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Sagawa Hakuo, Hanshi

Ein Profil des 9. dan iaido und 8. dan kendo.

Folgender Text ist eine Original Überset Ziehen unter Einbeziehung des Selbst; ich
zung eines Artikels aus der Japanischen denke, dass diese Form des Übens eine
Fachzeitschrift: "Kendo Jidai ", Ausgabe Entwicklung hin zu einem iai bewirkt, das
Nummer sieben vom Juli 1993. Der Artikel so individuell ist, wie die einzelnen Men
wurde von Richard Bonert, Frankfurt über schen.
setzt.
Im dojo, das einem die tägliche Übung ge
Auf dem letzten taikai in Kyoto wurde stattet, scheint mir etwas verborgen zu sein,
auch dieses Jahr wieder ein neunter dan im dass es einem ermöglicht einen geisti gen
iaido vergeben, diesmal an Meister Saga Freiraum zu bewahren Es ist wohl so, dass
wa Hakuo aus Tokyo. Er, der mit der Geis sich dort auf der einen Seite, ohne dass
teshaltung "Tiefe Dankbarkeit und Wieder man sich selbst darüber im klaren ist,
gabe von empfangenen Gutem" praktiziert, einerseits Konzentration ansammelt, ande
war so freundlich, hier einiges über sein rerseits der Geist dort aber genauso gut
langjähriges Streben und Bemühen zu er einmal ruhen kann. Ich hege deshalb dem
zählen. dojo gegenüber die gleiche Ehrerbietung,
wie auch einem Menschen gegenüber.
Der Meister erzählt: Lebenslanges Bemühen.
Ich habe da einmal etwas erlebt. In mei
Tiefe Dankbarkeit und Wiedergabe nem dojo ist beim Eingang eine Reisstroh
von empfangenem Gutem matte ausgebreitet, und ein schon älterer
Mann trat, ohne beim Hereinkommen seine
Bei mir kam es wie selbstverständlich, dass Schuhe auszuziehen, auf diese Reisstroh
ich versuche ohne kompliziertes Hin und matte, und als er die Schuhe dann endlich
Herdenken auszukommen, egal um was es auszog, stopfte er sie einfach in die Kiste
geht. Ich glaube nämlich, dass wenn man für die geta. Ich zögerte einen Augenblick,
komplizierte Gedankengänge entwickelt, wegen seines Alters, doch dann dachte ich
diese zu einem Labyrinth werden in das man mir, nein, das Alter spielt hier keine Rolle,
hineingerät, ohne herauszufinden. das ist eine Frage der Ethik, und so kehrte
meine ursprüngliche Verärgerung schnell
Ziehen, schneiden, das Schwert zurückfüh zurück.
ren; iai ist die Ausbildung des Geistes
durch die Wiederholung dieser einfachen Ich sagte zu ihm: "Holen Sie sich bitte
Tätigkeit. Unsere Vorgänger haben die einen Lappen und wischen Sie den
Frage, wie man adäquat auf die verschie Schmutz, den Sie gemacht haben auch wie
denartigen Angriffe von vorgestellten Geg der weg, denn diesen Ort betreten alle bar
nern zu reagieren hat, beantwortet und tra fuss. Und nicht nur, dass Sie Ihre Schuhe
diert, und nach Maßgabe dieses iai ziehen nicht gleich ausziehen, sollten Sie doch
auch wir das Schwert. froh sein, dass Ihre Schuhe Ihren Füßen
beim Laufen Schutz bieten, und sie schon
Aber durch das bloße Ziehen allein kommt allein deshalb nicht so respektlos zu behan
noch kein wirkliches iai zustande. Beim deln; im tiefsten Innern zu denken >ihr
Üben stelle ich mir vor, dass der Gegner habt mich bis hierhin gebracht und meine
nach meinen eigenen Schwachstellen stößt. Füße beschützt, vielen Dank ihr Schuhe!<.

