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Logik der ,Normalisierung' als auch die konservative Regulierung durch Spaltung
und eine Politik der Angst kritisieren, müssen wir von einer wohlvertrauten institutio-
nenzentrlerten Sicht auf die Subjekte als Ohjekte - oder durchaus auch wohlmeinend
in einfacher Negation - als bloße Opfer Abschied nehmen. Diese Perspektive eines
Belastungs- und Verelendungsdiskurses unterschlägt die realen Potenzen und Pro-
duktivitäten der Subjekte in der Verarbeitung ihrer sozialen Lagen. Eine alternative
sozialpolitische Perspektive, die die Fonnen ,selbstbestimmter Vergesellschaftung'
gesellschaftlich absichern und verallgemeinern will, muss die empirisch vorfindha-
ren, histurischen Praxen der Menschen, ihre sozialen Lebenslagen, ihre ,Produkti-
on des Sozialen' ernstuehmen. Die Subjekte konstituieren ihr ,Soziales' selber, aber
nicht im luftleeren Raum, sondern in Auseinandersetzung mit 80zialstaatlichen De-
finitionen und Regulationsweisen. Die Praxen der Subjekte gehen aber in den Defi-
nitionen, Defizitzuschreibungen und auch romantischen Verelendungsprojektionen
der - positiv oder negativ gefassten - staatlich-institutionellen Perspektive nicht auf'
(Redaktion Widersprüche 1989, S. llt).
Damit rücken die konkreten Praxen in der Auseinandersetzung mit der herr-
schenden Sozialpolitik in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Für unseren Bereich
der Sozialen Arbeit als "in die Lebenswelten hinein" (Böhnisch) verlängerter Arm
staatlicher Sozialpolitik bedeutet dies, die praktischen Auseinandersetzungen der
Menschen mit den institutionell-professionellen Arrangements in den Fokus der
Aufmerksamkeit zu nehmen.
1. Theoretische Grundlagen
Den theoretischen Hintergrund der sozialpädagogischen Nutzerforschung bildet
die neuere Theorie sozialer Dienstleistung (Schaarschuch 1999, 2003, 2008). Sie
greift auf den oben umrissenen Grundgedanken einer produktiven Auseinander-
setzung der Menschen mit den sozialstaatlichen Regulationsformen auf der Ebene
der personenbezogenen Dienstleistungen auf. Der Kern der Dienstleistungsthe-
orie besteht in dem unhintergehbaren Sachverhalt, dass Menschen als prinzipi-
ell produktive Subjekte sich ihre Umwelt, auch ihre soziale und gesellschaftliche
Umwelt, aneignen müssen: "Alle Produktion ist Aneignung der Natur von Seiten
des Individuums innerhalb und vermittelst einer bestimmten Gesellschaftsform"
(Marx 1974, S. 14) - und für unseren Zusammenhang wäre zu ergänzen, auch
der "zweiten", gesellschaftlichen Natur. Zugleich ist jede Produktion unmittelbar
auch Konsumtion (vgl. ebd.). Im Kontext der personenbezogenen sozialen Dienst-
leistungen bedeutet dies, dass, wenn diejenigen, die soziale Dienste in Anspruch
nehmen (müssen), als aktiv sich und ihre sozialen Zusammenhänge produzieren-
Sozialpädagogische Nutzerforschung 87
2. Sozialpädagogische Nutzerforschung
Die hier umrissene theoretische Grundlegung des neneren Dienstleistungsansat-
ze bildet das theoretische Fundament der sozialpädagogischen Nutzerforschung.
Dabei wird eine bedeutsame Umakzentuierung vorgenommen. Geht es der The-
orie sozialer Dienstleistung um die Konstituierung und Begründung eines pro-
fessionellen Handlungsmodus, der der Logik der nutzerseitigen Aneignungspro-
zesse folgt, so fokussiert die sozialpädagogische Nutzerforschung auf eben diese
Logik der individuellen und kollektiven Aneignungsprozesse.
Terminologisch setzt sich die Kategorie des ''Nutzers'' intentional von ver-
schiedenen anderen Möglichkeiten der Bezeichnung ab. Gegenüber anderen, auf
die Kategorie des Kunden rekurrierenden Ansätzen - die sich zumeist als "dienst-
leistungsorientiert" bezeichnen - wird herausgestellt, dass die Erbringung sozia-
ler Dienstleistungen, um die es hier geht, stets im Kontext sozialstaatlicher Insti-
tutionalisierung erfolgt und es sich hierbei, anders als auf Märkten, nicht um die
Akkumulation von Tauschwerten, sondern um die Allokation von Gebrauchswer-
ten handelt - denn der Zugang zu Dienstleistungen wird hier nicht auf der Basis
von kaufkräftiger Nachfrage sondern auf der Grundlage staatsbürgerlicher An-
spmchsrechte geregelt.
