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Management

von
Jugendorganisationen

T-Kit
Willkommen bei der T-Kit-Reihe

Einige von Ihnen werden sich gefragt haben, was sich hinter dem Begriff
T-Kit verbirgt. Wir können Ihnen mindestens zwei Antworten auf diese
Frage geben. Die erste ist ganz einfach, denn T-Kit ist die Abkürzung für
den englischen Begriff „Training Kit“. Die zweite Antwort hat mehr mit
dem Klang des Wortes zu tun. T-Kit klingt wie „Ticket“ und ein Ticket
brauchen wir in der Regel, wenn wir verreisen. Spiffy, die kleine Figur auf
der ersten Seite, hält ein Zugticket für eine Reise durch die neuen Medien
in der Hand. Wir betrachten dieses T-Kit als Werkzeug, das jeder von uns
bei seiner Arbeit einsetzen kann. Konkret möchten wir Jugendbetreuer
und Trainer ansprechen und ihnen theoretische und praktische Instru-
mente für ihre Arbeit anbieten, die sie beim Training von Jugendlichen
einsetzen können.

Die T-Kit-Reihe ist das Ergebnis eines einjährigen gemeinsamen Projekts,


an dem Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Berufen und Organisa-
tionen beteiligt waren. Trainer in der Jugendarbeit, Jugendleiter in NRO
und Fachautoren haben gemeinsam fundierte Publikationen erarbeitet,
die auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sind und in denen
die unterschiedlichen Ansätze in den europäischen Ländern zu den je-
weiligen Themen berücksichtigt werden.

Dieses T-Kit ist einer von vier Titeln, von denen der erste im Jahr 2000
erschienen ist. Weitere Titel werden in den nächsten Jahren folgen. Das
vorliegende T-Kit ist im Rahmen des Partnerschaftsprogramms zum Trai-
ning von Jugendbetreuern entstanden, das von der Europäischen Kom-
mission und dem Europarat durchgeführt wird. Zu den Aktivitäten dieser
Partnerschaft zwischen den beiden Institutionen gehören neben den
T-Kits auch gemeinsame Projekte in anderen Bereichen, wie zum Beispiel
Trainingskurse, das Magazin „Coyote“ und eine dynamische Internetseite.

Aktuelle Informationen über die Partnerschaft (Neuerscheinungen, An-


kündigung von Trainingskursen usw.) erhalten Sie auf der Webseite der
Partnerschaft www.training-youth.net.

Verlag des Europarats


F-67075 Straßburg Cedex
oder
Druck: Deppen Imprimerie, Straßburg, Frankreich

© Europarat und Europäische Kommission, Juli 2000

Der Nachdruck von Auszügen aus dieser Publikation ist mit Quellenangabe gestattet, sofern diese ausschließlich für nicht
gewerbliche Bildungszwecke eingesetzt werden.

Dieses Dokument gibt nicht notwendig die offizielle Meinung der Europäischen Kommission oder des Europarats, deren Mitgliedstaaten oder
der Organisationen, die mit diesen Institutionen kooperieren, wieder.
Management von
Jugendorganisationen
Koordination der T-Kit-Reihe Titelseite und „Spiffy“-Figur T-Kit
Silvio Martinelli The Big Family

Redakteure dieses T-Kits Unser besonderer Dank gilt auch


Silvio Martinelli, Jonathan Bowyer Patrick Penninckx, der die Einführung der T-Kit-
Reihe koordinierte, uns unermüdlich unter-
Autorinnen und Autoren dieses T-Kits stützte und für die Verknüpfung des Projekts mit
(siehe auch vorletzte Seite) anderen Projekten im Rahmen des Partner-
Jonathan Bowyer schaftsabkommens sorgte. Anne Cosgrove und
Arthur Murphy Lena Kalibataite danken wir für ihre Beiträge in
Paola Bortini der Frühphase des Projekts.
Rosa Gallego Garcia
Wir danken allen Herausgebern und Autorin-
Redaktionsausschuss nen/Autoren, von denen wir die Genehmigung
Bernard Abrignani zum Abdruck urheberrechtlich geschützten
Institut National de la Jeunesse Materials erhielten.
et de l’Education Populaire
Elisabeth Hardt Und schließlich gilt unser Dank all denen, die in
European Federation verschiedenen Funktionen, in verschiedenen
for Intercultural Learning Phasen und auf unterschiedliche Art und Weise
Esther Hookway zum Zustandekommen dieses T-Kit beigetragen
Lingua Franca haben!
Carol-Ann Morris
Europäisches Jugendforum
Heather Roy
World Association of Girl Guides
and Girl Scouts

