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Forstpflanzen

Untersuchungen in EZG-Baumschulen

Stufigkeit als wichtiges Merkmal


der Qualität von Forstpflanzen
Anja Körner, Horst Kolo, Bernd Stimm und Gerhard Wezel

Die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsforstpflanzen Süddeutschland


(EZG) hat in ihren Qualitätsrichtlinien“ für Forstpflanzen (AFZ-DerWald
Nr. 21/2008, S. 1162) Mindeststandards für Qualitätsmerkmale definiert.
Diese Richtlinien sollen noch mit abgesicherten, messbaren Rahmen-
werten, zum Beispiel zur Beurteilung der Stufigkeit, ergänzt werden.
Denn stufige Pflanzen mit gut entwickeltem Wurzelsystem begünstigen
den Anwuchserfolg deutlich und sind gleichzeitig ein Hinweis auf geeig-
nete Anzuchtbedingungen in der Baumschule (ausreichend Standraum,
gute Bodeneigenschaften).

Je stärker der Wurzelhalsdurchmesser chungen zu äußeren Qualitätsmerkmalen


(Whd) bei einer bestimmten Größe, umso von Forstpflanzen mehr statt. Da sich je­
stufiger bzw. ,,kräftiger“ ist eine Pflanze. doch seitdem die Rahmenbedingungen
Ein guter Indikator für die Stufigkeit ist (z.B. Anzuchttechnik, Klima, Stickstoffein­
das Verhältnis von Pflanzengewicht zu träge, Sortimentsschwerpunkte) deutlich
Sprosslänge [3]. In der Praxis wird anstel­ geändert haben, kann nicht ohne weiteres
le des Pflanzengewichts meist der Wur­ von der heutigen Gültigkeit dieser „alten“
zelhalsdurchmesser verwendet, der eine Werte ausgegangen werden. Deshalb ent­
enge Beziehung zum Pflanzengewicht schloss sich die EZG zur Zusammenarbeit
aufweist. Zusammen mit der Sprosshöhe mit der Technischen Universität München
(H) errechnet sich das H:D­Verhältnis, das (TUM). Ziel aktueller Untersuchungen
Abb. 1: Douglasie 1+2 30/60 Foto: Kolo
ebenfalls als Indikator für die Stufigkeit sollte sein, eine leicht ermittelbare und
Anwendung findet. Schließlich wird als wissenschaftlich abgesicherte Größe zu
weiterer Stufigkeitskennwert für einen bekommen. Diese Größe sollte innerhalb
bestimmten Höhenrahmen ein Mindest­ eines gewissen Rahmens die Stufigkeit, als äußere Beschaffenheit von forstlichem
Wurzelhalsdurchmesser angegeben, was ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Forst­ Vermehrungsgut vom 30. März 1971). Ins­
etwas ungenauer ist, aber den Anforde­ pflanzen, abbilden. Die Ergebnisse sollen besondere sollte geprüft werden, ob sich
rungen der Praxis genügt. in Empfehlungen für Mindestanforde­ die heutigen Werte gegenüber denen von
Seit den Untersuchungen zur Qualität rungen für Wurzelhalsdurchmesser und/ Schmidt-Vogt geändert haben. Dazu wur­
von Forstpflanzen von Schmidt-Vogt [3], oder das H:D­Verhältnis münden, die für den Pflanzen aus den an der Untersuchung
bei denen Messungen an nahezu 40 000 Kunden eine Hilfe und Orientierung bei beteiligten Baumschulen vermessen und
Pflanzen durchgeführt wurden, und de­ der Qualitätsansprache sein können. mit den von Schmidt-Vogt aufgestellten mi­
ren Erkenntnisse in die Mindestanforde­ Im Rahmen von zwei Bachelorarbeiten nimalen und maximalen Rahmenwerten
rungen für Wurzelhalsdurchmesser in das wurden in elf EZG­Baumschulen im Herbst für Durchmesser in Abhängigkeit von der
„alte“ Forstsaatgutgesetz (FSaatG) einflos­ 2010 bei insgesamt 2 500 Pflanzen ver­ Pflanzenhöhe verglichen.
sen, fanden keine vergleichbaren Untersu­ schiedene Parameter mit Blick auf das Im Folgenden sind die Ergebnisse an­
Verhältnis Pflanzenhöhe/Wurzelhalsdurch­ hand ausgewählter Beispiele dargestellt:
messer erhoben. Untersucht wurden aus­
 Abb. 3 zeigt, dass nur relativ wenige
gewählte Herkünfte, Alterssortimente
A. Körner und H. Kolo sind Absolventen des Messwerte den minimalen Rahmen­
BSc-Studiengangs Forstwissenschaft und und Größensortierungen der Baumarten
grenzwert nach Schmidt-Vogt deutlich
Ressourcenmanagement der TU München in Freising- Buche, Bergahorn, Fichte und Douglasie,
Weihenstephan. Dr. B. Stimm ist wissenschaftlicher unterschreiten.
Mitarbeiter am dortigen Lehrstuhl für Waldbau.
wobei die Messungen an den Pflanzen im
G. Wezel ist Geschäftsführer der Erzeugergemein- Quartier, also vor der Verkaufssortierung  Abb. 4 macht offenbar, dass Pflanzen
schaft für Qualitätsforstpflanzen Süddeutschland stattfanden. Als Referenz dieser Arbei­ mit einer Sprosshöhe von 50 bis 80 cm
(EZG).
ten dienten die Befunde von Schmidt-Vogt in der Nähe des minimalen Rahmen­
bzw. die darauf basierenden Werte aus grenzwertes angesiedelt sind, während
Anja Körner, Horst Kolo
eZg-Forstpflanzen@t-online.de den alten EWG­Mindestnormen (Richtli­ die Größenklassen 80 bis 120 cm, 120 bis
nie 71/161/EWG über die Normen für die 150 cm und 150 bis 180 cm sich zuneh­

