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TK-MentalStrategien

Pflichtfach für starke Nerven


2 Stress und seine
Auswirkungen
Die Stärkung der persönlichen Ressourcen
und das Autogene Training sind hilfreiche
Strategien zur Reduzierung von Stress.

 Seite 12

Vorwort
Liebe Studierende,  wir freuen uns sehr, dass Sie heute die Vor diesem Hintergrund hat die Techniker Krankenkasse in Ko­
Teilnehmer-Unterlagen zum Seminar TK-MentalStrategien in operation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ein
der Hand halten. Sie sind ein Leitfaden für das Seminar und Training entwickelt, das speziell auf Studierende und ihre Le­
auch dafür gedacht, dass Sie nach dem absolvierten Trai­ benswelt Hochschule zugeschnitten ist. Das Training verbindet
ning immer mal wieder in die Unterlagen schauen und darin aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse mit einer starken
arbeiten können. Letztlich geht es um Ihre persönliche Praxisorientierung. Es werden hilfreiche Strategien vermittelt,
Kompetenz, mit dem Stress im Studienalltag und darüber um gesund und produktiv mit den unvermeidlichen Belastungen
hinaus professionell und kompetent umzugehen. Das ist in des Studiums und auch mit kritischen Situationen wie der
der zunehmend digitalisierten Welt wichtiger denn je. Corona-Pandemie umzugehen. Neben der Auseinandersetzung
mit individuellen Stressfaktoren wird ein breites Angebot an
Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Bewältigungsmöglichkeiten vorgestellt und im Training erprobt.
Wissenschaftsforschung, der Freien Universität Berlin und der
Techniker Krankenkasse (Grützmacher, J., Gusy, B., Lesener T., Bedanken möchten wir uns für die erfolgreiche und kon­
Sudheimer, S., Willige, J., 2017) fühlt sich rund ein Viertel der struktive Entwicklungsarbeit durch das KIT, insbesondere bei
Studierenden erschöpft und berichtet über ein hohes Stress­ Herrn Prof. Dr. Ulrich W. Ebner-Priemer und Frau Dr. Marie-­
erleben. 15,6 Prozent der befragten Studierenden äußern Hélène Seidl-Scheerer. Vielen Dank auch an Herrn Dr. Michael
Symptome eines depressiven Syndroms. Ein ähnlicher Wert Stolle, Geschäftsführer des House of Competence (HoC) am
ergibt sich mit 17,4 Prozent für Symptome einer generalisier­ KIT, für seine maßgebliche Unterstützung.
ten Angststörung. Hochschulen sind daher gut beraten,
präventive Maßnahmen zur Stressbewältigung in das Viel Freude und Erfolg bei unseren TK-MentalStrategien!
Hochschul-Setting und den Studienalltag zu integrieren.

Stress ist ein bedeutender Belastungsfaktor, wenn es um die


psychische Gesundheit geht. Analysen und Befragungen
zeigen, dass Studierende vermehrt über Stressoren wie
Zeitnot, Überlastung, Prüfungsangst, Versagensängste und Dr. Sabine Voermans
digitalen Stress berichten. Leiterin Gesundheitsmanagement der Techniker Krankenkasse

TK-Mentalstrategien – Pflichtfach für starke Nerven – Herausgeber: Techniker Krankenkasse, Unternehmenszentrale: 22291 Hamburg. Internet: tk.de.
Geschäftsbereich Markt und Kunde, Gesundheitsmanagement: Dr. Sabine Voermans. Konzept und Text: Prof. Dr. Ulrich W. Ebner-Priemer, Dr. Marie-Hélène
Seidl-Scheerer, Manuela Schnaubelt, Karlsruher Institut für Technologie, Überarbeitet und aktualisiert durch Dipl-Psych. Benjamin Pause. Fachliche Beratung:
Sabine König, Dr. Brigitte Steinke. Redaktion: Britta Surholt, Anne Frobeen. Medienkonzeption TK: Micaela Berger. Gestaltung: Arman Mobeseri. Produktion: Oliver
Kühl. Fotos: Techniker Krankenkasse, Getty Images, Stocksy. Litho: Hirte GmbH & Co. KG, Hamburg. Druck: Bösmann Medien und Druck GmbH & Co. KG, Detmold.

© Techniker Krankenkasse. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung. 7. Auflage 2021.

Um der besseren Lesbarkeit willen haben wir im Text auf die Unterscheidung von männlicher und weiblicher Form verzichtet. Selbstverständlich sind hier
Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen.
4
Sich vor
Stress
schützen
Fällt es Ihnen schwer,
„Nein“ zu sagen? Lernen

Inhalt
Sie, Grenzen zu setzen,
und finden Sie Ausgleich
durch bewusstes
Genießen.
1  Stress im Studium – Termin 1
 Seite 52
6 Inhalte des Seminars
6 Was stresst mich?
7 Übungsteil

2  Stress und seine Auswirkungen – Termin 2 5  Zeit- und Lernmanagement – Termin 5

14 Unter Strom 66 Strategien und Techniken des Zeitmanagements


14 Ursache und Wirkung 66 Die ALPEN-Technik
16 Stress als Motivator 67 Zeitdiebe
18 „Life Events“ und „daily hassles“ 68 Pareto-Prinzip: Mehr Erfolg mit weniger Aufwand
19 Das Stressmodell 69 Eisenhower-Prinzip: Entschlacken Sie Ihren Tag!
21 Ein Zwischenfazit 71 Erfolgreiches Lernmanagement
22 Entspannungsmethoden 72 Hilfreiche Lerntechniken
22 Autogenes Training 74 Autogenes Training
23 Grundregeln zum Üben 74 Die Stirnkühle-Übung
25 Übungsteil 75 Übungsteil

3  Die Einstellung macht‘s – Termin 3 6  Prüfungsangst – Termin 6

30 Einfach mal umdenken 84 Der Angstkreislauf


32 Innere Antreiber und Glaubenssätze 84 Bewältigung der Prüfungsangst
35 Positiv denken 85 Lenken Sie sich ab
37 Erholsame Aktivitäten und Genusstraining 86 Die Macht der Gedanken
37 Ausgleich finden 86 Effektive Vorbereitung
38 Genuss 89 Bewegen gegen die Angst
39 Autogenes Training 90 Autogenes Training
41 Übungsteil 91 Übungsteil

4  Sich vor Stress schützen – Termin 4 7  Resümee und Ausblick – Termin 7

54 Klartext entspannt 95 Übungsteil


56 Sechs Strategien zum Neinsagen 101 Audiofiles auf einen Blick
58 Werte und Zielvorstellungen 102 Quellenverzeichnis und Literatur
59 Autogenes Training
60 Übungsteil
4  TK-MentalStrategien – Stress im Studium

Stress im
Studium
Termin 1 – Studierende haben ein
lockeres Leben? Von wegen! Erfahren
Sie, wie Sie zwischen Klausuren,
Hausarbeiten, Vorlesungen und
Job einen kühlen Kopf bewahren.

1
5

Stress ist zunehmend auch unter Studierenden ein


Thema. Wachsende Anforderungen, Termindruck
und wenig Erholungspausen führen auf Dauer zu
chronischem Stress mit psychischer und körperlicher
Belastung.

Studierende erleben wachsende Anforderungen im Studium


und im Privatleben: Leistungsdruck und Zeitnot. Teilprüfungen
und ständige Leistungsnachweise belasten sie zusätzlich. Im
Zuge der Corona-Pandemie ist der Hochschulbetrieb teilweise
oder vollständig in den digitalen Raum verlegt worden. Diese
Veränderung hin zur „digitalen Lehre“ stellt für Studierende
ebenso eine große Herausforderung dar.

Viele Studierende leiden schon früh unter typischen Stress­


symptomen wie anhaltender Erschöpfung, innerer Anspan­
nung, Unruhe, Versagensängsten oder auch Schlafstörungen.
Stressbewältigung wird somit immer wichtiger, um die Aus­
löser und negativen Aspekte des zunehmenden Stresses
frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenwirken zu können.

Sie haben sich zur Teilnahme an unserem Seminar „Stress­


bewältigung im Studium“ entschlossen.

In insgesamt sieben Einheiten lernen Sie vor allem sich selbst


und Ihren ganz persönlichen Umgang mit Stressoren kennen.
Sie erfahren mehr über die wichtigsten Stressfallen und wie
Sie sie aktiv vermeiden können. Mithilfe besonderer Bewäl­
tigungsstrategien und Entspannungstechniken lässt sich
Stress recht gut in den Griff bekommen. Wir wünschen Ihnen
viel Spaß im Seminar und Erfolg bei der Umsetzung der
zahlreichen Tipps und Hinweise.

Seminarfahrplan  Das Training umfasst sechs Einheiten über


je drei Stunden und einen Blocktermin über sieben Stunden.

Termin 1  Stress im Studium


Termin 2  Stress und seine Auswirkungen
Termin 3  Die Einstellung macht‘s
Termin 4  Sich vor Stress schützen
Termin 5  Zeit- und Lernmanagement
Termin 6  Prüfungsangst bewältigen
Termin 7  Resümee und Ausblick
6  TK-MentalStrategien – Stress im Studium

Inhalte des
Seminars
In den nächsten Wochen werden wir die Themen Stress und
Stressmanagement ausführlich betrachten sowie eine Ent­
Was stresst mich?
spannungsmethode – das Autogene Training – erlernen.
Übungen und Hausaufgaben sind fester Bestandteil jeder

D
Seminareinheit. ie heutigen Übungen und Diskussionen werden Ihnen
zeigen, dass es unterschiedliche Stressauslöser und
Schwerpunkte  Um Stress zu reduzieren, müssen wir ver­ Erfahrungen mit Stress gibt. Häufig sind es nicht nur
stehen, wie er funktioniert. Darum behandeln wir im Laufe die Herausforderungen im Studium, die als belastend emp­
des Seminars folgende Themen: funden werden (Orientierungslosigkeit, Termindruck, Vor­
bereitung auf Klausuren, Prüfungsphase), sondern auch die
Wissenswertes zum Thema Stress kleinen täglichen Ärgernisse, die Stress auslösen können:
•  Entstehung und Auswirkungen von Stress
•  Persönliche Stressfaktoren erkennen •  Das Notebook, das immer wieder abstürzt
•  Geschwister oder Mitbewohner, die einen ständig
Mentales Stressmanagement beim Lernen stören
•  Das „Was“ und „Wie“ des Denkens hinterfragen •  Die Bahn, die einem vor der Nase wegfährt
•  Förderliche Denkweisen und Einstellungen entwickeln •  Der Stress in der WG, weil das Bad nie geputzt wird

Selbstbehauptung durch Kommunikation Um sich besser gegen Stress und


•  Grenzen setzen und „Nein“ sagen seine Folgen wappnen zu können, ist
•  Unterstützung im Studium annehmen es wichtig, die persönlichen Stres­
sauslöser zu kennen und eigene Be­
Entspannen und loslassen wältigungsstrategien zu entwickeln.
•  Autogenes Training als Entspannungsmethode erlernen

Stressbewältigung durch gezieltes


Selbstmanagement
•  Ressourcen wiederentdecken und weiterentwickeln
•  Persönliche Ziele klären
•  Werte und Zielvision entwickeln
•  Zeit- und Lernmanagement optimieren Gut zu wissen!
•  Prüfungsangst bewältigen
Was erwartet mich in
Positive Erlebnisse in den Alltag diesem Seminar
integrieren
•  Den richtigen Ausgleich finden Dieses Seminar dient als Einstieg, um das
•  Genuss als Ressource wiederentdecken persönliche Stressmanagement nachhaltig
zu verbessern. Stressbewältigung ist eine
lebenslange Lernaufgabe. Maßnahmen, um
Stress abzubauen oder vorzubeugen, müssen
erlernt und eingesetzt werden, ihre Wirksam­
keit bedarf ständiger Kontrolle. Das Seminar
ersetzt keine Therapie, die beispielsweise bei
extrem starken Prüfungsängsten empfeh­
lenswert wäre.
7

Übungsblatt 1 – Partnerinterview
Wie heißt du? Wie alt bist du?
Roman Sniezhyk, 24 Jahre Alt

Wenn du jetzt nicht hier wärst, wo wärst du dann?


Bei dem Nebenjob oder mit meiner Freundien

Was hat dich in dieses Seminar geführt?


Viel Stress in meinem Leben

Wie kannst du dich am besten entspannen?


Spazieren, Bücher lesen, in Ruhe sein

Was würdest du spontan als deinen größten Stressfaktor beschreiben?


Faulheit, Energiemangel, Geldmangel, Energiemangel
8  TK-MentalStrategien – Stress im Studium

Hausaufgabe 1 – meine
persönlichen Stressfaktoren
Gehen Sie die Liste durch. Prüfen Sie, inwieweit die Aussagen auf Sie, Ihre Gewohn­
heiten und die Bedingungen, unter denen Sie leben, zutreffen. Entscheiden Sie, wie
häufig die Situation bei Ihnen auftritt und wie unangenehm sie Ihnen ist. Setzen Sie
ein Kreuz in die entsprechenden Kästchen und multiplizieren Sie beide Werte

Meine persönlichen Stressfaktoren

Häufigkeit x Bewertung = Belastung

Ziemlich störend
Kaum störend
Nicht störend

Stark störend
Manchmal

Sehr oft

Produkt
Häufig
Nie

0 1 2 3 0 1 2 3

Termin-/Zeitdruck 5

Störung, zum Beispiel beim


6
Lernen

Überforderung 4

Angst zu versagen 6

Konkurrenzdruck 4

Multitasking 4

Konflikte mit Kommilitonen/


2
Dozenten

Konflikte mit der Familie/


6
in der Partnerschaft

Informationsüberflutung 5

Bildschirm-Arbeit 4

Rauchen 0

Alkoholkonsum 0

Bewegungsmangel 3

Isolation an der Hochschule 4

Fehlende Erholungszeiten 6

Trennung vom Partner 0

Trennung von der Familie 0


9

miteinander. Tragen Sie das Produkt in die entsprechende Spalte ein. Sie
können die aufgelisteten Stressfaktoren am Ende der Liste um weitere persön­
lich relevante Bereiche ergänzen. Tragen Sie zum Schluss die Anzahl der
Stressfaktoren, deren Produktwert über 4 liegt, als Ergebnis ein.

Meine persönlichen Stressfaktoren

Häufigkeit x Bewertung = Belastung

Ziemlich störend
Kaum störend
Nicht störend

Stark störend
Manchmal

Sehr oft

Produkt
Häufig
Nie

0 1 2 3 0 1 2 3

Finanzielle Sorgen 5

Gesundheitliche Probleme/
2
Sorgen

Sorgen allgemein 6

Unzureichend Zeit für das 6


Studium

Beziehung zu Freunden 3

Gefühle der Einsamkeit 2

Zu wenig Schlaf 4

Internet und Smartphone 5

Wiederholtes Aufschieben
6
wichtiger To-dos

Eigene Beispiele:

Nicht erreichte Ziele 6

Gesamt 104

Durchsnitllich 3,8

104 / 3,8
Ergebnis: Stressfaktoren liegen über einem Produktwert von 4
10  TK-MentalStrategien – Stress im Studium

Exkurs 1 – Mein digitales Leben

Welche Rolle spielt die Digitalisierung in Ihrem Leben? Darum soll es in diesem
Arbeitsblatt gehen. Um bewusster mit den vielfältigen digitalen Möglichkeiten
umzugehen, beobachten Sie bitte bis zum nächsten Termin, in welchen Bereichen
Ihres Lebens Sie digitale Anwendungen nutzen.

•  Wie viel Zeit verbringen Sie mit den jeweiligen digitalen Anwendungen?
•  Löst die Nutzung dieser Anwendungen aus Ihrer Sicht Stress aus oder dient
sie der Entspannung? Oder beides?

Notieren Sie Ihr Nutzungsverhalten an einem typischen Tag in Ihrem Leben, vom Auf­
stehen bis zum Zubettgehen und versuchen Sie dabei nur die jeweiligen Tätigkeiten,
Situationen usw. zu benennen, in denen digitale Anwendungen eine Rolle spielen.

Löst Stress aus?


Tageszeit: von – bis Digitale Anwendung Situation und Dauer
ja/nein/manchmal

Nach dem Aufstehen:


7:15 - 7:45 Uhr Messenger-Dienst manchmal
30 Minuten

Ganzen Tag, Jede 10/20 Minuten


Börsenews 2/3 Minuten ja, beim Gewinn

In freie Morgens Instagram 50 Minuten nein

Seht oft Whatsapp 3/5 Minuten nein

Laptop/ Studium/ Y Youtube 1-5 Stunden mit Pausen


8:00 - 14:00 manchmal

Vor dem Schlaffen 20 Min


22:30 - 23:00 Messenger-Dienst nein
Stress und seine
12

Auswirkungen
Termin 2 – Kurzfristig steigert Stress die
Leistung, dauerhaft macht er krank. Darum
ist es wichtig, aktiv die Balance zu halten.

2
13

In unserer zweiten Seminareinheit geht es um eine Bestands­


aufnahme Ihrer persönlichen Stresssituation. Außerdem
machen Sie sich mit den wichtigsten Grundregeln des
­A utogenen Trainings vertraut. Mit der Einführung in das

J
eder redet davon, gestresst zu Autogene Training wird ein Weg zur aktiven Entspannung
sein. Alle nur denkbaren Situatio­ im Alltag aufgezeigt. Regelmäßiges Üben ist wichtig für
nen, die als unangenehm und/oder den Erfolg des Trainings, am besten dreimal täglich für
bedrohlich erlebt werden, können zwei bis drei Minuten.
Stressauslöser sein. Enttäuschungen,
die Angst zu versagen, Überforderung Die Stärkung der persönlichen Ressourcen sowie das Auto­
und Unsicherheiten in der Beurteilung gene Training als Entspannungsmethode sind hilfreiche
der Situation sind besonders starke Strategien zur Reduzierung von Stress. Betrachten Sie dazu
Stressoren. Doch wer seine persönli­ das Stressmodell, das diesem Seminar zugrunde liegt und auf
chen Stressfaktoren kennt, kann gezielt Seite 19 genauer erläutert wird.
Strategien und Maßnahmen dagegen
entwickeln.

Stressmodell – persönliche Ressourcen und Autogenes Training

Stress- und Risikofaktoren

A
Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

Persönliche Ressourcen Autogenes Training


Autogenes Training
14  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

Unter Strom
Fahrplan für den zweiten Seminartag 
Was erwartet Sie heute? Alle Themenbe­
reiche auf einen Blick:
Jeder von uns wird täglich mit Stresssituationen konfrontiert.
Auch unter Studierenden spielen Stress und Stressbelastun­ Wissenswertes zum Thema Stress
gen eine immer bedeutendere Rolle. Der Begriff „Stress“ um­ •  Stress im Alltag
fasst dabei ein weites Spektrum an Situationen, Wahrneh­ •  Dem Stress auf der Spur
mungen und Reaktionen. •  Leistung und Stress
•  „Life events“ und „daily hassles“
Stresssituationen wie beispielsweise anhaltender Termin­ •  Das Stressmodell
druck, beschwerliche Prüfungsphasen, unvorhergesehene
private Probleme oder ständige Störungen von außen führen Wie lässt sich Stress bewältigen?
schnell zu negativen Wahrnehmungen und Reaktionen. Ver­ •  Ressourcen als Bewältigungsstrategie
zweiflung, Reizbarkeit, Erschöpfung, Schlafprobleme oder
depressive Symptome wie Rückzugstendenzen oder ein Autogenes Training
„Sich-in-Frage-Stellen“ sind typische Symptome. Warum •  Einführung
kommt es zu diesen Reaktionen? •  Die Ruhe- und Schwere-Übung

Was möchte ich hier erreichen?


•  Meine Ziele für das Training

Ursache und Wirkung


Dem Stress auf der Spur

Knacken. Er versucht herauszufinden, woher das Geräusch kommt, und kurze Zeit
später sieht er einen Säbelzahntiger auf sich zukommen. Genau in diesem Moment

S
tress ist eine angeborene Schutz­ kommt es zur Kampf- oder Flucht-Reaktion: Adrenalin schießt innerhalb kürzester
funktion und ein lebenswichtiger Zeit in die Blutbahn und veranlasst das Herz, schneller zu schlagen. Die Atmung
Vorgang des Körpers, den es wird schneller und das Blut wird hierdurch mit Sauerstoff angereichert. Die Muskeln
schon in der Steinzeit gab. Stress akti­ werden besser durchblutet und Kraftreserven zur Verfügung gestellt. Wichtige
viert den gesamten Organismus und Reaktionen, um den Körper auf den Kampf oder die Flucht vorzubereiten.
bereitet den Körper optimal auf die Be­
wältigung einer gefährlichen Situation Der Stressmechanismus heute  Diese Stressreaktion ist noch immer in unserem
vor. In der Steinzeit waren diese Reakti­ Organismus verankert, sie ist sinnvoll und lebensrettend, zum Beispiel wenn Sie,
onen Kampf oder Flucht. gedankenverloren bei Rot eine Ampel überqueren und plötzlich ein Auto auf Sie
zukommt.
Ein Beispiel: Ein Neandertaler ist auf der
Jagd. Plötzlich hört er im Gebüsch ein Die Stressfaktoren, denen der moderne Mensch heute ausgesetzt ist, haben sich
extrem verändert. So sind wir heute beispielsweise gestresst durch Zeitdruck oder
Belastungen im Studium, weil wir eine mündliche Prüfung bestehen müssen. In diesen
15

Gut zu wissen!

Zwei Seiten der


Medaille
Kampf oder Flucht  Stress ist eine Alarmre­
aktion des Körpers – ein uraltes Programm,
das in unseren Genen verankert ist und den
Körper auf die Bewältigung einer gefährlichen
Situation vorbereitet. Innerhalb kürzester Zeit
ist der Mensch kampf- oder fluchtbereit.

Die Dosis macht´s  Erholt sich der Körper


nach einer kurzen Phase des Stresses wieder,
ist der Zustand ungefährlich. Bei andauern­
dem Stress kommt es zu Überforderungssyn­
dromen und zu negativen Einflüssen auf
unseren Organismus.