Sekretariat
Sabine Van Migem (Verwaltung)
Genevieve Woods (Bibliothekarin)

Europarat
GD IV Direktorat für Jugend und Sport
Europäisches Jugendzentrum Straßburg Europäisches Jugendzentrum Budapest
30 Rue Pierre de Coubertin Zivatar ucta 1-3
F-67000 Straßburg H-1024 Budapest
Frankreich Ungarn
Tel: 00 33-3-8841 2300 Tel: 00 36-1-2124078
Fax: 00 33-3-8841 2777 Fax: 00 36-1-2124076

Europäische Kommission
DG Bildung und Kultur
Abteilung D5: Jugendpolitik und Programme

Rue de la Loi, 200


B-1049 Brüssel, Belgien
Tel : 00 32-2-295 110 – Fax: 00 32-2-299 4158
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Inhalt

Willkommen bei der T-Kit-Reihe ..........................................................................2

Einleitung ..............................................................................................................7

1 Umfeld : Kontext und Kultur europäischer Jugendorganisationen..............9


1.1 Einleitung ...............................................................................................................................................................................9
1.2 Historischer Kontext .......................................................................................................................................................11
1.3 Organisationskultur ........................................................................................................................................................12
1.3.1 Was versteht man unter Kultur ? ................................................................................................................................12
1.3.2 Organisationsstile ..............................................................................................................................................................14

2 Selbstmanagement .......................................................................................19
2.1 Einleitung ............................................................................................................................................................................19
2.2 Erkennen der eigenen Fähigkeiten ...........................................................................................................................19
2.2.1 Lernen lernen .......................................................................................................................................................................19
2.2.2 Erfahrungslernen und Lernstile .................................................................................................................................19
2.2.3 Emotionales Lernen ..........................................................................................................................................................23
2.2.4 Denken lernen .....................................................................................................................................................................24
2.2.5 Vorurteile ................................................................................................................................................................................25
2.3 Umgang mit Ihren persönlichen Ressourcen .......................................................................................................27
2.3.1 Von der Kompetenz zur Professionalität ................................................................................................................27
2.3.2 Selbstmotivation .................................................................................................................................................................28
2.3.3 Zeitplanung ..........................................................................................................................................................................29
2.3.4 Stressbewältigung ...............................................................................................................................................................32
2.3.5 Kommunikationsmanagement ...................................................................................................................................35
2.3.6 Bewältigung von Veränderungen ..............................................................................................................................36

3 Mitarbeiterführung .......................................................................................43
3.1 Einleitung ............................................................................................................................................................................43
3.2 Teams und Teamleitung ................................................................................................................................................43
3.2.1 Teamarbeit und Teamleitung........................................................................................................................................43
3.2.2 Wie motiviert man Menschen ?.....................................................................................................................................49
3.2.3 Empowerment........................................................................................................................................................................51
3.2.4 Verantwortung .....................................................................................................................................................................51
3.3 Training, Entwicklung und Bewertung ...................................................................................................................51
3.3.1 Lernende Organisation....................................................................................................................................................51
3.3.2 Lernstile ....................................................................................................................................................................................52
3.3.3 Leistungsbeurteilung und Arbeitsüberprüfung....................................................................................................53
3.4 „Coaching“, „Mentoring“ und „Counselling“ .........................................................................................................54
3.4.1 Coaching ..................................................................................................................................................................................54
3.4.2 Mentoring................................................................................................................................................................................56
3.4.3 Counselling.............................................................................................................................................................................58
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit