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60 geprägt ist, liegt die Verteilung der


Messwerte in der Baumschule 7 über­
wiegend in einem H/D-Wertebereich
über 60, was auf eine geringere Stu­
figkeit der dort produzierten Pflanzen
hinweist.

Zusammenfassende Würdigung
der Ergebnisse
Die Wurzelhalsdurchmesser der aktuell in
den 11 Baumschulen untersuchten Sorti­
mente liegen großenteils innerhalb des
Rahmens von Schmidt-Vogt (vergl. Abb. 3),
allerdings mit zum Teil deutlicher Streu­
ung, sowohl oberhalb als auch unterhalb
des Rahmens. Insgesamt betrachtet ist der
Anteil der Pflanzen, deren Whd-Werte
den Rahmen unterschreiten und die nach
Schmidt-Vogt demnach „zu schwach“ sind,
höher als der Anteil der Werte, die den
Rahmen überschreiten. So lagen z.B. beim
Sortiment Douglasie 2+1, Herkunft 85305,
26 % der Messwerte unterhalb des Rah­
Abb. 2: Douglasienbeet in einer EZG-Baumschule Foto: EZG
mens von Schmidt-Vogt (Abb. 5).
Weiterhin zeigen die Untersuchungen
recht deutlich, dass die Unterschiede bei
mend in Richtung der maximalen Wur­ Baumschule 1, in der rechten die Baum­ den Wurzelhalsdurchmessern vergleich­
zelhalsdurchmesser verlagern. schule 12. Wie ersichtlich, produziert barer Sortimente zwischen den einzelnen
 Abb. 5 bestätigt für die Douglasien Baumschule 1 relativ hohe Durchmes­ Baumschulen in den meisten Fällen nicht
die bereits beim Bergahorn aufgezeig­ ser, während Baumschule 12 sich eher zufällig sind (Abb. 6 und 7) und wohl auf
te Tendenz, dass Pflanzen mit einer am unteren Rand des Durchmesserbe­ verschiedene Umwelteinflüsse sowie ins­
kleineren Sprosshöhe, hier von 30 bis wertungsrahmens bewegt. besondere auf die Behandlung durch die
60 cm, eher in der Nähe des minimalen  Die in Abb. 7 gezeigte Grafik zur Häu­ jeweilige Baumschule zurückzuführen
Rahmengrenzwertes angesiedelt sind, figkeitsverteilung des H/D-Wertes bei sind.
während sich die Wurzelhalsdurchmes­ 3-jährigen Buchen-Verschulpflanzen Betrachtet man nur diejenigen Werte,
ser bei größeren Pflanzen mit zuneh­ aus verschiedenen Baumschulen lässt die unterhalb des Schmidt-Vogt-Rahmens
mender Sproßhöhe dem oberen Rah­ Unterschiede zwischen den Baumschu­ liegen und vernachlässigt die Werte, die
mengrenzwert annähern. len erkennen. Während Baumschule 8 oberhalb liegen, weil Pflanzen, die zu
 In Abb. 6 wurden die erhobenen Mess­ (grüne Linie) offenbar eine linksschiefe „stark“ sind, nicht unbedingt negativ zu
werte für zwei Baumschulen separat glockenförmige Verteilung aufweist, werten sind, so beschränken sich Sorti­
abgebildet; in der linken Grafik die die überwiegend von H/D-Werten bis mente mit einem hohen Anteil „zu nied­