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Eine solche Haltung ist es doch wohl, die selbst herabsetzen. Wichtiger als alles an
das Wesen das budo ausmacht, oder?" dere ist es, niemals die Haltung warmer
Anteilnahme dem Nächsten, oder auch den
Er wurde daraufhin ärgerlich und ging wie Dingen gegenüber zu vergessen, denn die
der weg. se ist es, die wesentlich ausmacht, was
Aber nach einiger Zeit ist er noch mal wie budo bedeutet.
dergekommen und wir haben in aller Ruhe
miteinander geredet. "Bitte denken Sie ein
mal darüber nach, wozu Sie iai betreiben,
Zum ersten Mal iai gesehen habe ich als
ist es denn nicht die Bildung des Selbst ? Schüler der Mittelschule war. Es gab eine
Unser Leben, Tag um Tag, ist doch die kendotaikai in FukushimaKen, in einem
Vergeltung des Guten, das wir erhalten ha Ort namens Koriyama. Dort hatte ich die
ben und die Dankbarkeit dafür. Es ist äu Ehre, das iai von sensei Oshima Jikita zu
ßerst wichtig, sich immer ein solches, allen sehen.
Dingen zugewandtes Bewusstsein zu erhal
ten, sonst ist eine Entwicklung des Selbst Ich entsinne mich, dass mich die Schärfe
nicht möglich." der Entschiedenheit der Bewegung stark
beeindruckt hat. Denke ich jetzt darüber
Er zeigte Einsicht und übte von da an in al nach, war es vielleicht die Bewegung in
ler Stille und Bescheidenheit, und von ei sonstiger Bewegungslosigkeit, die mich
nem Verhalten wie dem Erwähnten war beeindruckt hat. Aber nicht nur in der Be
nicht einmal mehr andeutungsweise etwas wegung; ich frage mich, ob die Faszination
zu bemerken. nicht letztendlich darin lag, dass selbst in
den bewegungslosen Augenblicken der
Da fällt mir ein, bei einem taikai habe ich Geist/das Bewusstsein niemals stillstehen
einmal hanshi xy zufällig dabei beobach darf. Jedenfalls ging ich noch völlig von
tet, wie er die geta, die man für die Toilette der Sache eingenommen nach Hause zu
benutzt, so wie zwei ablegende Schiffe am rück, aber nur um gleich wieder mit einem
Kai für den nächsten aufgestellt hat, damit Schwert loszuziehen und auf Bäume einzu
dieser ganz ohne Schwierigkeiten hinein schlagen.
schlüpfen kann. Es hat mich tief beein
Ich dachte, ja, das iai ist bestimmt auch gut
druckt, in welch einfachen Handlungen
fürs kendo, und wollte gleich loslegen.
sich Dank und Rücksichtnahme auf den
Aber, naja, in unserer Gegend gab es weit
Mitmenschen ausdrücken lassen.
und breit niemanden, der es mir hätte bei
Es ist genau dieses Bewusstsein von Dank bringen können. So übte ich mit einem iai
barkeit und der Wiedergabe von empfange Lehrbuch in der Hand für mich alleine. Ob
nen Guten, das den Umgang mit den Ge das gut war oder schlecht, was ich da ge
genständen bestimmt und dieser Unter macht habe, will ich nicht beurteilen, aber
schied ist es wohl, der den Unterschied von es war sicher ein sehr eigenwilliger Stil.
budo und Sport ausmacht. Um keinen Preis hätte ich meine Übungen
irgend jemanden sehen lassen, aber Spaß
Durch Baseball oder Tennis mag man si gemacht hat es mir schon damals. (lacht)
cherlich auch die Psyche stärken können,
ich will gar nicht behaupten, budo stände Etwa showa 24 (1949) hing in der Nähe
da an allererster Stelle, aber beim Aus unseres Hauses ein Plakat von der Koma
druck von Freude oder Ärger wird beim awa Butokukan (unter der Leitung von
Baseball oder Tennis mit Ausrüstungsge Yoshida Mukai und da fing das kendoTrai
genständen herumgeschmissen, und das ning an. Es wird oft gesagt, dass zu jener
gefällt (den Zuschauern) auch noch aber Zeit das kendo verboten gewesen sei, aber
beim budo würde man sich mit so etwas dort war es sogar so, dass Angehörige der

