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Ausgewählte heimische Heilpflanzen und

ihre Wirkung auf Mensch und Tier

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades


einer Magistra der Naturwissenschaften

an der Karl-Franzens- Universität Graz

vorgelegt von
Marie Lena HATTINGER

am Institut für Biologie


Begutachterin Ao. Univ.-Prof. Dr.phil. Maria Müller

Graz, 2021

1
Inhalt
Abstract und Kurzzusammenfassung .................................................................................................. 3
Vorwort ............................................................................................................................................... 4
Einleitung ............................................................................................................................................. 5
1. Geschichte der Phytotherapie für Mensch und Tier ................................................................... 6
1.1. Geschichte der Phytotherapie in der Humanmedizin ................................................................. 6
1.2. Geschichte der Phytotherapie in der Veterinärmedizin.............................................................. 8
2. Wirkstoffgruppen ...................................................................................................................... 11
2.1. Alkaloide .................................................................................................................................... 13
2.2. Bitterstoffe ................................................................................................................................ 13
2.3. Ätherische Öle ........................................................................................................................... 15
2.4. Flavonoide ................................................................................................................................. 15
2.5. Gerbstoffe.................................................................................................................................. 16
2.6. Glykoside ................................................................................................................................... 17
2.7. Saponine .................................................................................................................................... 18
2.8. Schleimstoffe ............................................................................................................................. 18
2.9. Senföle ....................................................................................................................................... 19
3. Ausgewählte Pflanzen ............................................................................................................... 21
3.1. Baldrian...................................................................................................................................... 21
3.2. Beinwell...................................................................................................................................... 23
3.3. Blutwurz .................................................................................................................................... 26
3.4. Brennnessel ............................................................................................................................... 27
3.5. Eibisch ........................................................................................................................................ 29
3.6. Löwenzahn................................................................................................................................. 30
3.7. Mariendistel .............................................................................................................................. 32
3.8. Schachtelhalm ........................................................................................................................... 34
3.9. Sonnenhut ................................................................................................................................. 35
3.10. Spitzwegerich ............................................................................................................................ 37
3.11. Thymian .................................................................................................................................... 39
4. Interviews .................................................................................................................................. 41
4.1. Dr. Eva Fürnschuß - Vet. Med. und ganzheitliche Tierheilpraktikerin ...................................... 41
4.2. Ina Wähner, Verbandsbüroleiterin für Verband deutscher Tierheilpraktiker .......................... 47
4.3. Dipl. Ing. Agrar Tanja Bader -Tierheilpraktikerin in Deutschland .............................................. 53
4.4. Mag. Peter Sallegger - Pharmazeut ........................................................................................... 57
5. Resümee ........................................................................................................................................ 66

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Abstract und Kurzzusammenfassung
This diploma thesis is about local medical plants and their impact on humans and
animals. In the first part you read about the historical background of human medicine
and veterinary medicine. After this the most important active components of secondary
plant substances are presented. The subsequent chapters contain information like
environment, plant substances, appearance, usage and the impact on humans and
animals of selected local plants. The cat, as a pure carnivore, holds an exceptional
position in the treatment with plant-based medicine. Finally, you find four interviews of
specialists about the usage of phytotherapy. The first one is with an Austrian
veterinarian with some background of alternative practices. The following two are with
German alternative practitioners for animals as in Germany it is allowed to practice this
profession without support of a veterinarian. The last interview was done with an
Austrian pharmacist with long experience in a plant-based therapy for animals.

Diese Diplomarbeit befasst sich mit heimischen Heilpflanzen und deren Anwendung
bei Menschen und Tieren. Zu Beginn wird der historische Hintergrund von Human-
sowie Veterinärmedizin dargelegt. Anschließend werden die wichtigsten
Wirkstoffgruppen der sekundären Pflanzenstoffe vorgestellt. Darauf folgt die
Präsentation einiger ausgewählter heimischer Heilpflanzen. Dies beinhaltet deren
Vorkommen, die wichtigsten wirksamen Pflanzenstoffe, den Phänotyp, die
Anwendungsweise und die Wirkungsweise bei Mensch und Tier. Hierbei nimmt die
Katze als reiner Fleischfresser eine Sonderstellung in der Behandlung mit
pflanzenbasierter Medizin ein. Abschließend finden sich vier Interviews mit
Spezialisten auf dem Gebiet der Phytotherapie. Das erste zeigt die Erfahrungen einer
österreichischen Veterinärmedizinerin mit einer Zusatzausbildung zur
Tierheilpraktikerin. Die beiden folgenden wurden mit deutschen Tierheilpraktikerinnen
geführt. Im Gegensatz zu Österreich, wo nur in Kombination mit veterinärmedizinischer
Ausbildung bzw. in Kooperation mit einem Veterinärmediziner praktiziert werden darf,
kann diese Tätigkeit in Deutschland unabhängig ausgeübt werden. Das letzte
Interview wurde mit einem österreichischen Pharmazeuten geführt, dessen Interessen
und Ursprünge in der Behandlung von Tieren durch Heilpflanzen liegt.

3
Vorwort
Bereits in meiner Kindheit drehte sich für mich alles um den Umgang mit Tieren. Wäre
es also nach mir gegangen, hätten wir einen ganzen Bauernhof unser Eigen nennen
können. Zu meinem Glück wohnten bei uns dann doch zumindest Katzen, ein Hund,
ein paar Fische und ein Hase. Der Rest musste über häufige Zoobesuche abgedeckt
werden. Auch die Leidenschaft zum Reiten entdeckte ich früh und so wurden häufig
Ausflüge auf den Reiterhof gemacht. In meiner Jugend kaufte ich mir schließlich mein
erstes eigenes Pferd. Leider war es nicht mehr das Jüngste und brachte einiges an
Wehwehchen mit. Als sich die Tierarztrechnungen schließlich häuften, versuchte ich
mich immer öfter an Phytotherapie als unterstützende Maßnahme. Zu dieser Zeit
begann ich auch mein Biologie-Studium, in welchem ich mich sehr für Heilkräuter
interessierte – die jedoch nur wenig bis gar keine Erwähnung im Curriculum fanden.
So begann ich mich selbst, zusätzlich zu allgemeinen Ernährungsthemen, mit dem
Einsatz von Phytotherapie zu befassen und die Sammlung an Büchern zu diesem
Thema vergrößerte sich explosionsartig. Meine Behandlungsversuche machte ich an
Mensch und Tier, wobei ich bei beiden gute Erfolge verzeichnen konnte. Schließlich
beschloss ich, meine Diplomarbeit zu diesem Thema zu verfassen, um meinen
laienhaften Versuchen etwas mehr Hintergrundwissen und Expertenerfahrungen zu
verleihen. Aus diesem Grund finden sich in der Arbeit auch vier Interviews
ausgewählter Spezialisten in diesem Bereich. Zur Anwendung der Phytotherapie bei
Tieren gibt es leider kaum Literatur, da dies momentan auch im veterinärmedizinischen
Studium kaum vorgesehen ist. Besonders bei Nutztieren könnte dabei oft auf einen
großen Erfahrungsschatz bäuerlicher Betriebe aus früheren Zeiten zurückgegriffen
werden. Schriftlich überliefert ist davon allerdings kaum etwas und somit besteht die
Gefahr, dass Vieles für immer verloren sein könnte. Diese Arbeit ist auch vom Anliegen
getragen, diesem Vergessen etwas entgegenzuhalten.

4
Einleitung
Die Phytotherapie beschreibt, als Teilbereich der Heilpflanzenkunde, den Einsatz von
Pflanzen, bzw. Pflanzenbestandteilen, wie Blättern, Blüten, Rinden, Samen oder
Wurzeln zur Gesunderhaltung oder Therapierung von Erkrankungen (BRENDIECK-
WORM, MELZIG 2018, 26F.). Die Heilpflanzenkunde setzt sich neben der Phytotherapie
noch aus Bereichen der Phytochemie, Phytopharmazie sowie der Phytopharmakologie
zusammen. Zusätzlich befasst man sich – neben der Pflanze selbst – mit deren
Lebensbedingungen und ihrer stofflichen Zusammensetzung (FINTELMANN, WEISS
2006, 4). Die eingesetzten Pflanzen werden dann als Arznei- oder Heilpflanzen
bezeichnet. Dies basiert auf aktuellen Erkenntnissen und Erfahrungen. Die Qualität,
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wird hierbei laut Arzneimittelgesetz unter dieselben
Ansprüche gestellt wie synthetische Arzneimittel. Die Natur hat hierbei ein großes
Spektrum an Heilpflanzen zur Verfügung gestellt, was eine individuelle und auch
ganzheitliche Therapierung ermöglicht. Aufgrund der Komplexität von Arzneipflanzen
kann das Wirkstoffgemisch eine Multi-Target-Wirkung, also eine übergreifende
Wirksamkeit entfalten, wobei synthetische Therapeutika nur eine spezifische
Wirkungsweise (Mono-Target) haben. Im Vergleich hierzu zeigen Phytotherapeutika
auch deutlich weniger unerwünschte Arzneiwirkungen als synthetische Produkte und
eignen sich auch aufgrund der geringen Toxizität für den präventiven Einsatz, für
Langzeittherapien sowie infolgedessen auch für die Behandlung chronischer
Krankheiten. Die oft unterstellte geringere Wirkung von Arzneipflanzen resultiert aus
einem monokausalen Denken. Phytotherapie wirkt ganzheitlich und nicht auf eine
einzelne Symptomatik. Viele Patienten profitieren gerade von diesem breiten
Wirkspektrum, das mit herkömmlichen Arzneimitteln nur durch eine Kombination
einzelner Medikamente zu erreichen wäre und oft erhebliche Risiken mit sich bringt.
Ein spezifisch wirkendes synthetisches Arzneimittel kann somit auch nicht in derselben
Wirkungsweise durch ein pflanzliches Präparat ersetzt werden, da das Wirkspektrum
ganz anders ausgerichtet ist. In der Regel strebt die Phytotherapie an, durch eine
präventive und unterstützende Medikation, den Einsatz von nebenwirkungsreichen
Synthetika verhindern (BRENDIECK-WORM, MELZIG 2018, 26F.).

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1. Geschichte der Phytotherapie für
Mensch und Tier
1.1. Geschichte der Phytotherapie in der Humanmedizin

Die Phytotherapie hat ihre Ursprünge bereits in jahrtausendealten Medizinsystemen.


Bereits bei Ausgrabungen von Frühmenschen, die vor fast 400 000 Jahren in
Mitteldeutschland lebten, fand man Pflanzenreste. Dies lässt vermuten, dass es
bereits damals eine ausgeprägte Heilpflanzenkunde gab (WOLTERS 1999, 80).
Eindeutig konnte man dies bereits bei den Neandertalern vor rund 60 000 Jahren
feststellen, wobei ein Fund im kurdischen Irak aufgrund der Pollenanalyse bestätigt,
dass der Verstorbene auf Heilpflanzen bestattet wurde. Alle in diesem Zusammenhang
gefundenen Pflanzen werden auch heutzutage noch in der Phytotherapie eingesetzt
(PABST 2013, 80). Die Therapie mit Pflanzenheilmitteln ist in allen kulturell verankerten
Medizinsystemen der Erde anzutreffen. Dies reicht von der chinesischen,
tibetanischen und indisch-ayurvedischen Medizin (FINTELMANN, WEISS 2011, 5) bis hin
zur traditionell europäischen Medizin (TEM). Bereits ca. 3000 v. Chr. wurden in
Mesopotamien pflanzliche Rezepturen in Keilschrift niedergeschrieben. Zeitgleich
wurden in Indien Kräutergärten angelegt. Ca. 2600 v. Chr. verordnete der ägyptische
Arzt, Priester und Baumeister Imhotep den Arbeitern beim Pyramidenbau Rettich,
Knoblauch und Zwiebel zum Schutz vor Infektionskrankheiten und der Papyrus Ebers
(ca. 2600 v. Chr.) enthält 877 erwähnte Heilpflanzen. Typisch für die ägyptische
Medizin war die sogenannte Dreckapotheke. Dies war eine Art Antibiotikum, welches
aus Friedhofserde, die reich an Streptomyces-Arten war, gewonnen und zur
Behandlung von Wunden eingesetzt wurde. Im 5. Jhdt. v. Chr. gab der bekannteste
Arzt des griechischen Altertums Hippokrates in seiner Schriftensammlung Corpus
hippocraticum genaue Anleitungen für die Verwendung pflanzlicher Heilmittel
(BÄUMLER 2006, 3). Er betrachtete den Menschen als Gesamtes und sah Krankheiten
als ein Ungleichgewicht der Körpersäfte an. Dies bezeichnet man als die
Viersäftelehre. Sein Ziel war nicht nur die Behandlung der Krankheit, sondern des
ganzen Menschen durch Diät und die Verabreichung pflanzlicher Drogen (Focus
online, 2016). Griechische Ärzte brachten die Pflanzenheilkunde um 128 v. Chr.

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schließlich ins Römische Reich. Dioskurides verfasste eine fünfbändige
Arzneimittellehre, die Materia medica, welche an die 800 Arzneimittel großteils
pflanzlichen Ursprungs mit 4000 Anwendungsgebieten beschrieb (BÄUMLER 2006, 3).
Galen, der Leibarzt des römischen Kaisers (FINTELMANN, WEISS 2006, 5), ordnete ca.
160 n. Chr. Pflanzen erstmals bestimmte Qualitäten zu und legte so einen Grundstein
für das pharmakologische Verständnis. Ebenso beschrieb er einen Wirkungsgrad der
Pflanze in vier Stufen. Im Mittelalter, nach dem Untergang des weströmischen Reichs,
ging ein Großteil des Wissens aus dem Altertum verloren. Die Verwendung von
Heilpflanzen hatte keinen großen Stellenwert mehr und die Nutzung wurde sogar als
etwas Böses angesehen. Im Vordergrund standen nun Behandlungsmethoden wie
Schröpfen, Klistiere und Aderlässe. Trotz alldem förderte Karl der Große (747-814)
den Bau von Heilkräutergärten in Klöstern. Diese waren zugleich der Sitz des
medizinischen Wissens. Im 12. Jahrhundert verbindet Hildegard von Bingen in ihren
Rezepten Klostermedizin mit der traditionellen Volksheilkunde. Im 16. Jhdt. trat
schließlich Paracelsus als Begründer der modernen Naturheilkunde auf. Er beschrieb
alle Wiesen und Berge als Apotheken. Er nutzte vorwiegend Heilpflanzen und
begründete die Signaturenlehre, die einen Zusammenhang der äußeren Gestalt und
der Wirkungsweise bei bestimmten Krankheiten herstellte. Nach der Erfindung des
Buchdrucks in der Neuzeit konnte das Wissen nun einer breiten Bevölkerung
zugänglich gemacht werden. Das erste, mit Holzschnitten illustrierte Kräuterbuch in
deutscher Sprache wurde vom Arzt Wonnecke von Kaub verfasst. Erst 1532 wurde
das erste Kräuterbuch, das die Kräuter nach Familien ordnete, vom Arzt Otto von
Brunfels verfasst. Dies brachte ihm den Namen als „Vater der Botanik“ ein. Zwischen
dem 16. und 17. Jhdt. kamen vermehrt Pflanzen über den Seeweg von Indien und
Amerika nach Europa. Zu dieser Zeit waren die Mediziner stark von der Vier-Säfte-
Lehre des Hippokrates geprägt. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaften trat im
19. Jhdt. eine entscheidende Wende ein. Durch die Extraktion des Morphins, also der
schlafmachenden Wirkung des Mohns, war der Stoffnachweis der modernen
Phytotherapie durch den Apotheker Friedrich Wilhelm Sertürner geglückt. Durch die
rasante Entwicklung der Chemie wurde die Entwicklung chemisch-synthetischer
Arzneimittel möglich und drängte die Phytotherapie insbesondere seit der Mitte des
20. Jahrhunderts stark zurück. Sebastian Kneipp gab im 19. Jhdt. mit der Wasserkur
ergänzende therapeutische Impulse zur traditionellen Heilpflanzenkunde. Rudolf Fritz
Weiß gründet den ersten Lehrstuhl für das Fachgebiet der Phytotherapie und stellt die

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Heilpflanzenkunde so auf eine wissenschaftliche Basis. Damit legte er auch den
Grundstein für die Anerkennung in der Schulmedizin. Heutzutage ist die Phytotherapie
wichtiger Bestandteil vieler Therapiekonzepte. Etwa 10% der verordneten
Medikamente lassen sich den Phytopharmaka zuordnen, was aus Sicht eines großen
Teils der Bevölkerung auch erwünscht und favorisiert wird (BÄUMLER 2006, 3FF.).

Aus medizinischer Sicht hat die TEM ihren Ursprung zwar in Asien, wurde dann aber
über das imperiale Rom, genauer durch Galen, dem Leibarzt des römischen Kaisers,
und schließlich durch Dioskurides, der das erste Kräuterbuch der westlichen Welt
schrieb, durch die Vier-Säfte-Lehre und natürlich von Paracelsus und Hildegard von
Bingen weitergetragen. Aus ethnologischer Sicht hatte allerding jede Ethnie, jede
Kultur und jeder Stamm seine eigene vollkommen Heilkunde, die stark mit den
örtlichen Gegebenheiten korreliert. So wurden viele Erfahrungen diesbezüglich über
den Volksmund weitergegeben und haben einen starken Einfluss der
Eingeborenenvölker Mitteleuropas. Dies umfasst vorchristliche Ethnien wie Kelten,
Germanen, Slawen und Balten, welche vorwiegend im oder am Waldrand lebten. Die
Natur bot ihnen hier alles, was für ein Überleben notwendig war, somit eben auch
Pflanzen, die zu Heilungszwecken dienlich waren. Wenig überraschend ist es also,
dass sich die spirituelle Welt dieser Völker auf Naturgeister und das Eigenleben des
Waldes fokussierte (Vgl. STORL 2017, 7-23). Nicht nur in Europa entwickelte sich eine
Art Volksmedizin aus den Überlieferungen der Urvölker. Ebenso verhielt es sich mit
den Medizinmännern Afrikas, Nord- und Südamerikas sowie Ozeaniens, welche ihre
Heilkräfte aus der Nutzung von Pflanzen bezogen. Viele dieser Pflanzen, wie die
Echinacea oder die Teufelskralle, haben ihren Weg auch in die heutigen
Anwendungsgebiete gefunden (FINTELMANN, WEISS 2011, 5).

1.2. Geschichte der Phytotherapie in der Veterinärmedizin

Pflanzen bilden die Basis für jegliches tierische Leben. Sie dienen seit jeher der
Ernährung, Gesunderhaltung und Medikation von Beschwerden. Besonders bei den
beiden letztgenannten Punkten spielen die sekundären Pflanzenstoffe eine tragende
Rolle. Sie dienen der Pflanze als Schutz vor Fraßfeinden oder auch Umwelteinflüssen.