Bezüglich der Adressateuforschung, bei der allerdings an verschiedenen
Puukten deutliche Überschneidungen mit den Herangehensweisen der Sozialpä-
dagogischen Nutzerforschung bestehen, wird geltend gemacht, dass sich die Ka-
tegorie des Nutzers eindeutig auf die Rekonstruktion des Nutzens aus der Sicht
der Nutzers bezieht. Allein schon terminologisch wird mit dem Adressatenbe-
griff die Adressierung durch die Professionellen und damit eine von den Profes-
sionellen ausgehende Handlungsform gesetzt. Das Ziel der Adressatenforschung
liegt in der Optimierung professionellen Handeins. Die sozialpädagogische Nut-
zerforschung konzentriert sich hingegen darauf, den (möglichen) Nutzen sozial-
pädagogischen Handeins und sozialpädagogischer Angebote aus der Perspekti-
Sozialpädagogische Nutzerforschung 89
ve der Nutzerinnen und Nutzer zu rekonstruieren sowie auf die Erforschung der
Nutzungsprozesse. Das zentrale Ziel ist es, nutzenfördernde und nutzenlimitie-
rende bzw. nutzenverhindernde und den Nutzern schadende Bedingungen in den
Blick zu nehmen und zu analysieren, aufweiche Weise Nutzer sich die Angebo-
te im Ra1unen konkreter institutioneller Ra1unungen aneignen bzw. anzueignen
versuchen. Auch wenn der Fokus auf dem Gebrauchswert Sozialer Arbeit liegt, so
bleibt aber grundsätzlich im Blick, dass sich aus sozialpädagogischen Angebote
und Handlungsweisen durchaus nicht immer - und nicht notwendigerweise - ein
Nutzen realisieren lässt und dass sich u. U. durchaus auch Schädigungen für die
,Nutzer' ergeben können. Vor diesem Hintergrund versteht sich sozialpädagogi-
sche Nutzerforschung stets unmittelbar als kritische Wissenschaft.
In methodologischer Hinsicht setzt sich die sozialpädagogische Nutzerfor-
schung von Forschungskonzeptionen ab, die den Forschungsgegenstand qua Ab-
leitung bestimmen. Gewöhnlich wird von einer theoretischen Analyse der ge-
sellschaftlichen Makrostrukturen auf die institutionellen und organisationellen
Formen und ihre Funktion geschlossen und von dort aus professionelles Han-
deln bestimmt, wobei dann die Aktivitäten der Nutzer jeweils nur als Reaktion
auf professionelles Handeln erscheinen. Mit einer solchen Vorgehensweise sind
aber systematische Engflihrungen verbunden, die die empirische Vielfalt der re-
alen Handlungsweisen nur beschränkt einbeziehen können, weil durch die Ab-
leitungsperspektive eine Vorfestlegung des Gegenstands vorgenommen wird,
die selektiv wirkt.
Zentraler Ansatzpunkt der Sozialpädagogischen Nutzerforschung ist die
Analyse der unmittelbaren Interaktion von Nutzern und Professionellen sowie
absichtsvoll gestalteter sozialpädagogischer Arrangements, die genutzt werden,
ohne dass Sozialpädagogen direkt anwesend sind. Auf dieser Ebene des so be-
zeichneten Erbringungsverhältnisses geht es um die systematische Erfassung des
Nutzens wie der Nutzungsprozesse in den konkreten Interaktionen wie Arrange-
ments. Die hier vorgenommenen Analysen werden in der Folge über zwei Stufen
konkretisiert. Der nutzerseitig formulierte Nutzen oder auch Nicht-Nutzen, ggf.
auch die Schädigung, sowie das Nutzungshandeln werden auf der Ebene des Er-
bringungskontextes systematisch mit den institutionellen Bedingungen und orga-
nisationellen Strukturen in Beziehung gesetzt und diese darauf befragt, in welcher
Weise sie Nutzen und Nutzungshandeln in ihrer Form beeinflussen. Ähnliches
gilt für die Ebene der Gesellschaftlichen Bedingungen der Erbringung von so-
zialen Dienstleistungen, die sowohl das Erbringungsverhältnis als auch den Er-
bringnngskontext übergreifen. Es sind hier vor allem die sozialstrukturellen Un-
gleichheiten und Klassenverhältnisse wie die politischen Machtverhältnisse, die
90 Gertrud Delerieh/ Andreas Sehaarsehuch
3.1 Ergebnisse
Vor dem Hintergrund unserer empirischen Arbeiten zur sozialpädagogischen
Nutzerforschung' können auf induktive Weise aus dem Material heraus verschie-
deue Dimensionen und Kontexte identifiziert werden, die für eine empirische
Aufschlüsselung und theoretische Fundierung der Kategorie des Nutzens heran-
gezogen werden können.
