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Q 1 Die Grundsätze der Burschenschaften* von 1817: Ende 1817 fixierten einige Burschenschafter unter

der Mitwirkung des Jenaer Historikers Heinrich Luden (1780-1847) ihre politische Position, die zunächst
nur handschriftlich verbreitet und ab 1823 gedruckt wurde:

l. Ein Deutschland ist, und ein Deutschland soll sein und bleiben. Je mehr die Deutschen durch verschiedene
Staaten getrennt sind, desto heiliger ist die Pflicht für jeden frommen und edlen deutschen Mann und
Jüngling dahin zustreben, daß die Einheit nicht verloren gehe und nicht verschwinde.

2. Für diese Einheit Deutschlands, für dieses Vaterland sind alle diejenigen gefallen, welche […] in dem
Rettungskampf von 1813 ihren Tod gefunden haben. […]

8. Ein Krieg zwischen deutschen Staaten und deutschen Staaten würde der größte Frevel sein, der gedacht
werden kann. Jeder deutsche Mann, der in einem solchen Kriege gegen andere deutsche Männer die
Waffen nimmt, rüstet sich zum Brudermorde. […]

11. Es muß der freieste Verkehr zwischen ihnen [den deutschen Staaten] stattfinden. […] Das Verbot oder
die Erschwerung des Auswanderns von einem Lande ins andere, Mauten, Zölle und Handelssperren
zwischen deutschen Ländern, Verschiedenheiten in Maß. Gewicht, Münze: alle diese schaden der Ehre
Deutschlands bei den Fremden, sind in sich selbst verderblich für den Geist unsers Volks […]

12. Die Sehnsucht nach Kaiser und Reich ist ungeschwächt in der Brust jedes frommen und ehrlichen
deutschen Mannes und Jünglings und wird bleiben. […].

16. Der Wille des Fürsten ist nicht das Gesetz des Volkes, sondern das Gesetz des Volkes soll der Wille des
Fürsten sein. […]

19. Freiheit und Gleichheit ist das Höchste, wonach wir zu streben haben, […]. Aber es gibt keine Freiheit als
in dem Gesetz und durch das Gesetz, und keine Gleichheit als mit dem Gesetz und vor dem Gesetz. Wo kein
Gesetz ist, da ist keine Freiheit, sondern Herrschaft, Willkür, Despotismus. Wo kein Gesetz ist, da ist keine
Gleichheit, sondern Gewalttat, Unterwerfung, Sklaverei.

20. Gesetze sind keine Verordnungen und Vorschriften; Gesetze müssen von denen ausgehen oder
angenommen werden, welche nach denselben leben sollen, und wo ein Fürste ist, die Bestätigung des
Fürsten erhalten. Alle Gesetze haben die Freiheit der Person und die Sicherheit des Eigentums zum
Gegenstande. Ein freier Mann kann nur gerichtet werden nach Satzungen, die er selbst als richtig und
notwendig anerkannt hat. […]

24. Der 13. Artikel der Urkunde des deutschen Bundes: „In allen Bundesstaaten wird eine landständische
Verfassung 30 stattfinden“ […]. kann keinen anderen Sinn haben, als daß das deutsche Volk durch frei
gewählte, und aus seiner Mitte frei gewählte Vertreter unter der Sanktion der deutschen Fürsten seine
Verhältnisse ordnen, die Gesetze beschließen, die Abgaben bewilligen soll. […]

31. Das Recht, in freier Rede und Schrift seine Meinung über öffentliche Angelegenheiten zu äußern, ist ein
unveräußerliches Recht jedes Staatsbürgers, das ihm unter allen Umständen zustehen muß. Dieses Recht
muß das 35 Wahlrecht des Bürgers ergänzen, wenn er die reelle Freiheit behalten soll.

H. Haupt (Hg.) Quellen und Darstellungen der deutschen Burschenschaft und der deutschen
Einheitsbewegung, B.4, Heidelberg 1933, S. 117 ff. 1

