Der Ausstoß weiterer Luftschadstoffe geht -800

zum Teil sogar um bis zu 90 % zurück. Diese -1000


günstigen Werte gehen einerseits auf die sehr -1200
niedrigen direkten Emissionen während des -1400
Betriebs zurück, andererseits aber auch auf die -1600
systematischen Vorteile der Kraft-Wärme-Kopp- -1800
lung gegenüber der getrennten Strom- und Erdgas erneuerbare Energieträger
-2000
Wärmeerzeugung. Gegenüber den direkten
Konkurrenten wie Stirling-Motor, Motor-BHKW
oder Gasturbine entfällt dieser Systemvorteil der
KWK, so dass in diesen Fällen der Vorteil der Langfristszenarien für den Abbildung 2
Brennstoffzelle in Bezug auf Treibhausgase- Mögliche CO2-
verstärkten Ausbau
missionen und Ressourcenverbrauch deutlich Einsparungen bei der
kleiner wird oder unter Umständen sogar stationärer Brennstoffzellen Strom- und Wärmever-
ganz wegfällt. sorgung einer Wohn-
In verschiedenen Langfristszenarien wurden siedlung (Vergleichs-
Abb. 2 zeigt, wie durch den Einsatz von Brenn- alternative Ausbauwege für die Nutzung statio- wert ist Wärmeversor-
stoffzellen und anderer innovativer Technolo- närer Brennstoffzellen innerhalb einer Versor- gung mit Brennwert-
gien die CO2-Emissionen durch die Strom- und gungsstruktur dargestellt, die das Erreichen we- kessel und Strom aus
Wärmeversorgung einer gemischten Wohn- sentlicher Nachhaltigkeitsziele sicherstellen [1]. dem öffentlichen Netz
siedlung mit Nahwärmenetz im Vergleich zu Ergänzend wurde eine Entwicklung beschrie-
einer getrennten Strom- und Wärmeversorgung ben, die von den Potenzialen zur Nutzung
(Brennwertkessel und Strombezug aus dem stationärer Brennstoffzellen unter den Rand-
öffentlichen Netz) reduziert werden können. bedingungen eines Business-as-Usual-Szenarios
Das CO2-Minderungspotenzial durch den Ein- (Referenzszenario) ausgeht [2]. Mit dieser Band-
satz von Brennstoffzellen kann vor allem dann breite unterschiedlicher Entwicklungswege
voll erschlossen werden, wenn Brennstoffe aus wurden sowohl die Chancen als auch die Re-
erneuerbaren Energieträgern eingesetzt werden. striktionen einer Brennstoffzellen-Markteinfüh-
rung unter verschiedenen energiepolitischen
Durch den steigenden Anteil erneuerbarer Randbedingungen aufgezeigt.
Energien an der Stromerzeugung und der damit Das Referenzszenario ist auf der Grundlage einer
einhergehenden sinkenden CO2-Intensität der „weiter wie bisher“ Entwicklung zwar einerseits
Strombereitstellung verliert die hohe elektrische durch einen hohen Wärmebedarf, andererseits
Effizienz der Brennstoffzelle – so lange sie mit aber durch eine eher konventionelle Versor-
fossilen Brennstoffen betrieben wird – als um- gungsstruktur gekennzeichnet. Für den Ausbau
weltpolitisches Argument an Bedeutung. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung ergeben sich unter
einem wachsenden Ausbau erneuerbarer Ener- diesen Randbedingungen nur wenige Anreize.
gien ist die Brennstoffzelle als Wandlungstech- Für die Markteinführung der Brennstoffzelle
nologie mit einem zukünftigen Strommix ökolo- führt dies zu dem Dilemma, dass zwar wärme-
gisch daher nur dann konkurrenzfähig, wenn bedingt grundsätzlich ein hohes Anwendungs-
auch die Brennstoffzelle mit Brennstoffen aus potenzial vorliegt, dass aber aufgrund unzu-
erneuerbaren Energien betrieben wird. reichender Unterstützung keine ausreichende
Nachfragedynamik erzeugt wird, die für eine
erfolgreiche Markteinführung erforderlich wäre. 169
g_schluesselfagen_end.qxd 13.04.2005 9:54 Uhr Seite 170

