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WOYZECK – VORMÄRZ –

1879
3. WOYZECK
Das Drama »Woyzeck« wurde von Georg
Büchner als Fragment hinterlassen und erschien erst
nach seinem Tode in einer überarbeiteten Fassung
im Jahre 1879. Das Stück handelt von dem Soldaten
Franz Woyzeck, der zum Mörder wird, nachdem
seine Vorgesetzten ihn ausnutzen und die Freundin
ihn betrügt.
INHALTSANGABE
Der Soldat Friedrich Johann Franz Woyzeck ist 30 Jahre alt, als er Marie
Zickwolf, seine Geliebte und Mutter des gemeinsamen unehelichen Sohnes
Christian, mit einem Messer ersticht. Zu der Tat treibt ihn seine Eifersucht auf
den Tambourmajor, mit dem Marie ihn betrogen hat und von dem sie Schmuck
geschenkt bekommen hat. Sie ist dessen Charme und Geld erlegen; zwei Dinge,
die Woyzeck nicht hat. Seinen spärlichen Sold bessert er auf, indem er seinen
Hauptmann rasiert und dem Doktor für Experimente zu Verfügung steht.
Aktuell ernährt er sich nur von Erbsen, was ihm jedoch nicht bekommt, da z.B.
sein Haar schon dünner geworden ist.

Außerdem leidet er unter Verfolgungswahn und meint häufig, Stimmen


zu hören. Diese fordern ihn auch auf, Marie zu töten, nachdem ihre Untreue für
ihn offensichtlich geworden ist. Woyzeck hört auf die Stimmen und besorgt sich
ein Messer, womit er Marie schließlich vor der Stadt ersticht. Bevor er entdeckt
wird, flieht er vom Tatort und geht ins Wirtshaus. Dort fällt auf, dass er Blut am
Arm hat, was er nicht überzeugend erklären kann.

Maries Tod hat in der Zwischenzeit die Runde gemacht und Woyzeck
fällt ein, dass er das Messer am Tatort gelassen hat. Deshalb eilt er zurück und
wirft es in einen Teich. Das Drama endet damit, dass Woyzeck bei seinem Sohn
Christian und dem Idioten Karl ist, der Junge aber nicht zu seinem Vater auf
den Arm möchte, was Woyzeck tief trifft.
CHARAKTERISIERUNG

1. WOYZECK

Woyzeck, der mit vollem Namen Friedrich Johann Franz Woyzeck heißt,
ist dreißigeinhalb Jahre alt und seit zwei Jahren mit Marie Zickwolf liiert, mit
der einen etwa einjährigen Sohn namens Christian hat. Da sein spärlicher Sold
nicht ausreicht, um seine Familie zu ernähren, hat er noch zwei weitere Jobs.

Er rasiert seinen Hauptmann und nimmt an Experimenten des Doktors


teil. Bei dem aktuellen Versuch darf Woyzeck nur Erbsen essen. Diese
Mangelernährung hat bereits Auswirkungen auf seinen Körper, denn sein Haar
ist dünner geworden, sein Puls ist unregelmäßig und er kann den Urin nicht
mehr gut einhalten. Aber auch psychische Konsequenzen sind die Folge, da
seine schlechte psychische Verfassung weiter negativ beeinflusst wird.

 Charakterisierung Woyzeck

Woyzeck leidet nämlich an einer Psychose, d.h. sein seelisches


Gleichgewicht ist gestört. Dies sieht man beispielsweise direkt in der ersten
Szene, als er eine Wahnvorstellung hat. Er meint, dass er sich auf einem
Richtplatz befindet und selbst bald sterben muss. Diese Vorahnung wird sich
außerhalb des Dramas bestätigen, da er für den späteren Mord an Marie
hingerichtet werden wird. Auf diese Tat stand damals nämlich die Todesstrafe
und er wurde am Ende des Stücks eindeutig überführt.

Als Ursache für seine Psychose kommt Verschiedenes in Betracht, zum


einen die oben bereits erwähnte Mangelernährung, die seinen Körper unter
Stress setzt, dann, dass er sich so abrackern muss, um genug Geld für seine
Familie zu haben und auch dass er unter anderem vom Hauptmann wegen
seines unmoralischen Lebenswandels unter Druck gesetzt wird. Ein weiterer
Faktor ist, dass der Doktor ihn lediglich als Versuchstier und interessanten Irren
sieht, den er gerne genauer unter die Lupe nimmt. Dies setzt ihm überdies zu.

Woyzeck geht es dennoch bis dahin zwar psychisch nicht wirklich gut,
aber er ist einigermaßen stabil. Den Boden unter den Füßen verliert er erst, als
er von dem Verhältnis zwischen Marie und dem Tambourmajor erfährt und sich
selbst davon überzeugen kann, dass an dem Gerede etwas dran ist. Daraufhin
hat er den nächsten Wahnsinnsanfall und meint, von Stimmen dazu aufgefordert
zu werden, Marie zu töten.

Ab da ist er wie in einem Tunnel, an dessen Ende Maries Tod steht. Er


handelt jetzt nicht mehr fremdbestimmt und funktioniert einfach, sondern
vollzieht einen regelrechten Befreiungsschlag aus allen Zwängen. Die Folge ist
allerdings dramatisch, er verliert seine über alles geliebte Marie und auch sein
Kind, das sich am Ende von ihm abwendet. Er hat sich also schlussendlich
selbst zerstört und er ist allein wie das Kind aus dem Märchen der Großmutter.
(vgl. Szene 18)

2. ANDRES
Andres ist Soldat wie Woyzeck und teilt sich mit diesem in der Kaserne
nicht nur ein Zimmer, sondern sie müssen (wohl aus Platz- und Geldmangel)
auch im selben Bett schlafen. Während Woyzeck psychisch labil ist, stellt
Andres einen Ruhepol dar. Er ist pünktlich und versieht seinen Dienst
vorschriftsmäßig.

Außerdem hat er Angst vor Strafe, daher beugt er sich vermutlich immer
den Regeln, die für die Soldaten gelten. So möchte er z.B. in der ersten Szene
nicht zu spät zurück in die Kaserne kommen, was durch eine Bestrafung
geahndet würde. Seine Rationalität im Gegensatz zu Woyzecks geistiger
Verwirrung zeigt sich ebenfalls an dieser Stelle, da er gar nicht auf Woyzecks
seltsames Verhalten eingeht, sondern seinen Freund mit dem Hinweis auf den
Zapfenstreich aus seinen Wahnvorstellungen reißt. Jedoch erkennt er Woyzecks
wahres Problem nicht, sondern denkt immer an äußere Ursachen. Daher rät er
ihm auch, Schnaps und fiebersenkendes Pulver zu trinken. Andres ist nicht
ignorant, aber eine Psychose übersteigt einfach seine Vorstellungskraft.

Er ist ein einfacher Mensch, der gerne singt und lacht. Dass er
abgestumpft ist und die Freundschaft von seiner Seite auch nicht sehr tief geht,
zeigt seine Reaktion, als Woyzeck ihm seinen gesamten Besitz vermacht. Er ist
zwar etwas befremdet und meint, sein Freund sei krank, aber fragt nicht weiter
nach, weshalb Woyzeck das tut. Er geht wieder von einem Fieberwahn aus. Es
stellt sich die Frage, ob er die Mordtat hätte verhindern können, wenn er
Woyzeck mehr beigestanden und ernster genommen hätte.
3. DOKTOR
Der Doktor ist Wissenschaftler und Forscher aus tiefstem Herzen. Daher
ist es ihm auch so wichtig, dass sich Woyzeck, der ihm als Versuchsobjekt
dient, genau an seine Anweisungen hält. Er reagiert sehr ungehalten, als
Woyzeck einmal dagegen verstößt und gegen die Wand uriniert, anstatt seinen
Urin einzuhalten und bei ihm abzugeben. Er untersucht diesen nämlich
regelmäßig, um herauszufinden, wie er sich im Verlauf des Versuchs verändert.
In der aktuellen Studie darf Woyzeck ausschließlich Erbsen essen.