4 Prozessmanagement ......................................................................................61
4.1 Einleitung .............................................................................................................................................................................61
4.2 Leiten der Organisation ..................................................................................................................................................61
4.2.1 Managementstruktur.........................................................................................................................................................62
4.3 Systemmanagement .........................................................................................................................................................64
4.4 Organisationsentwicklung.............................................................................................................................................64
4.5 Entscheidungsfindung und politische Entwicklung ...........................................................................................66
4.6 Kommunikation und Information..............................................................................................................................67
4.7 Wissen und Lernen...........................................................................................................................................................69
4.8 Strategische Planung........................................................................................................................................................71
4.8.1 Warum Planen wichtig ist ..............................................................................................................................................71
4.8.2 Was ist strategische Planung ?.......................................................................................................................................71
4.8.3 Schritte für strategisches Planen..................................................................................................................................72
4.9 Finanzmanagement ..........................................................................................................................................................75
4.9.1 Haushalt ...................................................................................................................................................................................76
4.9.2 Bilanz.........................................................................................................................................................................................76
4.9.3 Einnahmen-Ausgabenrechnung ...................................................................................................................................76
4.9.4 Liquiditäts-Aussagen .........................................................................................................................................................76
4.10 Verträge .................................................................................................................................................................................78
4.11 Einstellungsbedingungen...............................................................................................................................................78
4.12 Gestaltung der Außenbeziehungen ...........................................................................................................................79

Anhang 1 : Lernstil-Fragebogen von Honey und Mumford.............................80

Anhang 2 : Historische und gegenwärtige Managementperspektiven..........83

Anhang 3 : T-Kit „Management von Jugendorganisationen“


– Evaluierungsformular ..................................................................86

Anhang 4 : Verweise und weiterführende Literatur ........................................88

Die Autorinnen und Autoren des T-Kits


„Management von Jugendorganisationen“ .....................................................90
Einleitung
Management von
Jugendorganisationen
Ziel dieses T-Kit ist es, durch die Vermittlung theo- Sie hängen jedoch auch zusammen und demon- T-Kit
retischer Grundlagen über Managementtechniken strieren so , dass der Ansatz dieses T-Kit alle Aspek-
für Organisationen und deren praktische Anwen- te des Managements von Organisationen umfasst.
dung die erfolgreiche Entwicklung von Jugendor- Jedes Kapitel enthält theoretische Hintergrund-
ganisationen in ganz Europa zu fördern. informationen, Analysen sowie konkrete Beispiele,
die die Trainer bei ihrer Arbeit unterstützen sollen.
Dieses T-Kit soll folgende Zielgruppen unter-
stützen: In Kapitel 1 werden Organisationen als Systeme
beschrieben, die mit dem externen Umfeld verbun-
• Trainer und Trainerinnen sowie Multiplika- den sind und ein spezifisches internes Umfeld, das
toren und Multiplikatorinnen im Management als Organisationskultur bezeichnet wird, schaffen
von Jugendorganisationen können. Der Begriff „Umfeld“ wurde absichtlich
• Manager/innen (Generalsekretäre, internationale gewählt und soll diejenigen, die Managementauf-
Koordinatoren, Führungskräfte, Vorsitzende etc.) gaben wahrnehmen, dazu ermutigen, zunächst
von kleinen und mittleren regierungsunabhän- den Kontext von Jugendorganisationen und deren
gigen Jugendorganisationen Rolle in der heutigen Gesellschaft zu beleuchten.