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Der Geruchs- und Geschmackssinn, welche bei Tieren meist deutlich besser
ausgeprägt sind als beim Menschen, dienten schon immer der Selektion von Nahrung.
Mit ihrer Hilfe lässt sich oft der Unterschied zwischen toxischen und wohltuenden
Pflanzen ausmachen. Durch Erfahrung und Instinkt konnte sich so eine
Selbstmedikation bei Mensch und Tier entwickeln. Ebenso passten sich im Laufe der
Evolution Körpermechanismen, wie Metabolisierung, Detoxifikation und Resorption
der pflanzlichen Nahrung an. Dies hatte Auswirkungen auf Immunsystem und
Stoffwechsel. Mittlerweile sind sekundäre Pflanzenstoffe also ein wesentlicher
Bestandteil der Gesunderhaltung aller, sich von Pflanzen ernährenden Organismen.
Tiere wählen bei Befindungsstörungen oft instinktiv Pflanzen, die der Linderung dieser
dienen. Besonders konnte der Vorgang der Selbstmedikation bei Primaten beobachtet
werden, die bis zu 20% ihrer Nahrung in Form von Kräutern und Früchten aufnehmen,
welche keinen nennenswerten Nährwert für sie bedeutet, allerdings antibakterielle,
antivirale, antiparasitäre oder immunstimulierende Eigenschaften aufweist
(BRENDIECK-WORM, MELZIG 2018, 28).

Die eigentliche pflanzliche Behandlung von Tieren durch den Menschen begann mit
der Domestikation von Wildtieren. Hierdurch konnten auch die Wirkungsweisen an
Tieren genauer beobachtet werden. Das erste domestizierte Tier war der Wolf vor etwa
135 000 Jahren. Durch seinen Nutzen für den Menschen war sein Wert groß genug,
ihn bei Erkrankungen und Verletzungen medizinisch zu versorgen. Aufzeichnungen
darüber lassen sich aus Zeiten finden, in welchen die Reichen und Herrschenden den
Hund zur Jagd einsetzten. Als Beginn der Veterinärmedizin konzentrierten sich
Mediziner allerdings vermehrt auf Nutztiere, da der Hund durch seine Kurzlebigkeit
und einfacher Ersetzbarkeit keine große Rolle für sie spielte. Die Domestikation von
Nutztieren sowie die Kultivierung von Pflanzen hingegen ermöglichten es den
Menschen vor rund 100 000 Jahren sesshaft zu werden. Nun hing also das Schicksal
der Menschen auch vom Wohlbefinden der Tiere ab. Domestiziert wurden besonders
Tiere, die umgänglich bzw. vom Menschen beherrschbar, schnellwüchsig und nicht
wählerisch in der Ernährung waren. Ebenso spielte es eine Rolle, dass sich diese Tiere
auch in Gefangenschaft fortpflanzten. Bereits um 1850 vor Chr. fand man das älteste
Schriftzeugnis der Tierheilkunde, den Veterinärpapyrus von Lahun, in welchem
Räucherungen und Einreibungen bei Rindern beschrieben wurden. Daraufhin
entwickelten sich zwischen dem zweiten Jahrhundert v. Chr. und dem 5. Jahrhundert
nach Chr. umfangreiche Schriften zur Behandlung von Haustieren, insbesondere der
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Pferdeheilkunde. Die Sesshaftwerdung, und damit auch die große Anzahl an Tieren
und Menschen auf begrenztem Raum, brachte jedoch auch Seuchen und Zoonosen
mit sich. Häufig trugen Wildtiere Krankheiten in sich, welche erst bei der Übertragung
auf domestizierte Artgenossen und Menschen Symptome zeigten. Tiere, die in ihrer
natürlichen Umgebung und deren Lebensrhythmus eingeschränkt sind, zeigen eine
deutlich höhere Krankheitsanfälligkeit. Beispiele von Krankheiten, die durch das enge
Zusammenleben übertragen wurden, wären Milzbrand, Tuberkulose und vermutlich
auch Pocken, Pest, Masern und Grippe. Die Eindämmung dieser ist hauptsächlich auf
die verbesserten Hygienemaßnahmen, insbesondere auf die Verwendung von
Desinfektionsmittel, Antibiotika, Antiparasitika und Rodentiziden zurückzuführen
(BRENDIECK-WORM, MELZIG 2018, 28F.).

Die Wahl der kultivierten Pflanzen fiel auf Sorten, welche eine hohe Dichte an
Nährstoffen wie Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten aufwiesen. Weitere Kriterien
stellten die Lagerfähigkeit, die Haltbarkeit, sowie der unkomplizierte Anbau dar. Die
Ernährungsweise der domestizierten Tiere änderte sich dadurch stark und auch die
Pflanzeninhaltsstoffe veränderten sich mit den Züchtungen. Häufig wurden sekundäre
Pflanzenstoffe als störend empfunden und ausselektiert. Durch Selektion und die
starke Bewirtschaftung von Viehweiden kam es zu einem Zurückdrängen der
Pflanzenarten mit einer hohen Menge an Sekundärstoffen. Stattdessen breiteten sich
wenig vielfältige Kulturgräser immer weiter aus. Auch aus diesem Grund kam es
schließlich zu einer Trennung zwischen kalorienreichen Kulturpflanzen und
sekundärstoffreichen Wildpflanzen, die für die Therapie von Erkrankungen genutzt
wurden. Einzig Gewürze hielten ihre Stellung zwischen dieser Trennung.

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2. Wirkstoffgruppen

Abbildung 1 Zusammenhang zwischen Primär- und Sekundärstoffwechsel der Pflanze.

Eine Pflanze besitzt primäre und sekundäre Pflanzenstoffe. Die primären bezeichnen
Stoffe wie Eiweiße, Fette oder Kohlenhydrate, sekundäre Pflanzenstoffe hingegen
erfüllen für die Pflanze Funktionen wie die Abwehr von Fraßfeinden, Schädlingen oder
Krankheiten, sowie die Anlockung von Bestäubern. Sie wirken als
Verdunstungsschutz, Farb- Geruchs- und Geschmacksstoff. Diese sekundären
Pflanzenstoffe werden in der Phytotherapie als Heilmittel genutzt und können in
verschiedene Wirkstoffgruppen eingeteilt werden (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER
2015, 41). Die Abbildung 1 zeigt hierzu den Zusammenhang zwischen Primär- und
Sekundärstoffwechsel, wobei vor allem aus Acetyl-CoA, Pyruvat und aromatischen
Aminosäuren die Hauptgruppen des sekundären Metabolismus, Terpenoide, Phenole
und Alkaloide hergestellt werden (JAROSCH 2019, 139). Pflanzliche Heilmittel sind – im
Vergleich zu chemisch hergestellten Arzneimitteln – Vielstoffgemische, die erst im
Zusammenspiel ihre spezifische Wirkung entfalten. Die Inhaltsstoffe sind für die
pharmakologische Wirksamkeit in unserem Körper verantwortlich, und obwohl in der

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Beschreibung einer Pflanze meist ein Hauptwirkstoff angeführt ist, so wirkt dieser
isoliert oft anders als im pflanzlichen Komplex. Ebenso weisen Pflanzen Ballast- oder
sogenannte Begleitstoffe auf, die unter anderem beeinflussen, wie schnell oder
langsam Wirkstoffe in den Organismus aufgenommen werden. Auch dies ist eine
Besonderheit pflanzlicher Arzneimittel. Die Wirkstoffe einer Heilpflanze sind meist nicht
gleichmäßig über die Pflanze verteilt, sondern kommen oft akkumuliert in Blüte,
Wurzel, Rinde, Blättern oder Samen vor. Ein Nachteil von pflanzlichen Heilmitteln kann
der Wirkstoffgehalt sein, welcher sich nach Klima, Ernte und Standort richtet. Dieser
kann durch sorgfältige Aufbereitung und das Sammeln zur richtigen Zeit jedoch
größtenteils vermindert werden. Durch richtige Zubereitung und Lagerung verlieren die
Pflanzen auch beim Trocknen nur wenig an Wirksamkeit. In der Phytotherapie wird
häufig das Wort Droge verwendet, welches sich vom altdeutschen Wort für trocken
ableitet und hier somit kein Sucht- oder Rauschmittel beschreibt, sondern aufbereitete,
getrocknete Heilpflanzen oder Teile davon (BÜHRING 2015, 14). Hiervon leitet sich auch
der Begriff des „Drogisten“ ab (PAHLOW 2016, 27). Die meisten Pflanzen mit den in
diesem Kapitel angeführten Wirkstoffgruppen können sowohl Mensch als auch Tier
verabreicht werden. Da sich die Tierwelt parallel zur Pflanzenwelt entwickelt hat,
haben die meisten Tierarten im Lauf der Evolution gelernt, sich über die Nahrung selbst
zu heilen und die Inhaltsstoffe der Pflanzen für sich zu nutzen. Besonders
Pflanzenfresser haben zudem Mechanismen entwickelt, um Überdosierungen von
sekundären Pflanzenstoffen durch spezielle Ausscheidungsmöglichkeiten
entgegenzuwirken. Allesfressern, wie dem Affen und dem Menschen, stehen diese
Strategien zur Entgiftung in einem deutlich geringeren Maß zur Verfügung (BRENDIECK-
WORM, KLARER, STÖGER 2015, 41). Eine Ausnahme zu den übrigen Tierarten bildet die
Katze, auf welche die meisten Pflanzenwirkstoffe toxisch wirken, da ihr evolutionärer
Weg einen reinen Fleischfresser hervorgebracht hat, welchem das Enzym zur
Ausscheidung vieler sekundärer Pflanzenstoffe fehlt. Als Folge treten
Vergiftungserscheinungen und Schäden der Leber und Niere auf (BRENDIECK-WORM,
KLARER, STÖGER 2015, 62).

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2.1. Alkaloide
Alkaloide sind meist sehr stark wirkende Stoffe, die auch als Heilgifte bekannt sind.
Wie schon Paracelsus postulierte, "Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein
die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei." – oder kurz gesagt „Die Dosis macht
das Gift“ (FLEXICON) wobei die meisten Alkaloidpflanzen aufgrund ihrer ausgeprägten
Wirkung auf das Nervensystem zu starken Psychopharmaka zählen, entsprechende
Nebenwirkungen aufweisen und somit rezeptpflichtig sind. Aus diesen Gründen sind
sie für die Selbstmedikation üblicherweise ungeeignet (BÜHRING 2015, 30). Sie wirken
primär über das zentrale und vegetative Nervensystem und ähneln in ihrer Struktur
den körpereigenen Neurotransmittern. Beispiele hierfür sind:

o Atropin der Tollkirsche


o Colchizin der Herbstzeitlose
o Morphin des Schlafmohns

Als ungiftige Nebenwirkstoffe kommen sie in geringer Menge auch in anderen


Heilpflanzen vor, wo sie die Heilwirkungen der Pflanze unterstützen, ohne selbst
hervorzutreten (PAHLOW 2016, 27). Pyrrolizidinalkaloide, wie sie in Huflattich oder
Beinwell vorkommen, sind spezifische Alkaloidverbindungen, die keine therapeutische
Wirkung haben, jedoch bei Überdosierung giftige Stoffwechselprodukte bilden können.
Aus diesem Grund werden sie oft nicht innerlich, oder nur über einen begrenzten
Zeitraum angewendet (BÜHRING 2015, 30).

2.2. Bitterstoffe
Sie sind Hauptbestandteile vieler alter Lebenselixiere und werden schon lange in der
Volksheilkunde für ihre kräftigende Wirkung geschätzt. Im Allgemeinen regen sie
Appetit und die Produktion von Verdauungssäften an, womit sie Verdauungsfördernd,
entblähend und fäulnishemmend wirken. Ebenso erleichtern sie die Resorption von
Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien und helfen, das Säure-Basen-Gleichgewicht
sowie das vegetative Nervensystem des Körpers zu regulieren und auszugleichen.
Besonders für ältere Menschen bringen sie durch die tonisierende Wirkung und die
Förderung der Durchblutung von Herzkranzgefäßen und Extremitäten Erleichterung.
Auch im Tierreich nehmen ältere Individuen Bitterstoffdrogen eher auf als Jungtiere,
mit der erneuten Ausnahme von Katzen, welche diesen gänzlich abgeneigt sind und

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deshalb auch nicht verabreicht werde sollten (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER
2015, 36). Problematisch können Bitterstoffe bei Überreizung von Magen und Darm
sowie bei Gallesteinen wirken (BÜHRING 2015, 33F.). Aufgrund ihres Geschmackes
werden sie von Menschen und Tieren ungerne aufgenommen und dienen der Pflanze
ursprünglich als Fraßschutz. In der Phytotherapie werden nur Pflanzen als
Bitterstoffdrogen bezeichnet, deren Wirksamkeit allein auf das Vorhandensein von
Bitterstoffen zurückgeführt werden kann. Diese werden auch „Amara“ genannt und, je
nach Stoffzusammensetzung, in drei Gruppen unterteilt:

• „Amara tonica“ – reine Bittermittel. Diese werden als besonders wirksam


empfohlen und entfalten eine kräftigende Allgemeinwirkung. Zudem regen sie
die Magensaftsekretion stark an und wirken so verdauungsfördernd. Auch bei
Schwächezuständen, Rekonvaleszenz oder Erschöpftheit sind sie kurartig sehr
förderlich. Zu den typischen Bitterstoffdrogen zählen:
o Tausendgüldenkraut
o Enzian
• „Amara aromatica“ – Bittermittel, die in nennenswerter Menge auch ätherische
Öle enthalten. Sie zeichnen sich im Grunde genommen durch dieselbe
Wirksamkeit wie Amara tonica aus, jedoch wird das Wirkspektrum um das der
ätherischen Öle erweitert. Die Wirkung erstreck dich also neben dem Magen
auch auf Darm, Leber und Galle. Aufgrund der antiseptischen Wirkung der Öle
wirken diese Bittermittel auch gegen Bakterien und Parasiten. Beispiele hierfür
wären:
o Beifuß
o Wermut
o Engelwurz
o Schafgarbe

„Amara acria“ – Bittermittel, die Scharfstoffe enthalten. Diese sind unter unseren
heimischen Heilpflanzen kaum zu finden. Sie unterstützen die Kreislauffunktion und
sollen den Körper, den – wie man feststellen konnte – belastenden Vorgang der
Verdauung erleichtern. Zu ihnen zählen (PAHLOW 2016, 27F.):

o Ingwer
o Galgant
o Pfeffer
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2.3. Ätherische Öle
Ätherische Öle sind in nahezu allen Pflanzen enthalten, riechen sehr intensiv und bis
auf wenige Ausnahmen angenehm. Die Löslichkeit in Wasser ist schlecht, jedoch
empfehlen sich stattdessen Honig, Milch, Sahne, Alkohol, Salz oder anderes Öl
(BÜHRING 2015, 29). In der Pflanze wird das Öl in Öldrüsenhaaren, Ölzellen oder
Ölgängen abgelagert und meist durch Dampfsterilisation extrahiert, wodurch man
reine ätherische Öle erhält. Als Öldrogen werden nur jene Pflanzen bezeichnet, die
einen besonders hohen Anteil dieser (0,1-10%) aufweisen. Dies betrifft insbesondere
die Pflanzenfamilien der:

o Lippenblüter
o Korbblüter
o Doldenblüter

Aufgrund der starken Flüchtigkeit werden Öldrogen oder Aufgüsse aus diesen immer
zugedeckt bzw. luftdicht gelagert. Ätherische Öle setzen sich aus weit über 100
Einzelstoffen zusammen und besitzen ein sehr breites Wirkungsspektrum. Sie wirken
entzündungshemmend, durchblutungsfördernd, krampflösend, harntreibend,
tonisierend auf Magen, Darm, Leber und Galle und fördern das Abhusten. Zudem
stehen sie in der Vermutung, neben der Bekämpfung von Gärungserregern und
Bakterien, auch gegen Viren wirksam zu sein (PAHLOW 2016, 28). Durch ihre Struktur
können sie über Haut und Schleimhäute sehr leicht in den Körper gelangen und
können sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden. Ätherische Öle
können jedoch auch hautreizend, abortiv sowie leber- und nierenschädigend wirken
und sind in größeren Mengen toxisch (BÜHRING 2015, 29). Die haut- und
schleimhautreizende Wirkung schützt die Pflanze vor zu starkem Verbiss in der freien
Natur. Trotzdem werden sie auch bei Tieren angewendet, wobei viele auch bereits in
kleinen Mengen für Katzen toxisch wirken (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015,
37F.).

2.4. Flavonoide
Sie sind ein Sammelbegriff für verschiedene Pflanzenstoffe gleicher chemischer
Grundstruktur, die in fast allen Pflanzen enthalten sind. Sie gehören zu den wichtigsten
Wirkstoffen in der Phytotherapie und treten meist als gelblich-orange Farbstoffe auf.

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Ihre Wirksamkeit richtet sich nach der Art und Menge der enthaltenen Flavonoide,
weshalb das Wirkspektrum schwierig einzugrenzen ist (PAHLOW 2016, 29). Besonders
häufig ist ihr vorkommen in Obst und Gemüse wie:

o Brokkoli
o Tomaten
o Grünkohl
o Kirschen
o Orangen

Obwohl keine einheitliche Wirkung annehmbar ist, sind ein paar Hauptwirkungen für
die meisten Flavonoide bezeichnend. Sie binden freie Radikale, die die Zellmembran
schädigen und den Alterungsprozess begünstigen. Sie zählen daher auch zu den
ernährungsphysiologisch wichtigsten, krebsvorbeugenden Substanzen. Durch ihr
breites Wirkspektrum weisen sie auch ein weites Anwendungsgebiet auf. Die
Hauptwirkung liegt in ihrem Zellschutz, dem Schutz der Kapillargefäße, der positiven
Wirkung der Durchblutung der Herzkranzgefäße, der entzündungshemmenden,
stoffwechselfördernden und stimmungsaufhellenden Wirkung. Aus diesem Grund
werden sie oft bei Herz-Kreislauf- oder Gefäßerkrankungen, Ödemen,
Lebererkrankungen und Allergien eingesetzt. Da sie ohne Nebenwirkungen sind und
rasch ausgeschieden werden, können sie in großen Dosen und als Langzeittherapie
beim Menschen (PAHLOW 2016, 32) und den meisten Tieren eingesetzt werden. Nicht
jedoch bei der Katze, da ihr das nötige Enzym zur Ausscheidung fehlt (BRENDIECK-
WORM, KLARER, STÖGER 2015, 38).

2.5. Gerbstoffe
Sie wurden einst verwendet, um aus Tierhäuten Leder zu gewinnen, und schützen die
Pflanze selbst vor Fäulnis und Verderb. Als Gerbstoffe im pharmazeutischen Sinne
gelten Pflanzeninhaltsstoffe, die in der Lage sind, Eiweißstoffe der Haut und
Schleimhaut zu binden und in unlösliche Stoffe zu überführen. Mit dieser Fähigkeit
entziehen sie den angesiedelten, schlechten Bakterien den Nährboden und wirken
somit entzündungshemmend, zusammenziehend, blutungsstillend und austrocknend.
Durch die durchblutungshemmende Wirkung kommt es außerdem zu einer Schmerz-
und Juckreizminderung. Bei innerlicher Einnahme wirken sie stuhlfestigend, da sie die

16
Resorption von Wasser und Giften aus dem Darm ins Gewebe vermindern. So werden
sie auch oft als Gegengifte bei Alkaloid- und Schwermetallvergiftungen eingesetzt
(BÜHRING 2015, 34). Auch als Mittel gegen Durchfall oder bei Hämorrhoiden und
Frostbeulen sind sie hilfreich. Um Nebenwirkungen wie Magenreizungen zu
reduzieren, bereitet man kalte Auszüge zu, die nur einen kleinen Teil der Gerbstoffe
lösen. Bei Magengeschwüren und als Dauermedikation sind sie allerdings dennoch
nicht geeignet. Sie finden sich beispielsweise in (PAHLOW 2016, 29):

o Heidelbeeren
o Blutwurz
o Eichenrinde
o Bärentraubenblätter

Es wird zusätzlich zwischen resorbierbaren und nicht resorbierbaren Gerbstoffen


unterschieden, wobei zuerst genannte über verletzte Haut oder Schleimhaut in den
Blutkreislauf gelangen und durch ihren Abbau in der Leber diese belasten können.
Auch Gerbstoffdrogen sind für Katzen ungeeignet (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER
2015, 38).

