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Springer-Verlag
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Budapest
Mit 153 Abbildungen, davon 33 in Farbe
ISBN-13:978-3-540-56763-9 e-ISBN-13:978-3-642-61235-0
ooI: 10.1007/978-3-642-61235-0
IV
Inhaltsverzeichnis
v
Eingriff in die Lebensordnung -
ein Störungsversuch ohne Erfolg ........................ 72
Die Harmonie der Arbeit ................................... 74
VI
Der Schwänzeltanz weist auch
die Richtung zur Trachtquelle ............................ 193
Die Tänze der Pollensammler ............................ 204
Ein umlegbarer Bienenstock und vom Nachweis
der Wahrnehmung polarisierten Lichtes ............ 207
Tänze auf der Schwarmtraube ........................... 212
Ein künstliches Bienenmodell
alarmiert andere Volksgenossinnen ................... 218
Bienen tanzen im Dienste
der Imkerei und Landwirtschaft ......................... 223
Heilkraft aus dem Bienenvolk ................... .. ....... 226
VII
Vorwort zur 10. Auflage
IX
neuester Zeit haben eindeutig ein echtes Hörvermö-
gen nachgewiesen, das vor allem bei der Verständi-
gung durch den Bienentanz wichtige Informationen
vermittelt.
_ Fragen, die zur Orientierung mit Hilfe des polarisier-
ten Lichtes offengeblieben sind, können jetzt endgül-
tig geklärt werden.
_ Lernen und Gedächtnis, diese Geheimkammer in un-
serm Gehirn, öffnet sich mehr und mehr - die Bienen
haben daran wesentlichen Anteil.
_ Die »Roboterbiene«, ein erfolgreich alarmierendes
Bienenmodell, bietet die Möglichkeit, den Bienentanz
nicht nur zu simulieren, sondern auch zu manipulie-
ren und zu demontieren, wobei die Funktion der ein-
zelnen T anzelelemente genau getestet werden kann.
_ Dem Imker, der z. Z. schwer gegen einen neu einge-
schleppten Parasiten, die Varroa-Milbe zu kämpfen
hat, wird mit einem Hinweis auf deren biologische
Bekämpfung Hoffnung für die Zukunft gegeben.
x
Vorwort :zur 9. Auflage
XI
jugendliche Seelen pflanzen will, bietet sie den schönsten
Stoff.
Dem Verlag sage ich besten Dank dafür, daß er ge-
genüber meinen Wünschen ein offenes Ohr hatte.
XII
Vorwort zur ersten Auflage
XIII
Aber gibt es nicht Bienenbücher mehr als genug? Da
ist das berühmte Werk von Maeterlinck: »Das Leben der
Bienen«, oder von Bonseis: »Die Biene Maja« - beide voll
vortrefflicher Naturbeobachtung, und für den Kundigen
ein Genuß; aber der unkundige Leser wird schwer die
Grenze finden, wo die Beobachtung aufhört und die dichte-
rische Phantasie beginnt. Wer aus dem Leben der Bienen
selbst Erbauung sucht, und nicht aus dem, was schöpferi-
sche Dichtergabe hineingelegt hat, mag sich an die Lehr-
oder Handbücher der Bienenkunde wenden. Aber diese
sind vor allem für den praktischen Imker geschrieben und
darum mit mancherlei Auseinandersetzungen beschwert,
die dem Naturfreund an sich fern liegen; und auch sie sind,
wenn auch frei vom Genius des Dichters, oft nicht frei von
Phantasie. Es bleiben noch die Werke der Wissenschaft.
Ich möchte dem Leser das Interessante aus dem Le-
ben der Bienen übermitteln ohne den Ballast von prakti-
schen Ratschlägen, wie ihn ein Handbuch bringen muß,
ohne den Ballast eines lehrbuchmäßigen Strebens nach
Vollständigkeit, ohne Beschwerung mit Zahlenmaterial,
Protokollen und Belegen, mit denen eine wissenschaftliche
Arbeit gewappnet sein muß, um überzeugen zu können,
aber auch ohne jeden Versuch, die Poesie der Wirklichkeit
phantastisch auszuschmücken.
XIV
1 Das Bienenvolk
1
Eier ab an einer Stelle, wo die ausschlüpfenden jungen
Tiere Futter finden, aber es pflegt seine eigenen Jungen
nicht und lernt sie gar nicht kennen, denn es kümmert
sich nicht weiter um die abgelegten Eier, und bevor ihnen
die Brut entschlüpft, ist meist die Mutter schon tot. War-
um sind die Bienen voneinander so abhängig, daß sie für
sich allein nicht leben können? Und was ist überhaupt
das »Bienenvolk«?
Gesetzt den Fall, unser Naturfreund könnte des
Abends, wenn alle ausgeflogenen Bienen heimgekehrt
sind, einen Bienenstock aufmachen und seinen ganzen
Inhalt auf einen Tisch schütten - wieviel Bewohner wür-
den wohl zum Vorschein kommen? Nimmt er sich die
Mühe des Zählens und war das gewählte Volk kein
Schwächling, so findet er an die 40 000 bis 80 000 Bie-
nen, also etwa so viele Mitglieder des Volkes, wie der
Einwohnerzahl einer mittelgroßen Stadt - z. B. Aschaf-
fenburg oder Schweinfurt - entsprechen. Dabei hat er die
Bienenkinder noch gar nicht mitgezählt; diese sind nicht
ohne weiteres zu sehen, und so wollen wir vorerst bei den
Erwachsenen bleiben.
Sie schauen auf den ersten Blick alle untereinander
gleich aus. Jeder Bienenkörper ist deutlich in drei Teile
gegliedert: der Kopf trägt seitlich die großen Augen, un-
ten den Mund und vorne zwei Fühler (Abb. 1), die bei
allen Insekten zu finden und bei den Bockkäfern so rie-
senhaft entwickelt sind, daß wir schon als Buben unsere
Freude daran hatten; an der Brust sitzen seitlich zwei
Paar Flügel und unten drei Paar Beine; mit ihr durch eine
schlanke Taille verbunden ist der geringelte Hinterleib.
Bei genauem Zusehen bemerkt man aber doch Ver-
schiedenheiten zwischen den Tieren. Eine Biene ist dabei,
die sich durch ihren langen und schlanken Hinterleb von
allen übrigen Volksgenossen unterscheidet; die Imker be-
zeichnen sie als die Königin (Abb. 1a); an ihr in erster
2
F
H -- -----J'--.:-1
Linie hängt das Wohl und Wehe des Volkes, denn sie ist
das einzige vollentwickelte Weibchen im »Bienenstaat« ,
die alleinige Mutter der riesigen Familie.
In größerer Zahl findet man andere Bienen, die sich
durch einen dicken, plumpen Körper und besonders
große Augen auszeichnen; es sind die männlichen Tiere,
die Drohnen (Abb. lc); nur im Frühjahre und im begin-
nenden Sommer sind sie da, wo es darum geht, die jungen
Königinnen zu begatten (s. S. 62); später sind sie nutzlos,
und dann werden sie von den eigenen Volksgenossen
ausgehungert oder gewaltsam in der sog. Drohnen-
schlacht entfernt. Alle anderen Tiere sind Arbeitsbienen
(Arbeiterinnen, Abb. lb); sie bilden die große Masse des
Volkes; es sind Weibchen, doch legen sie unter normalen
Umständen keine Eier; gerade diese Fähigkeit, in der sich
bei der Bienenkönigin und bei anderen Insekten das
weibliche Geschlecht am deutlichsten offenbart, ist bei
der Arbeiterin verkümmert; dagegen sind bei ihr die müt-
terlichen Triebe der Fürsorge für die Nachkommenschaft
in einer bei Insekten unerhörten Weise entfaltet, und sie
3
nehmen der Königin, die dafür gar keinen Sinn hat, diese
Arbeit völlig ab. Also die Königin legt, die Arbeiterin
pflegt die Eier. Die Arbeitsbienen sorgen aber auch für
Reinlichkeit im Stock, sie entfernen Abfälle und Leichen;
vor allem halten sie die gesamte Bienenwohnung prak-
tisch keimfrei. Zu diesem Zweck tapezieren sie alle Wän-
de und auch alle Wabenzellen mit einem hauchdünnen
firnisartigen Belag, der aus Propolis besteht. Näheres
hierzu s. S. 226. Sie sind die Baumeister in der Bienen-
wohnung. Sie sorgen für die rechte Wärme im Stock,
schreiten zu seiner Verteidigung, wenn es not tut, schaf-
fen die Nahrung herbei und übernehmen ihre Verteilung
- alles Dinge, mit denen sich die Königin und die Droh-
nen nicht abgeben.
So sind im Bienenvolke alle aufeinander angewie-
sen und für sich allein nicht fähig, sich zu erhalten.
4
2 Die Bienenwohnung
5
Abb. 2. Korbbienenstand an emem Bauernhaus m Übersee,
Oberbayern.
6
Abb. 4. Ein Bienenvolk
hat sich in einem hoh-
len Baumstumpf eingeni-
stet.
Bienen durch ein enges Flugloch eifrig aus und ein fliegen
(Abb.4).
Der Baum bildet aber, so wie der Strohkorb oder
der Bienenkasten, nur den äußeren Schutz für das Bienen-
heim; die Inneneinrichtung bauen sich die Bienen selbst,
indem sie einen Wabenbau aus Wachs aufführen
(Abb.5).
Manche Bienenzüchter verwenden als Behausung
für das Bienenvolk einen Holzklotz, der nichts anderes ist
als ein Stück eines hohlen Baumes (Abb. 6). Diese Art
von Bienennstöcken steht der ursprünglichen, natürli-
chen Bienenwohnung am nächsten. Die Strohkörbe bie-
ten in ihrem Inneren einen ähnlichen geschützten Hohl-
raum und haben den Vorzug, daß sie leichter und handli-
cher sind. Aber das Innere dieser alten Bienenwohnungen
ist dem Bienenzüchter schlecht zugänglich, wenn er ir-
gendwie eingreifen will. Es war darum ein großer Fort-
schritt in der Bienenzucht, als man um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts auf den Gedanken kam, den Bienen
einen hölzernen Kasten als Wohnraum zu geben, dessen
Hinterwand oder Deckel abgenommen werden kann,
7
Abb. 5. Bienenkorb, umgelegt, so daß man von unten auf den
Wabenbau im Inneren sieht.
Abb. 6. Hohler Baumklotz als Bienenwohnung.
8
Abb. 7. Der Imker ent-
nimmt eine Wabe aus
der Bienenbeute.
9
Abb. 9. a Wie das Wachs blättchen a von gewissen Borsten auf
dem Bürstengliede b des linken Hinterbeines der Arbeiterin erfaßt
wird; c Pollenschieber, d Pollenkamm, e Tibia. b Bauchansicht ei-
ner Arbeiterin, die im Begriffe ist, ein Wachsblättchen mit der
Bürste des linken Hinterbeines zu entfernen. c Seitenansicht einer
Arbeiterin, die ein Wachsblättchen zum Munde führt.
10
Abb. 10. Im Bau begriffene Waben.
11
Al
Al
12
h d
13
Abb. 13 a-c. Das Sinnesorgan der Schwereempfindung an der
Verbindungsstelle von Kopf und Brust. Der Kopf ruht auf Chitin-
zapfen der Vorderbrust (2 in Bild a). Um sie sichtbar zu machen,
ist der Kopf etwas vorgezogen. Da sein Schwerpunkt (Ansatzstelle
der Pfeile in bund c) tiefer liegt, wird er bei Stellung nach oben
durch die Schwerkraft gegen die Brust bewegt (b), bei Stellung
nach unten gegen den Rücken (c). Dadurch werden die Sinnesbor-
sten S, die den Kopf berühren, in verschiedener Weise gereizt. -
Ein gleichartiges Sinnesorgan sitzt zwischen Brust und Hinterleib.
14
Die Bienen haben also mit ihren sechseckigen Zel-
len tatsächlich die beste und sparsamste Form gefunden,
die denkbar ist. Ein Maurer würde zur Ausführung eines
so regelmäßigen Bauwerks Lot und Winkelmaß brau-
chen. Die Winkel messen die Bienen wohl mit den vielen
T asthärchen an Kopf und Fühlern, doch ist Genaues
darüber nicht bekannt. Ein Pendel/at ist ihnen als leben-
der Bestandteil ihres Körpers mitgegeben. Der Kopf ruht
oberhalb seines Schwerpunktes auf zwei Chitinzapfen
der Brust (Z in Abb. 13a). Sitzt die Biene auf der Wabe
mit dem Kopf nach oben, so zieht die Schwerkraft dessen
gewichtigeren Unterteil gegen die Brust (Abb. 13b, Pfeil).
Ein Polster hochempfindlicher Tastsinneszellen (S) an der
Zapfenspitze dient der Wahrnehmung dieser Drehbewe-
gung. Bei Kopfunten erfolgt die Drehung im entgegenge-
setzten Sinn (Abb. 13c) und jede Schrägstellung bewirkt
eine andere, bezeichnende Druckverteilung auf dem Pol-
ster der Sinneszellen. So sind die Bienen imstande, ihre
eigene KörpersteIlung und zugleich die Stellung der Wa-
ben im Raum zu kontrollieren. Zerstört man das Organ
der Schwereempfindung, dann stellen sie ihre Bautätig-
keit ein und man findet ihre abgeschiedenen Wachs-
schüppchen in Mengen nutzlos am Boden verstreut.
Den zweifachen Zweck der Bienenzellen haben wir
schon kurz erwähnt; in ihnen werden Futtervorräte ge-
speichert, und es wächst in ihnen die Nachkommenschaft
heran. So werden wir uns jetzt mit der Art und Herkunft
des Futters und mit der Bienenbrut zu beschäftigen ha-
ben.
15
3 Die Ernährung
des Bienenvolkes
16
Abb. 14. Blumenwiese im Gebirge mit vielfältiger Blütenpracht.
17
weißstoffen und kann nur wachsen, wenn ihm mit der
Nahrung solche zugeführt werden.
Auch unsere Bienen brauchen diese zweierlei Arten
von Nährstoffen, und selten sind sie so klar gesondert
wie gerade hier in den beiden Futtersorten, welche die
Sammlerinnen des Bienenvolkes als einzige Nahrung su-
chen und eintragen: Der zuckerreiche, fast eiweißfreie
Honig liefert dem Bienenkörper das Heiz- und Betriebs-
material, der eiweißreiche Blütenstaub daneben die für
den wachsenden Körper unentbehrlichen Baustoffe.
Beides finden die Bienen an den Blumen, und nichts
anderes suchen sie dort, wenn sie sich so eifrig an den
Blüten zu schaffen machen: Abbildung 14 und 15 zeigen
zwei verschiedene Trachtgebiete - eine artenreiche Blu-
menwiese in den Bergen und ein Feld mit Löwenzahn als
Ausdruck moderner Monokultur. Hungrige Mäuler gibt
es auch im Winter, aber Blumen gibt es dann nicht.
Darum sammeln die Bienen in den Frühjahrs- und Som-
mermonaten, solange alles blüht und die »Tracht« reich
ist, einen Honigvorrat im Überschuß, an dem sie im
Winter zehren. Die Aufzucht der jungen Bienen, für de-
ren heranwachsenden Körper das Eiweiß unentbehrlich
ist, ist auf die Zeit der Blüten, auf die Frühjahrs- und
Sommermonate beschränkt. Und so wird Blütenstaub
nur in dem Maße gespeichert, wie es für die Ernährung
der Brut erforderlich ist.
18
Abb. 16. Eine Biene
saugt Nektar aus einer
Apfelblüte.
19
Abb. 18. Blüte der
Weinraute (Ruta gra-
veolens). Die Nektar-
tröpfchen werden
von dem ringförmi-
gen Wulst (W) in der
Mitte der Blüte aus-
geschwitzt. St Staub-
gefäße (dreifach ver-
größert).
20
Abb.20. Die Verdauungsorgane der Biene. M Honigmagen, D
Darm, VVentilverschluß zwischen Honigmagen und Darm.
21
daraus den Honig. Frisch eingetragener Nektar wird an
zahlreiche Stockgenossen verteilt und von diesen durch
wiederholtes Auswürgen immer wieder in kleinen Trop-
fen vor dem Munde der warmen Stockluft ausgesetzt,
wobei viel Wasser verdunstet, und dann in offenen Zellen
weiter eingedickt. So wird binnen wenigen Tagen aus
dünnflüssigem Nektar haltbarer Honig. Gleichzeitig be-
wirkt die Beimischung eines Speichelenzyms der Bienen,
daß der im Nektar enthaltene Rohrzucker fast restlos in
seine beiden chemischen Bausteine Traubenzucker und
Fruchtzucker gespalten wird, die nach Honiggenuß so-
fort aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden kön-
nen; die Verdauungsarbeit haben die kleinen Honigma-
cherinnen schon vorweg besorgt. Durch weitere Enzyme
aus dem Bienenspeichel gewinnt der Honig eine leicht
saure Reaktion. Spurweise finden sich im Honig auch
Mineralstoffe wie Eisen, Kupfer, Mangan, oft auch Ko-
balt, Kalzium, Kalium, Natrium, Sulfate, Phosphate. Sie
werden von unserem Körper zwar nur in kleinsten, aber
lebenswichtigen Mengen benötigt, an denen er zuweilen
Mangel hat.
In jüngster Zeit haben einige Ernährungswissen-
schaftier den Nährwert des Honigs in Zweifel gezogen,
indem sie behaupten, Honig sei eben nicht mehr und
nicht weniger als eine eingedickte Zuckerlösung. Das
mag, wenn man nur die Kalorien zählt, stimmen, aber ist
unsere Nahrung wirklich nur an der Zahl ihrer Kalorien
zu bewerten? Ist nicht der gute Geschmack, der den
Appetit anregt, Voraussetzung dafür, daß das gesamte
Verdauungssystem rechtzeitig seine volle Aktivität vorbe-
reitet? Da ist ein Honigaufstrich auf einem Butterbrot
einem Löffel Zuckerlösung wohl doch überlegen!
Wenn seit Jahrtausenden die Menschen den Honig
als Götterspeise angepriesen und in Liedern besungen
haben, dann ist dies ein historischer Beleg dafür, daß
22
Honig nicht nur wegen seines Geschmackes, sondern
auch aus gesundheitlichen Gründen immer höher einge-
schätzt wurde als eine Zuckerlösung.
Daß Bienen im Honig die einfachen »Monosaccha-
ride« Traubenzucker und Fruchtzucker als Energiedepot
anbieten, die sofort ins Blut aufgenommen werden, wis-
sen die Sportler und Rekonvaleszenten, aber auch die
schnell heranwachsenden Kinder zu schätzen. Sir Ed-
mund Hillary, der selbst Imker war, hatte bei der Erstbe-
steigung des Mount Everest 2 kg Honig in seinem Ge-
päck mitgenommen. Neben den genannten Mineralstof-
fen, die ihre Wirkung vor allem in der richtigen feinen
Dosierung zeigen, haben die modernen Analysen auch
einige Vitamine, vor allem Vitamin B nachgewiesen. Ein
besonders wirksamer, erst in jüngster Zeit entdeckter
Zauberstoff im Honig sind die sog. »Inhibine«, die Bak-
terien und andere Mikroorganismen abtöten. Welche
Wirkung sie im menschlichen Darm etwa bei Infektionen
haben, ist leider noch viel zu wenig erforscht.
Obwohl es die Bienen sind, die aus dem süßen Saft
der Blumen den haltbaren und bekömmlichen Honig be-
reiten, so sollten wir darob nicht vergessen, daß all sein
Zucker aus dem Nektar stammt und daß sein Aroma
nichts anderes ist als der dem Nektar anhaftende Blüten-
saft, mit einem Zusatz von Bienen- und Wachsgeruch. So
bleiben die Blumen im Grunde die Erzeuger dieses köstli-
chen Nahrungsmittels. Den Bienen verdanken wir seine
Veredelung - und daß der Honig auf unserem Speisezet-
tel steht. Denn keines Menschen Geduld könnte ausrei-
chen, die winzigen Nektartröpfchen aus den Blumen zu
sammeln. Die Menge, die eine Biene von einem Sammel-
flug heimbringt, ist nicht groß; ist doch ihr Honigmagen
kaum größer als ein Stecknadelkopf, und an die 60mal
müßte sie ihn aus den Blumen vollpumpen und wieder
entleeren, um einen Fingerhut zu füllen. Das Nektar-
23
tröpfchen, das die einzelne Blüte bietet, ist noch viel
kleiner, und unsere Sammlerin muß an die 1000 Einzel-
blüten des Klee befliegen, um ihren Magen einmal zu
füllen. Wenn trotzdem manches Bienenvolk zu günstigen
Zeiten mehr als 1 kg Honig an einem Tage aufspeichert,
so zeigt dies, wie emsig es am Werke ist. Aber der
Schlecker, der einen Löffel Honig wie einen Löffel Milch
hinunterschluckt, mag manchmal daran denken, durch
wieviel Arbeit er gewonnen wurde.
Um 1 Pfund Honig in den Waben zu speichern,
müssen die Bienen mehr als 2 Millionen Blüten besuchen;
um dem Laien eine Vorstellung der hierzu erforderlichen
Flugleistung zu geben: Um diese Menge einzusammeln,
müßte eine Biene 3mal um den Erdball fliegen!
24
Abb. 21. Eine Pollen-
sammlerin auf Weiden-
kätzchen. Deutlich ist
das »Höschen« an ei-
nem Hinterbein zu se-
hen, das den gesammel-
ten Blütenstaub als
Klumpen gespeichert
hat.
25
F 0 0 U F
26
K
P
F
F
IJ
(I b
Abb. 23 (I,b. Ein Hinterbein der Arbeitsbiene: (I von außen, b
von innen gesehen. Das erste Fußglied ist stark vergrößert und
trägt innen das Bürstchen B. Aus dem Bürstchen wird der Blüten-
staub mit dem Pollenkamm (P) des anderen Hinterbeines heraus-
gekämmt. Ein Druck des Fersenspomes (F) schiebt den Pollen aus
dem Kamm durch die Spalte (Sp) auf die Außenseite des Unter-
schenkels in das Körbchen (K), eine von einem Haarkranz um-
säumte Vertiefung, in welcher der Blütenstaub heimgetragen
wird.
27
F ·
28
- Was die Blumen gewinnen,
wenn sie von den Bienen
geplündert werden
Daß sich die Bienen den Nektar und Blütenstaub
aus den Blumen holen, ist ihnen nicht zu verdenken; daß
ihnen die Pflanzen diese beiden nahrhaften Stoffe anbie-
ten, geschieht aber auch zu ihrem eigenen Nutzen.
Die Pollenkörner sind die männlichen Keime der
Blütenpflanzen, entsprechend den Samen der Tiere. Die
weiblichen Keime, entsprechend den Eiern der Tiere,
werden häufig - doch nicht immer - von den gleichen
Blüten hervorgebracht, die auch den Pollen erzeugen,
und liegen in einer Anschwellung des Blütengrundes, dem
Fruchtknoten (Abb. 25). Wie sich ein Hühnerei nur dann
zu einem Küken entwickeln kann, wenn es durch einen
Hahn befruchtet ist, so können sich die weiblichen Kei-
manlagen im Fruchtknoten der Blüte nur nach Vereini-
gung mit den männlichen Keimen, dem Blütenstaub, zu
reifen, entwicklungsfähigen Samenkörnern und aus die-
sen zu jungen Pflanzen weiterbilden.
P
1\
I ,
I ,
-SI
s-
Abb. 25. Eine Blüte mit-
ten durchgeschnitten. S Sa-
menanlage, Fr Fruchtkno-
ten, G Griffel, N Narbe, P
Pollen, St Staubgefäße, BI
Blumenblätter, K Kelch-
blätter, Ne Nektar.
29
Damit die Keimanlagen befruchtet werden, muß
etwas Blütenstaub auf die klebrige Narbe (N, Abb. 25)
gelangen, die Blüte muß »bestäubt« werden. Von der
Narbe wandert der Inhalt der Pollenkörner mit den aus-
keimenden Pollenschläuchen durch den Griffel (C) hinab
in den Fruchtknoten und verschmilzt mit den weiblichen
Anlagen. Gelangt kein Pollen auf die Narbe, so gibt es
keine Früchte. Die Blüte kann aber in der Regel den
Pollen nicht selbst aus den Staubgefäßen auf die Narbe
streuen; auch ist es gar nicht vorteilhaft, wenn der Blü-
tenstaub auf die Narbe derselben Blüte gelangt, wie ja
auch bei Tieren strenge Inzucht schädlich werden kann.
Es gibt gesündere Nachkommenschaft, wenn der Pollen
auf andere Blüten der gleichen Art gerät, und es finden
sich vielerlei Mittel, die solches begünstigen. Häufig sind
die Blüten für den Pollen, den sie selbst erzeugt haben,
gar nicht empfänglich, so daß Selbstbestäubung un-
fruchtbar bleibt.
Wenn nun eine pollensammelnde Biene von Mohn-
blume zu Mohnblume oder von Rose zu Rose fliegt, dann
trägt sie den Pollen von einer Blüte zur anderen und
streift, von ihrer Arbeit bestäubt wie ein Müllerknecht,
unfehlbar an der Narbe einige Pollenkörner ab und be-
wirkt so die Befruchtung. Aber auch die Nektarsammle-
rinnen streifen an Staubgefäßen und Narben an, wenn sie
sich um den süßen Saft im Blütengrunde bemühen, und
wirken so als unbewußte Züchter. Mit wie großem Er-
folg, das zeigen die beiden Photographien (Abb. 26, 27)
anschaulicher, als es sich in Worten sagen läßt. An einem
Apfelbaum wurden zur Blütezeit ein Ast mit Gaze einge-
bunden, so daß die Bienen an seine Blüten nicht heran
konnten. Aus den Blüten des Zweiges, der den Bienen
zugänglich war, entwickelten sich reichliche Früchte, an
dem mit Gaze abgebundenen Zweig entstand keine einzi-
ge Frucht.
30
Abb. 26. Ein Apfelblü-
tenzweig wurde mit
Gaze abgedeckt.
31
cher Blumen befähigt, die von Insekten mit minder gutem
Werkzeug nicht ausgebeutet werden können. Der beson-
dere Nutzen aber, den unsere Bienen gegenüber den an-
deren blüten besuchenden Insekten haben, zeigt sich dar-
in, daß sie absolut blütenstet sind; damit ist gemeint, daß
jede Biene auf einem Sammelflug zuverlässig hintereinan-
der immer die Blüte ein und derselben Art besucht. Sie
bleibt bei den Apfelblüten und läßt sich nicht durch die
verlockende Blütenpracht der Löwenzahnwiese oder ei-
nes Birnbaumes daneben verleiten. Erst durch diese Blü-
tenstetigkeit ist eine gegenseitige Befruchtung gewährlei-
stet. Nur dann, wenn die Tracht versiegt, wechselt die
Biene zu einer neuen Blütenart. Andere Insekten, auch
unsere einheimischen Hummeln, nehmen es in diesem
Punkt nicht so genau. Wenn die Bienen nicht wären,
würden daher nicht nur unsere Obstbäume, sondern
auch Klee und Buchweizen, Bohnen und Gurken, Heidel-
und Preißelbeeren, unzählige Wiesenblumen und sonstige
Gewächse keine oder sehr viel weniger Früchte tragen.
Die Früchte von heute sind aber die Pflanzen von
morgen. Aus den Samen erwächst die nächste Generati-
on. Dadurch, daß die Blüten Nektar abscheiden, ziehen
sie die Insekten heran; diese finden den Köder, sie neh-
men auch vom Überfluß des Blütenstaubes. Aber sie spie-
len nicht die Plünderer, denn während sie nehmen, geben
sie auch, sie vollziehen die Bestäubung, sichern den Sa-
menansatz und hiermit die Erhaltung der Art. Ein schö-
nes Wechselverhältnis, und um so wunderbarer, als kei-
ner von beiden Partnern weiß, was er tut.
32
4 Die Bienenbrut
33
lebende Inhalt muß aus dem Panzerhemd heil hervorge-
zogen werden. Die flachen, breiten Flügel einer Biene
oder eines Schmetterlings würden diesem Vorgang un-
überwindliche Schwierigkeiten bereiten. Darum haben
Insekten, solange sie wachsen, keine Flügel oder nur kur-
ze Flügelstummel. Ist eine Bienenmade oder Schmetter-
lingsraupe herangewachsen, so wird sie zur Puppe. Dies
ist ein Ruhestadium nach außen, aber ein Stadium regen
Umbaues und der Umgestaltung im Innern, bis auch die
Puppe ihr Panzerhemd sprengt und das geflügelte Insekt
bei dieser letzten Häutung zum Vorschein kommt. Dieses
kann nicht mehr wachsen, denn es kann sich nicht mehr
häuten. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, ein kleiner
Käfer sei ein junger Käfer. Ein junger Käfer sieht aus wie
ein gelber Wurm oder eine weißliche Made.
Doch, um nun bei den Bienen zu bleiben: Wenn
man zu günstiger Jahreszeit und in einem geeigneten
Beobachtungsbienenstock die Königin sucht, so findet
man sie in der Regel damit beschäftigt, langsam, fast
majestätisch auf den Waben herumzuspazieren und ihre
Eier abzusetzen. Im Frühjahre kann eine leistungsfähige
Königin in 24 Stunden etwa 1500 Eier legen, d.h. sie legt
durchschnittlich Tag und Nacht je Minute ein Ei. In
Wirklichkeit hat sie ihre Ruhepausen, legt aber in der
Zwischenzeit entsprechend rascher. Dabei sind die Bie-
neneier im Verhältnis gar nicht so sehr klein; jene 1500
an einem Tage abgelegten Eier haben, zusammengenom-
men, das gleiche Gewicht wie die ganze Königin. Man
versteht, daß sie für anderweitige Beschäftigung nicht zu
haben ist. Auf der anderen Seite hat sie Anspruch auf
reichliches, hochwertiges Futter, das ihr die nötige Ener-
gie zuführt. Dafür sorgt der »Hofstaat«: Tag und Nacht
ist die Königin von etwa 1 Dutzend Arbeitsbienen um-
ringt, die sich zum einen um ihre Körperpflege kümmern,
zum andern ständig Futterproben anbieten (Abb. 28).
34
Abb. 28. Eine Königin
mit ihrem Hofstaat.
35
a b
Abb. 29. Die Königin bei der Eiablage. a Eine Zelle wird unter-
sucht, ob sie zur Aufnahme des Eies vorbereitet ist. b Die Königin
hat das längliche Ei soeben am Boden der Zelle ausgesetzt und ist
im Begriff, den Hinterleib wieder herauszuziehen.
36
F
37
Abb. 31. Brutwabe.
oB offene Brut, gb ge-
deckelte Brut, P Pollen-
kranz, H Honig.
H Bp 0 gB
38
Abb. 33. Eine Ammen-
biene füttert eine junge
Larve.
39
Abb. 35. Brutnest mit 4
bis 5 Tage alten Larven.
40
Abb. 36. Eine gedeckelte Brutzelle längs aufgeschnitten, um die
in ihr ruhende Puppe zu zeigen.
Abb. 37. Ausschlüpfende Bienen.
41
Was den menschlichen Beobachter aber in Erstau-
nen versetzt, ist die Tatsache, daß die nachfolgende Le-
bensspanne in weiten Bereichen schwanken kann, näm-
lich zwischen 3 Wochen und mehreren Monaten; sie ist
abhängig von der Jahreszeit, von der Beanspruchung
beim Ammendienst und bei der Bautätigkeit sowie bei
der Sammeltätigkeit als Trachtbiene. Generell läßt sich
sagen, daß bei Frühjahrsbienen im April, Mai, Juni, also
zur Zeit mächtiger Brutentwicklung und zur Zeit der
Haupttracht, die Lebensdauer nach dem Schlüpfen nach
etwa 3 Wochen schon zu Ende geht; sie verlängert sich im
August, September auf etwa 40 Tage; die Winterbienen,
die im September schlüpfen, können bis Februar/März
leben, sie sind dann bereits 6-7 Monate alt! Würden wir
die Frühjahrsbienen mit dem normalen Menschenalter
mit 60 Jahren gleichsetzen, dann wären die Winterbienen
Methusaleme, die ein Lebensalter von 600 Jahren errei-
chen! Kein Wunder, daß da die Bienenforscher mit
großer Energie danach gesucht haben, welches Lebense-
lexier denn die Bienen anwenden, um ihr Lebensalter so
variabel und anpassungsfähig zu gestalten. Soweit bisher
bekannt, sind es Maßnahmen, die ausschließlich durch
den Bedarf des gesamten Volkes bestimmt werden.
42
baut werden. Diese Beobachtung stimmt mit entspre-
chenden Vorgängen in einem weisellosen Volk über-
ein: Die langlebigen weisellosen Bienen haben keine
Gelegenheit, ihre Energiereserven an die Larven und
an die Bautätigkeit abzugeben; das verlängert ihre
Lebenserwartung entsprechend.
_ Trachtbienen vollbringen auf ihren Sammelflügen
enorme Flugleistungen. In einem eigenen Versuch ha-
ben wir den höchstmöglichen Energieaufwand der
Sammelbienen gemessen. Sie durften in 1 km Entfer-
nung vom Mutterstock süßes Zuckerwasser eintra-
gen, solange, bis sie vor Erschöpfung starben. Im
Mittel sind sie diese weite Strecke im belasteten Flug
2500mal abgeflogen; belastet bedeutet, daß sie je-
weils mit etwa 55 mg Zuckerwasser in den Stock zu-
rückgeflogen sind. Umgerechnet auf den Menschen
würde das bedeuten, daß er mit einem Rucksackge-
wicht von 20 kg eine Strecke von 2500 km zu absol-
vieren hat, um es den Bienen gleichzutun.
43
se vor sich geht. Steigt die Körpertemperatur nur um
Bruchteile eines Grades über das normale Maß, dann
wird zur Steigerung der Wärmeabgabe die Haut stärker
durchblutet - daher das rote Gesicht des Erhitzten -, die
innere Heizung wird zurückgeschraubt, und wir begin-
nen zu schwitzen; durch das Verdunsten des Schweißes
wird Wärme verbraucht und der Körper gekühlt. Sinkt
die Körpertemperatur zu sehr, so wird durch andere
Blutverteilung die Wärmeabgabe vermindert und die
Wärmeerzeugung durch vermehrte Verbrennung von
Fett und Zucker, den Heizstoffen des Körpers, gesteigert.
Wenn wir zu zittern beginnen, so ist das nichts anderes
als Muskelbewegung ohne Bewegungssinn, nur zur Er-
zeugung von Wärme.
Die Fähigkeit der Temperaturregelung haben wie
die Menschen nur die Säugetiere und Vögel. Eine Eidech-
se aber ist heißblütig und lebhaft in der warmen Sonne, in
der Kühle des Abends sinkt ihre Bluttemperatur und sie
wird schläfrig und faul. Auch Insekten sind »wechselwar-
me« Tiere, die auf das schroffste von der Temperatur der
Umgebung beeinflußt werden. Bienen nehmen eine ge-
wisse Sonderstellung ein. Durch aktives Zittern ihrer
Brustmuskulatur können sie ihren Körper sehr schnell
binnen weniger Minuten um einige Grade wärmer ma-
chen. Sie tun dies z. B. vor dem Ausfliegen. Freilich kön-
nen sie, auf sich allein gestellt, in kalter Luft einen ra-
schen Wärmeverlust nicht verhüten, und schon bei 8-
10 oe werden sie steif und unbeweglich, wenn sie ein
kühler Abend überrascht. Im Brutbezirk des Stockes
aber, wo sie zu Tausenden beisammen sind, halten sie
eine gleichmäßige Temperatur von fast genau 35 oe auf-
recht. Bei der geringsten Unterkühlung heizen sie ihren
Körper auf, wobei sie bisweilen um 10° wärmer werden
als ihre Umgebung und als lebendige Öfchen die erzeugte
Wärme an sie abgeben. Zudem drängen sie sich auf den
44
Abb. 38. Bei Überhitzungsge-
fahr werden Wassertröpfchen
in den Wabenzellen abgesetzt.
45
Abb. 39. Durch den
rhythmischen Rüsselaus-
schlag, bei dem ein Was-
sertröpfchen filmartig
ausgezogen wird, wird
die Wasserverdunstung
erheblich gesteigert.
46
Abb. 40. Wabenausschnitt mit
zwei Weise/zellen, in welchen je
eine Königin herangezogen wird.
47
Abb. 41. Künstliche Weiselnäpfchen wurden ausgebaut; eben
schlüpft eine junge Königin.
48
Abb. 42. Aus der Praxis der Königinnenzucht:» Begattungs-
kästchen« mit jungen Königinnen sind aufgestellt - in Erwartung
eines erfolgreichen Hochzeitsfluges.
49
Abb. 43. Bienenkönigin, Hinterleib von oben geöffnet und die Ei-
erstöcke etwas seitlich auseinandergelegt. E Eierstöcke, LEileiter
(Ausführgang der Eierstöcke), S Samenbehälter, A Ausführgang
des Samenbehälters.
Abb. 44. Eierstöcke einer Königin. E Eierstöcke, Er Eiröhrchen, Ee
Eileiter, Sb Samenblase mit D Drüsenanhang, SI S2 Vagina, Schm
Schrnierdrüse, Gd Giftdrüse, Gb Giftblase, St Stachelapparat.
50
In ihren ersten Lebenswochen wird die Königin auf
ihren »Hochzeitsflügen« von Drohnen begattet (Abb.
49a,b). Von da ab hat sie für ihr ganzes Leben in einem
Bläschen ihres Hinterleibes, dem Samenbehälter, männli-
che Keimzellen, die da mehrere Jahre lebendig und ge-
brauchsfähig bleiben. Die Blase steht durch einen dünnen
Kanal mit dem Gang in Verbindung, durch welchen die
Eier abgelegt werden (vgl. Abb. 43, 44). Durch einen
höchst genau arbeitenden Mechanismus kann nun die
Königin, wenn hier ein Ei vorbeigleitet, einige Samenfä-
den aus jener Blase austreten lassen, dann wird das Ei
befruchtet. Oder sie unterläßt dies, dann wird das Ei
unbefruchtet abgelegt. Aus den unbefruchteten Bienenei-
ern werden Männchen, aus den befruchteten aber weibli-
che Tiere, also Königinnen oder Arbeiterinnen (diese
merkwürdige Art der Geschlechtsbestimmung gibt es
auch bei einigen anderen Insekten). Nur ausnahmsweise,
bei starker Inzucht, kann sich auch ein Teil der befruch-
teten Eier zu Drohnen entwickeln. Das hat man lange
nicht bemerkt, bis man dahinter kam, daß die Arbeitsbie-
nen jene Larven, die sich regelwidrig zu Männchen ent-
wickeln, erkennen und kurzerhand auffressen.