Die Auswirkungen davon sind, dass die Haare dünner werden, der Puls
unruhig wird und er Urin nicht mehr gut einhalten kann. Diese negativen Folgen
für seinen Probanden interessieren den Doktor aber nicht, da es ihm nicht um
den Menschen geht sondern um seine Forschung, mit der er die Wissenschaft
revolutionieren will, und das damit verbundene Ansehen.

Seine Skrupellosigkeit wird auch daran deutlich, dass er Woyzecks geistige


Verwirrung als Anlass nimmt, ihm eine weitere Zulage zu versprechen, anstatt
ihm zu helfen. Er nutzt damit Woyzecks schlechte finanzielle Situation aus, da
er dessen Familiensituation kennt und weiß, dass Woyzeck als einfacher Soldat
nur einen geringen Sold erhält und dieser nicht ausreicht, um seiner Familie das
Auskommen zu sichern.

 Charakterisierung Doktor

Außerdem bereitet es ihm Freude, seine Überlegenheit zu zeigen, da er seine


Versuchsperson häufig schikaniert und als Objekt betrachtet. Für ihn kommt
Woyzeck noch nach einem Tier, weil er sich darüber ärgert, dass er sich über
ihn – einen Menschen – geärgert hat. Das passt nicht in sein Selbstbild. Er sieht
sich nämlich als kaltblütigen Wissenschaftler, den nichts aus der Ruhe bringt.

Zudem ist er zynisch, was auch in dem Gespräch mit dem Hauptmann
deutlich wird. Hier liefert er sich mit diesem einen Disput, in dem er sich über
den Hauptmann lustig macht. Er stellt diverse Anzeichen für Krankheiten fest
(z.B. aufgedunsen, fett, dicker Hals) und leitet daraus ab, welche Folgen das hat.
Dabei stellt er aber das Schlimmste in Aussicht (dahinvegetieren, geistig
gelähmt sein) und betont, dass dies die harmloseste Variante sei. Er droht
zudem damit, dass der Hauptmann das nächste Studienobjekt wird, aber er
verspricht ihm zynisch unsterblichen Ruhm, da sein Fall dann besonders
interessant sei.

Damit würdigt er auch den Hauptmann herab, da er auch ihn so nicht als
Person sondern lediglich als interessantes Objekt wahrnimmt und darstellt.
Auch hier bietet er keine ärztliche Hilfe oder Beratung an, sondern spottet und
denkt nur an seine Studien. Dieses generelle Verhalten zeigt, dass er kein
Einfühlungsvermögen besitzt, wie man es eigentlich von einem Arzt erwartet.
Auch der unsterbliche Ruhm, den er dem Hauptmann spöttisch prophezeit, zeigt
seine Ich-Bezogenheit, da er ihm als Wissenschaftler gelten würde und weniger
dem Hauptmann als entmenschlichtem Fall.

4. HAUPTMANN
Der Hauptmann ist ein gemütlicher Mann, der gerne am Fenster sitzt und
den vorbeigehenden Frauen hinterherschaut. Dabei belässt er es laut eigener
Aussage beim reinen Gucken, da ihm seine Moral verbiete, weiter zu gehen.
Seine Wertvorstellungen sind insgesamt sehr konservativ, da sie sich auf
Tugend, Moral und die Kirche stützen.

Er mag keine Eile, weshalb er Woyzeck mehrfach ermahnt, sich nicht zu


hetzen. Das schlechte Gewissen, worauf sich zu hetzen hindeute, unterstellt er
Woyzeck aufgrund seines unehelichen Kindes. Er isst aber wohl gerne und viel,
da er aufgedunsen und sehr dick ist. Dies kann bald zu einem Schlaganfall
führen, wie ihm der Doktor prophezeit.

Woyzeck behandelt er äußerst herablassend, um selbst besser dazustehen.


So bezeichnet er seinen Untergebenen als „abscheulich dumm“ (Szene 5), um
seine eigene Klugheit herauszustreichen, was er anders scheinbar nicht kann.
Auch im Krieg hat er keinen Ruhm erringen können, was unter anderem an
seiner Feigheit liegt (vgl. Ende von Szene 9). Dies erklärt auch, weshalb er nicht
über den Rang eines Hauptmannes hinausgekommen ist. Andererseits ist er aber
auch skrupellos und grausam, da er Woyzecks Verdacht, dass Marie ihn betrügt,
nährt. Er stichelt mehrfach in diese Richtung, vor allem als er merkt, dass seine
Kommentare bei Woyzeck auf fruchtbaren Boden fallen (vgl. Szene 9). Damit
sorgt er dafür, dass dessen seelisches Gleichgewicht vollends zerstört wird.

5. MARIE
Marie Zickwolf ist eine junge Frau, die mit dem Soldaten Woyzeck seit
zwei Jahren ein Liebespaar ist und zusammen mit ihm einen etwa einjährigen
Sohn namens Christian hat. Sie ist arm, deshalb unterstützt Woyzeck sie und
das Kind finanziell. Ob sie arbeiten geht, um auch etwas zum
Lebensunterhalt beizutragen, bleibt offen. Sie sehnt sich jedoch danach, mehr
Geld zu haben.

Marie ist mit ihren schwarzen Haaren und Augen eine schöne und
begehrenswerte Frau, was neben dem Tambourmajor auch dem Unteroffizier
auffällt. Sie fühlt sich geschmeichelt, dass sich so ein schöner und toller
Mann wie der Tambourmajor für sie interessiert. Deshalb gibt sie seinem
Werben nach und lässt sich auf ihn ein.

Sie lässt sich goldene Ohrringe von ihm schenken, obwohl ihr klar sein
müsste, dass diese ihre Affäre verraten, da weder sie noch Woyzeck sich so
etwas leisten können. Andererseits erinnern sie sie aber auch immer an den
Betrug und daran, dass sie sich für die Idee von einem besseren Leben
verkauft hat. Sie wünscht sich nämlich zur gehobenen Gesellschaft zu
gehören und einen stattlichen Mann an ihrer Seite zu haben. Das ist all das,
was Woyzeck ihr nicht bieten kann.

 Charakterisierung Marie

Hinterher plagt sie zwar ihr schlechtes Gewissen gegenüber Woyzeck und
sie sucht nach Vergebung durch Gott. Sie blättert in der Bibel und liest von
der Ehebrecherin und von der Sünderin, die Jesus die Füße wäscht und denen
Jesus ihre Sünden vergibt. Marie erkennt, dass sie ihre Sünde (den Betrug) in
Zukunft nicht lassen kann, wünscht sich aber zumindest beten zu können.

Dies zeigt, dass sie sich ihrer falschen Handlung bewusst ist und sich
eigentlich Vergebung wünscht. Umgekehrt weiß sie aber, dass ihr diese
versagt bleibt, weil sie ihr Verhalten nicht ändern kann. Diese innere
Diskrepanz wird auch an ihrem biblischen Namen deutlich. Dieser leitet sich
sowohl von der Jungfrau Maria, welche für Reinheit und Unschuld steht, als
auch von der Sünderin Maria Magdalena ab.