2.6. Glykoside
Alle Glykoside unter eine Art von Wirkung zu stellen, ist aufgrund der
Wirkungsverschiedenheit nahezu unmöglich. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie
bei Aufspaltung mit Wasseraufnahme einen Zucker und ein Aglykon bilden, welches
in weiterer Folge deren Wirkung bestimmt (PAHLOW 2016, 29). Hervorzuheben sind die
Digitalisglykoside, wie sie im Fingerhut (Digitalis) anzufinden sind. Sie steigern die
Kraft des Herzmuskels, vermindern einen zu schnellen Puls. Da die Nebenwirkungen
hoch sind und die Dosis sehr genau eingestellt werden muss, ist hier eine
Selbstmedikation mit Digitalisglykosiden nicht geeignet (BÜHRING 2015, 31). Weitere
Beispiele für Aglykone sind:

o schleimlösende Substanzen der Primelwurzel


o abführende Substanzen der Faulbaumrinde
o schweißtreibende Substanzen der Lindenblüten

Aufgrund der diversen Wirkungsweisen kann hier keine allgemeine Auskunft über die
Wirkung bei Tieren gegeben werden.
17
2.7. Saponine
Saponine oder Seifenstoffe sind pflanzliche Glykoside, die in Kombination mit Wasser
einen haltbaren Schaum bilden. Früher wurden sie deshalb häufig als Reinigungs- und
Waschmittel verwendet. Sie besitzen eine hämolytische Wirkung, was bedeutet, dass
sie den Blutfarbstoff aus den roten Blutkörperchen austreten lassen. Sie werden durch
ihre verflüssigenden Eigenschaften oft als schleimlösende Mittel gebaucht. Zusätzlich
beeinflussen sie die Resorption anderer sekundärer Pflanzenstoffe und können somit
auch schon kleine Mengen stark wirksam auf den Organismus sein (PAHLOW 2016,
30). Saponine finden sich beispielsweise in:

o Efeu
o Schlüsselblume
o Süßholz
o Birke
o Ginseng

Im Allgemeinen kann man die Gesamtwirkung als schleimlösend,


stoffwechselfördernd, harn- und schweißtreibend, keimwidrig, ödemhemmend,
Immunsystem stimulierend und venenstärkend beschreiben. Saponine besitzen eine
leicht reizende Wirkung auf die Magenschleimhaut, was – wie oft gewollt – eine
vermehrte Sekretion aller Drüsen verursacht, bei Überdosierung jedoch Magen- und
Darmschleimhaut stark reizt. Auch kann eine zu große Menge Erbrechen und im
Extremfall eine Hämolyse auslösen, weshalb viele saponinhaltige Pflanzen als giftig
gelten (BÜHRING 2015, 35). Da sie die Oberflächenspannung von Wasser
herabsetzten, sind sie für Fische besonders toxisch (BRENDIECK-WORM, KLARER,
STÖGER 2015, 39).

2.8. Schleimstoffe
Unter Schleimstoffen werden Polysaccharide verstanden, also kohlenhydrathaltige
Stoffe, die bei Kontakt mit Wasser aufquellen und eine visköse Flüssigkeit bilden
(PAHLOW 2016, 30). Aufgrund ihrer ausgeprägten Fähigkeit Wasser zu speichern, sind
sie besonders für Samen wichtig, die diese zum Quellen benötigen (BRENDIECK-WORM,
KLARER, STÖGER 2015, 38). Sie sind zwar im Pflanzenreich häufig anzutreffen, doch
nur selten in ausreichender Menge vorhanden, um sie therapeutisch zu nutzen.

18
Trotzdem beeinflussen sie die Wirkung anderer sekundärer Pflanzenstoffe (PAHLOW
2016, 30). Die Wirkung von Schleim ist rein lokal und dadurch, dass dieser einen
schützenden Film auf den Schleimhäuten bildet, als reizlindernd zu bezeichnen. Aus
diesem Grund werden sie erfolgreich bei Schleimhautentzündungen, Juckreiz,
oberflächlichen Schmerzen oder Hustenreiz angewendet. Aufgequollen wirken sie
leicht abführend, können allerdings bei anderer Anwendung auch Wasser und
Giftstoffe im Stuhl binden und Durchfall lindern. Für eine Anwendungsdauer, die länger
als eine Woche dauert, sind sie sowohl aus diesem Grund ungeeignet, als auch
deshalb, da sie die Nährstoffaufnahme durch den Darm vermindern (BÜHRING 2015,
35). Schleimstoffe allgemein, aber besonders deutlich zu bemerken in Obst wie etwa
Himbeeren, mindern den Geschmackssinn, besonders den sauren. Aus diesem Grund
empfinden wir Himbeeren, die mehr Schleimstoffe und Säure aber weniger Zucker
enthalten als Johannisbeeren, trotzdem als süßer (PAHLOW 2016, 30). Weitere
Beispiele sind:

o Eibisch
o Isländisch Moos
o Malve
o Lein

2.9. Senföle
Senföle, oder auch Glucosinolate bzw. Senfölglycoside, sind für den scharfen
Geschmack in einigen Pflanzen verantwortlich. Sie entfalten ihre Wirkung erst bei der
Zerstörung der Zellen, wobei sich aus Glucosinolaten Senfölglycoside bilden
(BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 32F.). Sie sind fettlöslich und dringen
schnell in die Haut ein (BÜHRING 2015, 35). Ihre Wirkung ist antibiotisch, jedoch auch
Haut- und Schleimhaut reizend sowie gefäßerweiternd. Beim Kochen geht ihre
Wirkung oft schon bei 45°C verloren, was bei deren Anwendung zu beachten ist
(BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 32F.). Eingesetzt werden sie häufig bei
rheumatischen Schmerzen, Gelenksbeschwerden, Nasennebenhöhlenentzündung,
Bronchitis, bei Erkältungen und bei Infektionen als Breitbandantibiotikum. Auch eine
Wirkung gegen Krebs konnte bisher festgestellt werden. Bei zu langer Anwendung
oder zu hoher Dosierung kann es zu Hautreizungen oder sogar Nervenschäden

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kommen, weshalb sie für Kleinkinder und Menschen mit Sensibilitätsstörungen nicht
geeignet sind (BÜHRING 2015, 35). Beispiele für Pflanzen, die Senföle enthalten sind:

o Radieschen
o Kohlarten
o Kressen

20
3. Ausgewählte Pflanzen

3.1. Baldrian
Allgemeines
Der Baldrian Valeriana officinalis
stammt aus der Familie der
Baldriangewächse, der
Valerianaceae. Er wird bis 1,70
Meter groß und bildet aus einem
kurzen Wurzelstock
grundständige Blätter sowie
einen gegenständig beblätterten Abbildung 2: Valeriana officinalis Abbildung 3: Valeriana officinalis
Foto
Stängel. Der Stängel ist hohl,
schwach behaart und gefurcht und trägt an der Spitze einen doldenartigen
Blütenstand. Die Blüten besitzen fünf hellrosa bis weiß gefärbte, verwachsene
Kronblätter und bilden über dem Grund der Kronröhre eine Aussackung, in welcher
Nektar dargeboten wird. In der Fruchtreife, die an die Blütezeit, welche sich von Mai
bis September erstreckt, folgt, bildet sich eine kleine Schließfrucht mit oder ohne
Haarkranz. Die Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Heimisch ist der Baldrian in
Europa und Teilen Asiens, wobei er in Nordamerika eingebürgert wurde. Bevorzugt
wächst die Pflanze an Flussufern, feuchten Wiesen oder Wäldern und in
Hochstaudenfluren. Kultiviert wird er unter anderem in Deutschland, Polen,
Tschechien, Russland und einigen anderen europäischen Staaten. Bei der
Drogengewinnung wird der gesamte Wurzelstock in den Monaten von Oktober bis
Dezember oder im zeitigen Frühjahr ausgegraben und getrocknet (ENNET, REUTER
2015, 31F.). Verwechslungen mit anderen Doldenblütern wie dem giftigen, gefleckten
Schierling sind möglich, allerdings aufgrund der unterschiedlichen Blattformen
unwahrscheinlich (Wildfind.com).

Geschichte
Schon im fünften Jahrhundert vor Christus war die Wirkung des Baldrians bei
Hippokrates bekannt (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 225). Auch 800 n.
Chr. wurde er im Lorscher Arzneibuch aufgrund seiner ausgleichenden Eigenschaften
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bei Schlafmangel oder zu viel Schlaf erwähnt (BÜHRING 2015, 52). Ein Honigtrunk
versetzt mit Baldrian, Haselwurz, Pfeffer, Betonie, Steinbreche, Röhrenkassie und
Steckenwurzharz galt zu Zeiten von Karl des Großen als „Göttliches Heilmittel“, das
bei allen krankheitsbedingten Schmerzen helfe (Wildfind.com). Im Mittelalter waren
Baldrianpflanzen als Arzneimittel bereits allseits gut bekannt. Im 16. Jahrhundert
wurde er bereits im Garten kultiviert, wobei es sich hierbei nicht um den wilden
Baldrian, sondern um den, aus Sibirien stammenden, großen Baldrian handelt. Neben
seiner Nutzung als Arzneimittel gegen diverse Krankheiten, wie beispielsweise die
Pest, wurde er oft als Mottenmittel zwischen die Kleidung gelegt und auch auf
spiritueller Ebene spielte er aufgrund der stark duftenden ätherischen Öle eine große
Rolle. Im Volksglauben sollte er böse Geister und Hexen vertreiben bzw. fernhalten.
Im 18. Jahrhundert wurde er schließlich vom englischen Arzt John Hill als
Beruhigungsmittel in die Therapie eingeführt (ENNET, REUTER 2015, 32F.).

Inhaltsstoffe
In der Droge, also den getrockneten Wurzeln, sind bis zu zwei Prozent Valepotriate,
wie Valtrat oder Didrovaltrat, enthalten. Ebenso enthalten sie ätherisches Öl, Alkaloide,
Phenolcarbonsäuren und Sesquiterpene, wie Valerensäure oder Valerenal (ENNET,
REUTER 2015, 32). Keinem dieser Inhaltsstoffe allein kommt eine besondere Wirkung
zugute. Vielmehr macht die Gesamtheit aller Inhaltsstoffe die Wirksamkeit des
Baldrians aus (PAHLOW 2016, 64).

Wirkung
Im Vordergrund seiner Wirksamkeit steht die, auch in Versuchen nachgewiesene,
beruhigende Wirkung bei nervöser Unruhe, Schlafstörungen (ENNET, REUTER 2015,
32) oder Angstzuständen. Damit einher geht eine krampflösende Wirkung, weshalb
der Baldrian auch bei krampfartigen Schmerzen im Magen-Darmbereich angewendet
wird. Dadurch schützt er auch vorbeugend gegen Magen- und Darmgeschwüre,
besonders wenn diese aus einer psychischen Belastung resultieren. Auch bei leichten
Herzbeschwerden und zur Steigerung des Immunsystems kann er eingesetzt werden
(BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 225). Bei einer üblichen Dosierung sind
keine Nebenwirkungen bekannt. Einzig bei der regelmäßigen Einnahme größerer
Mengen können Kopfschmerzen und Unwohlsein auftreten (ENNET, REUTER 2015, 32).
Auch Tiere können aus diversen Gründen, wie beispielsweise in Paarungszeiten, bei
wechselnden Sozialkontakten oder abweichenden Tagesrhythmen Stress empfinden.
Baldrian hilft also auch ihnen, Stress, Angst oder Nervosität und die
22
Folgeerscheinungen, wie Magen- Darm- Muskel- oder Verhaltensprobleme zu lindern
(Tiere & Natur). Die Anwendung bei Tieren unterscheidet sich somit – wiederum mit
Ausnahme der Katze – nicht zu jener beim Menschen. Einzig die Dosierung ist je nach
Tierart abweichend (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015). Nach EU-Verordnung
darf der Wirkstoff allerdings nicht bei lebensmittelliefernden Tieren als Therapie
eingesetzt werden (VO (EWG) Nr. 2377/90). Eine gegenteilige Wirkung als er sie auf
andere Tiere und Menschen hat, bewirkt der Baldrian bei Katzen. Der Geruch wirkt
sehr anziehend, was beispielsweise bei der Verwendung eines Baldriankissens als
Spielzeug zu beobachten ist. Es wird vermutet, dass die Ausdünstungen jenen ähneln,
welche Katzen in der Paarungszeit absondern. Baldrian dient also bei Katzen nicht zur
inneren Einnahme als Heilmittel, sondern eher als Aufwertung des Spielzeugs. Viele
meinen, dass das Kraut in geringen Mengen noch nicht giftig für Katzen wirke,
wohingegen es in höheren Mengen Erbrechen auslösen würde (HOLLENBACH 2018).
Andere wiederum empfehlen Vorsicht walten zu lassen, da die enthaltenen
ätherischen Öle nicht abgebaut werden können und zu Vergiftungen führen können
(Tiere & Natur, BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 62).

3.2. Beinwell
Allgemeines
Der Beinwell Symphytum officinale
stammt aus der Familie der
Borretschgewächse, der
Boraginaceae. Der Wurzelstock ist
dick, außen schwarz und innen
weiß. Aus ihm entspringen
verästelte, bis zu einem Meter
hohe Stängel, die mit lanzettlichen,
rau behaarten Blättern bewachsen Abbildung 4: Symphytum Abbildung 5: Symphytum officinale Foto
officinale
sind. Glockige, rot-violette oder
gelblich gefärbte Blüten sitzen in überhängenden Trauben (PAHLOW 2016, 73) am
Ende des Stängels in den Blattachseln. In der Fruchtreife bilden sich vier einsamige,
graubraune oder schwarze Nüsschen (ENNET, REUTER 2015, 38). Die Pflanze blüht von
Mai bis September, wobei die Ernte des Wurzelstocks zur Drogengewinnung von März

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bis Mai im Frühjahr erfolgt. Der Beinwell bevorzugt feuchte Standorte, wie Waldraine,
Gräben, Bachufer, Äcker, Wiesen und Gebüsche (PAHLOW 2016, 73). Er ist in ganz
Europa sowie Westsibirien, auf der Krim und im Kaukasus häufig anzutreffen. In
Nordamerika wurde er einst eingeschleppt und ist nun auch wild zu finden. Viele
Boretscharten werden nicht nur als Arzneipflanzen kultiviert, sondern auch als Futter
und Gemüsepflanzen angebaut (ENNET , REUTER 2015, 38). Eine Verwechslung wäre
mit dem höchst giftigen Fingerhut möglich, wobei die Blattränder des Fingerhuts, im
Vergleich zum Beinwell gezähnt sind. Einfacher zu unterscheiden sind sie in der
Blütezeit, da der Fingerhut auffällig in langen Trauben blüht (WWF Blog).

Geschichte
Bereits in der Antike bei Dioskurides und Plinius war der Beinwell bereits zur
Wundheilung bekannt. Auch im Mittelalter wusste Hildegard von Bingen um seine
Wirksamkeit als Heilmittel zur äußeren Anwendung bei Knochenverletzungen und
Beinbrüchen. Aber auch innerlich wurde er bei Durchfallerkrankungen, Blutspeien,
Blutharnen und Gonorrhö angewendet (ENNET, REUTER 2015, 39).

Inhaltsstoffe
Der Beinwell enthält Allantoin, Pyrrolizidinalkaloide, Asparagin, Gerbstoffe, Schleim,
Stärke, Triterpene, Aminosäuren (ENNET, REUTER 2015, 38F.), Flavonoide und Vitamin
B12 (PAHLOW 2016, 73).

Wirkung
Wie der Name „Beinwell“ (von Bein – Knochen, und well von Wallen bzw.
Zusammenwachsen, oder auch „symphytum“ vom Griechischen symphein für
Zusammenwachsen oder Verbinden) bereits aussagt, wurde er traditionell bei
Knochenbrüchen angewendet (BÜHRING U. 2015, 58). Üblicherweise wird der Beinwell
äußerlich als Tinktur, Teeaufguss oder Brei aus frischen Wurzeln in Form von
Umschlägen und Salben angewendet. Er hilft bei Prellungen, Zerrungen sowie
Verstauchungen, wobei die Anwendung hier nur bei intakter Haut erfolgen darf. Durch
das enthaltene Allantoin wird eine wundheilungsfördernde Wirkung herbeigeführt,
welche besonders bei Haut- und Schleimhautdefekten zu Tragen kommt.
Unterstützend wirken ebenso die einhüllenden Schleimstoffe sowie die
adstringierenden und desinfizierenden Gerbstoffe (ENNET, REUTER 2015, 39).
Erstaunlicherweise konnte man bereits Heilerfolge bei chronischen Eiterungen
aufgrund von Knochenmarksentzündungen, offenen Beinen, sowie
Zellgewebsentzündungen feststellen, bei denen die üblichen Mittel bereits versagten.
24
Das Allantoin löst hierbei Wundsekrete auf, verflüssigt den Eiter und unterstützt die
Granulation. Bei äußerlicher Anwendung sind, bei einer Anwendung auf intakter Haut,
keine Nebenwirkungen bekannt. Schwangere sollten ihn allerdings trotzdem nicht
nutzen (PAHLOW 2016, 73). Bereits einige Studien zeigen mittlerweile die Wirkung von
Präparaten mit Beinwellextrakten im Vergleich zu Placebos. Bei Distorsionen des
Sprunggelenks können beispielsweise schnelle Reduktionen der Schwellung, des
Schmerzes und der Bewegungseinschränkung beobachtet werden (KOLL R., 2000).
Ebenso verhielt es sich bei Testungen an Sportverletzungen des Kniegelenks (HESS
1991 156-162), wobei die Zustandsverbesserung bereits vier Tage nach
Anwendungsbeginn einsetzte (MAYER 1992, 888-891). Die vorhandenen
Pyrrolizidinalkohole haben sich hingegen bei innerlicher Anwendung in Tierversuchen
als leberschädigend und krebserregend erwiesen. Bei äußerlicher Anwendung
gelangen diese nur in geringen, unschädlichen Mengen in den Körper (ENNET, REUTER
2015, 39). Mittlerweile existiert auch eine Kreuzung mit dem rauen Beinwell –
Symphytum asperum, welcher nun auch innerlich angewendet werden darf, da ihm die
toxischen Stoffe des Symphytum officinale fehlen. Dieser wird deshalb auch
Futterbeinwell genannt und oft Tieren, wie Pferden oder Kühen, mit dem Futter
verabreicht. Tragenden Stuten darf jedoch unter keinen Umständen Beinwell
zugefüttert werden (LIATH 2012, 171). Nach EU-Richtlinien darf er auch keinen Tieren
verabreicht werden, welche der Milchproduktion dienen. Lediglich der Wirkstoff selbst
darf auf intakter Haut angewendet werden (VO (EWG) Nr. 2377/90). Ansonsten gilt für
Tiere dieselbe Anwendung wie bei Menschen, mit Ausnahme der Katze, bei welcher
Beinwell nicht angewandt werden sollte. Artabhängig gibt es jedoch Unterschiede in
der Dosierung (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015).