Wenn auch die Entstehung von Drohnen auf die
Ablage unbefruchteter Eier durch die Königin zurückzu-
führen ist, so müssen für die Aufzucht der größeren
Drohnenlarven entsprechend große Zellen zur Verfügung
stehen (Abb. 45). Erst müssen solche Drohnenzellen ge-
baut sein, dann belegt sie die Königin mit unbefruchteten
Eiern - so haben auch hier die Arbeitsbienen die Füh-
rung. Es sei jedoch nicht verschwiegen, daß letztere, was
den Drohnenbau betrifft, in der Regel des Guten zuviel
tun. Der Imker ist jedoch dar an interessiert, nicht zuviele
Drohnen in seinem Volk zu haben, da diese sich ja nicht
am Arbeitsmarkt beteiligen (s. S. 62) und sich sogar von
den Arbeitsbienen füttern lassen.
51
Abb. 45. Eine Wabe
mit den 3 verschiedenen
Zelltypen: Drohnenzel-
len (rechts unten), Ar-
beiterinnenzellen (Mitte
".~~~~~~~~~i1~
•
und links), ein Weisel-
näpfchen (rechts oben).
52
Die Anwesenheit der Königin ist für den Fortbe-
stand eines Volkes ohne Zweifel von elementarer Not-
wendigkeit. Und es ist dafür gesorgt, daß alle Stockge-
nossen stets wissen, ob sie da ist oder nicht. Diese Kennt-
nis verdanken sie der Königinnensubstanz«. Darunter
versteht man ein Duftstoffgemisch, das in der Oberkie-
ferdrüse der Königin erzeugt wird. Es besteht aus zwei
Fettsäuren, der 9-0xodecen-Säure und der 9-Hydroxy-
decen-Säure. Bei der Pflege der Königin durch die
Hofstaatbienen wird dieser Stoff in kleinen Portionen
von der Königin erbettelt und bei der ständigen wechsel-
seitigen Fütterung der Arbeitsbienen von Mund zu Mund
verteilt, so daß er schnell Gemeingut des Volkes wird.
Obwohl nur in Spuren vorhanden, hat er eine bedeutende
Wirkung: Die Königinnensubstanz fördert den Zusam-
menhalt des Volkes, unterdrückt zugleich die Eientwick-
lung der Arbeiterinnen und hemmt ihren Trieb, Weisel-
zellen zu bauen. Wenn ein Volk durch ein Mißgeschick
seine Königin verliert, wird das durch die Abnahme der
Königinnensubstanz oft schon binnen 5-6 Stunden der
Gesamtkeit »bekannt«. Dann fallen jene Hemmungen
weg, es werden Zellen mit jungen Arbeiterinnenlarven in
Weiselzellen umgebaut, und wenn alles gut geht, können
aus jenen rechtzeitig neue Königinnen herangezogen wer-
den. In der Regel übernimmt die zuerst geschlüpfte die
Nachfolge, die übrigen werden von ihr oder von den
Arbeiterinnen umgebracht.
Die Königinsubstanz hat in anderer Situation noch
eine weitere Funktion zu erfüllen: Beim Hochzeitsflug,
wo sich die jungen Königinnen in den Drohnenschwarm
stürzen (s. S. 59), geben sie aus der Oberkieferdrüse diese
Königinsubstanz als lockenden Duftstoff frei. Sie geben
sich damit den Drohnen zu erkennen und locken mehrere
von ihnen zur Begattung an.
53
5 Der Bienenschwarm
54
Abb. 46. Ein Bienenschwarm sammelt sich um seine Königin.
55
Abb. 47. Die Bienen haben sich zu einer dichten Schwarmtraube
gesammelt. Sofort werden Quartiermacher auf Wohnungssuche
gehen.
56
Abb. 48. Wenn die Wohnungs-
suche - ausnahmsweise - er-
folglos bleibt, macht sich der
Schwarm an der ersten Anlege-
stelle seßhaft, indem er mehre-
re Waben ausbaut und Brut an-
setzt.
57
Abb. 49 a. Drohnenflug gegen eine am Faden F befestigte flie-
gende Königin. Die Drohne am weitesten links kehrt den Rücken,
weil sie eben eine scharfe Kurve fliegt.
-
's •
B
-... ...
-
,
-
...
..
....
-
Abb. 49 b. Drohnenanflug gegen eine Königin im Käfig K; dieser
hängt an einem (im Bild nur teilweise sichtbaren) kleinen Fessel-
ballon B, der etwa 10 m über dem Boden schwebt. S Ballon-
schnur.
58
sie sich durch den Faden nicht stören ließen, vollzog sich
die Hochzeit vor den Augen des Beobachters.
Angelockt werden die Drohnen teils durch den An-
blick der Königin gegen den hellen Himmel, vor allem
aber durch einen Mundgeruch der Königin, der aus ihren
Kieferdrüsen stammt, und durch spezielle, nur der Köni-
gin eigene Duftdrüsen an ihrem Hinterleib. Die Drohnen
fallen auch über ein Wattebäuschchen her, wenn man es
mit den Duftstoffen tränkt und an einem Ballon hochstei-
gen läßt. In Abb. 49b fliegen sie den Käfig an, in dem eine
Königin sitzt.
Bei solchen Versuchen kommen die Drohnen an
gewissen Stellen schnell und regelmäßig, an anderen sel-
ten oder gar nicht. Sie sind nicht überall, sie haben ihre
Sammelplätze in der freien Luft, beschränkte Areale von
etwa 50-200 Meter im Durchmesser, oft 1-4 km weit,
selten bis 7 km vom nächsten Bienenstand entfernt und
jedes Jahr wieder an den gleichen Stellen, wo sie auf das
Eintreffen von Königinnen warten und diese sie auffin-
den. Übrigens wissen davon auch Hirten und anderes
Landvolk, denn alljährlich ist dort zur gegebenen Zeit
das Summen der kreisenden Drohnen auch am Boden gut
zu hören.
Beim Aufsuchen der Drohnensammelplätze richten
sich die Bienen nach gewissen Geländemarken; sie stre-
ben dahin, wo sich rundum am Horizont der tiefste
Einschnitt bietet. In flachem Gelände, ohne deutliche
Horizontmarken, scheinen aus diesem Grunde Sammel-
plätze zu fehlen.
Die Fähigkeit, die Lage der Drohnensammelplätze
nach Horizontmarken zu finden, ist den Bienen im Erb-
gut mitgegeben.
So etwas ist nicht ungewöhnlich. Auch viele andere
Tiere legen zur Fortpflanzungszeit weite Strecken zurück,
59
um an markanten Stellen, die sie nicht aus früherer Er-
fahrung kennen, die Geschlechtsgenossen zu treffen.
Die Königin kann an einem einzigen Hochzeitsflug
mehrfach begattet werden, und sie kann diesen Hoch-
zeitsflug an den folgenden Tagen wiederholen, wobei sie
insgesamt bis zu 17mal von verschiedenen Drohnen be-
gattet wird. Das hat man in jüngster Zeit mit einer mo-
dernen Nachweismethode, der sog. »fingerprint-Metho-
de« herausgefunden; mit ihrer Hilfe gewinnt man eine
genaue Kopie der Erbanlagen und damit einen exakten
Vaterschaftsnachweis.
Nach der Begattung wird die Königin die tugendsa-
me Bienenmutter, die nie mehr das Heim verläßt - es sei
denn, daß sie zu einem späteren Zeitpunkt, durch eine
junge Königin entthront, mit einem neuen Schwarm zum
Flugloch hinauseilt.
Und was ist aus den Königinnen in den anderen
Weiselzellen geworden? Wenn das Volk in diesem Jahr
nur einen Schwarm entläßt, dann leben sie nicht mehr.
Die zuerst geschlüpfte Königin hat alle anderen Weisel-
zellen aufgebissen und persönlich ihre Schwestern ersto-
chen, gleichgültig, ob sie schon geschlüpft oder noch als
Puppen in ihren Wiegen ruhten. Dann haben Arbeiterin-
nen die Weiselzellen abgetragen und die Leichen aus dem
Stock geschafft. Wenn die »Stimmung« des Volkes aber
einen weiteren Schwarm plant, dann schützen die Arbei-
terinnen die übrigen Weiselzellen vor den Angriffen der
Königin. Die zum Schlüpfen bereiten Jungköniginnen
verlassen ihre Weiselwiegen nicht. Denn die freie Königin
im Stock würde sofort über sie herfallen. Sie strecken nur
ihren Rüssel durch einen kleinen Schlitz ihrer Zellen und
werden so von den Arbeiterinnen gefüttert. Ein eigenarti-
ger Wechselgesang ertönt jetzt im Bienenstock. Die freie
Königin läßt ein »Tüten« hören, und auch die Einge-
schlossenen geben gleichartige Lautäußerungen von sich,
60
die aus ihrem Gefängnis wie ein dumpfes »Quak«,
»Quak« heraustönen. Der Imker sagt, die Quakerinnen
fragen an, und so lange sie ein Tüten zur Antwort be-
kommen, hüten sie sich, den Schutz ihrer Zellen zu ver-
lassen. Während man bis vor wenigen Jahren noch der
Überzeugung war, daß Bienen nicht hören können, ha-
ben neuere Untersuchungen erwiesen, daß sie durchaus
für bestimmte Schallsignale ein echtes Hörvermögen ha-
ben. So auch für die Frequenz des Tütens und Quakens,
wobei allerdings auch der fein entwickelte Taststinn un-
terstützend beteiligt ist.
Wenn man die Töne künstlich erzeugt, kann man
sich im Wechselgesang eines Frage- und Antwort-Spieles
mit einer Bienenkönigin unterhalten. Auch geruchliche
Reize sind wahrscheinlich daran beteiligt, daß die jungen
Königinnen vom vorzeitigen Schlüpfen abgehalten wer-
den. Jedenfalls merken sie es in ihren Zellen, wenn die
Rivalin mit einem neuen Schwarm davongezogen ist.
Dann schlüpfen sie aus ihren Wiegen. Eine bleibt als
Stockmutter im Volk, die anderen werden gemordet.
Bisweilen gehen noch mehr Schwärme ab, und ent-
sprechend mehr Königinnen treten in ihre Rechte. Ande-
rerseits kann ein Volk bei ungünstiger Witterung oder
schlechtem Ernährungszustand das Schwärmen ganz un-
terlassen.
61
6 Die Drohnenschlacht
62
sig gewordenen dicken Stockgenossen. Die sie bisher ge-
füttert und gepflegt, beginnen sie jetzt zu rupfen und zu
beißen, sie zwicken sie, wo sie ihrer habhaft werden, mit
ihren festen Kiefern, packen sie an Fühlern oder Beinen
und suchen sie von den Waben wegzuzerren, dem Aus-
gang des Stockes zu. Deutlicher kann man nicht sein.
Aber die Drohnen, unfähig, ihre Nahrung selbst zu fin-
den, sind dem Verhungern preisgegeben, wenn sie aus
dem Stock vertrieben werden. So suchen sie hartnäckig
immer wieder einzudringen, um mit neuen Bissen, ja mit
giftigen Stichen von seiten der Arbeiterinnen empfangen
zu werden, denen sie sich wehrlos hingeben; denn die
Drohnen haben weder einen Giftstachel noch die gering-
ste kriegerische Veranlagung. So finden sie eines Som-
mertages, vertrieben und verhungert oder erstochen, ein
unrühmliches Ende an den Pforten der Bienenwohnun-
gen. Das ist die »Drohnenschlacht «. Keine plötzliche
Aufwallung, keine Bartholomäusnacht, wie sie die Bie-
nenpoeten gerne schildern, sondern eine allmählich be-
ginnende Feindseligkeit der Arbeiterinnen, die sich durch
Wochen hinzieht und steigert, bis die letzte Drohne tot
ist.
Von da an bis zum nächsten Frühling sind die
Weiblein im Bienenvolk unter sich und halten einen un-
gestörten Frieden.
63
7 Die Arbeitsteilung
im Bienenstaat
- Der Beobachtungsstock
und das Numerieren der Bienen
64
Abb.50. Beobachtungsbienenstock, nach Entfernung des seitli-
chen Schutzdeckels. Man sieht durch die Glasfenster auf die ne-
beneinanderstehenden Waben. Die Bienen können unter den
Holzleisten, die als Fensterrahmen dienen, ungehindert von einer
Wabe zur anderen laufen.
65
Abb. 51. a Eine Biene
wird - während sie am
Futterschälchen saugt -
mit Farbtupfen mar-
kiert und so individuell
gekennzeichnet. b Mar-
kiergerät: Pinsel mit
5 verschiedenen Farblö-
sungen (links) sowie
Schellacklösung und
lOO%iger Alkohol
(rechts). Davor saugt
eine Biene am Futter-
schälchen.
66
Im ersten Lebensabschnitt (vom 1. bis etwa 10.
Lebenstag) beschäftigt sie sich als Hausbiene im Inneren
des Stockes. Man sieht sie mit dem Kopf voran in Zellen
kriechen, die durch das Ausschlüpfen anderer Bienen frei
geworden sind; sie werden gereinigt und für die Aufnah-
me eines neuen Eies vorbereitet. Mit dem Saubermachen
der Brutzellen ist es aber nicht getan; diese werden zu-
sätzlich in vorbildlicher Weise gegen Pilz- und Bakterien-
infektion mit einem feinen Harzüberzug, dem sog. Pro-
polil überzogen. Die Kinderstube der Bienen wird damit
praktisch keimfrei gemacht; kein Kinderkrankenhaus
kann mit solcher Hygiene konkurrieren. Die Jungbienen
halten sich auch auf den Brutzellen auf, um sie vor Ab-
kühlung zu schützen, und verbringen im übrigen viel Zeit
untätig, indem sie still sitzen oder gemächlich auf den
Waben herumspazieren. Wir werden noch hören, daß
auch dieser Müßiggang zum Segen der Gesamtheit bei-
trägt.
Nach wenigen Tagen gelangt im Kopf der Biene
jene Futtersaftdrüse zu mächtiger Entfaltung, von der
schon auf S. 47 die Rede war. Hiermit wird sie für die
Hauptaufgabe ihres ersten Lebensabschnittes reif, für
ihre Tätigkeit als Brutamme. Die Eiweißstoffe der Nähr-
drüsen stammen aus den Pollenvorräten des Stockes, die
von den Brutammen zur Erzeugung der »Muttermilch«
in Menge verzehrt und verdaut werden.
Die Betreuung der Jugend macht nicht wenig Ar-
beit! Zur Aufzucht einer einzigen Larve erhält eine Brut-
zelle 2000 bis 3000 Besuche von seiten der pflegenden
Bienen. Wenn man zusammenzählt, wieviel Zeit eine ein-
zige Pflegerin hierbei aufzuwenden hat, so kommt her-
aus, daß die Dauer ihrer Tätigkeit als Brutamme eben
ausreicht, um 2 bis 3 Larven großzuziehen. Kein Wun-
der, daß die Bienenlarven unter solcher Pflege prächtig
gedeihen und schon nach 6 Tagen reif sind zur Verpup-
67
Hovs6iene
68
Im zweiten Lebensabschnitt (etwa 10. bis 20. Le-
benstag) findet mit der Rückbildung der Futtersaftdrüsen
die Ammentätigkeit ein Ende. Indessen pflegen nun die
Wachsdrüsen auf die Höhe ihrer Entfaltung zu kommen
(vgl. Abb. 52). Sie bilden die Grundlage für die Bautätig-
keit. Weitere Aufgaben dieser Altersstufen sind: den ein-
getragenen Nektar zu übernehmen, zu verarbeiten und in
die Vorratszellen zu füllen, oder die von den Pollen-
sammlerinnen in die Zellen abgestreiften Höschen mit
den Kiefern festzudrücken. Auch muß der Stock sauber
gehalten werden, und diese Arbeit führt hinaus ins Freie.
Abfälle aller Art, aber auch die Leichen gestorbener
Stockgenossen werden gepackt, im Flug eine Strecke weit
weggetragen und dann fallen gelassen.
Gegen das Ende dieses Lebensabschnittes widmen
sich manche Bienen dem Wächterdienst am Flugloch.
Aufmerksam prüfen sie die einpassierenden Bienen mit
ihren Fühlern, wehren die frechen Wespen und andere
Honigräuber ab und stürzen zu blitzartigem Angriff her-
vor, wenn etwa ein Mensch oder ein Pferd ihrer Siedlung
zu nahe kommt.
Der Giftstachel ist mit kleinen Widerhaken verse-
hen. Er kann daher nach dem Stich aus der Haut nicht
zurückgezogen werden und reißt ab, wobei das Hinter-
leibsende an ihm hängen bleibt; die Biene geht an der
Verletzung zugrunde. Das ist keine törichte Grausamkeit
der Natur, wie mancher denkt, sondern es hat einen
guten Sinn: In der abgerissenen Hinterleibsspitze ist der
Nervenknoten, der die Stechtätigkeit regelt, und ist auch
die Giftdrüse enthalten und mit dem Stachel in Verbin-
dung geblieben. Der Stechapparat ist daher auch abge-
trennt noch durchaus lebendig. Wenn man ihn nicht
sofort herauszieht, pumpt er noch geraume Zeit neues
Gift in die Wunde und wird so erst recht zu einer wirksa-
men Waffe gegen überlegene Feinde. Für den volkreichen
69
Bienenstaat bedeutet der Verlust von einigen unfruchtba-
ren Weibchen keinen merklichen Schaden.
Viel häufiger wird aber der Stachel gegen Artgenos-
sen oder andere Insekten gebraucht. Aus ihrem spröden
Chitinpanzer, der ihn nicht festhält wie die elastische
Haut der Wirbeltiere, kann er leicht wieder zurückgezo-
gen werden. Ein siegreicher Kampf gegen ihresgleichen
hat also für die Biene keine bösen Folgen. In jüngerer Zeit
sind einige Bienenforscher mit Erfolg der alten - schein-
bar unlösbaren - Frage nachgegangen: Wie erkennen
denn die Wächter am Flugloch die heimkehrenden Bie-
nen, ob sie zum eigenen Volk gehören oder ob sie als
Diebe sich einschmuggeln wollen? Man bedenke, da ste-
hen ein Dutzend oder mehrere Bienenstöcke nebeneinan-
der und übereinander, Hunderte von Bienen begehren
pro Minute Einlaß am Flugloch jedes Stockes; sie zeigen
alle ihre Kennkarte vor, und ohne jeglichen Stau - wie
das bei unseren Grenzstationen üblich ist - werden sie
von den Wächtern erkannt, eingelassen oder abgewehrt.
Es ist der jeweilige Stockduft, den jede Biene beim Verlas-
sen ihres Volkes als Kennkarte in ihrem Haarkleid mit
sich nimmt. Bislang hatte man angenommen, dieser
Stockduft setze sich zusammen aus dem eingetragenen
Pollen und Nektar, auch aus dem Wachs der Waben.
Neuerdings weiß man aus gezielten Züchtungsergebnis-
sen, daß die Königin eine wesentliche Komponente die-
sem Stockduft beigibt; er ist also vor allem durch sie
geprägt. Zusätzlich werden aber auch Umweltdüfte aus
der eingetragenen Tracht und dem Duft der Wachswaben
zugegeben. Daß die Wächterbienen aber aus diesem
Duftmuster den eigenen Volksduft erkennen, bleibt nach
wie vor eine erstaunliche Leistung.
In ihrem dritten Lebensabschnitt (etwa 20. Lebens-
tag bis zum Tode) ist die Biene Sammlerin. Sie fliegt auf
Tracht aus, um an den Blumen Nektar oder Blütenstaub
70
zu holen. Bei schlechtem Wetter, das ein Ausfliegen ver-
bietet, kehren die Sammlerinnen selten zu häuslicher Ar-
beit zurück. Sie warten lieber auf bessere Zeiten. Das
Sprichwort vom »Bienenfleiß« ist aufgekommen, weil
man gewöhnlich nur die sammelnden Bienen sieht. Wer
auch das Leben im Innern des Stockes beobachtet, wird
bald erkennen, wieviel Zeit dem Nichtstun gewidmet ist.
71
zwar im Herbst an den im Stock angesammelten Pollen-
vorräten mästen können, aber die in ihrem Körper ge-
speicherten Reserven nicht verbrauchen, weil sie zu die-
ser Jahreszeit keine Brut mehr zu pflegen haben. So über-
dauern sie den Winter wohlgenährt in stiller
Beschaulichkeit. Wenn das Frühjahr naht und die Köni-
gin mit neuer Eiablage beginnt, haben sie immer noch
ihren Fettwanst und sind mit entwickelten Futtersaftdrü-
sen zur Brutpflege bereit.
Am längsten lebt die Königin, die durch 4 bis 5
Jahre ihre Mutterpflicht erfüllen kann.
Über neuere Untersuchungen zum Lebensalter wur-
de bereits auf S. 40-43 berichtet.
72
Abb. 53. Drehbarer Beobachtungsstock zur Teilung eines Bienen-
volkes in junge und alte Tiere (horizontaler Längsschnitt in der
Höhe des Flugloches). Erklärung im Text.
73
wurde in der Not aus ihren Zellen gezerrt und ausgeso-
gen. Da kam am dritten Tag die überraschende Wen-
dung. Entgegen allem Brauch flogen jugendliche, nur 1
bis 2 Wochen alte Bienen auf Tracht und kehrten beladen
heim. Durch die volle Entwicklung der Speicheldrüsen
waren sie zu Brutammen gestempelt. Aber nicht ihre
körperliche Verfassung, sondern das Bedürfnis des Vol-
kes gab den Ausschlag; ihre Drüsen fügten sich und
verkümmerten in wenigen Tagen. Auf der anderen Seite,
im Altvolk, fehlte es an Brutammen. Hier trat in die
Bresche, wer noch einigermaßen jugendlich war, und
behielt voll entwickelte Speicheldrüsen weit über die üb-
liche Zeit.
Einem anderen Volk hat man durch einen einfa-
chen Eingriff den größten Teil seiner Baubienen genom-
men. Darauf wurde es in eine Lage versetzt, wo der Bau
neuer Waben dringend nötig war. Und es wurde gebaut.
74
Entwicklung der Futtersaft- und Wachsdrüsen nicht starr
nach dem Schema der Abb. 52 erfolgt, sondern eine ge-
wisse Veränderlichkeit zeigt. Außer den Bienen, die ei-
gentlich an der Reihe wären, einen bestimmten Beruf
auszuüben, gibt es daher immer noch andere, die auch
schon dafür zu haben sind, wenn es not tut. Bei den einen
sind die Kopfdrüsen, bei den anderen die wachs bereiten-
den Organe etwas früher entwickelt, als dem Durch-
schnitt entspricht, und auch die Neigung, dies oder jenes
zu tun, richtet sich weniger nach dem üblichen Arbeitska-
lender als nach dem Bedarf des Augenblicks. Diesen zu
erfassen, ist die Aufgabe der Müßiggänger, die scheinbar
nutzlos auf den Waben herumspazieren. Sie sehen sich
überall um, stecken ihren Kopf in diese und jene Zellen
und packen an, wo sich eine Arbeitslücke bemerkbar
macht. So ist die Harmonie der Arbeit im Bienenvolk
zum guten Teil den Faulen zu verdanken. Auch Müßig-
gang kann seine Berechtigung haben - solange er nicht
zum Lebensgrundsatz wird.
Forschungen aus jüngerer Zeit haben zur Regulati-
on der Arbeitsteilung im Bienenstaat einen überraschen-
den zusätzlichen Befund erbracht: Der altersgebundene
Arbeitskalender wird physiologisch durch ein Hormon,
das für die Insektenentwicklung wichtige Juvenilhormon,
geregelt. Zusammen mit dem sog. Häutungshormon,
dem Ecdyson, bestimmt es zunächst den Zeitpunkt und
die Art der Häutung bei den jungen Larven, wobei der
Titer, d.h. die Konzentration dieser beiden Hormone, in
der Blutlymphe genauestens aufeinander abgestimmt sein
muß. Auch bei der frischgeschlüpften Arbeiterin findet
sich dieses Juvenilhormon in der Blutlymphe, auch hier
ist es der genaue Titer, der regelnd in die altersgebundene
Arbeitsteilung eingreift; mit zunehmendem Alter nimmt
die Konzentration dieses Juvenilhormons zu; am ersten
Tag nach dem Schlüpfen mißt man 5 pmol pro 100 ml
75
Hämolymphe; nach 25 Tagen sind es bereits 20 pmol.
Mit dieser Zunahme der Konzentration des Juvenilhor-
mons ist eine gleichzeitige Vergrößerung der Drüsen,
nämlich der Corpora allata, die das Juvenilhormon pro-
duzieren, verbunden. Bietet man Jungbienen in ihrem
Futter künstlich synthetisiertes Juvenilhormon an, dann
wechseln sie vorzeitig zur nächstfolgenden Tätigkeit
über; Brutammen werden also frühzeitig zu Baubienen
und Wächterbienen, die Stockbienen, allgemein zu Sam-
melbienen. Sie alle haben einen echten Alterungsprozeß
durchgemacht, der streng mit der zuständigen Tätigkeit
verknüpft ist.
76
8 Der Geruchs-
und Geschmackssinn
77
spielt sich ganz im finsteren Innenbau der Bienenbeute
ab. Hier helfen ihr die Augen nichts, hier ist es, neben
T asteindrücken, in erster Linie der Geruch, der siß bei
allen Verrichtungen leitet. Später, wenn sie als Trachtbie-
ne den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ins Freie verlegt,
wird der Gesichtssinn zum führenden Sinn. Ohne die
Augen ist die Biene im Freien verloren, weil sie sich nicht
mehr orientieren kann.
78
je öfter er sie wiederholt. Doch von noch größerer Bedeu-
tung ist dieses Verhalten für die Blumen, deren rasche
und erfolgreiche Bestäubung daran hängt; denn mit Blü-
tenstaub vom Klee wäre dem Thymian nicht gedient.
Aber wie finden die Bienen auf der Wiese die gleich-
artigen Blumen so sicher heraus? An ihrer Farbe? Zum
Teil gewiß, nur gibt es mehr verschiedene Blumensorten
als Blütenfarben. Aber jede Blumenart hat ihren besonde-
ren, für sie bezeichnenden Geruch. Er muß ein vortreffli-
ches Merk- und Kennzeichen für jede Blütensorte abge-
ben - falls die Bienen ihn wahrnehmen können und sich
nach ihm richten. Wie können wir von ihnen erfahren, ob
sie das tun?
Duftdressuren
79
Abb. 54. Kartonkästchen für Dressurduft, Vorderansicht.
Abb. 55. Kartonkästchen. Deckel aufgeklappt. Einsicht von hin-
ten oben, auf dem Bänkchen eine Rose als Duftspenderin.
80
sich auf, wird dann aus den Tüchern ge preßt, in Flaschen
verfüllt und in alle Welt verschickt, um bei der Herstel-
lung von verschiedensten Erzeugnissen der Parfümindu-
strie verwendet zu werden. So kann man in einem Fläsch-
chen mit Öl den Duft von Jasmin, Rosen, Orangenblüten
usw. beziehen, und ein Tropfen davon erfüllt das Dres-
surkästchen mit einem Blütenduft von wunderbarer
Reinheit. Auch sonst gibt uns die Parfümindustrie mit
ihren »ätherischen Ölen« eine unübersehbare Auswahl
von Riechstoffen an die Hand.
Und nun ein Beispiel: Wir dressieren auf den Duft
eines ätherischen Öles, Pomeranzenschalenöl. Dann stel-
len wir mehrere Dutzend reine Kästchen auf, und diesmal
wird jedes Kästchen mit einem Duft versehen, eines mit
dem Dressurduft, die anderen mit den verschiedensten
Blumendüften und ätherischen Ölen; keines enthält Fut-
ter. Und die Bienen?
Sie fliegen an alle Fluglöcher heran und stecken
sozusagen überall ihre Nase hinein; bei dem Kästchen,
das den Dressurduft enthält, schlüpfen sie ins Innere und
suchen dort nach dem gewohnten Futter, vor den abwei-
chend duftenden Öffnungen wenden sie sich im Fluge
wieder ab. Nur wenn der Inhalt auch für unsere Nase
dem Dressurduft sehr ähnlich ist, kommen Verwechslun-
gen vor; so zwischen zwei Pomeranzenschalenölen, von
welchen das eine aus Spanien, das andere aus Messina
stammt. Für einen Menschen mit ungeschultem Geruch-
sorgan ist der Duft dieser beiden Pomeranzenöle kaum zu
unterscheiden. Aber was hier die Schulung ausmacht,
zeigen uns die Leute, bei denen die Pflege und Übung des
Geruchssinnes zum Lebensberuf gehört. Ein tüchtiger
Parfümsachverständiger wird bei einer geruchlichen Prü-
fung jener beiden Pomeranzenöle über ihre Herkunft
nicht im Zweifel sein. Die Bienen sind in ihrer Unterschei-
dung von ähnlicher Sicherheit und kümmern sich nur
81
wenig um das Kästchen mit dem spanischen Pomeran-
zenöl.
Im ganzen geht aus diesen und aus vielen anderen
Versuchen hervor, daß die Bienen den Dressurduft ausge-
zeichnet im Gedächtnis behalten und ihn von Düften, die
für die menschliche Nase deutlich von ihm verschieden
sind, mit großer Sicherheit unterscheiden. Da kaum zwei
Blumensorten einander im Duft gleichen, wird ihre Blu-
menstetigkeit verständlich.
Man kann das Riechorgan der Biene auch noch in
anderer Hinsicht auf seine Leistungsfähigkeit prüfen: Wir
dressieren auf einen bestimmten Blumenduft und bieten
dann in einer Reihe von Versuchen den Dressurduft in
immer weitergehender Verdünnung, bis die Tiere nicht
mehr imstande sind, das Duftkästchen unter duftlosen
Kästchen herauszufinden. Wir können mit der eigenen
Nase Vergleichsproben anstellen und erhalten so einen
Maßstab für die »Riechschärfe« der Bienen im Verhältnis
zu der des Menschen. Schon dieser einfache Versuch
offenbart eine überraschende Übereinstimmung der Lei-
stungsfähigkeit beim Menschen und bei der Biene. Ver-
feinerte Methoden deckten aber auch wichtige Unter-
schiede auf: Blumendüfte, die ja für Bienen biologisch
bedeutsam sind, werden im Vergleich mit dem Menschen
noch in etwa doppelt so starker Verdünnung wahrge-
nommen, der Lockduft ihrer eigenen Duftdrüse (S. 179f.)
sogar um ein Vielfaches besser, während sie für biolo-
gisch bedeutungslose Riechstoffe etwas weniger empfind-
lich sind als wir.
Wie nun beim Blumenbesuch Duft und Farbe zu-
sammenwirken, das wird im Einzelfall natürlich davon
abhängen, wie stark die betreffenden Blumen duften und
wie sie gefärbt sind. Aber im allgemeinen läßt sich doch
sagen, daß sich die Bienen aus der Entfernung nach der
Farbe richten und durch sie zum Standort der Blume
82
• ..
b
83
stimmte Blumensorte besucht, auch an andere Wiesen-
blumen heranfliegt, deren Farbe für das Bienenauge den
gesuchten Blüten gleicht; aber in unmittelbarer Nähe
wird sie durch den fremden Duft ihres Irrtums gewahr,
sie stutzt einen Augenblick, und ohne sich niederzulas-
sen, zieht sie dahin, wo der nächste Farbfleck winkt. Es
ist, als hätte der Duft die größere Überzeugungskraft.
In diesem Zusammenhang sind Erfahrungen über
das Lernvermögen der Biene von Interesse. Einen Blu-
menduft behält sie bei der Dressur - und gewiß auch
beim natürlichen Blütenbesuch - in der Regel nach dem
ersten Anflug im Gedächtnis, ein Farbmerkmal erst nach
3-5 Anflügen. Ihre Gestalt, etwa eine Sternform, sitzt erst
nach etwa 20 Anflügen. Diese abgestufte Lernfähigkeit
ist im Erbgut verankert. In ihr spiegelt sich die Erfahrung
ungezählter Generationen. Das kommt auch dadurch
zum Ausdruck, daß nur blumenhafte Düfte so schnell
und sicher erlernt werden. Gerüche, die den Bienenblu-
men fremd sind, wie der faulige Skatolduft oder jener von
Buttersäure, werden zwar wahrgenommen, aber die
Dressur gelingt nur langsam und unvollkommen.
Über Lernen und Gedächtnis der Bienen sind in den
letzten Jahren neue umfangreiche Untersuchungen ge-
macht worden, die uns einen ersten Zugang in diese
Geheimkammer auch beim Menschen öffnen. Wie das
Erlernte als Gedächtnis im Gehirn gespeichert wird, soll
im folgenden näher beschrieben werden.
Die erste Phase der Gedächtnisbildung führt ZU ei-
nem Kurzzeitgedächtnis, das die eingespeicherte Infor-
mation wenige Minuten bis einige Stunden fixieren kann.
Bei der Biene läßt sich dieser Zeitraum stark verkürzen,
wenn man die Belohnung mehrmals hintereinander bie-
tet. Das Erlernte wird dann schnell, nach etwa 6 Minuten
schon, ins Langzeitgedächtnis überführt. Man darf das
Kurzzeitgedächtnis nicht mit zuviel Merkzeichen bela-
84
den. Außerdem ist es sehr anfällig gegenüber einer neuen
Lernaufgabe. Bietet man innerhalb der ersten 3 Minuten
2mal eine Futterbelohnung, jedesmal mit einem anderen
Duft, dann wird der erste Duft durch das zweite Duftsi-
gnal ausgelöscht. Wartet man aber mit der 2. Belohnung
länger als 3 Minuten, dann ist bereits das 1. Duftsignal
ins Langzeitgedächtnis überführt worden. Allgemein darf
man sagen, daß für die Festlegung eines Langzeitgedächt-
nisses stets mehrere Lernakte erforderlich sind, dann aber
behält die Biene das Erlernte das ganze Leben lang im
Gedächtnis.
Wir hatten seinerzeit in München im September
eine Bienenschar vom Zoologischen Institut in der Lui-
senstraße etwa 400 m nach Norden dressiert und dort für
einige Tage mit Zuckerwasser belohnt. Die Bienen waren
individuell markiert; die gleichen Bienen kamen dann am
ersten warmen Märztag wieder an diese gleiche Futter-
stelle - sie hatten 5 1/2 Monate lang die Lage dieser
Futterstelle im Gedächtnis behalten.
Das Kurzzeitgedächtnis kann man durch Elektro-
schock, durch Narkose oder bestimmte Pharmaka lö-
schen, aber nur dann, wenn man diese Eingriffe unmittel-
bar nach den ersten Lernakten vornimmt - bei der Biene
muß diese Löschung spätestens 3 Minuten nach den er-
sten Belohnungen erfolgen. Auch beim Menschen ist die-
ses Phänomen bekannt: Nach einem Verkehrsunfall mit
einer Gehirnerschütterung kann man sich nicht mehr
erinnern, was kurz vorher passiert war.
Professor Menzel in Berlin hat es mit seinen Mitar-
beitern gewagt, nach dem Ort der Gedächtnisbildung im
Gehirn zu suchen. Erste Befunde deuten darauf hin, daß
das Kurzzeitgedächtnis in den peripheren, d.h. in äußeren
Gebieten des Gehirns lokalisiert ist; das stabile Langzeit-
gedächtnis hat seinen Sitz in den höheren Zentren, näm-
lich in den Pilzkörpern. Es blieb aber immer noch die
85
Frage, was denn in einer Nervenzelle verändert wird,
wenn eine vorher erlernte Aufgabe als Gedächtnisspur
niedergelegt werden soll. Die allgemeine Vorstellung war,
daß Gedächtnisspuren in Form von untereinander ver-
schalteten Nervennetzen zustande kämen. Dabei sollen
an den Schaltstellen zwischen den einzelnen Nervenzellen
bestimmte chemische Veränderungen ablaufen. Solche
Veränderung oder Plastizität hatte man bereits an der
Columbia-Universität durch Kandel an einer Meeres-
schnecke entdeckt. Auch Menzel fand im Bienengehirn
nach erfolgreicher Duftdressur solche Modulationen an
den Schaltstellen, den sog. Synapsen. Erst kürzlich ist der
Berliner Arbeitsgruppe ein Durchbruch insofern gelun-
gen, als sie eine >>lernende Nervenzelle« identifizieren
konnten; sie veränderte auf eine Duftdressur hin ihre
elektrische Aktivität ganz drastisch; eine zweite Nerven-
zelle wurde entdeckt, die den höheren Zentren eine wie-
derholte Belohnung meldet.
Es besteht berechtigte Hoffnung, daß auch die vie-
len noch offenen Fragen der Gedächtnisbildung in naher
Zukunft gelöst werden können. Solche Grundlagenfor-
schung wird auch von praktischer Auswirkung sein. So
mag der Befund, daß bestimmte Botenstoffe im Gehirn
wie Octopamin und Noradrenalin den Lernerfolg und
das Abrufen aus dem Gedächtnis fördern, Serotonin und
Dopamin im Gegensatz dazu die Gedächtnisbildung
hemmen, auch Interesse für die Neurobiologie und Hu-
manmedizin haben.
86
Abb. 57. Eine Biene ist durch Fütterung mit Zuckerwasser auf
den Duft eines ätherischen Öles dressiert worden. Nach Amputa-
tion der Fühler ist sie nicht mehr fähig, die mit dem Dressurduft
be tropfte Platte von anders duftenden Flächen zu unterscheiden.
Die Photographie zeigt, wie die operierte Biene knapp über einer
Duftplatte schwebt. So fliegt sie von einer zur anderen und ver-
sucht erfolglos, sie zu beriechen.
87
Abb. 58. Kontrollversuch: Eine auf blaue Farbe dressierte Biene
fliegt auch nach der Amputation beider Fühler zielsicher die blaue
Farbe an und sucht das leere Glasschälchen daselbst hartnäckig
nach dem Futter ab, während sie die Schälchen auf drei gelben
Papieren nicht beachtet.
88
Fläche los, setzt sich darauf und sucht das leere Schälchen
nach dem Futter ab (Abb. 58). Sie hat also durch das
Abschneiden der Fühler nicht ihre Reaktionsfähigkeit
überhaupt verloren, sondern nur die Fähigkeit eingebüßt,
sich nach dem Duft zu richten. Die Fühler sind die Träger
der Geruchsorgane.
