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DEUTSCHUNTERRICHT ALS GRUNDLAGE DER

INTERKULTURALITÄT
Camelia Ecaterina Cristea, Colegiul National „Elena Cuza“
Häufig wird interkulturelles Lernen als Beitrag zu einem harmonischen
Zusammenleben zwischen einheimischen und zugewanderten Menschen verstanden. Dabei
wird implizit von einer (fiktiven) Mehrheitskultur und von (ebenso fiktiven) Migranten- oder
Minderheitskulturen ausgegangen, die als gegensätzliche – und unveränderliche – Pole
aufgefasst werden. In dieser Logik wird Schülerinnen und Schülern aus
Migrationsverhältnissen oft automatisch eine gewisse „Herkunftskultur“ unterstellt, auch
wenn ihnen diese in Wirklichkeit im Wesentlichen fremd ist. Dieser Ansatz fördert die
Tendenz, Kinder bzw.Jugendliche mit einem sogenannten Migrationshintergrund als
VertreterInnen einer bestimmten Kultur und nicht als eigenständige Individuen wahrzu-
nehmen und zu behandeln und ihr vermeintliches Anderssein – durchaus in positiver Absicht
– zu betonen.  
Daraus folgt, dass bei der Behandlung aller Unterrichtsprinzipien immer auch
mitgedacht werden muss, dass die SchülerInnen auf Grund ihrer Lebens- und
Familiengeschichten unterschiedliche Vorerfahrungen und familiäre (also kulturelle) Muster
mitbringen.  Ein ernsthaftes Aufgreifen all dieser Themen im Unterricht unter Einbeziehung
der Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler, die individuell sehr unterschiedlich sein
können, kommt am Faktor Kultur nicht vorbei. Oder etwas plakativ formuliert: Dass
Menschen essen, trinken, schlafen …, ist Natur, aber wie sie essen trinken, schlafen …, das ist
Kultur. Dass Menschen glücklich, traurig, wütend … sind, ist menschliche Natur, aber wie sie
diese Gefühle zeigen, ist kulturell bedingt.  
Das Unterrichtsprinzip hilft allen Beteiligten zu entdecken, - dass Menschen
gleichwertig, aber unterschiedlich sind, - dass die Identität eines Menschen auch, aber nicht
ausschließlich kulturell bedingt ist und dass sie sich im Lauf eines Lebens verändern und
weiterentwickeln kann, - dass es möglich ist, mit Unterschieden zu leben, - dass man
voneinander lernen und trotz unterschiedlicher Lebensumstände einander achten, helfen und
in Freundschaft leben kann.
Ob interkulturelles Lernen einen Beitrag zur Integration leistet, führt zur Frage, was
man unter interkultureller Bildung versteht und wie man Integration allgemein definiert. In
der Schuldebatte basierte der Diskurs um Integration hauptsächlich auf der Integration von
Kindern und Jugendlichen mit besonderen psychischen und physischen Bedürfnissen.
Integration von Kindern und Jugendlichen mit migrantischem Hintergrund in der
Bildungsdebatte ist derzeit fokussiert auf das Thema „Sprache und Sprachkompetenz“.
Wenn interkulturelle Bildung einen Beitrag zu Integration leisten will, dann muss
interkulturelle Bildung als Menschenrechtsbildung, als Antidiskriminierungsbildung, als
Bildung, die gesellschaftliche Zusammenhänge aufgreift, verstanden werden. Das
Interkulturelle Zentrum, das nun schon seit über 20 Jahren im Bereich der interkulturellen
Bildung tätig ist, definiert dies so: „Ziel einer interkulturellen Pädagogik ist die Vermittlung
von Erkenntnissen, die Bestärkung von Motivationen und die Ermutigung zu
Handlungsformen, die die Menschen befähigen, ihre Grundrechte wahrzunehmen und an der
Gestaltung demokratischer pluralistischer Gesellschaften aktiv mitzuwirken. Der Wandel
gesellschaftlicher und kultureller Bedingungen macht eine verständigungsorientierte
Begegnung mit anderen Kulturen und Lebensformen notwendig. Interkulturelle Pädagogik
sieht in der kulturellen Vielfalt eine Bereicherung des individuellen Menschseins und tritt für
ein friedliches Miteinander ein. Sie will Gemeinsamkeiten und Widersprüche zum eigenen
kulturellen Orientierungssystem bewusst machen, indem sie Menschen anregt, sich mit
anderen Formen der Wahrnehmung und des Denkens, unterschiedlichen Wertvorstellungen
und Handlungsformen auseinanderzusetzen und diese verstehen zu lernen, mit dem Ziel, dass
Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft einander mit Respekt und Anerkennung
begegnen. In diesem Sinne wendet sich interkulturelle Pä- dagogik ausdrücklich gegen alle
Formen von Gewalt und Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.“
Interkulturelle Pädagogik in diesem Sinn kann einen wichtigen Beitrag zur Integration
leisten, weil sie über das Wissen und Verständnis für andere Kulturen die gesellschaftlichen
Verhältnisse aufgreift und einen Beitrag zur Gestaltung unserer Zukunft leistet. Gleichzeitig
braucht es ein Umdenken unserer Bildungspolitik und Schulstrukturen, die es ermöglichen,
Chancengleichheit herzustellen und Vielfalt als wirkliches Potenzial zu erleben.
Bedingungen für den Erfolg internationaler Schulpartnerschaften
1.Die eingesetzte Zeit
Eine Partnerschaft braucht Zeit „Partnerschaft“ ist eine Qualität, die in der Verantwortung
aller beteiligten Schulen liegt. Sie ist nur in langfristiger Zusammenarbeit zu verwirklichen
und bedarf der systematischen Förderung aller AkteurInnen der Schulgemeinschaft.
Partnerschaftliches Lernen braucht wechselseitiges Vertrauen, das sich nur langfristig
entwickeln und vertiefen kann. Erfahrungen zeigen, dass internationale Bildungsprojekte
langfristig geplant werden müssen, um tatsächlich zu zufriedenstellenden Ergebnissen
kommen zu können. Kooperationen zwischen Schulen benötigen etwa ein Jahr für das
gegenseitige Kennenlernen von SchülerInnen, Schule und Land bevor ein Austausch sinnvoll
erscheint. Soll die Themenauswahl nicht einseitig defi niert, sondern kooperativ
vorgenommen werden, so sind – auch bei Verwendung elektronischer Medien – mehrere
Wochen dafür einzuplanen.
2. Die intensiveTeilnahme
Partnerschaft und Teilnahme sind eng miteinander verknüpft. Das Prinzip der „Partnerschaft“
zwischen Schulen verschiedener Kontinente baut auf der Qualität der Partizipation von
SchülerInnen und LehrerInnen in ihrer jeweiligen Schule auf.
3.Gemeinsame Themen
Bildungskooperationen brauchen einen inhaltlichen Fokus, um den sich die Zusammenarbeit
der Schulen organisiert. Erfahrungen zeigen, dass sich Themen, die für alle Beteiligten
relevant sind, wie etwa „Alltag und Familie“, „Europa“, „Menschenrechte“, „Ökologie“,
„Frieden“, „Zukunft“, „Demokratie“, „Kunst“, „Bildung“, aber auch „Tourismus“,
„wirtschaftliche Entwicklung“ und „Architektur“ am besten eignen.
4. Fächerübergreifende Kooperation
Die Nachhaltigkeit mit Enthusiasmus begonnener Projekte kann durch fächerübergreifende
Zusammenarbeit zwischen LehrerInnen und SchülerInnen gesichert werden, insbesondere
dann, wenn auch Direktion und Elternvertretung die Partnerschaft unterstützen. Die
Verankerung im Schulprogramm trägt zur Stabilität von Partnerschaften bei.
5.Vielfalt der Sprachen
Für Schulpartnerschaften allgemein gilt: Die Kommunikation soll im Mittelpunkt stehen,
deshalb sollten neben der Arbeitssprache auch andere Sprachen verwendet werden, die
entweder in der Schule unterrichtet werden oder in der multikulturell zusammengesetzten
österreichischen Klasse sowieso gesprochen werden.