Fällen ist die ursprüngliche Kampf-­oder •  Mobilisierung der Energiereserven


Flucht-Reaktion unangemessen. Unser •  Geringe Versorgung der Verdauung und des Immunsystems
Körper reagiert aber trotzdem wie da­
mals in der Steinzeit. Er wird aktiviert und Erholung ist wichtig  Stress ist zunächst also positiv und schützt den Organis­
ist in Alarmbereitschaft. mus. Für den Körper ist es wichtig, dass er sich nach einer stressigen Situation
erholen kann. Ist die Stressreaktion nur von kurzer Dauer, fängt der Körper die
Stressreaktionen und ihre Auswirkun- Auswirkungen der Mobilmachung auf. Gibt es keine Erholungspausen, führt die
gen auf den Organismus wiederholte Auslösung der Kampf- oder Flucht-Reaktion zu chronischer Erschöp­
•  Beschleunigter Herzschlag fung und Auswirkungen wie beispielsweise Gereiztheit, Depression, Schlafstörun­
•  Erhöhter Blutdruck gen oder Magenbeschwerden. Stress wirkt dann schädlich auf unseren Organis­
•  Beschleunigte Atmung mus, wenn er zu lange andauert (chronischer Stress) und der Körper sich nicht
•  Anspannung der Muskulatur erholen kann.
16  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

Stress als Motivator


Würde sich der Körper in einem ständigen Entspannungszustand befinden, würden
wir kaum etwas zielgerichtet bewegen können. In gesundem Maße erhöht Stress
die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Die bereitgestellte Energie kann
uns zu Höchstleistungen bringen. Dies gilt für Athleten genauso wie für Studieren­
de bei der Bewältigung von Prüfungssituationen oder beim Halten eines Vortrages.
Unter „Lampenfieber“ werden oft die besten Leistungen erzielt. Die Beziehung
zwischen Leistung und Stress entspricht nach dem Yerkes-Dodson-Gesetz einer
umgekehrt U-förmigen Kurve:

Unterforderung  Das Leistungsniveau ist niedrig, es kommt zu Symptomen wie


Langeweile, Unwohlsein, geringe Motivation, Leichtsinnsfehler.

Herausforderung  Das Leistungsoptimum wird erreicht, die Motivation ist groß,


es werden gute Leistungen erzielt.

Überforderung  Die Leistungsfähigkeit sinkt, Anzeichen körperlicher und psychi­


scher Überforderung sind Angst oder Resignation, Planlosigkeit, Fehler, erhöhte
Krankheitsanfälligkeit.

Ein typisches Beispiel  Sie haben noch viel Zeit bis zur nächsten Klausur, stehen
also nicht so richtig unter Anspannung und können sich noch nicht motivieren, mit
dem Lernen zu beginnen. Je näher dann die Klausur rückt, umso motivierter wer­
den Sie, sich mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen. Diese Motivation rührt auch
von einer höheren Anspannung her. Verpassen Sie diesen Zeitpunkt und geraten
unter Zeitdruck und somit unter eine hohe Anspannung, können Sie sich nicht mehr
richtig konzentrieren und das Lernen fällt schwer.

Yerkes-Dodson-Gesetz

Herausforderung
Unterforderung Leistungsoptimum Überforderung
Hoch
Leistung
Niedrig

Niedrig Mittel Hoch

Erregungsniveau/Anspannung

Die Abbildung veranschaulicht die Beziehung zwischen dem Grad der Aktivierung (Erregungsniveau/
Anspannung) und der Leistungsfähigkeit. Die Lernleistung ist bei mittlerer Anspannung am besten,
bei zu geringer und zu hoher Erregung sinkt die Leistungsfähigkeit. Die Kurve gilt für mittelschwere
Aufgaben. Bei schweren Aufgaben verschiebt sich die Kurve nach links, das heißt, eine geringe
Aktivierung ist förderlicher, da schwierige Prozesse störanfälliger sind.
17

Allgemeines Adaptationssyndrom

Erfolgreicher
Normales Widerstand
Widerstandsniveau (Bewältigung)

Krankheit

Kurz andauernder Stress


•  Normale Stressreaktion

Alarmreaktion Widerstand Erschöpfung

Erschöpfungsphase Dauert der
Stressfaktor lange an oder treten neue
Chronischer Stress macht krank  In unserer heuti­ Belastungen auf, so erfolgt der erneute
gen Gesellschaft befinden sich viele Menschen im Eintritt der Alarmphase und auf lange
Dauerstress. Typische Herausforderungen für Studie­ Sicht – also bei chronischem Stress – in
rende sind die ständig wachsenden Ansprüche im der Regel das Auftreten von Erschöp­
Studium, die Nachtschichten vor Prüfungen, die Er­ fung. Diese Phase ist verbunden mit
wartungen von Freunden und Familie und häufig auch dem Zusammenbruch des Widerstandes
finanzielle Belastungen. Durch diesen Stress steht der und mit Krankheitssymptomen, sowohl
Körper in ständiger Alarmbereitschaft, Phasen von auf körperlicher als auch auf psychischer
Erholung und Entspannung sind selten. Ebene.

Das von Hans Selye entwickelte allgemeine Adapta­ Was also auf Dauer schädlich wirkt, ist
tionssyndrom oder Selye-Syndrom bezeichnet ein die fehlende Erholung und Rückkehr
Reaktionsmuster des Körpers auf anhaltende Stress­ zum normalen Widerstandsniveau.
reize. Jeder von uns hat ein individuelles Wider-
standsniveau. Wird der Organismus nun mit einem Chronischer Stress  In der heutigen
Stressfaktor konfrontiert, so bereitet sich der Körper Gesellschaft befindet sich der Mensch
auf die zuvor beschriebene Kampf- oder Flucht-­ häufig in einem permanenten Alarmzu­
Reaktion vor: stand und unter Daueranspannung. Aus
„normalem“ Stress, der nicht schädlich
Alarmphase  Der Körper wird aktiviert, was eine ist, wird so chronischer Stress. Bei chro­
kurzzeitige Erhöhung der Widerstandskraft und eine nischem Stress sind Sie nervös, innerlich
rasche Bereitstellung von Energiereserven bewirkt. unruhig und können sich nicht mehr ent­
spannen. Abends sind Sie müde und er­
Widerstandsphase  Der Körper hält dem auslösen­ schöpft. Sie fühlen sich abgespannt, und
den Stressfaktor stand. Bei diesem Vorgang werden auch Ihre geistige Leistungsfähigkeit
unterschiedliche Hormone ausgeschüttet, unter an­ nimmt ab. Dass Sie sich schlechter kon­
derem das Stresshormon Cortisol. Es tritt bereits eine zentrieren können oder schlechter
leichte Schwächung des Immunsystems ein. schlafen, kann nun seinerseits wieder zu
einem neuen Stressfaktor werden. Der
Stress wird also immer weiter gesteigert.
18  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

„Life events“
und „daily hassles“
Life events  Stress wird zum einen verursacht durch große
belastende Lebensereignisse, sogenannte „life events“. Dies
können negative Erlebnisse sein, wie der Tod eines Familien­
angehörigen, die Trennung vom Partner oder der Verlust
des Arbeitsplatzes. Aber auch positive Ereignisse wie die Vor­
bereitung auf das Berufsleben oder eine Schwangerschaft
gehören dazu.

Daily hassles  Der Großteil unseres


Stresses wird aber durch die alltäglichen
Unannehmlichkeiten und Ärgernisse
verursacht, auch „daily hassles“ ge­ Gut zu wissen!
nannt. Wenn zum Beispiel die Bahn, mit
der Sie morgens zur Uni fahren, regel­
Chronischer Stress
mäßig zu spät kommt, der Mitbewohner und die möglichen
nicht aufgeräumt hat oder das Essen in
der Mensa nie schmeckt. Wenn man den Folgen
Schlüssel verloren hat oder eine Verab­
redung wahrnehmen muss, zu der man Körperliche Symptome Muskelverspannun­
eigentlich keine Lust hat, oder wenn gen und Schmerzen, Bluthochdruck, Herz-
man einen Handwerker erwartet, der Kreislauf-Schäden, Herzinfarkt, Appetitlosig­
zwischen 9 und 17 Uhr kommt. keit, Übelkeit, Magengeschwüre, Potenz-
störungen, funktionelle Sterilität, Schwächung
Ein anderes Beispiel für alltägliche Är­ des Immunsystems, Infektionen, Diabetes,
gernisse kann emotionale Frustration Erschöpfung, Müdigkeit, Schlafprobleme
sein. Wenn Ihnen zum Beispiel nicht
zugehört wird oder Sie von Ihrem Do­ Psychische Auswirkungen  Überforderung,
zenten permanent nicht ernst genom­ Hilflosigkeit, Minderwertigkeitsgefühle,
men werden. Wenn man sich einsam Unruhe, Nervosität, Unwohlsein, Konzentra­
fühlt oder das Geld gerade nicht für tionsprobleme, Zorn, Gereiztheit, Ärger, Angst,
den Lebensunterhalt reicht. Panik, Einengung der Wahrnehmung und
Informationsaufnahme (Scheuklappeneffekt),
Stressfaktoren  Stressfaktoren sind negative Gedanken, Depressionen
überwiegend subjektiv. Was als Stress­
faktor erlebt wird, hängt meist von per­ Gesundheitsschädigendes Verhalten
sönlichen Erfahrungen und der ganz (indirekter Einfluss von Stress)  Suchtver­
persönlichen Bewertung ab. Die Rolle halten, Alkoholkonsum, Rauchen, ungesunde
der persönlichen Bewertung von Stress­ Ernährung, Kontaktprobleme, Fehleranfällig­
faktoren in Bezug auf das Stresserleben keit, steigendes Unfallrisiko
werden wir im Laufe des Seminars noch
genauer betrachten. Wichtig ist, rechtzeitig auf die körperlichen
Signale zu achten und auf sie zu reagieren.
19

Das Stressmodell
Das diesem Seminar zugrunde liegende Stressmodell orientiert sich an den Theo­
rien zweier tonangebender amerikanischer Psychologen: dem ABC-Modell von
Albert Ellis und dem transaktionalen Stressmodell von Richard Lazarus. Betrachten
wir dieses Modell einmal genauer:

A = Activating Events  Situationen, die potenziell Stress auslösen. Mit stressaus­


lösenden Situationen werden wir durch unsere Umwelt konfrontiert: eine hektische
Prüfungswoche, ein Umzug, ein Autofahrer, der langsam vor uns herfährt, obwohl
wir es eilig haben, et cetera. Aber auch innere Vorgänge, wie ein Gedanke an ein
unangenehmes Ereignis oder Magenschmerzen können Stress auslösen. Wie stark

Stressmodell

Stress- und Risikofaktoren

Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

uns die jeweiligen Ereignisse „stressen“, hängt wiederum von Neben den stressauslösenden Situationen werden unter A in
unserer Person ab, beispielsweise von unserer Fähigkeit, uns diesem Seminar auch die Ressourcen betrachtet, die dem
abzugrenzen, von unseren Charaktereigenschaften und frühe­ Menschen zur Verfügung stehen, um Stressfaktoren zu ver­
ren Erfahrungen. hindern, zu verändern, zu mildern oder auszugleichen. Dies
können interne Ressourcen sein, wie Fertigkeiten, Fähigkeiten,
B = Belief oder Bewertung  Einschätzung der Situation. Kenntnisse und Stärken einer Person, oder externe Möglich­
Diese Einschätzung beziehungsweise Wahrnehmung der Si­ keiten, die zu Hilfe genommen werden können, wie Freunde,
tuation wird beeinflusst von den Überzeugungen, Annah­ Familie, Geld.
men, Erlebnissen und Einstellungen der jeweiligen Person.
Ressourcen sind quasi die Stoßdämpfer für Ihre ganz persön­
C = Consequences  Das Verhalten oder das Stresserleben, lichen Stressfaktoren. Sie helfen, eine stressige Situation
das aus den Annahmen und der Bewertung der Situation abzumildern oder zu bewältigen, und beeinflussen Ihre Be­
resultiert. Dies können körperliche Symptome, psychische wältigungsstrategien. Häufig werden diese allerdings außer
Auswirkungen oder gesundheitsschädigende Verhaltens­ Acht gelassen, da viele Menschen dazu neigen, sich zuerst
weisen sein. auf ihre Schwächen und Defizite zu konzentrieren oder ein
Problem erst einmal allein zu lösen.
20  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

Außerdem wird in dem Modell der Be­


reich Coping betrachtet. Durch die An­
eignung und das Training hilfreicher Be­
wältigungsstrategien, wie zum Beispiel
konstruktiver Lerntechniken, können
Stressfolgen verhindert beziehungswei­
se nachhaltig reduziert werden.

Persönliche Bewertung einer Situation


Das Stressmodell sieht Stresssituatio­
nen als komplexe Wechselwirkungs­
prozesse zwischen den Anforderungen
der Situation und der handelnden Per­
son. Nicht jeder Mensch geht mit stres­
sigen Situationen, wie beispielsweise
Zeitdruck oder Aufgabenvielfalt, auf die
gleiche Weise um. Nicht die (objektive)
Beschaffenheit der Reize oder Situa­ ation einschätzen, ändern können, kön­
tionen ist für die Stressreaktion von nen Sie Ihren Stress dennoch managen,
Bedeutung, sondern deren (subjektive) Haben Sie zum Beispiel einen sehr vollen indem Sie sich hilfreiche Bewältigungs­
Bewertung durch den Betroffenen. Stundenplan und hassen eng gelegte strategien („Coping“) aneignen.
Menschen können für einen bestimm­ Termine, versuchen Sie weniger Semi­
ten Stressor höchst unterschiedlich nare zu belegen. Dies wäre ein Beispiel Work-Life-Balance  Die richtige Work-­
anfällig sein. Das heißt, was für den einen dafür, wie Sie den Auslöser „A“ verän­ Life-Balance ist die Voraussetzung für
Stress bedeutet, wird von einem ande­ dern können. Sollte dies nicht möglich ein gesundes Leben. Wie Sie diese Ba­
ren noch nicht als Stress empfunden. sein, was bei Ihrem Bachelor- bezie­ lance für sich persönlich finden können,
Wie wir eine Situation wahrnehmen und hungsweise Masterstudiengang sehr erarbeiten wir hier im Seminar. Generell
bewerten, beeinflusst also, ob und wie wahrscheinlich der Fall sein dürfte, bleibt dies eine lebenslange Aufgabe,
stark wir gestresst sind. können Sie alternativ an sich arbeiten, da wir immer wieder aus der Balance
indem Sie die Art und Weise, wie Sie die geraten können. Wichtig ist, die persön­
Bewältigungsstrategien  Die Stress- Gegebenheiten wahrnehmen und be­ lichen Stressfaktoren zu kennen und
und Risikofaktoren beziehungsweise die werten („B“), verändern. Sie werden im geeignete Strategien zu beherrschen,
externen und internen Ressourcen sind Laufe dieses Seminars sehen, dass ein um chronischen Stress zu vermeiden
individuell unterschiedlich. Erst durch die großer Teil unseres Stressempfindens oder zu bewältigen.
eigene Bewertung wird ein Auslöser zum durch unsere Gedanken und Bewertun­
Stress- oder Risikofaktor. Bei der Entwick­ gen erzeugt wird. Deshalb sagt man
lung von Stressbewältigungsstrategien auch oft, dass Stress im Kopf entsteht.
kann jedes Element des Stressmodells Wenn Sie nun aber weder die Situation
betrachtet und reflektiert werden. noch die Art und Weise, wie Sie die Situ­
21

Gut zu wissen!

Achtsam sein
Wer sich selbst achtsam wahrnimmt,
erkennt Stresssymptome frühzeitig
und kann rechtzeitig die Anspannung
reduzieren. Achtsamkeit kann man üben,

Ein Zwischenfazit zum Beispiel mit dem Body Scan:


tk.de, Suchnummer 2013432.

Was haben wir bisher über Stress erfahren? Die wichtigsten


Fakten auf einen Blick:

•  Stress spornt uns an, etwas zu leisten und ist ein


lebensrettender Mechanismus.

•  Auf Dauer schädigt Stress den Organismus und führt


zu körperlichen und psychischen Belastungen.

•  Wichtig ist, rechtzeitig auf die körperlichen Signale


zu achten und darauf zu reagieren.

•  Stressmanagement ermöglicht, chronischen Stress zu


vermeiden beziehungsweise zu bewältigen.

•  Ziel ist es, die richtige Balance zwischen Erholung und


Belastung sowie Arbeit und Freizeit im Sinne der
Work-Life-Balance zu finden.
22  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

Entspannungs-
methoden
Lernen, jobben, Hobbies – wer im alltäglichen Stress
gesund bleiben möchte, braucht auch mal eine Pause.

Heutzutage bleibt vielen Menschen nur sehr wenig Zeit und


Muße für Entspannung. Dabei ist es gerade in stressigen und
herausfordernden Phasen besonders wichtig, dem Körper
durch Erholungspausen und gezielte Entspannung einen
Ausgleich zu bieten. Es gibt verschiedene Entspannungs­
methoden, die in Stresssituationen angewendet werden
können, wie beispielsweise Progressive Muskelentspannung,
Autogenes Training, Atemtechniken, Yoga, Meditation.

Wirkungsweise von Entspannungsmethoden


•  Verringerung körperlicher und geistiger/emotionaler
Anspannung wie Angst, innere Unruhe, Schmerzen
•  Reduzierung des Stresshormons Cortisol
•  Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit und der
Gedächtnisleistung
•  Verbesserung der Schlaffähigkeit
•  Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens
•  Körperliche und psychische Regeneration

Autogenes Training
Das autogene Training wurde von dem Berliner Arzt J. H. Schultz entwickelt und
basiert auf der Methode der Autosuggestion. Anhand von einfachen Leitsätzen,
den sogenannten Formeln, wird Einfluss auf das vegetative Nervensystem genom­
men – Empfindungen von Ruhe, Schwere und Wärme breiten sich im Körper aus.
Mithilfe dieser Entspannungstechnik können Sie sich selbst in kurzer Zeit in einen
angenehmen Zustand der Tiefenentspannung versetzen und sich dadurch schnell
erholen.

•  Autogenes Training braucht nur wenige Minuten täglich und ist sehr
effizient. Allerdings nur, wenn es regelmäßig geübt wird, am besten dreimal
täglich für zwei bis drei Minuten.
Laden Sie sich kostenlos Audios zu
den Entspannungstechniken herunter:
•  Autogenes Training kann in verschiedenen Positionen ausgeführt werden, tk.de, Suchnummer 2096420.
entweder im Sitzen oder im Liegen. Wichtig ist, die richtige Haltung einzunehmen.

•  Autogenes Training kann tagsüber oder abends zum Einschlafen durchgeführt


werden. Wichtig ist, tagsüber die Rücknahme nicht zu vergessen.
23

AutogenesAutogenes
Training  Üben
Training 
ist eine
Üben ist eine
unabdingbare
unabdingbare
VoraussetzungVoraussetzung
für das für
Gelingen. Anfänglich
das Gelingen.
kannAnfänglich
es kann es
passieren, dass
passieren,
Sie keine
dassoder
Sie nur
keine oder nur
geringe Effekte
geringe
vonEffekte
Schwere von
oder
Schwere oder
Wärme spüren.
WärmeLassen
spüren.
Sie Lassen
sich Sie sich
dadurch nicht
dadurch
entmutigen.
nicht entmutigen.
Mit der Mit der
Zeit entspannen
Zeit entspannen
Sie sich immer
Sie sich
tiefer.
immer tiefer.

Grundregeln zum Üben


Wie lange sollte ich üben?  Entscheidend für den Erfolg des Im Sitzen  Setzen Sie sich bequem hin.
autogenen Trainings ist weniger, dass Sie lange üben, son­ Falls Sie eine Rückenlehne haben, leh­
dern dass Sie regelmäßig üben. Am besten üben Sie dreimal nen Sie Ihren Rücken an. Stellen Sie bei­
täglich zwei bis drei Minuten. de Füße nebeneinander. Legen Sie Ihre
Arme entweder auf die Armlehnen oder
Wie sollte ich üben?  Prinzipiell können Sie sowohl im Sitzen Ihre Oberschenkel. Lassen Sie den Kopf
als auch im Liegen üben. Wichtig ist letztlich, dass Sie bequem locker und leicht an die Rückenlehne
sitzen/liegen. sinken beziehungsweise leicht nach
vorne fallen. Schließen Sie die Augen
Im Liegen  Legen Sie sich entspannt auf den Rücken, Beine oder suchen Sie sich einen festen Punkt
ausgestreckt. Die Arme liegen locker neben Ihrem Körper. in Ihrer Umgebung.
Die Handinnenflächen zeigen zur Unterlage. Ihr Kopf liegt
entweder direkt auf Ihrer Unterlage oder auf einem flachen
Kissen. Schließen Sie die Augen oder fixieren Sie einen festen
Punkt an der Decke.
24  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

Rücknahme  Die Rücknahme erfolgt nach jedem Üben – es


sei denn, Sie machen die Übung, um besser einschlafen zu
können.

1. „Arme fest!“  Geben Sie sich zunächst den gedachten


Befehl „Arme fest!“, strecken Sie die Arme aus und ballen Sie
beide Hände zu Fäusten. Ziehen Sie danach die Arme mehr­
mals hintereinander mit Schwung an den Körper heran. Übung 1 b
„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“
2. „Tief ein- und ausatmen!“  Atmen Sie im zweiten Schritt „Mein rechter (linker) Arm ist schwer.“
mit diesem gedachten Befehl tief und deutlich hörbar bis in „Beide Arme sind schwer.“
den Bauch ein und dann wieder aus. Wiederholen Sie den „Mein rechtes (linkes) Bein ist schwer.“
Vorgang zwei- bis dreimal. „Beide Beine sind schwer.“

3. „Augen auf!“  Bei diesem letzten Befehl der Rücknahme Bei regelmäßigem Üben werden Sie feststellen, dass sich die
öffnen Sie die Augen. Schwere über die Arme bis zu den Beinen über den ganzen
Körper ausdehnt. Ist dies der Fall, dann schließen Sie die
Die Ruhe- und die Schwere-Übung  Die Ruhe-Übung dient Schwere-­Übung mit folgender Formel ab:
in erster Linie dazu, dass Sie sich innerlich auf die Entspan­
nung einstellen. Auch wenn sich zunächst nicht immer gleich Übung 1 c
innere Ruhe einstellt, machen Sie nach wenigen Minuten mit „Mein ganzer Körper ist schwer.“
der Schwere-Übung weiter.
Beginnen Sie mit Ihrem domi­
nanten Arm (Rechtshänder
also mit dem rechten, Links­
händer mit dem linken Arm)
und beziehen Sie dann den an­
deren Arm mit ein.