Die Riechwerkzeuge der Bienen sind nach einem
anderen Bauplan gebaut als die unseren. Beim Menschen
liegt das Geruchsorgan in der Tiefe der Nasenhöhle, wo
zahllose Nervenfasern in der zarten Schleimhaut wur-
zeln. Hier wirken die Riechstoffe auf sie ein, die uns mit
der Atemluft zugetragen werden. Die Insekten haben kei-
ne solche Nase. Ihre Atmungsöffnungen liegen seitlich
am Körper und sind schon deshalb zum Riechen ungeeig-
net. Denn das Geruchsorgan als ein wichtiges und biswei-
len führendes Sinnesorgan hat seine zweckmäßigste Lage
vorne am Kopf. Da sitzen bei den Insekten die Fühler
(vgl. Abb. 22, Fr). Da die Oberfläche des Insektenkör-
pers, und so auch die Oberfläche der Fühler, von einem
festen Hautpanzer überzogen ist, muß der Panzerüberzug
der Fühler mit feinsten Porenkanälchen durchsetzt sein,
um den Riechstoffen den Zutritt zu den innen liegenden
Riechnervenfasern zu ermöglichen. Abb. 59 zeigt das
Aussehen eines Bienenfühlers bei etwa 20facher Ver-
größerung, Abb. 60 ein einziges Fühlerglied noch stärker
vergrößert. Die hellen, etwas längs gestreckten
Scheibchen sind »Riechporen«. Abbildung 61 zeigt, stark
verinfacht, wie ein Längsschnitt durch eine solche Pore
bei mikroskopischer Betrachtung aussieht. Der Chitin-
panzer ist an den Schnittflächen schwarz dargestellt. Er
bildet über dem Sinnesorgan nur ein dünnes Ver-
schlußhäutchen. Soweit gibt jedes gute Mikroskop Auf-
schluß. Aber erst die stärksten Vergrößerungen moderner
Elektronenmikroskope machten in der Ringfurche R
feinste Poren sichtbar, etwa 3000 an jeder Porenplatte,
89
Abb. 59. Ein Bienenfüh-
ler, etwa 20fach ver-
größert. Er ist aus zwölf
Gliedern beweglich zu-
sammengesetzt.
Abb. 60. Ein Glied des Bienenfühlers sehr stark vergrößert. Die
hellen Flecken sind verdünnte Stellen des Chitinpanzers (»Poren-
platten«, Geruchssinnesorgane), dazwischen zahlreiche andere,
meist borstenförmige Sinnesorgane mit verschiedener Funktion.
90
Abb. 61. Einzelnes Geruchssinnes-
organ (Porenplatte) des Bienenfüh-
lers. Die Chitin bedeckung des Füh-
lers ist an der Schnittfläche schwarz
dargestellt. S Sinneszellen, P Poren-
platte, R Ringfurche.
91
stisch sehen, indem wir von Jugend an gewöhnt sind, die
Gesichtseindrücke mit dem körperlichen Fühlen aufs
engste zu verquicken. Ob wir mit unserer Nase an den
sechseckigen Zellen einer Wabe oder an einer daraus
geformten Wachskugel riechen, es bleibt derselbe Ein-
druck, es riecht nach Wachs. Für die Biene aber ist wohl
der »sechseckige Wachsgeruch« vom »kugeligen Wachs-
geruch« ebenso verschieden wie für uns der Anblick einer
Wachswabe und einer Wachskugel. Für sie, die bei allen
Verrichtungen in ihrem dunklen Bau nur auf den Tast-
und Geruchssinn angewiesen ist, bedeutet solches eine
entscheidende Bereicherung ihres Sinneslebens.
Neben den Porenplatten und Tasthärchen lassen
sich nach ihrem Feinbau noch etwa acht andere Arten
von verschieden gestalteten Sinnesorganen unterschei-
den. Die Methoden der »Elektrophysiologie« haben erst
teilweise über ihre Bedeutung Aufschluß gebracht: Wenn
eine Sinneszelle durch einen Reiz, auf den sie abgestimmt
ist, in Erregung versetzt wird, also z. B. die Sinneszellen
einer Porenplatte (S in Abb. 61) von einem Riechstoff
erreicht werden, ist ihr Erregungszustand mit elektri-
schen Erscheinungen verbunden, die sich über die Ner-
venfasern zum Gehirn fortpflanzen und die Grundlage
aller Sinnesempfindungen bilden. Durch außerordentlich
feine Sonden (Elektroden) kann man von einer Poren-
platte diese elektrischen Signale ableiten, registrieren und
ihre Stärke messen. So hat man herausgefunden, daß am
Fühler der Biene nur die Porenplatten auf Riechstoffe
ansprechen, diese aber sehr deutlich und je nach der Art
der Riechstoffe in verschiedener Weise. Andere von den
mikroskopisch kleinen Fühlersinnesorganen dienen dem
Geschmackssinn; wieder andere sind auf Wärme oder
Kälte eingestellt, auf die Feuchtigkeit der Luft, auf ihren
Gehalt an Kohlendioxid - Faktoren, die für das Klima
des Bienenstockes und für das Gedeihen der Brut von
92
größter Wichtigkeit sind. Sie werden von den Arbeitsbie-
nen dauernd kontrolliert und geregelt.
So erweisen sich die dünnen, unscheinbaren Fühler
am Bienenkopf als gar vielseitige Werkzeuge, die dem
Forscher mehr Rätsel stellen, als er zeit seines Lebens
lösen kann.
93
Menschen, in der geringen Zahl der durch den Ge-
schmack vermittelten Empfindungen: süß, sauer, bitter,
salzig.
Im besonderen ist die Wertschätzung des Süßen im
gesamten Tierreich weit verbreitet. Doch unterliegt die
Schärfe des Geschmackssinnes erheblichen Schwankun-
gen. Ein kleiner Fisch, die Elritze, kann den Geschmack
einer Zuckerlösung noch in lOOmal größerer Verdün-
nung erkennen als wir. Gewisse Schmetterlinge, die mit
den Fußspitzen schmecken, übertreffen sogar die Emp-
findlichkeit der menschlichen Zunge um mehr als das
lOOOfache.
Bei den Bienen ist das Naschen sozusagen eine Le-
bensaufgabe. Denn der Blütennektar ist ja im wesentli-
chen Zuckersaft und wird von ihnen auf Grund seiner
Süße erkannt und aufgenommen. Wer nun meint, sie
müßten für diesen Geschmack besonders empfindlich
sein, ist allerdings im Irrtum. Das Gegenteil ist der Fall.
Eine Rohrzuckerlösung von etwa 2 %, die für uns noch
sehr deutlich süß schmeckt, können sie nicht von reinem
Wasser unterscheiden.
Um diese Gegensätze anschaulich zu machen, habe
ich in Abb. 62 eine Flasche mit 1 Liter Wasser und dane-
ben jene Zuckermengen Photographiert, die in der Was-
sermenge gelöst sein müssen, damit der geschmacksemp-
findlichste Schmetterling, den wir kennen, damit eine
Elritze, ein Mensch mit seiner Zunge und eine Biene mit
ihrem Rüssel das Wasser eben als süß erkennen. Ein
Schmetterling kann jede geringste Zucker menge für seine
Ernährung auswerten. Bienen sammeln aber Nektar als
Wintervorrat. Wie die Hausfrau beim Einkochen von
Früchten nicht mit Zucker sparen darf, weil sich sonst
Schimmel bildet, so darf die Biene keinen dünnen Honig
in ihren Zellen als Vorrat einlagern. Bei ihrer Stumpfheit
gegenüber dem Süßgeschmack kommt sie gar nicht in
94
Abb. 62. Die Flasche enthält 1 Liter Wasser. Daneben sind die
Zuckerhäufchen aufgeschüttet, die in dieser Wassermenge gelöst
sein müssen, damit für einen besonders empfindlichen Schmetter-
ling (a), für einen Fisch (Elritze b), für den Menschen (c) und für
die Biene (d) ein Süßgeschmack eben merklich wird.
95
uns bereits völlig ungenießbar macht, noch mit bemer-
kenswertem Behagen. Auch für andere Bitterstoffe sind
sie weit weniger empfindlich als wir.
So ließen sich noch manche Abweichungen in ih-
rem Geschmack aufzählen. Doch da wir kein Kochbuch
für Bienen verfassen wollen, mag es hiermit sein Bewen-
den haben.
Es gibt aber noch eine Besonderheit der Ge-
schmacksempfindung bei Bienen, die unsere Bewunde-
rung verdient, da sie sich ausschließlich nach dem Be-
dürfnis des Volkes richtet. Die in Abb. 62 angedeutete
Schwelle für den Süßgeschmack gilt für die einzelne Biene
nur relativ. Bestimmt man die Annahmeschwelle das gan-
ze Jahr über, dann muß man im Mai/Juni, zur Haupt-
trachtzeit, wo Nektar in Hülle und Fülle auf den blühen-
den Wiesen und Gärten angeboten wird, eine hochkon-
zentrierte Zuckerlösung anbieten, nämlich 1 mol, wobei
man 34 g Zucker auf 100 ccm auffüllt. Ab Juli wird
unsere Biene am Futterschälchen immer anspruchsloser,
man darf jetzt bis September das Doppelte, das 4fache, ja
das 16fache an Wasser zufügen, so daß wir als Grenz-
schwelle 1/2 mol, 1/16 mol, 1/32 mol anbieten. Diese
wäßrige Lösung wird jetzt genau so gierig gesaugt wie die
1-mol-Lösung im Mai. Hier zeigen uns die Bienen eine
einzigartige soziale Anpassung an die jeweiligen Bedürf-
nisse des Volkes. Nicht das individuelle Geschmacksemp-
finden bestimmt, ob eine Futterlösung angenommen
wird, nein, der tägliche Speisezettel, ob reich oder mager,
gibt die Anweisung. Über dessen Qualität und Quantität
sind die Stockbienen untereinander orientiert, da sie beim
ständigen Futteraustausch die eingebrachten Nektarpro-
ben unter sich weitergeben. Im Mai/Juni kann eben unse-
re Zuckerlösung mit dem hochkonzentrierten reichen
Nektar der natürlichen Tracht nicht konkurrieren, daher
wird diese Zuckerlösung von den Stockbienen den Sam-
96
melbienen nur zögernd abgenommen. Im Herbst aber,
wo die Tracht immer mehr zurückgeht, ist auch eine
verdünnte Zuckerlösung noch willkommen; sie wird
nach Eindickung für die Speicherung des Wintervorrates
dringend benötigt.
97
entsprechende Vergällung für den Menschen als Ge-
nußmittel unbrauchbar gemacht werden.
Man hat viele Vergällungsmittel versucht. Die mei-
sten erwiesen sich als ungeeignet. Erst eine genaue Kennt-
nis vom Geschmackssinn der Bienen führte einen Weg,
der eine gute Lösung dieses alten Problems bedeutet. Es
war naheliegend, sich die Unterempfindlichkeit der Bie-
nen für den Bittergeschmack zunutze zu machen. Unter
den geprüften Stoffen war einer dadurch aufgefallen, daß
er, für den Menschen schon in geringsten Spuren von
ekelerregender Bitterkeit, für die Bienen so gut wie ge-
schmacklos ist. Vom Standpunkt des Chemikers ist diese
Substanz (mit dem Namen Octoacetylsaccharose) nichts
anderes als Zucker, der sich mit Essigsäure verbunden
hat. Die Essigsäurebestandteile machen ihn für den Men-
schen bitter, für die Bienen geschmacklos. Seiner Ver-
wendung als Vergällungsmittel stand sein ho her Preis
entgegen. Doch gelang nach einem neuen Verfahren die
billige Herstellung dieses Stoffes. Er erhielt den Fabrikna-
men Oktosan.
Wenn man große Mengen Zucker auch nur mit
Spuren dieses Bitterzuckers vermischt, werden sie für den
menschlichen Genuß unbrauchbar. Die Bienen aber trin-
ken solches Zuckerwasser ohne jede Hemmung. Daß
weder sie noch ihre Brut dadurch Schaden nehmen wür-
den, war bei der chemischen Natur des Oktosans von
vornherein zu erwarten und hat sich in jahrelangen Ver-
suchen bestätigt. Auch für den Menschen ist es völlig
unschädlich. Das ist wichtig. Denn gelegentlich können
Reste des Fütterungszuckers in die Ware geraten, die zum
Verkauf bestimmt ist.
Verbitterten Honig würden die Kunden entrüstet
ablehnen. Doch zersetzt sich das Oktosan im Honig wie-
der in seine Bestandteile, in Zucker und unmerkliche
Spuren von Essigsäure, so daß es den bitteren Geschmack
98
verliert. Es ist, als wäre diese chemische Verbindung ei-
gens geschaffen, um die Steuerbehörde wie die Imker-
schaft in jeder Hinsicht zu befriedigen.
Bei seiner Harmlosigkeit wird heute auch von Ärz-
ten Oktosan statt Chinin empfohlen, um Kindern das
Daumenlutschen abzugewöhnen.
99
9 Die Augen der Bienen
und ihre Leistungen
_ Farbensehen
100
Abb. 63. Bienen, die zuvor auf einem blauen Papier bei " gefüt-
tert worden sind, suchen auf einem reinen blauen Papier (links)
nach dem Futter, während sie ein rotes Papier (rechts) unbeachtet
lassen.
101
Abb. 64. Nachweis des Farbensehens. Ein Blaupapier zwischen
Graupapieren verschiedenster Helligkeit. Auf jedem Blatt steht ein
leeres Glasschälchen. Die auf Blau dressierten Bienen beweisen
durch ihr Verhalten, daß sie die Farbe von den Grauabstufungen
unterscheiden.
102
8{)()nm
Ral
6~1~
6rtin
~~~~==3:lJ81{/1l
Wo/th
'llJOnm
103
Wellenlängen sehen wir rot. Absolut genommen sind
freilich auch diese »großen« Lichtwellen noch so klein,
daß man sie in nm l (= Millionstel Millimeter) mißt. Vom
Rot mit einer Wellenlänge von 800 nm reicht das farbige
Band bis zum Violett, wo bei einer Wellenlänge von
400 nm die Sichtbarkeit für unser Auge endet. Das Son-
nenlicht enthält aber noch kürzerwellige, eben die ultra-
violetten Strahlen. Für das Bienenauge wird das Licht erst
bei 300 nm unsichtbar. Das Ultraviolett erscheint ihm in
einem besonderen Farbton und ist für Bienen noch dazu
die hellste und leuchtendste Farbe des ganzen Spektrums.
Wenn man die durch Zerlegung weißen Lichtes
gewonnenen Farben wieder zusammenbringt, so entsteht
für unser Empfinden neuerdings weißes Licht. Der glei-
che Eindruck von Weiß läßt sich auch erzeugen, wenn
man nur die 3 »Grundfarben« Rot, Grün und Blau aus
dem Spektrum herausfängt und im richtigen Verhältnis
miteinander mischt2 , oder wenn man mit bestimmten
Farbpaaren (Komplementärfarben, z.B. Rot und Blau-
grün) ebenso verfährt.
Die Farben des Spektrums gehen von Rot über
Gelb, Grün, Blaugrün, Blau und Violett in feinen Abstu-
fungen allmählich ineinander über. Die Enden, Rot und
Violett, lassen sich auch anders herum durch Zwischen-
stufen verbinden, wenn man rote und violette Lichtstrah-
len zu verschiedenen Anteilen mischt. Es entstehen so die
104
Farbenkreis
des
Menschen
900nm
a
500 nm
105
Mischung erzeugen läßt und mit keiner Farbe Ähnlich-
keit hat. Auch für sie entstehen neue, im Spektrum selbst
nicht enthaltene Farbtöne, wenn man Lichtstrahlen aus
den Endbezirken des Bienenspektrums (Gelb und Ultra-
violett) miteinander mischt; in Anlehnung an die mensch-
liche Farbenlehre kann man von »Bienenpurpur« spre-
chen (vgl. Abb. 66b). Orangerot, Gelb und Grün sind für
Bienen einander ähnlicher als für uns, desgleichen Blau
und Violett, während im Grenzbereich gegen das Ultra-
violett neue, uns fremde, für Bienen scharf abgehobene
Farbtöne entstehen (»Bienenviolett« ).
Daß sich durch Mischung von drei verschiedenen
Spektralfarben Weiß und Grau sowie sämtliche Farbtöne
erzeugen lassen, kann man durch die Annahme dreier
verschiedener Arten von Farbsinneszellen erklären. Diese
von Helmholtz für den Menschen angenommene Theorie
des Farbensehens hat sich jetzt, rund 100 Jahre später,
durch Versuche am Bienenauge als richtig erwiesen. Wie
bei den Fühlersinnesorganen (S. 89) war es mit einer
minutiös ausgearbeiteten elektrophysiologischen Tech-
nik auch am Auge möglich, die Erregungsvorgänge in
einzelnen Sinneszellen zu beobachten und zu messen. Es
gibt tatsächlich drei verschiedene Typen, deren größte
Empfindlichkeit entweder im Gelb oder im Blau oder im
Ultraviolett liegt. Auch für das menschliche Auge gelang
etwa gleichzeitig mit einer anderen Methode der gleiche
Nachweis.
Im Ganzen hat das Farbensehen der Bienen mehr
Ähnlichkeit mit dem unseren, als man dachte. Der Haup-
tunterschied liegt in ihrer Unempfindlichkeit für Rot und
ihrer außerordentlichen Empfindlichkeit für Ultraviolett.
Was sie beim Anblick der Farben wirklich wahrnehmen,
davon können wir uns freilich keine Vorstellung machen.
Kennen wir doch nicht einmal das innere Erlebnis unse-
res Nächsten, wenn er die Farben mit gleichen Namen
106
benennt wie wir. Denn keines Menschen Auge hat noch
je in die Seele eines anderen geschaut.
107
Abb. 68. Die unscheinbare
.....010..._ _ _ _;.--1 weibliche Blüte des Haselnuß.
108
Farben der Blumen für das Auge ihrer Bestäuber berech-
net sind, dann darf man eine Beziehung zwischen den
Besonderheiten im Farbensinn der Blumengäste und der
Beschaffenheit der Blumenfarben erwarten. Das ist nun
auf das deutlichste verwirklicht.
Schon lange, bevor man über den Farbensinn der
Bienen etwas Näheres wußte, ist den Botanikern aufge-
fallen, wie selten rein rote Blumen in unserer Flora vor-
kommen. Das ist aber gerade die einzige Farbe, die auf
das Bienenauge nicht als Farbe wirkt und daher die Blu-
men für die Augen ihrer Bestäuber nicht auffällig machen
würde; die meisten sogenannten »roten« Blumen unserer
Flora, Heidekraut und Alpenrosen, roter Klee, Zyklamen
usw., haben nicht jenes reine Rot, von dem hier die Rede
ist, sondern ein mit Blau vermengtes Purpurrot.
Vielleicht ist es den Pflanzen schwer, eine schar-
lachrote Blütenfarbe zu erzeugen? Das kann nicht sein,
denn bei tropischen Gewächsen, die z. T. wegen ihrer
sonderlichen Blumenfarben in unseren Treibhäusern und
Gärten gerne als Zierpflanzen gehalten werden, sind
scharlachrote Blütenfarben ungemein häufig. Aber gera-
de jene leuchtend roten Blumen der Tropen werden - was
auch den Blütenbiologen schon lange bekannt war -
nicht durch Bienen, überhaupt nicht durch Insekten be-
stäubt, sondern durch kleine Vögel, durch die Kolibris
und Honigvögel, die im Fluge vor der Blüte schwebend
mit ihrem langen Schnabel den reichlich abgesonderten
Nektar saugen (Abb. 69); und es hat sich herausgestellt,
daß jenes Rot, für das die Bienenaugen blind sind, für das
Vogelauge eine leuchtende Farbe ist.
Eine weitere Beziehung zwischen Blumenfarben
und Blumengästen ist längst bekannt und viel besprochen
gewesen, bevor sie durch Versuche der vergangenen Jah-
re ihre Aufklärung gefunden hat: die wenigen Blumen,
die sich in unserer heimischen Flora einer rein roten
109
Abb. 69. Ein Kolibri besucht eine echt rote Vogelblume.
110
Abb. 70. Diese roten
Mohnblumen erscheinen
dem Bienenauge in ul-
travioletter Farbe.
111
a
c
Abb. 71. Blüten von a Schotendotter (Erysimum helveticum), b
Raps (Brassica napus) und c Ackersenf (Sinapis arvensis), links in
gelbem Licht, rechts in ultraviolettem Licht photographiert. Die
verschieden starke Ultraviolett-Reflexion bewirkt für das Bienen-
auge deutlich verschiedene Farbänderungen der für uns gleichar-
tig gelben Blüten.
112
gen, ultravioleggen Strahlen aus dem Sonnenlicht heraus-
filtern. Wir bemerken es nicht, ob ein für uns weißes
Licht Ultraviolett enthält oder nicht. Aber dem ultravio-
lettempfindlichen Bienenauge erscheint ein »Weiß«, aus
dem das Ultraviolett weggenommen ist, nach den Geset-
zen der Farbenmischung in der Komplementärfarbe des
Ultraviolett: »Blaugrün«. Das ist deshalb bedeutungsvoll,
weil für die Bienen »weißes« Licht, gemischt aus allen für
sie wahrnehmbaren Farben (also das Ultraviolett einge-
schlossen), weniger einprägsam ist als farbiges Licht.
Eine Dressur auf solches Weiß bereitet gewisse Schwie-
rigkeiten - und in der Blumenwelt suchen wir es vergeb-
lich. Wo für uns die weißen Sterne der Gänseblümchen in
der Wiese stehen, da leuchten den Bienen blaugrüne
Sternchen entgegen. Weiße Apfelblüten, weiße Glocken-
blumen, weiße Winden, weiße Rosen, sie alle haben für
ihre farbenfrohen Gäste ihr farbiges Wirtshausschild.
Verdanken hier die Blumenblätter ihr buntes Kleid
dem Fehlen von ultraviolettem Licht, so wird in anderen
Fällen sein Hinzutreten zum Anlaß eines Farbenzaubers,
der uns verborgen bleibt. So sind z.B. die gelben Blüten
des Schotendotters (Erysimun belveticum), des Raps
(Brassia napus) und des Ackersenf (Sinapis arven cis) für
uns kaum unterscheidbar nach Farbe und Gestalt. Die
Bienen könnten uns auslachen! Für sie ist nur der Scho-
tendotter »gelb«. Die Rapsblüten werfen auch ein wenig
Ultraviolett zurück und erhalten dadurch eine leichte
»Purpur«-Tönung (vgl. S. 105). Der Ackersenf, dessen
Blumenblätter viel Ultraviolett reflektieren, gewinnt da-
durch ein tiefes »Purpurrot« für das Bienenauge, dem die
Unterscheidung aller drei Arten nachweislich ein Leichtes
ist. Abbildung 71 zeigt die genannten drei Blüten links
durch einen Filter aufgenommen, das nur gelbes Licht
durchläßt, rechts durch ein Ultraviolettfilter. Man sieht,
daß gelbes Licht von allen drei Blüten gleichmäßig zu-
113
Abb. 72. Blüte der Primel (Primula acaulis) mit
Saftmal.
114
a b
c
Abb. 73. Blüteund Blätter des kriechenden Fingerkrautes (Poten-
tilla reptans) a in gelbem, b in blauem, c in ultraviolettem Licht
photographiert. Die für uns rein gelbe Blüte reflektiert stark im
Gelb, nicht im Blau und - nur an den äußeren Teilen der Blumen-
blätter - stark im Ultraviolett. So entsteht ein für uns unsichtba-
res Saftmal, rein gelb in »purpur«-farbiger Umgebung. - Die
Laubblätter sind infolge gleichmäßiger, schwacher Reflexion in
den 3 Grundfarbbereichen der Bienen für diese fast farblos. - Die
mit photographierten Graustufen, im Bild unten, dienen zur pho-
tometrischen Bestimmung der Reflexion.
115
tensorten mit prachtvollen Saftmalen zu entdecken, als
deren unser ultraviolettblindes Auge ohne weiteres ge-
wahr wird. Den Anblick, der sich dem Bienenauge bietet,
kann man sich dadurch anschaulich machen, daß man
die Blüten durch drei Farbfilter photographiert, deren
Durchlässigkeit den drei Grundfarbbereichen des Bienen-
auges entspricht. So zeigt Abb. 73 die für uns einheitlich
gelbe Blüte des kriechenden Fingerkrautes (Potentilla
reptans): Die Helligkeit der Blumenblätter in der Aufnah-
me durch das Gelbfilter zeigt, daß das Gelb stark und
gleichmäßig zurückgeworfen wird; ihre Dunkelheit im
Bild rechts oben (Blaufilter) läßt erkennen, daß die blau-
en Lichtstrahlen verschluckt werden; die Aufnahme
durch das Ultraviolettfilter (unten) enthüllt die überra-
schende Erscheinung eines für uns unsichtbaren Saftma-
les: Die äußeren Teile der Blütenblätter reflektieren das
Ultraviolett, sie geben also die Mischfarbe von Gelb und
Ultraviolett, »Bienenpurpur« . Die inneren Teile ver-
schlucken das Ultraviolett, so daß für das Bienenauge ein
rein gelbes Saftmal in purpurfarbiger Umgebung ent-
steht. Wie wirksam auch solche, für uns verborgene Saft-
male sind, ließ sich durch Bienenversuche nachweisen.
An Abb. 73 kann man eine weitere Tatsache fest-
stellen, die eigentlich der ganzen Blumenpracht erst ihren
tieferen Sinn gibt. Mit der Blüte sind auch einige grüne
Blätter photographiert. Sie reflektieren das Licht in den 3
Grundfarbbereichen der Biene ziemlich gleichmäßig, nur
im Gelb ein klein wenig mehr. Das gilt auch für andere
Laubblätter und bedeutet, daß das uns grün erscheinende
Laub für die Biene fast farblos grau mit blaßgelblicher
Tönung ist. Aus diesem unbunten Hintergrund werden
für sie die bunten Blüten um so kräftiger herausleuchten.
Der Naturfreund wird sich die Freude an den Blu-
men nicht nehmen lassen, auch wenn er erkennt, daß sie
für andere Augen bestimmt sind.
116
Vom Bau der Augen
üb ein Auge farbenblind ist oder Farben sieht,
können wir ihm auch bei aufmerksamer Zergliederung
nicht ansehen. üb es aber die Formen der Gegenstände
scharf oder unscharf sieht, dies steht mit seinem gröberen
Bau in engem Zusammenhang und ermöglicht es dem
Anatomen, oft schon nach dem Äußeren eines Auges zu
beurteilen, ob es etwa von einem kurzsichtigen Menschen
stammt.
Wenn wir aber das Auge der Biene zergliedern in
der Erwartung, seine Leistungsfähigkeit an seinem Bau
zu erkennen, dann lassen uns alle am menschlichen Auge
gewonnenen Erfahrungen im Stich. Denn es ist völlig
anders gebaut. Für den Naturforscher liegt ein besonde-
rer Reiz darin, den Mitteln und Wegen nachzuspüren,
wie die Natur bei so grundverschiedenen Wesen, den
Bienen und Menschen, auf durchaus verschiedene Weise
doch dasselbe Ziel erreicht.
Die Feinheiten in der Konstruktion des Insektenau-
ges sind so mannigfach, daß sie den Bau des menschli-
chen Auges in den Schatten stellen. Ein genaues Ver-
ständnis ist nur durch ein ernstes Studium möglich und
hätte mancherlei Erörterungen, auch physikalischer Art,
zur Voraussetzung. Doch der grundlegende Gegensatz im
Bauplan der beiden Augen läßt sich mit einigen Worten
klarstellen.
Das Auge des Menschen ist einem photographi-
schen Apparat vergleichbar. Dem Loch in der Vorder-
wand der Kamera entspricht das Sehloch im menschli-
chen Auge, die Pupille. So wie der Photograph bei großer
Helligkeit durch Verengung der Irisblende das Übermaß
von Licht abdämpft, so zieht sich im Sonnenlicht die
Regenbogenhaut (die »Iris«) zusammen, verengt die Pu-
pille und schützt das Innere des Auges vor übergroßer
117
Abb. 74. Auge des Menschen. N Netzhaut, S Sehnerv (weitere
Erklärung im Text).
118
blickes auf der Platte festgehalten und sozusagen konser-
viert. Die Stelle der photographischen Platte nimmt in
unserem Auge die Netzhaut ein, durch deren Vermittlung
uns das Bild mit allen Verteilungen von Licht und Schat-
ten bewußt wird, in jedem Augenblick neu entstehend
und vergehend im Wechsel des Geschauten. Jene Netz-
haut besteht in ihrem wichtigsten Teil aus einem feinsten
Mosaik stäbchenfärmiger Elemente, deren jedes so
schmal ist, daß erst mehrere hundert nebeneinander die
Strecke eines Millimeters füllen; sie sind durch Nervenfa-
sern mit dem Gehirn in Verbindung. Die Summe dieser
Nervenfasern macht den starken Sehnerv aus, der vom
Auge zum Gehirn zieht. Erst in diesem entsteht die be-
wußte Empfindung - von einem einzelnen Punkt aus, der
aus dem nächtlichen Dunkel aufleuchtet, in gleicher Wei-
se wie von der unendlichen Zahl von Einzelpünktchen,
die in der Tageshelle unser Gesichtsfeld ausfüllen und zu
einem einheitlichen Bild des Gesehenen miteinander ver-
schwimmen. Zuweilen hat man sich gefragt, warum uns
die Welt nicht auf dem Kopf zu stehen scheint, da doch
ihr Bild auf unserer Netzhaut verkehrt ist; diese Frage hat
schon deshalb keinen Sinn, weil uns das Bild nicht in der
Netzhaut, sondern im Gehirn bewußt wird, wohin die
vielen Sehzellen ihre Meldung in Form von elektrischen
Potentialen liefern; dabei liegen die einzelnen Bildpunkte
längst wieder anders zueinander, wie es der Verlauf der
einzelnen Nervenfasern mit sich bringt.
Daß auch beim Menschen erst im Gehirn die Zu-
ordnung der einzelnen Bildpunkte sinngemäß erfolgt,
kann man überzeugend nachweisen, wenn man sich eine
sog. Umkehrbrille aufsetzt, die momentan unsere gesam-
te Umwelt auf den Kopf stellt. Nach wenigen Tagen wird
es gelingen - in Zusammenarbeit mit dem Gleichge-
wichtsorgan, das den aufrechten Gang überwacht -, die
verkehrte Umwelt umzustellen, so daß die Bäume und
119
--- -- -- -- ---
-----
ß ~.:.:.----
-------------~-- - ~~~~~~~
-K
-. H
120
Abb. 76. Schnitt durch das
Auge einer Biene. H Horn-
haut, K Kristallkegel,
N Netzhaut. Im oberen Au-
genbereich hat sich bei der
Konservierung an einer klei-
nen Stelle die Hornhaut von
der Schicht der Kristallkegel
etwas abgehoben.
121
Abb. 77. a Das
Auge einer Biene ist
aus ca. 5000 Augen-
keilen, sog. Ommati-
dien zusammenge-
setzt. bAusschnitt
aus einem Libellen-
auge. Hier sind die
einzelnen Ommatidi-
en deutlich erkenn-
a bar.
122
Netzhautstäbe zusammen bilden die Netzhaut. Ein sol-
ches Feldchen samt anschließendem Röhrchen und zuge-
hörigem Netzhautstab nennt man einen Augenkeil. Das
Auge einer Arbeitsbiene ist nun aus rund 5000 dicht
aneinanderliegenden Augenkeilen aufgebaut, die alle -
und das ist wichtig - in der Längsrichtung ein bißchen
nach innen gegeneinander geneigt verlaufen, so daß nicht
zwei von ihnen genau gleich gerichtet sind (Abb. 77).
Jedes dieser Röhrchen ist seitlich rundum mit einer
schwarzen, lichtundurchlässigen Schicht umgeben, so
wie ein Bein vom Strumpf umhüllt ist.
Denken wir uns wieder im Gesichtsfeld des Auges
einen leuchtenden Punkte (A), der nach allen Seiten
Lichtstrahlen aussendet, so werden diese Strahlen auch
auf die ganze Oberfläche des Auges treffen. Aber nur in
jenem Augenkeil, in dessen Richtung der Punkt liegt,
werden die Strahlen bis zum Sehstab gelangen (a). Die
anderen, etwas schräg getroffenen Augenkeile ver-
schlucken die Lichtstrahlen mit ihren schwarzen
Strumpfhüllen, bevor sie bis zur lichtempfindlichen Netz-
haut gekommen sind. Ein anderer, höhergelegener Punkt
B liegt in der Blickrichtung eines höherliegenden Augen-
keiles, ein tiefergelegener Punkt (C) wird durch einen
entsprechend tieferliegenden Augenkeil aufgefangen und
zur Netzhaut geleitet (Abb. 75). Dies gilt nun für die
zahllosen Punkte, aus denen ein Gegenstand zusammen-
gesetzt gedacht werden kann. Jeder Augenkeil sticht
gleichsam ein winziges Teilchen, das in seiner Blickrich-
tung liegt, aus dem gesamten Gesichtsfeld heraus. Wie
aus der Abbildung unmittelbar hervorgeht, entsteht in
solcher Art kein verkehrtes Netzhautbild wie im Linsen-
auge, sondern ein aufrechtes. Dieser Gegensatz ist viel
besprochen worden. Er hat aber an sich keine wesentli-
che Bedeutung; er ergibt sich daraus, daß bei der Biene
der Inhalt des ganzen Gesichtsfeldes schon an der Augen-
123
oberfläche in ein Mosaik kleinster Bildteilchen zerlegt
wird, die durch die Augenkeile einzeln den Netzhaut-
stäbchen und von hier dem Gehirn zugeleitet werden;
dagegen entwirft bei unserem Auge die Linse ein einheit-
liches, verkehrtes Bild, das erst durch die Netzhaut-
stäbchen selbst in ein Mosaik zerlegt und dem Gehirn
weitergegeben wird. Da wie dort ist es Aufgabe des Ge-
hirns, die Mosaiksteinehen des Netzhautbildes zum gei-
stigen Gesamtbild zusammenzufügen.
Die Zeichnung Abb. 75 ist vergrößert und verein-
facht, um die Bildentstehung deutlich zu machen. Wie
zahlreich, wie zierlich und regelmäßig die Augenkeile in
Wirklichkeit aneinandergefügt sind, davon mag Abb. 76
eine Vorstellung geben. Sie zeigt einen Schnitt durch das
Auge einer Biene durch ein Mikroskop photographisch
aufgenommen.
124
Abb. 78. Ausblick aus einem Fenster,
gesehen durch das Auge eines Leucht-
käferchens: Mikrophotographie des
Netzhautbildes im Auge eines Leucht-
käferchens (120fach vergrößert).
Durch das Bogenfenster ist eine Kir-
che zu sehen. Auf einer Fensterscheibe
ist ein aus schwarzem Papier geschnit-
tener Buchstabe Raufgeklebt.
125
---- -- -- _.. - - .. .1-----=
126
Abb. 80. Figuren, die von den Bie-
nen leicht und sicher unterschieden
':' ~
werden.
c·
'.•• •••--280
190
2••
3
•
• .:.:.:
••••
••
••.
•••• •••••
•
• ••••••
360
.: .....
• • 560
.1 B:
115
Abb. 81. Für die Unterscheidung verschiedener Muster ist für das
Bienenauge nicht - wie beim Menschen - die figurale Qualität,
sondern die figurale Intensität wichtig.
127
sind rechts und links starr am Kopf festgewachsen und
nach allen Richtungen gestellt (vgl. Abb. 75, S. 120). Im
Flug wechseln fortwährend und sehr rasch die Eindrücke,
welche die Einzelaugen von den vorüberziehenden Ge-
genständen empfangen.
Wenn wir in einem finsteren Raum eine rasche
Folge Lichtblitze aufleuchten lassen, so haben wir den
Eindruck von flimmerndem Licht. Folgen mehr als 20
Lichtblitze im Zeitraum einer Sekunde aufeinander, so
kann sie unser Auge nicht mehr getrennt wahrnehmen,
sie verschmelzen zum Eindruck dauernder Helligkeit.
Das macht sich ja das Filmtheater zunutze, indem es in
jeder Sekunde 22 bis 25 Einzelbildchen des Filmstreifens
aufeinander folgen läßt und hiermit unserem Auge eine
ununterbrochene Bewegung vortäuscht; wir bemerken
nicht, daß jeweils für den Bruchteil einer Sekunde Dun-
kelheit herrscht, während das Band von einem Bild zum
nächsten weiter transportiert wird. Gäbe es im Bienen-
staat ein Kino, so müßte der Apparat den Bienen mehr als
200 Einzelbildchen in jeder Sekunde vorführen, damit sie
sich nicht über »Flimmern« beklagen. Ihr Auge kann in
der gleichen Zeit etwa 10mal so viele Einzelheiten ge-
trennt wahrnehmen als unser Auge. Es ist dadurch zum
Sehen von Bewegungen besonders tauglich und glänzend
geeignet, die rasch wechselnden Eindrücke zu erfassen,
wenn ruhende Dinge beim Flug vor ihren Augen vorüber-
ziehen. Das geringe räumliche Auflösungsvermögen (s.
S. 126) wird durch ein hervorragendes zeitliches Auflö-
sungsvermögen ausgeglichen. Es ist daher verständlich,
daß sie nicht so sehr auf ruhige Formen und geschlossene
Flächen achten wie auf die Änderungen im Sehfeld, und
daß ihnen reich gegliederte Licht- und Farbmuster vor
allem einprägsam sind.
128
Die Wahrnehmung
von polarisiertem Licht
Die meisten Menschen wissen nichts von »polari-
siertem Licht«. Sie interessieren sich auch nicht dafür,
weil wir es ohne besondere Hilfsmittel nicht wahrneh-
men.
In der Schule haben wir gelernt, daß man das Licht
als eine Wellenbewegung auffassen kann, die sich mit
ungeheurer Geschwindigkeit durch den Raum fort-
pflanzt, daß hierbei die Schwingungen quer zur Fort-
pflanzungsrichtung der Lichtstrahlen vor sich gehen
(transversale Wellen), und daß im natürlichen Licht der
Sonne die Schwingungsebene eine beliebige sein kann
und fortwährend rasch und in ungeordneter Weise wech-
selt. In Abb. 82a versinnbildlicht der Punkt einen gerade
auf uns zukommenden Lichtstrahl, die Striche deuten
einige der vorkommenden und einander ablösenden
Schwingungsrichtungen an. Bei polarisiertem Licht sind
die Schwingungen in bestimmter Weise ausgerichtet und
liegen alle in einer Ebene (Abb. 82b).
Polarisiertes Licht ist in der Natur durchaus nichts
Seltenes. Sonnenlicht, das von einem Spiegel, von einer
Wasserfläche oder von der nassen Straße zurückgewor-
fen wird, ist teilweise (unter Umständen sogar vollstän-
dig) polarisiert; der blaue Himmel ist reich an polarisier-
tem Licht; wir bemerken es nicht, weil für unser Auge
zwischen natürlichem und polarisiertem Licht kein Un-
" 1/
t •
Abb. 82. Schema zur Erklärung des
Unterschiedes zwischen a natürli-
chem und b polarisiertem Licht (vgl.
~*---
/ I '....
l
I
I
I
JI I
Text). t
129
Abb. 83. Polarisationsfolien, an welchen die Schwingungsrich-
tung durch die Doppelpfeile angegeben ist, werden in verschiede-
ner Stellung zur Deckung gebracht. Zunehmende Auslöschung
des Lichtes.