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amerikanischen Truppen am Training teil zung von selbst Gedachtem und Erlebten
nahmen. möglich.
In dieser Komazawa Butokukan gab es
einen Lehrer namens Nakayama Hakudo, Ich bin ja nun selbst in der Position eines
dem ich meine erste Unterweisung im iai Lehrenden, aber natürlich bin ich nach wie
verdanke. Ich entsinne mich, dass sein iai vor auch in der des Lernenden. Die Schüler
ein sehr scharfes und schnittiges war, gera sind alle auch Lehrer, und spiegeln mich
de so recht geeignet, die trübe Nachkriegs wieder. Jeder Schüler hat etwas Gutes, und
luft auseinanderstieben zu lassen und zu im Erfassen dieser Qualitäten übe ich. Ich
vertreiben. selbst tauge, infolge meines Alters, nicht
mehr wirklich als Vorbild, aber ich bemü
Seit dem Jahre 27 (1952) trainiere ich im he mich Tag um Tag mit allem Ernst um
dojo von sensei Okada Morihiro, dem Ko jedes einzelne Ziehen des Schwertes.
dokan. Im darauf folgenden Jahr begann Vielleicht denken die Schüler: >Wenn er
ich auch noch regelmäßig ins Morgentrai es erzählt hört es sich ja ganz toll an, aber
ning des Mitsubishi dojo in Marunouchi, in Wirklichkeit macht er es ganz anders.<
Tokyo zu gehen. Das lag so nahe wie die
Nase bei den Augen, denn ich war damals Aber dadurch, dass man vor allem durch
bei der Hauptgeschäftsstelle der Mitsubishi Vorführen etwas mitteilt, möchte ich ja
Bank angestellt. auch, dass meine Schüler sich anstrengen,
mich möglichst schnell einzuholen und zu
Sensei Okada pflegte zwar zu betonen überflügeln. Diese Beziehung erschöpft
"schneide mit ganzer Kraft in den Gegner sich nicht in: "der Schüler ist der Schüler,
hinein", aber sein iai war weich und natür der Lehrer ist der Lehrer", sondern ich bin
lich. Es ist zwar anmaßend, wenn ich mir davon überzeugt, dass die Ausarbeitung ei
erlaube dies zu äußern, aber sein tenouchi nes gemeinsamen Weges für Beide, auch
war wunderbar. Es ist genau die Qualität beiden einen Vorteil bringt.
des tenouchi, welche die "Klarheit" eines
Schnittes hervorbringt. Ich konnte nicht Ich habe mir auch Gedanken darüber ge
aufhören seinem iai, mit vor Begeisterung macht, wie am besten zu lehren sei, näm
starrem Blick, zuzusehen. lich so, dass man verstanden wird.
Das wollte ich natürlich auch können. Und Wenn jemand kaum Erfahrung hat, lasse
mir wurde schmerzlich bewusst. dass ich, ich ihn nicht den Bewegungsablauf des
um diese "Klarheit" zu erreichen, unbe ganzen Körpers ausführen, als vielmehr
dingt Hand und Hüfte in Einklang bringen äußerst gründlich einzelne Bewegungen
musste. Man zeigte mir allerhand für gut üben, wie Schneiden, nur das chiburi oder
befundene oder auch elementare Bewe nur das noto. Wird auch nur ein kleiner
gungsabläufe, aber wenn man sich nur mit Teil des Ganzen erst einmal beherrscht,
Gezeigtem beschäftigt, verkrampft man steigert sich nicht nur die Motivation und
leicht. Das, was >gut< oder >schlecht< das Interesse, sondern auch der Grad des
ausmacht, hängt letztendlich vom Stand Verständnisses, allgemeines kann so auf
punkt jedes Einzelnen ab, es bleibt einem dem Einzelnen aufbauend deutlich ge
also gar nichts anderes übrig, alles solange macht werden.
durchzukauen, bis es einem selbst verdau Ganz klar, Erklärungen müssen auch ein
lich, das heißt verständlich geworden ist. fach und verständlich wie möglich sein. Ich
Macht man das nicht, kann man zehn oder sehe zu, dass ich herausfinde, wie es zu den
zwanzig Jahre lang immer auf immer den einzelnen (mangelhaften) Bewegungen bei
selben Fehler hingewiesen werden, (und es jemanden gekommen ist, bevor ich ver
ändert sich nicht das geringste). Wirkliche suche ihm etwas zu erklären.
Weiterentwicklung ist nur in der Umset Macht man ihm dann die Ursache ver
ständlich, ergibt sich die Form von selbst.
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Wirklich an das iai verloren habe ich mich, Mal abgesehen von so etwas wie Befähi
als ich im Jahre 42 (1967) auf der Alljapa gung, aber ich dachte, wenn ich nur genug
nischen IaidoTaikai den dritten Platz ge trainiere, sollte ich es auch schaffen der
macht habe. Ob des unerwarteten Ergeb Erste zu werden. Aber bei mir standen die
nisses dachte ich mir, >also gut, versuchen Ergebnisse im umgekehrten Verhältnis
wir noch mal hier den ersten Platz zu ma zum Aufwand. Auf der dritten taikai kam
chen.< Ich trainierte noch etwas eifriger ich bis zum Halbfinale, auf der vierten tai
und der Wunsch nach noch mehr iai wurde kai war es noch schlimmer, da bin ich
immer stärker. schon in der ersten Runde ausgeschieden.