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3.3. Blutwurz
Allgemeines
Die Blutwurz Potentilla erecta oder
auch Tormentillwurzel genannt,
gehört zur Familie der Rosaceae, den
Rosengewächsen. Aus den Achseln
der fünf Grundblätter wachsen im
Frühjahr bogig aufsteigende oder
niederliegende Stängel. Die Blätter
sind meist dreiteilig gefingert und Abbildung 6: Potentilla erecta Abbildung 7: Potentilla erecta
Foto
entweder kurzstielig oder sitzend
zwischen zwei Nebenblättern, durch welche sie oft fünfzählig erscheinen. Die Pflanze
bildet gelbe Blüten aus, welche vier Kronblätter besitzen und sich in der Fruchtreife zu
eiförmigen, gefurchten Nüsschen umwandeln. Zur Drogengewinnung wird der
dunkelbraune Wurzelstock in März, April, September und Oktober ausgegraben und
in zwei Phasen getrocknet. Dieser erscheinen nach der Trocknung als löchrige braune
oder dunkelrote Stücke, die außen von dunkelrot-braunem Kork bedeckt sind. Zu
finden ist die Blutwurz in Europa, Westsibirien und Vorderasien auf sonnigen
Böschungen, Magerrasen, Feuchtheiden und Torfböden (ENNET, REUTER 2015, 51F.).
Eine Verwechslung mit anderen Fingerkräutern, wie dem Frühlings-Fingerkraut ist
möglich, wobei die Unterscheidung hier anhand der Anzahl der Blütenblätter sehr
einfach ist. Alleinig die Blutwurz besitzt vier Kronblätter (Käsekessel.de).

Geschichte
In Mitteleuropa wurde die Pflanze schon früh bei Durchfall,
Menstruationsbeschwerden, Pest und Ruhr angewendet, fand allerdings auch schon
damals eine Nutzung bei Viehkrankheiten (ENNET, REUTER 2015, 52).

Inhaltsstoffe
Die Droge enthält bis zu 25% Gerbstoffe (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015,
107), die bei der Lagerung in unlösliche Phlobaphene, das Tormentillrot, übergehen,
welches therapeutisch weniger wirksam ist (PAHLOW 2016, 321). Zusätzlich sind
Pflanzensäuren, Flavonoide und wenige ätherische Öle enthalten. Außerdem kommt
darin das Tormentillsäureglucosid, auch Tormentosid genannt, vor (ENNET, REUTER
2015, 52).

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Wirkung
Durch den Gerbstoffgehalt hat die Tormentillwurzel eine adstringierende,
entzündungshemmende, blutstillende, antimikrobielle und somit heilungsfördernde
Wirkung. Innerlich wird der Teeaufguss oft bei Durchfallerkrankungen (auch mit
blutigen Durchfällen) und Schleimhautentzündungen in Magen und Darm angewendet,
da er deutlich verträglicher als Eichenrinde und schwarzer Tee ist (BRENDIECK-WORM,
KLARER, STÖGER 2015, 107). Auch bei Darmstörungen und Blähungen aufgrund von
Gärungserscheinungen kann der Tee angewendet werden. Häufig wird Tormentill bei
chronischen Magen-Darmstörungen, wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa,
unterstützend als Selbstmedikation genutzt (LANGHORST 2009, 174). Äußerlich
angewendet wird eine Tinktur bei Entzündungen des Zahnfleisches sowie bei
entzündeten Mandeln empfohlen. Eine Abkochung der Wurzel kann bei
Hämorrhoiden, Erfrierungen, Verbrennungen und schlecht heilenden Wunden Abhilfe
schaffen (PAHLOW 2016, 322). Bei empfindlichen Personen kann sie bei innerlicher
Anwendung jedoch Übelkeit und Erbrechen auslösen. Zusätzlich besitzt die Blutwurz
einen technischen Nutzen bei der Gerbung von Leder und der Tintenherstellung
(ENNET, REUTER 2015, 52). Die Anwendungsgebiete sind für Mensch und Tier gleich,
wobei sich lediglich die Dosierung unterscheidet. Eine Ausnahme hierbei bildet
abermals die Katze, für welche die Arznei giftig wirkt (BRENDIECK-WORM, KLARER,
STÖGER 2015). Für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, darf Tormentill in der
EU nicht angewendet werden (VO (EWG) Nr. 2377/90). In Kombination mit anderen
Kräutern ist sie gegen blutige Milch bei Kühen wirksam (Käsekessel.de).

3.4. Brennnessel
Allgemeines

Die Brennnessel, Urtica dioica


(Große Brennnessel) und Urtica
urens (Kleine Brennnessel),
stammt aus der Familie der
Brennnesselgewächse
(Urticaceae). Sie bevorzugt
stickstoffreiche Böden, wie
Abbildung 8: Urtica dioica Abbildung 9: Urtica dioica Foto
Ackerflächen, Uferflächen und
27
Auwälder, und ist weltweit, ausgenommen in den Polargebieten und auf Teilen Afrikas,
zu finden. Die Pflanze kommt einhäusig (Kleine Brennnessel) und zweihäusig (Große
Brennnessel) vor und bildet rispenartige Blütenstände, die zur Fruchtreife Nüsschen
bilden. Die dunkelgrünen, gesägten Laubblätter befinden sich gegenständig an einem
vierkantigen Stängel. Sowohl Laubblätter als auch Stängel sind mit kurzen,
borstenartigen Haaren und längeren Drüsenhaaren, den Brennhaaren, besetzt. Die
Blütezeit erstreckt sich von Juni bis September, wobei die Drogengewinnung davor, in
den Monaten April bis Juni vonstattengeht (ENNET, REUTER 2015, 59F.). Genutzt wird
das Kraut selbst, sowie auch Samen bzw. Früchte und Wurzeln (PAHLOW 2016, 94).
Eine Verwechslung kann mit der weißen Taubnessel passieren. Allerdings kann man,
wie der Name sagt, gut über das Brennen – oder eben nicht – unterscheiden, um
welche der Pflanzen es sich handelt (Käsekessel.de).

Geschichte
Urtica – aus dem lateinischen „die Brennende“ (STORL 2016, 14). Bereits im alten
Griechenland wurde die Nessel gegen Drüsenentzündungen, Hundebisse, krebsartige
Geschwüre und Husten eingesetzt. Die jungen Pflanzen wurden einst, wie auch von
Hildegard von Bingen empfohlen, häufig als Gemüse im Speiseplan eingebunden
(ENNET, REUTER 2015, 60.).

Inhaltsstoffe
Die Droge enthält neben Chlorophyll, Carotinoiden, Gerbstoffen, Triterpenen,
Mineralstoffen und Pflanzensäuren, wie Caffeoyl-Apfelsäure auch Amine,
Acetylcholin, Ameisen-, Essig- und Buttersäure in den Brennhaaren. Angewelkt haben
diese allerdings keine brennende Wirkung mehr (ENNET, REUTER 2015, 59F.).

Wirkung
Durch den Gerbstoffgehalt wirken Brennnesseltees leicht entzündungshemmend und
harntreibend. Mit seiner chlorid- und harnstoffausschwemmenden Wirkung wird er
häufig bei Blasen- und Nierenleiden verwendet. Ebenso soll der Tee bei Gicht- und
Rheumabeschwerden zur Schmerzlinderung, Entzündungshemmung und
Verbesserung der Beweglichkeit eingesetzt werden (ENNET, REUTER 2015, 59F.). Mit
den Stoffwechselprodukten können auch Grieß und Steine in Nieren und Blase
ausgeschieden werden (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 83). In der
Volksmedizin heißt es, dass die fett- und schleimhaltigen Brennnesselfrüchte alle
Lebensvorgänge aktivieren und die körpereigenen Abwehrkräfte steigern. Heutzutage
kristallisiert sich insbesondere die Verwendung als Kräftigungsmittel für ältere
28
Menschen heraus. Bei Tieren können die frischen Pflanzen im Frühjahr als
Stoffwechselkur für Nagetiere, oder allgemein zur Steigerung der Leistung und
Fruchtbarkeit angewendet werden, bei Geflügel sollen sie die Legeleistung steigern.
Ebenso fördern sie ein glänzendes Fell und reine Haut. Die Wurzel hingegen hilft
beispielsweise alten Hunden bei Prostataproblemen (BRENDIECK-WORM, KLARER,
STÖGER 2015, 83). Einst fütterte man den Pferden, die verkauft werden sollten,
Brennesselsamen um ein glänzenderes Fell zu fördern und somit einen höheren Preis
zu erzielen. Die Anwendung bei Pferden bezieht sich hauptsächlich auf die Linderung
von Ödemen, Ekzemen, Arthrosen und entzündlichen Darmerkrankungen (Natural
Horse Care.com). Eine Behandlung mit Brennnessel ist laut der EU- Verordnung bei
lebensmittelliefernden Tieren zugelassen (VO (EWG) Nr. 2377/90).

3.5. Eibisch
Allgemeines
Der Eibisch Althaea officinalis zählt zur
Familie der Malvengewächse, den
Malvaceae. Er ist eine, bis zu 1,5
Meter hohe, behaarte Staude, deren
Blätter weiß-filzig behaart, drei- bis
fünflappig gestielt und unregelmäßig
gekerbt sind. Sie ordnen sich spiralig
um den Stängel an. Aus den Abbildung 10: Althea officinalis Abbildung 11: Althea officinalis Foto

Blattachseln wachsen gestielte weiß


bis rötlich gefärbte große Blüten. Geerntet wird meist der Wurzelstock, wobei auch die
jungen Blätter und Blüten genutzt werden können. Die Blütezeit erstreckt sich von Juli
bis September. Wild ist der Eibisch nur noch selten zu finden und wenn, dann auf eher
salzhaltigen Böden oder feuchten Wiesen (PAHLOW 2016, 111F.). Seine Ursprünge hat
er vermutlich aus Europa, Sibirien, Westasien und Nordafrika (ENNET, REUTER 2015,
94).

Geschichte
Der Eibisch war bereits in der Antike bekannt und wurde als Arzneimittel genutzt.
Bereits Theophastros erwähnte ihn als Mittel gegen Husten, Dioskurides empfahl ihn
bei Durchfällen, Problemen mit dem Ischias und Zittern. Mit Öl aufgelegt sollte er

29
außerdem Brandwunden heilen. Auch im Mittelalter und der Neuzeit wird er noch sehr
geschätzt und in Gärten gezogen, wobei sich die Anwendungsgebiete nicht geändert
haben (ENNET, REUTER 2015, 94).

Inhaltsstoffe
Der wichtigste Bestandteil ist der Schleim, der besonders in den Wurzeln enthalten ist.
Ebenso sind Zucker, Stärke und Pektin enthalten. In den Blättern und Blüten findet
man weniger Schleim, dafür ätherische Öle (PAHLOW 2016, 112) und Gerbstoffe
(ENNET, REUTER 2015, 94).

Wirkung
Die Anwendung des Eibischs hat sich seit der Antike nicht mehr geändert. Der Schleim
legt sich wie eine Schutzschicht über die betroffenen Stellen, wirkt innerlich auf
Entzündungen im Körper, wie beispielsweise in Magen und Darm, sowie äußerlich auf
Schleimhäute und Rachen reizlindernd. Bei Husten lindert er zusätzlich den Hustenreiz
und erleichtert das Abhusten. Eine Abkochung des Eibischtees wird bei
Magenschmerzen, Durchfällen und Darmbeschwerden verabreicht. Äußerlich kann er
als Auflage auch bei Furunkeln angewendet werden. Nebenwirkungen sind keine
bekannt (PAHLOW 2016, 112). Die Anwendungsgebiete sind auch hier für Mensch und
Tier gleich, wobei sich ausschließlich die Dosierung unterscheidet. Eine Ausnahme
hierbei bildet abermals die Katze, für welche die Arznei giftig wirkt (BRENDIECK-WORM,
KLARER, STÖGER 2015).

3.6. Löwenzahn
Allgemeines
Der Löwenzahn, Taraxacum
officinale stammt aus der Familie
der Zichoriengewächse, der
Cichoriaceae. Er ist stark
anpassungsfähig und wächst auf
nahezu jedem Boden. Aus einer
Pfahlwurzel treibt die Pflanze eine
Abbildung 12: Taraxacum Abbildung 13: Taraxacum officinale
grundständige Blattrosette und ein officinale Foto
oder mehrere einköpfige
Blütenschäfte aus. Alle Organe der Pflanze enthalten einen weißen, etwas klebrigen

30
Milchsaft. Die Blätter sind lanzettförmig und tief gesägt oder gespalten (PAHLOW 2016,
216). Auf den hohlen Blühstängeln sitzt das Blütenköpfchen mit vielen einzelnen,
leuchtend gelben Blüten. Nach der Blütezeit von April bis Juni bilden sich kleine,
braune Früchte mit einem Pappus, welcher sich zu fallschirmartigen Anhängseln
umbildet. Die gesamte Pflanze wird, samt Wurzel, zur Drogengewinnung im April und
Mai vor dem Aufblühen gesammelt und anschließend getrocknet. Der, auf der
Nordhalbkugel heimische Löwenzahn, wurde einst nach Südamerika eingeschleppt.
Zu finden ist er vor allem auf Wiesen, Weiden, Unkrautfluren, Ackerflächen,
Wegrändern und in lichten Wäldern, wobei er in Europa auch in Kulturen angepflanzt
wird (ENNET, REUTER 2015, 238F.).

Geschichte
Die ersten Erwähnungen der Pflanze als Heilpflanze stammen im 10. und 11.
Jahrhundert aus dem arabischen Raum, woraufhin er lange Zeit nicht als Heilmittel
genutzt wurde. Erst in den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts wurde er im
europäischen Raum genauer ins Auge gefasst und seine blutreinigende,
harntreibende und hustenlindernde Wirkung erkannt. Der Milchsaft sollte allerdings
auch die Flecken in den Augen vertreiben und ein Auszug aus den Wurzeln mit Wasser
galt als ein Schönheitselixier bei Frauen (ENNET, REUTER 2015, 239F.).

Inhaltsstoffe
Den Hauptanteil der enthaltenen Stoffe machen die Bitterstoffe und Vitamine aus.
Ebenso sind Triterpene, Sterole, Fruktose, Inulin, Kaliumsalze, Cumarine, Flavonoide
(ENNET, REUTER 2015, 239), Mineralien, wie Kalzium, Spurenelemente und Schleime
zu finden (PAHLOW 2016, 216). Inulin ist vermehrt bei einer Ernte der Löwenzahnwurzel
im Herbst eingelagert. Hierbei handelt es sich um einen unverdaulichen Zucker, also
einen Ballaststoff. Aus diesem Grund wird sie häufig als Diätgemüse genutzt und dient
als Präbiotikum für eine gesunde Darmflora (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015,
82).

Wirkung
Alle Auszüge aus der Pflanze besitzen eine nieren- und leberaktivierende Wirkung.
Aus diesem Grund wird er in Frühjahr und Herbst oft für Entschlackungskuren
empfohlen und erhöht das Allgemeinbefinden geschwächter Menschen. Halbjährliche
Löwenzahnkuren können nach neuen Erkenntnissen auch die Bildung von
Gallensteinen verhindern, bzw. ihr Wachstum hemmen (PAHLOW 2016, 216). Aufgrund
des vermehrten Harntriebs, der ausgelöst wird, und welcher vermutlich auf den hohen
31
Gehalt an Kaliumsalzen zurückzuführen ist, wird der Löwenzahn häufig bei
rheumatischen Beschwerden und Nierenleiden eingesetzt. Die Bitterstoffe der Pflanze
wirken appetitanregend und fördern die Wirkung von Magen- und Gallensaft. Die
Anwendung bei Gallenkoliken und Verdauungsbeschwerden wie Blähungen liegt also
nahe. Ebenfalls hat er eine positive Wirkung auf das Bindegewebe, das durch die
erhöhte Leberaktivität stärker durchblutet wird (PAHLOW 2016, 216) und regt den
Zellstoffwechsel an (ENNET, REUTER 2015, 239). Bei Tieren wird der Löwenzahn,
anders als bei Menschen, meist nicht getrocknet als Tee oder Auszug verabreicht,
sondern als Frischpflanze. Wird er getrocknet gegeben, so mischt man ihn unter das
Futter. Löwenzahn darf allen Nutz- Nage- und den üblichen Haustieren, mit Ausnahme
der Katze, verabreicht werden. Besonders bei Pferden mit Gelenks- und
Hautproblemen empfiehlt sich eine tägliche Zugabe zum Futter (BRENDIECK-WORM,
KLARER, STÖGER 2015, 83).

3.7. Mariendistel
Allgemeines
Die Mariendistel, Silybum marianum, ist
eine ein- oder zweijährige Pflanze aus der
Familie der Korbblüter, der Asteraceae. Sie
besitzt dunkelgrüne, buchtige und an den
Adern weiß marmorierte Blätter, welche
dornig gezähnt sind. Durch ihre Musterung
ist sie eine der schönsten und zudem
größten unter den Disteln. Die Blütenköpfe
Abbildung 14: Silybum Abbildung 15 Silybum
tragen, wie bei den Asteraceae üblich, marianum Foto
marianum
Röhrenblüten mit rot-violetter Färbung
(PAHLOW 2016, 225). Die Hüllblätter sind nach oben eingerollt und von gelblichen
Dornen umgeben. Die Früchte sind, ebenfalls typisch für Asteraceae, nussähnliche
Achaenen (ENNET, REUTER 2015, 250F.) mit einer schwarzen, glänzenden Schale. Der
seidige Haarkranz (Pappus), der aus den befruchteten Blüten entsteht, wird nach
kurzer Zeit abgeworfen (PAHLOW 2016, 225). Die reifen Früchte werden nach der
Blütezeit im August und September geerntet. Verwertet wird also ausschließlich der
Samen der Mariendistel. Heimisch ist sie in Südeuropa, Kleinasien und Nordafrika,
wobei sie eingeschleppt ebenso in Nord- und Südamerika sowie Südaustralien
32
anzufinden ist. Sie wächst auf Viehweiden, Unkrautfluren und Ödland sowie in
Kulturen, wo sie als Arzneipflanze angebaut wird (ENNET, REUTER 2015, 250F.).

Geschichte
Bereits im ersten Jahrhundert kannten Dioskurides und Plinius die positiven
Eigenschaften dieser Pflanze. Seit dem Mittelalter hatte Sie eine Bedeutung in der
Marienverehrung und später wurde sie gegen Leberentzündung, Ödeme, Gelbsucht,
Steinleiden, wie Nieren- oder Gallensteine sowie Weißfluss – was ihr zusätzlich den
Namen Frauendistel einbrachte (ENNET, REUTER 2015, 251F.) – eingesetzt.