Übung 1 a
„Ich bin ganz ruhig und ent­
spannt.“
„Mein rechter (linker) Arm ist
schwer.“

Rücknahme
(„Arme fest!“, „Tief ein- und
ausatmen!“, „Augen auf!“)

Führen Sie diese Übung täglich


aus, am besten dreimal. Mit der
Zeit werden Sie feststellen,
dass sich das Schweregefühl
ausdehnt. Beziehen Sie nun
auch Ihre Beine ein.
25

Übungsblatt 2 –
Wie bewältige ich Stress?
Meine persönliche Belastungshierarchie
Stressfaktor Mögliche Bewältigungsstrategie(n)

1.
Studium Üben besser mit Paußen planen

Zu wenig Zeit für Üben

Schlechte Arbeit verkürzern oder aufhören


2.
Arbeit Mehr an meine Nachteile arbeiten um
Zu wenig Einkommen und kein Spaß beim Arbeit bessere Arbeit zu fienden

Sprache weiter lernen, Englisch, Deutsch

erfolgreich Studium erledigen


3.
Investment Mehr Nachrichrichten lesen

Verlustte Besser Markt analysieren

Sichere Aktie kaufen

Weniger Risiko und kalten Kopf halten


4.
nicht jede Minute schauen

Zeitmangel Grafik verbessern


5.
Mehr schlafen

Wenige Ablenkungen

Richtige Priotirisierungen im Leben

Energiemangel Mehr Sport und frisches Luft(spazieren)


26  TK-MentalStrategien – Stress und seine Auswirkungen

Übungsblatt 3 –
Persönliche Ressourcen
Meine persönlichen Ressourcen
Zur Erinnerung  Ressourcen sind die verfügbaren Möglichkeiten oder Hilfsmittel eines Menschen, um Stressfaktoren zu
verhindern, zu verändern, zu mildern oder auszugleichen. Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und überlegen Sie, welche
Ressourcen Sie bei sich wahrnehmen. Beantworten Sie hierbei die unten stehenden Fragen.

Welche Stärken und Fähigkeiten habe ich?


Immer Analysieren und alles abrechnen

Mit anderen Einfach Kontakte knüpfen

Interessant erklären

Aktiv sein

Leben und Ziele plannen

Was sind meine Interessen und Hobbys?


Aktien

Bücher

Sport

Reisen

Fahren Auto/Fahrrad

Sprache lernen, Programmieren

Welche Situationen habe ich bisher gut gemeistert? Wo hatte ich Erfolg?
Anderen Leuten helfen

-
27

Hausaufgabe 2 –
Meine persönlichen Ziele
In diesem Arbeitsblatt geht es darum, dass Sie sich überle­ •  Formulieren Sie Ihre Ziele positiv.
gen, welche Ziele Sie im Hinblick auf Ihre Stressbewältigung •  Machen Sie Ihre Ziele messbar.
erreichen möchten. •  Planen Sie die Umsetzung Schritt für Schritt in Form
konkreter Zeitabschnitte.
Beachten Sie bei der Formulierung Ihrer Ziele bitte Folgendes:
•  Ihre Ziele sollten realistisch und somit erreichbar sein. Und denken Sie daran, sich zu belohnen, wenn Sie ein Ziel
•  Setzen Sie sich nach dem Motto „Weniger ist mehr!“ keine erreicht haben!
allzu großen Ziele, sondern auch kleinere Ziele, die Sie
innerhalb kürzerer Zeit erreichen können. Nutzen Sie nun das unten stehende Arbeitsblatt, um Ihre Zie­
•  Ihre Ziele sollten darüber hinaus so konkret und spezifisch le schriftlich festzuhalten.
wie möglich sein.

Hinsichtlich einer besseren Stressbewältigung


nehme ich mir folgende persönliche Ziele vor:
Kurzfristig (= in naher Zukunft erreichbar)

Langfristig (= nicht unmittelbar erreichbar)

Wie werde ich mich belohnen, wenn ich mein erstes, zweites, drittes … Ziel erreicht habe?
28  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Die Einstellung
macht’s
Termin 3 – Negative Einstellungen und
Glaubenssätze können Stress verstärken.
Lernen Sie, wie Sie mit der Macht Ihrer Gedanken

3
Ihre eigene Erfolgsgeschichte schreiben.
29

Unsere persönlichen Erfahrungen, Einstellungen und Be­


wertungen spielen eine große Rolle in Bezug auf Stress.
Stressentschärfende Gedanken helfen im Alltag, Stress­ Jede Stresssituation erfordert eine maßgeschneiderte Me­
situationen abzuwenden oder abzumildern. thode, um angemessen mit ihr fertigzuwerden. Geeignete
Maßnahmen kann man lernen und in der jeweiligen Situation
Die dritte Seminareinheit beschäftigt sich damit, welchen zur aktiven Entspannung und Stressbewältigung einsetzen.
Einfluss unsere innere Einstellung auf das Stressempfinden
hat. Es wird außerdem über den unverzichtbaren Ausgleich Zur Stressbewältigung kann an folgenden Elementen des
zu stressigen Zeiten und die Bedeutung von Genussmomen­ Stressmodells angesetzt werden: Positive Gedanken und Ein­
ten gesprochen. Sie lernen Ihre inneren Antreiber kennen und stellungen können die Bewertung und den Umgang mit einer
erfahren, wie Sie zu mehr Entspannung im Leben gelangen Situation verändern. Ausgleich und Genuss stärken unsere
können. Ressourcen und helfen, die Folgen von Stress zu reduzieren.

Stressmodell – Gedanken, Ausgleich und Genuss

Stress- und Risikofaktoren

A
Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

Ausgleich und Gedanken und Ausgleich und


Genuss Einstellungen Genuss

Fahrplan für den dritten Seminartag 


Was erwartet Sie heute?
Gedanken und Stress III
Besprechung der Hausaufgabe Gedanken und Stress II •  Meine inneren Antreiber
•  Meine Ziele für das Training •  Stressverschärfende Gedanken •  Positive Glaubenssätze formulieren
erkennen
Gedanken und Stress I •  Entschärfungsstrategien Ausgleich und Genuss
•  Stress als Ergebnis unserer entwickeln •  Erholsame Aktivitäten und
Bewertung Genusstraining
•  ABC-Modell Autogenes Training
•  Besprechung der Hausaufgabe
•  Die Wärme-Übung und die Schul­
ter-Nacken-Übung
30  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Einfach mal umdenken


Stress entsteht zu einem erheb­
lichen Teil in unserem Kopf. Ob
eine Anforderung eine Stressre­
aktion auslöst oder nicht und wie
„Nicht die Dinge selbst beunruhigen stark diese ist, hängt weniger
von den objektiven Merkmalen
die Menschen, sondern die Meinungen einer Situation ab. Ausschlagge­
bend ist unsere subjektive Ein­
und die Beurteilungen über die Dinge.“ schätzung und Interpretation
der Situation.
Epiktet, Philosoph, 1. Jahrhundert nach Christus

Je nachdem, wie wir eine Situati­


on bewerten, kann diese als irre­
levant, positiv oder stressig ein­
geschätzt werden. Das Bewusstmachen der individuellen
stresserzeugenden Einstellungen und Gedanken ist ein wichti­
ger Schritt zur Stressbewältigung.

Stress als Ergebnis unserer Bewertung

Bewertung der Situation Bewertung der Kompetenzen Folgen

Irrelevant:
„Kein Problem, ich bin mit „Ich habe ein gutes
dem Stoff schon fast durch.“ Zeitmanagement.“

Situation: Positiv:
Vier Tage vor der „Prima, dann kann ich „Ich habe schon einmal
Prüfung bekommen ja doch mit meinen weniger Zeit zum
Sie mitgeteilt, dass Freunden zum Festival Lernen gehabt und eine gute
der Termin um zwei fahren.“ Note geschrieben.“
Tage vorgezogen Stress?
werden musste. Stressend:
„Oje, das schaffe „Ich halte diesen
Bedrohung ich nie!“ Druck nicht aus.“

„Das ist eine Chance, denn „Auf mein Kurzzeitge-


so habe ich mehr Zeit für dächtnis ist Verlass –
Herausforderung meine andere Prüfung. dann vertiefe ich den
Ich werde mich anstrengen.“ Lernstoff etwas weniger.“

Das Beispiel zeigt in Anlehnung an das transaktionale Stressmodell von Lazarus, wie unter­
schiedlich eine Situation eingeschätzt werden kann. Je nach Bewertung der Anforderungen
einer Situation und unserer persönlichen Kompetenzen wird ein individuelles Stresserleben
ausgelöst. Denken Sie an „Die Geschichte mit dem Hammer“ von Paul Watzlawick.
31

Diese Veränderung ist nicht einfach. Persönliche Stressverstärker wurzeln tief und
wurden von uns schon hunderte Male gedacht, und dennoch sind wir nicht Opfer
Stressverschärfende Gedanken  unserer Biografie. Wir können lernen, die stressverstärkenden Gedanken zumindest
Stressverschärfende Gedanken können abzumildern.
als „verzerrte“ Gedanken verstanden
werden, die in Form von Fehleinschät­ Blick auf das Positive  Das mentale Stressmanagement zielt darauf ab, die Wahr­
zungen, falschen Schlussfolgerungen nehmung auf die positiven Aspekte einer Situation zu richten und sich auf mögliche
oder irrationalen Überzeugungen vor­ Chancen und förderliche Konsequenzen zu konzentrieren. Das Bewusstmachen der
kommen. Die Interpretation der Anfor­ eigenen Stärken, früherer Erfolge und externer Ressourcen ist hierbei von großer
derungen einer Situation beeinflusst Bedeutung.
deren Bewertung. Wird eine Situation
also subjektiv als Bedrohung oder Scha­ Eine bewährte Strategie des Stressmanagements ist, sich selbst Fragen zu einer
den empfunden, setzt uns diese Ein­ Situation zu stellen, um
schätzung unter Druck und löst Stress automatisch angenom­
aus. Beispiele für stressverschärfende mene Bewertungen von
Gedanken finden Sie auf Merkblatt 1 Situationen oder Perso­
(Seite 47). nen zu identifizieren, zu Gut zu wissen!
analysieren und zu relati­
Mentales Stressmanagement Um vieren. Mit diesen Fragen Mentales
Stressbelastungen vorzubeugen bezie­
hungsweise diese zu bewältigen, ist es
kann es gelingen, festge­
fahrene Wahrnehmungs- Stressmanagement
wichtig, die Kontrolle über die eigenen, und Bewertungsmuster
häufig automatisierten stressver­ zu überwinden. Betrach­ Durch aktives In-Frage-Stellen von gelernten
schärfenden Gedanken zu bekommen. ten Sie dazu nochmals Bewertungen und den Blick auf das Positive
Stressverschärfende Bewertungen sol­ die Beispielfragen auf und die Chancen einer Situation ist es
len hinterfragt und durch Gedanken Merkblatt 2 (Seite 48). möglich, stressverschärfende Gedanken in
und Einstellungen ersetzt werden, die konstruktive Bewertungen umzuwandeln.
aufbauend, unterstützend und kon- Orientieren Sie sich dabei an Ihren Stärken
struktiv sind. und Erfolgen in der Vergangenheit.
32  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Innere Antreiber und Glaubenssätze

der Eltern, zu reagieren und diese zu


erfüllen. Als Kind sind wir stark abhän­

D
as Konzept der inneren Antreiber gig von unseren engsten Bezugsperso­ Verinnerlichte Lebensregeln Viel­
entstammt der Transaktionsana­ nen. Wir wollen geliebt und anerkannt leicht haben Sie spontan oder auch spä­
lyse, das heißt der Analyse zwi­ werden, suchen Lob, Bestätigung und ter bei der Auswertung des „Antrei­
schenmenschlicher Beziehungen. Inne­ Sicherheit. Die Erwartungen der Be­ ber-Tests“ erkannt, welcher innere
re Antreiber sind stressverursachende, zugspersonen werden zu verinnerlich­ Antreiber bei Ihnen vorherrscht. Zu­
stereotype Anforderungen an die eige­ ten „Lebensregeln“ und bestimmen nächst handelt es sich bei diesen Ge­
ne Person und stellen eine Übersteige­ unser Verhalten bis ins Erwachsenen­ dankeninhalten um positive Eigen­
rung an sich normaler Bedürfnisse dar. alter. schaften, die Teil unserer Persönlichkeit
und unseres Verhaltens geworden sind:
Woher kommen diese inneren Antrei­ Fünf Antreiber erscheinen in der Trans­
ber? Innere Antreiber sind Verhaltens- aktionsanalyse besonders wichtig: •  Schnelligkeit und Flexibilität
oder Glaubensmuster, die schon in der •  Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft
Kindheit entstanden sind. Diese Mus­ •  Beeil‘ dich! •  Stärke und Selbstbeherrschung
ter wurden von uns entwickelt, um auf •  Mach‘ es allen recht! •  Genauigkeit und Ausdauer
ausgesprochene und unausgespro­ •  Sei stark! •  Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt
chene Forderungen und Erwartungen •  Streng‘ dich an!
unserer Bezugspersonen, vor allem •  Sei perfekt!
33

Innere Antreiber übersteigern diese Alte Antreiber ersetzen  Damit sich diese Antreiber nicht negativ auf das Studi­
positiven Eigenschaften jedoch und um, den Beruf oder das Privatleben auswirken, sollte man sich selbstkritisch und
machen sie zu absoluten Anforderungen ehrlich mit ihnen auseinandersetzen und prüfen, bis zu welchem Grad bestimmte
an uns, die unbedingt erfüllt werden Denk- und Verhaltensmuster sinnvoll sind und ab wann sie Stress auslösen. So
müssen. Solche inneren Überzeugungen können alte Antreiber-Konzepte Schritt für Schritt durch neue Glaubenssätze und
können sein: Verhaltensweisen ersetzt werden.

•  „Ich darf nichts verpassen!“ „Erlauber“  „Erlauber“ sind Botschaften, die die Übertreibung des inneren Antrei­
•  „Alle müssen mit mir zufrieden sein!“ bers relativieren. Durch die Formulierung solcher positiven Botschaften können
•  „Das schaffe ich allein!“ gelernte Glaubenssätze abgeschwächt und durch unterstützende Gedanken er­
•  „Ich halte durch – egal was kommt!“ setzt werden.
•  „Fehler kommen nicht in Frage!“
In Anlehnung an Kaluza (2007, 2011); Remmert (2011)

In solchen Fällen führen innere Antreiber


weder zu Erfolg noch zu Zufriedenheit. Beispiel  Der übersteigerte Glaubenssatz „Ich muss mich immer anstrengen.“
Sie sind in ihrem Absolutheitsanspruch kann abgeschwächt werden durch die Botschaft beziehungsweise den Erlauber
nicht zu erfüllen und führen zu enormen „Ich darf Ziele locker und mit Spaß erreichen.“
Stressbelastungen.
Stressvermindernde Botschaften verankern  Innere Antreiber beziehungsweise
Glaubenssätze aus der Kindheit sind tief in unserem Bewusstsein verankert. Sie
wurden nahezu täglich gedacht und gelebt. Die neu erar­
beiteten, positiv formulierten Gedanken und Einstellun­
gen müssen im Unterbewusstsein erst programmiert
werden. Dazu sind ständige Bewusstmachung und Übung
notwendig. Sagen Sie sich Ihre neuen Glaubenssätze
mehrmals am Tag vor, mindestens zwanzigmal.

Gut zu wissen!

Dranbleiben
Neu formulierte, stressvermindernde
Gedanken müssen erst im Bewusstsein
verankert werden. Kleine „Erinnerungen“
helfen, sich den neuen Gedanken immer
wieder bewusst zu machen. Sie können
Ihren neuen persönlichen Glaubenssatz
beispielsweise auf dem Smartphone als
Sperrbildschirm installieren, als Erinne­
rungskärtchen in den Geldbeutel stecken
oder auf einem Post-it an eine Tür kleben.
35

Positiv denken
Erkennen Sie sich in den fünf Antreibern wieder?
Versuchen Sie doch einfach mal, den Druck ein
wenig rauszunehmen… Unsere hier vorgestellten
positiven Glaubenssätze (Erlauber) helfen dabei.

Beeil‘ dich!

Multitaskingfähig; bewältigt viel in kurzer Zeit; dynamisch; kann mitreißen und begeistern; hat
Stärken
den Überblick; delegiert gerne; flexibel und offen für Neues

Fehleranfällig bei zu großer Oberflächlichkeit; ungeduldig; Probleme beim Zuhören; ist geistig
Gefahren immer schon einen Schritt weiter; selten auf eine einzige Sache konzentriert; verbreitet Hektik;
tut sich schwer, innezuhalten

Innerer
„Ich will schnell sein, sonst werde ich nicht fertig.“
Glaubenssatz

Erlauber „Ich darf mir Zeit nehmen und auch Pausen machen.“

Mach‘ es allen recht!

Hohe soziale Kompetenz; kann gut auf andere eingehen; teamfähig; kompromissbereit;
Stärken
ausgleichend; hilfsbereit und integrierend

Lässt sich leicht ausnutzen; möchte niemanden verletzen und tut sich daher schwer,
Gefahren Entscheidungen zu treffen; konfliktscheu; stellt eigene Bedürfnisse oft zurück (und ist dann
von seinem Umfeld enttäuscht); ist stark abhängig von der Anerkennung anderer

Innerer
„Ich bin dann wertvoll, wenn alle mit mir zufrieden sind.“
Glaubenssatz

Erlauber „Ich darf meine Bedürfnisse und Standpunkte ernst nehmen.“


36  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Sei stark!

Durchsetzungsstark; konsequent; entscheidungsfreudig; hat Führungsqualitäten; genießt Autorität;


Stärken
wie ein Fels in der Brandung, der in Krisensituationen Sicherheit und Geborgenheit für andere bietet

Wenig Interesse für die Sichtweise anderer; zeigt ungern seine Gefühle und gar Schwächen oder
Gefahren Fehler; hat Probleme mit menschlicher Nähe (Gefahr der Isolation); kann schwer Hilfe annehmen
und schon gar nicht erbitten

Innerer
„Niemand darf merken, dass ich schwach oder ratlos bin.“
Glaubenssatz

Erlauber „Ich darf offen für Zuwendung sein.“

Streng‘ dich an!

Zuverlässig; pflichtbewusst; vielseitig; großes Durchhaltevermögen auch bei schwierigen


Stärken
Herausforderungen

Erfolg ist nur dann etwas wert, wenn er hart erarbeitet ist; wählt oft den Weg des größten
Gefahren Widerstandes; Leichtigkeit und Unbeschwertheit fehlen; Leben scheint hart zu sein – Jammern
frisst Energie; übernimmt zu viele Aufgaben

Innerer
„Ich muss mich immer anstrengen – egal wobei.“
Glaubenssatz

Erlauber „Ich darf Ziele locker und mit Spaß erreichen.“

Sei perfekt!

Genau; zuverlässig; geht in die Tiefe und kümmert sich auch um Details; bringt viel Geduld auf, um
Stärken
alles richtig zu machen; plant sehr genau im Vorfeld; betrachtet mehrere Aspekte einer Sache

Arbeitet oft bis tief in die Nacht; gibt immer 100 Prozent (auch wenn 80 Prozent genügen
Gefahren würden); hat einen extrem hohen Qualitätsanspruch; kann keine Fehler zulassen; delegiert
ungern, weil andere nicht so perfekt sein können

Innerer
„Ich muss immer 100 Prozent leisten; es ist nie genug.“
Glaubenssatz

Erlauber „Ich bin wertvoll, auch ohne ständig zu leisten.“


37

Erholsame Aktivitäten und


Genusstraining
Regelmäßige Erholung ist wichtig, um die eigene psychischen Stresssymptomen nimmt zu. In Folge nehmen
Leistungsfähigkeit und Gesundheit zu erhalten. Pha­ Anspannung, depressive und Angst-Symptome überhand,
sen der Erholung, der Muße und des Ausgleiches während positive Erlebnisse immer seltener werden.
kompensieren die Belastungen durch Stress.
Erlebnisse von Muße und Genuss sind wichtige ausgleichende
Die meisten Menschen neigen dazu, unter Stressbe­ Elemente zum täglichen Stress. Dabei muss darauf geachtet
lastungen ausgleichende Aktivitäten in Form von werden, dass sich aus ausgleichenden Aktivitäten wie
Sport, Entspannungsmethoden, Hobbys oder sozi­ Sport, Hobbys und sozialen Kontakten nicht der sogenannte
alen Kontakten aufzugeben. Dies kann in einer Akut­ Freizeitstress entwickelt. Erholung und Ausgleich sind das
phase, die zeitlich begrenzt ist, sinnvoll sein, um Ziel, nicht Leistungsdenken und Konsumzwang.
Kräfte zu bündeln und sich auf ein Ziel zu konzent­
rieren. Bei länger anhaltenden Stressbelastungen Betrachten wir noch einmal das Stressmodell: Ausgleich und
entwickelt sich dadurch jedoch eine gefährliche Genuss stärken unsere Ressourcen und helfen, Stressfolgen
Abwärtsspirale: Die Widerstandskraft gegenüber zu reduzieren.
Stressbelastungen nimmt ab, das subjektive Über­
forderungsgefühl in Form von körperlichen und

Stressmodell – Ausgleich und Genuss

Stress- und Risikofaktoren

A
Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

Ausgleich und Ausgleich und


Genuss Genuss

Ausgleich finden Erholsame Aktivitäten


•  Stellen die „Freude am Tun“ in den Vordergrund
•  Bedeuten Vergnügen, Muße und Genuss
Ausgleichende Aktivitäten sollten an die Art und Folgen der •  Richten sich nach den eigenen Bedürfnissen,
jeweiligen Stressbelastung angepasst werden. Achten Sie Wünschen und Interessen
darauf, welche Stresssymptome Sie zeigen, und wählen Sie •  Werden als persönliche Bereicherung und
die geeignete Form der Erholung. Auszeit empfunden
38  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Genuss
Besser schlafen  Wenn der Ausgleich

D
ie Förderung der Genussfähigkeit hat in den letzten Jah­ über lange Zeit fehlt, leidet auch die
Schlafqualität. Gegen dauerhafte
ren im Gesundheitswesen als präventive und gesund­ Schlafstörungen hilft das On-
heitserhaltende Maßnahme an Bedeutung gewonnen. line-Schlaftraining der Techniker:
Euthyme, also genussbringende Verhaltensweisen, können in tk.de, Suchnummer 2010652.

einer Zeit, in der Termindruck, Leistungsanforderungen und


Schnelllebigkeit zum Alltag gehören, vor negativen Auswirkun­
gen vieler Stressoren schützen. Bewusstes genussvolles Erle­
ben kann also helfen, Stresssymptome abzumildern.