Marie ist hin und hergerissen zwischen ihrer Verpflichtung gegenüber


Woyzeck und ihrer Eitelkeit, die durch den Tambourmajor genährt wird.
Dabei durchschaut sie nicht, dass der Tambourmajor ein Blender ist und sie
vermutlich für die nächste schöne Frau verlassen würde. An Woyzeck
dagegen schätzt sie, dass er sich mit mehreren Jobs für seine Familie
aufopfert und sie ist ihm dankbar für ihr Kind. Sie liebt Christian innig und
kümmert sich sehr liebevoll um ihn.

In Bezug auf Woyzecks Zustand sieht sie zwar, dass er immer wieder
verwirrt ist, was ihr zum Teil Angst einflößt, aber auch sie kümmert sich –
ähnlich wie Andres – nicht so intensiv um ihn. Sie fragt nicht weiter nach, als
er ihr zu Beginn des Stücks von seinen Visionen berichtet und sie rät ihm
auch nicht dazu, die Experimente beim Doktor einzustellen. Sie ist also,
obwohl sie Woyzeck liebt, zu sehr mit sich und ihrer Untreue beschäftigt, um
Woyzecks wahren Zustand und seine Gefühle zu erkennen.

6. TAMBOURMAJOR
Der Tambourmajor ist ein attraktiver, großer und starker Mann. Er ist sich
seiner Wirkung auf Frauen bewusst und zeigt sich äußerst selbstverliebt. Er
schwärmt beispielsweise davon, wie gut ihm die Paradeuniform steht.

Ihm ist es auch wichtig, schöne Frauen zu erobern, das gibt ihm
Selbstbestätigung. Deshalb interessiert er sich auch für Marie. Sie gefällt ihm
mit ihren schwarzen Augen und schwarzen Haaren. Dass sie vergeben ist und
ein Kind hat, interessiert ihn nicht weiter. Er hat also keine moralischen
Hemmungen.

 Tambourmajor Charakterisierung

Er beeindruckt Frauen gerne und macht ihnen teure Geschenke, die er


sich aber wohl leisten kann. Marie erhält von ihm z.B. goldene Ohrringe, die
sich weder Woyzeck noch sie selbst kaufen könnte. Mit solchen Geschenken
sichert er sich die Gunst von Frauen. Außerdem geht er gerne Vergnügungen
nach. Sonntags ist er beim Tanz im Wirtshaus zu finden und auch auf Kirmes
hat er Spaß.

Er stellt gerne seine Stärke unter Beweis, daher prügelt er sich auch mit
Woyzeck und zeigt sich hinterher nicht als fairer Gewinner, sondern macht sich
über seinen unterlegenen Kontrahenten lustig.
Insgesamt ist der Tambourmajor also eine sehr oberflächliche Gestalt ohne
wirklichen Tiefgang. Er ist ein angeberischer Kraftprotz, der Männlichkeit und
Potenz ausstrahlt. Man könnte sagen mehr Schein als Sein und das totale
Gegenteil zu Woyzeck.
PERSONENKONSTELATION + EINFACHE
CHARAKTERISIERUNG
Friedrich Johann Franz Woyzeck:

 ca. 30 Jahre
 wird ausgenutzt, betrogen und hintergangen
 der erste Plebejer mit proletarischen Zügen, der die deutsche Bühne
betritt

Marie Zickwolf:

 erotisch-sinnlich
 triebbestimmt
 Liebe wird käuflich
 schuldbewusst

Tambourmajor:

 äußerlich
 oberflächlich
 kein soziales Gefühl
 triebhaft bestimmt

Hauptmann:

 beruft sich auf seinen Stand und die Dienststellung


 dümmlich
 selbstgerecht

Doktor:

 pseudowissenschaftlich interessiert
 menschenverachtend
 fast eine Karikatur
Andres:

 Soldat
 Partner und rationales Gegenbild von Woyzeck
 lebt nach dem Befehl

ANALYSE
In Büchners Drama „Woyzeck“ ermordet der gleichnamige Protagonist nach
etwa zwei Jahren Beziehung seine Geliebte, mit der er ein gemeinsames Kind
hat, weil sie ihn mit dem Tambourmajor betrogen hat. Dass Woyzeck so weit
geht, sie zu ermorden, hat mehrere Gründe. Woyzeck leidet unter einer
Psychose, d.h. dass sein seelisches Gleichgewicht gestört ist. Außerdem ist er
ein Opfer der gesellschaftlichen Umstände, da er als Angehöriger der
Unterschicht von der Oberschicht ausgebeutet wird.

Woyzecks Psychose ist durch Stress ausgelöst, wovon er reichlich hat. Er


nimmt mehrere Nebenjobs an, um seiner Familie den Lebensunterhalt zu
sichern, da sein schmaler Soldatensold dafür nicht ausreicht. So rasiert er
regelmäßig seinen Hauptmann und nimmt an Experimenten des Doktors teil.
Aktuell isst er ausschließlich Erbsen; diese Mangelernährung bedeutet
zusätzlichen Stress. Die Auswirkungen davon sind, dass er
Krankheitssymptome aufweist. Sein Puls ist schneller, sein Haar wird dünner
und er kann den Urin nicht mehr so gut einhalten.

Analyse / Interpretation Woyzeck

Außerdem stellt ihn der Doktor auf eine Stufe mit einem Labortier, was
zusätzlich sein Selbstwertgefühl mindert. Auch sein Hauptmann setzt ihn
herab und kritisiert seinen unmoralischen Lebenswandel, da er ein
uneheliches Kind hat. Außerdem gibt er ihm den entscheidenden Hinweis in
Bezug auf Maries Untreue, um Woyzeck noch stärker zu demütigen. Eine
weitere Schmach bringt ihm der Tambourmajor bei, da er ihn beim
Ringkampf besiegt und ihm Marie wegnimmt. Woyzeck wird demnach auch
durch die Gesellschaft zu seiner Tat getrieben, denn die Repräsentanten der
Oberschicht (Hauptmann, Doktor und Tambourmajor) behandeln ihn als
unwürdig, was bis zur Entmenschlichung reicht.
Das einzige, das ihm im Leben noch Halt gibt, ist seine Freundin Marie, die
er von Herzen liebt. Als er von ihrer Untreue erfährt, wirft ihn das völlig aus
der Bahn. Er erleidet Wahnsinnsanfälle und meint Stimmen zu hören, die ihn
auffordern Marie zu töten. Die Konsequenz, dass er dann das Liebste auf der
Welt verliert, ist ihm nicht in vollem Maße klar bzw. er denkt nicht an das
danach. Denn auch sein Sohn Christian wird dann (vermutlich) zur Waise,
weil sein Vater Woyzeck am Ende des Dramas seiner Tat überführt ist und
deshalb sehr wahrscheinlich hingerichtet wird. Auf Mord stand nämlich
damals die Todesstrafe.

Büchner stellt in seinem Drama die Gesellschaft dar, wie sie ist. Dass er als
Hauptfigur einen einfachen Soldaten aus der Unterschicht wählt, kommt
nicht von ungefähr. Seiner Auffassung nach, geht es darum, die Welt
realistisch zu zeigen und nicht ein Idealbild zu schaffen. Man muss sich in
das Leben des Geringsten hineinversetzen, denn nur so kann man, laut
Büchner, die menschliche Natur verstehen. Diese Auffassung ist für die
damalige Zeit radikal neu.

Woyzeck Analyse

Von zentraler Bedeutung ist auch die Frage der Zurechnungsfähigkeit und
damit der Schuldfähigkeit Woyzecks. Zu Büchners Zeit kam nämlich genau
diese Frage in der Justiz auf. Die meisten argumentierten jedoch, dass die
Seele unabhängig vom Körper sei und der Körper vielmehr dem Geist
untergeordnet. In dieser Tradition steht auch der Doktor, der Woyzeck
zurechtweist, weil dieser an die Wand uriniert hat, statt seinen Harndrang zu
kontrollieren, da dieser nach seiner Auffassung dem Willen des Menschen
unterworfen ist. Andererseits versucht er aber in seinem Experiment an
Woyzeck nachzuweisen, dass eine bestimmte Nahrung zur Geisteskrankheit
führen kann.