130
MN\~
a
131
a b
Abb. 85. Blick durch die Sternfolie: a gegen eine helle Fläche, die
natürliches Licht aussendet, b gegen eine helle Fläche, von der po-
larisiertes Licht kommt, dessen Schwingungsrichtung durch den
Doppelpfeil angegeben ist.
132
,,
- linse ! ~~~
,,
Kr istall - /
kegel ./
-------- -,
i.- Sehze ll e
_
Rhabdom
A~on
133
Abb. 87. a Ausgeschnittenes Querscheibchen aus den Sinneszel-
len entsprechend Abb. 86b, um die Feinstruktur der Sehstäbchen
zu zeigen; eine von den Sinneszellen ist bis auf ihr Sehstäbchen
entfernt. b Ausschnitt aus einem Sehstäbchen, noch stärker ver-
größert (87b nach Goldsmith u. Philpott).
134
N
s
Abb. 88. Die Schwingungsrichtung des polarisierten Lichtes
(Doppelpfeile) am blauen Himmelsgewölbe. Die Sonne steht süd-
östlich 30° über dem Horizont. Zahlen: Polarisation des Lichtes
in Prozent. Die punktierten Linien verbinden Stellen gleichen Po-
larisa tionsgrades.
135
Abb. 89. Eine Biene blickt von der Erde aus (aus dem Feld n auf
das blaue Himmelsgewölbe. Richtung und Intensität der Polarisa-
tion (in Doppelpfeilen dargestellt) erscheinen als typisches Polari-
sationsmuster, das um die Sonne angeordnet ist. S Sonne, Ms
Sonnenmeridian, A Großkreis durch die Sonne, Ha Höhenkreis.
136
Abb. 90. Die Sternfolie ist in einem Metallrahmen so montiert,
daß sie gegen jede Himmelsrichtung und auf jede Höhe eingestellt
werden kann. Himmelsrichtung und Neigung lassen sich an zwei
Teilkreisen ablesen.
137
,Yo,ti 'Yo,dosl O!I Siidosl
138
1/1 000 mm
Abb. 92. Querschnitt durch den Sehstab im Einzelauge einer Bie-
ne. Von den acht Sinneszellen (1-8) sind nur die innersten Teile
mit den Sehstäbchen sichtbar. Von diesen sind je zwei benachbar-
te miteinander verschmolzen, ihre feinen Röhrchen (als Streifung
erkennbar) gleich ausgerichtet. Elektronenmikroskopische Auf-
nahme, 29 OOOfache Vergrößerung.
139
sinnvoll;denn nur Himmelslicht, nicht aber das von der
Erde reflektierte Licht wnthält großflächig ultraviolette
Anteile.
Zur Funktion der Brille. Wenn die Biene mit ihrer
Längsachse parallel zum Sonnenmeridian (der Senkrech-
ten vom Zenit durch die Sonne auf den Horizont) ausge-
richtet ist, zeigt die Polarisationsbrille mit dem Muster
ihrer Detektoren die bestmögliche Übereinstimmung mit
dem Polarisationsmuster des Himmels. Die Brille wird
dann maximal gereizt, und die der Brille nachgeschalte-
ten Riesennervenzellen feuern maximal. Dreht sich die
Biene um einen bestimmten Winkelbetrag aus dieser ma-
ximalen Einstellung heraus, sinkt die Güte der Deckung
zwischen dem Muster der Detektoren und dem Muster
der Polarisationsrichungen am Himmel deutlich, und die
Nervenzellen hinter der Brille vermindern ihre Impulsra-
te. Sehr vereinfacht ausgedrückt, ist also jeder Kom-
paßrichtung ein bestimmter Erregungswert der Polarisa-
tionsbrille und ihrer nachfolgenden Nervenzellen zuge-
ordnet.
Durch Drehen um ihre Hochachse kann das Tier
also das Himmelsmuster »abscannen« und aus dem je-
weiligen Erregungswert der »Kompaßneuronen « die je-
weilige Himmelsrichtung bestimmen (in der Fachsprache
heißt das »Scanning-Methode«.
Um auch bei verdeckter Sonne den Winkel zwi-
schen Sonnenstand und Zielrichtung auszumachen, muß
der freie blaue Himmelsfleck mindestens eine Fläche von
über 10 0 sichtbar machen; ein kleinerer Ausschnitt würde
das gleiche Polarisationsmuster an einer anderen Him-
melsstelle, nämlich 180 0 gegenüber zeigen. An Hand von
bekannten Geländemarken könnte sich die Biene selber
durchaus zum Ziel hin orientieren, aber da sie hernach
im Stock bei ihren Tänzen den Winkel zwischen Sonne
und Ziel ins Schwerefeld transportieren muß, wären auch
140
unter diesen Umstnden ihre Richtungsangaben zweideu-
tig.
So ist im Bienenauge zur Analyse des polarisierten
Lichtes eine Apparatur von staunenswerter Vollkom-
menheit entwickelt.
141
10 Das Orientierungsvermögen
142
sind geschwind. Sie brauchen nur 2 Minuten, um 1 km
weit zu fliegen. Und sie sind bei ihrem Orientierungsflug
sehr aufmerksam. Denn wenn man sie nach einem einzi-
gen Ausflug abfängt und irgendwo in der Umgebung
freiläßt, finden viele nun schon aus Abständen von meh-
reren hundert Metern nach Hause. Auf den ersten Orien-
tierungsflug folgen einige weitere, und so kennen sie bald
ihren ganzen Flugbereich, der mehrere Kilometer nach
allen Richtungen umfassen kann. An noch entlegenere
Punkte versetzt, finden auch die alten Trachtbienen nicht
zurück. Die Lage des Heimatstockes muß also erlernt
werden, so wie wir uns etwa in einer fremden Stadt beim
Verlassen unseres Gasthofes gut umsehen müssen, um
ihn wiederzufinden.
Ein weiterer Umstand paßt gleichfalls zu den Erfah-
rungen über unsere eigene Orientierungsgabe: Auch Bie-
nen können sich verirren. Wie oft es vorkommen mag,
daß solche, die noch mangelhaft orientiert sind, ihr Bie-
nenhaus überhaupt nicht wiederfinden und draußen zu-
grunde gehen, das wissen wir nicht. Aber daß sie an
einem großen Bienenhaus, dessen Stöcke ähnlich ausse-
hen, sehr oft in einen falschen Stock fliegen, das wissen
wir bestimmt. Es gibt ein einfaches Mittel, um sich davon
zu überzeugen. Wir öffnen einen Stock und zeichnen
einige hundert Insassen durch weiße Farbtupfen. Nach
wenigen Tagen kann man weißgezeichnete Tiere auch in
Nachbarstöcken und sogar noch bei recht abseits liegen-
den Völkern des Bienenhauses aus- und einfliegen sehen.
Manchen Imkern ist das bekannt und keineswegs
erwünscht. Denn nicht immer lassen die Wächter fremde
Bienen, die sie am Geruch als solche erkennen, unbehel-
ligt einziehen. Oft kommt es am Flugloch zur Beißerei
und Stecherei, es gibt tote Bienen, und es gibt zum minde-
sten verlorene Zeit, die der Imker lieber auf Honigsam-
mein verwendet sehen möchte. Ganz schlimm ist es aber,
143
wenn eine Königin bei der Rückkehr vom Hochzeitsflug
den eigenen Stock mit einem fremden verwechselt. Es ist
ihr sicherer Tod, und ihr ganzes Volk ist dem Untergang
verfallen, wenn es nicht gelingt, rasch eine Ersatzkönigin
zu schaffen.
Es ist darum ein alter Brauch vieler Bienenzüchter,
die Vorderfront der Stöcke in verschiedenen Farben an-
zustreichen, um so den Bienen das Wiedererkennen ihrer
Wohnung zu erleichtern. Das kann aber zu einem Mißer-
folg führen, wenn man mit den Augen des Menschen die
Farben auswählt, die für die Augen der Bienen bestimmt
sind. Stellt der Bienenzüchter einen gelben, grünen und
orangeroten Stock nebeneinander oder einen roten neben
einen schwarzen, dann kann er keinen Erfolg sehen, denn
für die Bienen sind solche Farben ähnlich oder gleich.
144
a
b
Abb. 93 a,b. Nachweis, daß die Bienen die Farbe ihres Stockes
zur Orientierung benutzen. a Die normale Anordnung, an welche
die Bienen gewohnt sind. Stock Nr. 4 ist bevölkert und blau mar-
kiert, Nr. 5 ist leer und gelb markiert, Nr. 2 und 3 ohne Marken
(weiß) und leer. Die Blechmarken sind auf der Rückseite mit der
Gegenfarbe gestrichen. b Stock Nr. 4 wurde durch Umdrehen der
Marken gelb gemacht, die Marken von Nr. 5 wurden umgedreht
(blau) an Stock Nr. 3 angebracht. Alle heimkehrenden Bienen zie-
hen in den unbewohnten, jetzt blauen Stock Nr. 3 ein.
145
Tagen zahllose Bienen gesetzt, als sie den Stock verließen
und als sie wiederkamen. Die Bleche haben daher einen
Bienengeruch angenommen, der auch für die menschliche
Nase deutlich wahrnehmbar ist. Würden wir die blauen
Bleche an den Nachbarstock geben und würden nun die
Bienen in den unbewohnten Stock fliegen, so wüßten wir
nicht, ob sie sich nach der blauen Farbe oder nach dem
Geruch der Bleche richten. Das haben wir uns schon
vorher überlegt, und wir haben darum die blauen Bleche
auf der Rückseite gelb, die gelben auf der Rückseite blau
gestrichen. Nun brauchen wir sie nicht auszutauschen,
sondern nur umzudrehen, um die Farbe zu ändern. Da
die anfliegenden Bienen auch auf die Nachbarstöcke ach-
ten, machen wir es so, daß die Lagebeziehung zu den
Nachbarfarben unverändert bleibt: Am bewohnten Stock
Nr. 4 drehen wir die Bleche um und verwandeln dadurch
seine blaue Farbe in Gelb. Die Bleche des rechten Nach-
barstockes nehmen wir ab und bringen sie umgedreht an
den linken Nachbarstock, der somit blau erscheint. Jetzt
bleibt die Farbenfolge erhalten, es steht links vom blauen
Stock ein weißer, rechts ein gelber, wie es die Bienen
gewohnt sind. Der Erfolg ist verblüffend: Der ganze
Schwall heimkehrender Bienen, der sich in der kurzen
Zeit, die zum Umhängen der Bleche erforderlich war, vor
dem Bienenhaus angesammelt hat, zieht, ohne einen Au-
genblick zu zögern, in den falschen Stock ein, durch die
blaue Farbe verführt, und so bleibt es auch in den folgen-
den Minuten (Abb. 93b); alle abfliegenden Bienen kom-
men aus dem gelben, alle heimkehrenden fliegen in den
blauen Kasten.
Es geht daraus klar hervor, welch entscheidender
Einfluß einem zweckentsprechenden farbigen Anstrich
für die Orientierung am Bienenstand zukommt. Was der
Versuch lehrt, bestätigt sich im großen. Streicht man auf
einem Bienenstand die Kästen in solchen Farben, daß sie
146
für das Bienenauge gut unterscheidbar sind, dann kommt
es nur mehr selten vor, daß eine Biene sich verirrt. Zeich-
net man wieder einige hundert Bewohner eines Stockes
mit Farbtupfen, so sieht man sie Tage und Wochen hin-
durch ausschließlich an ihrem Heimatstock verkehren.
Und entsprechend leicht fällt es auch der Königin, sich
beim Hochzeitsflug und bei den vorangehenden Orientie-
rungsflügen zurechtzufinden. Auf dem großen und mu-
stergültigen Bienenstand des oberbayerischen Klosters
St. Ottilien haben die Patres vom Jahr 1920 an über alle
Königinnen gewissenhaft Buch geführt. 1920 und 1921
waren die Bienenstöcke noch nicht farbig gestrichen. In
diesen beiden Jahren gingen von 21 jungen Königinnen
16 verloren. Nun wurden alle Bienenstöcke in zweck-
mäßiger, d.h. in einer dem Farbensinn der Bienen ent-
sprechenden Weise mit Farbanstrichen versehen. In den
darauffolgenden fünf Jahren kamen von 42 Jungkönigin-
nen nur mehr 3 zu Verlust.
Wenn der Imker diese Kenntnisse praktisch anwen-
den will, muß er folgendes beachten: Für die Bienen gut
unterscheidbar sind z.B. Blau, Gelb, Schwarz und Weiß.
Er muß sich auf gut unterscheidbare Farben beschränken
und muß dafür sorgen, daß zwischen zwei gleichfarbigen
Stöcken derselben Kastenreihe mindestens zwei anders-
farbige Stöcke stehen. Wo derselbe Anstrich wiederkehrt,
muß man vermeiden, daß sich auch die Farben des linken
und rechten Nachbarstockes in gleicher Anordnung wie-
derholen. Denn auch die Nachbarfarben und ihre Lage
zum Heimatstock sind Orientierungsmarken für die Bie-
nen (Abb. 94). Es ist unzweckmäßig, nur die Anflugbrett-
ehen zu streichen, vielmehr soll die ganze Vorderwand
der Bienenkästen farbig sein. Beachtet man die Bedeu-
tung des ultravioletten Lichts für den Farbensinn der
Bienen (S. 105ff.), so läßt sich die Zahl der für sie gut
unterscheidbaren Anstrichfarben von 4 auf 6 erhöhen.
147
·.
Abb. 94. Muster für zweckmäßige Farbenwahl und Farben-
anordnung, um den Bienen das Auffinden ihres Heimatstockes so
leicht wie möglich zu machen. Statt Schwarz kann auch Schar-
lachrot gewählt werden, das den Bienen schwarz erscheint.
148
Die Farbe ist nicht das einzige Orientierungsmerk-
mal für die Bienen. An unbemalten Bienenständen rich-
ten sie sich nach dem Abstand ihres Fluglochs von der
nächsten Ecke des Bienenhauses oder nach anderen opti-
schen Marken. So wird ihre optische Orientierung noch
wesentlich unterstützt, wenn man neben den Farbtafeln
schwarze Muster anbringt, z. B. eine Sternfigur, einen
Ring, ein Schachbrettmuster usw. Von großer Wichtig-
keit ist auch der Geruch, den die Arbeitsbienen in ihrem
Duftorgan erzeugen und dessen Bedeutung für die Ver-
ständigung über den Ort einer reichen Trachtquelle wir
noch kennenlernen (vgl. S. 179f.). Auch am Heimatstock
machen die Bienen von diesem Duftorgan auffälligen
Gebrauch, sobald eine Markierung ihrer Wohnung be-
sonders wichtig ist: so an den ersten Flugtagen im zeiti-
gen Frühjahr, wenn die Erinnerungsbilder über die Lage
des Stockes durch die lange Winterruhe verblaßt sind,
oder nach dem Einzug eines Schwarmes in sein neues
Heim. Im Flugspalt und auf den Anflugbrettchen sieht
man sie dann sitzen, den Kopf zum Flugloch gewandt,
den Hinterleib aufwärts gerichtet - so stülpen sie ihre
Duftfalte aus und fächeln mit schwirrender Flügelbewe-
gung den ankommenden Kameraden ihren Duft entgegen
(Abb. 95). Der Imker sagt, die Bienen »sterzeln«. Der
Sterzelduft ist bei verschiedenen Völkern derselbe, er sagt
also nur: »Hier sind Bienen« und nicht: »Hier ist dein
Volk«. Er war gewiß nützlicher bei der alten Siedlungs-
weise der Bienen, zerstreut in hohlen Bäumen des Wal-
des, als an den bei uns üblichen Bienenständen, wo die
Völker so unnatürlich zusammengepfercht sind wie die
Wohnungen der Menschen in einer Großstadt. Da kön-
nen sie sich nur - von optischen Marken abgesehen -
nach dem zwar schwächeren, aber spezifischen Geruch
ihres Stockes selbst vergewissern, ob sie an der rechten
Pforte sind. Wie schon auf Seite 70 erwähnt, hat dieser
149
Abb.95. »Sterzelnde« Bienen: In der Umgebung des Flugloches
sitzende Bienen markieren diese Stelle durch den Geruch ihres
ausgestülpten Duftorganes. Durch Flügelfächeln werfen sie den
heimkehrenden Stockgenossen den Duft entgegen.
Der Himmelskompaß
Die Wikinger kannten keinen Kompaß. Sie richte-
ten sich bei weiten Fahrten über den Ozean nach Sonne,
Mond und Sternen.
Man kann die Gestirne in zweifacher Weise zur
Orientierung benützen, je nachdem, ob es nur um eine
kurze Zeitspanne geht oder um eine längere Reise. Neh-
men wir an, wir wären in einer uns unbekannten Gegend
zu Gast in einem einsamen Landheim und wollen ein
anderes Haus aufsuchen, das 1/4 Wegstunde entfernt und
150
Abb. 96. Spiegelver-
such zum Nachweis der
Orientierung nach der
Sonne bei Ameisen. Ge- .,
jllllllill ~
IV
4.
strichelte Linie: Weg
c_ ~
-' 1I
151
a
b
Abb. 97. a Die Umgebung des Bienenstockes im Versetzungsver-
such. Blick vom westlich gelegenen Futtertischchen (F) nach
Osten. Der Stock steht hinter Bäumen und Häusern, die große
Linde in der Mitte des Bildes liegt auf halbem Wege der flug-
strecke. b Die Umgebung des Bienenstockes im Versetzungsver-
such. Blick vom westlichen Futtertischchen (F) gegen den Stock
nach seiner Versetzung. Er steht inmitten einer freien Wiesenflä-
che hinter den beiden Gestalten, die sich im Bild rechts hell gegen
den dunklen Wald abheben.
152
abends im Westen steht, so wären sie auf hoher See im
Kreis gefahren. Es ist eine wahrhaft erstaunliche Sache,
daß auch Bienen die Sonne als zuverlässigen Kompaß zu
brauchen verstehen, indem sie ihren Standort beachten
und gleichzeitig die Tageszeit in Rechnung stellen. Sie
besitzen zwar keine Uhr, aber einen Zeitsinn, von dessen
Leistungsfähigkeit noch zu berichten sem wird
(S.228ff.).
Daß die Bienen wirklich in dieser Weise vom Son-
nenstand Gebrauch machen, ergibt sich zwingend aus
folgendem Versuch: Wir legen einen Futterplatz an, der
von unserem Beobachtungsstock in westlicher Richtung
200 m entfernt ist, und füttern daselbst 2 bis 3 Dutzend
numerierte Bienen von früh bis abends mit Zuckerwas-
ser. Der Unterlage ist ein wenig Duft (z.B. Lavendelöl)
beigegeben. Nach einigen Tagen verschließen wir früh-
morgens den Stock und versetzen ihn in eine viele Kilo-
meter weit entfernte, andersartige Landschaft. Je 200 m
vom Aufstellungsort entfernt nach Westen, Osten, Nor-
den und Süden werden 4 gleichartige Futtertischchen mit
Zuckerwasser und Lavendelduft aufgestellt. Bei jedem
sitzt ein Beobachter, der jede Biene, die sich am Schälchen
niederläßt, sofort abfängt. Die veränderte Gegend bietet
dem Auge keine brauchbaren Wegmarken, um die ge-
wohnte Himmelsrichtung zu erkennen (vgl. Abb. 97a
und b). Auch der Stock selbst bietet keine Anhaltspunkte,
denn wir haben ihm eine andere Orientierung gegeben,
und das früher nach Osten gerichtete Flugloch weist nun
nach Süden. Trotzdem stellen sich alsbald einige von
unseren numerierten Bienen und allmählich die große
Mehrzahl von ihnen am Beobachtungsplatz im Westen
ein, während sich nur wenige von ihnen zu den Futter-
plätzen verirren, die nach den drei anderen Himmelsrich-
tungen liegen. Sie müssen sich an den Sonnenstand gehal-
ten haben, als sie auf der Suche nach der erprobten
153
a
b
Abb.98. Ein anderer Versetzungsversuch. aDer Beobachtungs-
stock (St) vor der Versetzung. F der Futterplatz 180 m vom Stock.
b Der Bienenstock nach der Versetzung. 4 Futtertischchen in den
4 Himmelsrichtungen.
154
sich schon am Morgen zwischen 7 und 8 Uhr ein. Sie
müssen also nicht erst die Erfahrung machen, daß sie
beim Fluge zu ihrem westlichen Futterplatz die Sonne
früh hinter sich und abends vor sich haben. Sie sind mit
der Stellung der Sonne zu jeder Stunde des Tages soweit
vertraut, daß sie die Richtung zum Futterplatz, die sie
sich abends nach dem Himmelskompaß eingeprägt ha-
ben, auch nach dem anderen morgendlichen Sonnen-
stand wiederfinden.
Ist ihnen dieses »Wissen« angeboren? Beruht das
Steuern nach dem Sonnenstand auf einer Jahrmillionen
alten, im Erbgut verankerten Tradition des Bienenge-
schlechtes? Nein - und ja:
Man kann die Bienen selbst dafür befragen. Wenn
man Jungbienen in einem Kellerraum hält, wo sie keine
Möglichkeit haben, den Sonnenstand zu beobachten, sie
dann ins Freie bringt, sogleich auf eine Himmelsrichtung
dressiert und am folgenden Tag in eine fremde Gegend
versetzt, so versagen sie und erweisen sich außerstande,
die andressierte Himmelsrichtung wiederzufinden. Sie
sind zu dieser Leistung erst befähigt, nachdem sie durch
mehrere Tage in freiem Flug den täglichen Sonnen lauf
kennengelernt haben. Das ist sehr weise eingerichtet.
Denn die Sonnenbahn ändert sich mit der Jahreszeit.
Auch bleibt sie in verschiedener geographischer Lage
nicht dieselbe. Beschwingte Wesen können sich verhält-
nismäßig rasch auf der Erde verbreiten. Da wäre eine
starre, erblich festgelegte Bindung an das für einen Ort
der Erde gültige Schema ungünstig. Gar wo der Mensch
heute seine Honiglieferanten mit leichter Hand von ei-
nem Erdteil nach einem anderen verfrachtet, müßte eine
heillose Verwirrung entstehen. Darum kann auch der
Imker zufrieden sein, daß jede Biene in ihren jungen
Tagen den Sonnenlauf nach den örtlich gegebenen Ver-
hältnissen erlernen muß.
155
Nun ist aber sehr merkwürdig, daß sich die kleinen
Astronomen dabei ganz hervorragend begabt zeigen und
die folgende schwierige Prüfung bestehen: Ein Bienen-
volk wird vormittags stets im Keller gehalten und darf
mehrere Tage lang nur nachmittags im Freien fliegen. Die
Jungbienen können nur den nachmittägigen Sonnenlauf
beobachten. Dann werden sie in einer fremden Gegend
am Nachmittag auf eine Kompaßrichtung dressiert und
am nächsten Morgen abermals in eine andere Landschaft
versetzt. Sie fliegen nach der andressierten Himmelsrich-
tung. Sie haben allein aus dem nachmittägigen Sonnentag
den vollen Tageslauf der Sonne erfaßt. Da Bienen sich in
anderen Lebenslagen keineswegs als scharfsinnige Den-
ker erweisen, sind sie wohl für diesen lebenswichtigen
Lernvorgang von Natur aus besonders veranlagt - und in
diesem Sinne hat doch wohl die erbliche Überlieferung
aus vergangenen Generationen bedeutsam ihre Finger im
Spiel.
Der Mond und die funkelnden Sternbilder, für die
alten Wikinger die Richtmarken am Nachthimmel, sagen
den Bienen nichts - die bleiben nachts daheim. Aber
unterm blauen Himmelszelt des Tages sind sie jedem
menschlichen Steuermann überlegen. Denn ihre Augen
erkennen ja polarisiertes Licht und seine Schwingungs-
richtung. Das für uns einförmige Himmelsblau ist für sie
übersät mit örtlichen Kennzeichen, den Schwingungsmu-
stern der Polarisation (s. Abb. 88, S. 135). Es ist also
nicht so, daß die fliegenden Bienen nur mit dem winzigen
Augenbezirk, der direkt nach der Sonne blickt, deren
Stellung erkennen. Sie nehmen zugleich mit Tausenden
von Einzelaugen das bezeichnende Polarisationsmuster
auf, das an den Sonnenstand gekoppelt ist. So sind sie an
einem weiten Himmelsbereich gleichsam optisch veran-
kert, und jede kleinste Abweichung von der Flugrichtung
wird vielfältig registriert. Die Biene wird dabei kaum die
156
Wahrnehmungen der Einzelaugen getrennt beobachten.
Wie für unser Bewußtsein die Empfindungen, die von den
einzelnen Sinneszellen der Netzhaut und von heiden Au-
gen geliefert werden, zu einem einheitlichen Raumbild
verschmelzen, so werden wohl auch die von den Bienen-
augen aufgenommenen Muster von ihrem Gehirn zu ei-
nem einheitlichen Gesamteindruck verarbeitet werden,
von dessen Art wir freilich keine Ahnung haben.
Steht die Sonne hinter einem Berg oder ist sie bereits
untergegangen, so können sich die Bienen allein nach der
Polarisation des blauen Himmelslichtes ebenso gut orien-
tieren wie nach der Sonne. Ist der Himmel dick bewölkt,
so genügt schon ein kleiner blauer Himmelsfleck zum
Erkennen der Kompaßrichtung. Bei völlig überzogenem
Himmel hilft ihnen die Polarisationswahrnehmung
nichts, denn Wolkenlicht ist nicht polarisiert. Aber auch
da sind sie uns überlegen, weil sie die Sonne bei zuneh-
mender Wolkendichte noch wesentlich länger sehen als
wir. So mancher Kapitän mag sie um diese Fähigkeit
beneiden. Erst dichte Regenwolken verhindern ihre Ori-
entierung am Himmel. Aber bei solchem Wetter bleiben
sie ohnehin daheim.
157
Abb. 99. a Eine numerierte Bienenschar wurde daran gewöhnt,
vom Bienenstock St entlang dem von Nord nach Süd verlaufen-
den Waldrand zu dem Futtertischchen F zu fliegen. b Am folgen-
den Tag an einen anderen, ost-westlich verlaufenden Waldrand
versetzt, folgten die meisten Bienen dem Waldrand als Leitlinie
und nicht dem Himmelskompaß. FI bis F3 Futtertischchen. Die
Beigefügten Zahlen geben an, wie viele Bienen der numerierten
Schar bei jedem Tischchen erschienen sind.
158
Abb. 100. Blick vom Stock St nach dem 180 m entfernten Futter-
tischchen F2, nach der Versetzung an den west-östlich verlaufen-
den Waldrand.
159
Abb. 101. Blick vom Beobachtungsstock nach dem 210 m ent-
fernten Waldrand. Er ist in diesem Abstand schon zu unschein-
bar, um sich als Leitmarke gegen den Himmelskompaß durchzu-
setzen.
160
entierungsmarken für die Bienen noch viel genauer er-
kunden. Die Schwierigkeit liegt im erforderlichen Zeit-
aufwand. Denn die gewünschten Szenarien kann man
nicht schaffen, man muß suchen, wo die Natur sie bietet.
Orientierung
nach dem Erdmagnetismus
161
Abb. 102. Kartonzylinder als
Bienenwohnung. Das Flugloch
liegt zentral im Boden. Für die
Ausrichtung der Waben bieten
sich keinerlei Marken.
162
a b
Abb. 103. a In einem Kartonzylinder errichtete Waben. Sie ha-
ben dieselbe Kompaßrichtung wie die Waben im Muttervolk. b In
einem zehnfach verstärkten und radiär verzerrten Magnetfeld
wurde diese zylindrische Wabe angelegt. Entgegen dem Brauch
wurde sie von unten nach oben gebaut.
163
tuation gerecht, indem sie eine zylindrische Wabe bauten
(Abb.l03b).
Man hat schon lange die Orientierung der Zugvö-
gel auf die Wahrnehmung magnetischer Kräfte zurück-
führen wollen. Diese Annahme wurde immer wieder be-
zweifelt, in neuerer Zeit aber durch Versuche gestützt.
Bei Bienen liegt bisher kein Hinweis vor, daß sie sich bei
ihren Flügen nach dem Magnetfeld der Erde orientieren.
Über die physiologischen Grundlagen der Wahr-
nehmung des Erdmagnetismus gibt es bisher nur unbe-
wiesene Vermutungen.
164
11 Wie die Bienen
miteinander reden
165
Abb. 104. Heimgekehr-
te Sammlerin (im Bild
links unten), den Nektar
an drei andere Bienen
abgebend.
166
Ein Rundtanz
als Verständigungsmittel
Die Sammlerin, die sich ihrer Bürde entledigt hat,
beginnt eine Art Rundtanz. Sie läuft mit raschen, trip-
pelnden Schritten auf dem Fleck derWabe, wo sie gerade
sitzt, in engen Kreisen herum, den Sinn der Drehung
häufig ändernd, so daß sie einmal rechts herum, dann
wieder links herum rast und in ständigem Wechsel bald
so, dann wieder anders herum ein bis zwei Kreisbogen
beschreibt. Dieser Tanz vollzieht sich im dichtesten Ge-
dränge der Stockgenossen und wird dadurch besonders
auffallend und reizvoll, daß er die Umgebung ansteckt;
die Bienen, die der Tänzerin zunächst sitzen, trippeln
hinter ihr drein und versuchen durch die vorgestreckten
167
Fühler mit ihrem Hinterleib Verbindung zu halten, ma-
chen auch alle Schwenkungen mit, so daß die Tänzerin
bei ihren tollen Bewegungen stets gleichsam ein Schwanz-
büschel von anderen Bienen hinter sich herführt
(Abb. 105). Ein paar Sekunden, eine halbe, eine volle
Minte kann dieser Wirbel dauern, dann hört die Tänzerin
unvermittelt auf, löst sich von ihrer Gefolgschaft, um
häufig noch an einer zweiten und dritten Stelle der Wa-
ben ein Nektartröpfchen hervorzuwürgen und den glei-
chen Tanz anzuschließen. Dann aber eilt sie plötzlich
wieder dem Flugloch zu und fliegt zum Futterplatz, um
eine neue Ladung einzubringen, und bei jeder Heimkehr
wiederholt sich das Schauspiel.
Der Tanz vollzieht sich unter normalen Umständen
in der Finsternis des geschlossenen Bienenstockes. Die
Tänzerin kann also von ihren Kameraden nicht gesehen
werden. Wenn diese ihr Treiben bemerken und ihr bei
allen Wendungen nachlaufen, so folgen sie hierbei ihren
Tast- und Geruchswahrnehmungen.
Was hat dieser Rundtanz zu bedeuten? Es ist offen-
sichtlich, daß er die nächsten Stockgenossen in helle Auf-
regung versetzt. Man kann auch beobachten, daß die eine
oder andere aus der Gefolgschaft der Tänzerin Vorberei-
tungen zum Ausflug trifft, sich rasch ein bißchen putzt,
dem Flugloch zustrebt und den Stock verläßt. Dann
dauert es nicht lange, und an unserer Futterstelle gesellen
sich zur ursprünglichen Entdeckerin die ersten Neulinge.
Auch sie tanzen, wenn sie beladen heimkehren, und je
mehr der Tänzerinnen werden, desto mehr Neulinge
drängen sich an den Futterplatz. Der Zusammenhang ist
nicht zu bezweifeln. Der Tanz verkündet im Stock die
gefundene reiche Tracht. Aber wie finden die verständig-
ten Bienen den Ort, wo das Futter zu holen ist?
Die nächstliegende Annahme ist, daß sie im Stock
nach der Beendigung des Tanzes mit der Tänzerin zum
168
Flugloch laufen und ihr nachfliegen, wenn sie den Futter-
platz wieder aufsucht. Sorgsame Beobachtung lehrt, daß
es so bestimmt nicht ist. Die Neulinge wissen offenbar
gar nicht, wo das Ziel liegt. Sie erfahren durch die sym-
bolische Geste des Rundtanzes nur, daß sie rund um den
Stock suchen sollen, und das tun sie auch. Man kann sich
davon durch einen einfachen Versuch überzeugen. Wir
füttern eine kleine, gezeichnete Bienenschar auf einem
Tischchen etwa 10 m südlich vom Stock. Dann stellen
wir in südlicher, westlicher, nördlicher und östlicher
Richtung Futterschälchen ins Gras. Wenige Minuten,
nachdem die Sammlerinnen vom Südplatz zu tanzen be-
gonnen haben, kommen Neulinge aus unserem Bienen-
stock bei allen Schälchen. Nehmen wir aber den sam-
melnden Bienen das Futter weg, dann benehmen sie sich
nicht anders, als wenn die natürliche Blumentracht bei
ungünstiger Witterung versiegt und die gewohnten Blü-
ten vorübergehend keinen Nektar spenden: Sie bleiben
daheim, die Tänze hören auf. Und jetzt können unsere
rundum aufgestellten Honigschälchen stunden- und tage-
lang im Gras stehen, ohne daß sie von einer einzigen
Biene aufgefunden werden.
Darüber wird man sich vielleicht wundern. Denn
die wenigen gezeichneten Bienen unserer Futterstelle sind
ja nicht die einzigen Sammlerinnen des Volkes; während
sie zum Zuckerwasserschälchen kamen, flogen gleichzei-
tig Hunderte ihrer Stockgenossen an verschiedene Blu-
men, um Blütenstaub und Nektar zu sammeln. Wenn wir
am künstlichen Futterplatz mit der Fütterung aussetzen,
so sammeln die anderen doch weiter.
Warum senden sie, die von der Blumentracht kom-
men, nicht die Kameraden durch Tänze nach allen Seiten
auf die Suche und so auch zu den Schälchen? Die Ant-
wort ist: Sie senden sie wohl aus, wenn sie reiche Tracht
fanden, aber nicht an die Zuckerwasserschälchen, son-
169
dem an jene Blütensorte, die sie selbst erfolgreich ausge-
beutet haben!
170
Abb. 107. Eine Schale
mit Alpenveilchen und
eine Schale mit Phlox-
blüten in der Wiese
nicht weit vom Futter-
platz (Abb. 106). Die
ausschwärmenden Neu-
linge interessieren sich
nur für die Alpenveil-
chen.
171
Aber an der Schale mit den Phloxblüten fliegen sie gänz-
lich uninteressiert vorüber.
Jetzt entfernen wir am Futterplatz die Alpenveil-
chen und ersetzen sie durch Phloxblüten, die in gleicher
Weise mit Zuckerwasser reich versehen sind. Es sammeln
dieselben Bienen wie bisher, aber sie sammeln nicht mehr
an Alpenveilchen, sondern an Phloxblüten (Abb. 108).
Auf dem Wiesenplatz bleibt alles stehen, wie es war. Und
schon nach wenigen Minuten ändert sich dort das Bild.
Das Interesse an den Alpenveilchen läßt nach, die neu
herankommenden Bienen befliegen die Phloxblüten, ja,
überall im benachbarten Garten, wo Phloxstauden zu
finden sind, sehen wir die Bienen emsig an den Blüten
sich bemühen - ein kurioser Anblick für jeden, der weiß,
daß die tiefen Blumenröhren dieser Blüten nur dem lan-
gen Rüssel der Schmetterlinge zugänglich sind, und daß
die Bienen den tief geborgenen Nektar hier gar nicht
erreichen können und daher unter normalen Umständen
auch niemals an Phlox gesehen werden. Es ist ganz offen-
kundig, daß die suchenden Bienen wissen, wonach sie zu
suchen haben, und daß die Tänzerinnen daheim verkün-
det haben, welche Blumensorte die Spenderin der reichen
Tracht ist!
Der Versuch gelingt stets mit gutem Erfolg, ob wir
an Alpenveilchen oder Phlox, an Enzian oder Wicken,
Distelblüten oder Hahnenfuß, Bohnen oder Immortellen
das Futter bieten. Die Zweckmäßigkeit leuchtet ein, so-
bald wir uns die natürlichen Verhältnisse vorstellen.
Wenn eine neu erblühte Pflanzenart von suchenden Bie-
nen entdeckt wird, so verkünden diese den Fund durch
ihre Tänze im Stock; darauf fliegen die alarmierten Stock-
genossen zielsicher jene Blütenart an, die durch reiche
Nektarabsonderung die Tänze veranlaßt hat, anstatt ihre
Zeit mit unnützem Herumsuchen an Blumen zu verlieren,
die nichts zu bieten haben. Aber wie ist das zu erklären?
172
Unmöglich können wir glauben, daß die Bienensprache
für jede Blumenart ihren Ausdruck hat.
Und doch ist es so. Eine Blumensprache enthüllt
sich hier, im wahren Sinne, unglaublich einfach, zweck-
mäßig und reizvoll. Während die Sammlerin den süßen
Saft aus den Blumen saugt, bleibt etwas von dem Blüten-
duft an ihrem Körper haften. Sie duftet noch nach diesen
Blumen, wenn sie nach der Heimkehr tanzt. Die Kamera-
den, die hinter ihr hertrippeln und sie dabei so lebhaft mit
ihren Fühlern (den Geruchswerkzeugen) untersuchen,
nehmen diesen Duft wahr, prägen ihn dem Gedächtnis
ein, und nach diesem Duft suchen sie, wenn sie daraufhin
durch die Gegend schwärmen.
Dieser Zusammenhang wird überzeugend deutlich,
wenn man statt Blumen ätherische Öle oder künstliche
Riechstoffe anwendet: Wir füttern gezeichnete Bienen
aus einem Glasschälchen auf einer Unterlage, die nach
Pfefferminz duftet. Nach dem Einsetzen der Tänze beflie-
gen die ausschwärmenden Neulinge alle Gegenstände,
wie immer sie aussehen, wenn wir ihnen durch eine Spur
von Pfefferminzöl dessen Geruch verleihen. Andere Düfte
beachten sie nicht. Wir brauchen nur den Riechstoff am
Futterplatz zu wechseln, und mit dem dort gebotenen
Duft ändert sich stets in entsprechender Weise das Ziel
der suchenden Bienen.
Bei der ursprünglichen Anordnung aber, von der
wir ausgegangen sind, bei der Fütterung an einem duftlo-
sen Schälchen, vermißt die Gefolgschaft der Tänzerinnen
an diesen einen spezifischen Duft. Auch jetzt ziehen sie
nicht ohne jeden Anhaltspunkt in die Welt hinaus: Sie
wissen, daß alle die duftenden Blumen, denen sie auf
ihrer Streife nahekommen, nicht die gesuchten sind, und
verlieren an ihnen keine Zeit.
Einst sahen die Blütenbiologen im Duft der Blumen
nur ein Mittel, die nach Nahrung suchenden Insekten
173
anzulocken. Für die Bienen ist er überdies ein Merkzei-
chen, an dem sie die einmal beflogene Blütensorte wieder-
erkennen und von anderen, ähnlich gefärbten Blumen
mit Sicherheit unterscheiden - die unerläßliche Voraus-
setzung ihrer Blütenstetigkeit (S. 78ff.). Aber seine Be-
deutung geht weit darüber hinaus. Wie die prägnanten
Ausdrücke einer Wortsprache vermittelt der heimgetra-
gene spezifische Blütenduft den Stockgenossen so einfach
wie eindeutig das Ziel der Suchflüge, zu denen sie der
Tanz auffordert.