Dr. Wolfram Krewitt • Umweltauswirkungen und Märkte


FVS Themen 2004

25000 2.250 MWel sind deutlich größer als das Poten-


2010 2020 2030 2040 2050
zial der Objektversorgung mit 1.050 MWel.
Installierte Leistung in MWel

20000 Bis 2050 wächst die Brennstoffzellenleistung


auf insgesamt 14.040 MWel. In einem „Brenn-
15000 stoffzellen-Maximal“-Szenario, in dem u.a. der
KWK-Anteil an der Nahwärmeversorgung zu
Lasten erneuerbarer Energien ausgebaut wurde,
10000
erreichen stationäre Brennstoffzellen langfristig
eine installierte Leistung von über 20.000 MWel.
5000

Die Brennstoffzellen-Zubauraten, die sich in


0
f h. h. h. h. . . den Nachhaltigkeits-Szenarien einstellen, liegen
Re ach
f
Re ach
f f
Re ach f hh ax
Re ach Re ac Z-M
-N -N -N -N -N B zwar vor allem in den nächsten zehn Jahren
BZ BZ BZ BZ BZ
unter den Absatzzielen einiger Hersteller, mittel-
fristig dürfte das Marktvolumen aber ausrei-
Nahwärme Hausernergieversorgung incl. Prozesswärme
chen, um eine effiziente Serienfertigung aus-
Szenarien: Referenz, BZ-Nachhaltigkeit, BZ-Maximal
zulasten und durch technisches Lernen die
erwarteten Kostenminderungen zu realisieren.

Abbildung 3 Vor allem die Potenziale im Bereich der Haus-


Ausbaupotenziale energieversorgung liegen im Referenzszenario Ausblick
stationärer Brennstoff- mit rund 150 MWel installierter Leistung bis
zellen in verschiedenen 2030 und knapp 800 MWel bis 2050 weit unter Das Referenzszenario zeigt, dass eine bloße
Szenarien nach den von Herstellern anvisierten Absatzzahlen Trendfortschreibung nicht zu einer nachhalti-
Einsatzgebieten (Abb. 3). Die Ergebnisse unterstreichen, dass gen Struktur führt und insbesondere die Klima-
auch bei hohem Raumwärmebedarf eine schutzziele deutlich verfehlt. Da unter diesen
erfolgreiche Markteinführung der Brennstoff- Rahmenbedingungen die Entwicklung einer
zelle einen Strukturwandel der Wärmeversor- Versorgungsstruktur mit stärker vernetztem und
gung hin zu einem Ausbau der Kraft-Wärme- dezentralisiertem Charakter und damit auch die
Kopplung voraussetzt. Kraft-Wärme-Kopplung nicht befördert wird,
kann auch nicht von einem isolierten Aufwach-
Szenarien mit an Nachhaltigkeitszielen orien- sen eines tragfähigen Marktes für stationäre
tierten Bedarfs- und Versorgungsstrukturen Brennstoffzellen ausgegangen werden. In die-
zeigen hingegen, dass trotz eines zurückgehen- sem Fall ist weder eine deutliche Unterstützung
den Raumwärmebedarfs das Einsatzpotenzial der Brennstoffzellen-Markteinführung zu erwar-
der Brennstoffzelle durch eine Anpassung der ten, noch ergeben sich Perspektiven für aus-
Versorgungsstruktur gegenüber dem Referenz- reichende Marktvolumina, die zu einer selbst
szenario deutlich erhöht werden kann. Durch tragenden Kostenreduktion führen.
eine Kombination von Maßnahmen zur Effi- Geht man jedoch wie im Nachhaltigkeits-Szena-
zienzsteigerung, der Kraft-Wärme-Kopplung rio davon aus, dass Klimaschutz das handlungs-
und der Nutzung erneuerbarer Energien wer- leitende Motiv ist, ist der Einsatz innovativer
den ausreichende Potenziale für innovative Technologien auf der Angebots- und Nachfrage-
Technologien eröffnet. So wächst in dem Sze- seite gleichermaßen notwendig. Langfristszena-
nario „Brennstoffzellen-Nachhaltigkeit“ [3] die rien zeigen, dass engagierte Nachhaltigkeits-
insgesamt installierte Brennstoffzellenleistung ziele im Energiebereich nicht ohne tiefgreifende
bis 2030 auf 6.200 MWel. Dabei wurde unter- Änderungen in der Bedarfs- und Versorgungs-
stellt, dass die Brennstoffzelle sowohl die tech- struktur zu erreichen sind.
nischen Ziele als auch die Kostenziele erreicht Dabei bedarf es verschiedener aufeinander
und daher einen großen Marktanteil an den abgestimmter Teilstrategien, um das Ziel einer
KWK-Technologien erzielen wird. Die Anteile nachhaltigen Energieversorgung unter Aufrecht-
der BHKW zur Nahwärmeversorgung mit erhaltung der Versorgungssicherheit und in öko-
170 2.900 MWel und zur industriellen KWK mit nomisch verträglicher Form zu erreichen.
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Dr. Wolfram Krewitt • Umweltauswirkungen und Märkte