25
D min 35 y = 0,0949x + 2,7712
y = 0,0908x + 4,4409
D max D min
R² = 0,4779 R² = 0,585
20 30 D max
Durchmesser [mm]
Durchmesser [mm]

Durchmesser [mm]

Linear (Durchmesser [mm]) 25 Durchmesser [mm]


15 Linear (Durchmesser [mm])
20

10 15

10
5
5

0 0
0 20 40 60 80 100 120 140 0 50 100 150 200 250
Sprosshöhe [cm] Sprosshöhe [cm]

Abb. 3: Durchmesserverteilung von Buchen-Verschulpflanzen (Fagus syl- Abb. 4: Durchmesserverteilung von Bergahorn-Verschulpflanzen (Acer
vatica), 1+2, Herkunft 81017 pseudoplatanus), 1+1 und 1+2, Größenklassen 50 bis 80 cm, 80 bis 120 cm,
(N = 204 Werte aus vier Baumschulen; gelbe Dreiecke = Messwerte; blaue Linie = unterer Rahmengrenzwert; 120 bis 150 cm, 150 bis 180 cm; Herkunft 80108
rote Linie = oberer Rahmengrenzwert) N = 470 Werte aus acht Baumschulen; gelbe Dreiecke = Messwerte; blaue Linie = unterer Rahmengrenz-
wert; rote Linie = oberer Rahmengrenzwert)

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riger“ Wurzelhalsdurchmesser auf ein­ Abb. 5: Durchmesser- Sprossdurchmesser-Bewertungsrahmen


zelne Untersuchungskollektive. Dies gilt verteilung von 3‑jäh- für Douglasien nach SCHMIDT-VOGT
rigen Douglasien 25
besonders vor dem Hintergrund, als dass Whd min
(Pseudo­tsuga men- Whd max Regression
die Aufnahmen im Verschulbeet vor einer 20
ziesii), 2+1, Größen-

WHD [mm]
ohne Sortierung
Sortierung durch die Baumschulen statt­ klasse 30 bis 60 cm 30 bis 60 cm
15
fanden, sodass die Ergebnisse nicht die und ohne Sortierung,
Kennwerte der Verkaufssortimente abbil­ Herkunft 85305 10
den. Üblicherweise werden im Mittel etwa (N = 89 Werte aus drei Baum-
schulen; blaue Kreuze und 5
20 bis 30 % der Pflanzen aussortiert, aller­
grüne Dreiecke = Messwerte;
dings auch aufgrund anderer Kriterien als blaue Linie = unterer Rahmen- 0
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140
dem Whd. Die EZG geht davon aus, dass grenzwert, rote Linie = oberer
Rahmengrenzwert) Sprosshöhe [cm]
die Whd-Werte der untersuchten Sorti­
mente nach einer Sortierung die EWG-
Mindestnormen (nach den Mindestanfor­ 25 25
derungen für Wurzelhalsdurchmesser im D min D min
„alten“ FSaatG) auch heute noch erfüllen 20 D max D max
Durchmesser [mm]

Durchmesser [mm]
20
sollten und mit diesen Rahmenwerten ein Baumschule 1 Baumschule 12
nach wie vor recht aktuelles Instrument 15 15
zur Qualitätskontrolle gegeben ist.
Nur bei einzelnen untersuchten Sorti­ 10 10
menten liegen so viele Werte unterhalb
der Mindestwerte nach Schmidt-Vogt, dass
5 5
ein sehr hoher Sortierausschuss anfiele,
um dessen Vorgaben voll zu erfüllen (Abb.
0 0
5). In solchen Fällen ist es nun von großem 0 10 30 50 70 90 110 130 150 0 10 30 50 70 90 110 130 150
Interesse, nach den Gründen zu suchen Sprosshöhe [cm] Sprosshöhe [cm]
und zu prüfen, ob dort beispielsweise die Abb. 6: Durchmesserverteilung von 3-jährigen Douglasien (Pseudotsuga menziesii) aus zwei Baum-
Anzuchttechnik verbessert werden muss. schulen, 2+1, Größenklasse 30 bis 60 cm, Herkunft 85305
Eine Anpassung des Beurteilungs-Rah­ N = 60 Werte aus zwei Baumschulen; links: Baumschule 1, rechts: Baumschule 12; gelbe und rote Dreiecke = Messwerte; blaue Linie = unterer
Rahmengrenzwert, rote Linie = oberer Rahmengrenzwert)
menwerks von Schmidt-Vogt erscheint uns
beim derzeitigen Erkenntnisstand und oh­
ne zugrundeliegende neuere, zahlenmä­ 35 Häufigkeitsverteilung Buche 24, 1+2, 50 bis 120 cm
ßig umfangreiche Untersuchungsreihen Baumschule 3
30
nicht gerechtfertigt. In diesem Zusammen­ Baumschule 5
Häufigkeit