Genuss kann über unsere fünf Sinne erfahren werden: Wir kön­
nen etwas Angenehmes schmecken, riechen, ertasten, erbli­
cken oder hören. Mögliche Genussquellen sind beispielsweise
der Geruch des Morgenkaffees oder eines warmen Croissants,
die Berührung des frischen Wassers beim Duschen oder der
bewusste Anblick einer verschneiten Winterlandschaft. Erin­
nern Sie sich an Ihre persönlichen Genüsse und achten Sie da­
rauf, diese regelmäßig in Ihren Alltag zu integrieren. Lernen Sie
zu genießen.

Zeit zum Genießen  Zeitdruck und Genuss vertragen sich


nicht – nehmen Sie sich bewusst Zeit! Kleine Zeiteinheiten rei­
chen oft aus.

Genuss geht nur mit Erlaubnis  Spüren Sie unnötig gewor­


dene Genussverbote auf! Gönnen Sie sich den Genuss!

Genuss braucht Achtsamkeit  Genuss geht nicht nebenbei


– Genuss findet in der Gegenwart statt. Es kommt auf das
Wahrnehmen von Nuancen an – schärfen Sie Ihre Sinne!

Die Qualität ist entscheidend  Sättigung schließt Genuss


aus. Nicht die Menge, sondern die Qualität ist entscheidend!

Jeder genießt anders  Persönliche Genüsse entdecken: Was


tut mir gut? Welcher Genuss passt zu welcher Situation?

Genuss als „kleines Glück“ des Alltags  Genuss im normalen


Alltag finden – kleine Begebenheiten, alltägliche Aktivitäten et
cetera

Genuss einplanen  Überlassen Sie den Ge­


nuss nicht dem Zufall! Planen Sie angenehme „Die am meisten nach Genuss
Ereignisse ein – Vorfreude ist bekanntlich die
schönste Freude! jagen, erlangen ihn am wenigsten.“
Marcus Tullius Cicero, 106 bis 43 vor Christus,
In Anlehnung an Koppenhöfer (2004) römischer Redner und Staatsmann
39

Wenn Sie das autogene Training erlernen, ist es sinnvoll, die


Entspannung durch feste Übungszeiten zu verankern. Üben Sie
zu Beginn an einem festen Platz und nach einem gleichbleibenden
Schema. Das Ziel ist es, den eigenen Rhythmus zu finden und
unabhängig von der Umgebung trainieren zu können.

Autogenes Training
Lernen Sie, aktiv zu entspannen – mit einfachen
Übungen und kurzen Trainingseinheiten Zeitpunkt und Dauer des Übens So
finden Sie Ihren individuellen Rhythmus:

Vielleicht haben Sie schon die ersten das regelmäßige Üben aber unerläss­ Morgens  Nichts für Morgenmuffel,
positiven Erfahrungen mit dem autoge­ lich, denn nur so kann eine Kopplung die nicht aus dem Bett kommen. Geeig­
nen Training gemacht. Eine häufige der Formeln mit dem Entspannungszu­ net für Frühaufsteher, um den Körper
Rückmeldung ist, dass das regelmäßige stand erreicht werden. Wenn Sie nicht zu aktivieren, die Gedanken zu ordnen
Üben eine große Herausforderung ist. regelmäßig üben konnten, fragen Sie und Kräfte für den Tag zu mobilisieren.
Um den Körper zu konditionieren, ist sich, woran es gelegen hat. Ein guter Start in den Tag.
40  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Mittags  Es ist unter Umständen schwierig, den Raum und die Ruhe zu finden. Rücknahme
Smartphone abschalten, Tür zu. Ein guter Ersatz für den Mittagsschlaf. („Arme fest!“, „Tief ein- und ausatmen!“,
„Augen auf!“)
Abends  Entweder nach der Uni, um Abstand zwischen Studien- und Privatleben
zu schaffen, beispielsweise in der Bahn auf dem Weg nach Hause. So wird man Bei weiterem regelmäßigem Üben wer­
wieder frisch für das Lernen, die Freunde oder die eigenen Interessen. Auch vor den Sie spüren, dass sich die Wärme
dem Schlafengehen als Einschlafhilfe, dann aber ohne Rücknahme. Den Körper über die Arme und Beine hinaus in den
wahrnehmen, die Gedanken vorbeiziehen lassen, den Tag mit einem positiven Ge­ ganzen Körper ausdehnt. Wenn Sie dies
fühl beenden. feststellen, üben Sie mit den nachfol­
genden Formeln:
Dauer  Die Dauer des Übens ist abhängig von der Konzentrationsspanne, zwei bis
drei Minuten reichen. Besser öfter und kurz üben als selten und lang. Übung 2 c
„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“
Die Wärme-Übung  Die Wärme-Übung führen Sie im Anschluss an die Ruhe- und „Arme und Beine sind schwer.“
Schwere-Übung aus. Durch die Wärme-Übung lernen Sie, Ihren Kreislauf in gewis­ „Mein ganzer Körper ist schwer.“
sem Maße zu beeinflussen. Durch diese Übung wird quasi das Gefäßsystem Ihres (beziehungsweise die Formel, bis zu der
Körpers trainiert. Rechtshänder üben zuerst mit dem rechten Arm, Linkshänder Sie beim Üben gekommen sind)
zuerst mit dem linken. „Arme und Beine sind warm.“
„Mein ganzer Körper ist warm.“
Übung 2 a
Führen Sie folgende Formeln nacheinander aus: Rücknahme
„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“ („Arme fest!“, „Tief ein- und ausatmen!“,
„Arme und Beine sind schwer.“ „Augen auf!“)
„Mein ganzer Körper ist schwer.“
(beziehungsweise die Formel, bis zu der Sie beim Üben gekommen sind) Die Schulter-Nacken-Übung Hilfreich
„Mein rechter (linker) Arm ist warm.“ gegen Nackenverspannungen, die unter
Stressbelastung (zum Beispiel bei lan­
Rücknahme gen Lernepisoden) auftreten können.
(„Arme fest!“, „Tief ein- und ausatmen!“, „Augen auf!“)
Formel  „Schultern und Nacken sind
Machen Sie diese Übung täglich, am besten dreimal. Mit der Zeit werden Sie auch schwer und angenehm warm.“
hier feststellen, dass sich das Wärmegefühl ausdehnt. Wenn eine Ausdehnung des
Wärmegefühls einsetzt, beziehen Sie in einem weiteren Schritt Ihre Beine mit ein. Achtung  Falls Schmerzen im Schul­
Die Übungsformeln lauten dann folgendermaßen: ter- und Nackenbereich auftreten, kann
die Übung ausgelassen werden. Hinter­
Übung 2 b grund: Die Aufmerksamkeit auf einen
„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“ schmerzenden Körperbereich zu rich­
„Arme und Beine sind schwer.“ ten, wie es beim autogenen Training
„Mein ganzer Körper ist schwer.“ geschieht, kann den Schmerz in dieser
(beziehungsweise die Formel, bis zu der Sie beim Üben gekommen sind) Körperregion erhöhen. Lassen Sie die
„Mein rechter (linker) Arm ist warm.“ Übung aus und versuchen Sie es zu
„Beide Arme sind warm.“ einem anderen Zeitpunkt wieder.
„Mein rechtes (linkes) Bein ist warm.“
„Beide Beine sind warm.“
41

Übungsblatt 4 – ABC-Modell
Sie sehen unten jeweils drei ABC-Modelle, der Auslöser „A“ ist der Situation „A“ würde erfolgen? Und wie sähen die Konse­
für alle drei Modelle derselbe. Setzen Sie sich in Ihrer Klein­ quenzen „C“ der unterschiedlichen Varianten aus?
gruppe zusammen und finden Sie drei unterschiedliche Vari­
anten für „B“. Auslöser A  Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Montag
um neun Uhr an Ihrem Schreibtisch. Vor Ihnen liegen
Welche persönliche Sichtweise könnten Sie in dieser Situation Lernunterlagen – Bücher, Skripte, Mitschriften, leeres Papier
haben? Welche Schlussfolgerungen und vermuteten Konse­ und Stifte. Morgen um dieselbe Zeit findet eine Prüfung statt,
quenzen würden sich hieraus ergeben? Welche Bewertung auf die Sie sich gerade vorbereiten.

1. Möglichkeit eines ABC-Modells – Variante 1 für „B“


Sichtweise von A: Welche Erinnerungen und Erfahrungen könnten Ihnen durch den Kopf gehen, wenn Sie an diese Situation denken?

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich nun? Welche Konsequenzen erwarten Sie?

Wie bewerten Sie die Situation?

1. Möglichkeit eines ABC-Modells – Variante 1 für „C“


Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus dem Bewertungssystem „B“? Wie fühlen Sie sich? Wie verhalten Sie sich?

Gefühl(e):

Verhalten/körperlich:
42  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

2. Möglichkeit eines ABC-Modells – Variante 2 für „B“


Sichtweise von A: Welche Erinnerungen und Erfahrungen könnten Ihnen durch den Kopf gehen, wenn Sie an diese Situation denken?

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich nun? Welche Konsequenzen erwarten Sie?

Wie bewerten Sie die Situation?

2. Möglichkeit eines ABC-Modells – Variante 2 für „C“


Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus dem Bewertungssystem „B“? Wie fühlen Sie sich? Wie verhalten Sie sich?

Gefühl(e):

Verhalten/körperlich:
43

3. Möglichkeit eines ABC-Modells – Variante 3 für „B“


Sichtweise von A: Welche Erinnerungen und Erfahrungen könnten Ihnen durch den Kopf gehen, wenn Sie an diese Situation denken?

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich nun? Welche Konsequenzen erwarten Sie?

Wie bewerten Sie die Situation?

3. Möglichkeit eines ABC-Modells – Variante 3 für „C“


Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus dem Bewertungssystem „B“? Wie fühlen Sie sich? Wie verhalten Sie sich?

Gefühl(e):

Verhalten/körperlich:
44  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Übungsblatt 5 –
Meine inneren Antreiber
Nachfolgend finden Sie eine Reihe von Aussagen. Beantwor­ 0 = trifft gar nicht zu
ten Sie die nachfolgenden Sätze bitte spontan und ehrlich. 1 = trifft kaum zu
Verwenden Sie bitte die nachfolgende Skala und tragen Sie 2 = trifft etwas zu
den zutreffenden Wert in das leere Kästchen vor der entspre­ 3 = trifft ziemlich zu
chenden Aussage ein. 4 = trifft voll und ganz zu

Das treibt mich an

Antwort Zu bewertende Aussage

1. Andere bezeichnen mich als hektisch.

2. Ich fühle mich oft von anderen ausgenutzt.

3. Ich sage niemals offen, dass ich etwas nicht kann.

4. Arbeit ohne Mühe ist keine Arbeit und wenig wert.

5. Ich bin ein Perfektionist.

6. Ich bin ständig in Bewegung.

7. Ich brauche die Anerkennung anderer.

8. Ich löse meine Probleme selbst.

9. Sport ist für mich hauptsächlich im Wettkampf interessant.

10. Ich habe Mühe, Personen zu akzeptieren, die nicht genau sind.

11. Es fällt mir schwer, etwas auf sich beruhen zu lassen.

12. Ich versuche immer, es anderen recht zu machen.

13. Überlastung würde ich nie zugeben.

14. Ich fühle mich oft ausgelaugt.

15. Wenn ich eine Meinung äußere, begründe ich sie auch.

16. Aufgaben erledige ich möglichst rasch.

17. Ich verzeihe anderen schnell.

18. Es fällt mir schwer, Gefühle zu zeigen.

19. Wenn ich raste, dann roste ich.

20. Ich bin sehr detailorientiert.

21. Ich fühle mich oft unter Druck gesetzt.

22. Es ist mir unangenehm, andere Leute zu kritisieren.

23. Ich halte mich mit Gefühlsäußerungen eher zurück.

24. Leute, die unbekümmert in den Tag hineinleben, kann ich nur schwer verstehen.

25. Ich sollte viele Aufgaben noch besser erledigen.

In Anlehnung an Kaluza (2011); Meifert et al. (2010)


45

Auswertung des „Antreiber-Tests“


Übertragen Sie nun bitte Ihre Punkte der einzelnen Fragen in die unten stehenden
Tabellen. Jede fünfte Frage gehört zur gleichen Kategorie (zum Beispiel Antreiber Nummer 1
„Beeil‘ dich!“). Schauen Sie sich anschließend Ihre Werte im Antreiber-Profil an.

Was treibt mich an?

1 6 11 16 21
Beeil‘ dich! Summe:

2 7 12 17 22
Mach‘ es allen recht! Summe:

3 8 13 18 23
Sei stark! Summe:

4 9 14 19 24
Streng‘ dich an! Summe:

5 10 15 20 25
Sei perfekt! Summe:

Mein Antreiber-Profil

Beeil‘ dich!

Mach‘ es allen recht!

Sei stark!

Streng‘ dich an!

Sei perfekt!

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
46  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Übungsblatt 6 –
Meine Genüsse im Alltag
Schreiben Sie nachfolgend auf, welche Erlebnisse, Situationen, Dinge et cetera Sie im Alltag genießen.

Das tut mir gut


Meine Genüsse im Alltag sind:

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.
47

Merkblatt 1 –
Stressverschärfende Gedanken
  Willkürliches Schlussfolgern  Schlussfolgerungen wer­   Maximieren und Minimieren  Negative Ereignisse wer­
den willkürlich, also ohne Berücksichtigung aller zugrunde den übertrieben und positive Ereignisse untertrieben.
liegenden Informationen, gezogen, manchmal sogar trotz Dann heißt es: „Dass ich ein gutes Abitur gemacht und
gegenteiliger Erfahrung. So ist man, selbst wenn ein Klau­ meinen Wunschstudienplatz erhalten habe, ist nichts
surergebnis mittelmäßig ist, fest davon überzeugt, ein wert. Dass ich aber mein Referat heute verhauen habe,
absoluter Versager zu sein. zeigt, dass ich für die Uni nicht tauge!“

  Selektives Verallgemeinern  Einzelne Informationen   Personalisieren  Äußere Ereignisse werden unberechtig­
werden bei der Interpretation einer Situation aus dem Zu­ terweise auf die eigene Person bezogen. Wenn etwa jemand,
sammenhang gerissen und überbetont. Damit werden der bei Regen viele Bücher von der Bibliothek nach Hause
bestimmte Informationen auf Kosten anderer überbewer­ transportieren möchte und keine Tasche dabei hat, denkt:
tet, etwa wenn jemand, der normalerweise von allen „Das passiert immer mir. Ich hab’s nicht anders verdient!“
gegrüßt wird, von jemandem nicht beachtet wird und
schlussfolgert, dass ihn keiner mag.   Dichotomes Denken (Schwarz-Weiß-Denken)  Jemand
denkt in Extremen, in Entweder-Oder-Kategorien: „Wer
  Übergeneralisieren  Eine Erfahrung/Schlussfolgerung nicht auf meiner Seite steht, ist mein Feind!“, „Nur bei 100
wird auf ähnliche und unähnliche Situationen willkürlich Prozent Leistung werde ich akzeptiert.“ oder „Nur wenn ich
verallgemeinert. Beispiel: Wenn jemand in einem Fachbe­ mein Studium mit 1,0 abschließe, finde ich einen guten Job.“
reich seines Studiums schlecht abgeschnitten hat, könnte
er denken, dass er nie einen guten Job finden wird. Stich­   Katastrophisieren  Das Eintreffen oder die Bedeutung
worte, die auf Übergeneralisierung hindeuten, sind zum von negativen Ereignissen wird stark überbewertet mit
Beispiel alles, jedes, nie, immer, jeder, keiner. Überzeugungen wie: „Die Prüfung bestimmt über mein
weiteres Leben!“ oder „Es wäre absolut schlimm, wenn ich
in der Klausur nur eine Drei bekäme!“

In Anlehnung an Beck & Hautzinger (2010)


48  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Merkblatt 2 –
Möglichkeiten zur Veränderung

W
enn Sie feststellen, dass Sie sich durch Ihre Gedan­ Gelangen Sie zu einer angemessenen Bewertung der Situ-
ken möglicherweise mehr Stress als nötig gemacht ation („entkatastrophisieren“ Sie):
haben, versuchen Sie, zu einer anderen Sichtweise
zu gelangen, indem Sie Ihre stressverschärfenden Denk­   Was könnte im schlimmsten Fall passieren
muster in Frage stellen. Folgende Strategien können dabei (Worst-Case-Szenario)?
hilfreich sein:   Wäre das wirklich so schlimm?
  Wie wahrscheinlich ist es, dass sich alles zum Negativen
Überlegen Sie, ob Ihre Bewertungen der Realität entsprechen: wendet?
  Welche Handlungsmöglichkeiten habe ich?
  Sind meine Gedanken noch nachvollziehbar oder habe
ich mich bereits in unrealistischen Einschätzungen/ Distanzieren Sie sich von der Situation:
Bewertungen verloren?
  Wie würden andere involvierte beziehungsweise   Wie werde ich die Situation in Zukunft (in einem Monat,
neutrale Personen die Situation einschätzen? einem Jahr, in fünf Jahren …) einschätzen?
  Wie würde sich die Situation in einem Dokumentarfilm/   Wird die Situation dann immer noch dieselbe Bedeutung
aus der „Vogelperspektive“ präsentieren? für mich haben?
  Wie könnte man die Situation noch erklären?   Was ist in meinem Leben wirklich wichtig (Werte, Ziele …)?

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken und Erfolge in der Nehmen Sie die Sichtweise eines Außen-
Vergangenheit: stehenden ein:

  Welche problematischen Situationen habe ich in der   Was denkt jemand, der die Situation
Vergangenheit bereits bewältigt? gelassener einschätzt als ich?
  Wie habe ich diese Situationen damals gemeistert?   Was würden mir meine Freunde bezie­
  Auf welche meiner Lebenserfahrungen kann ich mich hungsweise andere wichtige Bezugs­
stützen? personen in dieser Situation raten?
  Auf welche meiner Stärken/Fähigkeiten/Erfahrungen Oder: Was würde ich einem guten
kann ich jederzeit zurückgreifen? Freund in dieser Situation empfehlen?
  Welche Personen standen mir in der Vergangenheit
mit Rat und Tat zur Seite? Die nachfolgenden Fragen sind besonders
dann hilfreich, wenn eine Situation nicht ver­
Machen Sie sich die positiven Konsequenzen Ihres Han- änderbar ist. Auch hier geht es darum, zu
delns bewusst und führen Sie sich diese regelmäßig vor einer alternativen Bewertung der Situation
Augen: zu gelangen:

  Was wird geschehen, wenn ich die Situation positiv Achten Sie auf die möglichen Vorteile der
bewältigt habe? Situation und erkennen Sie Ihre Chancen:
  Woran werde ich bemerken, dass ich erfolgreich war
(eigene Reaktionen, Reaktionen der Umwelt …)?   Verbergen sich hinter der schwierigen
  Wird sich meine gegenwärtige Lebenssituation dadurch Situation vielleicht auch positive Aspekte
verändern? oder Chancen?
  Wie werde ich mich fühlen? Was werde ich tun?   Gibt es etwas, was ich aus dieser
  Wie werde ich meinen Erfolg feiern? Situation lernen kann?

In Anlehnung an Kaluza (2011)


49

Hausaufgabe 3 – Strategien zur


Erreichung meiner Ziele

Sehen Sie sich bitte Ihre Ziele (Hausaufgabe 2) noch einmal


genauer an und entscheiden Sie sich für ein kurz- und ein
langfristiges Ziel. Machen Sie sich zu den gewählten Zielen
folgende Gedanken:

•  Wozu möchte ich dieses Ziel erreichen? Wie verändert


sich mein Leben, wenn ich dieses Ziel erreicht habe?
•  Was brauche ich, um mein Ziel zu erreichen? Welches
Wissen, welche Fertigkeiten muss ich mir noch aneignen?
•  Was sind die nächsten Schritte?

Und wovon träumen Sie? Überwinden


Sie innere Hindernisse und gewinnen Sie
neue Energie: Mit WOOP, einer einfachen,
aber wirksamen Methode der Selbstmoti­
vation, schaffen Sie es, sich Ihre Wünsche
zu erfüllen: tk.de, Suchnummer 2062442.
50  TK-MentalStrategien – Die Einstellung macht’s

Mein wichtigstes kurzfristiges Ziel


Wozu will ich dieses Ziel erreichen? Was wird sich dadurch verändern?

Was brauche ich, um mein Ziel zu erreichen?

Welche Schritte sind zu tun?