Die Begriffe „Manager“ und „Management“ mögen Im Mittelpunkt von Kapitel 2 und 3 stehen die
angesichts des üblichen Sprachgebrauchs in Mitarbeiter, die die größte Ressource einer Organi-
Jugendorganisationen manchmal etwas unge- sation bilden. In Kapitel 2 geht es um das Selbst-
wohnt erscheinen. Wir möchten jedoch betonen, management, eine unverzichtbare Voraussetzung,
dass Management nicht nur als Unternehmens- um andere leiten zu können. In diesem Kapitel
praxis zu verstehen ist. Jeder Ehrenamtliche, der wird erläutert, wie wir das eigene Potenzial als
einen Tagesausflug organisiert, nimmt mit der Zeit- Manager und Führungskraft/Leiter erkennen und
planung, der Betreuung der Teilnehmer und dem herausfinden können und wie wir lernen. Unter-
Einsatz von Ressourcen in gewisser Weise eine sucht wird darüber hinaus, welche Bedeutung
Managementaufgabe wahr. Deshalb ist es wichtig, Beziehungen im Management haben.
dass sich der Einzelne mit dem Management-
konzept identifiziert. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Mitarbeiter-
führung. Das Management wird nicht als Kontroll-
Dieses T-Kit ist kein Allheilmittel, mit dem sich faktor in Organisationen betrachtet, sondern in
sämtliche Probleme von Jugendorganisationen lö- erster Linie als Funktion, in deren Mittelpunkt die
sen lassen. Jede Organisation und jede Person ist Ziele der Organisation stehen. Das Management
einzigartig, und deshalb gibt es auch keine Lösun- ermöglicht die Festlegung und Erfüllung der Ziele
gen, die für alle gleichermaßen geeignet sind. der Organisation, es sorgt dafür, dass die Organi-
Patentlösungen gibt es also nicht, aber wir bieten sation sich veränderten Bedingungen anpasst und
Techniken und Methoden, die sich auf die in Ihrer dass kein Ungleichgewicht zwischen den unter-
Organisation bestehenden Gegebenheiten übertra- schiedlichen und häufig widersprüchlichen Arbeits-
gen lassen und bei der Verbesserung Ihrer Organi- anforderungen entsteht.
sation helfen können.
In Kapitel 4 wird das Management von Prozessen
In einer Publikation mit diesem Umfang können oder das Management der „Sachressourcen“ inner-
nicht alle Themen ausführlich behandelt werden, halb und außerhalb der Organisation beleuchtet.
die das Management von Jugendorganisationen Prozesse werden als dynamische Elemente inner-
betreffen. Aus diesem Grund mussten die Verfasser halb einer Organisation betrachtet, die sich ständig
eine Auswahl treffen. Nach ausführlichen Beratun- ändern, anpassen und entwickeln.
gen zwischen den Verfassern, die selbst über weit
reichende Erfahrungen im Bereich des Manage- Der Begriff Organisation hat seinen Ursprung im
ments und der Managementtheorie verfügen, wur- griechischen Wort „organon“, das Werkzeug oder
den die Themen für dieses T-Kit ausgewählt und Instrument bedeutet. Wir hoffen, dass die in den
in vier Kapitel untergliedert. Weitere T-Kits zu folgenden Kapiteln enthaltenen Informationen
Fachthemen, wie zum Beispiel zur Mittelbeschaf- dazu beitragen werden, Jugendorganisationen zu
fung, sind geplant. Die vorliegende Publikation wirksamen Instrumenten zu machen, mit denen
enthält ergänzende bibliografische Angaben zu die Bedürfnisse der jungen Menschen in Europa
verschiedenen Punkten. erfüllt werden können.

Das T-Kit ist in vier Hauptkapitel gegliedert, die Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre
unabhängig voneinander gelesen werden können. dieses T-Kit.

7
1 Umfeld : Kontext und Kultur europäischer
Jugendorganisationen
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
1.1 Einleitung

Es gibt unzählige Bezeichnungen und Definitio- c) Jugendorganisationen sind freie Organisatio-


