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April 2020
Der Honig kommt Biene drei oder vier Larven pflegen
Unsere Völker werden normalerwei- muss und die Ammenbiene lediglich
se im Laufe des Aprils trachtstark. alten Pollen und altes, eingelagertes
Trachtstark ist ein Volk, wenn es mehr Zuckerwasser als Futtersaft bekommt,
Energie eintragen kann, als es ver- dann wird nur die Grundversorgung
braucht. Dies tritt bei etwa 15.000 gewährleistet. Wenn dann noch die
bis 18.000 Individuen ein. Allerdings Temperaturen im Brutraum schwan-
steht der Honigeintrag auch im Ver- ken und die wenigen Bienen Mühe
hältnis zur Brutraumgröße. haben, die Temperatur auf dem Op-
timalpunkt zu halten, dann ist die
In diesem Jahr sind die Völker bundes- Kurzlebigkeit quasi vorprogrammiert.
weit vermutlich bereits am Anfang Das Zentrum für Bienenforschung Lie-
des Monats stark, denn die Tempera- befeld hat im Jahre 2012 („Sozialität,
turen im Januar und Februar waren Arbeitsleistung und Lebensdauer bei
um mehrere Grad über dem langjäh- Honigbienen “, www.agroscope.ad-
rigen Mittel, in Deutschland etwa 4 min.ch/imkerei/ - Regulation der Le-
Grad Celsius. bensdauer bei Arbeiterinnen)) unter-
sucht, in wieweit die Pflegeleistung
Bedeutung der Lebenszeit verkürzend ist. Bei dieser
Temperatursummen erstaunlichen Untersuchung kam he-
In der Landwirtschaft rechnet der raus, dass die Lebensdauer der Biene
Gärtner und der Bauer mit Wärme- eine enorme Plastizität hat. Pflegt die
summen. Die durchschnittliche Tage- Ammenbiene Brut und wird die ange-
Abb. 01 - Brutraum und Futterkammer.
stemperatur wird addiert, und nach pflegte Brut entnommen, so dass kei-
Die Bienen haben ungehindert Zugang zu
erreichen einer bestimmten Summe ne Jungbienen nachkommen, dann den Reservewaben. Das Volk ist in Kürze
sind die Pflanzen entsprechend weit verlängert sich die Lebensdauer der aufsatzreif
entwickelt. Der große österreichische
Imkervater Josef Bretschko hat he-
rausgefunden, dass diese Tempera-
tursummen auch bei unseren Bienen-
völkern relevant sind. Abhängig von
der Tagesmaximaltemperatur legt die
Königin eine klar bestimmbare Zahl
von Eiern. Sinkt die Temperatur, dann
geht die Eilegerate zurück. Diese Kor-
relation zwischen Temperatur und
Eilegerate wurde seither nicht wider-
legt. Warum ist sie nicht Bestandteil
der Schulungen für uns Imkerinnen
und Imker?
Schröpfen – warum?
Weit verbreitet ist die Auffassung,
dass ein sanftes Schröpfen vor Beginn
des Schwarmtriebes den Schwarm-
Abb. 07 - Erweiterung des Brutnestes im März und April: Es wird um eine Wabe links oder
trieb dämpft. Ich weiß nicht wie es
rechts am Brutnest erweitert. Das Brutnest wird nie auseinandergerissen.
Ihnen geht, aber bei mir hat sanftes
Schröpfen (mit darauf folgendem
Wiedereinhängen von Mittelwänden)
überhaupt keine Auswirkung auf den
Schwarmtrieb. Wir haben unsere Bie-
nenvölker das ganze Jahr über ge-
pflegt, behandelt, gefüttert und um-
sorgt. Und nun, wenn die Wochen des
Honigeintrags bevorstehen, nun sol-
len wir das Volk schwächen, damit es
nicht abschwärmt. Eine merkwürdige
Theorie. Diese Empfehlung, so will
es mir scheinen, wird aus einer Ver-
zweiflung heraus gegeben, weil der
Schwarmtrieb als größtes Problem in Abb. 08 - Letzte Erweiterung, dann kommt der Honigraum drauf.
der Imkerei gesehen wird und pro-
phylaktisch, bevor das Volk eventuell
doch abgeschwärmt, noch schnell ein
Ableger gemacht werden soll.
In meinen Augen ist die Empfeh-
lung, vor Einsetzen des Schwarmtrie-
bes Brut zu schröpfen, fachlich nicht
haltbar, völlig sinnlos und kontrapro-
duktiv. Brutwaben können nicht ab-
schwärmen, und wenn man Brutwa-
ben aus Völkern vor der eigentlichen
Ernte entnimmt, dann schmälert man
dadurch die Ernte, die ja ohnehin nur
wenige Wochen im Jahr möglich ist.