Mein wichtigstes langfristiges Ziel


Wozu will ich dieses Ziel erreichen? Was wird sich dadurch verändern?

Was brauche ich, um mein Ziel zu erreichen?

Welche Schritte sind zu tun?


51

Exkurs 2 – Mein Gedankentagebuch


Ein Gedankentagebuch kann Sie dabei unterstützen, proble­ •  Welche negativen Gefühle sind dabei aufgetreten?
matische Gedanken und Bewertungen zu verändern. Das Wie stark waren diese Gefühle (0-100 Prozent)?
folgende Schema hilft Ihnen dabei, Ihre Gedanken systema­
tisch zu analysieren: •  Welche alternativen Gedanken gibt es? Wie realistisch
sind diese Gedanken (0-100 Prozent)?
Was war die auslösende Situation?
•  Welche problematischen Gedanken sind aufgetreten? •  Wie stark sind die negativen Gefühle beim Betrachten
Ist hier einer Ihrer Antreiber aktiv? Wie realistisch sind des realistischen Gedankens (0-100 Prozent)?
diese Gedanken (0-100 Prozent)?
Ein Beispiel (in Anlehnung an Neudeck & Mühlig, 2020):

Auslösende Problematische Gefühle als Realistische Auswirkung auf die


Situation Gedanken Konseqenz Gedanken Gefühle

Erster Besuch bei „Die werden mich Angst (60 %) „Sie sind wahr- Angst (30 %)
den eventuellen nicht ausstehen Anspannung (80 %) scheinlich nett, Anspannung (50 %)
künftigen Schwieger- können.“ ihren Sohn mag
eltern steht an ich ja auch.“
Realismus (40 %)
Realismus (70 %)

Tipp  Bereiten Sie sich mit Ihrem Gedankentagebuch morgens auf eventuell anstehende stressige Situationen vor. So können
Sie schon vorab stressauslösende Gedanken reflektieren und entschärfende Bewertungen finden.
52  TK-MentalStrategien – Sich vor Stress schützen

Sich vor Stress

4
schützen
Termin 4 – Was ist Ihnen wichtig?
Was brauchen Sie gerade?
Lernen Sie Ihre eigenen Werte
und Bedürfnisse kennen und
vertreten Sie diese.
53

ken der kurzfristigen Erleichterung haben gemeinsam, dass sie


an der Stressreaktion direkt ansetzen und deshalb nur eine
In der vierten Seminareinheit stehen kurzfristige Veränderung des Befindens bewirken.
Kommunikationsstrategien sowie Werte
und Ziele im Fokus. Eine genaue Vorstel­ Langfristige Stressbewältigung ist problemorientiert – und än­
lung der eigenen Werte und Ziele beein­ dert entweder die Stresssituation oder den Menschen selbst.
flusst die Fähigkeit, sich mit den Anfor­ Man geht die Belastung direkt an und löst das Problem wirklich
derungen der Umwelt bewusst aus- auf lange Sicht. Die Belastungssituation wird nicht nur erträg­
einanderzusetzen. Grenzen zu ziehen licher, sondern grundsätzlich verändert oder der Organismus
und „Nein“ zu sagen, aber auch die resistenter gegen Stress gemacht.
Fähigkeit, im sozialen Umfeld Unterstüt­
zung anzunehmen, sind wichtige Verhal­ Das Bewusstmachen der eigenen Werte, Ziele und Bedürfnisse
tensweisen, um sich vor Stress und hat einen großen Einfluss auf die Fähigkeit, sich im Leben zu
Überforderung zu schützen. positionieren und angemessen mit seinen Mitmenschen zu
kommunizieren – und dabei auch mal „Nein“ zu sagen.
Auch bereits eingetretener Stress kann
oft noch kontrolliert werden. Die Techni­ Betrachten Sie das Stressmodell:

Stressmodell – Kommunikation, Werte und Ziele

Stress- und Risikofaktoren

A
Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

Soziales Netzwerk Kommunikation


Werte und Ziele Werte und Ziele

Fahrplan für den vierten Seminartag 


Alle Themen auf einen Blick:

Kommunikation und Stress I  Besprechung der Hausaufgabe 


•  Grenzen setzen und „Nein“ sagen •  Strategien zur Erreichung meiner Ziele

Kommunikation und Stress II  Werte und Zielvorstellungen klären 


•  Unterstützung im Studium annehmen •  Wo stehe ich – wo will ich hin?

Autogenes Training  Zwischenbilanz ziehen 


•  Besprechung der Hausaufgabe •  Was konnte ich bereits mitnehmen?
•  Die Atem-Übung •  Was brauche ich noch?
54  TK-MentalStrategien – Sich vor Stress schützen

„Dass wir miteinander reden können,


macht uns zu Menschen.“
Karl Jaspers, 1883 bis 1969, deutscher Philosoph

Klartext
entspannt
Mehr Mut zum „Nein“:
Wer bewusst Grenzen
setzt, hat weniger Stress.

Das Stressmodell zeigt, dass Kommunikation eine große


Rolle in der Stressbewältigung spielt. Durch die Art und
Weise, wie wir unsere Bedürfnisse kommunizieren, können
sich Gefühle wie Ärger, Frustration und Wut entweder auf­ Eigene Bedürfnisse  Nur wer seine eigenen Bedürfnisse
stauen oder verringern. Eine gelungene Selbstbehauptung und Grenzen kennt und akzeptiert, kann sich angemessen
kann Stressbelastungen reduzieren. von den Forderungen seiner Mitmenschen abgrenzen und
auch „Nein“ sagen.
Häufig fällt es uns schwer, uns von unserem sozialen Umfeld
abzugrenzen und an uns und unsere Bedürfnisse zu denken. „Nein“ sagen  Warum fällt es uns so schwer, an unsere Be­
Dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Zum einen sind dürfnisse zu denken und durch ein klares „Nein“ Grenzen zu
sich viele Menschen ihrer eigenen Bedürfnisse gar nicht be­ setzen? Folgende Befürchtungen sind mit dem Neinsagen
wusst oder schaffen es nicht, ihre persönlichen Grenzen zu verbunden:
definieren. Zum anderen fällt es uns oft schwer, Forderun­
gen und Bitten unserer Mitmenschen abzulehnen und ein­
fach mal „Nein“ zu sagen.
55

„Ja“ zum „Nein“ und zu sich


selbst!  Menschen, die klare
Grenzen setzen und diese ange­
messen kommunizieren, werden
häufig ernster genommen als jene,
die sich immer wieder die Aufga­
ben anderer Menschen aufbürden.
Ein klar kommuniziertes „Nein“
wird in der Regel respektiert und
akzeptiert, vor allem von unserem
engeren Umfeld.

Der Wunsch, durch ständiges Ja­


sagen von seinen Mitmenschen
geschätzt und akzeptiert zu wer­
den, erfüllt sich auf längere Zeit
nicht und kann auf Dauer einen
negativen Einfluss auf die Gesund­
heit haben. Die persönlichen Gren­
zen verschwimmen, die eigenen
Interessen treten in den Hinter­
grund. Überlastung und Burn-out
sind die Folge.

Grenzen setzen – wann und wie? 


Es ist wichtig zu erkennen, dass
wir nicht für die Erfüllung der
Wünsche und Forderungen ande­
rer Menschen verantwortlich sind.
Jeder hat das Recht, „Nein“ zu
Aus Angst, abgelehnt und nicht mehr gemocht zu werden sagen. Es geht dabei nicht darum, alles abzuwehren, was
•  „Ja“ sagen aus Wunsch nach Anerkennung an Sie herangetragen wird. Machen Sie sich bei der Ent­
•  Erkenntnis: Nicht jeder kann und muss mich mögen! scheidung für ein „Ja“ oder ein „Nein“ Ihre Situation und
Ihre eigenen Bedürfnisse bewusst. Und denken Sie daran:
Aus dem Bedürfnis heraus, gebraucht zu werden Sie müssen nicht immer sofort antworten. Die Übung „Gren­
•  Oft unbewusster Mechanismus zen setzen, Grenzen achten, Grenzen öffnen“ im Exkurs
•  Eng verbunden mit der Angst, nicht mehr berücksichtigt Nummer 3 (Seite 63) kann Sie dabei unterstützen.
zu werden
Strategien zum Neinsagen  Einige Ihrer Mitmenschen wer­
Aus Angst, egoistisch oder herzlos zu wirken den anfangs irritiert sein, wenn Sie bestimmte Anforderun­
•  Vorwurf, egoistisch zu sein, ist oft auch ein Manipulati­ gen ablehnen. Möglicherweise werden Sie sich dabei zu
onsversuch unseres Gegenübers Beginn unwohl fühlen. Bereiten Sie sich schon im Vorfeld auf
•  Blick schärfen: Wie viel tue ich für andere? Wie nehmen die Situation vor und legen Sie sich einige Strategien zurecht.
mich tatsächlich gute Freunde wahr?
56  TK-MentalStrategien – Sich vor Stress schützen

Sechs Strategien
zum Neinsagen
Guten Willen zeigen
Um Bedenkzeit bitten
•  „Diesmal kann ich dir leider nicht
•  „Lass mich kurz darüber nachdenken, weiterhelfen, ich habe einfach zu
ich rufe dich in einer Stunde zurück.“ viel zu tun. Gib mir Bescheid, wenn
sich das Problem in den nächsten
•  Bedenkzeit schafft Raum, um über das Tagen noch nicht gelöst hat, viel­
Anliegen des anderen zu reflektieren leicht kann ich dich dann unterstüt­
und das „Nein“ auszuformulieren. zen.“

Anliegen würdigen •  Elegante Methode, um ein „Nein“ zu


entschärfen. Das Anliegen erledigt
•  „Das ist wirklich eine nette Einladung/ sich dann meist von selbst.
ein tolles Angebot/eine spannende
Aufgabe et cetera, jedoch platzt mein Freundlich „Nein“ sagen
Terminkalender aus allen Nähten.“
•  „Hm … nein.“
•  Das Anliegen des anderen wird gewür­
digt, jedoch wird ihm auch vermittelt, •  Wie heißt es so schön? Der Ton
dass man keine Zeit hat. macht die Musik.

Alternative anbieten In Anlehnung an Seiwert (2009)

•  „Ich kann dir leider nicht weiterhelfen,


aber ich kenne jemanden, der sich der
Sache annehmen könnte.“

•  Sanfte Methode, um eine Bitte abzuleh­


nen. Man zeigt Interesse und bemüht
sich um einen Lösungsvorschlag.

Mitgefühl signalisieren
Gut zu wissen!

•  „Das tut mir wirklich leid für dich!“ Ja oder Nein?


•  „Ich kann verstehen, dass du Unterstüt­ Reflektieren Sie zuerst Ihre eigene Situation,
zung brauchst, aber momentan habe bevor Sie entscheiden, welchen Bitten Sie
ich selbst viel zu tun.“ nachgeben wollen und welche Sie abschla­
gen. Folgende Fragen sind dabei hilfreich:
•  Dem anderen Verständnis entgegen­
bringen, jedoch auch vermitteln, dass •  Möchte ich die Bitte/Aufgabe wirklich
man keine Zeit hat. übernehmen?
•  Wie viel Energie muss ich in die Aufgabe
investieren?
•  Worauf muss ich verzichten (persönliche Be-
dürfnisse, Aktivitäten), wenn ich zustimme?
57

Unterstützung annehmen  Die Fähigkeit,


um Unterstützung zu bitten und diese auch
annehmen zu können, kann Stress ebenfalls
erheblich reduzieren. Menschen, die Proble­
me bei der Stressbewältigung haben, neigen
nicht selten zum „Einzelkämpfertum“ und
vermeiden es, ihre Hilfsbedürftigkeit zu
kommunizieren. Machen Sie sich bewusst, in
welcher Form und in welchem Umfang Sie
während des Studiums Unterstützung an­
nehmen können und in welcher Weise Sie
dies bereits tun. Beziehen Sie dabei auch Ihr
soziales Umfeld ein und überlegen Sie, inwie­
weit Sie sich von Ihrer Familie, Ihren Freun­
den und Kommilitonen gestützt fühlen. Ein
gut funktionierendes soziales Netzwerk kann
eine wichtige Ressource bei der Bewältigung
von Stressbelastungen sein.

Unterstützungsmöglichkeiten im Studium
•  Bildung von Lerngruppen
•  Austausch von Lernunterlagen
•  Besuch von Nachhilfegruppen
•  Erweiterung persönlicher Kompetenzen
durch Seminare (Zeitmanagement,
Prüfungsangst et cetera)
•  Stützende Gespräche mit Freunden,
Familie et cetera
•  Mit einem Lernpartner die eigenen
Grenzen reflektieren
•  In einem Rollenspiel üben, die eigenen
Grenzen zu formulieren
•  Kontaktaufnahme zur psychotherapeuti­
schen Beratungsstelle im Falle einer
psychischen Überlastung
58  TK-MentalStrategien – Sich vor Stress schützen

Werte und Zielvorstellungen

U
nsere eigenen Werte und Ziele spielen eine große Rolle Ziele und Werte im Studium definieren 
in der Bewältigung von Stresssituationen. Sich die Auch die Herausforderung, ein Studium zu
eigenen Werte und Ziele immer wieder bewusst zu absolvieren, ist ein wichtiges Ziel auf Ihrem
machen, kann helfen, Stress gar nicht erst aufkommen zu las­ Lebensweg. Es ist daher hilfreich, sich bewusst
sen. Es gilt, eine Balance zwischen verschiedenen Lebensbe­ zu machen, was Sie damit erreichen wollen.
reichen herzustellen – so auch zwischen Ihren Anforderungen Beispielsweise die Ausübung eines interessan­
und Zielen im ten Berufes oder die Existenzsiche­
Studium und Ih­ rung. Wenn ich weiß, warum ich mich
ren Zielen und „Wer nicht weiß, wohin auf die vielfältigen Anforderungen
Vorstellungen eines Studiums einlasse – anstren­
im Privatleben. er segeln will, für den ist gende Lernphasen, Prüfungssitua-
tionen, kein beziehungsweise ein
Dem inneren kein Wind der richtige.“ geringes Einkommen – kann ich die
Kompass fol- Strapazen und stressreichen Zeiten
Seneca (Philosoph), 4 vor Christus bis  65 nach Christus
gen  Wir leben leichter bewältigen.
in einer Gesell­
schaft, in der uns eine Fülle an Gelegenhei­
ten geboten wird. Einerseits stellt uns unser
Umfeld eine Vielzahl an Möglichkeiten und
Freiheiten zur Verfügung. Andererseits be­
deutet dies auch eine Herausforderung an
den Einzelnen, sich zu orientieren und zu
positionieren, um in der Vielfalt des Ange­
botes nicht unterzugehen. In einer Zeit der
Schnelllebigkeit und Instabilität ist es umso
wichtiger, seine persönliche Sicherheit zu
finden, indem man bestimmten Werten be­
ziehungsweise seinem Lebenssinn folgt.
Sonst läuft man Gefahr, aufgrund von
Zeitdruck, Informationsüberflutung und
unklaren Zielen auszubrennen.

Mit klaren Wertedefinitionen und Zielen vor


Augen und einem positiven Lebenskonzept
als Basis können Anforderungen als Heraus­
forderungen auf dem Weg zur Zielerrei­
chung angesehen werden. Häufig erhöht
sich mit dieser Lebenseinstellung unsere
Bereitschaft, uns auch mit schwierigen und
anstrengenden Aufgaben auseinanderzu­
setzen. Werte in unserem Leben können
sein: Erfolg, Ehrlichkeit, Karriere, Familie,
Glaubwürdigkeit, Treue, Anerkennung.
59

Die Atem-Übung führen Sie im Anschluss an die


Audios zum Herunterladen
Die Entspannungsanleitungen zum
Ruhe-, Schwere- und Wärme-Übung aus. Die Atem-
autogenen Training gibt es auf tk.de, Übung unterscheidet sich wesentlich von den ande­
Suchnummer 2096420. ren Übungen: Sie beobachten hierbei einen bereits
von selbst ablaufenden inneren Vorgang und lösen
keine körperlichen Reaktionen aus (wie Wärme oder
Schwere).

Das Wesentliche dieser Übung ist, nichts zu tun,


sondern einfach nur zu beobachten.

Dieses Ziel wird mithilfe der Formel „Mein Atem


fließt ruhig und gleichmäßig – es atmet in mir“ er­
reicht.

Durch die Atem-Übung kommt es zu einer Verstär­


kung des Gesamterlebnisses des autogenen Trai­
nings und damit zu einer Vertiefung der körperlichen
und geistigen Entspannung.

Übung 3
Führen Sie folgende Formeln nacheinander aus:

„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“

„Arme und Beine sind schwer.“

Autogenes „Mein ganzer Körper ist schwer.“


(beziehungsweise die Formel, bis zu der Sie
beim Üben gekommen sind)

Training „Arme und Beine sind warm.“


„Mein ganzer Körper ist warm.“
Atmen ist Leben - lernen Sie daher, wie die (beziehungsweise die Formel, bis zu der Sie
richtige Atmung Ihnen dabei hilft, Ihr beim Üben gekommen sind)
Entspannungserlebnis noch zu vertiefen.
„Schultern und Nacken sind schwer
und angenehm warm.“
Heute lernen Sie die Atem-Übung kennen. Hierbei
wird der Körper nicht durch unsere Vorstellung be­ „Mein Atem fließt ruhig und gleichmäßig –
einflusst, sondern wir konzentrieren uns auf einen es atmet in mir.“
automatisch ablaufenden Vorgang – das Ein- und (oder: „Es atmet mich.“
Ausatmen. Ziel der Übung ist es, eine reflektorisch Bei Asthma: „Atem strömt leicht
ausgelöste Atmung zu erreichen. Das heißt, dass und warm aus.“)
wir den Atem nicht aktiv beeinflussen, sondern ihn
nur beobachten. So kommt es nach einigen Übungs­ Rücknahme
sequenzen zu einer Harmonisierung und Autono­ („Arme fest!“, „Tief ein- und ausatmen!“,
misierung der Atmung. „Augen auf!“)
60  TK-MentalStrategien – Sich vor Stress schützen

Übungsblatt 7 – Möglichkeiten
der Unterstützung im Studium
Wer ist für mich da?
Bitte notieren Sie, welche Unterstützung Sie während Ihres Studiums bereits erhalten. Beziehen Sie dabei sowohl Angebote
aus dem Studium (Lerngruppen) als auch aus Ihrem sozialen Umfeld (Familie, Freunde) und den sozialen Netzwerken ein.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Überlegen Sie nun, welche weiteren Hilfsangebote Sie in Zukunft annehmen könnten.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.
61

Übungsblatt 8 – Werte und Ziele


Wo stehe ich – wo will ich hin?
Meine Vorbilder
Welche Personen aus Ihrem direkten Umfeld oder dem öffentlichen Leben stellen Vorbilder für Sie dar? Überlegen Sie, welche
Werte diese Personen für Sie verkörpern beziehungsweise mit welcher Haltung diese Personen durchs Leben gehen.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

„Laudatio“
Stellen Sie sich vor, Sie feiern Ihren 70. Geburtstag. Verschiedene Personen wie Ihr ehemaliger Chef, frühere Kollegen, Partner,
Kinder, Freunde halten eine Lobrede:
•  Was erzählen diese Menschen über Sie?
•  Welche Ihrer Charaktereigenschaften werden besonders gelobt?
•  Welche Ihrer Erfolge und Leistungen werden besonders betont?

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.
62  TK-MentalStrategien – Sich vor Stress schützen

Hausaufgabe 4 – Zeitprotokoll:
Wie gehe ich mit meiner Zeit um?
Bei dieser Aufgabe geht es darum, Ihrem Umgang mit der Zeit Erstellen Sie also mindestens zwei Protokolle  Sie haben
auf die Spur zu kommen. Möglicherweise investieren Sie viel nun zwei verschiedene Möglichkeiten, wie Sie Ihren Alltag und
mehr Zeit in unwichtige Kleinigkeiten als Sie denken. Vielleicht den Zeitaufwand dokumentieren können. Suchen Sie sich die
schieben Sie Tätigkeiten, deren Aufwand Sie als hoch ein­ für Sie stimmigste Art aus und planen Sie aktiv, an welchem
schätzen, ewig vor sich her und erledigen diese dann überra­ Tag Sie Protokoll schreiben werden.
schenderweise in wenigen Minuten.
Möglichkeit 1  Sie erstellen einen genauen Zeitplan und zie­
Protokollieren Sie daher innerhalb der nächsten sieben Tage hen nach jeder Arbeitseinheit (zum Beispiel Vorlesung Statis­
mindestens einen durchschnittlichen Uni-Tag und mindes- tik) Bilanz. Notieren Sie beispielsweise jede Stunde, was Sie
tens einen unifreien Tag. gerade tun. Ist Ihnen diese Zeiteinheit zu grob, so können Sie
auch jede halbe Stunde oder alle 15 Minuten aufschreiben,
welcher Tätigkeit Sie gerade nachgehen. Ihr Tagesprotokoll
sieht dann in etwa so aus:

Freitag, 15.11.2013

Uhrzeit Tätigkeit Störungen? Meine Reaktion darauf?

Aufstehen und für die Uni fertig


7:30 Uhr Mitbewohner noch im Bad, muss auf Dusche verzichten
machen

Bahn kommt acht Minuten zu spät, Puls rast,


8:30  bis 11:30 Uhr Abfahrt zur Uni
hetze zum Seminar

9:10 Uhr Sitze im Seminar Keine

Möglichkeit 2  Ihr Tagesprotokoll kann auch eine lockere


Struktur aufweisen. Sollten Sie Ihren Tag eher spontan doku­
mentieren wollen, notieren Sie die wichtigsten Ereignisse,
mögliche Störungen und Ihre Reaktionen darauf mit ungefäh­
ren Zeitangaben. Nutzen Sie hierfür Ihren Kalender oder Ihr
Handy. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf. Ihre Aufzeich­
nungen sehen dann in etwa so aus:

Freitag, 15.11.2013

Super, bin endlich mal pünktlich


8:00 Uhr
aufgestanden.
Planung ist alles  Wie effektiv nutzen
Sie Ihre Zeit? Und wann können Sie im
9:45 bis 11:15 Uhr Vorlesung Statistik Tagesverlauf am meisten leisten? Mit
einer cleveren Zeitplanung haben Sie
Essen mit Sabine und Tobias – mehr Freizeit und lernen effektiver.
Mittagspause war schön; weiß nicht mehr
genau, wie lange
63

Exkurs 3 – Grenzen setzen,


Grenzen achten, Grenzen öffnen
Sich abgrenzen können, Grenzen anderer akzeptieren oder selbst Grenzen setzen – diese Fähigkeit brauchen wir überall, im
Privatleben, im Studium oder auch im Beruf. Ziel dieser Übung ist es, den eigenen Umgang mit Grenzen zu reflektieren und
gegebenenfalls anzupassen.