Inhaltsstoffe
Der Hauptbestandteil der Droge ist bis zu drei Prozent Silymarin, das ein Gemisch aus
drei verschiedenen Flavonolignanen ist. Es befindet sich ausschließlich in der
Fruchtschale. Im übrigen Samen sind außerdem noch Bitterstoffe, Harze, wenige
ätherische Öle (PAHLOW 2016, 225), Flavonoide, fette Öle, mit einem hohen Anteil an
Linol- und Pamitinsäure, Vitamin E, Sterole, Proteine und etwas Schleim (ENNET,
REUTER 2015, 251).

Wirkung
Durch das Silymarin wird die Gallensaftproduktion und -ausscheidung gefördert.
Besonders zur Leberentgiftung bzw. zum Leberschutz bei Schädigungen durch
toxische Stoffe, wie Alkohol, kann eine positive, membranstabilisierende Wirkung
festgestellt werden. Infolgedessen unterstützt sie die Behandlung der, aufgrund von
Alkoholkonsum und/oder Überernährung heutzutage häufiger verbreiteten Fettleber.
(PAHLOW 2016, 226). Im Allgemeinen dient die Droge zur Behandlung von
Verdauungsstörungen und Lebererkrankungen, wie Hepatitis. Extrahierte Stoffe wie
das Silybinin werden auch heute noch als Gegenmittel bei Vergiftungen, wie
beispielsweise durch den hochgiftigen Knollenblätterpilz, eingesetzt (ENNET, REUTER
2015, 251). Anhand eines Versuches mit ebendiesem konnte zweifelsfrei die
schützende und regenerierende Wirkung der Pflanze festgestellt werden. Auch bei
höheren Dosierungen sind keine Nebenwirkungen bekannt. Präparate, welche mit
dem Wirkstoff der Marinedistel arbeiten, nennen in den Nebenwirkungen dennoch
leichte Verdauungsstörungen als mögliche Begleiterscheinung (PAHLOW 2016, 225).
Die Anwendungsgebiete sind auch hier für Mensch und Tier gleich, wobei sich
ausschließlich die Dosierung unterscheidet. Eine Ausnahme hierbei bildet abermals
die Katze, für welche die Arznei giftig wirkt (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015).

33
3.8. Schachtelhalm
Allgemeines
Der Schachtelhalm oder
Ackerschachtelhalm, Equisetum
arvense, stammt aus der Familie der
Equisetaceae – der
Schachtelhalmgewächse. Horizontal
im Boden gelegene Wurzelstöcke
bilden im Frühling fertile,
blassrosarote und unverzweigte Triebe Abbildung 16: Equisetum
arvense Abbildung 17: Equisetum
arvense Foto
mit Sporangienständen aus. Erst nach
deren Absterben entstehen im Sommer die quirlig verzweigten, grünen, sterilen
Sommersprosse. Die Hauptachsen sind hohl und durch Knoten (Nodi) unterteilt. Die
Blattscheiden enden in Mikrophyllen, welche die Achse umgeben (ENNET, REUTER
2015, 2). Aufgrund der Verwechslungsgefahr mit giftigen Schachtelhalmarten sollte der
Ackerschachtelhalm nur bei genauer Kenntnis selbst gesammelt werden (PAHLOW
2016, 273). Gesammelt werden von Juni bis September nur die unfruchtbaren grünen
Triebe. Der Ackerschachtelhalm ist über die gesamte Nordhalbkugel in den
gemäßigten Klimazonen anzufinden, wächst bis in die alpinen Regionen (bis 2000m)
und bevorzugt sandige, feuchte Standorte, wie Wegränder, Äcker, Gräben und Wiesen
(ENNET, REUTER 2015, 3).

Geschichte
Bereits im Altertum wurde er bei Griechen und Römern als harntreibendes und
regelblutungverminderndes Arzneimittel eingesetzt. Im Mittelalter scheint er durch
seine blutstillende Wirkung als häufiges Heilmittel auf, das ebenso gegen Gicht,
Husten und Ruhr eingesetzt wurde. Mit der Zeit geriet er in Vergessenheit und wurde
zum Putzen von Zinngeschirr – woher auch der Name Zinnkraut stammt – genutzt
(PAHLOW 2016, 273). Im 19. Jahrhundert wurde er von Kneipp als unersetzbar bei
Harnbeschwerden sowie Blutungen und Bluterbrechen beschrieben. Auch heute wird
er besonders als Tee bei den zuvor genannten Leiden eingesetzt und geschätzt
(ENNET, REUTER 2015, 4).

Inhaltsstoffe
Der Schachtelhalm besitzt etwa 10% mineralische Bestandteile, wovon etwa zwei
Drittel die Kieselsäure ausmacht (ENNET, REUTER 2015, 3). Ebenso sind Spuren von

34
Flavonoiden, Kaliumsalzen, Saponinen (PAHLOW 2016, 273) und Alkaloiden, wie
beispielsweise Nicotin enthalten (ENNET, REUTER 2015, 3).

Wirkung
Die Hauptwirkungen des Schachtelhalms sind blutstillend sowie harntreibend, ohne
den Elektrolythaushalt des Körpers zu beeinflussen. Aus diesem Grund wird er oft bei
entzündlichen Harnwegserkrankungen oder Nierengries eingesetzt. Auch bei
rheumatischen Beschwerden, chronischem Husten und stoffwechselbedingtem
Anschwellen der Beine soll er Abhilfe schaffen (PAHLOW 2016, 273). Ebenso wird er
zur Linderung von Ödemen innerlich angewendet. Meist wird er als Tee eingenommen,
es ist allerdings auch eine äußerliche Anwendung z.B. bei der Durchspülung von
schlecht heilenden Wunden möglich. Der Ackerschachtelhalm zeigt keinerlei
Nebenwirkungen, einzig bei Ödemen, die aufgrund von Herz- und Nierenschwäche
entstanden sind, soll seine Wirkung nicht empfehlenswert sein (ENNET, REUTER 2015,
3F.). Die Anwendungsgebiete sind auch hier für Mensch und Tier gleich, wobei sich
ausschließlich die Dosierung unterscheidet. Eine Ausnahme hierbei bildet wiederum
die Katze, für welche die Arznei giftig wirkt (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015).

3.9. Sonnenhut
Allgemeines
Der schmalblättrige Sonnenhut,
Echinacea angustifolia, stammt
aus der Familie der Asteraceae
und wächst aus einer
senkrechten Pfahlwurzel mit
zahlreichen Nebenwurzeln. Der
lange, im Verhältnis dünne
Stängel ist, ebenso wie die Abbildung 18: Echinacea Abbildung 19: Echinacea angustifolia
angustifolia
Blätter mit Borstenhaaren
besetzt. In zerstreuter Anordnung stehen an einem kurzen Blattstiel lanzettförmige,
ganzrandige Blätter von ihm ab. An der Spitze des Stängels befindet sich eine große
Körbchenblüte mit kegelförmigem Blütenboden und purpurrot gefärbten Zungenblüten
und grünlichen Röhrenblüten. Ebenso sind dunkelrot gefärbte Spreublätter vorhanden,
die sich in der Fruchtreife braun verfärben und steif werden. Als Frucht trägt er eine

35
einsamige Schließfrucht (ENNET, REUTER 2015, 365). Der Sonnenhut blüht den ganzen
Sommer hindurch, wobei die Ernte des Krautes kurz nach dem Aufblühen stattfindet.
Die Wurzel hingegen wird im Frühjahr oder Herbst zur Drogengewinnung ausgegraben
und im Schatten getrocknet. Ursprünglich stammt der Sonnenhut aus Amerika, wobei
er, aufgrund seiner ansprechenden Blüten, schon lange als Zierpflanze in unseren
Gärten gepflanzt wird (PAHLOW 2016, 295).

Geschichte
Bereits bei den indianischen Ureinwohnern wurde die Pflanze als Antiseptikum bei
Furunkeln, Eiterungen und Entzündungen genutzt. Die Sioux-Indianer verwendeten
sie als Gegenmittel bei Schlangenbissen. Erst im 19 Jahrhundert gelangte die Pflanze
nach Europa, weshalb sie erst relativ neu in der Phytotherapie genutzt wird (ENNET,
REUTER 2015, 366).

Inhaltsstoffe
In der Pflanze enthalten sind Echinacin, ätherisches Öl, Harz, Bitterstoffe, Phytosterine
(PAHLOW 2016, 295), welche die Aufnahme von Cholesterin im Darm hemmen können
(Bundeszentrum für Ernährung) Zucker, Kompositenstärke, Echinacosid (PAHLOW
2016, 295), Alkamide, Kaffeesäurederivate und Polyine (ENNET, REUTER 2015, 366).

Wirkung
Die Extrakte, sowohl aus Kraut als auch Wurzel, wirken immunstimulierend und
stärken so die körpereigenen Abwehrkräfte. An dieser Wirkung sind sowohl
Polysaccharide als auch Alkamide, Kaffeesäurederivate und Polyine beteiligt.
Aufgrund dieser Wirksamkeit wird der Sonnenhut häufig bei grippalen Infekten,
fieberhaften Erkrankungen, Entzündungen im Hals- Nasen und Rachenbereich,
Harnwegsinfekten und chronischen Gelenksentzündungen genutzt. Die Heilung von
Entzündungen und Wunden wird gefördert, weshalb die Echinacea in vielen
Fertigpräparaten enthalten ist (ENNET, REUTER 2015, 366). Häufig werden Präparate
auch als Unterstützung zu einer Chemotherapie verabreicht. Zur Grippevorbeugung
und bei Hautkrankheiten wie Schuppenflechte werden meist Tropfen verwendet. Am
wirksamsten soll jedoch, wie bei den meisten Phytopharmaka, ein Gesamtauszug im
Vergleich zu einem extrahierten Wirkstoff sein (PAHLOW 2016, 296). Ebenso wie bei
den übrigen besprochenen Heilpflanzen darf der Sonnenhut bei Tieren – mit
Ausnahme der Katze – auf dieselbe Weise mit unterschiedlicher Dosierung wie für
Menschen verabreicht werden (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015).

36
3.10. Spitzwegerich
Allgemeines
Spitzwegerich Plantago
lanceolata stammt aus der
Familie der
Wegerichgewächse, der
Plantaginaceae. Er bildet
grundständige
Blattrosetten, die aus
einem kurzen Wurzelstock
austreiben. Inmitten der
lanzettenförmigen Blätter,
Abbildung 20: Plantago lanceolata Abbildung 21: Plantago lanceolata
die parallel verlaufende Foto

Leitbündel aufweisen, treiben längs gefurchte, blattlose,


einzelne Blütenstandschäfte mit Blütenähren aus. Die Ähren blühen von unten nach
oben auf (ENNET, REUTER 2015, 368), wobei die Staubgefäße lang aus den Blüten
heraushängen (PAHLOW 2016, 302), und bilden schließlich in der Fruchtreife sehr
kleine Kapseln. Zur Verwendung als Heilmittel werden die Blätter von Mai bis
September, also während der Blütezeit, die zwischen April und September liegt,
geschnitten und schnell getrocknet. Das Kraut ist in Europa und großen Teilen Asiens
sowie Nordafrika heimisch, wo es vorwiegend auf Wiesen, Weiden, Magerrasen und
Wegrändern anzutreffen ist (ENNET, REUTER 2015, 368). Eine Verwechslung mit
anderen Wegericharten, wie dem breitblättrigen Wegerich und dem mittleren Wegerich
ist aufgrund der Wirkeigenschaften nicht gefährlich (PAHLOW 2016, 302). Der
Spitzwegerich wird außerdem auch in Feldkulturen angepflanzt (ENNET, REUTER 2015,
368).

Geschichte
Das Kraut ist ein sehr altes Heilmittel und bereits Dioskurides wusste im ersten
Jahrhundert bereits um die austrocknenden, adstringierenden Kräfte der Pflanze. Er
empfahl den Spitzwegerich bei Geschwülsten, Geschwüren, Blutungen, Brandwunden
und Bleichsucht. Hildegard von Bingen nannte die Pflanze als ein Mittel, um sich von
„angezauberter Liebe“ freizumachen. Später, im 16. und 17. Jahrhundert, wurde das
Wirkspektrum um Krankheiten wie Durchfall, Ruhr, Nasenbluten, Wassersucht (also
Ödeme), Tuberkulose und Eingeweidewürmer erweitert (ENNET, REUTER 2015, 369).

37
Inhaltsstoffe
Der Spitzwegerich enthält Iridoidglykoside, wie Aucubin, welcher der Hauptwirkstoff ist
(PAHLOW 2016, 302), und Catalpol, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Bitterstoffe,
Mineralstoffe, Kieselsäure, Flavonoide, Pflanzensäuren und Phenylethanoide, wie
Atetoxid und Tanosid (ENNET, REUTER 2015, 368). Da einige der Wirkstoffe
hitzeempfindlich sind, werden die Heilmittel meist kalt zubereitet (BRENDIECK-WORM,
KLARER, STÖGER 2015, 185).

Wirkung
Durch die Schleim- und Gerbstoffe wirkt das Kraut reizmildernd. Die Iridoide haben
eine antibakterielle Wirkung, wohingegen die Penylethanoide für die Ödemhemmung
verantwortlich sind (ENNET, REUTER 2015, 368F.). Bitterstoffe, Kieselsäure und der
Schleimgehalt schaffen Abhilfe bei Husten. In neuerer Zeit fand man heraus, dass eine
antibiotische Wirkung vom Spitzwegerichkraut ausgeht, weshalb er bei fiebrigen
Lungen- und Bronchialleiden mit seiner Wirkung überzeugt. Angewendet werden
innerlich sowohl Tees als auch Presssäfte, als Abhilfe für Husten, Heiserkeit,
Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Der Spitzwegerichsaft soll
besonders gut bei Keuchhusten abhelfen, wobei hier die frischen Blätter mit Honig
aufgekocht und anschließend stündlich verabreicht werden (PAHLOW 2016, 302).
Äußerlich wird die Droge für entzündliche Veränderungen der Haut genutzt (ENNET,
REUTER 2015, 368F.) und lindert Schwellungen und Juckreiz nach Insektenstichen
(PAHLOW 2016, 302). Obwohl Nebenwirkungen nicht bekannt sind, wird eine
äußerliche Selbstmedikation bei schlecht heilenden Wunden nicht empfohlen (ENNET,
REUTER 2015, 368F.). Die Anwendungsgebiete sind auch hier für Mensch und Tier
gleich, wobei sich ausschließlich die Dosierung unterscheidet. Lediglich für die Katze
wirkt die Arznei giftig (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015).

38
3.11. Thymian

Allgemeines
Der Thymian Thymus
vulgaris gehört zu den
Lippenblütergewächsen,
den Lamiaceae, ist ein
kleiner 10 – 40cm hoher
Halbstrauch. Die
vierkantigen Stängel
entspringen einer Pfahlwurzel, sind leicht behaart und
mit kleinen elliptischen,
Abbildung 22: Thymus vulgaris Abbildung 23: Thymus vulgaris Foto
sitzenden oder kurz
gestielten Blättchen bestückt. Die Oberseite zeigt sich glatt und leicht nach unten
eingerollt, wohingegen die Unterseite graufilzig behaart ist. Die Lippenblüten sind
blass-rötlich und stehen in Ähren. Zur Fruchtreife bilden sich kleine Nüsschen.
Gesammelt wird das Kraut knapp vor oder während der Blütezeit, die den Zeitraum
von Mai bis September einnimmt. Da die Stängel nahezu wirkstofffrei sind, werden die
Blätter nach dem Trocknen abgerebelt (ENNET, REUTER 2015, 391). Der Duft des
Thymians ist stark aromatisch, was auf die ätherischen Öle zurückzuführen ist.
Beheimatet ist die Pflanze im Mittelmeerraum und wird als Heil- und Gewürzpflanze
auch bei uns in Kulturen gezogen, wobei sie wild in unseren Breiten kaum verbreitet
ist (PAHLOW 2016, 317).

Geschichte
Bereits in der griechischen Antike wurden diverse Thymus-Arten beschrieben, wobei
es sich vermutlich erst bei dem, von Plinius beschriebenen, Thymum um Thymus
vulgaris handelte. Im Mittelalter gelangte die Pflanze schließlich auch nach Europa und
Hildegard von Bingen erwähnte ihn im 12. Jahrhundert. Im 16. und 17. Jahrhundert
wurde in den Kräuterbüchern empfohlen, Thymian selbst im Garten anzupflanzen und
ihn sowohl als Würzmittel, besonders für die Wurstherstellung, als auch als Heilpflanze
gegen Husten, Gliederschmerzen, Blutblase, Geschwülste, Gicht, sowie zur
Appetitanregung zu nutzen (ENNET, REUTER 2015, 392).

39
Inhaltsstoffe
Den größten Anteil an Inhaltsstoffen machen die ätherische Öle mit bis zu 2,5% im
Thymian aus, wozu auch das Thymol gezählt wird, welches bis zu 50% der Öle
betragen kann, nebenbei noch das Carvacrol (max. 15%) Borneol und Cymol. Auch
wenige Gerbstoffe (PAHLOW 2016, 318), Bitterstoffe, Triterpene und Flavonoide sind
zu finden.

Wirkung
Die ätherischen Öle, welche im Kraut enthalten sind, wirken in erster Linie
auswurffördernd, bakterienhemmend und schwach krampflösend. Aus diesem Grund
wird er häufig zur Behandlung von Katharren der oberen Atemwege, Husten, sowie
Keuch- und Krampfhusten genutzt. Dies geschieht im Regelfall durch die innere
Einnahme als Tee, Tropfen oder Säften (ENNET, REUTER 2015, 391F.). Auf den
Verdauungstrakt wirkt Thymian belebend und der Appetit wird angeregt. Auch bei
dünnem Stuhlgang und Bauchkrämpfen kann Thymian helfen. Eine Anwendung als
Bad ist beispielsweise bei Husten, Nervenschwäche, Rheuma und Darmbeschwerden
empfohlen (PAHLOW 2016, 318). Thymian ist die einzige in dieser Arbeit erwähnte
Pflanze, welche auch für Katzen bei Entzündungen der oberen Atemwege, in Form
von Inhalationen angewendet werden darf (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015,
65).

40
4. Interviews

4.1. Dr. Eva Fürnschuß – Vet. Med. und ganzheitliche


Tierheilpraktikerin

1) Wie entstand Ihr Interesse, sich der Phytotherapie bei Tieren zu widmen?

Das Interesse an Kräutern hatte ich schon im Kindesalter aufgrund der langjährigen
Erfahrung meiner Familie mit solchen. Besonders in meiner Pubertät beschäftigte ich
mich viel damit. Mein Lieblingsbuch war beispielsweise die Hausapotheke der Mutter
Gottes. Nach einem Jahr des Veterinärstudiums habe ich bereits parallel mein
siebenjähriges Homöopathiestudium begonnen, wobei ich mich, seit ich 30 bin, auch
noch mit TCM beschäftige und ein Fernstudium dazu mache. Das behandelt allerdings
eher fernöstliche Kräuter. Für die Veterinärmedizin und schließlich für die Kombination
mit Kräuterheilkunde habe ich mich entschieden, um meine Tierliebe und das
Interesse für Kräuter zu vereinen. Die Ursprungsidee war zwar eine Arbeit mit Pferden,
gelandet bin ich dann allerdings doch in der Kleintiermedizin. Mit 18 wollte ich noch die
Ausbildung zur Heilpraktikerin in Deutschland beginnen, wobei ich mich dann für das
Vet.Med. Studium entschlossen habe, da diese Ausbildung in Österreich gar nicht
anerkannt wird.