174
~ .....l!......-. __
l L_
---uJL - ----1L- -_ -
-= - - ll-L- -
-
__
jI -
- -6
175
phloxduftende Zuckerwasser aus einem engen Spalt sau-
gen, während sie gleichzeitig auf Zyklamenblüten sitzen
(Abb. 109). Wenn sie dann daheim tanzen, duften sie
äußerlich nach Zyklamen und verfüttern nach Phlox duf-
tendes Zuckerwasser. Um den Erfolg zu sehen, beobach-
ten wir wieder eine Phlox- und Zyklamenschale, die in
der Nähe des Futterplatzes im Gras stehen (Abb. 107, S.
171). Beide werden von den Neulingen beflogen. Aber
der im Magen eingetragene Duft gewinnt den Wettbe-
werb, wenn sich die Futterquelle in großer Entfernung
vom Bienenstock befindet: Die weite Flugstrecke bedeu-
tet eine ausgiebige Lüftung des Körpers. Dadurch verliert
der äußerlich anhaftende Duft an Intensität. Dann rich-
ten sich die ausschwärmenden Neulinge überwiegend
nach dem im Magen eingetragenen Blütenduft.
Wir erkennen daraus die große biologische Bedeu-
tung des vom Nektar angenommenen Blumenduftes, den
die Bienen in ihrer Honigblase wie in einem wohlver-
korkten Fläschchen heimtragen und im Stock zur Gel-
tung bringen.
Die Regelung
zwischen Angebot und Nachfrage
176
einem künstlichen Futterplatz Zuckerwasser sammelt,
den Robinienstrauß an. Sobald sie diese natürliche
Trachtquelle ausbeuten, tanzen sie daheim und holen
sich rasch Verstärkung herbei. Aber bald sind ihrer so
viele, daß sie den Nektar rascher davontragen, als er von
den Blüten gebildet wird. Aus dem Übermaß wird eine
spärliche Tracht, das Sammeln geht zwar mit Ausdauer
weiter, aber die Tänze hören nun auf, und die Sammler-
schar erhält keinen neuen Zuwachs aus dem Hei-
matstock.
Neben der Menge ist die Süßigkeit des abgesonder-
ten Nektars von entscheidender Bedeutung für die Ergie-
bigkeit der Tracht. Der Nektar mancher Blüten ist eine
dickflüssige, »gesättigte« Zuckerlösung. Da lohnt es sich
wahrlich, einzuheimsen, was der Magen faßt, und alle
Kräfte aufzurufen. Andere Pflanzenarten bilden zur sel-
ben Zeit einen dünneren, weniger süßen Nektar. Mit der
gleichen Menge Flüssigkeit tragen die Bienen weniger
Zucker nach Hause. Für diesen Fundplatz ebenso lebhaft
zur Mitarbeit aufzurufen, wäre nicht sinnvoll und tat-
sächlich geschieht es nicht. Damit die Bienen lebhaft und
ausdauernd tanzen, muß der Zuckersaft nicht nur reich-
lich fließen, er muß auch sehr süß sein. Je weniger süß er
ist, desto matter werden die Tänze; und je lässiger der
Tanz, desto geringer wird seine werbende Kraft. Sinkt
der Zuckergehalt unter einen gewissen Grad, so unter-
bleiben die Tänze ganz, auch wenn Nektar im Überfluß
vorhanden ist.
So regelt sich in einfachster Weise die Größe des
Aufgebotes von sammelnden Bienen nach der Ergiebig-
keit der Trachtquelle.
Bei gleichzeitigem Erblühen mehrerer Pflanzen ar-
ten wird die Blütensorte, die nach Menge und Süße den
besten Nektar führt, am stärksten beflogen. Denn die
Bienen, die diese Blüten finden, tanzen lebhafter als ande-
177
re, die zu gleicher Zeit eine weniger lohnende Trachtquel-
le entdeckt haben. Der spezifische Duft, den die tanzen-
den Bienen nach Hause bringen, bürgt für den richtigen
Erfolg der abgestuften Werbung. Mit eindringlicher
Deutlichkeit kann gemeldet werden, daß heute beim Duft
der Pflaumenblüten am meisten zu holen ist. So wird der
Nektarstrom aus jenen Quellen, die es am meisten verdie-
nen, bevorzugt in die Honigkämmerlein der Bienen gelei-
tet. Zugleich sichern sich die Blüten, die den meisten und
süßesten Nektar zustande bringen, den regsten Bienenbe-
such und auf diese Art die beste Bestäubung und den
reichsten Samenansatz.
Man wird sich fragen, wie denn die einzelne Sam-
melbiene erfährt, welche Trachtplätze jeweils in Konkur-
renz stehen. Sie kennt ja nur ihre eigene Futterquelle. Es
ist eine denkbar einfache, aber absolut sichere Methode,
durch die die Sammelbienen jeden Tag über die jeweili-
gen Trachtverhältnisse draußen auf den Feldern und Gär-
ten informiert werden. Der Nektar, der von den Stock-
bienen abgenommen wird, wird sofort in lebhaftem ge-
genseitigem Futteraustausch verteilt. Alle Bienen im
Stock, vor allem aber jene, die in der Nähe des Flugloches
den Sammelbienen den Nektar abnehmen, sind dadurch
informiert, welche Tracht den besten Nektar einbringt;
sie werden demzufolge den süßesten Nektar, der ihnen
angeboten wird, gierig abnehmen, während minderwerti-
ges Angebot zögernd abgenommen wird. In gleicher Wei-
se wird auch die Tanzstimmung reguliert - nur hochwer-
tiges Futter wird lebhafte Tänze auslösen.
Dies ist aber nur die eine Seite: Wenn nach der
Haupttrachtzeit ab Juli die Tracht hierzulande immer
spärlicher wird, dann ist auch weniger konzentrierter
Nektar willkommen. Qualität des Futters und Bedarf des
Volkes regeln somit eine jahreszeitlich abhängige Sam-
meltätigkeit. Für die Sammelbiene selbst ist dabei die
178
Abgabezeit, die sie braucht, um ihren Nektar im Stock
loszubringen, das maßgebende Signal, um anschließend
durch Tänze für ihre Futterquelle zu werben. Ist die
Abgabezeit mit 20-30 s schon beendet, dann werden
praktisch in jedem Fall Tänze ausgelöst. Hat die Bienen
aber Mühe, ihren Honigmagen innerhalb 1 min zu lee-
ren, dann wird sie wieder ohne Tanz den Stock verlassen.
Das Duftfläschchen
am Bienenkörper
179
Abb. 111. Sterzelnde Bienen am Flugloch.
180
sinnvoll- doch wie kommt es dazu? Die Kameraden auf
der Wabe können nicht wissen, von wo die Tänzerinnen
kommen, denn ein Blütenduft war keinem der beiden
Futterplätze beigegeben. Sie suchen ohne klares Ziel in
der Umgebung herum. Aber wenn sie sich der reichen
Futterquelle nähern, werden sie durch den Lockduft der
anfliegenden Sammlerinnen angezogen, während sie am
spärlich bedachten Schälchen, wo die Sammlerinnen ihr
Duftorgan nicht betätigen, oft nahe vorüberfliegen, ohne
es zu bemerken.
Daß es wirklich so ist, zeigt ein Kontrollversuch:
Man kann das Duftfläschchen der Bienen gleichsam ver-
stoppeln, indem man die Hautstelle mit einer zarten
Schellack-Kappe überzieht. Sie können dann die Duftfal-
te nicht mehr ausstülpen. Das stört die Sammlerinnen
nicht bei ihrer Tätigkeit, sie tanzen bei reicher Tracht
genauso lebhaft wie zuvor. Diesmal wird an beiden Plät-
zen ein volles Zuckerwasserschälchen geboten. Beide
Gruppen tanzen begeistert. Aber die Schar, die keinen
Lockduft aussenden kann, erhält an Zuwachs nur den
zehnten Teil der Bienen, die sich bei der anderen einfin-
den.
Die gleiche Rolle wie an den Glasschälchen spielt
das Duftorgan beim natürlichen Blumenbesuch. Auch
hier wird es nur betätigt, wenn genügend süßer Nektar
reichlich abgeschieden wird.
Und dieselbe Bedeutung als Hinweis auf die Fund-
stelle hat es beim Eintragen von Wasser, das zeitweise -
etwa zur Kühlung des Stockes (S. 45) - in Menge benö-
tigt wird. Auch da fliegen Kundschafter aus, und wenn
sie an einer Uferstelle, an einem Brunnen, oft auch an
einer künstlichen Tränke des vorsorglichen Imkers eine
geeignete Quelle entdeckt haben, alarmieren sie die Ka-
meraden im Stock genauso durch Tänze, wie sie es viel-
leicht selbst noch kürzlich zugunsten einer Nektarquelle
181
getan haben, und lenken die Neulinge mit allen Mitteln
ans Ziel.
Wie genau die Bienen den Fundort einer nützlichen
Entdeckung bekanntgeben können, werden erst die fol-
genden Seiten zeigen.
182
Abb. 112. Der Schwänze/tanz.
183
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puls
185
Bioakustiker, haben wir mit einer modernen, hochemp-
findlichen Technik vergeblich danach gesucht, ob durch
die Tanzlaute Vibrationen auf die Waben übertragen
werden, die dann die Nichttänzerinnen mit Hilfe ihrer
hochempfindlichen Vibrationssinnesorgane, die sog.
Subgenualorgane, wahrnehmen. Bei dieser Technik wird
die sog. »Laser-Doppler-Vibrometrie« angewandt, wobei
ein Laserstrahl über die vibrierende Oberfläche geschickt
wird; auch die kleinste Vibrationswelle reflektiert diesen
Strahl; dabei gibt es eine Dopplerverschiebung, d. h. eine
Frequenzänderung, die der Computer präzise ausrechnen
kann.
Es gab keinen Zweifel mehr, daß die Tanzlaute
ausschließlich als luftgetragener Schall mit einer Fre-
quenz von 240-260 Hz an die Umgebung abgestrahlt
werden. Zu unserer großen Überraschung war die Inten-
sität dieser Tanzlaute erstaunlich hoch, nämlich 90-
110 dB, was etwa dem Lärm eines startenden Düsenflug-
zeuges entspricht. Da fragt man sich, ob denn auf dem
Tanzboden, wenn da bei guter Tracht bis zu einem Dut-
zend Sammlerinnen gleichzeitig tanzen, nicht ein unge-
heurer Lärm sich ausbreitet, der jede individuelle Ver-
ständigung unmöglich macht. Für unsere lärmgeplagte
Welt zeigen unsere Bienen in beneidenswerter, geradezu
genialer Weise, wie man seine Umgebung von dem
selbsterzeugten Lärm abschirmen kann: Die Tanzlaute
werden über die Flügel nicht horizontal, sondern vertikal
abgestrahlt. Dies hat zur Folge, daß der Schallpegel in der
Horizontalen sehr rasch abnimmt (der Phsysiker sagt:
mit der 3. Potenz), so daß schon in 2 1/2 Zentimeter
Entfernung absolute Stille herrscht. Nur das engere Tanz-
gefolge wird also von der Schallglocke erfaßt.
In anderem Zusammenhang werden Vibrationssi-
gnale bei der Alarmierung durch Tänze durchaus ver-
wendet; sie werden aber nicht von den Tänzerinnen sel-
186
ber, sondern von den Nachtänzerinnen ausgesandt. Diese
pressen zwischendurch ihren Körper auf die Wabe und
erzeugen dabei einen kurzen Pieplaut, der sich dann als
Vibration auf der Wabe ausbreitet. Das sind Bettellaute,
die an die Tänzerin gerichtet sind und sie auffordern,
momentan ihren Tanz zu unterbrechen und eine Kost-
probe des gesammelten Nektars aus ihrem Honigmagen
zu erbrechen. Das Tanzgefolge saugt gierig dieses ange-
botene Futter ab und erfährt dabei Näheres über die
Qualität des eingebrachten Nektars.
Der eindeutige Nachweis, daß die Tanzlaute nicht
als Vibration, sondern als luftgetragener Schall an das
Tanzgefolge weitergegeben werden, brachte uns in ein
schwieriges Dilemma: Seit eh und je wurde ja von den
Bienenforschern die Meinung vertreten, daß Bienen völ-
lig taub seien. Wiederholt hatte man versucht, Bienen auf
ein Schallsignal kombiniert mit einer Futterbelohnung zu
dressieren, aber immer ohne Erfolg. Der Fehler war, daß
man bei diesen Versuchen immer nur Töne aus unserem
menschlichen Schallbereich verwendete, die aber im Le-
ben der Bienen keine Rolle spielen. Immerhin war be-
kannt, daß es bei Insekten zwei verschiedene Arten von
Hörorganen gibt. Heuschrecken, Grillen und Zikaden
haben ein sog. Tympanalorgan, das auf Schalldruck an-
spricht so wie auch unser menschliches Innenohr; bei
Mücken hingegen ist das Hörorgan so konstruiert, daß es
nur auf Schallschnelle anspricht; Schallschnelle meint die
Geschwindigkeit der Oszillation der Moleküle in der
Luft.
Die genaue Kenntnis der Schallsignale beim Bie-
nentanz bot die Möglichkeit, nochmal eine Untersuchung
über das Hörvermögen der Bienen zu wagen, wobei Töne
als Futtersignal angeboten wurden, wie sie im Tanz regi-
striert wurden. In dem einen Schenkel eines Y-Rohres
wurde ein Ton von 250 Hz geboten; er leitete zum Futter,
187
im anderen Schenkel war ein anderer Ton mit anderer
Frequenz zu hören, bei ihm gab es keine Belohnung. Es
zeigte sich, daß die Bienen für eine Frequenz von 250-
280 Hz am empfindlichsten ansprechen; das entspricht
genau jener Frequenz, die die Tänzerinnen erzeugen. Alle
bisherigen Versuche deuten darauf hin, daß wie bei
Mücken das Hörorgan der Bienen an der Basis der An-
tenne sitzt; es ist das sog. Johnstonsche Organ. Die oszil-
lierenden Luftpartikelchen bringen die Fühler in Mit-
schwingung und übertragen diese auf die Basis, wo sie
vom Johnstonschen Organ in ein sog. Rezeptorpotential,
d.h. ein elektrisches Signal, umgeformt werden.
So hat sich in jüngster Zeit wieder eine neue Welt
der Bienen aufgetan - neben ihrem hochempfindlichen
Vibrationssinn können sie auch luftgetragenen Schall
durch echtes Hören wahrnehmen. Damit ist für die ge-
genseitige Verständigung eine entscheidende Orientie-
rungshilfe geboten.
Zurück zu den Tänzen: Verlegt man den nahen
Futterplatz stufenweise in größere Entfernung, so gehen
die Rundtänze der Sammlerinnen zwischen 50 und
100 m allmählich in Schwänzeltänze über. Rundtanz und
Schwänzeltanz sind zwei verschiedene Ausdrücke der
Bienensprache, die auf nahe gelegene und ferne Futter-
quellen hinweisen und, wie sich zeigen läßt, von den
Stockgenossen in diesem Sinne verstanden werden.
Nur mit der Angabe: »näher« oder »weiter als
100 m« wäre aber den Bienen, die ausfliegen und die
Futterquelle finden sollen, wenig gedient. Denn ihr Flug-
bereich erstreckt sich auf mehrere Kilometer nach allen
Seiten vom Heimatstock. Bei stufenweiser Verlagerung
des Futterplatzes bis an die Grenzen des Flugbereiches
offenbarte sich denn auch eine Gesetzmäßigkeit im Ver-
lauf des Schwänzeltanzes, die den Bienen im Stock wie
dem menschlichen Beobachter über die Entfernung der
188
Trachtquelle noch viel genauere Kunde gibt. Bei einem
Abstand von 100 m folgen die Wendungen (Abb. 112)
rasch aufeinander, die Tänze sind hastig. Je größer die
Entfernung, desto gemessener werden sie, desto langsa-
mer folgen einander die Wendungen, desto länger und
nachdrücklicher aber wird der geradlinige Schwänzel-
Iauf. Mit der Uhr in der Hand kann man feststellen, daß
die Biene bei einer Entfernung der Futterquelle von
100 m die geradlinige Strecke der Tanzkurve in einer
Viertelminute etwa 9 bis 10mal durchläuft, bei 500 m
etwa 6mal, bei 1000 m 4 bis 5mal, bei 5000 m 2mal und
bei 10 000 m nur noch etwas mehr als 1mal in der ge-
nannten Zeitspanne (Abb. 115)4. Nach unseren heutigen
Kenntnissen liegt hierbei das maßgebende Signal für die
Entfernung in der Zeitdauer des Schwänzellaufes, in der
»Schwänzelzeit«, die durch die Schwänzelbewegungen
und durch die Schallerzeugung so scharf betont wird. Die
Bienen müssen ein feines Zeitgefühl besitzen, welches die
Tänzerin befähigt, sich im angemessenen Rhythmus zu
bewegen, und zugleich ihre Stockgenossen instand setzt,
ihn richtig aufzufassen und auszuwerten.
Können sie das wirklich? Und mit welcher Genau-
igkeit halten sich die ausschwärmenden Neulinge an die
Entfernung, die ihnen der Schwänzeltanz angezeigt hat?
Um das zu erfahren, füttern wir einige numerierte Bienen
in bestimmtem Abstand vom Stock auf einer Unterlage,
der ein wenig Orangenblütenöl beigegeben ist, mit
Zuckerwasser und legen Duftköder der gleichen Art,
aber ohne Futter, in verschiedenen Entfernungen aus. Die
sammelnden Bienen tanzen auf den Waben und schicken
ihre Kameraden auf die Suche nach der orangenduften-
189
10
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EntFernung des Fullerplolzes yom StOCK in Kilometern
Abb. 115. Die Kurve macht anschaulich, wie das Tanztempo mit
zunehmender Entfernung abnimmt. Links: die Zahl der Schwän-
zelläufe je 1/4 Minute, unten: die Entfernung des Futterplatzes
vom Stock in Kilometern.
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191
Woher wissen sie überhaupt, wie weit sie geflogen
sind und welche Entfernung sie also zu melden haben?
Wir verständigen uns über Entfernungen nach Metern,
zuweilen auch nach dem Zeitaufwand: »Der Ort liegt
eine Wegstunde von hier.« Bienen benützen ein völlig
anderes Maß: den benötigten Kraftaufwand. Bei unver-
ändertem Abstand des Zieles zeigen die Tänzerinnen eine
größere Entfernung an, wenn sie beim Hinflug Gegen-
wind haben, oder wenn sie einen Steilhang hinanfliegen
müssen, oder wenn sie mit einem Gewichtchen belastet
sind oder auf andere Weise eine vermehrte Arbeitslei-
stung gefordert wird. Besonders deutlich wird dieser Zu-
sammenhang durch folgenden Versuch: Man kann Bie-
nen zwingen, den Weg vom Stock zum Futterplatz zu Fuß
zurückzulegen, indem man knapp über einem Laufbrett
eine Glasplatte anbringt, die sie am Auffliegen hindert.
Auch Fußgängerinnen tanzen nach der Heimkehr. Aber
während frei fliegende Bienen bei einer Entfernung von
60-80 m vom Rundtanz zum Schwänzeltanz übergingen,
geschah dasselbe bei Fußgängerinnen schon bei einem
Zielabstand von 3--4 m. Wie steht es in beiden Fällen mit
dem Kraftaufwand? Er läßt sich an ihrem Zuckerver-
brauch messen. Und dieser lag bei einem Fußmarsch von
3--4 m gleich hoch wie bei einem Flug von 60-80 m.
Mit dieser wichtigen Erkenntnis ist aber - streng
genommen - das Problem der Entfernungsmessung nur
auf ein anderes Niveau gehoben. Es bleibt die schwierige
Frage, wie denn der Kraftaufwand während des Fluges so
genau gemessen werden kann. V. Neese hat in den letzten
Jahren die Lösung gefunden; es ist ein denkbar einfaches,
aber absolut zuverlässiges Prinzip, das die Bienen hierbei
anwenden: Vor jedem Ausflug füllt die Sammelbiene ih-
ren Honigmagen mit Reiseproviant, d.h. mit süßer Fut-
terlösung, die sie sich von den Stock bienen erbettelt.
Dabei wird die Wand der Honigblase gedehnt, also unter
192
eine gewisse Spannung gesetzt. Dieser Spannungs druck
nimmt während des Fluges dank der raschen Resorption,
d. h. dem raschen Verbrauch während des Fluges (wo-
durch die nötige Energie geliefert wird) sehr rasch ab. In
der Honigblasenwand sitzen hochempfindliche Sinnes-
zellen als Druckmesser, die die abnehmende Spannung
genau registrieren und über einen eigenen Nervenstrang,
den "Nervus recurrens«, dem Zentralnervensystem mel-
den. Die Anfangsspannung bei Beginn des Fluges wird
mit jener bei Ankunft des Zieles verrechnet; das Ergebnis
entspricht dem gelieferten Kraftaufwand.
193
Abb. 117. Richtungsweisung nach dem Sonnenstand beim Tanz
auf horizontaler Fläche. Links: St Stock, F Futterplatz, ----- Flug-
richtung zum Sammelplatz, rechts: Schwänzeltanz auf horizonta-
ler Fläche.
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Abb. 119. Ergebnis eines »Fächerversuchs«. St Bienenstock, F
Futterplatz. Die kleinen Quadrate bedeuten ausgelegte Duftköder
ohne Futter, die beigefügten Zahlen bedeuten den Beflug durch
Neulinge binnen 50 Minuten ab Versuchsbeginn.
196
melsrichtung, und es ist unmöglich, die Richtung nach
dem Ziel auf die Himmelsrichtung der Sonne zu bezie-
hen. Was machen dann die Bienen? Sie haben für das
Problem eine überraschend einfache Lösung gefunden:
Sie bleiben mittags zu Hause. Während sie sich sonst
durch die Tropenhitze nicht abhalten lassen, eine lohnen-
de Nahrungsquelle auszubeuten, legen sie eine Mittags-
pause ein, sobald sich die Sonne dem Zenitstand nähert.
Nur durch besondere Kunstgriffe lassen sie sich bewegen,
doch an den Futterplatz zu kommen - und tanzen dann
nach ihrer Rückkehr wirr nach allen Richtungen. Das
war zu erwarten und ist eine Bestätigung ihrer Orientie-
rung nach der Sonne. Unerwartet kam, daß ein Win-
kelabstand um 2-3 0 vom Zenit den Bienen bereits ge-
nügt, um die Richtung des Sonnenstandes zu erkennen
und beim Tanz korrekt anzugeben. Die Facettenaugen,
starr in der Kopfkapsel befestigt und aus Tausenden
leicht divergierender Einzelaugen aufgebaut (Abb. 75,
76,), sind als Winkelmesser hervorragend geeignet.
Im Gebirge können auch geflügelte Wesen nicht
immer auf geradem Weg ihr Ziel erreichen. Welche Geste
würden die Bienen wohl gebrauchen, um ihre Stockge-
nossen auf einem Umweg zur Futterquelle zu weisen?
Gelegenheit, um dieser Frage nachzugehen, bietet die
bucklige Gegend um den Wolfgangsee in reicher Aus-
wahl. Eines Tages wurde unser Beobachtungsstock auf
dem Schafberg hinter einem Felsengrat aufgestellt und
ein rasch angelegter Futterplatz mit gezeichneten Bienen
um die Absturzkante herum nach der Stelle geführt, die
in Abb. 120 durch ein Kreuzchen bezeichnet ist. Die Skiz-
ze Abb. 121 zeigt einen Lageplan und die Entfernung im
Versuchsgelände. Die Sammlerinnen flogen den einge-
zeichneten spitzwinkeligen Umweg hin und her, aber bei
ihren Tänzen wiesen sie nicht die Richtung ihres tatsäch-
lichen Abfluges vom Stock, auch nicht den zweiten
197
Abb. 120. Gelände des Umwegversuchs auf dem Schafberg. x
Lage des Futterplatzes. Der Beobachtungsstock stand auf der an-
deren Seite des Felsgrates in angenähert gleicher Höhe.
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\
\
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\ Abb. 121. Skizze des
\
\ Versuchsgeländes, auf
\ dem Schafberg. St Bie-
\ nenstock, F Futterplatz,
--------.$'"---___
--- \
\
\ ----- geflogener Umweg,
..... Luftlinie zum Ziel.
198
Schenkel der Flugstrecke - beides hätte die Kameraden in
die Irre geführt; ihr Schwänzellauf zeigte vielmehr die
Richtung der Luftlinie zum Futterplatz an, die sie niemals
geflogen waren. Nur auf solche Weise konnten sie ihre
Stockgenossen zur richtigen Stelle leiten; diese suchten in
der angegebenen Richtung und gelangten so über das
Hindernis ans Ziel. Nachdem sie dieses kennengelernt
hatten, fanden sie auch den kürzeren Weg außen um den
Grat herum. Das Verhalten der richtungsweisenden Bie-
nen war durchaus sinnvoll. Aber daß sie imstande sind,
aus dem geflogenen Umweg die wirkliche Richtung so
genau zu konstruieren, ohne Winkelmesser, Lineal und
Reißbrett, das gehört in dem an Wundern reichen Bie-
nenleben wohl zu den wunderbarsten Dingen.
Fast sah es aus, als fänden sie für jede noch so
schwere Aufgabe eine Lösung. Doch einmal wußten sie
sich nicht zu helfen. Der Stock stand unten im Inneren
des luftigen Gitterwerkes eines Funkturmes (Abb. 122).
Der Futterplatz war mit Hilfe einer Winde und eines am
Seil schwebenden Futtertischchens an die Spitze des Tur-
mes gelegt worden, genau über dem Flugloch des Hei-
matstockes. Ein Ausdruck für die Richtung »nach oben«
ist im Lexikon der Bienensprache nicht vorgesehen. In
den Wolken blühen keine Blumen. Die Sammlerinnen
von der Turmspitze wußten keine Richtung zu melden
und machten Rundtänze, die alarmierten Kameraden
suchten unten nach allen Seiten die Wiesen ab, und nicht
einer von ihnen fand hinauf an die Quelle. Als der Futter-
platz in einer Entfernung vom Stock, die der Höhe des
Turmes entsprach, auf den Wiesenboden gelegt wurde,
funktionierte die Richtungsweisung tadellos.
Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch Versuche
an der Echelsbacher Brücke, die in einer romantischen
Schlucht sich 76 m hoch über die Ammer erhebt. Der
Bienenstock war im Gegenversuch zum Funkturm oben
199
Abb. 122. Versuch über die
Höhenweisung. St der Beob-
achtungsstock im Inneren des
Gitterwerkes eines Funkturms.
Der Futterplatz befand sich in
der Plattform an der Spitze des
Turmes.
200
Abb. 123. Versuch an
der Echelsbacher
Brücke.
201
ben über das Ziel der Reise. Aber wenn Hunderte von
Neulingen sich aufmachen und der Weisung folgen, dann
sind meistens auch einzelne da, die es anders machen;
einzelne, die bei Rundtänzen in der Ferne suchen oder bei
Schwänzeltänzen in der Nähe oder in falscher Richtung.
Ob sie die Sprache nicht verstanden haben? Oder sind es
Querköpfchen, die lieber ihre eigenen Wege gehen? Was
immer der Anlaß dieser »falschen« Handlungsweise sei,
im Geiste des Ganzen gesehen sind es recht nützliche
Sonderlinge. Denn wenn im Süden etwa ein Rapsfeld
aufblüht, dann ist es zwar gut, die Stockgenossen in
hellen Scharen rasch dorthin zu schicken, es lohnt sich
aber, gleichzeitig zu erkunden, ob nicht auch anderwärts
ein Rapsfeld seine Knospen öffnet. Jenen Sonderlingen,
die nicht dem Schema folgen, ist es zu danken, wenn alle
aufspringenden Nahrungsquellen im gesamten Flugbe-
reich dem Bienenvolk so rasch erschlossen werden.
Die Honigbiene (Apis mellifica) hat sich in ihrem
Verbreitungsgebiet in eine Anzahl geographischer Rassen
aufgegliedert. Wir haben für unsere Versuche hauptsäch-
lich die Krainer Rasse (A. m. carnica) benützt. Nur bei
dieser vollzieht sich der Übergang vom Rundtanz zum
Schwänzeltanz, wie oben angegeben, erst in einem Ab-
stand von 50 bis 100 m vom Stock, dagegen zum Beispiel
bei der italienischen Rasse (A. m. ligustica) schon bei
10-20 m Abstand. In dieser und auch in anderer Hinsicht
gibt es rassenmäßige Varianten, sozusagen Dialekte der
Bienensprache. Wenn man etwa ein Mischvolk aus Krai-
ner und Italiener Bienen zusammensetzt, so kommt es bei
den alarmierten Neulingen zu Mißverständnissen über
die angekündigte Entfernung.
Es sei aber erwähnt, daß sich die einzelnen Rassen
auch in anderer Hinsicht voneinander unterscheiden: in
ihrer Färbung, in kleinen gestaltlichen Besonderheiten, in
ihrem Sammeleifer, in der Erregbarkeit und Stechlust und
202
anderen Eigenschaften. Die in Afrika heimische Rasse
A. m. adansonii wurde wegen ihres hervorragenden Sam-
meleifers nach Südamerika eingeführt, aber wegen ihrer
Aggressivität mit sanftmütigen Rassen gekreuzt und hat
sich als Mischrasse bewährt. Im Jahr 1957 sind leider 26
reinrassige importierte Afrikaner Völker in Südamerika
entkommen und verwildert. Bei ihrem starken Schwarm-
trieb haben sie sich rasch vermehrt und bereits fast über
ganz Südamerika verbreitet. Sie sind unbeliebt, denn als
Draufgänger berauben sie die bodenständigen Völker der
Imker, töten auch deren Königinnen und besetzen die
Beuten, sind aber wegen ihrer Stechlust unerwünscht. In
Schlagzeilen der Zeitungen werden sie als »Mörderbie-
nen« gebrandmarkt.
Dies ist zweifellos stark übertrieben. Man bedenke,
daß die Afrikaner mit »ihrer« Biene seit mehr als 1 Mil-
lion Jahren friedlich zusammenleben. Sie züchten sie als
Hausbiene und vertragen sich mit ihr, weil sie eben ihre
Lebensweise also auch ihre Stechlust kennen und sich
danach richten. Sie sind besonders vorsichtig in der Nähe
ihrer Bienenstöcke, schützen sich mit Rauch und Schutz-
kleidung und stellen die Völker nicht an Orten auf, wo
viel Verkehr von Mensch und Tier sie belästigen würde.
Ohne Zweifel haben die afrikanischen Bienen in Brasilien
eine neue ökologische Nische entdeckt, die ihrer Lebens-
weise besonders zusagt und ihre Ausbreitung fördert. Sie
besiedeln vor allem die zahlreichen natürlichen Nistplät-
ze in den Galeriewäldern und in Erdhöhlen, so daß man
ihrer raschen Ausbreitung keine Grenzen setzen kann. Es
besteht aber gute Hoffnung, daß diese Bienenvölker, je
weiter sie nach Norden wandern, ihre Vitalität mehr und
mehr mindern; die strengen Winter Nordamerikas wer-
den sie in ihre Schranken weisen und ihre weitere Aus-
breitung unterbinden.
203
Die Tänze der Pollensammler
Neben dem Honig wird als zweites unentbehrliches
Nahrungsmittel Blütenstaub vom Bienenvolk gesammelt.
Auch die Pollensammler verständigen sich untereinander
über ergiebige Fundplätze, und sie tun es in derselben
Weise wie die Nektarsammler. Auch sie machen Rund-
tänze bei nahen und Schwänzeltänze bei fernen Tracht-
quellen, es gelten dieselben Regeln für die Mitteilung von
Abstand und Richtung.
Aber ein kleiner Unterschied besteht doch: Bei den
Nektarsammlern erfolgt die Verständigung über die Blu-
mensorte durch den am Körper haftenden und den in der
Honigblase eingetragenen Blütenduft (S. 174ff.). Die Pol-
lensammler tragen keinen duftenden Nektar nach Hause,
aber sie bringen im Blütenstaub einen Bestandteil der
beflogenen Blumen mit. Der Blütenstaub hat seinen spe-
zifischen Duft, deutlich verschieden vom Duft der Blu-
mensorten, und auch wieder verschieden bei jeder Blü-
tensorte. So sind die Pollenhöschen hier die duftenden
Boten. Das ergibt sich mit Gewißheit aus dem folgenden
Versuch:
Wir richten für die Pollensammler unseres Stockes
zwei Futterplätze ein; am einen Platz (R, Abb. 124) sam-
melt eine gezeichnete Schar an wilden Rosen, am anderen
Platz (G) sammelt eine zweite Schar an großen Glocken-
blumen Blütenstaub. Entfernen wir an beiden Plätzen die
Blumen und lassen eine Futterpause eintreten, so bleiben
..0
/" tJ
204
die Sammlerinnen, nachdem sie eine Weile vergeblich
gesucht haben, daheim im Stock, und nur ab und zu
kommt eine von ihnen als Kundschafterin heraus, um zu
sehen, ob es wieder etwas gibt. Stellen wir am Glocken-
blumenplatz frische Glockenblumen auf, so macht sich
eine solche Kundschafterin sogleich ans Höseln, fliegt
heim und tanzt. Als erste reagieren auf ihren Tanz nach
einer Futterpause die Kameraden, die schon vorher an
den Glockenblumen gesammelt haben, denn der vertrau-
te Duft sagt ihnen, daß ihre Blüten wieder Pollen spen-
den; sie eilen sofort zu neuer Tätigkeit an die Glockenblu-
men, wo sich bei andauernden Tänzen dann bald auch
Neulinge einstellen. Aber die Rosensammler bleiben im
Stock, sie wissen, daß sie der Glockenblumenduft nichts
angeht.
Daraus ist noch nicht zu entnehmen, ob der Duft
der Blumenblätter oder der Pollenduft maßgebend ist.
Aber nun machen wir den Versuch anders. Wir schalten
wieder an beiden Futterplätzen eine Pause ein, dann stel-
len wir am Glockenblumenplatz Glockenblumen auf, de-
ren Staubgefäße wir entfernt und durch die Staubgefäße
von Rosen ersetzt haben (Abb. 125b). Eine Kundschafte-
rin kommt, findet am gewohnten Platz die gewohnten
Glockenblumen, schlüpft in die Blüten hinein und höselt.
Eine Biene der Glockenblumenschar höselt also am
Glockenblumenplatz in Glockenblumen Blütenstaub von
Rosen. Sie fliegt nach Hause, tanzt - und all die Kamera-
den, die seit Stunden und Tagen an den gleichen
Glockenblumen mit ihr gesammelt haben, schenken ih-
rem lebhaften Geschwänzel nicht die geringste Aufmerk-
samkeit; die Rosensammler dagegen, ihr persönlich
fremd, eilen auf sie los, beriechen ihre Höschen und
stürzen zum Flugloch hinaus, an den Rosenplatz, wo sie
zu sammeln gewohnt waren und wo sie jetzt vergeblich
nach Blüten suchen. Die Bienen haben sich narren lassen,
205
a
c
Abb. 125. a Blüte einer Glockenblume (Campanula medium),
ein Teil der Blumenkrone entfernt, um das Innere zu zeigen; der
Blütenstaub von den zurückgekrümmten Staubgefäßen bleibt
größtenteils am Griffel hängen. b Blüte der Glockenblume, die
Blütenstaub tragenden Teile entfernt und durch die Staubgefäße
einer Rose ersetzt. c Rosenblüte (Rosa moschata). d Rosenblüte,
nach Entfernung der eigenen Staubgefäße mit zwei Griffeln samt
anhaftendem Blütenstaub aus Glockenblumen versehen. st Staub-
gefäße, g Griffel.
206
_ Ein umlegbarer Bienenstock und
vom Nachweis der Wahrnehmung
polarisierten Lichtes
Um das Verhalten der Bienen auf horizontalem
Tanzboden genauer zu studieren, kann man einen Beob-
achtungsstock benützen, der sich umkippen läßt. Durch
Anziehen einer Flügelschraube läßt er sich auch in jeder
beliebigen Schräglage feststellen. Hat die Wabenfläche
eine Neigung von nur etwa 15° (Abb. 126), so können
die Tänzerinnen die Richtung zur Sonne durch Schwän-
zelläufe nach aufwärts und jeden gegebenen Winkel zwi-
schen Futterplatz und Sonnenstand durch einen entspre-
chenden Winkel zur steilsten Richtung nach oben auf der
schiefen Fläche noch richtig angeben. Wohlentwickelte
Sinnesorgane befähigen sie dazu, die Richtung der
Schwerkraft so genau wahrzunehmen (s. S. 14, 15).
Liegt aber die Wabe genau horizontal, so kann man
auf ihr nicht aufwärts laufen; dann versagt also die auf
S. 195 (Abb. 118) besprochene Richtungsweisung nach
der Schwerkraft. Es ist ein drolliger Anblick, wie die
Bienen unter solchen Umständen mit unvermindertem
207
Eifer weitertanzen, aber - sofern der Himmel für sie
unsichtbar ist - ohne jede Orientierung des Schwänzel-
laufes; er wechselt fortwährend und ganz ungeordnet
seine Richtung. Sobald man den Tänzerinnen die Sinne
oder ein Stück blauen Himmels sichtbar macht, sind die
Tänze orientiert und weisen direkt nach dem Futterplatz
(vgl. S. 193ff.).
Es war schon davon die Rede, daß die überraschen-
de Einstellung nach dem blauen Himmel auf die Polarisa-
tion des Himmelslichtes zurückzuführen ist (S. 135ff.).
Wir wollen noch berichten, auf welche Art man das
beweisen kann.
Abbildung 127 zeigt den Beobachtungsstock in ho-
rizontaler Lage. Die Glasscheibe über der Wabe ist mit
einem Brett bedeckt, in das ein viereckiges Fenster ge-
schnitten ist; darüber liegt in einem kreisrunden, drehba-
ren Rahmen eine große Polarisationsfolie (S. 130f.). Beim
Versuch ist der Stock von drei Seiten umbaut, die Tänze-
rinnen sehen von der Wabe aus durch das Fenster im
Brett und durch die Folie nur ein begrenztes Stück blauen
Himmels. Das polarisierte Himmelslicht hat, wie uns
bereits bekannt ist, an jeder Stelle eine bestimmte Schwin-
gungsrichtung (Abb. 88, S. 135). Diese kann man durch
208
eine Polarisationsfolie ändern, da diese allen Lichtstrah-
len, die durch sie hindurchgehen, eine bestimmte Schwin-
gungsrichtung aufzwingt. Stellen wir nun die drehbare
Folie über den tanzenden Bienen so ein, daß die hin-
durchgehenden Lichtstrahlen die Schwingungsrichtung
des gezeigten Himmelsortes beibehalten, so tanzen die
Bienen richtig weiter und weisen nach dem Futterplatz.