Stellen Sie sich zunächst folgende drei Fragen:


•  Wem gegenüber/in welchen Situationen möchte ich mich stärker abgrenzen?
•  Wessen Grenzen könnte ich mehr beachten?
•  Wem gegenüber könnte ich meine Grenzen mehr öffnen?

1. Grenzen setzen

2. Grenzen achten

3. Grenzen öffnen

Bitte führen Sie die folgenden Schritte mit einem Partner durch. Legen Sie fest, wer berät (Coach) und wer beraten
wird (Coachee). Erst wenn Sie die Schritte vollständig durchgeführt haben, wechseln Sie die Rollen.

Vorgehen in der Übung:


•  Gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Coach Ihre Erkenntnisse durch. Was bedeutet das für Ihren Alltag? In welchen
Situationen treten Sie vielleicht zu unterwürfig auf, in welchen vielleicht zu dominant? Wie lässt sich diese Art von
Ungleichgewicht neu ordnen?

•  Sammeln Sie Ideen, in welcher Form Sie die Thematik in kleinen, realistischen Schritten für sich verändern möch­
ten. Darin sollten Sie Ihr Verhalten sich selbst gegenüber genauso berücksichtigen wie Ihr Auftreten gegenüber
anderen Personen.

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das Thema „Grenzen setzen - achten - öffnen“ für sich angehen und eine gute
persönliche Balance der drei Bereiche gestalten?
64  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Zeit- und
Lernmanagement
Termin 5 – Der Lernstoff ist mal
wieder kaum zu schaffen?
Mit Methoden wie der ALPEN-Technik
bleiben Sie im Zeitplan.

5
65

Durch ein gelungenes Zeit- und Lernmanage-


ment lassen sich viele Stressfaktoren
abbauen oder vermeiden. „Agieren statt wenn man doch eigentlich mit Lernen und Arbeiten am
reagieren“ heißt die Devise. Schreibtisch beschäftigt ist. Wer ständig per Handy und Mail
erreichbar ist, von Klingeltönen, Summen oder Vibrieren ge­
stört wird, hat kaum eine Chance, konzentriert zu arbeiten.
Die Themen des fünften Seminartages (Zeit- und Lernma­ Es gibt Strategien gegen diese Zeitdiebe: So sollte man sich
nagement) sind – ebenso wie die Themen des letzten Semin­ durchaus mal Auszeiten gönnen, in denen man für nieman­
artages (Werte und Zielvorstellungen) – wichtige Aspekte für den erreichbar ist. Unterschiedliche Techniken des Zeit- und
ein erfolgreiches Selbstmanagement. Beim Selbstmanage­ Lernmanagements unterstützen dabei, die zur Verfügung
ment geht es vor allem um die Fähigkeit, Entscheidungen zu stehende Zeit aktiv zu planen und nach den eigenen Bedürf­
treffen und Prioritäten zu setzen. Wer seine Ziele kennt und nissen zu gestalten.
persönliche Sicherheit und Stabilität in seinem Leben entwi­
ckelt, hat es einfacher, der Überforderung und dem ständigen Betrachten Sie hierzu noch einmal das Stressmodell:
Zeitdruck standzuhalten. Neben Hetze und Zeitdruck spielen
aber auch Ablenkungen und Störungen eine wichtige Rolle –

Stressmodell – Zeit- und Lernmanagement

Stress- und Risikofaktoren

A
Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

Zeit- und
Lernmanagement

Fahrplan für den fünften Seminartag Autogenes Training


Was erwartet Sie heute? Alle Themenberei­ •  Besprechung der Hausaufgabe
che auf einen Blick: •  Die Sonnengeflecht- und die Stirnkühle-Übung

Zeitmanagement Lernmanagement
•  ALPEN-Methode •  Tipps und Tricks
•  Zeitdiebe •  Lerntechniken
•  Prioritäten setzen
66  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Strategien und Techniken


des Zeitmanagements
Fokus auf die wesentlichen Dinge  Unser Leben ist geprägt Verschiedene Methoden des
von einer Vielzahl an privaten und beruflichen Aufgaben und Zeitmanagements helfen Ihnen,
Angeboten. Wir sind gefordert, aktiv zu entscheiden, wie wir die persönliche Effizienz zu ma­
unsere Zeit einteilen und nutzen. Dabei kann das Zeitma­ ximieren und anstehende Auf­
nagement unterstützen. Vorausschauende, überlegte Pla­ gaben innerhalb des zur Verfü­
nung und der Fokus auf das Wesentliche schaffen nicht nur gung stehenden Zeitraumes zu
Raum und Zeit für wichtige Termine und Aufgaben, sondern erledigen. Die wichtigsten Stra­
auch für Ungeplantes, für spontane Aktivitäten und kreative tegien und Techniken sind im
Tätigkeiten. Folgenden nochmals darge­
stellt.

Die ALPEN-Technik Tipps für die Wochenplanung  So nut­


zen Sie Ihre Zeit in Zukunft effektiver:

Die ALPEN-Technik unterstützt eine realistische Zeitplanung und erleichtert somit Zielgerichtet planen
die Erstellung von Tages- und Wochenplänen. Sie schafft eine gute Voraussetzung •  Planung der Arbeitstage und der
dafür, vorhandene Zeit fokussiert, produktiv und erfolgreich zu nutzen. Es emp­ arbeitsfreien Tage, Aufwand: circa
fiehlt sich, den Plan für den nächsten Tag am Vorabend zu gestalten. Denken Sie 30 Minuten
daran, auch Zeit für sich selbst und für ausgleichende Tätigkeiten wie Sport, sozi­ •  Private und auf das Studium bezo­
ale Kontakte oder Genuss einzuplanen. gene Termine koordinieren
•  Woche im Voraus planen
Aufgaben notieren, die zu erledigen sind •  Pufferzeiten einplanen
•  Alle Aktivitäten, Aufgaben und Termine sowie gewünschte Resultate festhalten •  Checkliste anlegen: sofort notieren,
wenn Ihnen etwas für die nächste
Länge der Aufgabenerledigung schätzen Woche einfällt
•  Regel: Zeitaufwand großzügig bemessen, realistisches Zeitlimit setzen
Strukturiert vorgehen
Pufferzeiten einplanen •  Welche Aufgaben/Ziele haben diese
•  Keinesfalls mehr als 50 bis 60 Prozent des Tages verplanen, Unvorhergesehe­ Woche Priorität?
nes bedenken •  Langfristige Ziele Woche für Woche
überprüfen: Wie kann ich meine
Entscheidungen treffen: Was zuerst? Was hat Priorität? Aufgaben vorantreiben?
•  Aktivitäten, die nicht an diesem Tag erledigt werden können, streichen bezie­ •  Etappenziele einplanen, Erfolg
hungsweise verschieben überprüfen
•  Wöchentliche Fixtermine legen
Nachkontrolle am Abend, Übertrag unerledigter Aufgaben auf den nächsten Tag (privat und beruflich)
•  Bilanz ziehen und überlegen, warum bestimmte Aufgaben nicht erledigt •  Ein guter Wochenplan hat sechs
werden konnten, überprüfen, wie realistisch die Planung ist Arbeitstage. Wenn möglich, einen
•  Unerledigte Aufgaben auf den nächsten Tag übertragen Tag für Freizeit reservieren.

In Anlehnung an Seiwert (2009)


67

„Es gibt Diebe, die nicht bestraft


werden und einem doch das
Kostbarste stehlen: die Zeit.“
Napoleon I. (Bonaparte), 1769 bis 1821, französischer General, Staatsmann und Kaiser

Zeitdiebe
Zeitdiebe sind Tätigkeiten und Arbeiten, die lange dauern,
ohne ein wesentliches Ergebnis zu erzielen. Überprüfen Sie
regelmäßig, welche Zeitdiebe bei Ihnen auftreten. Zeitdiebe
werden im Arbeitsumfeld verursacht durch:
Umgang mit Zeitdieben  Mit diesen einfachen Tricks bekom­
Zeitplanung und Arbeitsmethodik men Sie Störungen und Unterbrechungen besser in den Griff:
•  Unklare Zielsetzung, unzureichende oder unrealistische
Tagesplanung, Versuch, zu viel auf einmal zu tun et cetera Telefon  Handy ausschalten/Mobilbox einschalten, Telefon
klingeln lassen, private Anrufe abends erledigen
Persönlichen Arbeitsstil
•  Überhäufter Schreibtisch, „Zettelwirtschaft“, gleichzeitige Unangemeldeter Besuch  Zeitlimit setzen, neuen Termin
Bearbeitung mehrerer Aufgaben et cetera verabreden (besonders in Lern-/Prüfungsphase), freundlich
„Nein“ sagen
Störungen durch andere
•  Ablenkung, Lärm, private Gespräche et cetera Unentschlossenheit  Vor-/Nachteile möglicher Aktivitäten
gegenüberstellen, Prioritäten setzen und entscheiden
Persönlichkeit
•  Geringe Selbstmotivation, Unfähigkeit, „Nein“ zu sagen et Mangelnde Motivation  Leistungskurve beachten, Bedeu­
cetera tung eigener Ziele bewusst machen, Konsequenzen beden­
ken/aufschreiben
„Aufschieberitis“ (Prokrastination)
•  Mangelnde Motivation, Bewertung der Aufgaben als
langweilig, Unterschätzung des Zeitaufwandes et cetera.
Konsequenzen sind häufig durchlernte Nächte, schlechtes
Gewissen und Stress.
68  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Perfektionismus  Das moderne Zeitmanagement emp­ Denken Sie dabei an unser Experiment mit
fiehlt, den Perfektionismus zu zügeln. Überlegen Sie, bei den Steinen, dem Kies und dem Sand: Kon­
welchen Aufgaben ein „Gut“ gut genug ist und konzentrieren zentriert man sich zuerst auf die Kleinigkei­
Sie sich auf die 20 Prozent der Aufgaben, mit denen sich ten und nebensächlichen Dinge, hat man
80 Prozent des Erfolges erzielen lassen. keinen Platz mehr für die wirklich wichtigen
Bereiche im Leben.
Setzen Sie Prioritäten  Sie kennen das bestimmt – bei der
Erstellung Ihrer Tages- oder Wochenpläne stellen Sie oft fest: Mit dem Pareto-Prinzip und dem Eisenhower-­
Das ist zu viel für eine Woche. Vergessen Sie also nie, sich Prinzip lernen Sie zwei Möglichkeiten kennen,
folgende Fragen zu stellen: die Ihnen helfen, Prioritäten zu setzen.

•  „Was sind die Prioritäten in meinem Leben?“


oder
•  „Worauf kommt es diese Woche wirklich an?“

Pareto-Prinzip: Mehr Erfolg


mit weniger Aufwand
Das Pareto-Prinzip, benannt nach Vilfredo Pareto (1848 bis erreicht werden. Die verbleibenden 80 Pro­
1923), auch „80/20-Regel“ genannt, besagt, dass 80 Prozent zent der Gesamtzeit verursachen die meiste
der Ergebnisse in 20 Prozent der Gesamtzeit eines Projekts Arbeit, führen aber nur zu 20 Prozent der
Ergebnisse.

Pareto-Prinzip  Seine Entdeckung machte


Zeit Ergebnisse
Pareto bei der Untersuchung des italieni­
schen Staatsetats am Ende des 19. Jahr­
20 % hunderts: 20 Prozent der italienischen
Staatsbürger besaßen 80 Prozent des Staatsvermögens.
Pareto und andere Ökonomen entdeckten weitere Anwen­
80 % dungsbereiche, auf die diese Verteilungsregel passt. Nach
der Pareto-Regel machen beispielsweise 20 Prozent der
80 % Kunden eines Unternehmens 80 Prozent des Umsatzes
aus. 80 Prozent der Kunden können in 20 Prozent der Zeit
bedient werden. Die restlichen 20 Prozent der Kunden
20 % brauchen viel Zeit in der Betreuung. Das Pareto-Prinzip
bestätigt sich tatsächlich vielfältig. Häufig wird es aber
auch für Probleme eingesetzt, ohne dass die Anwendbar­
Entwickeln Sie ein Gefühl für die 20 Prozent der Dinge, keit im Einzelfall belegt ist.
auf die es wirklich ankommt.
69

Eisenhower-Prinzip:
Entschlacken Sie Ihren Tag!
Erfolgreiches Prioritätenmanagement ist die Basis für
ein erfolgreiches Zeitmanagement. Das Eisenhower-­
Prinzip hilft, zwischen „dringlichen“ und „wichtigen“
Aufgaben zu unterscheiden und zu klären, welche
Aktivitäten Vorrang haben:

•  Wichtige Aufgaben haben meist noch etwas Zeit.


Die Wichtigkeit ergibt sich aus der Bedeutung für
unsere Ziele und Wünsche.

•  Dringliche Aufgaben müssen sofort erledigt


werden. Dringlichkeiten werden sehr oft von anderen
Menschen festgelegt und erfordern häufig unsere
unmittelbare Aufmerksamkeit, da sie zu einem
bestimmten Zeitpunkt erledigt sein müssen. Sie
haben mit den eigenen Zielen meist wenig zu tun.

Prioritätenmanagement   Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche und planen Sie wichtige Aufgaben
(B-Aufgaben) kontinuierlich ein – sonst werden sie zu „Problemen“, die sofort erledigt werden müssen (A-Aufgaben).

B-Aufgaben: wichtig, aber nicht dringlich A-Aufgaben: wichtig und dringlich


Hoch

−> terminieren, planen −> sofort erledigen

•  Joggen gehen, Lernskript erstellen, •  Anmeldetermin Seminar, lernen


Aufbau und Pflege von Beziehungen, für Klausur, Geschenk kaufen,
Referat vorbereiten Referat nächste Woche

Ziel: B-Aufgaben präferieren! Ziel: A-Aufgaben reduzieren!


Wichtigkeit

P-Aufgaben: weder wichtig noch dringlich C-Aufgaben: dringlich, aber nicht wichtig
−> vernachlässigen −> delegieren, reduzieren

•  Computerspiele, TV, Internet, •  Typische alltägliche Aufgaben:


CDs neu sortieren, Keller aufräumen, einkaufen gehen, aufräumen
Fenster putzen •  Aufgaben, die andere an mich heran-
tragen (80/20-Regel beachten)
Ziel: P-Aufgaben eliminieren!
Ziel: C-Aufgaben minimieren!
Niedrig

Niedrig Dringlichkeit Hoch


70  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Gut zu wissen!

Gestalten Sie
Pausen aktiv!
Wer Sport treibt, trainiert nicht nur seinen
Körper, sondern tut auch etwas für den
Geist. Wissenschaftliche Studien zeigen,
dass schon beim Spazierengehen die Durch­
blutung des Gehirns um etwa 20 Prozent
gesteigert werden kann. So hilft Bewegung,
leistungsfähig zu bleiben und die psychische
Gesundheit zu fördern.

Zeit- und Selbstmanagement – Tipps für den Alltag  •  Halten Sie in Stressphasen einen
•  Verplanen Sie maximal 50 bis 60 Prozent Ihrer Zeit. geordneten Tagesablauf ein.

•  Planen Sie 40 bis 50 Prozent als Puffer für Unerwartetes ein. •  Planen Sie jeden Tag ausgleichende
Aktivitäten ein: Essenspausen,
•  Definieren Sie Ihre Ziele und setzen Sie Prioritäten! Entspannung, Sport, Zeit für sich
selbst.
•  Achten Sie auf Ihren Biorhythmus und Ihre persönliche
Leistungskurve. Erledigen Sie Unwichtiges und Routinear­ Gutes Zeit- und Selbstmanagement
beiten im Leistungstief. kann nur gelingen, wenn es individuell
ist: Berücksichtigen Sie Ihren Biorhyth­
•  Teilen Sie wichtige Daueraufgaben auf und setzen Sie mus sowie Ihre individuellen Schwä­
Etappenziele. chen und Eigenarten bei der täglichen
Zeiteinteilung. Und denken Sie daran:
•  Stellen Sie externe Störungen während des Lernens Die Etablierung von Zeitmanagement
beziehungsweise bei A- und B-Aufgaben ab. braucht Zeit und Geduld!
71

Erfolgreiches Lernmanagement

„Sage es mir, und ich vergesse es;


zeige es mir, und ich erinnere mich;
lass es mich tun, und ich behalte es.“
Konfuzius, 551 vor Christus bis 479 vor Christus, chinesischer Philosoph

Auf den folgenden Seiten finden Sie Tipps und Tricks zum Lern­
management sowie eine Zusammenfassung der Lerntechniken.

Tipps und Tricks zum Thema Lernmanagement


•  Berücksichtigen Sie Ihren Lerntyp: Als visuell Lernender
sollten Sie viel mit Skizzen, Karteikarten und Merkzetteln
arbeiten.

•  Beachten Sie Ihren Biorhythmus: Berücksichtigen Sie Ihre


individuellen Leistungsspitzen und Leistungstäler.
•  Planen Sie gezielt Pausen ein:
•  Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung: Leichte, Pausen sind keine Zeitverschwen­
ausgewogene Speisen verringern Tiefphasen, vor allem dung, sondern erhöhen den Lerner­
mittags. Trinken Sie viel Wasser und achten Sie auf den folg, da das Gelernte in den Pausen
richtigen Einsatz von Koffein. verankert wird. Faustregel: nach
Bedarf: fünf bis zehn Minuten, nach
•  Sorgen Sie für ein angenehmes Lernumfeld: Gestalten Sie sich 90 Minuten: 15 bis 20 Minuten, nach
einen Arbeitsplatz, an dem das Lernen Freude macht, und drei bis vier Stunden: 60 Minuten.
achten Sie auf Ergonomie, Lichtverhältnisse, Ordnung und Ruhe.
•  „Übung macht den Meister“:
•  Stimmen Sie sich positiv auf das Lernen ein: Verdeutlichen Sie sich Sinn und Häufiges Wiederholen vertieft das
Motivation, führen Sie Rituale ein, schalten Sie Störquellen aus, belohnen Sie Gelernte und verankert es im
sich im Anschluss. Langzeitgedächtnis. Faustregel:
Lernstoff fünf- bis siebenmal
•  Begeistern Sie sich für den Lernstoff: Erkennen Sie die Bedeutung des wiederholen!
Lernstoffes, entdecken Sie größere Zusammenhänge, lernen Sie zuerst die
interessanten Kapitel. •  Belohnen Sie sich nach getaner
Arbeit: Gönnen Sie sich ein schönes
•  Beziehen Sie möglichst viele Sinneskanäle ein: Lerninhalte aufsagen, durch Essen, Wellness, einen Kinobesuch
das Zimmer gehen, rhythmische Bewegungen des Körpers ausführen et cetera oder ein Treffen mit Freunden.

•  Schaffen Sie Strukturen und verknüpfen Sie Ihren Lernstoff mit bereits •  Nutzen Sie unterschiedliche Lern-
vorhandenem Wissen: Entwickeln Sie einen „roten Faden“ durch den Lernstoff, techniken: Ein abwechslungsreiches
beachten Sie dabei Zusammenfassungen und Inhaltsverzeichnisse und bilden Lernprogramm verbessert die
Sie Assoziationen zu früheren Lerninhalten. Merkleistung.

In Anlehnung an Heister (2009)


72  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Gut zu wissen!

Individuelles
Zeit- und
Lernmanagement
Nicht jede der vorgestellten Methoden des
Zeit- und Lernmanagements passt zu jeder
Person. Finden Sie Ihre persönlichen Techni­
ken und Strategien und passen Sie diese an
Ihre Bedürfnisse an. Nur so kann Zeit- und
Lernmanagement erfolgreich in die Lebens-
führung integriert werden.