FVS Themen 2004

Zwar wird durch die Verringerung des Wärme- Literatur


bedarfs und den steigenden Anteil erneuerbarer
Energien das Einsatzpotenzial stationärer Brenn- [1] Nitsch, J., Krewitt, W., Fischedick, M.,
stoffzellen prinzipiell eingeschränkt. Die Ergeb- Reinhardt, G. et al. (2004):
nisse der Szenarienanalyse zeigen jedoch, dass Ökologisch optimierter Ausbau
eine engagierte Nachhaltigkeitsstrategie neben erneuerbarer Energien in Deutschland.
dem Ausbau regenerativer Energien ein ausrei- Bundesministerium für Umwelt,
chendes Entwicklungspotenzial für innovative Naturschutz und Reaktorsicherheit,
KWK-Technologien wie der Brennstoffzelle Berlin, 2004.
bietet. Gerade erst in einem an Nachhaltigkeits-
zielen orientierten Ausbaupfad der Energie- [2] Enquete Kommission (2002):
versorgung werden durch die notwendigen Endbericht der Enquete-Kommission
Änderungen der Versorgungsstrukturen ausrei- „Nachhaltige Energieversorgung unter
chende Potenziale für die Brennstoffzelle mobili- den Bedingungen der Globalisierung und
siert werden. der Liberalisierung“. Deutscher Bundestag,
Es ist also weniger die absolute Höhe des Strom- 14. Wahlperiode, Drucksache 14/9400,
und Wärmebedarfs, sondern vielmehr die Art 7.7.2002
der Versorgungsstruktur und die Ausgestaltung
des energiepolitischen Rahmens, die das Nut- [3] Krewitt, W., Pehnt, M., Fischedick, M.,
zungspotenzial stationärer Brennstoffzellen Temming, H. (Hrsg.) (2004):
bestimmt. Auch wenn die ökologischen Vorteile Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-
der Brennstoffzelle erst beim Einsatz regenerativ Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien,
erzeugter Brennstoffe voll zum Tragen kommen, Marktpotenziale. Erich Schmidt Verlag,
zeigen die Ausbauszenarien, dass dezentrale Berlin, 2004.
Brennstoffzellen einen wichtigen Beitrag leisten
können, um den auch mittelfristig noch not-
wendigen Anteil der fossilen Energieversorgung
effizient bereitzustellen.