Drehen wir aber die Folie und ändern hiermit die Schwin-
gungsrichtung des polarisierten Lichtes, so weichen die
Bienen im Sinne der Drehung ab und weisen nach einer
falschen Richtung.
Um diesen Zusammenhang genauer zu prüfen, neh-
men wir die Sternfolie zu Hilfe (S. 136, Abb. 90). Be-
trachten wir durch sie den blauen Himmel, so erhalten
wir rasch und eindrucksvoll Aufschluß über die Schwin-
gungsrichtung des polarisierten Lichtes an den verschie-
denen Himmelsstellen (Abb. 91, S. 137). Ein Beispiel
mag das Prinzip der Versuche klarmachen; zum leichte-
ren Verständnis wählen wir möglichst einfache Verhält-
msse:
Der Futterplatz lag im Westen, 200 m vom Stock.
Die Tänzerinnen hatten durch das Fenster Ausblick nach
blauem Himmel im Westen, also in der Richtung zum
Futterplatz. Neben dem Beobachtungsstock wurde eine
Sternfolie aufgestellt und mit einem Winkel von 45°
schräg nach oben gegen den Westhimmel gerichtet, wie
diesen auch die Bienen durch das Fenster sahen. In der
Sternfolie zeigt sich daselbst das Muster M1 (Abb. 128).
An keiner anderen Stelle bot sich in der Sternfolie dassel-
be Muster. Unterwegs zum Futterplatz hatten die Bienen
also vor sich die Schwingungsrichtung polarisierten Lich-
tes, welche diesem Muster entsprach. Gleichzeitig sahen
sie natürlich am übrigen Himmel andere Schwingungs-
richtungen verwirklicht. Beim Tanz orientierten sie die
Schwänzelläufe korrekt in der Richtung auf das Polarisa-
209
.sI
... Fvllerplalz
Tanz
tf,
... Fullerplalz
-----
.------
Full8rplatz c
Schwingungsrichtung.
210
tionsmuster im Westen, das sie auch beim Flug zum
Futterplatz vor sich gesehen hatten. Sie tanzten ebenso
richtig, als die große runde Polarisationsfolie in solcher
Stellung über die Wabe gelegt war, daß die Schwingungs-
richtung des polarisierten Lichtes unverändert blieb. Die-
se Stellung ließ sich vermittels der Sternfolie leicht finden,
wenn man auf sie eine zweite, drehbare Folie (Deckfolie)
auflegte.
Nun wurde die Folie über dem Beobachtungsstock
um 30° entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht. Sofort än-
derte sich die Tanzrichtung der Bienen und wies 35°
südlich von West. Wenn vor der Sternfolie die Deckfolie
in die gleiche Stellung gebracht wurde wie die Folie über
dem Bienenstock, zeigte sich im Westen das Muster M2-
(Abb. 128b). Beim Absuchen des blauen Himmels mit
der Sternfolie (jetzt ohne Deckfolie) fand sich dieses Mu-
ster nur 34° nördlich von West (Abb. 128c). Beim freien
Flug zum Futterplatz hatten sich die Bienen angesichts
des ganzen Himmelszeltes 34° nach links von diesem
Schwingungsmuster zu halten. Als es nun bei beschränk-
tem Ausblick für die Tänzerinnen der einzige Anhalts-
punkt war, lag der Durchschnittswert der gemessenen
Tänze mit 35° fast genau richtig (mit einer Abweichung
von 1°), wobei offen bleibt, wie weit die Ungenauigkeit
der Bienen oder der Messung zuzuschreiben ist.
Durch künstliche Verlagerung des Polarisationsmu-
sters am Himmel läßt sich also die Richtungsweisung der
Bienen entsprechend ändern. Nachdem sich in nahezu
100 mannigfaltig abgeänderten Versuchen grundsätzlich
immer dasselbe gezeigt hat, war nicht mehr daran zu
zweifeln, daß sich die Bienen nach dem polarisierten
Himmelslicht orientieren können.
211
- Tänze auf der Schwarmtraube
Bienen können durch ihre Tänze auch andere Ziele
bekanntgeben als Nektar- und Pollenquellen: z.B. eine
geeignete Pfütze zur Beschaffung von Wasser (S. 45) oder
einen Platz, wo man an Baumknospen Kittharz sammeln
kann, um das Innere des Stockes abzudichten und zugige
Spalten zu verschließen. Von besonderem Interesse sind
die Tänze von Bienen, die auf Wohnungssuche waren
und dem Bienenschwarm die Lage einer Niststätte be-
kanntgeben.
Diese Wohnungssuche eines Bienenschwarmes ha-
ben wir genauer untersucht und sind dabei den Bienen
auf ein Geheimnis gestoßen, das für das harmonische
Zusammenleben einer Tiergemeinschaft (und auch für
den Menschen) von höchstem, ja lebenswichtigem Inter-
esse ist. Jene Spurbienen, die eine günstige Niststätte
gefunden haben, melden diese auf der Schwarmtraube
durch die gleichen Tänze an wie erfolgreiche Sammelbie-
nen. Andere Bienen in der Schwarmtraube lassen sich
durch diese Tänze alarmieren, fliegen ab und inspizieren
die angekündigte Niststätte. Wenn sie ihnen geeignet er-
scheint, fliegen sie zur Traube zurück und werben eben-
falls durch ihre Tänze für diesen Nistplatz. Wir haben
diese Tänzerinnen mit einem Farbtupfen markiert und
machten dabei eine sehr überraschende Feststellung: Da
wird nicht nur ein einziger Nistplatz von den Spurbienen
vermeldet, vielmehr gehen hintereinander Meldungen
von verschiedenen Entfernungen und Richtungen ein.
Abbildung 129 bringt ein Beispiel: Der Schwarm war am
26. Juni 13.35 Uhr aus dem Mutterstock ausgezogen; bis
15 Uhr konnten wir zwei Tänze von Spurbienen registrie-
ren, der eine zeigte einen Nistplatz in 300 Meter im
Südosten an, ein zweiter Tanz wies 1400 Meter nach
Norden. Der Schwarm zog aber nicht gleich ab, sondern
212
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213
blieb über Nacht an der alten Stelle hängen. Von 12 Uhr
bis 17 Uhr wurden 6 weitere Niststätten durch Tänze
angekündigt; am 28. Juni war das Wetter sehr regne-
risch, aber der Schwarm blieb an der alten Stelle hängen,
wobei die Außen bienen sich wie Dachziegel übereinander
legten und das Regenwasser abtropfen ließen. Der
29. Juni brachte wiederum neue Medungen von anderen
Nistplätzen; insgesamt waren es in den 5 Tagen, die der
Schwarm an der ersten Anlegestelle verbrachte, 21 ver-
schiedene Angebote, die als neuer Wohnsitz zur Wahl
standen. Daß sich ihre Tänze auch wirklich auf Nistplät-
ze bezogen und nicht auf eine gute Blütentracht, konnte
man ohne weiteres dadurch feststellen, daß die Tänzerin-
nen oft mit allerlei Staub bedeckt zurückkamen, die einen
von einer Erdhöhle, die anderen von einem Mauerloch
einer Ruine - sie waren mit rotem Ziegelstaub bedeckt; in
einem Fall kam die Spurbiene offenbar aus einem leeren
Kamin zurück, der im Sommer nicht benutzt wurde, sie
war um und um mit Ruß eingestaubt.
Damit kommen wir zu der sehr ernsten und schwie-
rigen Frage: Welcher von den angebotenen Nistplätzen
soll ausgewählt werden? Der Schwarm muß ja als Ganzes
umziehen und kann sich nicht in einzelne kleine Gruppen
aufteilen, weil ja nur eine Königin zur Verfügung steht.
Zunächst werden wir fragen, ob eine Einigung
überhaupt zustandekommt: Da waren wir immer wieder
erstaunt, daß der Schwarm oft tagelang, in einigen Fällen
sogar bis 2 Wochen, an seinem ersten Anlegeplatz ver-
blieb; auch ein Gewittersturm oder eine längere Regenpe-
riode konnte ihn nicht zum Umzug veranlassen. Es mußte
in der Tat zunächst Einigung über einen der angebotenen
Nistplätze zustandekommen. Wie Abb. 129 zeigt, melde-
ten die tanzenden Spur bienen in den ersten Stunden und
Tagen Nistplätze in verschiedener Richtung und Entfer-
nung an, nach und nach konzentrierte sich aber die Zahl
214
der Tänze auf einen bestimmten Nistplatz, während die
Meldungen für andere Entfernungen und Richtungen im-
mer mehr abnahmen. Am Ende konnten wir für den
bevorzugten Nistplatz ein Dutzend Bienen oder gar mehr
registrieren, die immer in die gleiche Richtung und Ent-
fernung zeigten. Erst nachdem diese Einigung eindeutig
war, wurde durch aufgeregte Schwirrläufe das Zeichen
zum Abflug gegeben. Die Schwarmtraube löste sich in-
nerhalb von wenigen Sekunden auf und flog in die Rich-
tung, wie die Tänzerinnen dies angezeigt hatten.
Ehrlicherweise müssen wir aber zugestehen, daß
diese Einigung in einigen - wenigen - Fällen große
Schwierigkeiten bereitete: Dies war dann der Fall, wenn
das Interesse der Spur bienen sich gleichmäßig auf 2
Nistplätze konzentrierte; da war es dann offenbar beson-
ders schwierig, eine der Gruppen zum Nachgeben zu
zwingen. Aber auch in diesen Fällen mußte die Einigung
zustandekommen, ehe der Schwarm aufflog.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß in jenen Fäl-
len, wo die Einigung sehr lang andauerte - mehr als eine
Woche -, der Schwarm Anstalten machte, sich an der
ersten Anlegestelle seßhaft zu machen. Wie Abb. 48
zeigt, wurden dann im Zentrum der Schwarmtraube erste
Waben angelegt, in denen wir bereits abgelegte Eier fest-
stellen konnten. Damit übernehmen unsere Bienen offen-
bar eine Gewohnheit ihrer Schwesterarten in Südostasi-
en, wo die Zwerghonigbiene und die Riesenhonigbiene
unter den günstigen klimatischen Verhältnissen ständig
im Freien nisten.
Nun bleibt aber noch die Frage zu beantworten,
wie denn im Normalfall die Einigung unter den angebo-
tenen Nistplätzen erfolgt. Wer trifft da die Wahl? Um es
gleich vorwegzunehmen: Die Königin hat kein Stimm-
recht in dieser Angelegenheit. Man kann sie ohne weite-
res während der Debatte um die Nistplätze in einen Käfig
215
sperren, so daß sie keinen Kontakt mit den tanzenden
Spurbienen hat; die Einigung kommt auch in diesen Fäl-
len zustande. Um es kurz zu sagen: Die Entscheidung
wird ausschließlich von den Spurbienen selbst getroffen,
und zwar fällt sie immer auf den besten der angebotenen
Nistplätze. Wir haben einen Schwarm auf einer kleinen
Insel in der Nordsee ausgesetzt und ihm künstliche
Nistplätze angeboten. Da zeigte sich, daß die Spurbienen
die Qualität eines Nistplatzes nach verschiedenen Fakto-
ren beurteilen: Er soll wind geschützt sein, darf bei Regen
nicht durchnäßt werden, er soll gut gegen Temperatur-
wechsel isoliert sein - Bauten aus Holz oder eine Baum-
höhle werden da bevorzugt -. Die Raumgröße sollte der
Stärke des Schwarmes angepaßt sein - das Optimum für
einen normalen Schwarm lag bei etwa 25 Liter Raumin-
halt; auch die Entfernung des zukünftigen Nistplatzes
vom Mutterstock spielt eine Rolle, er soll nicht zu nahe
liegen, dadurch wird die Konkurrenz mit dem Mutter-
volk ausgeschaltet. Eine zu weite Reise würde anderer-
seits der Königin beim Umzug Schwierigkeiten bereiten.
In etwa liegt das Optimum bei 300 bis 500 Meter Entfer-
nung. In minutenlangen Inspektionen am zukünftigen
Nistplatz werden alle diese Faktoren geprüft; je nach der
Güte dieses Nistplatzes werden dann die Tänze auf der
Schwarmtraube entsprechend intensiv und ausdauernd
sein. Ganz im Gegensatz zu Trachtbienen kann ein Tanz
der Spurbienen nicht nur einige Minuten, sondern sogar
Stunden dauern. Was besonders eindrucksvoll war: Jene
Spurbienen, die mittelmäßige oder minderwertige
Nistplätze anzukündigen hatten, interessierten sich auch
für die lebhaften Tänze ihrer anderen Gruppe, inspizier-
ten auch diese anderen Nistplätze und ließen sich - in
vorbildlicher demokratischer Einstellung - für diesen
besseren Nistplatz umstimmen. Nur auf solche Weise
war ja eine Einigung möglich.
216
Abb. 130. Der
Nistplatz Ost-Süd-Ost
in 300 m Entferung.
Wir hatten ihn auf-
grund der Meldungen
der Spurbienen bereits
vor Einzug des Schwar-
mes entdeckt.
217
Erdhöhle umstellen kann, ist eine erstaunliche soziale
Leistung.
Die Untersuchungen mit den Schwarmbienen ha-
ben uns nebenher ein Erlebnis geschenkt, das überzeu-
gend nachweist, daß wir die Information, die durch den
Bienentanz abgegeben wird, richtig interpretieren. In 4
Fällen war es nämlich möglich, den Nistplatz, den die
Spurbienen durch ihre Tänze angekündigt hatten, schon
vor Umzug des Schwarmes aufzufinden. Wir hatten die
Entfernungs- und Richtungsangabe der Spurbienen in ein
Meßtischblatt eingetragen, und nachdem die tanzenden
Bienen auf der Schwarmtraube mit Farbtupfen markiert
waren, gingen wir auf Suche nach dem angekündigten
Ziel. Wir sahen die markierten Spurbienen dann am
Nistplatz aus- und einfliegen. Als dann der Schwarm die
ersten Anzeichen zum Aufbruch gab, liefen wir schnell zu
dem angekündigten Nistplatz und waren schon da, um
den Schwarm zu empfangen und seinen Einzug in den
Nistplatz mitzuerleben (Abb. 130).
218
nungsweisung im Schwänzeltanz vom Gefolge nicht be-
folgt wird, sondern nur Duft für die Zielfindung gilt.
Daß frühere Versuche ohne Erfolg geblieben wa-
ren, lag vor allem daran, daß das Bienenmodell die
Schallsignale, wie wir sie in den letzten Jahren in allen
Feinheiten analysiert hatten, nicht ausstrahlte. Es war die
enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitsteam von Axel
Michelsen in Dänemark, wobei der Bioakustiker, der
Computerfachmann, der Elektroingenieur und der Biolo-
ge jeweils ihre Kenntnisse einbrachten, was schließlich
zum Erfolg führte.
Die künstliche Biene, ein Messingklümpchen, kaum
größer als eine normale Biene, ist am Ende einer dünnen
Metallstange aufgehängt und wird von einem Hilfsmotor
in eine 8-Figur (wie bei einem normalen Schwänzeltanz)
gedreht. Dieser Tanzfigur muß dann noch die horizontale
Schwänzelbewegung während der Schwänzelphase auf-
gelagert werden: dies kontrolliert ein x-y-Schreiber. Um
auch die richtigen Tanzlaute in der rechten Phase des
Schwänzeltanzes an der richtigen Stelle einzufügen, wur-
de als Flügelersatz ein winziges Stück einer Rasierklinge
eingesetzt. Es ruht auf einem Diamantlager und wird von
einem Elektromagneten über einen zweiten Hilfsmotor
so in Schwingung versetzt, daß es wie eine echte Tänzerin
Laute von 260 Hz nach hinten und zu den Seiten in
entsprechender Intensität abstrahlt. Ein Computer über-
wacht laufend diese Flügelbewegungen - eine Meisterlei-
stung der Ingenieure in Dänemark!
Um den Tanzablauf möglichst naturgetreu zu simu-
lieren, war aber noch eine weitere Einrichtung zu ergän-
zen: Wie schon erwähnt, fordern die Nachtänzerinnen
durch Bettellaute die tanzende Biene zwischendurch auf,
Nektarproben abzugeben. Diese Kostproben werden von
unserem Roboter an seinem Vorderende in einer feinen
Spritze angeboten, die durch einen Kolben tröpfchenwei-
219
se Zuckerwasser, dem ein spezifischer Blütenduft beige-
geben war, jede Minute an das Tanzgefolge abgibt.
Dann war noch eine weitere Maßnahme zu beach-
ten: Das Modell muß laufend und peinlich genau so
justiert werden, daß die Schwänzelachse dem jeweiligen
Sonnenstand entsprechend winkelgetreu im Schwerefeld
eingestellt wird. Dabei muß der Winkel zwischen Flug-
bahn und dem jeweiligen Sonnenstand ins Schwerefeld
transportiert werden.
Um ehrlich zu sein: Auch unsere Versuche mit die-
ser Modellbiene brachten zunächst große Enttäuschung.
Zwar interessierten sich einige Bienen auf der Wabe für
das tanzende Modell, sie verfolgten es auch kurz, dann
aber attackierten sie es beißend und knäuelten es ein.
Unsere Roboterbiene war ein fremder Eindringling, der
wie üblich aus dem Stock gejagt werden mußte.
Erst als wir dieses Messingklümpchen mit einer
Schicht Bienenwachs überzogen und dann noch über
Nacht im Versuchsvolk unterbrachten - so daß es den
Stockduft annehmen konnte -, war der Bann gebrochen:
Wir konnten mit Erstaunen und Erleichterung feststellen,
daß jeweils 2 bis 5 Bienen interessiert und ausdauernd
den Tanzfiguren folgten. Eine Alarmierung schien also
gesichert. Würden die Nachtänzerinnen auch die Anwei-
sung dieser künstlichen Biene befolgen?
Wir simulierten mit unserem Bienenmodell einen
Tanz, der ein Ziel in 370 m Entfernung im Süden anzeig-
te. Draußen im freien Gelände saß bei 370 m ein Beob-
achter; neben ihm am Boden war ein Holzbrettehen aus-
gelegt, 10 x 10 cm, das mit Filterpapier überzogen war;
es war mit einem Tropfen Pfefferminzöl getränkt, zeigte
also den Duft an, den unser Bienenmodell während der
Tanzpausen in den abgegebenen Zuckerwassertropfen
anbot. Um herauszufinden, ob wirklich die Richtung an-
gezeigt wurde, waren in sieben weiteren Richtungen, also
220
im SO, 5, SW, W, NW ebenfalls Beobachter aufgestellt,
auch hier konnte das beduftete Holzbrettchen die Neu-
linge anlocken. Der Erfolg der Richtungsweisung durch
die Roboterbienen war eindeutig und überzeugend: In 2
Versuchen von jeweils 3 Stunden Dauer kamen insgesamt
55 Bienen an unsere 8 Duftplatten; davon registrierten
wir 42 in der richtigen Richtung. nämlich im 5, nur 13
verteilten sich auf die sieben übrigen Duftplatten, die
Mehrzahl davon an den benachbarten Platten S0, SW
undW.
Um die Entfernungsweisung durch das Bienenmo-
dell zu testen, wurde auf 250 m alarmiert, Kontrollplat-
ten lagen dann bei 50, 100,500,1000 und 1500 m. Auch
hier war eindeutig, daß die Nachtänzerinnen die Infor-
mation über die Entfernungsangabe befolgten.
Wir sollten aber in aller Bescheidenheit zugeben,
daß der gesamte Alarmierungserfolg unseres Bienenmo-
dells mit jenem einer normalen Tänzerin nicht konkurrie-
ren kann. Wir erreichten bis jetzt bestenfalls 10 % an
erfolgreich alarmierten Neulingen. Offenbar bedarf es
noch erheblicher Verbesserungen: Die Tanzbewegungen
sind noch zu grobschlächtig, was zur Folge hat, daß die
Nachfolgerinnen immer wieder recht unsanft zur Seite
gestoßen werden. Diese verlieren dabei den Kontakt mit
der Tänzerin; eine genaue Informationsübermittlung
wird dadurch natürlich unmöglich. Vor allem bei der
Entfernungsweisung scheinen noch Verbesserungen nötig
zu sein. Vielleicht ist der Schnarrlaut noch nicht exakt
genug mit den Schwänzelbewegungen synchronisiert. Es
ist auch nicht ausgeschlossen, daß das Modell durch
seine kühle Temperatur abschreckt; eine Arbeitsgruppe
in Graz teilt mit, daß die Tänzerin eine um 5° erhöhte
Körpertemperatur zeigt; es ist nicht auszuschließen, daß
eine aufgewärmte Tänzerin die umstehenden Bienen bes-
ser zur Nachfolge stimuliert.
221
Das eigentliche Ziel unserer Untersuchungen ist
aber nicht eine gen aue Simulation einer natürlichen Tän-
zerin dergestalt, daß wir mit ihr in jeder Hinsicht konkur-
rieren können. Unser Anliegen ist letztlich, daß wir durch
Manipulation an unserem Modell die verschiedenen Pa-
rameter des Bienentanzes in ihrer Funktion und Gewich-
tung besser verstehen lernen. Erste aufschlußreiche
Schritte in dieser Richtung sind gemacht: Wenn während
des Schwänzellaufes entweder der Schnarrlaut weggelas-
sen wurde oder das Schwänzeln unterblieb, dann blieb
der Rekrutierungserfolg der Tänze aus. Wenn der
Schnarrlaut nicht pulsartig geboten wurde, sondern als
Dauersignal, hatten wir ebenfalls keinen Erfolg in der
Alarmierung.
In einem weiteren Versuch zeigte unser Modell
250 m durch die Dauer des Schwänzellaufes an, aber
1500 m durch die gesamte Umlaufzeit gemeinsam mit
dem Rundbogen. Im Gegenversuch war der Schwänzel-
Iauf auf 1500 m, die gesamte Umlaufzeit aber auf 250 m
eingestellt. In bei den Fällen suchten die alarmierten Neu-
linge jene Entfernung auf, die durch den Schwänzellauf
angezeigt worden war. Damit ist gezeigt, daß dem
Schwänzellauf das Hauptgewicht für die Entfernungs-
weisung zukommt.
Aber auch der Schwänzellauf allein ist ein sehr
komplexes Signalgefüge. Man kann sich fragen, ob die
Nachfolgerinnen die Dauer der Schwänzelbewegung
oder die Dauer der Schallproduktion messen. Wir haben
diese Frage gesondert geprüft, indem wir vom Modell
durch die Dauer des Schwänzellaufes 1500 m anzeigen
ließen, die Schallproduktion wurde aber so weit verkürzt,
daß sie nur 250 m anzeigte; im Gegenexperiment wurde
entsprechend eine verkürzte Schwänzelbewegung gebo-
ten, so daß nun die Schwänzelbewegung 250 m, die
Tanztöne 1500 m Entfernung anzeigten. Zu unserer
222
großen Überraschung suchten in beiden Fällen die Bienen
in der größeren Entfernung nach Futter. Offenbar sind
beide Signale, nämlich das Schwänzeln und die Schall-
produktion, für eine exakte Entfernungsweisung nötig;
stumme Tänze haben überhaupt keine Alarmwirkung,
genauso wie jene Tänze ohne Schwänzelausschläge. Man
darf aus diesen Untersuchungen schließen, daß nicht ein-
zelne Parameter des Schwänzeltanzes für die Richtungs-
und Entfernungsweisung maßgebend sind, sondern daß
der gesamte Komplex der beschriebenen Signale als Ein-
heit geboten werden muß. Ein verstümmelter Tanz wird
von den Nachfolgerinnen nicht mehr verstanden.
Unsere Hoffnung ist, daß wir durch weitere Varia-
tion, also durch Verstärkung oder Minderung der einzel-
nen Signale, über die Gewichtung der einzelnen Parame-
ter genaueres herausfinden können; vielleicht gelingt es
auch, durch unsere Roboterbiene etwa über die Rentabi-
lität der aufgefundenen Futterstelle eine Information zu
vermitteln.
223
die Kohldisteln, die jetzt auf vielen Wiesen zu Hundert-
tausenden ihre hohen, von grünen Hüllblättern umgebe-
nen Blütenköpfchen zum Himmel strecken, noch man-
ches Pfund Honig einbringen könnten. Doch ist kein
rechter Zug mehr in der Sammeltätigkeit der Völker.
Man sieht vorwiegend Hummeln an den Distelköpfen
beschäftigt. Sie sind durch ihren längeren Rüssel gegen-
über den Bienen im Vorteil, und diesen ist der Nektar
nicht reichlich genug, um durch Tänze Verstärkung her-
beizuholen. Der Bienenvater sieht mißfällig zu - wie
könnte er seinen Immen sagen, daß sie nicht untätig
daheim sitzen sollen, und daß es immerhin noch loh-
nend wäre, aus den Distelköpfen herauszuholen, was da
ist?!
Er kann es ihnen sagen, wenn er mit ihnen zu reden
versteht. Er braucht nur einige Bienen seiner Völker mit
etwas Honig und Zuckerwasser an einen Distelstrauß zu
locken und auf den Distelblüten mit aufgetropftem
Zuckerwasser zu füttern, so tanzen sie daheim und ver-
künden zugleich durch den mitgebrachten Blütenduft die
Quelle ihres Erfolges und das Ziel ihres alarmierenden
Aufrufes. Bald fliegen die Kameradinnen aus und suchen
den verheißungsvollen Distelduft. Der Beflug der Kohldi-
steln läßt sich so auf ein Vielfaches steigern.
Für die Praxis hat man das Verfahren in verschiede-
ner Weise abgeändert und einfacher gestaltet. Statt die
Bienen auf Distelblüten zu füttern, kann man ihnen im
Stock eine nach Disteln duftende Zuckerlösung reichen.
Eine solche erhält man, wenn man Distelblüten für einige
Stunden in Zuckerwasser legt. Andere Blütensorten, de-
ren Duft durch das Bad im Zuckerwasser verändert wird
und dann seinen Zweck nicht mehr erfüllt, bringt man
trocken in ein Futterkästchen mit etwas Zuckerwasser
vor den Flugspalt des Bienenvolkes. Fortschrittliche Im-
ker konnten so mit geringer Mühe bei Disteln wie bei
224
anderen Trachtpflanzen noch erhebliche Honigernten er-
zielen, zu Zeiten, da ihre Nachbarn leer ausgingen.
Auch der Landwirt hat nicht selten den Wunsch,
die Bienen auf eine bestimmte Trachtpflanze hinzulen-
ken, um deren Bestäubung und Samenansatz zu verbes-
sern. So ist bei einer unserer wichtigsten Futterpflanze,
dem Rotklee, die Gewinnung des für den Anbau notwen-
digen Samens eine unzuverlässige Sache. Der Nektar die-
ser Hummelblumen ist für Bienen nicht voll auszuschöp-
fen, weil ihr Rüssel zu kurz ist, um bis auf den Grund der
Blumenröhrchen vorzudringen. Wo der Rotklee feld-
mäßig angebaut wird, ist die Zahl der Hummeln zu ge-
ring, um die Millionen von Einzelblüten zu bestäuben.
Die Bienen zeigen keine Lust, die für sie wenig ergiebigen
Kleefelder zu befliegen, und wenden sich lieber besseren
Trachtquellen zu. Die Folge ist eine schlechte Samenern-
te, wenn nicht - in seltenen Jahren - der Rotklee über-
reich Nektar absondert und dann auch von Bienen ent-
sprechend beflogen wird. Diesem Übelstand kann abge-
holfen werden. Man stellt Bienenvölker an den
Rotklee feld ern auf, alarmiert sie in der geschilderten
Weise auf Rotkleeduft und erreicht dadurch eine derarti-
ge Steigerung des Befluges, daß die Samenerträge durch-
schnittlich um 40% höher geworden sind. Die nunmehr
zuverlässigen Ernten haben erfahrene Samenbauer in
Rotkleegebieten rasch für das neue Verfahren der »Duft-
lenkung« erwärmt. Heute erst an wenigen Stellen geübt,
wird es größere Verbreitung finden, wenn die Not zu
intensiver Ausnutzung des Bodens zwingt. Denn die ge-
ringe Mühe, die Bienen in ihrer eigenen »Sprache« zur
Arbeit anzuweisen, hilft dem Imker seine Honigeimer
füllen und bringt dem Landwirt reichen Gewinn.
225
_ Heilkraft aus dem Bienenvolk
In den letzten Jahren mehren sich Angaben über
überraschende Heilerfolge durch das sog. Propolis, das
sich als wirksames Antibiotikum erweist. Eine Bienen-
wohnung, in der auf engstem Raum 60000 bis 100000
Individuen zusammenleben, ist ein idealer Nährboden
für Pilze und Bakterien, die sich bei der Stockwärme von
35°C und geregelter Feuchte wohlfühlen müßten. Mit
der Hygiene im Haushalt der Bienen kann jedoch keine
Wohnung, nicht einmal eine moderne Klinik konkurrie-
ren: Wände, Bodenbrett, sogar alle Wabenzellen werden
- wie schon auf S. 4 erwähnt - mit einem firnisartigen
Belag, der Propolis, überzogen. Propolis ist eine harzige
Masse, die die Bienen von den Blattknospen und der
Rinde von Bäumen abnagen, mühsam in ihren Pollen-
körbchen stauen und dann noch mit allerlei noch weitge-
hend unbekannten Drüsensekreten vermengen. Mit die-
ser Propolis wird also der ganze Stock austapeziert. Auch
Ritzen und Löcher werden damit abgedichtet und so der
Wärmeverlust durch Zugluft verhindert.
Der Name Propolis ist aus dem Griechischen über-
nommen und bedeutet »vor der Stadt«; der Name ist
wohl geprägt von den Imkern, die feststellten, daß bei
den altertümlichen Bienenstöcken das Flugloch regel-
mäßig mit einem Wall von Kittharz eingeengt wurde; die
Bienen schützten sich dadurch mit einer » Verteidigungs-
mauer«, die sie »vor der Stadt« aufrichteten.
Die antibiotischen Eigenschaften sollen durch Fla-
vonoide, vor allem Galangin und Citrin bewirkt werden;
daneben hat man auch Sorbinsäure, Quercetin, Vanadin
u.a. gefunden.
Bereits bei Plinius und in alten Kräuterbüchern
wird auf die Heilwirkung durch Propolis bei Entzündun-
gen aller Art hingewiesen. Russische Ärzte haben im
226
Zweiten Weltkrieg - in Ermangelung anderer Medika-
mente - mit Erfolg schwerheilende Wunden mit Propolis-
salbe behandelt. Es liegen aus neuerer Zeit durchaus
ernstzunehmende Heilerfolge beim Menschen vor: Der
Däne Aargard meldet überraschende Heilungen bei Bak-
terien-, Virus- und Pilzinfektionen, bei Erkältungser-
scheinungen der Atmungsorgane, bei Wund- und Zahn-
fleischbehandlung. Aus dem Wiener Rudolfinerhaus wer-
den überzeugende Heilungserfolge mit Propolis
gemeldet. Praktische Anwendung findet Propolis als Pul-
ver, als alkoholische Tinktur und als Salbe.
Man wird von diesem Zauberstoff - mit dem die
Bienen eine vorbildliche Hygiene und wirksame Prophy-
laxe gegen Bakterien-, Pilz- und Virusinfektion betreiben,
und dessen Anwendung beim Menschen keinerlei schäd-
liche Nebenwirkung befürchten läßt, in Zukunft noch
allerlei Überraschungen erwarten dürfen.
227
12 Das Zeitgedächtnis
der Bienen
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an den vorangehenden Tagen Futter gegeben wurde, ist
durch Umrahmung hervorgehoben. Die ganze Zeitspan-
ne ist durch kleine Striche in halbe Stunden eingeteilt,
und über jeder halben Stunde sind die Bienen, die in
dieser Zeit zum Schälchen kamen, mit ihrer Kenn-Num-
mer aufgetragen.
Der Versuch ist mit anderen Bienen oftmals und zu
allen Tageszeiten wiederholt worden. Das Ergebnis ließ
keinen Zweifel, daß sich die Bienen jede Futterstunde
überraschend genau merken. Der Erfolg verlockte dazu,
das Zeitgedächtnis der Bienen auf schwierigere Proben zu
stellen. Alle Erwartungen wurden übertroffen. Es gelang
auch eine Dressur auf 2 oder 3, ja auf 5 verschiedene
Futterstunden gleichzeitig.
Abbildung 132 bringt ein Beispiel für eine Drei-
Zeiten-Dressur. Obwohl sie an jenem 13. August von
früh bis abends am Versuchstisch keinen Tropfen
Zuckerwasser fanden, kamen sie zu den drei Dressurzei-
ten - nur jedesmal etwas zu früh, eine Erscheinung, die
man auch schon bei Dressur auf eine Tageszeit häufig
bemerken kann. Das ist ja auch durchaus nicht unzweck-
mäßig. Besser zu früh gekommen als zu spät, wo die
Natur voll hungriger Mäuler ist und nur zu gerne einer
dem anderen die Nahrung wegschnappt.
Nach diesen Erfahrungen ist die nächstliegende
Frage: Wo hat die Biene ihre Uhr? Ist es ihr Magen, der
sie zum Futterschälchen treibt? Das kann schon deshalb
nicht gut sein, weil sie nicht ausfliegt, um sich satt zu
trinken, sondern um Vorrat einzuheimsen und im Stock
aufzuspeichern; und dort kann sie jederzeit ihren Hunger
stillen. Völlig widerlegt wird eine solche Vorstellung
durch folgenden Versuch: Wir bieten einer Bienenschar
durch mehrere Tage von früh bis abends Zuckerwasser,
welches aber zu bestimmten Tagesstunden reichlicher
vorhanden oder süßer ist als sonst. Sie sammeln ohne
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231
Man kann ein ganzes Bienenvolk in eine Dunkel-
kammer versetzen. Wenn dieses Gefängnis dauernd
warmgehalten (25 bis 28 0c) und durch Lampen hell
beleuchtet wird, wenn man den Bienen an künstlichen
Futterplätzen ausreichend Nahrung bietet, dann bleibt
ein kleines Volk auch in so unnatürlicher Lage mehrere
Jahre lang gesund. Es kennt nun keine Jahreszeiten und
hat Sommer und Winter Brut in seinen Waben. Bei
gleichmäßiger Beleuchtung fehlt der Biene jede Möglich-
keit, die Zeit am Stand der Sonne oder an der Helligkeit
abzulesen. Trotzdem gelingen die Zeitdressuren auch un-
ter solchen Bedingungen. Ja, wir können bei der künstli-
chen Beleuchtung die Versuche auch in der Nacht mit
Erfolg durchführen.
Es bestehen offenbar zwei Möglichkeiten: Entwe-
der richten sie sich nach tages periodischen Einflüssen, die
sich unserer Wahrnehmung entziehen. Oder sie tragen
ihre Uhr in sich und haben sie im Stoffwechselgetriebe
ihres Körpers.
Die klare Entscheidung sollte ein Transozeanver-
such bringen. Es wurden in München zwei genau gleiche,
zerlegbare Dunkelräume gebaut und einer nach Paris, der
andere nach N ew York verfrachtet. Wenn in Paris um
12 Uhr mittags die Sonne am höchsten steht, so scheint
sie den Bürgern von New York als Morgensonne, denn
dort ist es erst 7 Uhr (Abb. 133). Richten sich die Bienen
nach dem örtlichen Sonnenstand, den sie etwa in einer
durchdringenden Strahlung oder auf andere uns unbe-
kannte Weise auch in der Dunkelkammer wahrnehmen,
so müssen sie nach einer Zeitdressur in Paris und rascher
Versetzung über den Ozean, in New York nach dortiger
Ortszeit am Futterschälchen erscheinen. Das geschah
aber nicht. In der Pariser Dunkelkammer auf eine be-
stimmte Fütterungszeit dressiert, im Flugzeug nach New
York versetzt und in der gleichartigen Dunkelkammer
232
71\ -------'-- ~ ------- lZh
233
Vertrautheit mit dem Tageslauf der Sonne zeigt und ein
weiterer Beweis für ihre »innere Uhr« zu sein scheint.
Die Suche nach einer »biologischen Uhr« hat sich
in den letzten Jahrzehnten zu einer eigenen Disziplin in
der Biologie und der Medizin ausgeweitet, die »Chrono-
biologie«. Sie hat unser Verständnis über die zeitliche
Organisation aller Lebensvorgänge wesentlich gefördert.
»Der rechte Stoff in der richtigen Menge an den richtigen
Ort, zur rechten Zeit.« Dies ist eine Grundregel allen
Lebens auf dieser Erde.
234
nachgewiesen; in den Millionen von Jahren der Evoluti-
onsgeschichte könnten sich durchaus diese Tiergruppen
solche tagesperiodische Schwankungen des Erdmagnet-
feldes als Zeitgeber angeeignet haben.
Leider haben die Versuche an Bienen noch nicht die
eindeutigen Ergebnisse gebracht, wie wir sie erhofft hat-
ten: Kompensiert man das Erdmagnetfeld, d. h. schaltet
man es unter Helmholtz-Spulen aus, dann gelingt eine
Zeitdressur immer noch - wenn auch mit großer Streu-
ung. In einem künstich gestörten Erdmagnetfeld, das ums
Doppelte verstärkt und in seiner Periodizität abgewan-
delt ist, sind die Bienen in der Zeit, aber desorientiert.
Offenbar wirken innere Uhren und exogene Zeitgeber
unter normalen, natürlichen Verhältnissen sinnvoll zu-
sammen; im künstlich gestörten Feld ergibt sich ein Kon-
kurrenzfall; ehe wir in dieser Frage auf die Bienen zurück-
kommen, sollten wir zum besseren Verständnis da einen
Blick auf andere Tiergruppen werfen.
Man setzt einen Buchfink, der bekanntlich tagaktiv
ist, in einen Käfig, in dem er seine Aktivität dadurch
zeigt, daß er lebhaft von einer Stange zur anderen hüpft;
jeder Hüpfer wird über Kontakt elektronisch registriert.
Auch bei Dauerlicht zeigt der Vogel eine Tag-Nacht-
Rhythmik; eine genaue Prüfung der Hüpf- und Ruhepau-
sen ergibt aber eine Überraschung: Die sog. »freilaufende
Rhythmik« wird zwar tage-, ja wochenlang beibehalten,
aber sie weicht von Tag zu Tag immer um einen kleinen
Betrag vom 24-Stunden-Rhythmus ab; mit anderen Wor-
ten: Es wird unter diesen sog. konstanten Bedingungen
nicht ein genauer 24-Stunden-Tag eingehalten, sondern
ein »zirkadianer« Rhythmus, der sich jeden Tag um 1/2
Stunde etwa verlängert. Auch bei anderen Tiergruppen
hat man einen solchen zirkadianen Rhythmus festgestellt;
bei Bienen und anderen Insekten beispielsweise ist es
durch die Bank ein verkürzter Tag von etwa 23 Stunden.