2) Wie und woher erhielten Sie die wichtigsten Informationen im Bereich der
Phytotherapie bei Tieren?

Das Wissen, das ich mittlerweile über die Phytotherapie besitze, habe ich mir selbst
über private Zusatzausbildungen angeeignet. Im Veterinärmedizinstudium wird dieses
Thema kaum behandelt und ausschließlich über eine Botanikvorlesung angeschnitten.

41
3) War PT ein Teil Ihrer Ausbildung zur Veterinärmedizinerin?

Nein, dies kommt so gut wie gar nicht im Studium vor und wurde zu meiner Zeit noch
oft als Humbug dargestellt. Mittlerweile wird die Medizin und auch das Studium etwas
offener gegenüber der Phytotherapie und alternativer Medizinformen. Diese
Entwicklung schreitet allerdings langsam voran und nimmt noch keinen großen
Stellenwert im Studienplan ein. Ich finde es sehr schade, dass dieser Bereich im
Studium so vernachlässigt wird und denke, dass dies eigentlich einen größeren Raum
in Anspruch nehmen sollte.

4) Inwiefern arbeiten Sie durch Ihr veterinärmedizinisches Studium anders


als es eine reine Tierheilpraktikerin ohne diesen medizinischen
Hintergrund tun würde?

Obwohl das Studium nicht als gesamtes nützlich für meinen Beruf ist, schafft es eine
ganz andere Basis, als sie reine Heilpraktiker haben. Das Verständnis für
Zusammenhänge und Vorgänge im Körper sowie die Physiologie und Pathologie ist
durch die veterinärmedizinische Ausbildung deutlich komplexer und lässt andere
Schlussfolgerungen zu. Ich merke auch bei Bekannten, die ähnliche Ausbildungen wie
ich gemacht haben, allerdings keine Veterinärmediziner sind, dass ihnen in Ernstfällen
die Erfahrungen und auch 30-50% des Wissens fehlen, die ich durch das Studium
erworben habe. Dies spiegelt sich oft in der Behandlung von Sonder- oder Notfällen
wider.

5) Welche Kräuter nutzen Sie am häufigsten und wofür verwenden sie diese?

Die Benutzung von Kräutern ist patientenabhängig. Meine Leidenschaft und


Spezialisierung gilt mittlerweile allerdings den Heilpilzen. Als quasi Universalrezept
verschreibe ich sehr häufig meine Entgiftungstherapie aus Bärlauch, Knoblauch,
Krauseminze, Zwiebel und Löwenzahn. Hiermit habe ich sehr gute Erfahrungen
gemacht und sehr viele chronische Krankheiten geheilt. Momentan habe ich viele
Patienten mit Gastritis, also verschreibe ich natürlich tendenziell öfter Kräuter, um
42
diese zu lindern. Ein heimisches Kraut, das ich sehr häufig nutze, ist die Mariendistel.
Diese hilft die Leber zu entgiften, was ich jedem meiner Patienten empfehle. Auch
MSM (Methylsulfonylmethan = organischer Schwefel), was zwar an sich keine
Heilpflanze ist, aber aus Pflanzen gewonnen wird, verschreibe ich sehr häufig.

6) Gibt es Pflanzen bzw. pflanzliche Arzneien mit denen Sie besonders


gute/schlechte Erfahrungen gemacht haben?

Gute mit meiner zuvor erwähnten Kräutermischung zur Entgiftung. Diese alleine hilft
den meisten Patienten schon zur Regeneration. Als Kur wird sie mit Chlorella
kombiniert. Nicht so gute Erfahrungen habe ich nur mit falschen Dosierungen oder der
falschen Anwendungsform gemacht. Ich nutze fast ausschließlich Auszüge und
Extrakte und verschreibe kaum bis nie Tees, da diese zu schwach in der Wirkung und
zu stark verdünnt sind. Somit ist es kaum möglich, das Tier dazu zu bewegen diese
große erforderliche Menge aufzunehmen.

7) Wo sehen Sie die größten Unterschiede bei der Behandlung


unterschiedlicher Tierarten?

Ich behandle alle Tierarten sehr ähnlich. Den Unterschied macht meist nur die
Dosierung aus. Die größte Ausnahme bilden so gesehen trotzdem Katzen, die leider
einige Pflanzen nicht vertragen. Meine Entgiftungsmischung beispielweise verschreibe
ich ausschließlich bei Hunden. Katzen sind außerdem sehr heikel, auch wenn sie die
Arzneien in der richtigen Dosierung vertragen würden. Ist die Katze nicht heikel,
verschreibe ich ihnen oft dieselben Kräuter wie Hunden. Hierbei kommt es, wie bereits
erwähnt, allerdings auf die Dosierung an. Katzen brauchen meiner Meinung nach oft
sehr hochdosierte Phytotherapeutika, oft sogar in einer ähnlichen Höhe wie Menschen.
Pferde hingegen sind sehr empfindlich und reagieren meist schon auf deutlich
geringere Mengen. Auch kleine Hunde benötigen oft dieselbe Menge wie ein größerer
Hund. Hier spielt eher die Schnelligkeit des Stoffwechsels eine wichtigere Rolle als das
Körpergewicht. Nagetiere behandle ich sehr selten.

43
8) Welche wesentlichen Unterschiede sehen Sie in der Wirkungsweise von
Phytopharmaka und herkömmlichen Arzneimitteln für Tiere?

Phytopharmaka wirken multidimensional und weisen geringe bis keine


Nebenwirkungen auf. Phytotherapie wirkt außerdem ganzheitlich und nicht nur auf
einen bestimmten Bereich. Aus diesem Grund muss viel mehr beachtet werden und
beispielsweise auch die Ernährung und gegebenenfalls das Umfeld des Tieres
verändert werden.

9) Gibt es Bereiche, wo Sie von der Behandlung mit PP abraten würden?

In meinen Augen können Phytotherapeutika immer unterstützend und meist auch als
alleinige Medikation genutzt werden. Außer in sehr fortgeschrittenen Fällen, wie sehr
starken chronischen Schmerzen oder sehr starken Herzproblemen, greife ich auf
konventionelle Arzneimittel in Kombinationstherapie zurück. Bei meinem Klientel
machen solche Fälle allerdings nur ungefähr 5% meiner Patienten aus.

10) Katzen scheinen ein Sonderfall für den Einsatz von PT zu sein. Welche
pflanzlichen Heilmittel sind auch für Katzen nutzbar und auf welche zeigen
sie besondere Reaktionen?

Katzen wird oft nachgesagt, keine ätherischen Öle zu vertragen. Meiner Erfahrung
nach macht hier allerdings die Qualität einen maßgeblichen Unterschied. Hochwertige
Produkte werden hier oft sehr gut angenommen. Ich nutze ohnehin ausschließlich für
den Menschen produzierte Produkte in Arzneimittelqualität. Abgesehen von
Lauchpflanzen wie Zwiebel oder Knoblauch, und Pflanzen mit besonders vielen
Bitterstoffen wie Kampfer, auf den die meisten (ca. 90%) Katzen mit schäumendem
Speichel reagieren, therapiere ich sie nahezu ident wie Hunde.

44
11) Wie würden Sie ungefähr den Anteil von PT und herkömmlicher
Medikamentation bei Ihrer Arbeit benennen?

Ich nutze nur in etwa 5% der Fälle herkömmliche Arzneimittel. Diese allerdings auch
nur in Kombination mit pflanzlicher Medikation als Unterstützung.

12) Haben Sie und Ihre Kollegen bzw. Kolleginnen eine hohe Nachfrage an
Phytopharmaka für Tiere? Kann man Gründe benennen, weshalb diese
Kunden PT nachfragen, etwa weil sie mit allgemeinmedizinischer
Behandlung schlechte Erfahrungen gemacht haben, oder weil sie der
Meinung sind, ihre Tiere damit „sanfter“ zu behandeln?

Ja, diese Nachfrage wird zudem auch zum Glück immer größer. Auch die
Pharmaunternehmen haben anwenderfreundliche Phytopharmaka entwickelt, die das
Anwendungsgebiet auf der Packung beschrieben haben und somit zur
Selbstmedikation eingesetzt werden können. Diese sind meist auch gut wirksam. Auch
Kolleginnen und Kollegen werden deutlich offener gegenüber alternativen
Behandlungsformen, wobei diese, nach meinem Gefühl, oft eher halbherzig und nach
dem Motto „Hüfts nix, schods nix“ verschrieben werden. Auch die Auseinandersetzung
mit diesem komplexen Thema wollen viele nicht eingehen, da sie hier ja ganzheitlich
behandeln sollten. Trotzdem fordern die Kunden dies immer häufiger ein. Meiner
Meinung nach resultiert dies aus den schlechten Erfahrungen, die mit den
Nebenwirkungen konventioneller Medikamente, die an sich selbst und ihren Tieren
gemacht wurden. Viele Tiere sterben auch an den Nebenwirkung langfristiger
konventioneller Medikation, was sie dann dazu bewegt das nachkommende Tier im
Krankheitsfall anders zu behandeln. Der Trend geht glücklicherweise mittlerweile
immer deutlicher zurück zu Heilmethoden natürlichen Ursprungs, was auf der
humanmedizinischen Universität ja auch lange verpönt war, und sich deshalb immer
mehr Mediziner in Eigeninitiative alternatives Wissen aneignen. Ich habe das Gefühl,
dass nun die Spitze in der Kurve der Nutzung von industriell gefertigten Medikamenten
erreicht war und sie nun abflacht.

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13) Welche sind aus Ihrer Erfahrung die wesentlichsten Punkte, die es zu
berücksichtigen gilt, wenn PP zum Einsatz kommen?

Ganz klar die Dosierung. Hier macht wirklich die Dosis das Gift sowie auch den
Heilerfolg. Ebenso muss sie durch die multidimensionale Wirkung und auch das
Wesen der Pflanzen sehr individuell angewendet werden. Ich muss auch bei ähnlichen
Krankheiten zu unterschiedlichen Therapien und Heilpflanzen greifen. Es geht hier
meiner Meinung nach auch nicht nur rein um die Inhaltsstoffe, sondern auch um die
Energien und das Wesen der Pflanze und des Tieres. Man muss lernen, diese Dinge
zu verstehen und sich hineinzuspüren. Dies gefällt mir besonders an meinem Beruf,
da er so komplex und abwechslungsreich ist. Auch die Erfolge in der positiven
Wesensveränderung von Tieren ist toll mit anzusehen. Hierfür lohnt sich auch der
Mehraufwand, den diese Therapiemethoden erfordern.

14) Möchten Sie mir noch etwas Wesentliches mitteilen, das ich vergessen
habe Sie zu fragen?

Es ist mir noch ein Anliegen auf die Produktqualität hinzuweisen und darauf zu achten.
Auch pflanzliche Heilmittel für Tiere werden oft, um ein Patent darauf zu bekommen,
von den Pharmakonzernen mit Zusatzstoffen wie Zucker, Hefen oder chemischen
Vitaminen ausgestattet. Diese schwächen die Wirkung des pflanzlichen Inhaltsstoffs
enorm. Produktreinheit ist für mich an meinen Produkten eines der wichtigsten
Kriterien, weshalb ich auch ausschließlich zu jenen greife, die für die Anwendung am
Menschen produziert wurden und zu keinen zur Medikation von Tieren.

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4.2. Ina Wähner – Verbandsbüroleiterin für Verband deutscher
Tierheilpraktiker

1) Wie entstand Ihr Interesse, sich der Phytotherapie bei Tieren zu widmen?

Ich hatte bereits frühe Erfahrung mit Kräutern durch meine Großmutter. Sie war eine
echte Kräuterfrau und hat viel altes Wissen in der Praxis gesammelt. Sie hat
vorwiegend über Kräutersuppen, aber auch über die Wirkungsweise von
Gemüsesorten gearbeitet und nicht wie heutzutage üblich über Tees. Mit ihr war ich
auch immer im Wald. Für mich war der Zugang zu Pflanzen, insbesondere
Heilpflanzen, ganz normal und in der Schule habe ich mich immer gewundert, wieso
die anderen Kinder nicht dasselbe Wissen hatten wie ich. In meiner Jugend musste
ich auch erst lernen, dieses Privileg über das Wissen meiner Großmutter zu erkennen,
da ich es für ganz normal hielt. Auch in der späteren Ausbildung fiel mir auf, dass nur
sehr wenige Wissen und Erfahrung von zu Hause mitbrachten, so wie ich. Ich selbst
hatte vier Jahre Ausbildung in Phytotherapie für Human und habe auch eine Zeit lang
für Freunde und Bekannte in diesem Bereich praktiziert. Später habe ich drei Jahre
Ausbildung als Tierheilpraktikerin absolviert, mit Spezialisierung auf Phytotherapie für
Tiere. Eine Zeit lang war ich zu diesem Thema auch Dozentin bei den Paracelsus
Schulen.

2) Wie und woher erhielten Sie die wichtigsten Informationen im Bereich der
Phytotherapie bei Tieren?

Viel Wissen habe ich bereits von meiner Großmutter mitbekommen. Ebenso natürlich
in meinen Ausbildungen. Für die Ausbildung zur Phytotherapeutin habe ich ein Jahr
beim Institut „Zentrum für Naturheilkunde“ in München gearbeitet und drei Jahre Praxis
bei HP Kurt Staudinger durchlaufen. Dies war für mich ein besonders toller Mentor, da
er uns viele Dinge selbst ausprobieren ließ. Seine Philosophie war es, dass man
wissen sollte, wie sich eine Krankheit oder ein Symptom, z.B.: eine Vergiftung, anfühlt,
um es beim Patienten erkennen und behandeln zu können. Weiters habe ich Seminare
bei „Natura Naturans“ und Wolf-Dieter Storl belegt. Durch die Ausbildung als THP habe
47
ich die beiden Gebiete miteinander verbunden und mein vorhandenes Wissen auch
bei Tieren angewendet. Da sowohl Menschen als auch Tiere Lebewesen sind und eine
enorme Menge an Schnittpunkten im Organismus aufweisen, war es einfacher mein
Wissen über menschliche Phytotherapie bei Tieren erfolgreich anzuwenden. Hierbei
ist eher zu beachten, dass es sich sowohl bei Menschen als auch bei Tieren um
Individuen handelt und somit auch jeder/jedes individuell behandelt werden muss. Die
Schwierigkeit bei Tieren ist im Vergleich zum Menschen allerdings, dass man nicht
über Sprache kommunizieren kann und so Symptome und Schmerzen nicht
geschildert werden können. Heute halten mich Lektüre von Fachliteratur und Bücher
auf dem Laufenden und ich nutze meinen Erfahrungsschatz.

3) Weshalb haben Sie sich auf Phytotherapie spezialisiert? Gab es einen


ausschlaggebenden Grund dafür?

Wie bereits erwähnt trug meine Großmutter hier einen entscheidenden Teil dazu bei,
meine Liebe zu Heilpflanzen und das Interesse über die Genialität der Pflanzen zu
wecken. Dies hat mich schließlich für das Thema sensibilisiert und das Interesse für
Ethnobotanik, Matriarchatsforschung und alte Heilweisen gefördert. Mich fasziniert
diese Heilweise, da die Heilung mit Pflanzen schon vor zig-1000 Jahren von unseren
Vorfahren genutzt wurde.

4) Inwiefern arbeiten Sie als Tierheilpraktikerin anders als es ein Vet. Med.
tun würde?

In der Phytotherapie wird ein ganzheitlicher Ansatz gewählt und nicht ausschließlich
ein Symptom behandelt. Zuallererst wird versucht, der Ursache auf den Grund zu
gehen und infolgedessen dann das Symptom zu kurieren. Ich berücksichtige auch bei
den Tieren die ganzheitliche Sicht auf das Lebewesen, versuche auch die
Stimmungen, das Umfeld und den Charakter des Tieres in die Anamnese mit
einzubeziehen.

48
5) Welche Kräuter nutzen Sie am häufigsten und wofür verwenden Sie
diese?

Auch bei den Tieren stehen die „Alltagswehwehchen“ im Vordergrund der


Behandlungen. Wie z.B. auch bei den Menschen handelt es sich um Erkältungen in
den versch. Varianten, Magen-Darm-Problematik, Wundheilung etc. Auch
Präventionskuren für Welpen oder ältere Lebewesen und während der Trächtigkeit
sind häufig. Ich liebe alle Pflanzen für sich und könnte keine nennen, die ich nicht mag.
Aus energetischen Gründen und der Begleitung durch sie in meinem Leben sind meine
„Seelenpflanzen“ z.B. der Salbei, die Holler oder der Frauenmantel. Hätte ich aber eine
Liste über meine Lieblingspflanzen machen müssen, wäre ich wohl heute noch nicht
fertig.

Der Salbei wirkt beispielsweise antibakteriell, antiviral und antimykozid, er kann also
bei diesen drei Hauptgruppen von Krankheitserregern zur Heilung beitragen. Dies
beschreibt für mich schon ein Rundum-Heilmittel. Früher sagte man auch, „Wenn man
im Garten, bzw. im Klostergarten, einen Salbei hat, ist man ein gesunder Mensch“. Ich
habe ihn sehr gerne, um zu Räuchern oder ihn zu trinken. Besonders jetzt in Zeiten
der COVID-Infektionen ist er für mich eines der besten Mittel, um Lungenproblemen
vorzubeugen, oder diese zu kurieren, oder das Immunsystem zu stärken.

Frauenmantel ist eines der wichtigsten Kräuter für die Frau.

Die Holler stellt für mich auch eine ganz besondere Pflanze dar. Früher hatte jeder vor
seinem Haus einen Hollerbaum. Alleine schon aus spirituellen Gründen wurde er hier
zu Schutzzwecken vor schlechten Energien gepflanzt. Man hat sich damals auch beim
Beschneiden des Hollers mit einer warmen Speise, wie einem Brei, bedankt, und
diesen unter dem Baum platziert. Ebenso beschenkt uns der Holler zweimal im Jahr,
einmal mit seinen Blüten und einmal mit seinen Beeren. Auch die Rinde ist bei Fieber
gut nutzbar. Tiere nutzen diese Pflanze auch sehr gerne, da er Insekten abhält. Dies
liegt daran, dass er für Insekten stinkt. Das kann man als Mensch beobachten, wenn
man Holler schneidet und ihn nicht schnell genug verarbeitet. Dann beginnt er bald
nach Katzenurin zu riechen.

49
6) Gibt es Pflanzen bzw. pflanzliche Arzneien, mit denen Sie besonders
gute/schlechte Erfahrungen gemacht haben?

Natürlich gibt es Pflanzen, die mir nicht so liegen. Beispielsweise würde ich bei Tieren
nie das Teebaum-Öl einsetzen, obwohl einige Kollegen gute Erfolge damit haben.
Teebaumöl ist ein sehr starkes Wirkmittel. Deshalb soll es schon im Humanbereich nur
sehr stark verdünnt, beispielsweise bei Pilzinfektionen genutzt werden. Da Tiere in
diesem Bereich noch empfindlicher sind, müsste es noch deutlich stärker verdünnt
werden. Um hierbei keinen Fehler zu machen, nutze ich es selbst kaum und ich mag
auch den Geruch nicht. Ich habe allerdings Kollegen, die es sehr gerne nutzen, und –
wie bereits erwähnt – gute Erfahrungen damit haben.