Die zweite Strömung im 19. Jahrhundert, der auch Büchner folgt, geht in die
gleiche Richtung wie das Experiment. Hier wird argumentiert, dass die
äußeren Umstände Einfluss auf die psychische Disposition des Einzelnen
haben. Das bedeutet in Bezug auf das Drama, dass unter gleichen Umständen
jeder zum Mörder werden kann. Die Lebensbedingungen bestimmt also die
Gesellschaft außenherum und nicht die Person selbst. Dies sieht man deutlich
an Woyzeck; er ist sozusagen an der Gesellschaft erkrankt.
INHALT SZENEN
Szene 1 – Freies Feld

Die Soldaten Franz Woyzeck und Andres sind außerhalb der Stadt und
schneiden Stöcke in einem Gebüsch ab, wobei der Grund unklar bleibt (evtl.
Einsatz bei Prügelstrafen). Dabei ist Woyzeck voller Furcht, da er meint, sich
auf einer Richtstätte zu befinden. Er fürchtet, Köpfe von Enthaupteten zu
finden, die ihm dann den Tod bringen. Verantwortlich macht er dafür die
Freimaurer. Als er zuletzt meint, dass der Himmel brennt und man Posaunen
hören kann, reißt er Andres zu Boden. Dann klingen seine Halluzinationen ab
und die Welt erscheint ihm still und tot. Andres vernimmt das Getrommel
von Soldaten zum Zapfenstreich und drängt Woyzeck zum Aufbruch, um
rechtzeitig in der Kaserne zu sein.

Szene 2 – Marie (mit ihrem Kind am Fenster), Margreth

Marie Zickwolf, die Geliebte Woyzecks und Mutter ihres gemeinsamen


unehelichen Kindes, steht mit ihrem Sohn Christian auf dem Arm am Fenster
und sieht den vorübergehenden Soldaten zu. Vorneweg geht der
Tambourmajor, den sowohl Marie als auch ihre Nachbarin Margreth attraktiv
finden. Die beiden Frauen streiten, weil Margreth Marie vorwirft, mit dem
Tambourmajor geflirtet zu haben und verweist auf Maries lockeren
Lebenswandel, da sie ein uneheliches Kind hat. Marie schlägt daraufhin das
Fenster zu und singt für ihren Sohn, um sich zu beruhigen. Da klopft
Woyzeck ans Fenster und erzählt Marie andeutungsweise von seinen vorigen
Wahnvorstellungen. Er kann aber nicht bleiben, da er zum Zählappell in die
Kaserne muss. Marie gefällt es nicht, dass Woyzeck seinen Sohn nicht
beachtet hat und ihr macht seine Verwirrung Angst.

Szene 3 – Buden. Lichter. Volk

Woyzeck und Marie besuchen (vermutlich noch am selben Abend) einen


Jahrmarkt. Dort preist ein Ausrufer seine Show an, in der ein Pferd angeblich
die Sterne lesen kann, Vögel die Zukunft vorhersagen und ein Affe als Soldat
verkleidet ist. Marie möchte sich das zusammen mit Woyzeck ansehen und
sie gehen ins Innere der Bude. Dabei fällt Maries Schönheit dem
Tambourmajor und dem Unteroffizier auf. Sie loben ihre schwarzen Haare
und Augen und folgen ihr in die Bude. Während der Show fragt der Ausrufer
nach einer Uhr, damit das Pferd die Uhrzeit nennen kann. Der Tambourmajor
gibt ihm seine und Marie möchte das Spektakel von weiter vorne sehen.
Deshalb lässt sie sich vom Tambourmajor in die erste Reihe helfen.

Woyzeck Inhalt Szenen 4-7

In diesem Abschnitt sehen wir uns den Inhalt der Szenen 4-7 an.

Szene 4 – Marie sitzt, ihr Kind auf dem Schoß, ein Stückchen Spiegel in
der Hand

Marie hat ihr Kind auf dem Schoß und trägt Ohrringe, die sie offenbar vom
Tambourmajor bekommen hat. Während sie sich in einer Spiegelscherbe
betrachtet, sinniert sie über die ungleichen menschlichen Verhältnisse und
bemüht sich, ihren Sohn mit einer Mischung aus Drohungen und Liedern
zum Schlafen zu bewegen. Als Woyzeck plötzlich hinter ihr steht, versucht
sie, die Ohrringe zu verstecken. Als ihr dies nicht gelingt, behauptet sie, dass
sie sie gefunden hat. Woyzeck glaubt ihr erst nicht, weil ihm zwei gleiche
verlorene Ohrringe als zu großer Zufall erscheinen, lenkt dann aber ein und
betrachtet sein schlafendes Kind. Er lässt noch Geld da und geht. Marie
bleibt mit einem schlechten Gewissen zurück.

Szene 5 – Der Hauptmann. Woyzeck

Woyzeck rasiert den Hauptmann, der sich als Philosoph aufspielt und sich
über Woyzeck lustig macht. So ermahnt er ihn, sich nicht so zu hetzen, da
dies auf ein schlechtes Gewissen hindeute und hält ihm vor, dass er ein
uneheliches Kind hat. Woyzeck, der vorher nie widersprochen hat, weist nun
auf Gott hin, der sich allen Kindern zuwendet. Außerdem erklärt er, dass er
es sich gar nicht leisten kann, tugendhaft zu sein, da ihm das Geld zum
Heiraten fehlt. Der Hauptmann bezeichnet ihn daraufhin als guten Menschen
und schickt ihn fort. Dabei ermahnt er ihn erneut, sich nicht zu hetzten,
sondern schön langsam zu laufen.

Szene 6 – Straße oder Gasse. Marie. Tambourmajor

Marie und der Tambourmajor treffen sich in einer Gasse, wobei unklar bleibt,
ob sie sich verabredet haben oder sich zufällig begegnen. Nachdem sie sich
gegenseitig gesagt haben, wie attraktiv sie sich finden, will der
Tambourmajor Marie in den Arm nehmen, um sich ihren körperlichen Reizen
noch eingehender zu widmen. Marie stößt ihn aber von sich und möchte dann
wieder berührt werden. Ihr Verhalten erinnert an einen Balztanz.

Szene 7 – Straße oder Gasse. Marie. Woyzeck

Woyzeck macht Marie eine Eifersuchtsszene auf der Straße, indem er sagt,
den Tambourmajor bei Marie gesehen zu haben. Er meint, dass man ihr die
Sünde auf dem Gesicht ablesen können müsste. Marie weicht erst seinen
Vorwürfen aus und erklärt ihn für verrückt. Am Ende der Szene sagt sie dann
aber, es sei belanglos, ob sie eine Affäre habe oder ob nicht.

Woyzeck Szenen 8-12

In diesem Abschnitt sehen wir uns den Inhalt der Szenen 8-12 an.

Szene 8 – Woyzeck. Der Doktor

Der Doktor, an dessen Ernährungsexperiment – nur Erbsen zu essen –


Woyzeck als Versuchsperson teilnimmt, ist empört darüber, dass Woyzeck
wie ein Hund an die Wand uriniert hat, anstatt seinen Urin einzuhalten, um
ihn zu weiteren Untersuchungszwecken bei ihm abzuliefern. Er fährt
Woyzeck regelrecht an, obwohl er betont, ein wissenschaftlicher und kühl
denkender Mensch zu sein. Als Woyzeck beginnt, seine etwas wirren
Ansichten zur Natur des Menschen und der Welt darzulegen, doziert der
Doktor ihm erfreut eine zeitweilige geistige Verwirrung und verspricht ihm
daher eine Zulage. Er erwartet von Woyzeck, dass er weiterhin als willige
Versuchsperson zur Verfügung steht.