235
Diese Befunde sind ein schlagender Beweis für die Exi-
stenz einer inneren Uhr: Sie kann ja nicht allein durch
Zeitgeber eingestellt werden, die mit der Erdumdrehung
gekoppelt sind; es ist die artspezifische, angeborene inne-
re Uhr, die hier als ein selbsttätiges Uhrwerk zum Aus-
druck kommt.
Ihre Existenz wurde auch für den Menschen nach-
gewiesen: Man hat Studenten isoliert mehrere Wochen in
einem unterirdischen Bunker gehalten; sie durften völlig
frei und nach Belieben ihren Tag einteilen, d. h. die Zeit,
wann sie zu Bett gingen, wann sie die täglichen Mahlzei-
ten festlegten usw. Im Schnitt wählten die Studenten
einen 25-Stunden-Tag, einige wenige stellten sich auf
einen verkürzten Tag-Nacht-Wechsel ein - so wie ihre
innere Uhr genetisch festgelegt war.
Um nun die Rolle der exogenen Zeitgeber richtig zu
verstehen, ist zu bedenken, daß neben dem Schlaf-Wach-
Rhythmus noch viele andere Oszillatoren im Organismus
tätig sind; beim Menschen kennt man über 150 solcher
Oszillatoren, die für sich allein eine eigene freilaufende
Rhythmik aufweisen. Das ist nun die Rolle der exogenen
Zeitgeber: Sie haben die einzelnen Oszillatoren zu koor-
dinieren, der Fachmann sagt: zu synchronisieren, und
dem lokalen und jahreszeitlichen Tag-Nacht-Wechsel an-
zupassen. Diese Fähigkeit zur Anpassung an wechselnde
örtliche Zeitfaktoren ist ein wesentliches Merkmal der
biologischen Uhr. Nicht nur lokale Schwankungen der
Photoperiode, die mit der Jahreszeit oder mit dem Wetter
in Verbindung stehen, werden kompensiert; man darf es
auch wagen, Wanderungen in einen anderen Kontinent
mit anderer Zeitphase zu unternehmen, wie das die Zug-
vögel Jahr für Jahr tun. Wir selbst dürfen sogar mit dem
Jetflugzeug von Frankfurt nach Chicago fliegen - unser
Tag-Nacht-Rhythmus wird sich umstellen. Unsere innere
Uhr macht uns dabei zwar zu Anfang allerlei Schwierig-
236
keiten, aber nach einigen Tagen oder Wochen ist trotz-
dem eine Anpassung erfolgt. Das gleiche gilt für Schicht-
arbeiter, die ihre Aktivitätsperiode auf die Nachtstunden
verlegen, d.h. alle ihre innere Uhren auf eine neue Phase
umstellen müssen.
Was gäbe das für ein Durcheinander, wenn die
frisch aus Europa eingeflogenen Geschäftsleute und Poli-
tiker in Chicago starr auf ihren heimatlichen Tag-Nacht-
Rhythmus bestünden: In Chicago würden sie kurz nach
Mitternacht ihre Kollegen aus dem Bett jagen, weil ihre
innere Uhr bereits 9 Uhr - ihre produktivste Tageszeit-
anzeigt. In den Nachmittagsstunden würden sie hoff-
nungslos mit ihrem Nickerchen abschalten, ihre innere
Uhr zeigt bereits 11 Uhr nachts an.
Eingehende Untersuchungen aus jüngerer Zeit ha-
ben gezeigt, daß diese Umstellung dem Organismus des-
wegen erhebliche Schwierigkeiten bereitet, weil die ein-
zelnen Oszillatoren beim Menschen sich nicht alle ge-
meinsam umstellen lassen; vielmehr passen sich einige
von ihnen sehr schnell an die neue Zeitphase an, z.B. die
Körpertemperatur und der Pulsschlag, andere bleiben
zäh, sogar wochenlang, am alten Rhythmus hängen wie
z.B. die Kaliumausscheidung in der Niere. Dies muß na-
türlich zu einer Disharmonie im gesamten Uhrwerk füh-
ren; Müdigkeit, Abgeschlagenheit sind die bekannten
Folgen der sog. Jet-Krankheit. Ungeklärt ist bis heute
noch, warum diese Umstellung bei einem Flug West-Ost,
also Chicago-Frankfurt, wesentlich langsamer und
schwieriger vor sich geht wie bei einem Ost-West-Flug.
Am Rande sei auf neueste Untersuchungen hinge-
wiesen, die zeigen, daß eine Umstellung nach einem Jet-
flug leichter vor sich geht, wenn man sich am Verset-
zungsort sofort in die dortige Gesellschaft begibt; der
soziale Zeitgeber erleichtert die Synchronisation.
237
Zunehmendes Interesse findet das Problem der
Schichtarbeit in der Medizin. Es überrascht nicht, daß die
Leistungsfähigkeit eines Schichtarbeiters wesentlich ge-
ringer ist als die eines normalen Tagarbeiters. Es gibt
neuere Befunde, daß man die Umstellung erleichtern und
beschleunigen kann, wenn man dem Nachtarbeiter ein
intensives künstliches Licht anbietet, das in seiner spek-
tralen Zusammensetzung dem natürlichen Tageslicht
gleicht.
Äußere Zeitgeber können noch in anderer Weise
sehr drastisch in das Uhrwerk der inneren Uhr eingreifen:
Sie können sie mit einem anderen als mit einem 24-Stun-
den-Tag synchronisieren; damit kommen wir nochmal
auf die Bienen zurück: Wir füttern eine Bienenschar in
der ständig erleuchteten Klimakammer alle 22 Stunden;
die Bienen akzeptieren diese 22-Stunden-Rhythmik und
kommen am Testtag nicht nach 24 Stunden, sondern 22
Stunden nach der letzten Fütterung. Auch auf einen 26-
Stunden-Tag kann man sie umstimmen. Der gleiche Er-
folg wird auch bei anderen Tiergruppen vermeldet. Die-
ser sog. »Mitnahmebereich« hat aber enge Grenzen: Man
kann die Bienen wochenlang auf einen 19-5tunden-Tag
dressieren, hat aber damit keinen Erfolg; sie sind bei ihrer
Sammelaktivität in der Zeit völlig desorientiert. Auch
eine 48-Stunden-Dressur wird nicht akzeptiert; sie reagie-
ren so, daß sie immer 24 Stunden nach der letzten -
2tägigen - Fütterung am Futterplatz erscheinen.
Im Lauf der Jahrmillionen hat sich demnach die
innere biologische Uhr dem Rhythmus der Erdumdre-
hung angepaßt, allerdings nur in Annäherung, also zirka-
dian; das ist aber sinnvoll; diese Periode soll ja eine
angeborene »Reaktionsnorm« darstellen; die jeweiligen
ortsgemäßen und jahreszeitlichen Schwankungen können
ohne weiteres als exogene Zeitgeber die Zeiger dieser
inneren Uhr nachstellen.
238
_ Die biologische Bedeutung
des Zeitsinnes
Die Dressur von Bienen auf ein nur zeitweise gefüll-
tes Schälchen ist kein so unnatürlicher Versuch, wie es
manchem scheinen mag. Denn viele Blumensorten bieten
Nektar oder Blütenstaub nur zu bestimmten Stunden des
Tages. Das kann am Morgen, am späteren Vormittag
oder erst am Nachmittag sein. In anderen Fällen erfolgt
die Nektarabsonderung zwar über den ganzen Tag, aber
zu gewissen Zeiten wesentlich reichlicher. Auch diese
»Bestzeit« liegt bei verschiedenen Pflanzenarten in ver-
schiedenen Tagesstunden. Bei der großen Blütenstetigkeit
der Bienen bedeutet das für eine Sammelschar, daß sie zu
bestimmten Stunden viel, zu anderen nichts zu tun hat. Es
ist biologisch sinnvoll, daß müßige Bienen daheim blei-
ben. Denn draußen drohen ihnen vielerlei Gefahren.
Tatsächlich bleibt eine Schar von Sammlerinnen in
der Regel im Stock, wenn ihre Trachtquelle vorüberge-
hend versiegt. Nur einzelne aus der Gruppe fliegen ab
und zu aus, um Nachschau zu halten. Haben sie Erfolg,
so tanzen sie auf den Waben genauso wie bei der ersten
Entdeckung einer Trachtquelle (S. 167ff.) und rufen da-
durch die ganze Sammelschar erneut auf den Plan. Bei
streng zeitgebundener Blütentracht unterbleiben aber
bald auch die Kundschafterflüge zu den Stunden, wo sie
doch aussichtslos wären.
Dann pflegt sich die ganze Schar der Sammlerinnen
aus dem unruhigen Getriebe des Tanzbodens in Randbe-
zirke der Waben zurückzuziehen und an stillen Plätzchen
dahinzudäsen. Hat man die Mitglieder der Schar etwa
durch rote Tupfen kenntlich gemacht, so bietet sich dem
Beobachter beim Herannahen der Futterstunde ein anzie-
hendes Schauspiel. Sei es, daß eine »innere Uhr« ihren
Gang geht, oder daß äußere Zeitgeber sie aufrütteln, als
239
wäre ein Wecker gestellt, so kommt Leben in die schein-
bar verschlafene Gesellschaft, und von allen Seiten krab-
beln die rot punktierten Tiere langsam auf den Wabenbe-
reich zu, wo die Tänze vor sich gehen. Wenn sie nicht
gleich aus eigenem Antrieb dem Flugloch zustreben, wer-
den sie hier bald von Kameraden alarmiert, die bereits
erfolgreich an die Arbeit gegangen sind.
So findet ein aufmerksames Auge so manche be-
deutsamen Vorgänge im Bienenvolk zu dessen Vorteil
nach der Uhr geregelt.
Von elementarer Wichtigkeit ist der Zeitsinn für die
Bienen bei ihrer Außentätigkeit. Denn nur durch die
Kenntnis und Beobachtung der Tageszeit sind sie imstan-
de, zu jeder Stunde die Sonne als Kompaß zu benützen.
240
13 Feinde und Krankheiten
der Bienen
241
Abb. 134. Ein Bienen-
wolf versetzt einer
Honigbiene den
lähmenden Stich.
Auch die Romantik der Bären ist dahin. Und das honiglü-
sterne Kleinvolk, wie Ameisen, Wespen oder ab und zu
ein Mäuslein, kann lästig sein, aber kaum ernsthaften
Schaden anrichten.
Doch wäre es ein Irrtum zu glauben, daß die Bienen
nun in ungestörtem Frieden dahinleben können. Es blei-
ben ihnen noch der Feinde so viele, daß man über sie
allein ein Buch schreiben könnte. Das ist auch wiederholt
geschehen, und ein solches Buch mag der Imker zu Rate
ziehen, der sie alle kennenlernen und die Mittel zu ihrer
Abwehr erfahren möchte. Hier wollen wir nur wenige
besprechen, die sich durch ihre Bedeutung und Lebens-
weise herausheben.
Da ist z. B. der Bienenwolf Er ist kein Wolf, son-
dern eine Grabwespe, die den Namen nur ihrer Raubgier
verdankt. Die Grabwespen stehen den staatenbildenden
Wespen nahe, sie leben aber als Einsiedler und machen
Jagd auf Insekten, die sie ihrer Brut als Nahrung hinle-
gen. Dabei hat es jede Grabwespenart auf eine bestimmte
Beute abgesehen und versteht es meisterhaft, sie aufzu-
spüren und zu überwältigen. Der Bienenwolf hat sich
ausgerechnet die wehrhafte Honigbiene auserwählt.
Kaum größer, aber gewandter als sie, fällt er beim Blüten-
242
Abb. 135. Eine der zahlreichen Nisthöhlen in der Nestanlage des
Bienenwolfes. E das abgelegte Ei der Grabwespe.
besuch über sie her und versetzt ihr einen Stich in das
weichhäutige Gelenk hinter den Vorderbeinen (Abb.
134). Dann umarmt er die Stelle ihres Hinterleibes, wo
die Honigblase sitzt, und preßt ihr zur eigenen Labung
den Nektar durch den Mund heraus, den sie zu anderem
Zwecke an den Blumen gesammelt hat. Hernach trägt er
sie im Flug unter seinem Bauch zu einem schon vorher
gegrabenen Loch in sandigem Boden, das durch einen
tiefen Gang zur Bruthöhle führt. Nachdem er hier meist 3
bis 4 derart erlegte Bienen säuberlich in Reih und Glied
nebeneinander hinge breitet hat, legt er an eine derselben
ein Ei und setzt darauf in einer anderen Bruthöhle der
Neströhre seine Tätigkeit fort. Aus dem Ei schlüpft eine
Larve, einer Fliegenmade ähnlich, die sich unverzüglich
daranmacht, die bereitliegenden Bienen eine nach der
anderen aufzufressen (Abb. 135). Da sie durch den Stich
der Wespe gelähmt, aber nicht getötet sind, bleiben sie
frisch wie ein wohlkonservierter Fleischvorrat und sind
doch der trägen Made wehrlos preisgegeben. Herange-
wachsen, verpuppt sich diese in der Bruthöhle, um im
nächsten Sommer auszuschlüpfen und das Handwerk
ihrer Mutter fortzusetzen.
243
In manchen Gegenden, wo der Bienenwolf günstige
Nistgelegenheit findet, kann es zu einer solchen Massen-
vermehrung der Wespe kommen, daß die Imkerei durch
die Verluste an Bienen ernstlich bedroht wird. In einigen
Ländern, z. B. Israel und Japan, machen Hornissen, die
dort massenhaft auftreten, den Bienenvölkern schwer zu
schaffen. Die riesenhaften Wespen fangen die Bienen im
Flug vor ihrem Flugloch ab, lähmen oder töten sie durch
einen schnellen Stich, schneiden ihnen anschließend die
Flügel und Beine ab und tragen die gelähmte oder tote
Beute als Larvenfutter ins Nest.
Die im übrigen als sanfte und friedliche Art be-
kannte Apis cerana, die in Südostasien und Japan hei-
misch ist, weiß sich den Angriffen der Hornisse mit einem
geradezu genialen Trick zu wehren:
Sobald eine Hornisse sich dem Bienenstock nähert,
wird sofort der gesamte Flugbetrieb eingestellt; nach ei-
ner Weile vergeblichen Suchens wird sich die Hornisse
am Flugbrett niederlassen. Das ist das Zeichen zum ge-
meinsamen Angriff der Cerana: Mehrere Dutzend Bienen
stürzen aus dem Flugloch heraus und knäueln die Hor-
nisse ein. Merkwürdigerweise suchen sie dabei gar nicht
die Wespe zu stechen; vielmehr wird durch energisches
Zittern der Flugmuskulatur eine Hitze erzeugt, die im
Zentrum bis zu 45°C erreicht. Nach wenigen Minuten
löst sich der Knäuel auf; die Hornisse liegt jetzt tot am
Flugbrett - sie hat einen Hitzeschock erlitten.
In wärmeren Gegenden ist sogar ein Schmetterling
bei den Imkern als listiger Räuber in Verruf geraten: Der
Totenkopfschwärmer (Acheronita atropus) schmuggelt
sich mit einer chemischen Tarnkappe in einen Bienen-
stock ein, saugt sich dort mit Honig voll und verschwin-
det - meist unbehelligt (Abb. 136).
Das Geheimnis, wie man sich als wehrloser Schmet-
terling in die stachelbewehrte Bienengemeinschaft ein-
244
Abb. 136. Der Toten-
kopfschwärmer, ein
Schmetterling, der sich
mit einer »Duft-Tarn-
kappe« ins Bienenvolk
einschmuggelt.
245
Abb. 137. Arbeitsbiene
mit zwei Bienenläusen,
eine von ihnen am
Mund der Bienen um
Futter bettelnd.
246
Schmetterlinge uns oder den Bienen irgend etwas wegzu-
fressen, denn ihre Mundteile sind verkümmert. Sie kön-
nen überhaupt keine Nahrung aufnehmen und zehren die
kurzen Wochen ihres Falterdaseins von dem Fett, das sie
in ihrer Raupenzeit aufgespeichert haben. In beiden Fäl-
len sind die Schädlinge die Raupen, und in beiden Fällen
steht diesen der Sinn nach einem Stoff, der für unseren
Magen ganz und gar unverdaulich ist. Sowohl die Woll-
haare, die den Larven der Kleidermotte zum Opfer fallen,
wie auch das Wachs der Bienenwaben, das von den Lar-
ven der Wachsmotte verzehrt wird, sind an sich hochwer-
tig, aber schwer angreifbare Nährstoffe. Daß sich die
genannten Raupen diese Nahrungsquelle erschließen
können, verdanken sie ihren spezialisierten Verdauungs-
säften. Die Hornrnasse, aus der ein Haar besteht, ist ein
Eiweißstoff und enthält alles, was zum Aufbau des Kör-
pers nötig ist. Das Wachs ist eine eiweißfreie, dem Fett
nahestehende Verbindung. Die Wachsmotten gedeihen
daher nicht, wenn man sie mit reinem Bienenwachs füt-
tert. Sie sind auf eine eiweißhaltige Beikost angewiesen
und finden sie in den Waben reichlich in Form von
Blütenstaub und anderen Resten und Abfällen ihrer
rechtmäßigen Bewohner.
Eine Wabe, in der sich Wachsmotten angesiedelt
haben, bietet einen traurigen Anblick. Nach allen Seiten
wird sie durchzogen von den Fraßgängen der Raupen
und verunreinigt durch ihren Kot und durch die Ge-
spinstfäden, mit denen sie ihre Gänge zu schützen su-
chen. Jede Raupe wohnt in einem selbstgefertigten seide-
nen Tunnel - auch dies haben sie mit den Larven der
Kleiderklamotten gemein. In einem gesunden und star-
ken Bienenvolk hilft ihnen dies freilich nicht viel, aber ein
schwaches Volk wird mit den Eindringlingen nicht fertig.
Den ärgsten Schaden pflegen sie bei einem achtlosen
Imker außerhalb der Stöcke in seinen Wabenvorräten
247
Abb. 138. Atemröhre aus der Brust einer Biene, die von der Mil-
benkrankheit befallen ist. Zwischen den Milben sieht man von ih-
nen abgelegte Eier, die fast so groß sind wie die Muttermilben
(stark vergrößert).
248
ber von Mehlvorräten, als Käsemilben, als Krätzmilben
in der Haut unsauberer Menschen und dergleichen mehr.
Auch die Biene hat ihre Liebhaber unter den Milben
gefunden. In ihren röhrenförmigen Luftwegen haben sie
einen geschützten Wohnsitz, dessen Wand sie nur anzu-
stechen brauchen, um nahrhaftes Bienenblut zu saugen.
Mit ihren Leibern, mit ihren großen Eiern und durch
Blutreste und Kot verstopfen sie bei starker Vermehrung
die Atemwege (Abb. 138). Schädliche Absonderungen
mögen noch das ihre dazu beitragen, um den Bienen den
Lebensfaden abzuschneiden. Ein schwacher Befall kann
harmlos sein und bleibt oft unbemerkt. Um so gefährli-
cher kann er sich für die Weiterverbreitung der Seuche
auswirken.
Vor etwa 10 Jahren wurde eine andere Milbenart,
Varroa jacobsoni, aus Südostasien nach Europa einge-
schleppt, die sich als außerordentlich gefährlicher Parasit
in unseren heimischen Bienenvölkern auswirkt. In weni-
gen Jahren sind Tausende von Völkern vernichtet wor-
den.
Diese Milbe befällt nicht nur die erwachsenen Bie-
nen, sondern auch die Brut und saugt ihnen die Blutlym-
phe ab. Dies führt dann häufig noch über die Saugwunde
zu bakteriellen und viralen Sekundärinfektionen; bei
starkem Befall gehen die Völker ein (Abb. 139).
Es gibt zwar einige chemische Bekämpfungsmittel,
die allesamt aber nicht 100 %ig wirken, so daß immer
wieder eine Neuübertragung auf andere Bienen und Völ-
ker unvermeidlich ist. Außerdem ist zu befürchten, daß
mit der Zeit die Milben resistent gegen die chemische
Keule werden. Da ist es sehr zu begrüßen, daß die Bienen-
forscher hier in Europa mit großem Eifer dabei sind,
durch eine echte biologische Schädlingsbekämpfung dem
Parasiten Herr zu werden. Grundlage für einen Erfolg ist
eine genaue Kenntnis der Lebensgewohnheiten der Mil-
249
Abb. 139. Die Varroamilbe auf einer Puppe sowie auf erwachse-
nen Bienen, denen sie die Blutlymphe absaugt.
250
be. Da ist als erstes zu bemerken, daß der Parasit in seiner
Urheimat Südostasien mit der dort heimischen Apis cera-
na seit Millionen von Jahren in einem sog. Stillhalteab-
kommen, d. h. in einem Gleichgewichtszustand zusam-
menlebt, wobei die Vermehrung der Milbe so in Grenzen
gehalten wird, daß der Wirt kaum Schaden leidet. Im
wesentlichen gibt es dafür 2 Gründe:
1. Bei Apis cerana legt das Milbenweibchen aus-
schließlich seine Eier in die Zellen mit Drohnenlarven.
Damit ist von vornherein der Befall der Völker begrenzt.
Bei unserer Biene Apis mellifica hat die Varroa offenbar
eine neue, besonders günstige ökologische Nische gefun-
den: Hier wird von den Milbenweibchen zwar auch be-
vorzugt die Drohnenbrut mit Eiern belegt; aber mit zu-
nehmender Befallsstärke wird auch die Arbeiterinnen-
brut heimgesucht. Daraus folgt dann eine lawinen artig
ansteigende Vermehrung des Parasiten, was letztlich zum
Absterben der Völker führt. Untersuchungen aus jünge-
rer Zeit haben ergeben, daß die Milbenweibchen durch
einen Lockstoff im Larvenfutter, das Juvenilhormon, an-
gelockt werden; es ist bei Apis cerana in Drohnenbrutzel-
len in höherer Konzentration als bei der Arbeiterbrut
vorhanden; bei Apis mellifica sind die Unterschiede ge-
ringer. Vielleicht lassen sich in Zukunft die Milben-
weibchen durch Zugabe von Juvenilhormon in die fal-
schen Wabenbezirke lock.en, die man dann als »Fangwa-
ben « ausmerzen kann.
2. Interessanter und aussichtsreicher dürfte die
Auslese bestimmter resistenter Stämme sein, die in ihren
Erbanlagen versteckt ein Abwehrverhalten bereithalten,
das sie mit der Apis cerana gemeinsam haben: Apis cera-
na hält nämlich seine Parasiten dadurch in Schach, daß
sie bei der intensiven gegenseitigen Körperpflege die Mil-
ben von einer Partnerin abkratzen und ihnen die Beine
stutzen. Damit können sich die Milben nicht mehr an der
251
Wirtsbiene festhalten und fallen zu Boden. Erste Meldun-
gen von Großimkern, die sehr viele Völker an einem
Stand haben, geben an, daß bei einigen wenigen Völkern
im Gemüll des Bodenbrettes tatsächlich tote Milben mit
amputierten Beinen oder mit durchgebissenem Panzer
gefunden wurden. Wenn es gelingt, solche »hygienische«
Stämme auszulesen und durch geschickte Nachzucht zu
vermehren, läßt sich vielleicht in naher Zukunft auch
hierzulande die Milbe in Schranken halten.
Daß unsere Imker trotz der harten Rückschläge in
den letzten Jahren im Kampf gegen die Varroa nicht
resignieren und in vorbildlicher Zusammenarbeit mit der
Bienenforschung eine biologische Kontrolle suchen, läßt
auf eine Lösung hoffen.
Neben einem krankhaften Befall der Atemwege
bleibt die Biene auch von Darmkrankheiten nicht ver-
schont. Wohl am bösartigsten ist die Nosemaseuche, so
genannt nach ihrem Erreger: Nosema apis. Der Nosema-
schmarotzer gehört zu den nur im Mikroskop erkennba-
ren einzelligen Lebewesen. Er hat Ähnlichkeit mit einer
Amöbe, dem vielgenannten Wechseltierchen, das aus-
sieht wie ein winziges Schleimklümpchen, und mit träge
fließenden Bewegungen am Grunde von Tümpeln umher-
kriecht. Die »Sporentierchen« aber, zu denen der Nose-
maparasit zählt, sind durchwegs Schmarotzer und haben
ihren Wohnsitz in den Zellen und Organen anderer Tie-
re, sie leben auf deren Kosten, schädigen sie durch ihre
Anwesenheit und können sie bei massenhafter Vermeh-
rung trotz ihrer Kleinheit sogar umbringen. Damit neh-
men sie sich freilich die Grundlage für ihr eigenes Dasein.
Doch die Natur hat vorgesorgt, daß das Geschlecht die-
ser kleinen Unholde trotzdem nicht ausstirbt. Während
sie im Überfluß leben, bilden sie in ihrem Inneren an
pflanzliche Sporen erinnernde, derbwandige Kapseln
(darum »Sporentierchen«), die einen jungen Keim um-
252
a b
253
Auch von »Kinderkrankheiten« bleibt das Volk der
Bienen nicht verschont. Indem wir mit einer solchen diese
kleine Übersicht beschließen, lernen wir eine andere
Gruppe von Krankheitserregern kennen, die einen weite-
ren Schritt gegen die Grenze der mikroskopischen Sicht-
barkeit bedeuten.
Die Erreger vieler menschlicher Seuchen sind nied-
rig stehende kleinste pflanzliche Lebewesen, Spaltpilze
oder Bakterien genannt. Typhus, Cholera, Diphtherie,
Tuberkulose und andere Plagen werden durch solche
unscheinbare Schmarotzer hervorgerufen. Obwohl ihre
Körperlänge nur nach Tausendsteln eines Millimeters
zählt, können sie durch ihre ungeheuerliche Vermehrung
und durch die Absonderung schädlicher Stoffe schwere
Krankheit bewirken. Aber eine derart stürmische Über-
rumpelung und Vernichtung des ganzen Körpers, wie sie
bei der bösartigen Faulbrut der Bienen in der Regel ein-
tritt, ist in der menschlichen Seuchengeschichte doch un-
bekannt. Die Krankheit erfaßt nur die Bienenbrut, also
die Larven während ihrer Entwicklung in den Brutzellen.
Als Erreger hat man eine bestimmte Bakterienart er-
kannt, die sich in der befallenen Larve meist um die Zeit,
da sie sich zur Verpuppung anschickt, so rasch vermehrt,
daß binnen kaum 24 Stunden der ganze Leib durchsetzt
und zerstört wird. Die Larven verfärben sich und ver-
wandeln sich später in eine schleimige, fadenziehende
Masse. Es gibt zwar Bienenvölker mit so fanatischem
Reinigungstrieb, daß sie jede Larve schon zu Beginn der
Erkrankung aus dem Stock tragen und so eine schwere
Infektion des ganzen Volkes verhüten. In der Regel aber
wird die Brutpflege der jungen Arbeitsbienen den noch
gesunden Larven zum Verhängnis. Wenn sie die Zellen
von den Resten der zersetzten Leichen säubern, um sie
zur Aufnahme neuer Eier bereitzumachen, besudeln sie
sich mit den Keimen, und bei ihrer darauffolgenden Tä-
254
tigkeit als Brutammen (vgl. S. 38) bringen sie ihren Zög-
lingen die Ansteckung.
So bleibt auch im vielgepriesenen Staatswesen der
Bienen nicht immer alles in Ordnung - wie denn nichts
auf dieser Erde ohne Fehl und Tadel ist.
255
14 Auf der Stufenleiter
zum Staat der Honigbienen
256
_ Einsiedlerbienen
257
Abb. 141. Die soeben vollen-
dete Nestanlage einer Löcher-
biene (Eriades). Die älteste Lar-
ve, am blind geschlossenen
Ende des Ganges, hat ihren
Futtervorrat fast aufgezehrt
und ist nahezu erwachsen. In
den jüngeren Zellen sind die
Maden entsprechend kleiner.
Jede Larvenkammer hat ihren
Honigkuchen und ist durch
Harzwände von den Nachbar-
kammern getrennt. Die Mut-
ter sitzt noch im Flugkanal.
Natürliche Größe.
258
Abb. 142. a Eine Ein-
siedlerbiene (Megachi-
le) hat teils ovale, teils
kreisrunde Blattstücke
mit ihren Kiefern ausge-
schnitten und, einzeln
zusammengerollt, in
ihre Wohnröhre getra-
gen (Bild rechts oben).
b Ein einzelnes Nest:
Die Seitenwände und
der Boden sind aus den
ovalen, unten umge-
schlagenen Blatt-
stücken geformt, der
Verschlußdeckel
(rechts) aus den kreis-
runden. Innen befindet
sich der Futterkuchen
mit einem Ei. Natürli-
che Größe.
259
f
Abb. 144. Das Schneckenhaus mit dem Bienenei wird unter ei-
nem Dach aus Halmen verborgen.
260
Manche Arten legen ihre Nester in enger Nachbar-
schaft an, wo eine gute Nistgelegenheit sich bietet. Wäh-
rend sie ganz harmlos sind, wo sie einzeln oder in gerin-
ger Zahl bauen, scheint mit ihrer Siedlungsdichte zu-
gleich ihr Mut zu wachsen. Sie schreiten zur
Verteidigung, wenn es Not tut, und fallen im Schwarm
über einen Störenfried her. Einige Arten suchen im
Herbst Erdhöhlen auf, um da in größerer Gesellschaft zu
überwintern. Mag in solchen Fällen eine günstige Nistge-
legenheit oder ein verlockender Unterschlupf für die An-
sammlung mitbestimmend sein, so erkennt man doch
einen gewissen Gemeinschaftssinn.
Vielleicht in seiner ursprünglichen Art kommt er da
zum Vorschein, wo er sich nur in einer Neigung zum
Beisammensein äußert, ohne anderen Sinn und Zweck.
Abbildung 145 zeigt das obere Ende eines verdorrten
Blütenstengels, auf dem sich einige Männchen einer be-
stimmten Art von Einsiedlerbienen (Gattung: Halictus)
als Schlafgesellschaft zusammengefunden haben. Am Tag
zerstreuen sie sich bei schöner Witterung in alle Him-
melsrichtungen, aber sobald Regenwolken aufziehen,
und allabendlich beim Anbruch der Dämmerung, kehren
sie genau an diese Stelle zurück, um gemeinsam zu ruhen.
Nichts zeichnet diesen Stengel vor zahllosen ebensolchen
Blütenstielen der nächsten Umgebung aus. Die Bienen
finden keinen Wärmeschutz daselbst, in jedem Blüten-
köpfchen wären sie besser vor Kälte bewahrt als an dem
im Wind schwankenden Stengel. Sie finden keine
Deckung vor Regen, sie finden keine Nahrung dort, und
die Weibchen ihrer Art treiben sich ganz anderswo her-
um. Nur ihre eigene Gesellschaft treffen sie an diesem
Stelldichein und scheinen ein Bedürfnis danach zu haben.
Das ist noch keine Staatenbildung. Aber wenn sol-
cher Gemeinschaftssinn die weiblichen Tiere und ihre
Tätigkeit ergreift, dann kann er zur Staatenbildung füh-
261
Abb. 145. Sechs Männchen einer Einsiedlerbiene (Furchenbiene,
Halictus), die sich bei schlechtem Wetter und abends zum Schlaf
stets auf einer bestimmten Stelle eines verdorrten Blütenstengels
zusammenfinden. Natürliche Größe.
Abb. 146. Lehmwabe der Furchenbiene Halictus quadricinctus in
einer Lehmwand, Zugangsschacht und Nesthöhle von vorn frei-
gelegt, links eine Zelle aufgebrochen. Auf die Hälfte verkleinert.
262
schlüpfenden Jungbienen an Ort und Stelle, statt sich in
alle Winde zu zerstreuen, bauen gemeinsam an der von
der Mutter begonnenen Wabe weiter, legen ihre Eier in
dasselbe Nest und betreuen gemeinsam die Brut. Wer
Futter bringt, der bringt es für die Kolonie und nicht
allein für die eigenen Nachkommen. Erst der Herbst
zerstört das Gemeinwesen. Im nächsten Frühjahr fängt
jede Mutter von vorne an, beginnt als Einsiedlerin und ist
doch die Gründerin eines kleinen Staates.
Bei einer anderen Art (Halictus marginatus) ist die
Bezeichnung »Einsiedlerbiene« nicht mehr passend. Hier
erreicht die Gründerin des Nestes ein Alter von 4-5 Jah-
ren, wie die Königin der Honigbiene. Sie bleibt ihr Leben
lang ihrer Niststätte treu. Von Jahr zu Jahr vermehrt sich
die Zahl ihrer Töchter, die an derselben Siedlung weiter-
bauen und sie vergrößern. So entwickelt sich eine kinder-
reiche Familie mit mehr als hundert Mitgliedern,
durchwegs Weibchen, die aber fast alle jungfräulich blei-
ben und sich nur der Futterbeschaffung, der Pflege der
Brut und der Bautätigkeit widmen. Die Gründerin des
Nestes, solcherart entlastet, bleibt zu Hause und wird zur
»Königin« des Gemeinwesens. Am Ende dieses mehrjäh-
rigen Zyklus treten Männchen auf, junge Weibchen wer-
den begattet und gründen neue Kolonien, während die
alte zerfällt.
Sind hier die unbegatteten Weibchen nur dadurch
von der Königin verschieden, daß ihre Eierstöcke sich
nicht zur vollen Reife entwickeln, so sind sie bei einer
weiteren Art dieser vielseitigen Gattung (bei Halictus
malachurus) von geringerer Größe als jene und dadurch
schon äußerlich als »Arbeiterinnen« gekennzeichnet.
Hiermit ist der Übergang zum Staatswesen der Hummeln
vollzogen.
263
_ Der Hummelstaat
264
Abb. 147. Unterirdisches Nest der Steinhummel; die Wachshülle
wurde teilweise entfernt, um die Wabe freizulegen. Rechts die Kö-
nigin. Auf 2/3 verkleinert.
265
Abb. 148. Junges Nest der Ackerhummel, Mooshülle durch-
schnitten und aufgeklappt. Das Nest ist bis auf das Flugloch (F)
allseits geschlossen. Die Königin ist noch allein. In der kleinen
Wabe werden die ersten Arbeiterinnen herangezogen. Rechts der
Honigtopf. Natürliche Größe.
266
später gelegentlich wieder aufzubeißen und den heran-
wachsenden Maden neues Futter zu reichen. Aber diese
beengen sich gegenseitig in der gemeinsamen Zelle, und
das Futter ist knapp für die Zahl hungriger Mäuler. So
bleibt der Erstlingsnachwuchs unterernährt und klein.
Nach einer gewissen Zeit spinnt jede Made einen Kokon
und wird darin zur Puppe. Die sparsame Mutter nagt das
unnötig gewordene Wachsmaterial der Zelle ab, um es
anderweitig zu verwenden, so daß die Kokons frei liegen.
Die ausschlüpfenden, in ihrer Größe zurückgebliebenen
Hummeln haben infolge der knappen Ernährung ver-
kümmerte Eierstöcke. So sind Arbeitstiere entstanden,
die selbst keine Nachkommenschaft erzeugen, aber als
»Hilfsweibchen« beim Zellenbau und bei der Pflege der
Brut der Gründerin des Nestes zur Seite stehen. Diese
hebt sich nun als »Königin« heraus. Sie wird um so mehr
entlastet, je mehr geschäftige Gehilfinnen dazu kommen,
und kann sich bald allein der Eiablage widmen. Die
Wabe wächst nun rascher, die Zellen werden geräumiger,
die Nahrung wird reichlicher eingetragen, und dement-
sprechend werden die Larven größer und besser ent-
wickelt. So entstehen im Laufe des Frühlings und Som-
mers alle Übergänge von jenen ersten kümmerlichen
Hungertieren bis zu voll entwickelten Weibchen
(Abb. 149), neben denen im Sommer auch Männchen
herangezogen werden. Sie schwärmen aus und machen
sich auf die Suche nach jungen Weibchen. Im Spätherbst
sterben sie ab, wie auch die alte Königin und das ganze
Arbeitsvolk. Die gesammelten Vorräte reichen wohl über
kurze Zeitspannen ungünstiger Witterung, aber nicht
durch die lange Winterzeit, und das lockere Nest schützt
nicht vor den Frösten. Die begatteten Weibchen aber
verkriechen sich an geeigneten Stellen, verbringen den
Winter in Kältestarre und sind die Königinnen des kom-
menden Jahres.
267
Abb. 149. Größenstufen der Ackerhummel, sämtlich aus einem
Nest, 2. 9. 1935. Neben den voll entwickelten Weibchen, den Kö-
niginnen für das folgende Jahr, waren noch winzige Hilfs-
weibchen aus der Gründungszeit des Nestes zu finden. Natürliche
Größe.
268
einIge Nachkommen so weit bringt, daß Sie ihr Ge-
schlecht in das nächste Jahr hinüber retten.
269
a
270
a
271
oben offenen Brutzellen tragen. Als Honigtöpfe dienen
auch hier bauchige Behälter, ähnlich wie bei den Hum-
meln (Abb. 151). Sie sind bei manchen Arten so groß wie
Hühnereier.
Verschiedenheiten, wie in der Bauweise, treten auch
in der gesamten sozialen Organisation hervor. So lag es
nahe, in dieser artenreichen Gesellschaft nach einfache-
ren Vorstufen der wechselseitigen Verständigung zu su-
chen. Wie sind die Honigbienen zu ihrer hochdifferen-
zierten Sprache gekommen? Können Nachforschungen in
ihrem Verwandtschaftskreis zur Beantwortung dieser
Frage einige Anhaltspunkte geben? Die Hummeln sagen
uns dazu nichts. Bei ihnen hat man vergeblich nach einem
Mitteilungsvermögen geahndet.
Dagegen steht man bei jenen kleinen stachellosen
Bienen, deren Bauten wie Hummelnester aussehen, tat-
sächlich wohl an der Wurzel der Bienensprache. Wenn
diese Tiere eine gute Futterquelle entdeckt haben, alar-
mieren sie ihre Kameraden auf denkbar einfachste Art:
Nach der Heimkehr läuft eine erfolgreiche Sammlerin
erregt auf der Wabe herum, rempelt die müßig dasitzen-
den Genossen an, erweckt so ihre Aufmerksamkeit und
rennt dann plötzlich mit betonten Schüttelbewegungen
ihres Körpers ihnen voran nach dem Flugloch. Da aber
macht sie kehrt, um in gleicher Weise ein neues kleines
Gefolge nach dem Ausgang zu weisen. Darauf be-
schränkt sich ihre Tätigkeit. Und doch erhalten die alar-
mierten Kameraden einen eindeutigen Hinweis auf die
Herkunft des Fundes. Er ist durch den spezifischen Duft
der Blüten gegeben, die von der Sammlerin beflogen wur-
den. Er haftet nach der Heimkehr noch an ihrem Körper.