6.Didaktische Vielfalt
Internationale Projekte brauchen je nach gesellschaftlicher und kultureller Situation
unterschiedliche didaktische Ansätze. Was in einem Wiener Gymnasium als akzeptables
pädagogisches Handeln betrachtet wird, kann SchülerInnen in Sarajevo entmutigen, was
Jugendliche in der Ukraine bewegt, lässt Kids in Salzburg kalt usw. In jedem Falle: es gibt
kein richtiges oder falsches Unterrichten – aber Kooperation mit LehrerInnen aus anderen
Ländern kann neue Ideen und den Mut erzeugen, andere Lernformen auszuprobieren.
Die Schulpartnerschaften tragen folglich dazu bei, dass Vorurteile abgebaut werden, dass
neue Kontakte zwischen Menschen, Regionen, Völkern und Ländern entstehen, dass alle ihre
Meinungen neu definieren und mögliche Freundschaften knüpfen. Kinder in Ballungsräumen
erleben aufgrund des höheren Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund
Interkulturalität tagtäglich. Anders verhält es sich mit Erfahrungen von Kindern in ländlichen
Gebieten. Für diese bieten Schulpartnerschaften oft eine erste Auseinandersetzung mit dem
Anderssein, mit anderen Kulturen, fremden Sprachen oder unterschiedlichen
Verhaltensweisen. Sie stellen eine außerordentlich gute Möglichkeit, den Unterricht zu
beleben und zu modernisieren, so dass man zur richtigen Entwicklung der Jugendlichen
beitragen kann.

Bibliografie:
Teutsch, Rüdiger: „ Aus Nachbarn werden Freunde. Schulpartnerschaften mit Ländern in
Mittel-, Ost- und Südosteuropa“. Wien: BMBWK, 2003.
www.iz.or.at- Webseite des Interkulturellen Zentrums Materialiensammlung und Formulare
www.projekte-interkulturell.at -Das Referat für interkulturelles Lernen im Bundesministerium
für Unterricht, Kunst und Kultur unterstützt LehrerInnen bei der Umsetzung des
Unterrichtsprinzips „Interkulturelles Lernen“.
http://www.viel-falter.org

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