Diese Empfindung des »immer im dojo Es ist also doch nicht nur: um so mehr um
sein « war es auch, die mich dazu brachte so besser; und so fragte ich mich, ob nicht
mein Haus umzubauen und ein dojo ganz trotz der Menge allen Übens, der Gehalt
für mich allein zu errichten. des Geübten sich verschlechtert habe und
alles ein Problem der Geisteshaltung sei.
Bei der Eröffnung waren über zwanzig Ka Ich versuche zu gewinnen, ich will gewin
meraden versammelt und wir hielten ein nen! , wenn man mit einer solchen Haltung
kendoTraining ab. Herr Koyama aus der übt, kann man natürlich in gewissem Maße
Provinz Gumma sandte mir zu dieser Zeit technisch besser werden, aber der Horizont
das Gedicht: dabei ist doch recht beschränkt. Wahrhaf
tes iai ist der Kampf mit sich selbst, und
Stähle den Körper. letztlich die Überwindung dieses Gegners.
Vervollkommne die Seele.
Wie die Sittlichkeit des Herzens, Also, denke ich mir, muss ich ein iai ma
das alles umfasst. chen, dass den Betrachter nicht den Egois
Für die Welt, die danach kommt. mus, den eigenen Wunsch spüren lässt.
Aber das ist wirklich schwer. Die enbu auf
Alle fanden >Körper, Geist, ein sittliches dem diesjährigen TokyoTaikai war zur
weites Herz, das ist gut!< und so gab ich Überprüfung dieses Anspruches. Und so
dem dojo den Namen Hakushinkan (etwa gelang es mir auch nicht, den Wunsch mein
Halle des weiten/umfassenden Herzens). Bestes zu zeigen zu unterdrücken. Naja, so
Außerdem (wahrscheinlich auch schon im kommt es dann vielleicht, dass man wieder
Gedicht) eine Anspielung auf den Vorna den Wunsch hat ein wenig zu trainieren...
men des Meisters, der ebenfalls das Zei
chen »haku« (weit, umfassend) enthält.

Seit das dojo fertig ist, stehe ich immer um


Seit dem Jahre 47 (1972) unterrichte ich
vier Uhr auf, mache meine persönlichen auch Knaben im kendo. Durch die unver
Aufwärmübungen und iai, danach gehe ich dorbene Naivität der Kinder kann man
ins Mitsubishi Morgentraining, und nach auch für sich eine Menge lernen. Denkt
der Arbeit wieder iai in der KodoKan. man zum Beispiel: ach, sind ja nur Kinder,
Aber ich fand das nicht im geringsten un und gibt beim Training nicht alles, werden
angenehm. Es war für mich der natürliche die Bewegungen der Kinder ganz genau so
Rhythmus. Wenn ich nur trainieren konnte, nachlässig. Deshalb muss man da sehr auf
ging es mir gut. passen.