Hier handelt es sich zum einen um eine Vielzahl von Lehrforschungsprojekten vornehmlich
im Bereich der Hilfen zur Erziehung, zum anderen um. eigene Studien auf der Basis des dort
gewonnenen Datenmaterials.
92 Gertrud Delerich/ Andreas Schaarschuch
Grundsätzlich unterscheiden wir, zwischen der Ebene der Inhalte, des Nut-
zens, also dem, was aus Sicht der Nutzer gebrauchswerthaltig im Hinblick auf
die von ihnen zu bearbeitenden Aufgaben der Lebensführung benannt wird und
der Ebene des Prozesses, der Nutzung, wie also die Nutzer sich die Gehalte sozi-
alpädagogischer Angebote als gebrauchswertformige aneignen oder auch nicht
aneignen (können), wie sie mit den damit verwobenen Normierungen und Rest-
riktionen "umgehen".
Das, was als Nutzen benannt wird und das, was als Nutzungsweise bestimm-
bar wird, ist einbettet in spezifische Kontexte, die hier als subjektiver und als in-
stitutioneller Relevanzkontext gefasst werden. Erst in Verbindung mit und vor
dem Hintergrund dieser Kontexte wird sozialpädagogischem Handeln ein Nut-
zen oder Nicht-Nutzen erkennbar.
Nutzen
Hier konnten bislang drei verschiedene Dimensionen extrahiert werden, die im
Folgenden kurz umrissen werden (vgl. hierzu ausführlich OelerichiSchaarschuch
2005, S. 83ff.)
• Materiale Dimension des Nutzens: Hierunter werden diejenigen Phänomene
zusammengefasst, die wesentlich gegenständlicher und instrumenteller Art
sind und neben der unmittelbar materiellen Seite auch "nicht-stoffliche"
Charakteristika aufweisen, die im Hinblick auf die Erledigung alltäglicher
Aufgaben der Lebensführung einen Nutzen darstellen. Dazu gehören materielle
Zuwendungen in Form von Geld oder Wohnraum, aber auch immaterielle
Aspekte wie Tipps und Hinweise, etwa für den Umgang mit Behörden.
Zudem sind dieser Dimension immaterielle Nutzenaspekte eines anderen
Typus zuzuordnen, die eher Aspekte der Ausbildung von Fähigkeiten und
Fertigkeiten sowie die Aneignung von Kompetenzen betreffen, beispielsweise
eine eigenständige Haushaltsführung oder die Einteilung von Geld.
• Personale Dimension des Nutzens: Hierbei handelt es sich um verschiedene
Aspekte der Qualität der interpersonalen Beziehung von Nutzer und Profes-
sionellem in ihrer Bedeutung für die Bewältigung der Lebensaufgaben der
Nutzer. Dazu gehören der Anerkeonungsaspekt - etwa als gleichwertiger
Interaktionspartoer, der Sicherheitsaspekt (Geborgenheit; Verlässlichkeit),
der Zuwendungsaspekt, beispielsweise emotionale Nähe, aber auch Macht-
und Disziplinierungsaspekte, also Druck, Zwang und Kontrolle im Hinblick
auf die Normierung der Lebensführung, die den Nutzen für die Nutzer in
sein Gegenteil verkehren
Sozialpädagogische Nutzerforschung 93
• lrifrastrukturdimension des Nutzens: Hier liegt bereits ein Nutzen vor, ohne
dass einer konkreter materialer oder personaler Nutzen eingetreten ist. Allein
die Möglichkeit, bestimmte Elemente eines Angebotes potentiell nutzen zu
können - also etwa eine Person bei dringendem Bedarf jederzeit kontaktie-
ren zu können - kann in seiner flir die gegenwärtige Lebenasituation eine
Sicherheit vermittelnden Funktion bereits aktuell einen Nutzen bedeuten.