nen für Jugendorganisationen, aber die meisten nen beziehungsweise Nichtregierungsorganisa-
davon reichen nicht aus, um die Bandbreite dieser tionen und gehören damit nicht zur öffentli-
Organisationen wiederzugeben. Definitionen schei- chen Verwaltung. Das heißt allerdings nicht,
nen diese Vielfalt, die zu den wichtigsten Merk- dass sie nicht durch die öffentliche Verwaltung
malen von Jugendorganisationen zählt, einzu- unterstützt werden können (zum Beispiel finan-
schränken. Es kann jedoch nützlich sein, die ziell).1
Inhalte einiger Definitionen genauer zu betrach- 1
ten, weil in den meisten Definitionen die wich- d) Jugendorganisationen sind Organisationen für
tigsten Aspekte hervorgehoben werden, anhand junge Menschen: Sie bestehen aus einer Grup-
derer wir den Platz und die Rolle von Jugend- pe von Menschen, die sich zusammenschließen,
organisationen in der Gesellschaft erkennen um in einer gemeinsamen Struktur und Organ-
können: isation ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Ju-
gendliche spielen in mindestens einem der nach-
a) Jugendorganisationen sind häufig Organisatio- folgend genannten Elemente eine wichtige Rolle:
nen mit ehrenamtlich Tätigen: Obwohl einige
Organisationen auch hauptamtliches Personal • Junge Menschen leiten die Organisation. Das
haben, setzen sich die oberen Entscheidungs- heißt, dass sie nicht unbedingt diejenigen sind,
gremien (Verwaltung) aus ehrenamtlich Täti- denen die Arbeit der Organisation zugute kommt.
gen zusammen. Unterstützt werden können auch zum Beispiel
das kulturelle Erbe, die Umwelt oder ältere
b) Jugendorganisationen sind gemeinnützige Menschen.
Organisationen: Das bedeutet nicht, dass sie
keinen Gewinn erwirtschaften können, sondern • Junge Menschen sind diejenigen, denen die
lediglich, dass sämtliche Gewinne in Aktivi- Aktivitäten der Organisation zugute kommen.
täten investiert werden, die zur Erfüllung ihres Die Aktivitäten der Einrichtung können jedoch
Auftrags beitragen. von älteren Erwachsenen organisiert werden.

Übungsaufgaben
Man könnte annehmen, dass alle, die sich in einer Jugendorganisation engagieren, dieselben
Informationen und Ansichten über die Organisation haben, aber dies ist nur selten der Fall. Bei
dieser ersten Übung haben die Mitglieder der Gruppe die Möglichkeit, über die unterschiedlichen
Sichtweisen zu diskutieren, die jeder Einzelne von der Organisation hat. Am Ende der Diskussion
wird von der Gruppe eine gemeinsame Definition und ein Vokabular zur Beschreibung der Orga-
nisation erarbeitet, dem alle Teilnehmer zustimmen können.
• Bitten Sie die Gruppe, die oben genannten Definitionen zu überprüfen und die charakteristi-
schen Merkmale ihrer eigenen Organisationen zu erörtern. Anschließend sollen die Mitglieder
der Gruppe weitere Merkmale zusammenstellen, die noch genauer auf ihre Organisation zu-
treffen.
• Um sicherzustellen, dass in der Gruppe alle wichtigen Aspekte berücksichtigt werden, kann die
nachfolgende Liste als Hilfestellung für die Diskussion verteilt werden. So wird gewährleistet,
dass die Teilnehmer die einzelnen Aspekte auf ihre Organisation übertragen.

– Ziele
– Wie lange besteht die Organisation ?
– Grad der Formalisierung
– Interne Struktur
– Wirkungsbereich
– Zielgruppe
– Geografische Bedeutung
– Kontinuität der Aktivitäten
– Art der Aktivitäten
– Beziehungen zu anderen Organisationen

1
a, b und c aus Domenech, Alfred Vernis et al. 1998

9
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Wenn wir die verschiedenen Definitionen und sationen ständig aktuelle Informationen über die
Rollen der Jugendorganisationen in Europa ver- Entwicklungen in ihrem Umfeld sammeln, damit
gleichen würden, könnten wir rasch feststellen, sie nicht von Veränderungen überrascht werden
dass die Organisationen in den verschiedenen und damit sich Veränderungen nicht vollziehen,
Ländern sehr unterschiedlich eingeschätzt werden. ohne dass sie es bemerken. Stellt der Staat zum
Dies hat nicht nur erheblichen Einfluss auf die Beispiel eine bestimmte Dienstleistung bereit und
Rolle, die sie in der Gesellschaft spielen, sondern wird dadurch ein Problem beseitigt, das die Ju-