Das schwarmdämpfende Element bei
der Entnahme von Waben mit Bienen,
sind die entnommenen Bienen. Will
man also den Schwarmtrieb durch
Schröpfen reduzieren, dann müs-
sen wöchentlich Bienen entnommen
werden, und nicht Brutwaben. Wenn
Brutwaben entnommen werden,
dann dürfen keinesfalls wieder leere
Waben anstelle der entnommenen
gegeben werden. Die Entnahme von Abb. 09 - Der erste Honig
Brutwaben ist eine Verzweiflungstat,
durch die die tatsächlichen Faktoren
für den Schwarmtrieb ignoriert wer- beständig mehr Eier legt, wächst auch Dieses Abnehmen der Pheromonkon-
den. die Pheromonemission. Je mehr Eier zentration wird durch die Entnah-
die Königin legt, je mehr Pheromone me von wenigen Brutrahmen nicht
Pheromonversorgung ist aus- strömt sie aus. Steigt nun die Zahl der beeinflusst. Durch die Abnahme der
schlaggebend Individuen im Stock stark an, dann Pheromonkonzentration wird das
Während der Eierstock der Königin müssen wir aufsetzen, um die Bienen Bienenvolk nicht mehr genügend zu-
wächst, indem diese durch eine im- in der Beute zu halten. Sie benötigen sammengehalten. Auflösungstenden-
mer bessere Versorgung mit Energie Platz. Das Volumen wird größer, die zen machen sich an den „Rändern“
und immer wärmer werdender Tage Zahl der Individuen wird größer, die des Volkes bemerkbar. So können in
Pheromonkonzentration nimmt ab. einem völlig intakten Volk Afterwei-
seln entstehen, die oberhalb des Ab-
sperrgitters Drohneneier legen.
Je enger nun das Brutnest ist, desto
besser ist die Pheromonversorgung
der Ammenbienen, die über das Ja
oder Nein zum Schwarmtrieb ent-
scheiden. Je wärmer und kompakter
der Brutraum nun ist, desto weniger
Bienen sind nötig, um den Brutraum
am Laufen zu halten. Wenn nun das
Volk realisiert, dass die Königin die
vorhandenen Zellen sofort wieder mit
einem Ei belegt und die Bienen gut
mit Pheromonen versorgt sind, dann
setzt kein Schwarmtrieb ein. Dieser
setzt ein, wenn die Pheromonversor-
gung nicht stabil ist und der Brutraum
seine Kompaktheit verliert. Dies wird
sichtbar, indem einzelne Zellen mit
Pollen gefüllt werden und die Königin
das Brutnest nicht mehr beherrscht.
Es tritt also genau das Gegenteil von
dem ein, was überall gepredigt wird.
Platz geben im Brutraum vergrößert Abb. 10 - Wenn der Beespace stimmt gibt es keinen Wildbau zwischen den Rähmchen!
die Schwarmneigung. Eine Redukti-
on des Platzes im Brutraum auf den
tatsächlich erforderlichen Platz für das Volk nicht abschwärmt“, muss bieren Sie den Angepassten Brutraum
die Brut, verringert den Schwarm- erstmal den Stellenwert bekommen, aus und entscheiden Sie danach, wie
trieb. Verringert man den Platz im den es tatsächlich hat – nämlich Sie weitermachen wollen. Mein Ange-
Brutraum darüberhinaus noch mehr, keinen! Der Widerspruch zur weit bot lautet: Weniger Rähmchen, weni-
und zwar soweit, dass kein voll ent- verbreiteten Lehrmeinung wird Wi- ger Arbeit, weniger Energieverbrauch
wickeltes Volk mehr entsteht, dann derstand derer auslösen, die heute im Brutnest, weniger Schwarmtrieb,
verschwindet der Schwarmtrieb über- immer noch diese Lehrmeinung ver- mehr Honig.
haupt. Dies ist aber in der praktischen treten. Führen Sie also die Debatten
Imkerei unter normalen Umständen in Ihren Vereinen und lassen Sie sich
nicht erstrebenswert und nur mit durch das Beharren auf Meinungen,
zusätzlichen flankierenden Maßnah- die Sie nur übernommen haben, weil
men sinnvoll. sie sich plausibel anhörten, nicht in Ih-
rer Entwicklung bremsen. Vergessen
Max Planck: „Neue Positionen setzen Sie auch den Futtersaftstau. Es gibt
sich erst mit dem Tod der bisherigen keinen Futtersaftstau. Das hat Ludwig
Meinungsführer durch“ Armbruster schon vor fast 100 Jahren
Wir müssen also umdenken, und ich publiziert . Oder haben Sie schon-
kann Ihnen nicht ersparen, Ihre ei- mal einen gesehen? Futtersaftdrüsen
genen Erfahrungen zu machen. Vie- können von der Biene in kürzester Jürgen Binder
le werden verwirrt sein und eventu- Zeit aktiviert und deaktiviert werden. Lise-Meitner-Straße 4
ell Angst haben, das Brutnest nur so Das Volk macht nur, was es braucht. 74523 Schwäbisch Hall
groß zu entwickeln, dass jede Zelle Die Theorie vom Futtersaftstau ge- Tel. Mobil: +49 (170) 1 85 74 24
auch tatsächlich bebrütet ist. Auch hört in das Reich der Märchen! E-Mail: sekretariat@armbruster-im-
das Mantra vom „Platz geben, damit Einigen wir uns auf die Fakten: Pro- kerschule.de