Hilfreiche Lerntechniken
Mindmapping, reimen, referieren – net recherchieren, Themen farbig mar­
kieren, mit Kommilitonen diskutieren.
finden Sie für sich die richtige Methode!
Memorieren der Informationen:
Merkleistung verbessern  Die fol­

D
ie abwechslungsreiche Gestal­ Elaborieren des Lernstoffes: Wissen genden Techniken helfen, Lerninhalte
tung eines Lernprogramms er­ differenziert ausarbeiten  Durch die „gehirngerecht“ aufzubereiten und bei­
möglicht es dem Gehirn, den abwechslungsreiche Ausarbeitung und de Gehirnhälften optimal beim Lernen
Lernstoff besser zu verarbeiten. Vertiefung des Lernstoffes werden die zu nutzen.
Gleichzeitig helfen bestimmte Lern­ Informationen nachhaltiger eingeprägt
techniken, wie beispielsweise Esels­ und der Abruf wird erleichtert. Beispie­ •  Lernkarteien  Karteikarten (Papier
brücken oder Mindmaps, die Anstren­ le: Lernposter erstellen, Zusammen­ oder EDV) erleichtern das kontinu­
gung beim Lernen zu reduzieren. fassungen schreiben, Prüfungsfragen ierliche Lernen und unterstützen
formulieren, in Büchern oder im Inter­ Wiederholungsphasen.
73

Beispiel für eine Mindmap Hausaufgaben


Vorlesungsfreie Zeit
Klausuren
Uni
Referate

Vorlesungszeit Seminare
Verpflichtungen
Vorlesung
Besuche Familie

Anrufe Besprechungen

E-Mails
Student/Studentin Nebenjob
PC-Arbeit
Partner/Partnerin
Rollen Recherchen
Meine Zeit und ich
Freund/Freundin

Sohn/Tochter regelmäßiges Treffen


Verein
Organisation
Einkaufen
Joggen
Kochen Private Aufgaben Hobbys Sport
Schwimmen
Aufräumen
Kino
Kultur
Theater

Auto
Sonstige
Dinge Tablet/Notebook (Internet et cetera)

Filme/Lesen/Gaming

•  Lernen durch Lehren Referieren auf Schlüsselwörter erspart viel Zeit.


hilft, das Gelernte zu überprüfen Die Visualisierung durch eine Mindmap
und deckt Wissenslücken auf. Reduktion und Struktur: Mindmapping  verbessert die Gedächtnisleistung.
Neue Erkenntnisse über die Beziehung Beim Mindmapping wird ein Thema
•  Eselsbrücken, Wortspiele, Reime  von Schlüsselbegriffen aus Büchern als zentraler Mittelpunkt dargestellt,
Unser Gehirn kann sich bunte, und Texten und ihre Erinnerung zei­ Gedanken und Inhalte werden durch
skurrile, auffällige Bilder und Ge­ gen, dass circa 90 Prozent der Wörter Haupt- und Nebenäste erfasst.
schichten besonders gut merken. in Notizen und Zusammenfassungen
Beispiel: „Sieben-fünf-drei – Rom für Erinnerungszwecke überflüssig
schlüpft aus dem Ei.“ sind. Die Reduktion von Lerninhalten

Buzan, T., „Change now!“ (2006)


74  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Autogenes Training –
die Sonnengeflecht-­
Übung
Klinische Beobachtungen haben gezeigt, dass die Die Synapsen laufen beim vielen
Entstehung von Wärme in der Bauchregion ein Zei­ Lernen heiß? Dann ist es höchste
Zeit für ein Cool-down – mit autoge-
chen von Entspannung ist. Ziel dieser Übung ist es,
nem Training.
Wärme zwischen dem unteren Brustbein und dem
Nabel zu erzeugen. Dort befindet sich ein Nerven-
knoten (Oberbauchganglion), der anhand von
strahlenförmigen Nervenästen die umliegenden
Organe versorgt. Die Bezeichnung „Sonnenge­
flecht“ beschreibt dies bildhafter. Unterstützen
können Sie Ihre Vorstellung durch ein auf dem
Bauch positioniertes Heizkissen oder durch Ihre
auf dem Bauch ruhenden Hände.

Wenden Sie dabei folgende Formel an: „Mein Son-


nengeflecht ist warm, strömend warm.“

Übung 4
Führen Sie folgende Formeln nacheinander aus:

„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“

„Arme und Beine sind schwer.“


„Mein ganzer Körper ist schwer.“
(beziehungsweise die Formel, bis zu der Sie
beim Üben gekommen sind)

„Arme und Beine sind warm.“


„Mein ganzer Körper ist warm.“
(beziehungsweise die Formel, bis zu der Sie
beim Üben gekommen sind) Die Stirnkühle-
„Mein Atem fließt ruhig und gleichmäßig –
es atmet in mir.“
Übung
„Schultern und Nacken sind schwer und Hilfreich nach langen Lernphasen und Kopfschmerzen oder
angenehm warm.“ wenn Sie das Gefühl haben, dass der Kopf durch andauern­
des Lernen oder durch störende Grübeleien überlastet ist.
„Mein Sonnengeflecht ist warm, strömend warm.“ Ziel dieser Übung ist es, eine angenehme Kühle in der Stirn
zu erzeugen.
Rücknahme
(„Arme fest!“, „Tief ein- und ausatmen!“, Formel: „Meine Stirn ist angenehm kühl.“
„Augen auf!“) Alternativ: „Mein Kopf ist leicht und klar.“
75

Übungsblatt 9 – Meine Zeitdiebe


Untersuchen Sie Ihre Tagesprotokolle (Hausaufgabe 4) auf Störfaktoren und Zeitdiebe.
Wodurch wurde Ihre Arbeit unterbrochen? Wie haben Sie auf unerwartete Unterbrechungen
reagiert? Was könnten Sie tun, um zukünftig weniger Störungen durch Zeitdiebe zu haben?

Zeitdiebe
Wer oder was stiehlt mir die Zeit? Welche Zeitdiebe und Störfaktoren sind in meinem Alltag besonders präsent?

So reagiere ich auf Zeitdiebe und unerwartete Störungen:

Strategien gegen Zeitdiebe

Folgendes kann ich ab sofort tun, um meine schlimmsten Zeitdiebe zu fassen:

Zeitdiebe Ursachen und Gründe Maßnahmen und Lösungen


76  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Übungsblatt 10 – Prioritäten setzen


Bewerten Sie zunächst die in den Zeitprotokollen (Hausaufgabe 4) erfassten Tätigkeiten
gemäß dem Eisenhower-Prinzip hinsichtlich Dringlichkeit und Wichtigkeit. Schreiben Sie
Ihre jeweiligen Tätigkeiten in die entsprechende Kategorie (A-Aufgabe, B-Aufgabe et cetera)

Das habe ich an Uni-Tagen zu tun:


Meine A-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe

Meine B-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe

Meine C-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe

Unwichtige P-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe
77

und vermerken Sie jeweils die dafür aufgewendete Zeit. Beachten Sie bitte die Unterscheidung zwischen
Uni-Tagen und unifreien Tagen. Berechnen Sie abschließend die Gesamtzeit pro Aufgabentyp und tragen
Sie den Wert an der entsprechenden Stelle (Summe) ein. Erstellen Sie anschließend eine Gesamtübersicht.

Das habe ich an unifreien Tagen zu tun:


Meine A-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe

Meine B-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe

Meine C-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe

Unwichtige P-Aufgaben
Tätigkeit Zeit

Summe
78  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Gesamtübersicht Zeitaufwand

Uni-Tag(e) unifreie(r) Tag(e)

A-Aufgaben

B-Aufgaben

C-Aufgaben

Unwichtiges

Merkblatt 3 – Ein Wochenplan


Was liegt an? Ein Beispiel:

Wochenziele KW Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

Studium: Haupt-
aufgabe

7:00

8:00
Freunde/
Familie:
9:00

10:00

11:00
Entspannung:
12:00

13:00

14:00
Interessen/
Hobbys: 15:00

16:00

17:00

Sonstiges: 18:00

19:00

abends
79

Übungsblatt 11 – Mindmap
Erstellen Sie zum folgenden Text „Das menschliche Gedächt­ kurzzeitgedächtnis. Hier werden die Informationen nur 10 bis
nis“ eine Mindmap. In der Verwendung des unteren Blattes und 20 Sekunden abgespeichert. Dies ist wichtig für schnelle
der sonstigen Gestaltung sind Sie völlig frei. Beachten Sie Reaktionen, zum Beispiel im Straßenverkehr. Zwischen dem
jedoch die grundlegenden Regeln des Mindmappings. Ultrakurzzeitgedächtnis und dem Kurzzeitgedächtnis (KZG)
besteht eine Filterfunktion, die vor Informationsüberflutung
Das menschliche Gedächtnis  Täglich strömen unzählige Ein­ schützt. Das KZG kann eine Information durch willentliche
drücke auf uns ein. Welche Informationen vergessen wir und Verknüpfung für bis zu 30 Minuten speichern. Erst durch
welche nicht? Eine Information, die durch ein oder mehrere weitere Verknüpfungen oder durch eindrucksvolle Erlebnisse
Sinnesorgane aufgenommen wird, gelangt zunächst ins Ultra­ gelangt eine Information dauerhaft ins Langzeitgedächtnis.

Meine Mindmap
80  TK-MentalStrategien – Zeit- und Lernmanagement

Exkurs 4: Prokrastination

Worum geht es bei der Prokrastination?  Prokrastination Prüfungsangst kann Ursache, aber auch
– das ist das feinere Wort für „Aufschieberitis“. Der Begriff Folge von Prokrastination sein. Zum Bei­
stammt vom lateinischen Wort „procrastinare“ für „aufschie­ spiel kann es zu Aufschiebeverhalten
ben“ oder „vertagen“. Wer prokrastiniert, erledigt Aufgaben kommen, um nicht mit der Angst vor der
entweder gar nicht oder erst nach langer Zeit und dadurch Prüfung konfrontiert zu werden. Wenn
oft zu spät – und zwar trotz vorhandener Gelegenheiten und wir uns überfordert fühlen, kann uns
Fähigkeiten. Statt die eigentliche Aufgabe zu erledigen, tut schon die Beschäftigung mit dem Prü­
man einfach etwas anderes. Meist ist das etwas, das ange­ fungsstoff ängstigen und Druck auslö­
nehmer als die Aufgabe ist oder direkt ein positives Erlebnis sen. Allein die Vorstellung von Versagen
bringt, zum Beispiel Putzen, Surfen im Netz, Kochen oder kann körperliche Symptome von Angst
Einkaufen. und Stress hervorrufen. Wer dazu neigt,
unangenehme Gefühle zu vermeiden,
Das heißt: Man schiebt unangenehme oder aufwendige Pro­ ist besonders vom Aufschieben gefähr­
jekte vor sich her und beschäftigt sich stattdessen mit Auf­ det, denn das Vermeiden der unange­
gaben, die kurzfristig anfallen und schnell zu erledigen sind. nehmen Empfindungen wirkt kurzfris­
Oft mit dem Gedanken: Das ist jetzt aber wirklich dringend. tig entlastend. Langfristig allerdings erhält es die Prüfungsangst
Wenn dadurch persönlich wichtige Ziele und Aufgaben uner­ aufrecht. Wer das negative Gefühl der Prüfungsangst vermei­
ledigt bleiben, kann das schwerwiegende Folgen haben, wie det, kann auch nicht die Erfahrung machen, dass sie durchaus
etwa Leistungseinbrüche und schlechte Noten oder Stress ertragen und sogar überwunden werden kann.
und Schlafstörungen, wenn Prüfungs- oder Abgabetermine
nahen. Selbst Beziehungen können darunter leiden, etwa Prokrastinieren wirkt sich oft negativ auf die Motivation aus.
wenn andere wütend und enttäuscht sind, dass man seine Am Ende hat man sich schlecht auf die Prüfung vorbereitet.
Versprechen nicht gehalten hat. Das verstärkt die Angst und macht einen tatsächlichen Miss­
erfolg in der Prüfung wahrscheinlicher – ein Teufelskreis.
Wie erkennt man Prokrastination?  Aufschieben wird dann
zum Problem, wenn Tipps im Umgang mit Prokrastination  Haben auch Sie
schon einmal etwas länger aufgeschoben als notwendig?
•  Sie darunter leiden, dass Sie wichtige Dinge immer wieder Folgende Strategien können hilfreich sein, um Aufschiebe­
bis zuletzt aufschieben und es trotzdem nicht schaffen, verhalten entgegenzuwirken:
das zu ändern, obwohl Sie es gerne möchten.
•  Unterteilen Sie große Aufgaben in kleinere Teilaufgaben 
•  Sie aufgrund des Aufschiebens körperliche Beschwerden „Auch die längste Reise beginnt mit einem einzelnen
haben, zum Beispiel Magenprobleme oder Muskelver­ Schritt“, lautet ein chinesisches Sprichwort. Nutzen Sie
spannungen. beispielsweise Mindmapping, um große Aufgaben in
mehrere kleine Aufgaben zu unterteilen. So bekommen
•  Sie Ihre persönlichen Ziele wegen des Aufschiebens nicht Sie einen guten Überblick über den Aufgabenumfang und
erreichen oder das Aufschieben zu Leistungseinbußen können mit einzelnen Teilaufgaben sofort beginnen.
führt, wenn Sie zum Beispiel immer wieder wichtige Folgende Fragen können Ihnen bei der Reflexion helfen:
Fristen verpassen oder sich mit schlechten Noten
zufrieden­geben müssen. •  Welche Teilziele enthält mein Projekt/meine Aufgabe?
•  Welche Schritte sind nötig, damit ich die Teilziele
•  Ihre Gedanken sich häufig um das Aufschieben drehen. erreiche?
•  Welche Teilziele sind “Pflicht“, also absolut notwendig,
Prokrastination und Prüfungsangst  Prüfungen erfordern und welche „Kür“, also eventuell verzichtbar?
oft eine „einsame“ Vorbereitungsphase über einen längeren •  In welcher zeitlichen Reihenfolge möchte ich die
Zeitraum. Deshalb machen sich hier Aufschiebeverhalten und Teilziele und Schritte realisieren und bis wann?
Schwierigkeiten bei der Selbststeuerung besonders bemerkbar.
81

•  Begrenzen Sie die Zeit, die Sie mit Medien verbringen


Soziale Netzwerke und Videoplattformen verlocken dazu,
sich ständig mit ihnen zu beschäftigen. Oft mehr, als uns
gut tut. Wir erleben Entspannung und lenken uns von
unangenehmen Gefühlen ab.

Achten Sie bewusst darauf, wie lange Sie mit diesen


Medien verbringen, und setzen Sie sich Grenzen. Damit
verhindern Sie, dass unbemerkt zwei oder drei Stunden
vergehen, in denen Sie die eigentlich wichtigen und
dringlichen Aufgaben aufschieben. Nutzen Sie lieber
diese Aktivitäten nach getaner Arbeit als Entspannungs-
und Genusszeit oder belohnen Sie sich dann mit etwas
Schönem.
•  Setzen Sie Prioritäten  Um das Aufschieben zu
reduzieren, reflektieren Sie beispielsweise anhand des •  Seien Sie offline, während Sie Ihrer Aufgabe nachgehen 
Eisenhower-Prinzips (Seite 69), welche Aufgaben und Gerade wichtige Aufgaben, die viel Konzentration erfor­
Tätig­keiten wirklich wichtig und dringlich sind und dern, sollten Sie offline erledigen. Sie erliegen damit nicht
welche noch Zeit haben oder delegiert werden können. der Versuchung, auf interessante Beiträge zu stoßen und
sich dann treiben zu lassen. Schalten Sie ihr Smartphone
•  Verankern Sie stressvermindernde Botschaften  in den Flugzeugmodus und stellen Sie Pushnachrichten
Sagen Sie sich selbst oft „Ich muss“, „Ich sollte“, „Mach einzelner Anwendungen aus. Sie vermeiden damit, schnell
jetzt, sonst …“? Diese stressverschärfenden Denkmuster auf kleine und unwichtige Aufgaben zu stoßen und die
verstärken vermutlich Ihren inneren Druck und erzeugen wichtigen aufzuschieben.
unangenehme Gefühle. Versuchen Sie alternative Bewer­
tungen und Gedankenmuster zu finden. „Ich darf“, •  Bitten Sie andere um Unterstützung  Stecken Sie
„Ich möchte gerne“, „Eins nach dem anderen“ können in einer Sackgasse und kommen mit den wichtigen
Beispiele sein, um Ihre innere Anspannung zu reduzieren. Aufgaben nicht weiter, dann bitten Sie Bekannte und
Als Anhaltspunkt zur Selbstreflexion können die Seiten 47 Freunde um Unterstützung, oder lassen Sie sich von den
und 48 dienen. Vorschlägen Ihrer Kommilitonen inspirieren. Vielleicht
verabreden Sie sich zu einer Lerngruppe oder lösen die
•  Beginnen Sie mit dem Unangenehmsten („Eat the Frog“) Aufgabe gemeinsam. Vielleicht haben andere bereits
Meist ist Aufschieben ein Versuch, unangenehme Gefühle ähnliche Erfahrungen gemacht und können einen guten
zu vermeiden. Das wirkt zunächst erleichternd, weil dadurch Rat geben. Sie bekommen dadurch eine zusätzliche
negative Gefühle beendet werden. Dieses positive Gefühl Perspektive, mit der Sie an der Aufgabe dranbleiben und
von Erleichterung wirkt jedoch als Verstärkung des Aufschie­ die Wahrscheinlichkeit senken können, sie aufzuschieben.
bens. Es führt dazu, dass Sie künftig umso wahrscheinlicher
wieder aufschieben werden statt das Nötige zu tun. •  Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie gerade tun 
Vermeiden Sie Multitasking. Konzentrieren Sie sich auf
In der Regel wird es die unangenehmste Aufgabe sein, die die aktuelle Aufgabe statt in Gedanken schon bei der
Sie die ganze Zeit vor sich herschieben. Warum bringen nächsten zu sein. Studien zeigen, dass Menschen nicht
Sie diese Aufgabe nicht sofort morgens hinter sich, wenn produktiver sind, wenn sie mehrere Aufgaben gleichzeitig
Sie noch ausgeruht und konzentriert sind? Die anstehen­ erledigen. Im Gegenteil: Multitasking hindert sie oft,
den Aufgaben des Tages werden Ihnen umso besser von konzentriert auf ein Ziel hinzuarbeiten und verursacht
der Hand gehen. Stress. Gehen Sie also lieber Schritt für Schritt vor.
6
82  TK-MentalStrategien – Prüfungsangst

Prüfungsangst
Termin 6 – Souverän in die nächste Prüfung
83

P
rüfungsängste entwickeln sich vorwiegend durch die Furcht Prüfungsängste gehen also mit der Sor­
vor dem persönlichen Versagen und/oder vor negativer Be­ ge einher, negativ bewertet zu werden.
wertung. Am sechsten Seminartag geht es deshalb darum, Negative Bewertungen sind unange­
in dieser verzwickten Situation systematisch gegenzusteuern. nehm, denn sie sind in der Regel mit ne­
Durch gezielte Maßnahmen kann es gelingen, den Angstkreislauf gativen Konsequenzen verbunden, bei­
zu durchbrechen und in Prüfungssituationen souveräner und spielsweise mit einer schlechten Note
gelassener zu reagieren. oder der Wiederholung einer Prüfung.
Wichtiger jedoch als diese objektiven
Zum Studium gehört es, sich immer wieder neuen Prüfungen zu Konsequenzen von Prüfungen sind die
stellen. Aber auch vor dem Studium waren die meisten von uns Konsequenzen für die Selbstachtung.
schon mit Situationen konfrontiert, in denen eine Prüfungs- oder Schlechte Ergebnisse erschweren es,
Bewertungsangst auftrat: Referate und Klausuren während der stolz auf sich zu sein, und verringern das
Schulzeit, Prüfungen im Abitur, Bewerbungsgespräche oder die Selbstwertgefühl.
Führerscheinprüfung. Selbst in sozialen Gruppen können Bewer­
tungsängste auftreten, etwa in Gruppendiskussionen oder bei der Im Stressmodell manifestieren sich Prü­
Frage nach der eigenen Meinung. fungsängste auf folgenden Ebenen:

Stressmodell – Prüfungsangst bewältigen

Stress- und Risikofaktoren

A
Umwelt Person

B Coping
C
Stressfolgen
Bewertung • Verhalten
Ressourcen • Kognitiv/emotional
• Körperlich
Umwelt Person

Prüfungsangst Bewältigung von


als Risikofaktor Prüfungsangst

Fahrplan für den sechsten Seminartag  Was erwar­


tet Sie heute? Alle Themenbereiche auf einen Blick:

Prüfungsangst 
•  Allgemeine, grundlegende Informationen

Strategien zur Bewältigung 


•  Wahrnehmung •  Verhalten
•  Gedanken •  Körper

Autogenes Training 
•  Besprechung der Hausaufgabe
•  Individuelle Formeln
84  TK-MentalStrategien – Prüfungsangst

Der Angstkreislauf
Der Angstkreislauf beschreibt, wie Angst entsteht und auf­
rechterhalten wird. Dies gilt auch für die Prüfungsangst.

Die Grafik zeigt die verschiedenen Ebenen des Angstkreislau­


fes sowie Strategien, mit denen der Kreislauf an den einzel­
nen Ebenen unterbrochen werden kann.

Prüfungsangst – der Angstkreislauf

Auslöser
Bewegung und
Ablenkung
Entspannung

Körperliche Angst-
Wahrnehmung
symptome/Empfindungen

Körperliche Gedanken
Veränderungen („Das schaffe ich nie!“)

Angst
Abbau von Veränderung der
Vermeidungsverhalten eigenen Bewertung
Verhalten
In Anlehnung an Margraf & Schneider (1990)

Bewältigung der Prüfungsangst


Sie können an allen Ebenen des Angstkreislaufes Bereiches zu Veränderungen auf anderen Ebenen:
– Wahrnehmung, Gedanken, Verhalten, körperliche Relativieren Sie beispielsweise Ihre Gedanken, erle­
Symptome – ansetzen, um diesen zu durchbre­ ben Sie weniger störende körperliche Symptome
chen. Fast immer führt die Veränderung des einen und folglich auch weniger Angst.
85

„Der größte Fehler, den man im


Leben machen kann, ist, immer Angst
zu haben, einen Fehler zu machen.“
Dietrich Bonhoeffer, 1906 bis 1945, deutscher Theologe

Lenken Sie sich ab Strategien zur Ablenkung:


•  Aufmerksamkeit auf andere Themen

D
er Auslöser der Prüfungsangst ist beispielsweise eine bevorstehende Klausur. lenken
Die Wahrnehmung der Situation als bedrohlich kann dabei zu unterschiedli­ •  Bewusste Wahrnehmung der
chen Zeitpunkten einsetzen, zum Beispiel bei der Lernplanung, der Prüfungs­ Außenwelt
vorbereitung oder kurz vor der Prüfungssituation. Viele Überlegungen gehen uns •  Mantras oder Mut-Sätze innerlich
durch den Kopf: „Werde ich den Stoff in der vorhandenen Zeit bewältigen?“, „Habe vorsprechen
ich mich ausreichend vorbereitet?“, „Wird mir der Prüfer wohlgesonnen sein?“ Wir •  Direkt vor der Prüfung:
werden unruhig, achten verstärkt auf körperliche Symptome und beschäftigen uns •  Rückwärts zählen und rechnen
mit uns selbst. Der Versuch, sich den Lernstoff kurz vor der Prüfung nochmals ins (1.000 – 7 = 993, –7 = 986 et
Gedächtnis zu rufen, führt häufig zu dem Eindruck, dass man gar nichts mehr weiß. cetera)
Achten Sie in solchen Situationen möglichst wenig auf diese Angstzeichen, sondern •  Lange Wörter rückwärts buchsta­
lenken Sie sich ab! bieren
86  TK-MentalStrategien – Prüfungsangst

Die Macht der


Gedanken

D
ie Forschung zeigt: Studierende haben oft zu
dramatische Vorstellungen von Prüfungen.
Die Prüfungssituation und die Macht bezie­
hungsweise die Rolle des Prüfers werden häufig
falsch eingeschätzt und überbewertet. Auch eine
hohe Anspruchshaltung an sich selbst, der Vergleich
mit anderen, die Kritik der eigenen Lernstrategie,
das „Katastrophisieren“ der negativen Konsequen­
zen und Selbstvorwürfe erhöhen die erlebte Angst
und halten sie aufrecht.