Nutzung
Auf der Ebene der Nutzungsprozesse, also der Aneignung des Nutzens von An-
geboten, konnten empirisch verschiedene Nutzungsstrategien und Aneignungs-
weisen rekonstruiert werden (vgl. im folgenden ausführlich Dolic/Schaarschuch
2005). Der weiter oben ausgeführte Grundgedanke, dass die Angebote sozialer
Arbeit in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft stets nur in einer wider-
sprüchlichen Amalgamierung von normierenden und assistierenden Komponen-
ten auftreten richten das Erkenntnisinteresse der sozialpädagogischen Nutzerfor-
schung auf die Handlungen der Nutzer, mittels derer es ihnen gelingt, aus eben
diesen widersprüchlichen strukturierten Angebote diejenigen Aspekte selektiv in
Anspruch zu nehmen, die flir die Auseinandersetzung mit ihren Lebensaufgaben
von Bedeutung sind - und dabei diejenigen Komponenten, die aus ihrer Sicht als
"Barrieren der Inanspruchnahme" (Krassilschikov 2009) normierenden und re-
stringierenden Charakter aufweisen, zu neutralisieren, zu unterlaufen, sich mit
ihnen arrangieren oder sie umdeuten. Vor diesem Hintergrund konnten auf der
Prozessebene zwei verschiede Handlungsformen identifiziert werden, die sich
als Nutzungstrategien und Aneignungsweisen differenzieren lassen (vgl. Dolic/
Schaarschuch 2005, S. lOlff)
Nutzung••trategien
Hierunter werden Handlungen verstanden, die sinnhaft aufkonkrete Aspekte und
Spezifika von Angeboten gerichtet sind. Ohne hier auf Vollständigkeit abstellen
zu wollen können bislang zwei wesentliche Nutzungsstrategien rekonstruiert wer-
den: die Strategie der Vermeidung und die der Kooperation.
• Die Nutzungsstrategie der Vermeidung bezeichnet ein Nutzungshandeln,
mittels dessen Nutzer durch ein eher defensives Verhalten unerwünschte
Aspekte von Angeboten zu umgehen und diejenigen Aspekte zu nutzen, die
vor dem Hintergrund ihrer subjektiven Relevanzkontexte im Hinblick auf
die Bewältigung ihrer Lebenssituation als gebrauchswerthaltig und damit
nutzbringend erscheinen. Zum anderen zählen hierzu Handlungsweisen
94 Gertrud Oelerichl Andreas Schaarschuch
Aneignungsweisen
Handlungen, die eine Erweiterung der Kompetenzen und des Verhaltensreper-
toires zur Folge haben, werden hier als Aneignungsweisen bezeichnet. Unter An-
eignung wird ein Prozess gefasst, in dem es den Nutzern unter Einbeziehung des
professionellen Dienstleistungsangebotes gelingt, eine Transformation bisherigen
Verhaltens und Handelns zu erreichen. Vorerst können zwei Aneignungsweisen
rekonstruktiv herausgearbeitet werden: Aneignung als Lernprozess und Aneig-
nung als Selbstreflexionsprozess.
• Aneignung als Lernprozess: Damit ist ein Lemhandeln gemeint, das jenseits
einer bloßen Adaption von Wissen, kognitiven Strukturen und Verhalten
eine Auseinandersetzung des Subjekts mit seiner gegenständlichen Welt
bezeichnet - und hier insbesondere mit dem professionellem Handeln - in
dessen Verlauf es im Rahmen eines "gelingenden" Aneignungsprozesses
durch die Nutzer selbst zur Erweiterung von Kompetenzen im Sinne eines
auf Selbstbestimmung beruhenden, resp. abzielenden Handeins konunt.
• Aneignung als Selbstrejlexionsprozess: Hier geht es um den Erwerb selbst-
reflexiver Handlungsdispositionen, mittels derer es den Nutzern möglich
wird, sich vermittelt über die Einbeziehung professioneller Tätigkeit mit
dem eigenen Handeln, den eigenen Denkweisen und eigenen Emotionen
auseinander zu setzen und zum Gegenstand der Beobachtung, Evaluation
und Bewertung zu machen. Aneignung findet dann statt, wenn unter Ein-
beziehung des Angebotes im Rahmen eines selbstreflexiven Prozesses neue
handlungsrelevante Deutungen bezüglich des eigenen Handeins, der eigenes
Denkweisen etc. generiert werden.