Mein Nutzungsschwerpunkt liegt bei den Pflanzen aus meinem Umfeld, also auf
heimischen Kräutern, bzw. Kräutern, die aus dem mediterranen oder orientalischen
Bereich kommen. Asiatische Pflanzen versuche ich wegen der oft dubiosen
Bezugsquellen komplett zu vermeiden.

7) Wo sehen Sie die größten Unterschiede bei der Behandlung


unterschiedlicher Tierarten?

Jedes Lebewesen ist als Individuum zu sehen und benötigt somit auch eine, auf sich
speziell zugeschnittene Behandlung – das ist sowohl bei Menschen wie auch bei
Tieren so. Wenn z.B. ein Hustenmittel (wie Thymian oder Schlüsselblume) bei einer
Dogge wunderbar wirkt, muss dies nicht unbedingt auch gut bei einem anderen
Fleischfresser sein. Aus meiner Erfahrung sind die Wirkungsweisen der Pflanzen bei
den unterschiedlichen Tierarten verschieden. Da der Darm eines unserer größten
Organe ist, ist die Verdauung bei Pflanzen- und Fleischfressern ganz unterschiedlich.
Ebenso gehen viele Krankheiten über den Darm.

50
8) Welche wesentlichen Unterschiede sehen Sie in der Wirkungsweise von
Phytopharmaka und herkömmlichen Arzneimitteln für Tiere?

Die Pflanzenmedizin kann oft dauerhafter, also länger genutzt werden, ohne die
Nebenwirkungen von anderer Medizin. Bei vielen Pflanzen haben wir den Vorteil, dass
sie „sowohl-als-auch“ heilen. Als Beispiel: Leinsamen kann regulierend für den
Darmtrakt eingesetzt werden und hilft wirksam bei Arthrose, daher sollte er nie bei
einer geriatrischen Kur fehlen.

9) Gibt es Bereiche, wo Sie von der Behandlung mit PP abraten würden?

Bei allergischen Reaktionen, wie z.B. einer Kreuzblütler-Allergie, können natürlich


Pflanzen aus dieser Gattung nicht genutzt werden und man muss nach Äquivalenzen
suchen oder etwa auf die homöopathische Variante ausweichen (Homöopathika sind
ja im Ursprung aus Pflanzen hergestellt) oder eventuell Bach-Blüten nutzen. Bei
Katzen gibt es oft Probleme, da sie sehr geruchsempfindlich sind und es einiger Tricks
bedarf, eine Pflanze ins Tier zu bekommen. Aber das besonders tolle an der Natur ist,
dass, wenn ein Tier allergisch reagiert, ich immer auf einige andere mit
ausgezeichneten ähnlichen Wirkungsweisen zurückgreifen kann.

10) Katzen scheinen ein Sonderfall für den Einsatz von PT zu sein. Welche
pflanzlichen Heilmittel sind auch für Katzen nutzbar und auf welche zeigen
sie besondere Reaktionen?

Ja, Katzen sind ganz besondere Wesen, bei denen es einer ausführlicheren
Anamnese bedarf. Nicht jede Katze hat automatisch ein Problem mit Kreuzblütlern,
hier muss man austesten bzw. Homöopathika nutzen. Katzen bilden sowohl körperlich
als auch vom Wesen her eine Ausnahme. Sie fressen zwar die Innereien, und somit
auch das Verdaute der Beute mit, sind aber ansonsten Fleischfresser. Nur die Galle
wird bei der Beute übriggelassen. Sie haben also entweder körperliche Gründe, warum
sie gewisse Kräuter nicht vertragen und lehnen auch vom Geruch oder Geschmack
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her schnell etwas ab. Zur Nutzung von gewissen Pflanzen bei Katzen scheiden sich
die Geister. Oft werden Dinge als nicht passend abgetan, mit denen ich aber gute
Erfahrungen gemacht habe. Für mich ist das immer eine Entscheidung des
Individuums, wobei ich nach meinem Gefühl gehe, und ich nutze die
Tierkommunikation. Dies kann ich aber nicht wissenschaftlich belegen, weshalb ich
dies auch nur Menschen erzähle, die mir nahestehen.

11) Wie würden Sie ungefähr den Anteil von PT und anderer Medikamentation
bei Ihrer Arbeit benennen?

Für jede Krankheit gibt es eine spezielle Behandlungsmethode, daher kann man
darauf keine pauschale Antwort geben.

12) Haben Sie und Ihre Kollegen/Kolleginnen eine hohe Nachfrage an


Phytopharmaka für Tiere?

Das Interesse der Patientenbesitzer wird immer größer, da sich viele daran erinnern,
dass ihnen Kräuter selbst auch schon geholfen haben, sei es in der Kindheit (z.B. ein
Hustentee von der Oma) oder ein wohltuendes Kräuterbad bei Nervosität und
Schlafstörungen.

13) Welche sind aus Ihrer Erfahrung die wesentlichsten Punkte, die es zu
berücksichtigen gilt, wenn PP zum Einsatz kommen?

Der Wille, der die Patientenbesitzer für diese Therapie einstimmt, sodass diese auch
Zuhause genutzt und durchgeführt werden. Ebenso die Akzeptanz der vierbeinigen
Patienten.

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4.3. Dipl. Ing. Agrar Tanja Bader – Tierheilpraktikerin in
Deutschland

Frau Bader konnte meine Fragen leider nur schriftlich beantworten, weshalb die
Antworten, im Vergleich zu den Übrigen Interviews, relativ kurz ausfallen. Ich habe die
Antworten dabei direkt so übernommen, wie Frau Bader sie verschriftlicht hat. Trotz
der kürzeren nehme ich das Interview als wertvollen Beitrag in diese Arbeit auf, um
möglichst verschiedene Einblicke in diese Thematik zu bieten.

1) Wie entstand Ihr Interesse, sich der Phytotherapie bei Tieren zu widmen?

Das Interesse hat sich erst während meiner Tierheilpraktiker-Ausbildung entwickelt.


Dozent war ein Schulmediziner, der sich auf PT spezialisiert hatte und über unglaublich
tiefes Wissen in der PT und Anwendung bei vielen Tierarten (auch Nutztieren) verfügt.

2) Wie und woher erhielten Sie die wichtigsten Informationen im Bereich der
Phytotherapie bei Tieren?

Fast ausschließlich während meiner Ausbildung und natürlich lesen, lesen, lesen.

3) Weshalb haben Sie sich auf Phytotherapie spezialisiert? Gab es einen


ausschlaggebenden Grund dafür?

Da sich Phytotherapie mit fast allen anderen Methoden kombinieren und gut in
Ergänzung einsetzen lässt. Außerdem nutzen wir bereits seit rund 20 Jahren
phytotherapeutische Arzneien bei unseren Rindern.

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4) Inwiefern arbeiten Sie als Tierheilpraktikerin anders als es ein Vet. Med.
tun würde?

Ich arbeite ganzheitlich, versuche die Ursache anzupacken, beachte auch den
psychischen Zustand des Tieres und des Besitzers. Außerdem nehme ich mir
mindestens 1h Zeit pro Termin. Beim Veterinärmediziner ist die Zeit sehr knapp und
es wird vorwiegend symptomatisch behandelt.

5) Welche Kräuter nutzen Sie am häufigsten und wofür verwenden sie diese?

Das kann ich so nicht pauschal sagen, da es darauf ankommt, für welches Tier und
welche Problematik besteht. Ich arbeite mit völlig unterschiedlichen Mischungen für
Atemwegserkrankungen (COPD beim Pferd ist hier sehr häufig), Probleme im
Bewegungsapparat (v.a. Hufrehe, Störungen im Lymphsystem nach Verletzungen,
offene Wunden etc.).

6) Gibt es Pflanzen bzw. pflanzliche Arzneien, mit denen Sie besonders


gute/schlechte Erfahrungen gemacht haben?

Ich habe für verschiedenen Probleme verschiedene Standardmischungen, die sich in


ihrer Kombination bewährt haben. Besonders herausragende Einzelkräuter kann ich
nicht nennen, ebenso wenig habe ich bisher schlechte Erfahrung mit bestimmten
Einzelkräutern gemacht – bisher wurden alle gut vertragen (ggf. langsames Gewöhnen
an eine Mischung → Einschleichen). Die Wirkung ist allerdings oft unterschiedlich und
manchmal benötigt es eine Rezepturänderung, um durchschlagenden Erfolg zu
haben.

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7) Wo sehen Sie die größten Unterschiede bei der Behandlung
unterschiedlicher Tierarten?

Im Einsatzbereich. Dieser ist völlig anders bei den unterschiedlichen Tierarten. Pferde
haben viel mehr Atemwegsprobleme als z. B. Hunde oder Katzen. Katzen behandle
ich kaum mit PT, da diese die Kräuter oft nicht freiwillig aufnehmen und das bei
erzwungener Verabreichung mehr Stress als Gutes bedeutet. Pferde bekommen oft
die Kräuter ganz klassisch im getrockneten Zustand, Hunde in gemahlener Form
(Pulver).

8) Welche wesentlichen Unterschiede sehen Sie in der Wirkungsweise von


Phytopharmaka und herkömmlichen Arzneimitteln für Tiere?

PT wirken oft langsamer, das heißt, sie benötigen oft ein paar Tage, bis sie ihre
Wirkung zeigen (Anflutungszeit). Dafür wirken sie meist sehr schonend bei
entsprechender Verabreichung und zeigen kaum Nebenwirkungen.

9) Gibt es Bereiche, wo Sie von der Behandlung mit PP abraten würden?

Wenn die Bereitschaft zur Mitarbeit des Besitzers fehlt und eine oftmals 2x tägliche
(oder noch häufigere) Verabreichung / Behandlung nötig ist. Ansonsten kann es hier
zu keinem Behandlungserfolg kommen und ich rate ab.

10) Katzen scheinen ein Sonderfall für den Einsatz von PT zu sein. Welche
pflanzlichen Heilmittel sind auch für Katzen nutzbar und auf welche zeigen
sie besondere Reaktionen?

Bei mir bekommen Katzen leider fast nie PT verabreicht (oral), da Katzen meist ihr
Futter nach dem Daruntermischen verweigern. Katzen bekommen PT meist als Salbe
zum Auftragen auf Wunden/ Verletzungen (Arnica, Beinwell) oder als Augentropfen
(Augentrost).

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11) Wie würden Sie ungefähr den Anteil von PT und herkömmlicher
Medikamentation bei Ihrer Arbeit benennen?

1/3 PT, 1/3 Homöopathie, 1/3 Energetisches Arbeiten (Bachblüten, Chakrenausgleich,


Bioresonanz...).

12) Haben Sie und Ihre Kollegen/Kolleginnen eine hohe Nachfrage an


Phytopharmaka für Tiere?

Hohe Nachfrage...? naja... nicht direkt Nachfrage... aber wenn man mit PT als
Behandlungsvorschlag kommt, sind eigentlich alle immer sehr aufgeschlossen- es liegt
eher an mir, den Sinn oder "Unsinn" hier einzuschätzen.

13) Kann man Gründe benennen, weshalb diese „Kunden“ PT nachfragen?


Etwa weil sie mit allg. medizinischer Behandlung schlechte Erfahrungen
gemacht haben, oder weil sie der Meinung sind, ihre Tiere damit „sanfter“
zu behandeln?

Ja, eindeutiger, weil die Tiere dadurch vermeintlich sanfter behandelt werden- es wird
ein Mittel ohne Zusatzstoffe, Konservierungsmittel und ohne chemische Behandlung
verabreicht. Dass man allerdings mit PT auch großen Schaden durch falsche
Verabreichung oder dauerhafte Verabreichung anrichten kann, wird vom Tierbesitzer
überhaupt nicht wahrgenommen.

14) Welche sind aus Ihrer Erfahrung die wesentlichsten Punkte, die es zu
berücksichtigen gilt, wenn PP zum Einsatz kommen?

Um welche Tierart handelt es sich und welche Menge muss gegeben werden (sehr
große Mengen beim Pferd sprengen oft den Geldbeutel und machen keinen Sinn). Der
Einsatz von PT ist eine THERAPIE! Man sollte nur nach Rücksprache mit einem

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Therapeuten und therapeutischer Notwendigkeit Kräutermischungen dauerhaft
verabreichen.

15) Möchten Sie mir noch etwas Wesentliches mitteilen, das ich vergessen
habe Sie zu fragen?

PT können bei falscher Handhabung auch Schaden anrichten, dies wird leider oft
übersehen und ausgeblendet.

4.4. Mag. Peter Sallegger – Pharmazeut

1) Wie entstand Ihr Interesse, sich der Phytotherapie bei Tieren zu widmen?

Die Tiere haben mich immer schon begleitet. Ich bin am Bauernhof aufgewachsen und
war somit auch schon immer mit der Heilung dieser Tiere durch Pflanzen konfrontiert.
Wir hatten auch einen Tierarzt, der sehr häufig mit Heilkräutern gearbeitet hat. Ich kann
mich noch genau erinnern, dass er eigene Kräutermischungen in Säckchen mitgehabt
hat, die dufteten, raschelten, und für mich als Kind immer sehr geheimnisvoll wirkten.
Auch mein Vater hat sich schon mit diesem Thema befasst und mein Interesse somit
geweckt. Früher war die Beschäftigung mit dieser Form von Medizin bei den
Landwirten eher indirekt, durch ein Hineinwachsen in dieses Wissen gegeben, anstelle
einer expliziten Befassung mit Fachliteratur oder Fachleuten. Auf dem zweiten
Bildungsweg habe ich schließlich die Landwirtschaftsschule in Raumberg besucht. Die
Tierzucht und der Pflanzenbau haben mich in diesen Zeiten besonders interessiert.
Später im Studium habe ich gemerkt, dass mich neben der Chemie besonders der
Heilpflanzenbereich sehr interessierte, der bei dieser Studienrichtung zum Glück sehr
groß angelegt ist. Somit sind die Pharmazeuten die einzig medizinisch akademisch
ausgebildeten Personen, die den Bereich der Phytotherapie im Studium lernen. Dies
reicht über die geschichtliche Entwicklung, die Inhaltstoffe und deren Struktur, das
Erkennen von Pflanzen und Tees und die Wirkstoffgruppen bis hin zu den
Weiterentwicklungen.

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2) Wie bzw. wodurch haben Sie die nötigen Informationen im Bereich der
Phytotherapie bei Tieren gesammelt?

Diese konnte ich, wie bereits erwähnt, zum Großteil durch das Studium erlangen.
Vieles habe ich allerdings auch in meinen 30-35 Jahren Erfahrung und Praxis in der
Apotheke erlangen können. Auch durch die eigene Landwirtschaft und den Umgang
mit Tieren konnte ich mein Fachwissen anwenden und Schlüsse ziehen. Das Wissen
aus früherer Zeit, das überliefert wurde, konnte ich oft durch Zufall erlangen, wobei mir
die Pharmazie immer die Erklärung zur Wirkungsweise liefern konnte. Oftmals kamen
Bauern und Bäuerinnen zu mir, die konkret nach Tees oder Kräutern fragten, wobei
mir all diese Erfahrungen sehr geholfen haben. Nichtsdestotrotz gibt es aufgrund der
multidimensionalen Wirkungsweisen von Phytopharmaka noch immer viele Pflanzen,
bei denen nicht geklärt ist, welcher Stoff für die bekannte Wirkung verantwortlich ist.

3) Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit dem Einsatz von PT? Gab es
anfangs viele Rückschläge, oder hat es gleich von Beginn an nach Ihren
Vorstellungen funktioniert?

Ich selbst habe von Beginn an gute Erfahrungen damit gemacht, da ich mein Wissen
so multidimensional bezogen habe, dass dies gut zu vereinbaren war. Meine
Erfahrung hat auch mittlerweile bestätigt, dass das Pharmaziestudium besonders im
Hinblick auf die Behandlung von Tieren zusätzlich hilfreich war. Phytotherapeutika
werden allerdings, anders als konventionelle Arzneien, kaum in Monotherapie
verabreicht, sondern unterstützend angewendet. Von den Kunden wird jedoch sowohl
eine Einzeltherapie nur mit Phytopharmaka als auch die Kombitherapie als
Unterstützungstherapie angefragt. Die Monotherapie wird meist gewünscht, wenn das
Tier vom Tierarzt bereits aufgegeben wurde – sozusagen als letzte Chance.
Glücklicherweise war es so auch schon möglich, einige Tiere wirklich zu retten. Ich
muss allerdings sagen, dass ich nicht ausschließlich Phytotherapeutika nutze, sondern
auch auf homöopathische Arzneimittel zurückgreife, die zwar teilweise ihre Wurzeln in
der Phytotherapie haben, jedoch auch andere Stoffe beinhalten.

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4) Welche Kräuter nutzen Sie am häufigsten und wofür werden sie
verwendet?

Dies ist natürlich auch krankheitsabhängig. Ich habe besonders häufig mit Problemen
des Verdauungstrakts zu tun. Sowohl bei Kälbern und Lämmern als auch bei Zicklein.
Bei Ferkeln eher seltener. Meist behandle ich Rinder und deren Junge. Hier gibt es als
wesentliche Heilmittel die Kamille, die Schafgarbe, die Eichenrinde, Blutwurz, Kalmus.
Erkältungserkrankungen werden ähnlich wie beim Menschen behandelt, da sich die
Physiologie hier nicht maßgeblich unterscheidet. Beim Tier nutze ich die Kräuter im
selben Verhältnis wie beim Menschen, allerdings nutze ich hier meist drei bis fünf
wirksame Komponenten, ohne den Zusatz von farb- oder geschmackgebenden
Inhaltsstoffen, wie sie von Menschen verlangt werden. Arzneien, die für den humanen
Gebrauch bestimmt sind, sollen immer eine schöne Farbe, Struktur und einen
angenehmen Geschmack mit sich tragen, damit sie sich verkaufen. In der
Phytotherapie nennen wir diese Zusätze Schönungsdrogen.

5) Gibt es Pflanzen/pflanzliche Arzneien, mit denen Sie besonders


gute/schlechte Erfahrungen gemacht haben?

Von schlechten Erfahrungen kann ich bis jetzt eigentlich nicht berichten, nur, dass der
Erfolg nicht ausreichend war, um die Krankheit zu heilen. Die Rückmeldungen zur
Nutzung von Phytopharmaka sind allerdings meist sehr positiv. Vor einigen Jahren
beispielsweise hatte ich mit einem Betrieb zu tun, bei dem der Kälberdurchfall durch
ein zugekauftes Kalb eigeschleppt wurde und sich somit auf alle Jungtiere
ausgebreitete. Hier wurde konkret von der Bäuerin nach einem unterstützenden Tee
gefragt, zu dem Glucose hinzugefügt wurde, um die Resorption und Verbreitung in der
Blutbahn zu unterstützen. Dies schlug sehr gut an und wurde auch gerne
angenommen, da es, besonders in größeren Mengen, preislich für den Verbraucher
recht attraktiv ist. Als ganz besonders hilfreiche Pflanze für die Behandlung von
Durchfällen könnte ich somit die Blutwurz nennen. Diese hat einen besonders hohen
Anteil an Gerb- und Bitterstoffen. Blutwurz wird sie auch deshalb genannt, da sich das
gewonnene Extrakt blutrot verfärbt. Zusätzlich wirkt die Blutwurz bei
Schleimhautablösungen im Darm, die durch diese schweren Durchfälle entstehen.
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Gegen den daraus folgenden Blutverlust hat es eine gefäßabdichtende und
zusammenziehende Wirkung. Da ich sehr häufig mit solchen Erkrankungen zu tun
habe, würde ich sagen, dass diese schon zu einer meiner „Lieblingspflanzen“
geworden ist.