Kognitive Strategien  Machen Sie sich nicht ver­


rückt! So nutzen Sie die Kraft der Gedanken für Ihren
Prüfungserfolg:

1. Gedanken neu bewerten  Versuchen Sie, angst­


verschärfende Gedanken zu relativieren bezie­
hungsweise zu verändern. Folgende Fragen können
dabei helfen:

•  Sehe ich nur die Nachteile? Gibt es auch Positives?


•  Verallgemeinere ich zu stark?
•  Habe ich zu hohe oder falsche Erwartungen?
•  Was denkt jemand, den die Situation weniger
belastet als mich?

Nutzen Sie Merkblatt 2 (Seite 48) zur Relativierung der


negativen Gedanken und aktivieren Sie die Erlauber
(positive Glaubenssätze) für Ihre inneren Antreiber!
Effektive
2. Positive Glaubenssätze formulieren
Vorbereitung
•  „Ich habe mich gut vorbereitet – alles andere
lasse ich auf mich zukommen.“
•  „Ich bin konzentriert und dazu in der Lage, In Lern- und Prüfungssituationen kommt es häufig zu einem
flexibel auf die Prüfungssituation zu reagieren.“ sogenannten Vermeidungsverhalten. Anstatt zu lernen, lässt
•  „Ich verdiene es, die Prüfung zu bestehen.“ man sich ablenken. Das Lernen wird hinausgeschoben. Man
versucht, Prüfungen hinauszuzögern oder zu verschieben.
3. Gedanken kontrollieren
•  „Automatische Gedanken“ zählen Dieses Vermeidungsverhalten verhindert positive Erfahrun­
•  „Gedankenstopp-Variante“ gen mit der angstauslösenden Situation und verstärkt die
•  Sich eine Zeit lang ablenken Prüfungsangst.
87

Gut zu wissen!

Prüfungsangst
ist ansteckend
Vermeiden Sie es, kurz vor der Prüfung
Mit Yoga gelassen bleiben zu lange mit anderen Prüflingen zusammen
Yoga kann Ihnen helfen, auch in zu sein. Nervosität wirkt ansteckend. Es
der Prüfungsphase entspannt bringt nichts, kurz vor der Prüfung zu
zu bleiben. Eine gute Hilfe dafür
ist der Yoga-Online-Kurs der TK:
erfahren, worauf man sich nicht gut
tk.de, Suchnummer 2075370. vorbereitet hat.

Auf Kaffee oder Energydrinks sollten Sie


am Tag der Prüfung verzichten, diese
steigern zusätzlich die Nervosität.

Strategien zum Abbau von Vermei-


dungsverhalten  Lassen Sie sich
nicht von Ihrer Angst lähmen. Diese
Tricks helfen Ihnen dabei: •  Wochenplanung beziehungsweise •  Pausen einhalten
„Stoff-Fahrplan“ erarbeiten:
Konstruktive Prüfungsvorbereitung •  Seiten- und Kapitelanzahl pro •  Kurz vor der Prüfung:
•  Informationen einholen: Woche/Monat einteilen •  Akzeptieren, dass die Anspan­
•  Prüfungsordnung, Prüfer, Ablauf •  Vorteil: genaue Planung ver­ nung jetzt am höchsten ist, und
der Prüfung, Räumlichkeiten, schafft einen Überblick über den versuchen, gelassen damit
Themen der Prüfung, Lernstoff Lernaufwand, „unterschwelliges umzugehen
schlechtes Gewissen“ fällt weg •  Entspannungssequenzen einbau­
•  Tagesplan erstellen: en, positive Glaubenssätze
•  Arbeit und Erholung für jeden Tag •  Lernstrategien aneignen und formulieren
festlegen, Pufferzeiten einplanen beachten
88  TK-MentalStrategien – Prüfungsangst

Blackouts  Niemand ist vor Blackouts geschützt.


Derjenige, der gut vorbereitet ist, kann ebenso davon
betroffen sein wie der, der nicht genügend gelernt hat.
Bei einem Blackout entstehen häufig dysfunktionale
Gedanken, beispielsweise eine stark negative
Selbstbewertung: „Ich bin ein Versager! Ich bin zu
blöd! Ich werde es vermasseln! Es ist aus.“ Diese
Gedanken beziehen sich meist auf die persönlichen
Ängste und weniger auf Lerninhalte oder die
Anforderungen der Prüfung.

Mentale Strategien
Souveränes Verhalten in der Prüfung •  Selbstvertrauen aufbauen:
•  Mündliche Prüfungen: •  Situationen vergegenwärtigen, die in der Vergangenheit
•  Aufrechte Körperhaltung, deutliche Aussprache, Blick­ erfolgreich bewältigt wurden. Spüren Sie das Selbstver­
kontakt, gezielte Atemtechnik trauen, das Sie damals empfunden haben!
•  Bei einem „Hänger“: ruhig bleiben („Ich darf auch mal
eine Frage nicht beantworten können!“); nachfragen, um •  Panikgedanken unterbrechen:
Zeit zum Nachdenken bitten •  Unterbrechen negativer Gedanken mit innerlichen
•  Blackout: förderliche Gedanken aktivieren („Die Blockade „Stopp“-Rufen. Panikgedanken durch förderliche Gedan­
wird vorübergehen, wenn ich mich entspanne!“); Atmung ken und positive Glaubenssätze ersetzen. Keine Selbst­
regulieren, Blockade artikulieren beschimpfungen.

•  Schriftliche Prüfungen: Technik „Rollenspiel“


•  Überblick über die Aufgaben verschaffen •  Prüfungsvorbereitung durch Rollenspiele:
•  Mit jenen Aufgaben beginnen, die man problemlos •  Prüfungssituation nachstellen und durchspielen
beantworten kann (Lautstärke des Sprechens, Haltung, Kleidung, Blickkontakt)
•  Förderliche Gedanken aktivieren •  Rollenspiele verringern die Angst, freies Reproduzieren
•  „Grübelstopp“ durch Aufmerksamkeitslenkung wird geübt, Unvorhergesehenes kann reduziert werden.
•  Atmung regulieren Erfolgserlebnisse entstehen bereits im Vorfeld der Prüfung.

In Anlehnung an Wolf & Merkle (2009)


89

Bewegen gegen
die Angst
Sport und Entspannung
unterstützen Sie in Prüfungs-
phasen erst recht.

Bei Prüfungsstress befindet sich der Körper in einem ständigen Zustand


der Anspannung im Sinne der Kampf- oder Flucht-Reaktion. Durch körper­
liche Bewegung und Entspannungsverfahren können Anspannung und
Symptome wie Nervosität, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen
et cetera abgebaut werden.

Der Mensch ist ein Bewegungstier. Und wer erst einmal für sich entdeckt
hat, wie glücklich körperliches Training machen kann, der möchte nicht
mehr auf Bewegung verzichten. Beim Laufen beispielsweise geraten Kör­
per und Geist in einen sehr angenehmen Bewusstseinszustand. Ausdau­
ersportler bezeichnen dies als einen „Flow“. Sie können weiter und weiter
laufen – denn unter besonderer körperlicher Belastung fährt sich das
Gehirnareal herunter, das für das Nachdenken zuständig ist. Es verliert
sich die Wahrnehmung von Zeit und Raum, man läuft sich sozusagen frei.

Negative Gedankenspiralen werden unterbrochen, Überlegungen in ge­


ordnete Bahnen gelenkt. So wie regelmäßiger Sport für Ausgleich und
Wohlbefinden sorgt, macht auch Entspannung den Kopf frei. Weitere
positive Effekte von sportlichen Einheiten in stressigen Phasen:

•  Man besinnt sich auf sich selbst und nimmt sich positiv wahr.
•  Bewegung sorgt für Glücksgefühle (Stolz, Freude an der Bewegung).
•  Das Immunsystem wird gestärkt.
•  Man tut, worauf man bei Stress programmiert ist – man verbraucht
die bereitgestellte Energie.
Wenn nichts mehr geht  Kommt es •  Belastbarkeit und Vitalität nehmen zu – die gesundheitliche
während der Prüfung zum Blackout, gibt Gesamtverfassung verbessert sich.
es folgende Reaktionsmöglichkeiten: •  Begibt man sich für die Bewegung nach draußen, tut dies besonders
gut, denn zwanzig bis dreißig Minuten in der Natur oder im Wald
•  Bitte äußern, ob die Frage wiederholt senken nachweislich den Cortisolspiegel.
oder umformuliert werden kann
•  Anfrage, ob man mit einem anderen Eine gute seelische und körperliche Verfassung hat einen positiven Ein­
Themengebiet starten kann fluss auf das Funktionieren unseres Gedächtnisses. Daher ist nicht nur die
•  Bitte äußern, einen hilfreichen richtige Lernvorbereitung wichtig. Ebenso bedeutend ist es, Körper und
Hinweis zu geben Geist immer wieder Gutes zu tun. Denken Sie an Ihre persönlichen Genuss-
•  Nachfragen, ob man aufstehen oder und Entspannungsstrategien und bauen Sie regelmäßig Phasen der
den Raum kurz verlassen kann Erholung ein! Insbesondere die nächtliche Regeneration ist enorm wichtig
•  Ansprechen, dass man einen für unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit, denn im Schlaf wird das,
Blackout hat beziehungsweise was wir am Tag gelernt haben, in das Langzeitgedächtnis überführt. Nicht
„auf der Leitung steht“ nur übermäßiger Kaffeekonsum, sondern auch der Konsum von Alkohol
behindern das Eintauchen in die Tiefschlafphase.

In Anlehnung an Fehm & Fydrich (2011)


90  TK-MentalStrategien – Prüfungsangst

Autogenes Training –
individuelle Formeln
Individuelle Formeln sind persönliche Leitsätze, mit deren Hilfreich bei:
Hilfe es Ihnen gelingen kann, störende Verhaltensweisen oder •  Einschlafstörungen
Eigenschaften, die Ihren Tagesablauf erschweren oder nicht •  Konzentrationsstörungen
zu Ihrem Selbstbild passen, zu verändern. •  Nervosität
•  Mangelnder Motivation
Die wiederholte Anwendung der individuellen Formeln führt zu •  Prüfungsängsten
einer Festigung positiver Einstellungen und begünstigt ein •  Perfektionismus
Abbremsen problematischer Denk- und Verhaltensweisen. •  Risikoverhalten unter Stressbelastung (Rauchen,
Alkoholkonsum, Essattacken)
Durch den Entspannungszustand während des autogenen
Trainings können die „guten Vorsätze“ tief im Bewusstsein Um Ihren persönlichen Leitsatz zu finden,
verankert werden. Sie sollten mit den individuellen Formeln gehen Sie in drei Schritten vor:
erst dann arbeiten, wenn Sie die Grundübungen des autoge­ 1. (Störendes Verhalten) … in jeder Situation gleichgültig
nen Trainings sicher beherrschen. 2. (Ziel-Verhalten) … wichtig
3. durch … (positive Eigenschaften)

Beispielsätze:
•  Nervosität ist in jeder Situation gleichgültig – Konzentra­
tion wichtig – durch Ruhe und Abstand.
•  Perfekt sein ist gleichgültig – sich wohlfühlen ist wichtig
– durch Gelassenheit und Genießen.
•  Ich gehe meinen Weg mit Mut und Selbstvertrauen.

Vier Regeln bei der Formulierung der Sätze:


•  Nur positive Begriffe verwenden, die nicht zu abstrakt
sind (Ruhe, Freude, genießen … anstatt Entspannung,
Relaxation et cetera)
•  Auf knappe und einfache Formulierungen achten
•  Formeln so monoton und rhythmisch wie möglich aus­
sprechen
•  Formeln erst anwenden, wenn die Grundübungen be­
herrscht werden

In Anlehnung an Langen (2005)

Zeit für eine Pause Nutzen


Sie die individuellen Formeln
im autogenen Training, um sich
positiv auszurichten!
91

Übungsblatt 12 –
Meine Reaktion auf Prüfungen
Nehmen Sie Ihre Reaktion unter die Lupe
1. So reagiert mein Körper  Wie reagiert Ihr Körper auf Prüfungsstress und -ängste? Gibt es eine Körperregion, die besonders
empfindlich ist (Magen, Herz)? Wie stellen sich die Körperempfindungen dar (Zittern/Unruhe)?

2. So sind meine Gedanken  Wie reagieren Sie gedanklich auf Prüfungssituationen? Gibt es Gedanken, die immer wieder
vorkommen (zum Beispiel „Das schaffe ich nie!“)?

3. So sind meine Gefühle  Wie fühlen Sie sich in Prüfungssituationen? Welche Emotionen sind vorherrschend?

4. So verhalte ich mich  Wie verhalten Sie sich vor und während einer Prüfung?
92  TK-MentalStrategien – Prüfungsangst

Übungsblatt 13 – Neue Gedanken


in Prüfungssituationen
Sehen Sie sich bitte Ihre „Gedanken in Prüfungssituationen“ Finden Sie alternative Sichtweisen. Hilfestellung für die Er­
von Übungsblatt 12 noch einmal genauer an. Wo entdecken stellung alternativer Gedanken bietet Ihnen das Merkblatt 2
Sie Denkfehler? Hilfestellung gibt das Merkblatt 1 – „Stress­ – „Möglichkeiten zur Veränderung stressverschärfender Ge­
verschärfende Gedanken“ – auf Seite 47. danken“ auf Seite 48.

Entdecken Sie Ihre Denkfehler


Mein Stressgedanke Nummer 1:

Alternative Sichtweisen:

Mein Stressgedanke Nummer 2:

Alternative Sichtweisen:

Mein Stressgedanke Nummer 3:

Alternative Sichtweisen:
93

Übungsblatt 14 –
Mein persönlicher Leitsatz
Individuelle Formeln
1. Wählen Sie ein störendes Verhalten (wie Prüfungsangst, Konzentrationsprobleme, mangelnde
Motivation, Nervosität) und formulieren Sie dieses in einfachen und klaren Worten:

… in jeder Situation gleichgültig

2. Wählen Sie nun eine hilfreiche Verhaltensweise oder ein Gefühl, das das störende Verhalten
in Zukunft ersetzen soll (zum Beispiel Ruhe, Gelassenheit, Freude):

… wichtig

3. Entscheiden Sie sich für eine positive Eigenschaft (Verhaltensweise, Gefühl), die Sie bei der
Zielerreichung unterstützen soll (zum Beispiel Gelassenheit, Abstand, Selbstvertrauen):

durch …

Formulieren Sie nun Ihren persönlichen Leitsatz:


7
94  TK-MentalStrategien – Resümee und Ausblick

Resümee
und Ausblick
Termin 7 – Was haben Sie gelernt? Und
wie geht es nach dem Seminar weiter?
Ziehen Sie Bilanz und planen Sie die nächs-
ten Schritte zum Erreichen Ihrer Ziele.
95

In der siebten und letzten Seminareinheit wird noch einmal schen und welche Schwierigkeiten noch auftauchen können.
deutlich, wie sich Ihr Umgang mit Stress verändert hat und ob Ihre persönliche Einschätzung entscheidet darüber, welcher
langfristig noch weitere, ganz neue Ziele gesteckt werden soll­ Gruppe (A, B oder C) Sie sich zugehörig fühlen. Die Einteilung
ten. Die folgenden Übungsblätter verschaffen Ihnen einen gu­ nehmen Sie selbst vor – siehe nächste Seite.
ten Überblick darüber, welche Strategien Sie bereits beherr­

Übungsblatt 15 – Meine Bilanz


So gehe ich jetzt mit Stress um
Welche Themen/Inhalte des Seminars waren für mich hilfreich?

Was hat sich für mich durch das Seminar verändert?

Wo besteht eventuell noch Handlungsbedarf?

Platz für eigene Notizen:


96  TK-MentalStrategien – Resümee und Ausblick

Übungsblatt 16 – Persönliche Ziele:


Planung der nächsten Schritte
Je nachdem, ob Sie Ihre kurz- beziehungsweise langfristigen Gruppe B  Sie sind der Erreichung Ihres Ziels schon ziemlich
Ziele bereits erreicht haben oder nicht, befinden Sie sich in nah, aber ganz haben Sie es noch nicht erreicht.
einer der folgenden Gruppen und haben eine andere Aufga­
benstellung. Gruppe C  Sie haben Ihr Ziel bereits erreicht.

Sie befinden sich nun in einer von drei Gruppen: Lesen Sie bitte zunächst nur Ihre Aufgabenstellung und be­
Gruppe A  Sie sind noch eher weit davon entfernt, Ihr ge­ arbeiten Sie diese in Ihrer Kleingruppe. Prinzipiell können Sie
setztes Ziel zu erreichen. natürlich auch jede einzelne Übung alleine zu Hause durch­
führen – und zwar immer dann, wenn Sie die Erreichung Ihrer
Ziele überprüfen möchten.
97

Instruktion für Gruppe A


Versuchen Sie, gemeinsam zu analysieren, warum Sie Ihr Ziel noch nicht erreicht haben und erarbeiten Sie in der Kleingrup­
pe mögliche neue Strategien. Schreiben Sie Ihre Ideen bitte unten auf.

Mein Ziel:

Bisher eingesetzte Strategien zur Zielerreichung:

Probleme und Schwierigkeiten bei der Zielerreichung:

Mögliche neue Strategien:


98  TK-MentalStrategien – Resümee und Ausblick

Instruktion für Gruppe B


Besprechen Sie in der Kleingruppe, warum Sie Ihr Ziel noch nicht vollständig erreicht haben und wo Sie möglicherweise
noch abschließende Hilfestellung benötigen. Setzen Sie sich im Anschluss ein neues Ziel. Machen Sie sich auch hierzu bereits
Gedanken über mögliche Strategien und lassen Sie sich von der Gruppe unterstützen.

Mein Ziel:

Bisher eingesetzte Strategien zur Zielerreichung:

Was ich noch brauche, um mein Ziel abschließend zu erreichen:

Mein neues Ziel und Strategien zur Zielerreichung:


99

Instruktion für Gruppe C


Tauschen Sie sich in Ihrer Gruppe darüber aus, welches Ziel Sie bereits erreicht haben und leiten Sie individuelle neue Ziele
ab. Erarbeiten Sie gemeinsam Strategien zur Zielerreichung. Beachten Sie hierbei auch mögliche auftretende Probleme und
Schwierigkeiten.

Was ich schon erreicht habe:

Mein neues Ziel:

Strategien zur Zielerreichung:

Mögliche Schwierigkeiten auf meinem Weg zum Ziel und was ich dann tun kann:
100  TK-MentalStrategien – Resümee und Ausblick

Übungsblatt 17 –
Exkurs ins Berufsleben
Versetzen Sie sich gedanklich bitte in folgende Situation: Sie
haben Ihr Studium vor einiger Zeit erfolgreich abgeschlossen
und stehen mitten im Berufsleben. Sie üben eine einflussrei­
che Position aus, die durch hohen persönlichen Einsatz, Ver­
antwortung und lange Arbeitszeiten geprägt ist.

Erfolgreich und gesund im Job


Was denken Sie, welche im Seminar vermittelten Strategien/Inhalte werden Ihnen auch im Berufsleben zu einer
erfolgreichen Stressbewältigung verhelfen?
101

Audiofiles auf einen Blick

Autogenes Training Atementspannung


•  Ruhe und Schwere •  Den Atem beobachten
•  Wärme, Schulter und Nacken •  Energieatmung
•  Atemübung
•  Sonnengeflecht und Stirnkühle Fantasiereise
•  Autogenes Training gesamt •  Kraftort
•  Kurzversion Schwere und Wärme •  Zwischen den Wolken
•  Zukunftsvision

TK-Leistung

Zuhören entspannt
Die TK unterstützt Sie auch über das
Seminar TK-MentalStrategien hinaus.
Die speziell entwickelten Audiofiles dienen
dazu, die im Seminar gelernten Entspan­
nungsübungen auch in Ihrem Alltag
leichter zu verankern.

Sämtliche Audios einfach streamen: tk.de,


Suchnummer 2096420.
102  TK-MentalStrategien – Resümee und Ausblick

Quellenverzeichnis und Literatur

Beck, A.T. & Hautzinger, M. (Herausgeber). (2010). Kognitive


Therapie der Depression (4. Auflage). Weinheim: Beltz.

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Heute fange ich wirklich an!: Prokrastination und Aufschieben
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Meifert, M. (Herausgeber), Kentzler, C. & Richter, J. (2010).
Stressmanagement: Das Kienbaum Trainingsprogramm. * Wolf, D. & Merkle, R. (2009). So überwinden Sie Prüfungs­
Freiburg: Haufe-Lexware. ängste: Psychologische Strategien zur optimalen Vor-
bereitung und Bewältigung von Prüfungen (10. Auflage).
Neudeck, P., Mühlig, S. (2020): Therapie-Tools Verhaltensthe­ Mannheim: PAL.
rapie Therapieplanung, Probatorik, Verhaltensanalyse. Wein­
heim: Beltz. * zum weiterführenden Selbststudium empfohlen
Wir sind für Sie da
Sie haben Fragen rund um Gesundheit und Krankenver­
sicherung? Das TK-ServiceTeam ist 24 Stunden täglich an
365 Tagen im Jahr für Sie erreichbar: Tel. 0800 - 285 85 85.

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