Sie sind auf Seite 1von 13

Petrus Alfonsi

spanischer Arzt

Petrus Alfonsi (auch Petrus Alfunsis,


Aldefonsi; * vor 1075 in Spanien; † nach 1130
in Spanien)[1] war ein spanischer Arzt und der
Verfasser der Disciplina clericalis.

Petrus Alfonsi

Sein ursprünglicher jüdischer Name war


Moses bzw. Moses Sephardi. Er war nach
eigenen Angaben[2] zunächst Rabbiner und
nahm nach seiner Taufe am 29. Juni 1106 in
der Kathedrale Huesca (vermutlich auch sein
Geburtsort) den christlichen Namen Petrus
Alfonsi an, wobei er dem Namen des
Apostelfürsten den Namen seines Taufpaten,
König Alfons I. von Aragón, hinzufügte,
dessen Leibarzt er möglicherweise war.

Zwischen 1110 und spätestens 1116 ging er


von Spanien für einige Jahre nach England
und danach war er in Frankreich, wie aus
seinen Epistola ad peripateticos in Francia (um
1116)[3] hervorgeht, in denen er Studenten in
Frankreich nahelegt, die überlegene arabische
Literatur zur Astronomie zu benutzen statt
ihre überkommenen lateinischen Lehrbücher,
und allgemein für das Studium von
Astronomie und Astrologie wirbt. Er war in
hebräischer und arabischer Tradition
unterrichtet worden und war vertraut mit dem
Talmud und arabische Werken in Philosophie,
Medizin und Astronomie. Er war einflussreich,
wie die Tatsache beweist, dass 160
Manuskripte seiner Werke erhalten sind. Nach
einer der Handschriften war er eine Zeitlang
Leibarzt von Heinrich I. in England. 1121 ist er
wieder am Hof von Alfons I. bezeugt.

Alfonsi verfasste naturwissenschaftliche und


theologische Schriften, darunter die Dialogi
contra Judaeos, ein fiktives Gespräch
zwischen einem Christen und einem Juden
(seinem früheren jüdischen Selbst Moses und
seinem späteren christlichen Selbst Peter),
das sich mit dem Verhältnis der beiden
Religionen befasst und sich dabei gegen den
Talmud wendet und diesen als der arabisch-
griechischen Wissenschaft und insbesondere
der Astronomie widersprechend lächerlich
macht. Sowohl Judentum (in Form der
talmudischen Lehre) als auch Islam werden
als nicht vereinbar mit den Wissenschaften
zurückgewiesen, im Gegensatz zum
Christentum. Mit 65 bekannten Handschriften
waren die Dialogi einer der meistverbreiteten
antijüdischen Texte im lateinischen
Mittelalter[4] und beeinflussten unter anderen
Petrus Venerabilis, Joachim von Fiore und
Vinzenz von Beauvais. Alfonsi gibt darin auch
seiner Überzeugung Ausdruck, dass nur die
Erforschung der Natur zur Erkenntnis Gottes
führe.[5]

Sein wohl bekanntestes Werk ist jedoch die


um 1115[6] verfasste Disciplina clericalis. Es
handelt sich dabei um eine Sammlung von
kurzen novellenartigen Erzählungen,
Legenden und Fabeln, die in Verbindung mit
Sentenzen und Vater-Sohn-Dialogen zur
Illustration menschlicher Verhaltensweisen
dienen sollen. Sie sind die älteste erhaltene
lateinische Exempla-Sammlung des
Mittelalters, waren einflussreich in der
europäischen Literatur (wie Bocaccio,
Chaucer) und verbreiteten auch Erzählmotive
aus dem Orient.[7] In jüngster Zeit haben diese
kurzen Geschichten wegen ihres recht
einfachen Lateins in adaptierter Form
Eingang in den Lateinunterricht der deutschen
Gymnasien gefunden und dienen dort nach
Abschluss der Lehrbucharbeit als mögliche
Anfangslektüre oder Übergangslektüre.[8]

Alfonsi war einer der ersten, der arabisches


Wissen nach England brachte, und er hatte
dort Schüler wie Adelard von Bath und
Walcher of Malvern. Von ihm stammt eine
Übersetzung des Zij al-Sindhind von al-
Chwarizmi in Form astronomischer Tafeln
(fehlerhaft und später von Adelard von Bath
überarbeitet). Sie ist auf 1116 datierbar. Sein
Lehrer-Schüler Dialog Humanum proficuum ist
verschollen (er wird 1208 von Petrus von
Cornwall zitiert).