Szene 9 – Straße oder Gasse. Hauptmann. Doktor

Der Hauptmann und der Doktor gehen gemeinsam auf der Straße und legen
sich gegenseitig ihre Weltsicht dar. Der Hauptmann stört sich am schnellen
Gang des Doktors, was auf ein schlechtes Gewissen hindeute (vgl. Szene 5).
Der Doktor wiederum diagnostiziert beim Hauptmann eine baldige Lähmung,
verursacht durch einen Schlaganfall, und verspricht ihm, ein so interessantes
Studienobjekt zu werden, dass die Experimente ihm als Versuchsperson
unsterblichen Ruhm bringen würden. Dann machen sich beide noch ein
wenig gegenseitig übereinander lustig, bis der Hauptmann Woyzeck
entdeckt. Er deutet diesem gegenüber Maries Untreue an, worauf Woyzeck
ihn bittet, doch keinen Spaß mit ihm zu treiben, da er doch ein armer Kerl
sei, der sonst nichts auf der Welt habe. Der Doktor analysiert erfreut den
erregten Gemütszustand Woyzecks und erinnert ihn nochmals an die Zulage,
während er dem förmlich flüchtenden Woyzeck hinterhereilt. Der
Hauptmann sinniert am Ende der Szene darüber, wie die beiden
Davoneilenden wirken und dass Rennen kein Merkmal eines guten
Menschen sei (vgl. Szene 5). Er betont, dass er selbst nur in den Krieg
gezogen sei, um seine Liebe zum Leben zu festigen. Zuletzt wundert er sich
selbst über seine komischen Gedanken.

Szene 10 – Die Wachstube

Woyzeck und Andres haben an einem sonnigen, schönen Sonntag


Wachdienst. In zwei Lokalen vor der Stadt ist Tanz und Musik, was
scheinbar bis zu den beiden zu hören ist. Andres ist gut gelaunt und singt,
aber Woyzeck hat keine Ruhe und will hinaus.

Szene 11 – Wirtshaus

In einem Wirtshaus wird bei offenen Fenstern gesungen und getanzt. Zwei
angetrunkene Handwerksburschen sind vor dem Lokal und sinnieren über
Branntwein und ihr weniges Geld. Als Woyzeck zum Fenster hineinschaut,
sieht er Marie mit dem Tambourmajor vorbeitanzen. Diese Unzucht am
hellen Tag macht ihn fassungslos. Währenddessen predigt einer der
Handwerksburschen ironisch darüber, wie planvoll Gott jedem Menschen
seine Bestimmung zugedacht hat und wie vergänglich alles Irdische ist.

Szene 12 – Freies Feld. Woyzeck

Woyzeck ist im freien Feld und meint immer noch die Musik und Marie zu
hören. Dann glaubt er, der Boden und der Wind fordern ihn auf, Marie zu
erstechen.

Woyzeck Zusammenfassung Szenen 13-20

In diesem Abschnitt sehen wir uns den Inhalt der Szenen 13-20 an.

Szene 13 – Nacht. Woyzeck und Andres in einem Bett

Andres und Woyzeck schlafen zusammen im selben Bett. Während Andres


tief schläft, wird Woyzeck von der nachmittäglichen Musik und Stimmen aus
der Wand verfolgt. Deshalb weckt er Andres, der Woyzeck abwimmelt und
weiterschlafen will. Woyzeck beschreibt ihm sein Leiden als ein Ziehen
zwischen den Augen. Dies hält Andres für Fieber und rät Woyzeck es mit
Schnaps und einem fiebersenkenden Pulver zu bekämpfen.
Szene 14 – Wirtshaus. Tambourmajor. Woyzeck. Leute

In einem Wirtshaus brüstet sich der Tambourmajor damit, dass er ein toller
und starker Mann sei. Er will Woyzeck auf rüde Art zum Trinken animieren.
Als dieser jedoch nicht darauf eingeht, fängt er eine Schlägerei mit ihm an
und gewinnt. Woyzeck sitzt zitternd und blutend auf einer Bank und will
„eins nach dem anderen“ erledigen.

Szene 15 – Woyzeck. Der Jude

Woyzeck kauft einem Juden für zwei Groschen ein Messer ab, da ihm die
Pistole zu teuer ist.

Szene 16 – Marie. Das Kind. Der Narr

Marie blättert in der Bibel und liest Textstellen, die mit Ehebruch zu tun
haben. Sie bereut ihre Untreue zwar, kann aber das Verhältnis zum
Tambourmajor nicht beenden. Als sie ihr Kind sieht, gibt ihr das einen Stich
ins Herz. Ein nicht näher eingeführter Narr ist bei Marie und gibt
verschiedene Märchenfetzen von sich. Dann nimmt er das Kind in den Arm
und ist still. Marie bedauert, dass Woyzeck weder gestern noch heute zu ihr
gekommen ist. Das gibt ihr das Gefühl eines inneren Todes. Am Schluss der
Szene bedauert sie erneut ihre Untreue.

Szene 17 – Kaserne. Andres. Woyzeck

Woyzeck schenkt in der Kaserne Andres seinen wenigen Besitz: Jacke,


Kreuz, Ring, Heiligenbild, zwei Herzen und Gold (es bleibt unklar, ob die
Herzen und das Gold auf dem Heiligenbild drauf sind oder separaten Besitz
darstellen). Andres nimmt alles befremdet entgegen und redet Woyzeck zu,
sich krank zu melden und rät ihm erneut, Schnaps mit fiebersenkendem
Pulver zu trinken. Woyzeck geht darauf nicht ein, sondern erklärt, dass man
nie wissen kann, wann man stirbt.

Szene 18 – Marie mit Mädchen vor der Haustür

Marie ist mit einigen Mädchen vor der Haustür, welche singen und dann von
Marie wollen, dass sie für sie singt. Sie tut es und bittet dann eine
Großmutter (man weiß nicht wessen) darum zu erzählen. Diese erzählt
daraufhin ein Märchen von einem Waisenkind, das durch die Welt geht und
niemanden findet, der lebt. Daraufhin geht es erst zum Mond, dann zur Sonne
und zum Schluss zu den Sternen. Es findet aber immer nur Totes. Als es
zurück zur Erde will, stellt es fest, dass auch das nicht geht, weil die Erde nur
ein umgestürzter (Nacht-)Topf ist, weshalb es sich hinsetzt, weint und bis
heute ganz allein ist. Als die Großmutter endet, kommt Woyzeck und fordert
Marie auf, mit ihm zu gehen, weil es Zeit sei. Wohin er mit ihr gehen will,
weiß er aber noch nicht.

Szene 19 – Marie und Woyzeck

Marie und Woyzeck sind vor der Stadt. Weil es bereits dunkel ist und
langsam kalt wird, will Marie zurück. Woyzeck lässt sie aber nicht und
erinnert sie daran, dass sie an Pfingsten zwei Jahre zusammen sind. Marie
scheint das unangenehm zu sein, denn sie spricht nur davon, dass sie
zurückgehen will. Sie friert, was Woyzeck dazu veranlasst, zu sagen, dass sie
aber doch warm sei. Ihr „Hurenatem“ stößt ihn ab und erregt ihn gleichzeitig,
denn er würde sie gerne noch einmal küssen. Als er seine Mordabsicht
andeutet, schreit Marie um Hilfe. Daraufhin sticht Woyzeck mehrfach mit
dem Messer zu, bis sie tot ist. Als er Leute kommen hört, läuft er schnell
davon.