Ich muss mich bei meiner Frau bedanken. Ich bemühe mich sehr, den Charakter jedes
Einzelnen genau zu analysieren, und jedes
Und auch meinen Eltern schulde ich Dank Kind so zu unterrichten, wie es zu ihm
dafür, dass sie mir einen gesunden Körper passt. Bezüglich der Technik, versuche ich
geschenkt haben. die Kinder zuerst einmal, ohne sie zu über

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anstrengen, an eine einfache natürliche Be Körper und dem Bewegungsablauf mög
wegung zu gewöhnen. lich wird, immer wieder reflektierend, und
Das heißt, bevor sie ein shinai (Bambus immer aufs neue mit Versuch und Irrtum
schwert) bekommen, trage ich Sorge dafür, ausprobierend; man muss sich ein, im bes
dass sie Dinge wie vorzurück, rechtslinks ten Sinne des Wortes, persönliches iai er
Bewegungen oder simulierte Schlagübun finden.
gen ohne shinai und solche Sachen, ohne
große Mühen ausführen können. Lässt man Von Außen betrachtet folgt die Bewegung
sie dann mit shinai üben, fällt es ihnen lan genau den festgelegten Beschreibungen,
ge nicht mehr so schwer. aber in Wirklichkeit muss die Bewegung
eine zutiefst individuelle sein.
Natürlich möchte ich nicht, Sinn und
Zweck des shiai (etwa: Zweikampf; meist Es ist schon über zehn Jahre her, da hat
als Ein oder Dreipunktekampf ausgetra eine Frau, eine Deutsche aus Hamburg na
gen) zunichte machten, aber ich halte das mens Silvia san bei mir angefangen. Sie
Training hauptsächlich so ab, dass das In hatte damals die Absicht, das iai direkt in
teresse am kendo geweckt und dazu ver dessen Ursprungsland, in Japan, zu erler
tieft wird. Deshalb gibt es bei mir nicht nur nen, und sich darüber mit einer in der Nähe
normale Kämpfe Mann gegen Mann, son lebenden Japanerin unterhalten. So kam es,
dern auch mit Handikap oder Kämpfe mit dass diese Dame uns einander vorstellte.
mehreren Gegnern nacheinander, bis zur Das sollte sich als schicksalhaft erweisen,
Niederlage (japanisch: kachinukisen). Das und so kam es, dass mich eine Deutsche
alles hat den Zweck, auch den weniger aufsuchte, um bei mir zu lernen.
Starken einmal eine Gelegenheit zum Sie
gen zu geben und ihnen, sei es auch nur ein In der Folge erhielt ich dann, vor zehn Jah
klein wenig, die Freude daran zu ermögli ren, eine Einladung, in einen Ort namens
chen. Köln, erstmalig einen Lehrgang abzuhal
ten. Seit dem Jahre Heisei 2 (1990) fahre
Inzwischen sind über achthundert Jungen ich jedes Jahr nach Deutschland, um dort
von hier aus (im kendo) flügge geworden, zu unterrichten. Auch kommen im März
oh ja, es gibt für mich keine größere Freu und im Dezember jeweils einige aus
de, als einem von ihnen auf einer danPrü Deutschland nach Japan um sich in den
fung oder taikai wieder zu begegnen. Nicht Kampfkünsten zu üben.
nur beim Kindertraining, nein, ich glaube
bei allen Dingen ist die Erfindungsgabe äu Unter diesen finden sich solche, die, weil
ßerst wichtig. Natürlich auch beim iai wo sie japanische Schwerter mögen, mit iai
der Trainingspartner ein unsichtbarer Geg angefangen haben, aber es scheint, die
ner ist; hier besonders scheint mir, ist die Mehrheit ist am Wesen der Japaner interes
Erfindungsgabe der Schlüssel zum Weiter siert. Sie sagen auch, im Schwert liege die
kommen. Seele der Japaner verborgen. Entsprechend
genau wurde auch der geistige Aspekt je
In den Schriften der A.K.F. (Zen Nihon der einzelnen Bewegung aufgespießt. In
Kendo Renmei, Alljapanische Kendo Föde diesem Augenblick, mit welcher Empfin
ration) sind die Abläufe beim iai bis ins dung, warum so und nicht anders und so
kleinste Detail beschrieben. Es gilt nun, weiter. Und sie lassen nicht eher nach, bis
auszuloten, wie man sich den Beschreibun sie es nicht genau aufgefasst haben. So
gen gemäß bewegt, und gleichzeitig den habe ich mich bemüht entsprechend mit
für einen selbst optimalen Bewegungsab dauernden praktischen Beispielen und der
lauf dabei herausfindet. Man muss so trai Analyse der Bewegungsabläufe: was muss
nieren, dass eine natürliche Bewegung ent man in dieser Situation für einen wirkungs
steht, in der eine Harmonie zwischen dem