Eine Identifizierung Alfonsis mit Peter von


Toledo, der an der Koran-Übersetzung im
Auftrag von Petrus Venerabilis gemeinsam
mit Robert von Ketton beteiligt war
(abgeschlossen 1143), wird von James
Kritzeck zurückgewiesen.[9]
Literatur
Petri Alfonsi Dialogus. Kritische Edition mit
deutscher Übersetzung. Herausgegeben
von Carmen Cardelle de Hartmann, Darko
Senekovic, Thomas Ziegler, übersetzt von
Peter Stotz, Firenze : SISMEL - Edizioni del
Galluzzo 2018. ISBN 978-88-8450-861-4.
Pietro Alfonsi: Die Kunst vernünftig zu leben.
disciplina clericalis. Dargest. und aus dem
Lateinischen übertr. von Eberhard Hermes.
Artemis, Zürich u. a. 1970,
DNB 454563426 (https://d-nb.info/454563426)
. (Die Bibliothek des Morgenlandes)
Cristiano Leone (Hrsg.); Pietro Alfonsi:
Disciplina clericalis. Sapienza orientale e
scuola delle novelle. Laura Minervini
(Vorw.). Salerno Editrice, Rom 2010, ISBN
978-88-8402-689-7.
Cristiano Leone (Hrsg.); Pietro Alfonsi:
Alphunsus de Arabicis eventibus. Studio ed
edizione critica. Accademia Nazionale dei
Lincei, Rom 2011, ISBN 978-88-218-1039-1.
(Atti della Accademia Nazionale dei Lincei.
Anno CDVIII-Classe di Scienze morali,
storiche e filologiche. Memorie Serie IX -
Volume XXVIII - Fascicolo 2)
N. Höhl: Petrus Alfonsi. In: Lexikon des
Mittelalters. Band 6 (2002) Sp. 1960 f. (und
J. Stohlmann in der Ausgabe von 1999)
Helmut Quack (Hrsg.): Der Dieb auf dem
Mondstrahl – lateinische Geschichten aus
Morgen- und Abendland. Buchner, Bamberg
1999, ISBN 3-7661-5215-7. (= Transit, Heft
5)
Thomas Ricklin: Der „Dialogus“ des Petrus
Alfonsi. Eine Annäherung. In: Klaus Jacobi
(Hrsg.): Gespräche lesen. Philosophische
Dialoge im Mittelalter. Tübingen 1999, ISBN
3-8233-5425-6, S. 139–155.
Charles Julian Bishko: Peter the Venerable’s
Journey to Spain. (http://libro.uca.edu/mon
astic/monastic12.htm) In: Studia
Anselmiana. 40 (1956).
John Tolan: Petrus Alfonsi and his medieval
readers, Gainesville: University Press of
Florida 1993

Weblinks
Commons: Petrus Alfonsi (https://commo
ns.wikimedia.org/wiki/Category:Petrus_Alph
onsi?uselang=de)  – Sammlung von Bildern,
Videos und Audiodateien
Literatur von und über Petrus Alfonsi (http
s://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpl
eSearch&query=118740423) im Katalog
der Deutschen Nationalbibliothek
Lateinischer Text der Disciplina clericalis (ht
tp://www.thelatinlibrary.com/alfonsi.discipli
na.html)

Einzelnachweise
1. Angaben zu den Lebensdaten nach J.
Stohlmann, Artikel Petrus Alfonsi im
Lexikon des Mittelalters
2. Vorwort in seinen Dialogi
3. Englische Übersetzung in John Tolan:
Petrus Alfonsi and his medieval readers,
1993
4. John Tolan, Petrus Alfonsi, Encyclopedia
of Islam, Brill, 2. Auflage 2012, Online-
Ausgabe
5. Stohlmann, Artikel Petrus Alfonsi, Lexikon
des Mittelalters
6. Nach Stohlmann, Lexikon des Mittelalters,
datiert um 1110 bis 1120, mit 63
bekannten Handschriften.
7. Jürgen Stohlmann, Orient-Motive in der
lateinischen Exempla-Literatur des 12.
und 13. Jahrhunderts, in: Albert
Zimmermann, Ingrid Craemer-Ruegenberg
(Hrsg.), Orientalische Kultur und
europäisches Mittelalter, De Gruyter 1985,
S. 126
8. Nicolas Benzin (Hrsg.): Beiträge zur
Kulturgeschichte des Judentums und der
Geschichte der Medizin, Band 1, Nicolas-
Benzin-Stiftung, Frankfurt/Main 2009, S.
121.
9. James Kritzeck, Peter the Venerable and
Islam, Princeton UP, 1964, S. 56

Normdaten (Person): GND: 118740423 (h


ttps://d-nb.info/gnd/118740423) |
LCCN: n50048960 (https://lccn.loc.gov/n
50048960) | VIAF: 70576609 (https://via
f.org/viaf/70576609/) |

Personendaten
NAME Petrus Alfonsi
ALTERNATIVNAMEN Petrus Alfunsis
spanischer Arzt und
KURZBESCHREIBUNG
Astronom
GEBURTSDATUM 11. Jahrhundert
STERBEDATUM 12. Jahrhundert

Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?


title=Petrus_Alfonsi&oldid=219527367“
Diese Seite wurde zuletzt am 25. Januar 2022 um
11:53 Uhr bearbeitet. •

Der Inhalt ist verfügbar unter CC BY-SA 4.0 , sofern


nicht anders angegeben.

Das könnte Ihnen auch gefallen