6) Gibt es viele Kollegen/Kolleginnen, die sich wie Sie auf die Phytotherapie
bei Tieren spezialisiert haben und erkennen Sie hier regionale
Unterschiede? Gibt es z.B. Gegenden, in der PT die bevorzugte
Behandlungsmethode ist, und andere, in denen gar keine PT zum Einsatz
kommt?

Die meisten meiner Kollegen und Kolleginnen verwiesen bei der Anwendung für Tiere
direkt auf mich, da sie wussten, dass wir einen Bauernhof haben, ich mich dafür
interessiere und auch eine landwirtschaftliche HTL besucht habe. Mir selbst ist in
meinem Umfeld niemand bekannt, der ähnlich situiert ist. Zu den regionalen
Unterschieden kann ich mich also wenige äußern. Ich denke allerdings, dass das
Interesse für die Kombination von Phytotherapie und Tieren sehr selten ist, auch wenn
die Grundkenntnis bei den meisten Pharmazeuten vorhanden wäre.

7) Haben Sie und Ihre Kollegen/Kolleginnen eine hohe Nachfrage an


Phytopharmaka für Tiere? Kann man Gründe benennen, weshalb diese
Kunden PT nachfragen? Etwa weil sie mit allgemeinmedizinischer
Behandlung schlechte Erfahrungen gemacht haben, oder weil sie der
Meinung sind, ihre Tiere damit „sanfter“ zu behandeln?

Ich habe durchgehend eine relativ konstante Nachfrage. Diese beschränkt sich auf
etwa zwei bis drei Personen in der Woche, da grundsätzlich ja eine tierärztliche
Zuständigkeit gegeben ist. Eine große Rolle im Tagesgeschäft spielt es also leider
nicht. Dies hat, denke ich, auch damit zu tun, dass dies für die Tierärzte kein relevanter
Bereich ist, da sie hierfür auch keine Ausbildung genießen. Damit ist in meinen Augen
auch ein großer Teil an Erfahrungswissen verlorengegangen, das über die
60
Generationen weitergegeben wurde. Dies wurde mit zunehmendem Nutzen
synthetischer Arzneimittel kaum mehr gebraucht und geriet in Vergessenheit. Die
jüngere Generation möchte dieses heutzutage gerne wieder aufgreifen, kann
allerdings nicht an das Wissen anschließen, das früher in diesem Bereich herrschte.
So entstehen surreale Erwartungsansprüche an pflanzliche Arzneien, oder es werden
wiederrum sehr gut wirksame Phytotherapeutika nicht genutzt. Somit werde ich meist
durch Erfahrungsberichte der Menschen untereinander weiterempfohlen. Die Kunden
fragen hierbei meist gezielt nach pflanzlichen Salben, Extrakten, Tinkturen oder Tees.
Ich denke, dass die Leute sich durch eine Bewusstseinaufgeschlossenheit zurück zur
Phytotherapie orientieren. Die Menschen erschließen immer mehr einen biologischen
Anspruch auf ganzheitliche Gesundheit, wozu die Phytotherapie gut passt. Trotzdem
lassen sich synthetische und natürliche Arzneimittel für mich nicht so einfach
auseinanderdividieren.

8) Welchen Unterschied sehen sie in der Wirkungsweise von


Phytopharmaka und herkömmlichen Arzneimitteln für Tiere?

Der Unterschied ist für mich klar in der verzögerten Zeitspanne, bis die Wirkung
einsetzt. Pflanzliche Mittel brauchen hier mehr Zeit als hochentwickelte synthetische
Produkte, die gezielt auf die Symptome wirken. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass
Phytopharmaka dafür früher an der Ursache ansetzen und nicht nur Symptome
bekämpfen. Von der Wirkungsintensität würde ich viele pflanzliche Mittel als absolut
gleichwertig im Vergleich zu herkömmlichen Arzneien sehen. Bei den von mir häufig
behandelten Durchfällen – ausgenommen bakterielle Infektionen, bei welchen
Antibiotika notwendig sind – konnte ich beispielsweise sehr schnelle Verbesserungen
mit Hilfe von Tees und Extrakten erzielen. Bei Salben für Probleme im Gelenksbereich
oder bei Verwundungen fällt mir diese hohe Wirkungsintensität altbewährter
Rezepturen immer wieder auf. Dieses Wissen wird heute teilweise noch immer von
älteren Generationen weitergegeben und von mir hochgeschätzt.

61
9) Gibt es Bereiche, wo Sie von der Behandlung mit PP abraten würden?

Ganz klar von der reinen Behandlung mit Phytotherapeutika abraten würde ich in
Fällen, wo ich keine Wirkung sehe oder das Risiko, aufgrund von unsicheren
Diagnosen als zu hoch einschätze. Hier rate ich immer zuerst zu einer konventionellen
tierärztlichen Betreuung. Wenn schließlich die Therapie läuft, sehe ich aber keinen
Grund nicht unterstützend mit pflanzlichen Mitteln zu arbeiten und so die Heilung zu
beschleunigen. Unterstützend würde ich also fast immer auch Phytopharmaka
miteinbeziehen. Hier sagt einem meist das Gefühl, ob dies Sinn hat oder nicht.

10) Wo sehen sie die größten Unterschiede bei der Behandlung


verschiedener Tierarten?

Ich behandle vor allem Nutztiere, da hier die Nachfrage am größten ist. Ebenso stelle
ich es mir schwierig vor, Tees oder Extrakte Hunden oder gar Katzen zu verabreichen.
Bei Nutztieren ist es viel einfacher, Tees in größeren Mengen zu verabreichen. Von
der Heilpflanze her würde ich sagen, man kann fast alle Tiere gleich behandeln. Den
Unterschied macht in meinen Augen die Dosis. Katzen behandle ich allerdings kaum
und wenn nur äußerlich, wie beispielsweise bei Augenentzündungen. Bei dieser
Tierart sind aufgrund der Unverträglichkeit die synthetischen den
phytotherapeutischen Arzneimitteln haushoch überlegen. Katze dürfen insbesondere
keine ätherischen Öle zu sich nehmen. In der Behandlung von Rindern spielen diese
wiederrum eine sehr tragende Rolle. Wie beim Menschen werden sie hier häufig in der
Erkältungszeit eingesetzt. Sogar Tierärzte empfehlen hier althergebrachte Rezepte
wie Terpentinöl gemischt mit Eukalyptus, Latschenkiefer, Wacholder oder Thymian in
Ölform. Dies wird zum Inhalieren auf einen heißen Stein getropft und vom Tier
eingeatmet. Diese Verwendung ist mir bis jetzt nur bei Rindern untergekommen.
Möglicherweise kann dies auch auf andere Nutztiere wie Pferde und Schafe
angewendet werden. Auch das Ausräuchern wird wieder häufig genutzt, was einerseits
einen spirituellen Hintergrund hat und andererseits aber natürlich auch desinfizierend
wirkt. Sehr interessant finde ich hier immer die religiösen Hintergründe zum
Tempelausräuchern, die sowohl im Christentum, dem Islam und teilweise auch dem
62
Buddhismus zu finden sind. Das geht auch darauf zurück, dass hier Mensch und Tier
auf sehr engem Raum miteinander gelebt haben. Dieses Ausräuchern hatte also durch
die ätherischen Duftstoffe eine positive, euphorisierende Wirkung auf das Gemüt
sowie auch eine reinigende Wirkung für das Raumklima. Dadurch sehe ich auch eine
andere Werthaltung den Tieren gegenüber, die hier als Lebewesen wahrgenommen
und dementsprechend behandelt werden.

11) Katzen scheinen ein Sonderfall für den Einsatz von PT zu sein. Welche
pflanzlichen Heilmittel sind auch für Katzen nutzbar und auf welche zeigen
sie besondere Reaktionen?

Ich nutze sie fast ausschließlich für die Anwendung bei Augenentzündungen. Hier
helfen Augentrost, Kamille und der Schwertee. Dies kann besonders gut
prophylaktisch angewandt werden und zeigt eine gute Wirkung. Auch bei
dermatologischen Problemen, wie Ekzemen oder ähnlichem, kann eine Katze mit
Phytopharmaka behandelt werden. Hierbei zielt die Wirkung hauptsächlich auf die
Beruhigung der Haut und die Juckreizminderung. Für eine innerliche Behandlung
wäre mir bis heute nichts untergekommen, ganz abgesehen davon, dass ich einer
heiklen Katze kaum Tees oder Tinkturen verabreichen könnte. Vorstellen könnte
ich mir nur die Anwendung von wässrigen Extrakten bei Appetitstörungen oder
Problemen im Verdauungstrakt. Erfahrungswerte habe ich hiermit allerdings keine.

12) Eine von mir interviewte Tierärztin erwähnte eine besonders schlechte
Reaktion auf Kampfer und ein darauffolgendes Aus-dem-Mund-
Schäumen. Können Sie mir den Grund dafür genauer erklären?

Kampfer wird meines Wissens kaum als Heilpflanze genutzt und ist bei uns auch nicht
heimisch. Beim Menschen wird er allerdings bei Kreislaufstörungen verwendet, wirkt
allerdings in höheren Dosen krampfsteigernd im Gehirn. Es kann also durchaus sein,
dass Katzen hierauf sehr sensibel reagieren und das Schäumen eine Abwehrreaktion
mit vermutlich auch beträchtlichen Nebenwirkungen darstellt.

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13) Welche sind aus Ihrer Erfahrung die wesentlichsten Punkte, die es zu
berücksichtigen gilt, wenn PP zum Einsatz kommen?

Am wichtigsten ist natürlich die genaue Kenntnis der Heilpflanze, der Inhaltstoffe sowie
der Diagnose und anschließend die richtige Kombination und Dosis.

14) Möchten Sie mir noch etwas Wesentliches mitteilen, das ich vergessen
habe Sie zu fragen?

In meinem Studium habe ich an die 300 Heilpflanzen kennengelernt, wobei mich immer
besonders interessiert, was früher in der Volksheilkunde verwendet wurde. Hier sollte
in meinen Augen mehr Forschungsarbeit betrieben werden, um dieses Wissen nicht
zu verlieren. In direkten Gesprächen mit Bäuerinnen und Bauern kommen mir immer
wieder neue und überraschende Anwendungsgebiete von Pflanzen unter. Dieses
Unwissen über frühere Praktiken herrscht vor allem in Mitteleuropa. Bewegt man sich
in den asiatischen oder orientalischen Raum, kann man eine wesentlich größere
Bedeutung für diese Art von Wissen erkennen. Gute Literatur zur Volksmedizin und
deren Anwendung bei Tieren ist in unserem Raum also leider kaum zu finden.
Momentan kann ich zwei Tendenzen bemerken: Einerseits geht ein beträchtlicher Teil
des früheren Wissens verloren, andererseits verstärkt sich aber auch die
Aufgeschlossenheit diesem Thema gegenüber. In meinen Augen ist diese Brücke aber
noch nicht gänzlich geschlagen und es bleibt zu befürchten, dass ein großer Teil des
früher erlangten Wissens für immer verloren gegangen ist. Auch die
Erwartungshaltungen sind hier sehr unterschiedlich. Einerseits wird eine nicht
erfüllbare Wirkung erhofft, und andererseits gibt es kein Bewusstsein dafür, dass vieles
auch mit pflanzlichen Arzneien behandelbar wäre. Dazu spielt auch die Bereitschaft
eine Rolle, das Tier eine Woche mit Phytopharmaka zu behandeln, im Vergleich zu
einer Behandlung von nur wenigen Tagen mit synthetischen Arzneien.

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Hier noch ein kleiner Einblick in die Geschichte der Phytotherapie, wie er mir von Mag.
Sallegger vermittelt wurde:

Ursprünglich kam der Wissenstransfer für die wissenschaftliche Pharmazie aus dem
Orient, mit seinem Ursprung in dessen alten Kulturen, beginnend mit den Ägyptern,
Persern, Sumerern. Vermutlich reicht ihr Einsatz aber noch deutlich weiter zurück bis
in die Altsteinzeit. Hier wurde mit großer Wahrscheinlichkeit bereits Phytotherapie
betrieben, wobei Harze wie Lärchenpech, Steinkohle, Rinden-, Wurzel- und
Heilpflanzenzubereitungen bekannt waren, ebenso die Nutzung von Steinmehlen,
Lehmen und tierischen Produkten, wie beispielsweise Honig. In späterer Zeit haben
die Klöster eine besondere Rolle im Wissenstransfer gespielt. Hier wurden oft
Klostergärten für diesen Zweck angelegt. In der Antike gab es hier schließlich – ebenso
wie später im Mittelalter – durch die Völkerwanderung einen Bruch. Das große
Bindeglied für den Erhalt und Transfer des Wissens war über lange Zeit der Islam.
Besonders im Mittelalter gab es im islamischen Raum hervorragende Wissenschaftler,
die ihr Wissen nach Europa brachten. Hier hat sich dann schließlich auch eine
Naturheilkunde in den Klöstern etabliert, wie es im geschichtlichen Rückblick dieser
Arbeit zu lesen ist.

65
5. Resümee
Ich hoffe, mit dieser Arbeit einen kleinen Einblick in die Nutzung von Heilpflanzen
gegeben und die Wahrnehmung für unsere heimischen Phytotherapeutika etwas
sensibilisiert zu haben. Es sollte deutlich geworden sein, dass sich die meisten
Heilpflanzen in der Wirkungsweise bei Menschen und Tieren – mit wenigen
Ausnahmen – kaum voneinander unterscheiden und deshalb auch bei ähnlichen
Krankheitsbildern eingesetzt werden. Als Ausnahme muss hier natürlich die Katze
genannt werden, die eine gesonderte Position bei der Verträglichkeit einnimmt.

Besonders schwierig war es, den historischen Hintergrund schlüssig darzustellen, da


es viele Nebenzweige in der Geschichte der Naturheilkunde gibt, die kaum bis gar
nicht überliefert bzw. niedergeschrieben wurden. Gesichert ist, dass die Heilung durch
Pflanzen ein wichtiger Teil in der Entwicklung von Mensch und Tier war und ist, und
beide seit jeher begleitet. Durch die extreme Entwicklung der klassischen Medizin im
letzten Jahrhundert kam es fast zum Vergessen der althergebrachten Naturheilkunde.
Meine Beobachtung und auch die meiner Interviewpartner ist es jedoch, dass in den
letzten Jahren eine Art Rückbesinnung zur Natur stattfindet und die Nachfrage nach
Phytotherapeutika wieder steigt.

Beim Führen der Interviews konnte ich erkennen, dass die Phytotherapie eine sehr
individuelle Anwendungsweise ist, die viel persönliches Mitempfinden verlangt. Es gibt
spezielle Pflanzen wie Knoblauch oder Teebaumöl, die einige Therapeuten nicht
nutzen würden, über die andere hingegen von sehr guten Erfahrungen berichten. Es
gibt allerdings auch jene weniger speziellen, wie Kamille oder Salbei, die gerne und
ohne Bedenken von allen verabreicht werden. Auch bei der Behandlung von Katzen,
die ja eine Sonderstellung einnehmen, schieden sich bei den Praktikern die Geister.
Hier lässt sich klar beobachten, dass viele Wege zum Ziel führen, und einige sich
experimentierfreudiger zeigten als andere.

Einig waren sich jedoch alle Interviewpartner, dass besonders auf Dosis und Qualität
der Arzneimittel geachtet werden muss. Auch Phytotherapie gehört somit von geübten
Personen mit Fachkenntnissen verabreicht und kann in laienhafter Selbstmedikation
auch Schäden anrichten. Da Heilpflanzen eine multidimensionale Wirkung aufweisen,
muss auf jedes Individuum gesondert eingegangen werden und es kann nicht

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pauschal dieselbe Arznei für dasselbe Krankheitsbild genutzt werden. Die
Pflanzenheilkunde bietet also viele Möglichkeiten der Einzel- oder
Unterstützungstherapie und ist in der Lage, auch schwerwiegende Krankheiten zu
verbessern oder sogar zu heilen. Vorsicht beim Einsatz der Phytotherapie ist jedoch
geboten, wenn es sich um derart schwerwiegende Krankheiten handelt, dass
abgewogen werden muss, ob eine Behandlung mit Heilpflanzen schnell genug den
gewünschten Erfolg nach sich zieht. In solchen Fällen ist es nötig, die Schulmedizin
beizuziehen.

67
Literaturverzeichnis
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68
Internetquellen

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https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/37222e15-d6d1-40f9-85e4-aca5843a8486
zuletzt geprüft am 10.6.2021

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Wildfind.com. Echter Baldrian. Zugriff unter: https://www.wildfind.com/pflanzen/echter-baldrian


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WWF Blog: Wildkräuter und giftige Doppelgänger: nicht verwechseln! Zugriff unter:
https://blog.wwf.de/wildkraeuter-doppelgaenger/ zuletzt geprüft am 3.2. 2021

69
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1

JAROSCH B..: Pocket Guide Biologie. Ergänzung zum Purves. Springer Verlag, Berlin 2019. Seite 139

Abbildung 2

https://www.templiner-kraeutergarten.de/Valeriana-officinalis-Baldrian-Bio-Saatgut

Abbildung 3, 5, 9

http://plants-of-styria.uni-graz.at/

Abbildung 4

http://www.kraeuterfrau.ch/archiv/beinwell.html

Abbildung 6

https://fineartamerica.com/featured/cinquefoils-potentilla-tormentilla-bildagentur-online.html

Abbildung 7

https://www.istockphoto.com/ch/foto/blutwurz-potentilla-erecta-gm654072900-118907951

Abbildung 8

https://www.amazon.de/Brennnesseln-Urtica-dioica-Portion-mindestens/dp/B00QCS21IS

Abbildung 10

https://www.kurapothekeoberlaa.at/de/was-wir-
bieten/kr%C3%A4uterwissen/pflanzenportraits/eibisch/

Abbildung 11

https://www.saatgut-vielfalt.de/product.php?products_id=910003

Abbildung 12

https://en.wikipedia.org/wiki/Taraxacum_officinale

Abbildung 13

http://floreduquebec.ca/english/photos=taraxacum-officinale

Abbildung 14

https://www.pflanzenfreunde.com/heilpflanzen/mariendistel.htm

Abbildung 15

https://www.weltpflanzen.at/heilpflanzen/mariendistel-samen/

Abbildung 16

https://www.heilpflanzen.info/steckbrief/acker-schachtelhalm/

70
Abbildung 17

http://plants-of-styria.uni-graz.at/

Abbildung 18

http://www.maplestacupuncture.com.au/herb-of-the-month-echinacea-angustifolia/

Abbildung 19

https://www.wgcd.org/product/purple-coneflower-echinacea-angustifolia/

Abbildung 20

https://www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Spitzwegerich.html

Abbildung 21

http://plants-of-styria.uni-graz.at/

Abbildung 22

https://www.kraeutercraemer.de/heilkraeuter-von-a-z/Heilkraeuter-von-t-z/thymian-bio.html

Abbildung 23

https://www.highcountrygardens.com/perennial-plants/thyme/thyme-fredo-thymus

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