1 Übungsaufgabe
• Sobald wir uns über die wichtigsten Kennzeichen einer Jugendorganisation einig sind, sollten
wir einen Schritt weitergehen und Informationen über die Rolle der Organisation in der
Gesellschaft sammeln. Die folgenden Fragen können den Teilnehmenden helfen, sich ein Bild zu
machen :
– Schaffen Jugendorganisation Raum oder füllen sie eine Lücke ?
– Übernehmen sie einen Teil der Arbeit, die von den Regierungen geleistet werden sollte ? Oder
bieten sie Lösungen und Alternativen für bestimmte Probleme, die unsere Gesellschaften und
insbesondere Jugendliche betreffen ?
– Welchen Beitrag leisten Jugendorganisation tatsächlich zur Aufklärung und zur Verteidigung
von Rechten ?
– Gibt es andere Akteure in der Gesellschaft, die diese Arbeit bereits leisten ? Wenn ja, gehen sie in
der gleichen Weise vor wie die Jugendorganisationen ? Wenn nicht, wo liegen die Unterschiede ?
– Bieten Jugendorganisationen Jugendlichen die Möglichkeit, eine aktive Rolle in der Gesellschaft
zu spielen ?
– Warum leisten manche Menschen ehrenamtliche Arbeit
und andere nicht ?
– Ist ehrenamtliche Arbeit eine vorübergehende Mode-
erscheinung oder ist sie eine echte Form der Beteiligung
für junge Menschen ?
– Werden durch Jugendorganisation Werte und Hal-
tungen gefördert und praktiziert, die wichtig für die
Gesellschaft sind ?
– Repräsentieren Jugendorganisationen die jungen Men-
schen in Europa oder repräsentieren sie nur eine Min-
derheit derjenigen, die sich in diesen Organisationen
engagieren ? Können Jugendorganisationen daher wirk-
lich als Sprachrohr junger Menschen betrachtet werden
oder steht ihnen diese Rolle nicht zu ?

auch darauf, wie sie diese Rolle wahrnehmen gendorganisation mit ihrer Arbeit zu lösen ver-
können. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Sze- sucht, verliert die Organisation ihre Aufgabe, wenn
narien zu kennen, in denen Jugendorganisationen sie die neue Entwicklung nicht schon im Vorfeld
in Europa arbeiten, weil sich alle diese Unterschie- erkennt und entsprechend reagiert. Sie muss über
de auf die Führung der Organisationen auswirken. kurz oder lang aufgelöst werden oder sich ein
neues Aufgabenfeld suchen. Zum Beispiel könnte
Auf diese Fragen gibt es nicht nur eine richtige Ant- eine größere Aufmerksamkeit gegenüber einem
wort. Aufgabe der Gruppe ist es, zu prüfen, welche Thema, das einen künftigen Aufgabenschwerpunkt
Aussage auf ihre eigene Situation zutrifft. der Jugendorganisation bilden könnte, neue Mög-
lichkeiten für die Organisation eröffnen.
Auch die Tatsache, dass Jugendorganisationen
nicht im luftleeren Raum existieren, hat Aus- Wir möchten an dieser Stelle hervorheben, dass die
wirkungen. Die Organisationen „leben“ in einem wichtigste Aufgabe derjenigen, die in Jugendor-
spezifischen Umfeld, durch das sie beeinflusst wer- ganisationen Führungspositionen einnehmen, darin
den. Aus diesem Grund müssen Jugendorgani- besteht, ihr Umfeld aufmerksam zu beobachten.