25 Baumschule 7
hang ist zu betonen, dass die aktuellen Baumschule 8
20
Untersuchungen nicht die „Richtigkeit“ Baumschule 10
Abb. 7: Häufigkeits- 15
der Rahmenwerte von Schmidt-Vogt über­ Baumschule 12
verteilung von H/D- 10
prüften, sondern hinsichtlich des Unter­ Werten bei Buchen-
suchungsumfangs und der Methodik nur 5
Verschulpflanzen
Rückschlüsse darüber erlauben, inwiefern (Fagus sylvatica, 1+2, 0
0 20 40 60 80 100 120 140
die untersuchten Sortimente mit den Vor­ Herkunft 81024) aus Klassen (H/D)
gaben von Schmidt-Vogt übereinstimmen. sechs Baumschulen
Wir weisen darauf hin, dass die Werte von
Jahr zu Jahr variieren können und einige
Untersuchungskollektive relativ klein wa­ senschaft sind sehr positiv. Gerade weil rigen Resultaten ist z. B. der Vergleich der
ren. in den letzten Jahren nur wenige Unter­ Whd-Werte zwischen den aus dem Quar­
Die Untersuchungen bestätigen, dass suchungen zur äußeren Pflanzenqualität tier entnommenen Proben und einem von
die von Schmidt-Vogt empfohlenen Kenn­ oder zur Anzuchttechnik von Forstpflan­ der Baumschule verkaufsfertig gemachten
größen für die Stufigkeit – Sprosshöhe und zen durchgeführt wurden, sind die ge­ Sortiment aus demselben Quartier. Folge­
Wurzelhalsdurchmesser – in der Praxis re­ wonnenen Erkenntnisse für die Baum­ untersuchungen können weitere Baumar­
lativ einfach und rasch zu messen sind und schulpraxis von großem Wert. So kann sich ten einbeziehen und ermöglichen darüber
zusammen eine gute Schätzgröße für die z.B. eine an den Untersuchungen beteilig­ hinaus eventuell die Auswirkungen klima-
Qualität der Pflanzen darstellen. Sie sollte te Baumschule mittels der Daten mit an­ oder umweltbedingter Schwankungen wie
jedoch nicht als alleiniger Indikator für die deren (jeweils anonymisierten) Betrieben Trockenzeiten auf die Pflanzenproduktion
Pflanzenqualität eingesetzt werden, da „vergleichen“ und ggf. ihre Anbautechnik genauer zu erkennen.
sie beispielsweise keine Rückschlüsse auf und Pflanzenqualität optimieren und ih­
andere wichtige Qualitätsmerkmale, wie ren Sortierausschuss begrenzen.
Literaturhinweise:
z. B. die Wurzelform oder Pflanzenfrische, Aufgrund der noch ungeklärten Fra­ [1] Körner, A. (2011): Äußere Qualitätskriterien von Forstpflanzen
zulässt. gen und um die vorhandenen Ergebnisse – dargestellt an Fagus sylvatica und Acer pseudoplatanus. Unveröff.
auf eine breitere Basis zu stellen, wird die Bachelorarbeit an der Studienfakultät für Forstwissenschaft und Res-
sourcenmanagement der Technischen Universität München. [2] Kolo,
EZG-Kooperation mit der TUM fortge­ H. (2011): Qualitätskriterien von Forstpflanzen. Unveröff. Bachelorar-
Ausblick setzt. Die Außenaufnahmen für Folgeun­ beit an der Studienfakultät für Forstwissenschaft und Ressourcenma-
nagement der Technischen Universität München. [3] Schmidt-Vogt,
Die Erfahrungen der Zusammenarbeit tersuchungen wurden bereits gestartet. H. (1966): Wachstum und Qualität von Forstpflanzen. BLV, München,
zwischen den Baumschulen und der Wis­ Ein interessanter Ansatz aus den bishe­ Basel, Wien.

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