Ohne über die Lage der Futterquelle etwas erfahren zu
haben, suchen die Neulinge nach allen Seiten und in
verschiedenen Entfernungen nach diesem Duft und kom-
men dadurch an die richtigen Blüten. Das ist durch Ver-
272
suche folgender Art nachgewiesen: Eine Gruppe solcher
Bienen (z. B. Trigona droryana) erhielt Futter an einem
mit Duft versehenen Schälchen. Es stellten sich da selbst
Neulinge ein, solche erschienen aber etwa in gleicher
Zahl auch an Kontrollschälchen mit demselben Duft in
der entgegengesetzten Richtung oder in anderer Entfer-
nung. Ein solches Verhalten ist un's von der Honigbiene
seit mehr als 50 Jahren bekannt: Wenn sie nahe vom
Stock einen Futterplatz entdeckt, verkündet sie daheim
den Fund und seinen spezifischen Duft durch Rundtänze,
ohne Lagebeschreibung (S. 167ff.).
Höher stehende Vertreter der gleichen Gattung Tri-
gona haben eine leistungsfähigere Verständigungsweise.
Wenn eine solche Biene in einiger Entfernung von ihrem
Heim ergiebige Nahrung findet, so wimmelt es da bereits
nach 1 Stunde derart von eifrigen Sammlerinnen, als
wenn es Honigbienen wären, die durch Schwänzeltänze
die Richtung und Entfernung des Zieles erfahren hatten.
Aber diese stachellosen Bienen, z. B. Trigona postica
(Brasilien), haben eine andere Methode erfunden: Die
Entdeckerin alarmiert nur durch Herumrennen auf der
Wabe und durch stoßweises Summen die Kameraden,
von denen daraufhin mehrere das Nest verlassen und
abwartend vor ihrem Heim herumschwärmen. Die Fin-
derin aber macht zunächst noch einige Sammelflüge und
schickt nach jeder Heimkehr weitere Bienen zum Flug-
loch hinaus. Dann ändert sie plötzlich ihr Verhalten: Sie
läßt sich beim Heimfliegen wiederholt auf einem Gras-
halm oder einem Stein nieder und setzt auf ihn aus ihrer
Kieferdrüse eine Duftmarke ab. Vor ihrem Nest ange-
kommen, stürzt sie sich in den wartenden Schwarm der
Neulinge und veranlaßt diese durch Zickzackflüge dazu,
nun aufzubrechen und ihr entlang der Duftspur, die auch
für unsere Nase gut wahrnehmbar ist, zu folgen. So lotst
sie die Gruppe ans Ziel, wo sie gemeinsam mit den ande-
273
ren eintrifft. Dieses Verfahren ist erfolgreich bei der Mas-
senalarmierung auf ein bestimmtes Ziel. Aber man ver-
mißt die abgestufte Werbung für ungleich lohnende Nah-
rungsquellen, wie sie bei der Honigbiene verwirklicht ist.
Diese haben es ja dazu gebracht, durch ihre Tänze die
Stockgenossen ohne Geleit zu den Fundstellen zu
schicken und zugleich durch verschiedene Intensität der
Werbung in Verbindung mit dem bezeichnenden Blüten-
duft die Größe der ausgesandten Arbeitsgruppen an die
Rentabilität der einzelnen Blütensorten sinnvoll anzupas-
sen.
Bei einer anderen Gattung der stachellosen Bienen,
bei Melipona-Arten (Abb. 151), findet sich ein erster
Schritt zu einer Lagebeschreibung des Zieles: Wie auch
Trigona-Arten, summen sie nach der Heimkehr von einer
ergiebigen Nahrungsquelle, aber nicht regellos, wie diese.
Je weiter der Weg zur Fundstelle, desto länger sind die
einzelnen, durch kurze Pausen unterbrochenen Tonstöße,
z. B. je 1/2 Sekunde bei einem Futterplatz unmittelbar
neben dem Nest, aber 1 1/2 Sekunden bei einem Abstand
von 700 m. Es liegt also eine Entfernungsmeldung in
diesen Summtönen. Beobachtungen sprechen dafür, daß
die Nestgenossen auf diese Signale achten. Auch eine
Richtungsweisung besteht, ist aber primitiv und be-
schränkt sich darauf, daß die erfahrenen Sammlerinnen
den alarmierten Neulingen beim Ausflug eine Strecke
weit das Geleit geben und sie in der Richtung zum Ziel
auf den Weg bringen, den sie dann selbst zu Ende finden
müssen - wobei der Erfolg weit hinter dem der spurenle-
genden TrigonaArten zurückbleibt.
Übergangsformen von solchen Ansätzen zu den
Tänzen der Bienen mit ihrer vollendeten Lagebeschrei-
bung des Zieles kennen wir nicht. Sie sind wohl mit den
direkten Vorfahren der Gattung Apis verschwunden.
Von dieser gibt es heute außer unserer Honigbiene nur
274
noch drei Arten, die auf ihre Urheimat im südlichen
Asien beschränkt geblieben sind. Die Hoffnung, bei ih-
nen doch noch Hinweise wenigstens auf die letzten Ent-
wicklungsstufen der Bienensprache zu finden, gab Anlaß
zu einer Studienreise M. Lindauers in ihr Heimatgebiet.
Sie brachte keine Enttäuschung.
275
L
117
276
Zweig in lichtem Gebüsch (Abb. 152). Der oberste Teil
der Wabe umgreift den Zweig, an dem sie hängt, und ist
etwas verbreitert, so daß obenauf ein horizontales Pla-
teau entsteht - der Tanzboden der kleinen Gemeinde!
Hier landen die heimkehrenden Sammlerinnen, und hier
verbreiten sie ihre Nachrichten. Alle drei indischen Apis-
Arten haben dieselbe Verständigungsweise wie unsere
Bienen: Rundtänze bei nahen Zielen und Schwänzeltänze
mit ihrer Entfernungs- und Richtungsweisung bei größe-
rem Abstand. Aber die Zwerghonigbienen tanzen aus-
schließlich auf der oberen Plattform ihrer Wabe, auf
horizontaler Fläche, angesichts der Sonne und des blauen
Himmels. Zwingt man die Sammlerinnen durch Be-
decken der Plattform auf die seitliche, vertikale Waben-
fläche, so tanzen sie wirr und ungerichtet. Sie sind nicht
imstande, den Winkel zur Sonne in den Schwerkraftwin-
kel zu übersetzen. Sie können die Richtung zur Futter-
quelle nur anzeigen, indem sie sich beim Schwänzellauf
auf horizontalem Tanzboden in jenen Winkel zur Sonne
einstellen, den sie beim Flug zum Ziel eingehalten hatten.
So macht es ja ausnahmsweise auch unsere Biene, und
wir haben dieses Verhalten als das einfachere und ur-
sprünglichere aufgefaßt (S. 193f.). Die Zwerghonigbiene
bestätigt es, indem sie als primitivste unter den heutigen
Apis-Arten nur auf diese Weise tanzt.
Die Riesenhonigbienen sind größer als unsere Hor-
nissen und ihre Stiche sind ebenso gefürchtet. Auch sie
bauen eine einzige Wabe, die einen Durchmesser von 1 m
erreichen kann und· gleichfalls stets im Freien angelegt
wird, an den Ästen schütter belaubter Bäume hängend
(Abb. 153), oft auch unter einer vorspringenden Felskan-
te. Sie ist um einen Schritt weiter gekommen als die
Zwerghonigbiene, indem sie auf der vertikalen Waben-
fläche den Winkel zur Sonne auf den Winkel zur Schwer-
kraft transportiert. Das ist für sie eine Notwendigkeit,
277
Abb. 153. » Bienenbaum « im Botanischen Garten zu Peradeniya
(Sri Lanka). Das Volk der indischen Riesenhonigbiene (Apis dor-
sata) baut seine große, frei hängende Wabe unter freiem Himmel,
an Bäumen mit lichter Belaubung.
278
zu übersetzen. Das war die Voraussetzung für ihr Woh-
nen in hohlen Bäumen oder Erdlöchern, die vor Feinden
und Unbilden der Witterung besseren Schutz gewähren.
Erst dadurch wurde ihnen auch die Besiedelung von Ge-
bieten möglich, in denen - wie bei uns - frei nistende
Völker einen strengen Winter nicht überstehen können.
Nach diesen Ergebnissen einer »vergleichenden
Sprachforschung« an Bienen scheint die folgende Vor-
stellung von der Entwicklung der Bienensprache begrün-
det:
Der Anfang war, daß erfolgreich heimkehrende
Sammlerinnen durch erregtes Herumrennen und durch
ein summendes Vibrieren der Flugmuskeln die Aufmerk-
samkeit der Nestgenossen auf sich lenkten. Das Vibrieren
der Flugmuskeln ist bei Insekten ein verbreiteter Brauch
zum Aufwärmen des Körpers vor dem Abflug und dient
zwischen zwei Ausflügen dem Warmhalten. Am Blüten-
duft, der am Körper der geschäftigen Kameraden haftete,
erkannten die Nestgenossen die Duftmarke der Futter-
quelle und machten sich nach allen Seiten auf die Suche.
Ein Schritt zu einer Entfernungsmeldung im Nest war
gegeben, wenn mit wachsender Entfernung des Zieles das
Summen in zunehmend längeren Tonstößen hervorge-
bracht wurde, wie das bei manchen stachellosen Bienen
zutrifft. Eine Richtungsweisung begann damit, daß die
erfahrenen Sammlerinnen die alarmierten Neulinge beim
Ausfliegen ein Stück weit mit auf den Weg nahmen.
Im Tanz der Honigbienen sind Entfernungs- und
Richtungsweisung im Schwänzellauf miteinander gekop-
pelt. Die zunehmende Länge der Summtöne und als zu-
sätzliche Ausdrucksbewegung ein gleichzeitiges Schwän-
zeln markieren scharf die Schwänzelzeit als Symbol der
Entfernung. Die Richtungsweisung ist nun bei der
Zwerghonigbiene durch die Richtung des Schwänzellaufs
mit Bezug auf den Sonnenstand gegeben. Auch das ist ein
279
verständlicher Schritt: An die Stelle der Geleitflüge traten
»Intentionsbewegungen«, wiederholte Ansätze zum Ab-
flug in der angestrebten Richtung, wie man sie ähnlich
bei Vogel scharen vor dem gemeinsamen Aufbruch zum
Schlafplatz oder zu gewohnten Weideplätzen beobachten
kann.
Aber wie kamen die Bienen schließlich dazu, im
finsteren Stock den Sonnenwinkel durch den Schwer-
kraftwinkel zum Ausdruck zu bringen? Haben sich die
Bienenvölker eines Tages versammelt und den Überset-
zungsschlüssel vereinbart: Richtung nach oben auf der
Wabe = Richtung zur Sonne beim Flug usw.?
Die geistigen Fähigkeiten der Bienen schließen eine
solche Annahme aus. Für verständige Überlegungen sind
in ihrem Gehirn, so groß wie ein Stecknadelkopf, die
Voraussetzungen nicht gegeben. Ihre Handlungsweisen,
so verwickelt sie uns erscheinen, sind erblich festgelegte,
nur wenig wandlungsfähige Instinkte und halten sich in
den engen Grenzen dessen, was unter natürlichen Um-
ständen für sie Bedeutung hat.
Erfahrungen an anderen Insekten haben aber auch
diesen letzten Schritt in der Entwicklung der Bienenspra-
che dem Verständnis etwas nähergebracht. Auch ein
Mistkäfer bedient sich unter Umständen der Sonne, um
den geraden Weg nicht zu verlieren. Er macht es einfach
so, daß er beim Kriechen auf dem Boden einen bestimm-
ten Winkel zur Sonne beibehält - oder zu einer künstli-
chen Lichtquelle, wenn er als Versuchstier in den Dienst
der Wissenschaft gespannt ist. Versetzt man ihn nun
plötzlich in Dunkelheit und kippt gleichzeitig seine Lauf-
fläche hoch, so daß sie vertikal steht, so schlägt er den
Winkel zur Schwerkraft ein, den er vorher zum Licht
eingehalten hatte. Das hat für ihn keinerlei biologische
Bedeutung. Er bleibt nur, vielleicht aus einer Art geistiger
Trägheit, bei seinem Orientierungswinkel; wenn das
280
Licht versagt, hält er sich an einen anderen brauchbaren
Orientierungs reiz, in unserem Fall an die Schwerkraft.
Ganz Entsprechendes hat man bei anderen Insektenarten
beobachtet. Bei jenem Transponieren der Bienen, das so
schwer zu begreifen schien, handelt es sich also offenbar
um eine weitverbreitete primäre Eigentümlichkeit nervö-
ser Zentren. Es kam nur darauf an, diese angeborene
Verschlüsselung sinnvoll zur Anwendung zu bringen, um
eine durch Erfahrung bekannt gewordene Richtung an-
deren zu übermitteln und so in einzigartiger Weise in den
Dienst einer biologischen Aufgabe zu stellen.
Das klingt ganz einleuchtend - und bleibt doch
rätselhaft genug, um das Staunen nicht zu verlernen.
281
Bildnachweis
283
140 Präparate von G. Reng
141-145,148,149 Sammlung K. v. Frisch, Brunnwinkl
147 nach v. Buttel-Reepen
150, 152, 153 nach M. Lindauer
151 nach Doflein und Lindauer
284
Sachverzeichnis
A Arbeitskalender 75
A. m. adansonii 203 Arbeitsleistung 192
Aargand 227 Arbeitsmarkt 51
Abgabezeit 179 Arbeitsteilung 64,68, 75, 269
Absperrgitter 37 Aroma 23
Abwehrverhalten 251 ätherisches Öl 81,87
Ackerhummel 266 Augenhintergrund 118, 120
Ackersenf 113 Augenkeile 123-126
Aggressivität 203 Augenlicht 77
Ägypter 5 äußere Zeitgeber 234, 238
Alarm 171
Alarmierungserfolg 221 B
Alarmierung 220 Baggersee 154
Alarmwirkung 223 Bären 241
Alpenrosen 109 Baubiene 52, 72, 74, 76,
Alpenveilchen 170-172, 175 162-163
Alter der Bienen 71-72, 75 Baumklotz 8
Alterungsprozeß 76 Bautätigkeit 15,42,69
Altvolk 73-74 Bedürfnisse des Volkes 74
Ameisen 242,257,275 Befruchtung 30, 32
Ammendrüse 42 Begattung 56-57, 62
Amputation 87-88 Begattungskästchen 49
Anstrichfarben 147 Beobachtungsbienenstock 34
Antennen 87 Beobachtungskasten 72
Antibiotikum 35, 226,253 Beobachtungsstock 64, 73,
Apfelbüte 19,32, 113 153-154, 160, 165, 180,
Apis cerana 244,251 207
Apis dorsata 275,278 Bernstein 5-6
Apis florea 275-276 Bestäubung 79,178
Arbeiterin 46,48, 50,251 Bestzeit 231,239
Arbeiterinnenzellen 51-52 Bettellaute 187,219
285
Bienen Blütenart 172
- auge 84,103-104, Blütenbiologen 173
106-107,109,111-112, Blütenduft 80-81,173-175,
126-127, 147 181,204,220,279
- baum 278 Blütenfarbe 79,109-110
- besuch 178 Blütennektar 94
- beute 5 Blütensorte 170, 174
- brut 46,254 Blütenstaub 12, 18,24-25,
- fleiß 71 27,29,32,36,47,70,79,
- fühler 89, 90-91 107,169,204,247
- geruch 146 Blutlymphe 75,249-250
- korb 8 Bluttemperatur 44
- larven 67 Bohnen 32,111,172
- laus 245 Borstenkamm 27
- leichen 71 Botenstoff 86
- made 39 Brut 36,38,40,54,72
- modell 218-221 Brutamme 67,72, 74, 76,
- purpur 106, 116 142,255
- schwarm 55, 163,212 Brutbereich 36
- sprache 173, 188,275,279 Brutbezirk 44
- sprektrum 106 Bruthöhle 243
- staat 3 Brutmaden 91
- stock 1 Brutnest 36-37
- violett 106 Brutpflege 43, 72, 269
- volk 1 Brutwaben 37,40-41,44
- waben 247 Brutzelle 45, 67, 71
- wolf 242-245 Buchfink 235
- zucht 5, 7, 37 Buchweizen 32
- züchter 5, 7 Buchweizenfelder 9
Bildpunkte 119 Bürstchen 27
biologische Schädlings- Buttersäure 84
bekämpfung 249
biologische Uhr 234,238 C
Birnbaum 32 Chinin 95, 99
Bittergeschmack 98 Chitin 33
Bitterstoffe 96 Chitinpanzer 70
Bitterzucker 98 Cholera 254
Blattknospen 226 Chronobiologie 234
Blattlaus 11 Citrin 226
Blattschneiderbiene 258 Corpora allata 76
Blaufilter 116
Blaupapier 102 D
Blumenduft 78,81-82 Darmkrankheit 252
Blumenfarben 107, 109, 111 Darmschleimhaut 253
Blumenwiese 17-18 Dauerlicht 235
286
Dauertänze 233 Eiablage 35,50,57, 72
Deklination 161 Eidechse 44
Dialekte der Bienensprache Eierstöcke 50, 267
202 Eileiter 50
Diphterie 254 Einigung im Schwarm
Disharmonie 237 214-216
Distelblüten 172 Einsiedlerbiene 257,259,
Distelduft 224 261,268-269
Drei-Zeiten-Dressur 230-231 Eiröhrchen 50
Dressurduft 80-82, 87 Eisen 22
Dressurmethode 79 Eiweißreserven 42
Dressurversuch 83, 165 Eiweiß 18,33
Dressurzeit 229 elektrisches Potential 119
Drohnen 3, 24, 46, 50-52, Elektroden 92
57-59,60,62-63 Elektronenmikroskop 90, 132
- bau 51 Elektrophysiologie 92
- brut 251 Elektroschock 85
- flug 58 Elritze 94
- sammelplätze 59 Entfernungsmeldung 196,
- schlacht 3, 63 274,279
- schwarm 53 Entfernungsmessung 192
- zellen 51-52,62 Entfernungsweisung 218,
Druckmesser 193 221-222
Duft 80,83-85,108 Enzian 172
- bouquett 245 Enzyme 22
- dressur 86, 101 Erdmagnetfeld 234-235
- drüse 59, 82 Erdmagnetismus 161, 164
- kästchen 83 Erdumdrehung 234, 236, 238
- lenkung 225 Ergiebigkeit der Tracht 177
- mal 114 Ersatzkönigin 144
- marke 114,273,279 exogene Zeitgeber 235-236,
- muster 70 238
- organ 149-150, 180-181
- parole 175 F
- platten 190,221 Facettenauge 120-121,197
- signal 85 Fächeln 45
- stoffe 91,114,175 Fächerversuch 196
- Tarnkappe 245 Fangwaben 251
duftlose Blüten 174 Farbanstriche 147
Farbe 83, 102
E Farbempfindung 103
Ecdyson 75 Farben 100,108,117
Echelsbacher Brücke 199 Farbenblinder 101
Echtlichtblau 148 Farbenkreis 105
Ei 34-35,38,46,50-51 Farbenmischung 105,113
287
Farbensehen 100, 102, 106 Futterkuchen 258, 260
Farbensinn 100, 107, 109, Futterproben 34
147 Futterquelle 178-179,181,
Farbfilter 116 188
Farbmerkmal 84 Futtersaftdrüse 67-68, 72
Farbton 104, 106 Futtersaft 47, 74
Faulbrut 254 Futterzeit 229
Felsgrat 198
Fernsammler 182 G
Fersensporn 27-28 Galangin 226
Fett 16,42 Gänseblümchen 113
Feuerbohnen 174 Gedächtnis 82, 84-86, 173
figurale Intensität 127 Gedächtnisbildung 85-86
figurale Qualität 127 Gedächtnisspur 86
Fingerkraut 15 Gefühl 77
fingerprint-Methode 60 Gegenwind 192
Fische 234 Gehirn 85
Flavonoide 226 Gehör 77
Fleischfresser 16 Geländemarken 141
Fliegen 31 gelber Hahnenfuß 174
Fliegenblumen 19 Gelbfilter 116
Flimmern 128 Gelee Royale 49
Flugbereich 143, 188 Gemeinschaftssinn 261
Flugbienen 73 Geruch 77,79,93,149
Flügelfächeln 150 Geruchsorgane 87, 89
Flugleistung 24, 43 Geruchssinn 77, 81, 92-93
Flugloch 5, 7 Geruchsvermögen 77
Flußufer 160 Geruchswerkzeuge 173
Formensehen 124, 126 Geschlechtsbestimmung 51
Formwahrnehmung 126 Geschmacksempfindung 96
freilaufende Rhythmik 235 Geschmackssinn 92-94, 98
Frequenz 188 Geschmack 77,93
Fruchtknoten 29, 30 Gesicht 77
Fruchtzucker 22-23 Gesichtsfeld 118-120,123,
Frühjahrsbienen 42 125
Fühler 87-89 Gesichtssinn 78
Fühleramputation 88-89 Gestalt 84
Fühlersprache 246 Getreide 107
Fumidil 253 Gift 69
Funkturm 199-200 Giftblase 50
Furchenbiene 262 Giftdrüse 50,69
Fußgängerinnen 192 Giftstachel 63,69
Fußmarsch 192 Gleichgewichtsorgan 119
Futteraustausch 96, 178 Gleichgewichtssinn 77
Futterbelohnung 85 Glockenblume 113, 204-206
288
Grabwespe 242 Himmelsrichtung 153-156,
Gras 107 163, 194, 197
Grauabstufungen 102 Hitzeschock 244
Graupapier 101-102 Hochzeitsflug 49-50,52-53,
Graustufen 115 57,59,144,147
Grenzschwelle 96 Hofstaat 34
Griffel 30 - bienen 53
Grillen 187 Höhenkreis 134
Großkreis 134 Holunderblüten 19
Gründerin des Nests 263, 267 Holzrähmchen 8,10
Grundfarbbereiche 115-116 Honig
Grundfarben 104-105 - blase 176, 192,243
Grundlagenforschung 86 - blasenwand 193
Gurken 32 - duft 100
- ertrag 9
H - gewinnung 8
Hahnenfuß 172 - kuchen 257-258
Halictus 261 - magen 21,23,26,175,
Halictus malachurus 263 179,187,192
Halictus marginatus 263 - raum 37-38
Halictus quadricinctus 262 - töpfe 270-272
Harmonie der Arbeit 75 - vögel 109
Harzüberzug 67 - vorrat 166
Haselkätzchen 107 - wabe 36
Haselnuß 108 Hören 188
Haupttracht 42 horizontaler Tanzboden 278
- zeit 178 Horizontmarken 59
Hausbiene 67 Hormon 75
Häutung 75 Hornhaut 120-121
Häutungshormon 75 Hornissen 244
Heidekraut 109 Hörorgane 187
- bestände 9 Hörvermögen 61, 187
Heidelbeeren 32, 174 Höschen 25, 28
Heimatstock 143-145,147- Hummel 20,31-32,224,
149 263-265,267,270,272
Heimfinden 148 - blumen 225
Helligkeitsmuster 132-133 - königin 268
Helmholtz-Spulen 235 - nest 264,270
Heuschrecken 187 - staat 264
Hexose 49 Hygiene 35,67,226-227
Hilfsweibchen 267-268
Himmelsblau 156
Himmelskompaß 155, Immortellen 172
158-160 indische Biene 275
Himmelsmuster 135 Inhibine 23
289
Inklination 161 Kohlendioxid 93
Innenohr 77, 187 Kolibri 109-110
innere Uhr 233-234, 236- Kompaß 153, 161,240
237,239 Kompaßrichtung 156-157,
Insektenblüter 108 161, 163
Insel Wight 248 Komplementärfarbe
Inspektionen 216 104-105,113
Intentionsbewegung 280 Königin 2-3, 34-36, 38,
Inzucht 30,51,57 40-41,46-48,50-55,57,
Irisblende 117 59-60, 70, 72, 144, 147,
Israel 244 150,214-215,246,263
italienische Rasse Königinfuttersaft 48
(A. m. ligustica) 202 Königinnensubstanz 35,53
Konkurrenz 178
J Kontrollversuch 88
Japan 244 Korbbienenstand 6
Jasmin 81,83 Körbchen 26-28
Jasminblüten 80 Körperpflege 34,251
Jet-Krankheit 237 Körpertemperatur 43-44,
Johnstonsche Organ 188 221,237
Jungbienen 67, 156 Kostprobe 187
Jungköniginnen 60 Kraftaufwand 192
Jungvolk 73 Krainer Rasse
Juvenilhormon 48, 75-76, (A. m. carnica) 202
251 Krätzmilben 249
kriechendes Fingerkraut 116
K Kristallkegel 120-121
Käfer 31,34 Kulturpflanzen 97
Kalium 22 Kundschafter 181,205
Kaliumausscheidung 237 Kundschafterflüge 239
Kalorien 22 Kupfer 22
Kältestarre 267 Kurzzeitgedächtnis 84-85
Kalzium 22
Käsemilben 249 L
Kaste 268 Lagebeschreibung 273-274
Keimanlage 30 Lagebeziehung 146
Kieferdrüse 59,273 Landessprache 223
Kinderstube 67 Landmarke 157, 160
Kittharz 212,226 Langzeitgedächtnis 84-85
Klee 32 Larve 33,47-48,51,67,
Kleeblüte 78 73, 75
Kleidermotte 246-247 Larvenfutter 49
Kobalt 22 Laser-Doppler-Vibrometrie
Kobaltblau 148 186
Kohldistel 224 Laserstrahl 186
290
Lautproduktion 184 Mischfarbe 116
Lavendelöl 153, 191 Mischvolk 202
Lebensalter 41 Mistkäfer 280
Lebensdauer 42 Mißweisung 161
Lebenserwartung 41 Mitnahmebereich 238
Lebensspanne 42 Mittagspause 197
Leimringe 276 Mittelwand 12,51,
Leitlinie 158-159 Modellbiene 220
Lernakte 8, 85 Modulationen 86
Lernaufgabe 85 Mohnblume 30, 111
Lernen 84 Mohnblüten 26, 111
lernende Nervenzelle 86 Mond 156
Lernerfolg 86 Monokultur 17-18
Lernfähigkeit 84 Monosaccharide 23
Lernvermögen 84 Mörderbienen 203
Lernvorgang 156 Mosaikbild 125
Leuchtkäferchen 124-125 Mücken 187-188
Libellenauge 122 Müßiggang 67
Lichtnelke 110 Müßiggänger 75
Lichtwellen 104 Mutterstock 142,212
Linse 118, 120, 124 Muttervolk 163
Linsenauge 123
Löcherbiene 258 N
Lockduft 180-181 Nachtänzerinnen 187,
Lot 15 219-221
Löwenzahn 18 Nachtarbeiter 238
- wiese 17 Nachthimmel 156
luftgetragener Schall 186 Nadelhölzer 107
Nahsammler 182
M Narbe 30
Magnetfeld 161,163-164 Narkose 85
Mangan 22 Natrium 22
Manipulation 222 Nektarabsonderung 239
Massenaiarmierung 274 Nektarsammler 204
Mauerbiene 259-260 Nektarstrom 178
Meeresschnecke 86 Nektartröpfchen 78
Melipona 271,274 Nervenfasern 92,119
Meliponinen 269 Nervennetze 86
Menschenauge 126 Nervenzelle 86
Merkzeichen 84 Nervus recurrens 193
Mikrovilli 137 Nestanlage 243, 270
Milbe 248-249 Nesthülle 266
Milbenkrankheit 248 Netzhaut 118-119,121,
Milbenweibchen 251 123-125, 157
Mineralstoffe 22 Netzhautbild 123-125
291
Netzhautstäbchen 124, 132 Pfefferminzduft 87-88
Neulinge 168-169,171,173, Pfefferminzöl 220
176,180,182,189-191, Pferd 77
195-196,200-202,221 Pharmaka 85
Neurobiologie 86 Phlox 171,172,175-176
Nikolsches Prisma 130 Phloxblüten 171-172
Nistgelegenheit 260 Phosphate 22
Nistplatz 212-216,218, Pieplaut 187
Niststätte 212 Pilzkörper 85
Noradrenalin 86 plastisch riechen 92
Nordamerika 203 Plastizität 86
Normalsichtige 101 Plinius 226
Nosema apis 252 Polarisation 157
Nosemaseuche 252 Polarisationsfolie 130-131,
numeneren 65 208-211
Polarisationsmuster 134,
o 141,156,209,211
Oberkieferdrüse 53 Polarisationswahr-
Obstbäume 32 nehmung 157
Octopamin 86 polarisiertes Himmels-
ökologische Nische 251 licht 157, 161,211
Oktosan 98-99 polarisiertes Licht 129-130,
Oleinsäure 245 132-133,135-136,141
Ommatidien 122 Pollen
Orangenblüten 81 - ballen 28
- öl 189 - duft 205
Orientierungsflug 68,143, - höschen 204
147 - kamm 10,27
Orientierungsmarken 147 - körbchen 226
Orientierungsmerkmal 149 - körner 30
Orientierungswinkel 280 - sammler 25,69,204
örtliche Zeitfaktoren 236 - schieber 10
Ortskenntnis 68 - schläuche 30
Oszillatoren 236-237 - vorräte 67, 72
9-0xodecen-Säure 53 - zellen 36
Pomeranzenöl 82
p Pomeranzenschalenöl 81
Palmitinsäure 245 Porenkanälchen 89
Pappeln 107 Porenplatte 90-92
Paraffinöl 80 Preißelbeeren 32
Parasiten 251 Primel 114
Parfümindustrie 81 Prisma 103
Paris 232 Prophylaxe 227
Pendellot 15 Propolis 4,35, 67, 226
Pfefferminz 87, 173 - salbe 227
292
Pulsschlag 237 Robinien 176-177
Pupille 117, 120 Roboterbiene 220-221, 223
Puppe 34,41,60 Roboter 219
Puppenstadium 41 Rohrzucker 22
Purpurrot 109, 113 Rohrzuckerlösung 94
Purpurtöne 105 Rose 26,30, 79, 80-81,
204-206
Q Rosenblüte 206
Quaken 61,245 Rosenduft 80
Quakerinnen 60 Rosensammler 205
Quartiermacher 56 Rotblindheit 110
Quercetin 226 roter Klee 109,225
Rotsichtigkeit 11 0
R Rudolfinerhaus 227
Raps 112-113 Rundtanz 167-169,
Rapsblüten 113 182-183,188, 199-202,
Rapsfeld 202 204,273,277
Räuber 248 Rüsselausschlag 46
Raumbild 157
räumliches Auflösungs- 5
vermögen 126, 128 Saccharin 95
Raupenzeit 247 Sachtolithweiß 148
Reaktionsnorm 238 Saftmal 114-116
Regenbogen 103 Samenanlage 29
Regenbogenhaut 117, 120 Samenansatz 178, 225
Reinigungstrieb 254 Samenbehälter 50
Reiseproviant 192 Samenblase 50
Rekrutierungserfolg 222 Samenernte 225
Rentabilität 223 Sammelbienen 76, 97
resistente Stämme 251 Sammeleifer 202
Resorption 193 Sammlerin 74, 166, 169
Rezeptorpotential 188 Sammelflug 21,23,28,40,
Rhabdom 133 43,71,83,273
Richtungsweisung 193-195, Sammelplätze 59,62
199,207,211,221,274,279 Sammeltätigkeit 42
Riechnerven 93 Sammeltrieb 62
Riechorgan 82 Santschi 151
Riechporen 89 Schachbrettmuster 149
Riechschärfe 82 Schafberg 197-198
Riechstoff 82, 89, 92-93, Schalldruck 187
173,179 Schallerzeugung 184
Riechstoffmolekül 90 Schallglocke 186
Riechwerkzeuge 89 Schallpegel 186
Riesenhonigbiene 215,275, Schallproduktion 185,222
277 Schallschnelle 187
293
Schallsignale 61,187,219 Schwirrläufe 215
Schellacklösung 65 Sehbereich 126
Schichtarbeit 237-238 Sehnerv 118, 120
Schlafgesellschaft 261 Sehschärfe 124, 126
Schlaf-Wach-Rhythmus 236 Sehstäbchen 132, 134, 138
Schlüsselblume 114 Sehstab 120, 123
Schmarotzer 248 Sehstoff 137
Schmeckstoff 93 Sehzellen 119
Schmerz 88 Selbstbestäubung 30
Schmetterling 20,31,33-34, Serotonin 86
94,172,244,246-247 Sinnesempfindung 92
Schmetterlingsraupen 39 Sittich 228
Schnarrlaut 221-222 Skatolduft 84
Schnecken 234 Sonderlinge 202
Schoten dotter 112-113 Sonne als Kompaß 193
Schüttelbewegung 272 Sonnenbahn 155
Schutzkleidung 203 Sonnenlauf 155-156
Schwalbenwurz-Enzian 174 Sonnenlicht 103-104,129
Schwänzelachse 220 Sonnenmeridian 134
Schwänzelbewegung 183- Sonnenstand 141,151,153,
185,219 155-156, 194-195, 197,
Schwänzellauf 183,189-190, 207,220,231-233
193,199,207,222,279 Sonnenwinkel 280
Schwänzelphase 219 Sorbinsäure 226
Schwänzeltanz 182-183, soziale Instinkte 256
188-189,193-195, soziale Zeitgeber 237
201-202,204,218-219, Spannungsdruck 193
273,277 Speicheldrüse 47,72,74
Schwänzelzeit 189,279 Speichelenzym 22
Schwarm 52, 56-57, 60, Spektrum 103-105
149, 162 spezialisierte Verdauungs-
- traube 55-56,212-213,215 säfte 247
- trieb 203 Spiegelversuch 151
- zeit 52 Sporen 253
Schwärmen 54 Sporentierchen 252
Schwereempfindung 14-15 Spurbiene 56,212-217
Schwerefeld 141,220 Staatenbildung 261
Schweresinnesorgan 162 Stachel 70
Schwerkraft 195,207 Stachelapparat 50
- richtung 233 stachellose Biene 269-271,
- winkel 278,280 273
Schwingungsfrequenz 184 Staubgefäße 20,24, 26, 30,
Schwingungsmuster 137,211 205
Schwingungsrichtung 130- Stearinsäure 245
133,135,156,208-209 Stechapparat 69
294
Stechlust 203 Tanzsprache 275
Stechtätigkeit 69 Tanzstimmung 178
Steinhummel 265 Tanztempo 190
Steinnelke 110 Tarnkappe 244
Stelldichein 261 Tasthärchen 90,92
stengelloses Leimkraut 110 Tastsinn 61,92
Sternbilder 156 Tastsinneszellen 15
Sternfigur 149 Temperatur 43
Sternfolie 131-132,136-137, Temperaturregelung
209-211 43-45
Sternform 84 Thymian 78, 87
Sterzelduft 149 Thymianduft 87
Sterzeln 149,150, 180 Tonstöße 274,279
Stillhalteabkommen 251 Totenkopfschwärmer
Stockbienen 76, 97 244-246
Stockduft 70, 220 Tracht 18,70,74,171,
Stockgeruch 150 176-178
Strahlenbrechung 103 - biene 42-43, 73, 78, 143,
Strohkorb 5,7 217
Stufenversuch 191, 196 - gebiete 18
Subgenualorgane 186 - quelle 189
Suchflüge 174 - verhältnis 178
Südamerika 203 Tradition 155
Südostasien 251 Transozeanversuch 232
Sulfate 22 Transponieren 281
Summtöne 279 Traubenzucker 22-23
Süßgeschmack 95 Trigona 273
Synapsen 86 - Arten 274
- droryana 273
T - iridipennis 270
Tagarbeiter 238 - postica 273
Tageslänge 52 Tuberkulose 254
Tagfalter 11 0 Tüten 60-61,245
Tag-Nacht-Rhythmik 235 Tympanalorgan 187
Tagschmetterlinge 110 Typhus 254
Tanzanweisung 191
Tanzboden 194,207,277 U
Tänze 169,172,177,186, Überhitzungsgefahr 45
189 Ulmen 107
Tänzerinnen 167-169,172, Ultraviolett 103-105,
174,181,187,188 113-116,148
Tanzgefolge 186-187,220 - filter 113, 116
Tanzkurve 189 - Reflexion 112
Tanzlaute 186-187,219 - sichtigkeit 111
Tanzrichtung 210 Umkehrbrille 119
295
Umlaufzeit 222 - motte 246-247
Umwegversuch 198 - plättchen 10, 13
Umweltdüfte 70 - schüppchen 11, 15
Unterempfindlichkeit 98 - überzug 175
Unterkühlung 44 - waben 70
Wächter 70
V - bienen 76
Vanadin 226 - dienst 69
Varroa jacobsoni 249 Waldrand 158-160
Varroamilbe 250 Wanderbienenzucht 9
Vaterschaftsnachweis 60 Wärmeabgabe 43-44
Vegetarier 16 Wärmeerzeugung 44
Ventilverschluß 21 Wärmeverlust 226
Verdauungsorgane 21 Wasserspucken 45
Verdunstungsfläche 46 Wechselgesang 60-61
Vergällungsmittel 98 Wegmarken 153
Vergißmeinnicht 78, 143 Weidenkätzchen 25
vergleichende Sprach- Weinraute 20
forschung 278 Weisel 47
Verpuppung 39,67 Weiselfuttersaft 47-48
Versetzungsversuch 152, weiselloses Volk 42
154, 160 Weiselnäpfchen 48,52
Verteidigung 261 Weiselwiegen 47,49,60
Vibrationssignale 186 Weiselzellen 47,52-53,60,
Vibrationssinn 188 62
Vögel 33,234 weiße Rosen 113
Vogel auge 109 weiße Winden 113
Vogelblume 110 Wellenlänge 103-104
Volksduftkomponente 245 Wespen 69,242
Vorratskammern 12 Wicken 172
Vorratskuchen 269 Wiesenblumen 84
Vorratszellen 69 Wiesenklee 18
Wikinger 56,150-151
W wilder Wein 174
Waben 8,34-35, 37, 57, Wind 107
64-65, 70, 74-75, Windblüten 107
162-163,166,215,247 Windblütler 107
- bau 7,91, 162 Winkelmaß 15
- vorräte 247 Winkelmesser 197
Wachs 11,70,74,92,247 Winterbienen 42, 71
- bereitung 11 Winterruhe 149
- drüse 42,68-69, 72, 74 Wintervorrat 31,37,97,241
- geruch 92 Wohnröhre 259
- kammern 12 Wohnungssuche 56-57,212
- klümpchen 12 Wolfgangsee 197
296
Wolkendichte 157 Zenit 196
Würmer 234 Zenitstand 197
Wurzel der Bienen- Zierpflanzen 109
sprache 272 Ziffernsystem 65
Zikaden 187
z Zinkweiß 148
Zeit zirkadianer Rhythmus 235
- dressur 232, 235 Zucker 16,42
- geber 235 - rohr 241
- gedächtnis 228-230 - wasser 79, 85, 87, 101
- gefühl 189,228 Zugvögel 164,236
- phase 237 Zwerghonigbiene 215,
- sinn 153,239,240 275-277
Zellenbau 12 Zyklamen 109, 176
Zellwände 13 - blüte 176
297