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vollen Gegenangriff tun, genau die imma Dass man eine Sache, die man angefangen
nente Logik der Bewegung aufzuzeigen. In hat, nicht aufgibt ist wichtig. Das ist, was
den letzten Jahren kommen auf den ich mir dabei zuschreiben kann, dass ich
Lehrgängen jedes Mal bis zu dreihundert den neunten dan erhalten habe. Aber die
Personen1 zusammen. Die Lehrgangsdauer Menschen um mich herum, die mich unter
beträgt etwa zwei Wochen, man muss ir stützt haben, sind es in der Tat, denen Dank
gendwo übernachten, zum Beispiel in Ho gebührt.
tels, aber dadurch entstehen Kosten.
So werden zwei Hallen angemietet und Natürlich wiegt die Verantwortung nun
eine davon wird zum Schlafsaal, in dem in noch schwerer, aber ich werde auch weiter
Schlafsäcken übernachtet wird. Ja es gibt hin darum bemüht sein, die Tradition der
auch Leute, die im CampingBus kommen Kampfkünste, so wie sie als kostbarer kul
und darin übernachten. Nicht wenige kom tureller Bestand von unseren Vorfahren auf
men auch mit der ganzen Familie, und die uns gekommen sind, korrekt an unsere
jenigen, die nichts mit dem Lehrgang zu Nachwelt zu überliefern. Das wird mein
tun haben, machen eben das, was ihnen ge tägliches Bemühen und immer aufs Neue
fällt. Mein Eindruck war: zwei Wochen die meine Leidenschaft sein.
Zeit sinnvoll genutzt, Familie inklusive.
Der Aspekt, sich um beides zu kümmern,
ernsthaft zu trainieren und mit der Familie
zusammen zu sein, scheint mir unbedingt
nachahmenswert.

Ohne Unzufriedenheit, natürlich zu leben,


ich möchte das auch, aber ich bin ein
Mensch und kann nicht einfach so leben.
Man muss sich eine Methode einfallen las
sen, wie man diese Unzufriedenheit mög
lichst geschickt ausnutzt, und das Beste
daraus macht. Einem Freund wurde einmal
über etwas bei der Arbeit Vorwürfe ge
macht, und man spürte seine Unzufrieden
heit deutlich; ich sagte, wenn man Dir Vor
würfe macht, ist bestimmt irgendwo auch
etwas dran, sei demütig und geh einmal in
dich, was das sein könnte. Man darf nicht
die eigenen Fehler ignorieren und nur den
Vorhaltungen machen. Man darf auch
nicht grüblerisch in sich zusammen fallen.

Ist etwas schief gegangen, und man macht


mir deshalb Vorwürfe, nehme ich dies als
dankenswerten Hinweis auf eigene Mängel
hin, und ich bemühe mich, den Fehler zu
überwinden, und das gilt fürs Training wie
für die Arbeit. Ja, ich finde positives Den
ken sehr wichtig für ein ausgeglichenes
Seelenleben. Es ist nicht sehr originell, das
zu sagen, aber ich versuche, alles was ich
tue mit ganzer Kraft zu tun.
1 gesamte Teilnehmerzahl über zwei Wochen

© 2003 DIaiB 6

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