171
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FVS Themen 2004

Standorte der Mitgliedsinstitute

Gelsenkirchen
Fraunhofer ISE
www.ise.fraunhofer.de

Berlin
HMI
www.hmi.de

Jülich
FZ Jülich
www.fz-juelich.de Potsdam
GFZ
www.gfz-potsdam.de

Köln Hameln/Emmerthal
DLR ISFH
www.dlr.de www.isfh.de

Freiburg Hanau Kassel


Fraunhofer ISE ISET ISET
www.ise.fraunhofer.de www.iset.uni-kassel.de

Ulm
Stuttgart ZSW
ZSW www.zsw-bw.de
www.zsw-bw.de
DLR
www.dlr.de
Almería
DLR
www.dlr.de/psa

ForschungsVerbund Sonnenenergie • Geschäftsstelle c/o Hahn-Meitner-Institut • Kekuléstraße 5 • 12489 Berlin


172 Telefon: (030) 8062-1338 • Telefax: (030) 8062-1333 • E-Mail: fvs@hmi.de • www.FV-Sonnenenergie.de
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FVS Themen 2004

Mitgliedsinstitute und Ansprechpartner


DLR Deutsches Zentrum ISFH Institut für Solarenergieforschung GmbH
für Luft- und Raumfahrt e.V. Hameln/Emmerthal
Zentrum Köln-Porz • 51170 Köln Am Ohrberg 1 • 31860 Emmerthal
Prof. Dr. Robert Pitz-Paal: Dr. Roland Goslich:
Telefon 02203/601-2744 Telefon 05151/999-302
E-Mail: robert.pitz-paal@dlr.de E-Mail: info@isfh.de
www.dlr.de www.isfh.de

Standort Stuttgart
ISET Institut für Solare Energieversorgungstechnik
Pfaffenwaldring 38–40 • 70569 Stuttgart
Verein an der Universität Kassel e.V.
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen
Königstor 59 • 34119 Kassel
Telefon 0711/6862-358
Uwe Krengel:
E-Mail: hans.mueller-steinhagen@dlr.de
Telefon 0561/7294-345
DLR-Projektteam auf der E-Mail: ukrengel@iset.uni-kassel.de
PSA Plataforma Solar de Almería www.iset.uni-kassel.de
Apartado 39 • E-04200 Tabernas (Almería)
Standort Hanau
Dr. Christoph Richter
Rodenbacher Chaussee 6 • 63457 Hanau
Telefon 0034/950-38 79 48
Telefon 06181/58-2701
E-Mail: christoph.richter@dlr.de • www.dlr.de/psa
E-Mail: hanau@iset.uni-kassel.de

FZ Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH


ZSW Zentrum für Sonnenenergie- und
52425 Jülich
Wasserstoff-Forschung Baden Würtemberg
Dr. Angela Lindner
Gemeinnützige Stiftung
Telefon 02461/61-4661
Industriestraße 6 • 70565 Stuttgart
E-Mail: a.lindner@fz-juelich.de
Karl-Heinz Frietsch:
www.fz-juelich.de
Telefon 0711/7870-206
E-Mail: info@zsw-bw.de
Fraunhofer ISE
www.zsw-bw.de
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme
Heidenhofstraße 2 • 79110 Freiburg Standort Ulm
Karin Schneider: Helmholtzstraße 8 • 89081 Ulm
Telefon 0761/4588-5147 Telefon 0731/9530-0
E-Mail: karin.schneider@ise.fraunhofer.de
www.ise.fraunhofer.de

GFZ GeoForschungsZentrum Potsdam


Stiftung des öffentlichen Rechts
Telegrafenberg • 14473 Potsdam
Franz Ossing:
Telefon 0331/288-1040
E-Mail: ossing@gfz-potsdam.de
www.gfz-potsdam.de
ForschungsVerbund Sonnenenergie
Geschäftsstelle
HMI Hahn-Meitner-Institut Berlin GmbH
Glienicker Straße 100 • 14109 Berlin
FVS Kekuléstraße 5 • 12489 Berlin
Telefax 030/8062-1333
Thomas Robertson:
E-Mail: fvs@hmi.de
Telefon 030/8062-2034
E-Mail: info@hmi.de • www.hmi.de
Dr. Gerd Stadermann (Geschäftsführer)
Institutsteil Adlershof • Abt. Photovoltaik Telefon 030/8062-1338
Kekuléstraße 5 • 12489 Berlin
Telefon 030/8062-1353 Petra Szczepanski (Öffentlichkeitsarbeit)
www.hmi.de/bereiche/SE/SE1 Telefon 030/8062-1337 173
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FVS Themen 2004