Szene 20 – Es kommen Leute

Zwei Leute hören den Mord. Während die eine Person nicht wahrhaben will,
was sie hört, bringt die andere Person die erste dazu, zum Tatort zu gehen,
um zu sehen, was passiert ist.

Woyzeck Zusammenfassung Szenen 21-26

In diesem Abschnitt sehen wir uns den Inhalt der Szenen 21-26 an.

Szene 21 – Das Wirtshaus

Woyzeck ist im Wirtshaus und tanzt mit Käthe, die vermutlich die Magd des
Wirts ist. Als ihm zu warm wird, setzen sie sich zusammen hin und Woyzeck
deutet seine Mordtat an, was Käthe aber nicht verstehen kann. Dann will er,
dass Käthe singt. Sie tut es und entdeckt, dass er an der Hand und dem
Ellenbogen blutig ist. Dies zieht die Aufmerksamkeit mehrerer Leute auf die
beiden. Woyzeck verstrickt sich bei seinen Erklärungen in Widersprüche und
der Narr zitiert aus einem Märchen. Woyzeck bestreitet, jemanden getötet zu
haben und meint, es gehe niemanden etwas an. Dann verlässt er fluchtartig
das Wirtshaus.

Szene 22 – Kinder
Kinder erzählen sich von der Mordtat, die mittlerweile die Runde gemacht
hat. Um noch etwas zu sehen zu bekommen, eilen sie zum Tatort.

Szene 23 – Woyzeck, allein

Woyzeck ist an den Tatort zurückgekehrt, um das Messer zu suchen, das er


dort gelassen hat. Dabei führt er Selbstgespräche und sieht Marie daliegen. Er
meint, er habe durch den Mord ihre Sünde von ihr genommen. Als er das
Messer findet, hört er Leute und läuft schnell weg.

Szene 24 – Woyzeck an einem Teich

Woyzeck wirft das Messer in einen Teich. Als er bemerkt, dass er es nicht
weit genug hineingeworfen hat, watet er ins Wasser und wirft es weiter weg.
Danach bedauert er, es nicht zerbrochen zu haben und beginnt, sich die
Blutflecke abzuwaschen.

Szene 25 – Gerichtsdiener. Barbier. Arzt. Richter

Ein Gerichtsdiener, ein Barbier, ein Arzt und ein Richter sind zusammen (ob
am Tatort oder woanders bleibt offen) und der Polizeidiener stellt fest, dass
man schon lange keinen so schönen Mord hatte.

Szene 26 – Der Idiot. Das Kind. Woyzeck

In der Schlussszene ist Woyzeck bei seinem Sohn und dem Idioten Karl (wer
das ist, wird nicht näher erklärt). Scheinbar ist Woyzeck noch nass, da Karl
mehrfach sagt, er sei ins Wasser gefallen. Woyzeck will seinen Sohn
streicheln, der bei Karl auf dem Schoß sitzt. Dieser wendet sich jedoch ab
und schreit. Verzweifelt verspricht Woyzeck, dass er ihm Lebkuchen kauft.
Als sein Sohn aber auch das nicht will, gibt er Karl das Geld dafür und dieser
läuft jauchzend mit Christian davon.
SZENENANALYSE
Szene 1 – Freies Feld

In der ersten Szene werden die Soldaten Woyzeck und Andres eingeführt, die
gerade Stöcke schneiden. Sie reden beide mit einer leichten dialektalen
Färbung und benutzen die Umgangssprache, wie z.B. „er meint es wär ein
Igel“ (S. 9, Z. 7), „S’ist so kurios still“ (S. 9, Z. 22) oder „hörst du’s noch“
S.11, Z. 1f). Daran erkennt man ihre Zugehörigkeit zur Unterschicht.

Woyzecks verwirrter Geisteszustand wird direkt zu Beginn offenbar, da er


meint, er sei auf einem Hinrichtungsplatz. Jeden Moment fürchtet er, den
Kopf eines Enthaupteten zu finden, von dem er annimmt, dass er ihm den
baldigen Tod bringt. Als Beweis erzählt er von jemandem, dem das angeblich
passiert ist. Das kann man auch als Vorausdeutung seines eigenen Schicksals
sehen, da er für den Mord vermutlich hingerichtet werden wird, da auf diese
Tat die Todesstrafe stand. Dann meint er, dass die Freimaurer (eine
Geheimgesellschaft) daran schuld seien. Dies zeigt seine mangelnde Bildung,
denn die Freimaurer sind nicht gewalttätig, sondern streben nach einer
besseren Welt. Diese soll durch das persönliche positive und vor allem
tolerante Handeln erreicht werden. Dieser Anspruch steht im direkten
Widerspruch zu Woyzecks Halluzinationen.

Woyzecks Stubenkamerad Andres, der mit ihm im Gebüsch ist, singt


dagegen, während er Stöcke abschneidet. Dass er sich anfänglich nicht von
Woyzeck ängstigen lässt und gar nicht auf das eingeht, was dieser sagt, zeigt
sein unbefangenes und einfaches Gemüt. Woyzeck steckt ihn jedoch nach
kurzer Zeit mit seiner Furcht an, sodass er verstummt und auch horcht, als
Woyzeck plötzlich meint, dass der Himmel brennt und Posaunen zu hören
seien. Da diese in Woyzecks Wahnvorstellungen immer näherkommen, reißt
er Andres zu Boden. Hier klingen seine Halluzinationen nach kurzer Zeit ab
und Andres mahnt zum Aufbruch, da er das Trommeln der Soldaten zum
Zapfenstreich hört, was das Ende der Ausgehzeit bedeutet. Die Soldaten
müssen nun bis zum nächsten Morgen im Quartier bleiben. Missachtung oder
Zuspätkommen zieht Strafen nach sich, deshalb möchte Andres rechtzeitig
zurück in der Kaserne sein. Erstaunlich ist, dass Andres überhaupt nicht auf
das eingeht, was Woyzeck sagt oder tut. Er steht dem Gefühlsausbruch seines
Kameraden komplett gleichgültig gegenüber und zeigt keinerlei Besorgnis
oder Einfühlungsvermögen. Er versieht nur seinen Dienst.

Szene 2 – Marie (mit ihrem Kind am Fenster), Margreth

Hier wird nun Woyzecks Familie eingeführt, die aus seiner Geliebten, Marie
Zickwolf, und dem gemeinsamen einjährigen Sohn Christian besteht. Marie
gehört wie Woyzeck zur Unterschicht und ist unter ihresgleichen nicht sehr
angesehen, weil sie ein uneheliches Kind hat. Dieses steht für ihren
unmoralischen Lebenswandel, den ihr auch ihre Nachbarin Margreth
vorwirft.

Marie hat ihren Sohn auf dem Arm und steht am offenen Fenster, weil sie
Christian die Soldaten zeigen will, die auf dem Weg in die Kaserne sind. Der
Tambourmajor – als Gegenfigur zu Woyzeck – führt bei den Soldaten die
Trommler an. Als Marie ihn erblickt, ist sie von seiner Stattlichkeit
beeindruckt, da sie ihn mit einem Löwen vergleicht. Maries Nachbarin
Margreth findet den Tambourmajor nicht weniger attraktiv. Als sie sieht,
dass Marie von ihm gegrüßt wird und sich darüber freut, ist sie eifersüchtig
und bemerkt Maries glänzende Augen. Marie fühlt sich ertappt und reagiert
unwirsch. Das lässt sich Margreth wiederum nicht gefallen und stichelt
zurück, dass Marie zu viel flirtet, wohingegen sie selbst eine ehrbare Frau sei.