*1815 hatte sich in Jena die erste Burschenschaft als Studentenverbindung gegründet
Info: Die Studenten der altehrwürdigen Universität Jena hatten 1815 die Urburschenschaft
gegründet. Hier organisierten sich Studenten erstmals in der Geschichte der deutschen
Universitäten nicht nach ihren Herkunftsorten, sondern nach gemeinsamen politischen
Vorstellungen. Anlässlich des 300. Jahrestages des Thesenanschlags Martin Luthers am 31.
Oktober 1517 und des vierten Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig, mit der die Herrschaft
Napoleons in Deutschland zu Ende ging, lud die neu gegründete Jenaer Burschenschaft alle
Studenten in den deutschen Territorien zu einem gemeinsamen Fest auf der Wartburg bei
Eisennach ein. Es nahmen mehr als 500 Studenten aus mindestens elf Universitäten teil.
Q 2 Lorenz Oken: Augenzeugenbericht vom Wartburgfest am 18. Oktober 1817
Am 19. [richtig ist aber der 18. Oktober 1817] zogen die auf dem Marktplatz um 9 Uhr versammelten
Studenten auf die Burg, die Fahne und die Musik voraus. Wir mit ihnen […]. Als alles zur Ruhe gekommen
war, hielt ein Student ungefähr diese Rede; über den Zweck der Zusammenkunft der gebildeten Jünglinge
aus allen Kreisen und Volksstämmen des deutschen Vaterlandes, über das verkehrte Leben früher, über
den Aufschwung und die erfaßte Idee des deutschen Volkes jetzt, über verfehlte und getäuschte
Hoffnungen, über die Bestimmung des Studierenden und die gerechten Erwartungen, welche das
Vaterland an sie mache, […].

Jeder war begeistert, jeder war zur Annäherung, jeder zur Aussöhnung, jeder zur Vereinigung gestimmt.
Eine große Masse […] wirkt aufeinander und regt das Gefühl der Ohnmacht des Einzelnen, die Kraft der
Menge auf und spricht mit Ungestüm der Seele: Nur im Ganzen ist Heil! […]. [nach der Rede im Burghof
traf man sich in geselligen Gruppen, aß zusammen & unterhielt sich]

In einer Gruppe wurde ungefähr solcher Gestalt gesprochen: Liebe Freunde! Diesen Augenblick der
Rührung und Stimmung müßt ihr nicht verrauchen lassen. Er kommt nie wieder. Jetzt werdet ihr einig
oder niemals! […] Der Studierte, sey er her, wo er wolle, kann sein Geschäft und seine Anstellung in
Oestreich, Preußen, Bayern, Hannover, Sachsen, in Schwaben, Franken, Thüringen, Hessen, Mecklenburg,
Holstein, am Rhein oder in der Schweiz finden. Er spricht nicht mehr die Sprache seines Dorfes, seiner
Stadt; er versteht nicht dieses oder jenes Handwerk, was an eine bestimmte Werkstätte oder an die
Scholle fesselte; er ist ein universaler Mensch!

Eine Schande ist es, durch Studieren es nicht weiter gebracht zu haben, als ein Thüringer, ein Hesse, ein
Franke, ein Schwabe, ein Rheinländer geblieben zu seyn. [nach einem Gottesdienst in der Eisenacher
Stadtkirche und gemeinsamen, öffentlichen Turnübungen auf dem Marktplatz zog man gegen 19 Uhr mit
Fackeln wieder zur Wartburg] […] Darauf wurde Feuergericht gehalten über folgende Stücke gehalten, die
zuerst an einer Mistgabel hoch in die Höhe gehalten dem versammelten Volke gezeigt und dann unter
Verwünschungen in die Flammen geworfen wurden.

Es waren aber die Abgebrannten diese: ein hessischer Zopf, ein Ulanenschnürleib, ein österreichischer
Korporalstock,* (Ob jedoch diese drey Dinge die ersten oder letzten gewesen, wissen wir nicht.) Ferner:
[…] Kotzebue: Geschichte des deutschen Reichs. […] Saul Ascher: Germanomanie. […] Der Code Napoleon
und Zachariä über denselben.“

Oken, Lorenz, Der Studentenfrieden auf der Wartburg, in: Isis oder Encyclopädische Zeitschrift 1817,
Nummer 195, Heft XI./ XII., Sp. 1553– 1559. Lorenz (1779–1851) war Mediziner & Naturphilosoph, bis
1819 war er Professor in Jena. online abrufbar unter:
http://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00166986/Isis_1817_ Bd01_795.tif

*Drei Gegenstände, die auf die territorialstaatlich organisierten Truppen Hessens, Preußens und
Österreichs verwiesen.
Quellen zum Wartburgfest Grundsätze der Burschenschaften
Kritikpunkte

Forderungen

Andere Beobachtungen

Fazit: Wartburgfest als


Wegbereiter für Einheit,
Freiheit, Mitbestimmung?

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