Bildnachweise • Themen 2004

Fotos und Grafiken ohne Bildnachweis S. 84-85 Abb. 1 und 2


wurden innerhalb des FVS erstellt und Siemens AG • München
dürfen gern weiter verwendet werden,
wenn die Quelle angegeben wird: S. 119-121 Abb. 1, 2, 3, 6 und 7
BMW Group • München
Jeweiliger Autor / Mitgliedsinstitut
in Themen 2004, Hrsg.: S. 125-127 Abb. 1 bis 6
ForschungsVerbund Sonnenenergie (FVS), Viessmann Werke GmbH &
Berlin April 2004 Co KG • Allendorf

Belegexemplar bitte an S. 146 Abb. 1


FVS-Öffentlichkeitsarbeit Bild aus Unfallreport zitiert
Kekuléstraße 5 • 12489 Berlin in A.G. Venetsanos, T. Huld,
T (030) 8062-1337 P. Adams, J.G. Bartzis:
F (030) 8062-1333 “Source, dispersion and combustion
E-Mail: fvs@hmi.de modelling of an accidental release of
hydrogen in an urban environment”
in Journal of Hazardous Materials
A105 (2003) 1-25

Titelgrafik © ForschungsVerbund Sonnenenergie S. 147-148 Abb. 2 bis 5


Peperoni Webeagentur GmbH Forschungszentrum Karlsruhe GmbH

S. 4 Hartmut Schneider • privat S. 154 -156 Abb. 3, 5 und 6


nach Linde AG Höllriegelskreuth
S. 9 Abb. 1
Solarkraftwerk von Kramer Junction S. 164 Abb.1
Company • USA Whisper Tech •
Christchurch/New Zealand
S. 20 Abb. 7
RWE AG • Dortmund und S. 164 Abb. 2
EUS GmbH • Dortmund SOLO Kleinmotoren GmbH •
Sindelfingen
S. 23 & 28 Abb. 1 und Abb. 7
Bericht EUR 20719 DE der Europäischen
Kommission: "Wasserstoffenergie und
Brennstoffzellen, Eine Zukunftsvision. -
Abschlussbericht der Hochrangigen
Gruppe, 2003". ISBN 92-894-6283-3.

S. 27-31 Abb. 5, 8 und 9


PT Jülich

S. 73 Abb. 2
Forschungszentrum Karlsruhe GmbH
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FVS Themen 2004

Impressum • Themen 2004


Wasserstoff und Brennstoffzellen –
Energieforschung im Verbund

Herausgeber: Die FVS-Jahrestagung 2004


wurde unterstützt vom:
Dr. Gerd Stadermann
ForschungsVerbund Sonnenenergie • Bundesministerium für Wirtschaft
Kekuléstraße 5 • 12489 Berlin und Arbeit (BMWA)
• DaimlerChrysler AG
Telefon (030) 8062-1338 • Bayerische Motoren Werke AG • BMW Group
Fax (030) 8062-1333
E-Mail fvs@hmi.de
Der ForschungsVerbund Sonnenenergie
www.FV-Sonnenenergie.de
wird gefördert vom:

• Bundesministerium für Umwelt,


Redaktion:
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)
Dr. Gerd Stadermann • Bundesministerium für Wirtschaft
Petra Szczepanski und Arbeit (BMWA)
• Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF)
Design:
• Bundesministerium für Verbraucherschutz,
PEPERONI Werbeagentur GmbH Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL)
Prenzlauer Allee 193 • 10405 Berlin

Druck:

Oktoberdruck AG
Rudolfstrasse 1-8 • 10245 Berlin

Berlin, April 2005

ISSN • International Standard Serial Number


0939-7582

Diese Broschüre wurde auf chlorfrei


gebleichtem Papier gedruckt.
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