Sie unterstellt ihrer Nachbarin damit weitere Affären, ohne etwas Konkretes
zu wissen. Marie verletzt dies, weshalb sie das Fenster zuschlägt. Sie kann
aber Margreths Vorwürfe auch nicht zurückweisen, da es ihr uneheliches
Kind deutlich zeigt, dass sie es mit den gesellschaftlichen Moralvorstellen
nicht so genau nimmt.

Marie liebt aber ihren Sohn, da sie betont, dass er ihr Freude macht. Ihr ist
aber bewusst, dass sie sich aus Sicht der Gesellschaft schuldig gemacht hat
und auch Christian deshalb mit einem Makel behaftet ist, da sie ihn als „arm
Hurenkind“ (S. 11, Z. 3) bezeichnet. Dann singt sie ihm vor, um sich zu
beruhigen. Dabei besingt sie ihre Situation und bedauert sich selbst, weil sie
nicht weiß, wie sie ein gutes Auskommen und eine gute gesellschaftliche
Stellung erhalten soll. Marie kümmert sich zwar liebevoll um ihr Kind, aber
ihre Gedanken kreisen dabei hauptsächlich um sie selbst.
Als nächstes betritt Woyzeck die Szene. Er klopft ans Fenster, kann aber
nicht hereinkommen, weil er zum Zählappell in die Kaserne muss. Er erzählt
noch verschwommen von seinen Visionen, welche Marie nicht versteht. Sein
Geisteszustand macht ihr – genau wie Andres – Angst, da sie meint, es wäre
so dunkel, dass man gar nichts sieht. Andererseits ist sie böse auf Woyzeck,
weil er nicht nach seinem Sohn geschaut hat, sondern nur von seinen eigenen
Gedanken gefangen war.

Sie erkennt ganz richtig, dass er noch überschnappt (vgl. S. 11, Z. 31f). Das
zeigt, dass sie durchaus bemerkt, dass mit Woyzeck etwas nicht stimmt, aber
sie geht dem nicht weiter nach, da sie zu sehr mit sich und ihrer Situation als
lediger Mutter beschäftigt ist.

Szene 3 – Buden. Lichter. Volk

Diese Szene spielt auf einem Jahrmarkt (vermutlich am selben Abend, da


Woyzeck sich zuvor bis zum Abend verabschiedet hat). Marie und Woyzeck
sind zusammen hingegangen und Woyzeck hat gute Laune. Von seinen
Wahnvorstellungen merkt man gar nichts mehr. Im Gegenteil, er ist
übermütig und fragt Marie, ob er sie tragen soll. Dies zeigt seine Liebe zu ihr,
da er sie sinnbildlich auf Händen trägt. Er gibt ihr von seinem Sold so viel er
kann und versucht zudem noch die finanzielle Situation zu verbessern, indem
er Nebenjobs annimmt.

An einer Bude preist ein Ausrufer seine Show an, in der ein Pferd die Sterne
deutet, Kanaillien (Vögel) die Zukunft vorhersagen und ein Affe als Soldat
verkleidet ist. An diesen drei Tieren sähe man beispielhaft die Fortschritte
der Zivilisation, wobei ein Soldat aber die unterste Stufe des Menschseins
sei. Überträgt man das auf Woyzeck, so ist er als Soldat nicht mehr als
aufgestiegener Affe bzw. gerade so ein Mensch. Im Drama wird er auch
genauso von seinem Hauptmann behandelt und für den Doktor ist er lediglich
ein Versuchstier. Hier wird die Sicht auf ihn bereits vorweggenommen.

Woyzeck richtet sich bei dem Jahrmarktsbesuch ganz nach Maries


Wünschen, denn sie gehen ins Innere der Bude, weil sie dies möchte. Da
Marie mit ihren schwarzen Augen und Haaren sehr schön ist, fällt sie auch
dem Unteroffizier auf, der mit dem Tambourmajor ebenfalls den Jahrmarkt
besucht. Beide preisen ihre Schönheit, wobei der Tambourmajor sofort an
Geschlechtsverkehrt denkt. Allerdings spricht er über sie wie eine Zuchtstute,
da sie zur Produktion von Regimentern und Tambourmajoren bestens
geeignet wäre. Die letzte Anspielung bezieht sich auf ihn; er möchte gerne
mit ihr schlafen.

Um sie weiter betrachten zu können, gehen die beiden ebenfalls zu der Show.
Dort wird ein Pferd als Professor mehrerer Universitäten dargestellt, da es
eine doppelte Vernunft hätte. Der Marktschreier preist es als Person und
tierischen Menschen an. Damit ist es höhergestellt als Woyzeck und die
anderen Leute, die zuschauen. Dann fragt er nach einer Uhr, damit das Pferd
die Uhrzeit ablesen kann und damit beweist, dass es ein verwandelter
Mensch ist. Damit soll der Fortschritt der Zivilisation, von der der Ausrufer
vorher sprach, bewiesen werden. Das zeigt aber auch, dass der Mensch sich
scheinbar nicht weiterentwickelt. Langfristig würde das bedeuten, dass die
Tiere den Menschen überholen.

Der Tambourmajor gibt dem Marktschreier großspurig seine Uhr, um Maries


Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Eine Uhr war ein Statussymbol, das sich
nicht jeder leisten konnte. Sein Plan geht auf, da Marie sofort zu ihm nach
vorne klettert. Sie gibt dabei vor, das Spektakel aus der Nähe sehen zu wollen
und der Tambourmajor ist ihr beim Nachvornekommen behilflich. Marie
kann ihrem Schwarm so in aller Öffentlichkeit nah sein, ohne dass es
unschicklich oder auffällig wäre.
HINTERGRUND
Der historische Woyzeck verlor schon früh beide Elternteile und
absolvierte mit 13 Jahren eine Lehre zum Perückenmacher, was damals ein
aussterbender Beruf war. Erwartungsgemäß hatte er nicht lange eine
Anstellung und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Schließlich ließ
er sich während der Napoleonischen Kriege als Soldat anwerben und diente
insgesamt zwölf Jahre in der Armee.

In dieser Zeit bekam seine damalige Geliebte ein Kind von ihm, hatte
aber dennoch Affären mit anderen Soldaten. Woyzeck verstörte dies und er
wurde zeitweise depressiv. Außerdem trank er und stahl. Schließlich wurde
er unehrenhaft aus der Armee entlassen und versuchte, sich wieder mit
Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Dies gelang ihm nur leidlich, da er
am Ende arbeits- und obdachlos war. Zum Mörder wurde er an Johanna
Christiane Woost, der Stieftochter seines letzten Arbeitgebers. Mit ihr hatte
er ein Verhältnis, aber sie betrog ihn mit anderen Männern. Deshalb hatte er
sie bereits mehrfach körperlich misshandelt. Schlussendlich ermordete er sie
im Hausflur, als sie gerade von einem Treffen mit einem ihrem Liebhaber
zurückkehrte.

Woyzeck historisch

Er wurde noch am Tatort festgenommen und ein psychologisches


Gutachten bescheinigte ihm die volle Zurechnungsfähigkeit, weshalb er zum
Tod durch das Schwert verurteilt wurde. Vor der Vollstreckung gab es aber
neue Zeugenaussagen, die Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit aufkommen
ließen. Darum wurde der Gutachter erneut beauftragt, Woyzecks
Geisteszustand zu überprüfen. Als dieser zum gleichen Ergebnis wie zuvor
kam, wurde Woyzeck am 27.08.1824 in Leipzig vor etwa 5000 Zuschauern
öffentlich enthauptet.