Sozialpädagogische Nutzerforschung 95
Relevanzkontexte
Ein Nutzen, oder auch Nicht-Nutzen eines Angebotes entsteht nicht aus sich selbst
heraus. Vor dem Hintergrund der begrifflichen Bestimmung des Nutzens als die
"Gebrauchswerthaltigkeit professioneller Tätigkeit im Hinblick aufdie produk-
tive Auseinandersetzung mit den Anforderungen, die sich fiir die Nutzer aus den
sich ihnen stellenden Aufgaben der Lebensfiihrung ergeben" kann nicht apriori,
sondern nur jeweils konkret empirisch die subjektive Perspektive darauf rekons-
truiert werden, welches die Anforderungen sind, vor die sich die Nutzer gestellt
sehen und zu deren produktiver Bearbeitung soziale Dienstleistungen einen Nut-
zen darstellen können. D. h. ein Nutzen sozialer Dienstleistungen ergibt sich im-
mer nur auf der Grundlage der Relevanzen, aufgrund derer sie f"Ur die Bearbei-
tung der Aufgaben der Lebensführung als gebrauchswerthaltig erachtet werden.
Diese Relevanzsysteme werden hier als Kontexte bestimmt, vor deren Hinter-
grund der Gebrauchswert Sozialer Arbeit entsteht. Im Rahmen der sozialpädago-
gischen Nutzerforschung sind zwei Relevanzkontexte herausgearbeitet worden:
der subjektive und der institutionelle Relevanzkontext (vgl. im folgenden Oele-
richiSchaarschuch 2005, 92ff.)
Subjektiver Relevanzkontext: Die Benennung der subjektiven Relevanzen, vor
deren Hintergrund sozialpädagogisches Handeln einen Gebrauchswert erhalten
kann, ist vor dem Hintergrund der empirisch vorfindbaren Lebensweisen prinzipi-
ell unabgeschlossen. Gleichwohl konnten verschiedene thematische Felder wie die
Einschätzung der eigenen Lebenssituation - also z. B. die subjektiv wahrgenom-
menen Lebensumstände, die Schwere des erlebten Problems, das Vorhandensein
sozialer Netzwerke und Unterstützungssysteme -, die individuellen Präferenzen,
die kulturell-normativen Orientierungen sowie biographisch-Iebensgeschichtliche
Aufschichtungen als wesentliche Kontextebenen identifiziert werden.
Institutioneller Relevanzkontext: Mit dieser Bezeichnung werden Merkma-
le der Institution, resp. der Einrichtung erfasst, die aus Sicht der Nutzer einen
systematischen Einfluss daraufhsben, ob sich ein Nutzen - oder sein Gegenteil-
f"Ur sie ergibt. Auch hier gilt, dass die Anzahl der iufrage kommenden Phänome-
ne prinzipiell nicht abgeschlossen ist. Bisher konnten drei Relevanzbereiche her-
ausgearbeitet werden: zunächst die institutionellen Programmmerkmale, also die
Spezifika des Programms wie Aufgaben und Ziele, strukturelle Elemente des An-
gebotes (z. B. Einzel-, Gruppenangebote; Frequenz; Ort; etc.), sodann die Orga-
nisationsstruktur, etwa die Arbeitsteilung und Hierarchien, der Personalschlüs-
sel, die Einbindung in das Gesamtsystem der Hilfen, die Vernetzung mit anderen
Einrichtungen etc.. Schließlich das professionelle Konzept: Damit werden kon-
zeptionelle Merkmale sozialarbeiterischen Handelns bezeichnet, beispielsweise
Gertrud Oelerichl Andreas Schaarschuch
die Relation von Nähe und Distanz, von K0ntr0l1e und Freizügigkeit, von Nor-
~undMacht.
4. Perspektiven
Mit der Differenzierung von Nutzen (Inhalt) und Nutzung (Prozess) sowie dem
subjektiven und institutionellen Relevanzkontexten sind zentrale Elemente eines
Analyserahmens entwickelt.
.............................................................
Mit Hilfe dieser Elemente lassen sich die für die Nutze! im Hinblick: auf die Be-
wältigung ihrer Lebenssituation DÜtzlichen., die nicht-nützlichen oder die in die-
ser Hinsicht schädigenden Aspekte personenbezogener sozialer Dienstleistun-
gen identifizieren.
Obwohl bereits einige wichtige Fragestellungen im ZUSa.mJDeDhang dieses
Forschungsansatzes bearbeitet wurden - so etwa die Them.atisierung des Ver-
hältnisses von Nutzen und Nicht-Nutzen (Maar 2006) und der Barrieren der In-
anspruchnahme (Krassi1schikov 2009) - so stellt dieser Rahmen gleichwohl ein
größeres Forschungsprogramm dar. Insbesondere dieAufk~ der Bezüge und
Sozialpädagogische Nutzerforschung 97
Relationen der einzelnen von uns identifizierten Elemente ist dabei eine wesent-
liche Herausforderung für diesen Forschungsansatz.
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