Es gibt noch zwei weitere zeitgenössische Mordfälle, die ähnlich


abliefen und Büchner wahrscheinlich ebenfalls inspiriert haben. Die
Parallelen aller drei Fälle sind, dass der Täter aus ärmlichen Verhältnissen
stammt, wenig gebildet ist, einen handwerklichen Beruf erlernt hat, als Soldat
in der Armee gedient hat, eine Affäre, aus der ein Kind stammt, hat, die Frau
aufgrund sozialer Umstände nicht heiraten kann und von ihr betrogen wird.

Darauf ermordet der Täter die Frau vorsätzlich und lässt sich ohne
weiteres überführen und festnehmen. In allen drei Fällen spielte die Frage der
Zurechnungsfähigkeit eine große Rolle und alle drei Fälle wurden von der
Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt. Die drei Täter wurden für
zurechnungsfähig und damit voll schuldfähig erklärt.

Historischer Woyzeck

Büchner hat die Hauptvorlage jedoch nicht einfach übernommen,


sondern manches verändert und damit verdichtet. Er hat nur den Nachnamen
„Woyzeck“ übernommen, sonst sind alle Namen geändert. Woyzeck ist
jünger als sein historisches Vorbild, nämlich 30 Jahre alt. Außerdem hat er
auch die Geliebte verjüngt. In Wirklichkeit war die 46-jährige Johanna
Christiane Woost aufgrund ihres Alters wohl nicht mehr so attraktiv, in
Büchners Drama wird sie jedoch mit Namen Marie Zickwolf als junge und
schöne Frau beschrieben. Außerdem ermordet Woyzeck im Drama die
Mutter seines Kindes und nicht eine Geliebte.

Die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit und damit der


Schuldhaftigkeit ist aber auch bei Büchner von zentraler Bedeutung. Büchner
kommt hier jedoch zu einem anderen Ergebnis als die Gutachter in den realen
Mordfällen. Er ist der Meinung, dass die Umstände eine wichtige Rolle
spielen, d.h. dass unter gleichen (hier schlechten) Umständen jeder zum
Mörder werden kann, da das Äußere Einfluss auf den inneren Zustand hat.
GEORG BÜCHNER
Büchner wurde am 17.10.1813 in Goddelau im Großherzogtum
Hessen-Darmstadt geboren und ist in Darmstadt aufgewachsen. Im
November 1831 nimmt er in Straßburg sein Medizinstudium auf, welches er
später in Gießen beendet. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. im Herbst
1836 in Zürich ist er an der dortigen Universität als Privatdozent tätig. Schon
ein halbes Jahr später stirbt Büchner mit nur 23 Jahren am 19. Februar 1837
an Typhus in Zürich.

Politisch in Erscheinung zu treten, beginnt er bereits mit 17 Jahren bei


einer Schulfeier seines Gymnasiums. Er hält die „Rede über Cato“, in
welcher er die Selbsttötung verteidigt. Während seiner Studienzeit vertieft er
sein politisches Engagement, indem er kritische Vorträge über die politischen
Verhältnisse in Deutschland hält und im März 1834 die „Gesellschaft der
Menschenrechte“ gründet. Im selben Monat verfasst er auch die
revolutionäre Flugschrift „Der Hessische Landbote“. Hier prangert er die
gesellschaftlichen Missstände in Hessen an, die unter anderem darin
bestehen, dass die hohen Steuereinnahmen eben nicht dafür genutzt werden,
das hungernde Volk zu ernähren, sondern vielmehr um die Taschen der
Oberschicht zu füllen. Deshalb ruft er zur Revolution auf. Seine Vision ist
dabei eine bessere und gerechtere Zukunft, in der alle gleichgestellt sind.

Die Folge dieses Schriftstücks ist, dass er steckbrieflich gesucht wird.


Ihm gelingt es jedoch, rechtzeitig nach Straßburg zu fliehen und so einer
Verhaftung zu entgehen. Im Exil konzentriert er sich wieder stärker auf die
Wissenschaft und promoviert. Außerdem geht er schriftstellerischen
Tätigkeiten nach und verfasst nacheinander das Drama „Dantons Tod“, die
Erzählung „Lenz“, die Komödie „Leonce und Lena“ und zum Schluss das
Dramenfragment „Woyzeck. In allen vier Werken übt Büchner
Gesellschaftskritik:
„Dantons Tod“ ist eine kritische Reflexion darüber, dass eine Revolution
scheitert; bespielhaft wird dies hier an der Französischen Revolution gezeigt.
„Lenz“ zerbricht dagegen an den äußeren gesellschaftlichen Erwartungen. In
„Leonce und Lena“ wird spöttisch die Arroganz und auch Dummheit der
herrschenden Oberschicht angeprangert. Im „Woyzeck“ stellt Büchner
schließlich dar, dass ein Mord soziale Ursachen haben kann, da der Täter
zugleich zum Opfer der Gesellschaft wird.

Büchner ist Zeit seines Lebens ein Revolutionär und stets politisch
aktiv. Er ist bereit für seine Überzeugungen und Ideale einzustehen, auch
wenn dies mit Verfolgung verbunden ist. Er ist demnach ein mutiger und
engagierter junger Mann mit einem großen Ungerechtigkeitsgefühl.
EPOCHENZUORDNUNG
Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck“ lässt sich wie alle
Werke des Autors nur schwer eindeutig einer einzigen Epoche zuordnen.
Dies liegt daran, dass Büchner seiner Zeit voraus war, aber gleichzeitig durch
sie geprägt wurde. Zeitgeschichtlich lässt er sich am ehesten dem Vormärz
zuordnen, welcher mit politischen Ideen auf die Restauration reagiert und
eine liberale Bewegung in der Literatur darstellt.

Die Literatur wird im Vormärz in den Dienst politischer Ziele gestellt,


was zum Teil auch auf „Woyzeck“ zutrifft, da Büchner hier
Gesellschaftskritik übt. Er prangert die Oberschicht an, welche die
Unterschicht dermaßen unterdrückt, dass ein normales Leben gar nicht mehr
möglich ist. Konkret auf das Drama bezogen, sieht man, dass Woyzeck nicht
heiraten kann, weil er es sich nicht leisten kann. Außerdem beuten ihn
sowohl der Doktor als auch der Hauptmann aus, indem sie seine angespannte
finanzielle Situation ausnutzen. Beide würdigen ihn als Mensch herab, der
Doktor geht sogar so weit, ihn unter einem Tier anzusiedeln.

Epochen Woyzeck

Ein weiteres Merkmal der Epoche ist, dass der Adressat des Buches
das einfache Volk ist. Dies ist im „Woyzeck“ der Fall, da der Protagonist der
Unterschicht angehört. Büchner ist aber auch Realist, das heißt, er zeigt die
Welt, wie sie ist und nicht wie sie sein sollte. Der Protagonist Woyzeck zählt
zu den Ärmsten und hat keine Chance auf einen gesellschaftlichen Aufstieg.
Büchner stellt ihn in all seinem Elend und allen negativen Facetten dar – bis
hin zu dem Mord, den er begeht. Allerdings ist Büchners Realismus damit
naturalistisch, das heißt wirklichkeitsgetreu. Der Anspruch des erst nach
Büchner als literarische Strömung existierenden Realismus war es aber, die
hässlichen Seiten der Wirklichkeit poetisch zu gestalten. Diesen Anspruch
hatte Büchner nicht.

„Woyzeck“ ist demnach zwar stärker dem Vormärz zuzuordnen, weist


aber auch realistische Elemente auf. Büchner ist also ein Vordenker, was man
auch daran sieht, dass seine Zeitgenossen ihn nicht beachtet haben und die
Würdigung seines literarischen Schaffens erst lange nach seinem Tod
eingetreten ist.

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