10
Management von
Jugendorganisationen
Nur so können sie bereits im Vorfeld die Initiative mal ist es schwer, eine bestimmte Vorgehensweise T-Kit
ergreifen und die Entwicklung der Organisation zu verstehen, wenn man den historischen Hinter-
auf die aktuellen und zukünftigen Erfordernisse grund nicht kennt, und dies kann Einfluss darauf
der Gesellschaft ausrichten. haben, wie neue ehrenamtliche Mitarbeiter die Ar-
beit in der Organisation sehen. Die Tatsache, dass
bestimmte Aufgaben immer in einer bestimmten
Weise erledigt wurden, ist keine Qualitätsgarantie
und deshalb sollten wir die Abläufe analysieren,
wenn wir unsere Organisationen verbessern wollen.
1.2 Historischer Kontext
Bevor wir jedoch mit den Planungen beginnen
können, bevor wir hinterfragen, warum bestimmte 1
Wenn wir unseren aktuellen Standort bestimmt Dinge in der Organisation funktionieren oder nicht
haben, ist es wichtig, zu analysieren, wie wir dort- funktionieren, bevor überhaupt eine Entscheidung
hin gelangt sind. Viele der aktuellen Gegebenheit- getroffen werden kann, müssen die Manager und
en und Verfahrensweisen in Organisationen haben Managerinnen sich die Zeit nehmen, ihre eigene
ihre Wurzeln in der Geschichte dieser Organisatio- Organisation kennen zu lernen. Die Erfahrungen
nen. Die Geschichte sollte daher zumindest den aus der Vergangenheit können in die allgemein be-
Personen bekannt sein, die Managementaufgaben kannten Informationen integriert und bei zukünf-
innerhalb der Organisation wahrnehmen. Manch- tigen Planungen genutzt werden.

Übungsaufgabe
• Sammeln Sie Informationen über die Geschichte der Organisation und erstellen Sie einen
„Steckbrief“ für die Organisation. Mit dieser Übung wird sichergestellt, dass alle zum Management
gehörenden Personen über dieselben Hintergrundinformationen in Bezug auf die Organisation
verfügen. Der Steckbrief sollte mindestens folgende Informationen enthalten :

– Name der Organisation


– Wirkungsbereich
– Gründungsdatum
– Zahl der Mitglieder
– Struktur
– Chronologische Auflistung der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Organisation
– Chronologische Auflistung der wichtigsten Ereignisse außerhalb der Organisation, die sich auf
die Organisation ausgewirkt haben
– Erfahrungen aus der Vergangenheit : Schlüsselfaktoren für Stabilität und Wachstum (intern
& extern)
– Erfahrungen aus der Vergangenheit : Wieder-
kehrende Themen, die die Ursachen für Instabilität
aufzeigen
– Außenwahrnehmung der Organisation

Die Teilnehmer sollen zu Beginn aufgefordert wer-


den, die Fragen so objektiv wie möglich zu beant-
worten, dies gilt insbesondere für die letzten drei
Fragen. Die Subjektivität der Antworten, von der
insbesondere bei diesen drei Fragen ausgegangen
werden muss, sollte besonders berücksichtigt werden.

11
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Am Anfang dieses Kapitels wurde darauf hin-
gewiesen, dass das aktuelle Erscheinungsbild
einer Jugendorganisation seine Wurzeln in der
historischen Entwicklung der Organisation hat. 1.3 Organisationskultur
Wir haben uns in der letzten Übung näher mit
diesem Punkt beschäftigt, und jetzt ist es an der
Zeit, in die Gegenwart zurückzukehren und die 1.3.1 Was versteht man unter Kultur ?
aktuelle Situation unserer Organisation aus-
führlicher zu beleuchten. Wir sollten uns nun Dieses Wort hat viele Bedeutungen. Im Wörter-
die aktuellen Programme der Organisation und buch für modernes Englisch von Longman wird
die damit zusammenhängende Infrastruktur an- Kultur definiert als „die Gewohnheiten, die An-
1 sehen. Eine Möglichkeit dazu bietet die Erstel- schauungen, die Kunst, die Musik sowie alle
lung eines Organisationsprofils. Die folgenden anderen Produkte des menschlichen Denkens
drei Schritte zeigen, wie wir dabei vorgehen einer bestimmten Gruppe von Menschen in einer
können. bestimmten Zeit“.

Erster Schritt: Häufig steht der Begriff Kultur für Volksüberliefe-


Zusammenstellung aller spezifischen Programm- rung oder Kunst. Wenn wir das Konzept jedoch in
aktivitäten und Leistungen, das heißt, Beratung einem breiteren Rahmen betrachten, erkennen wir
und Unterstützung, Unterbringung, Information, darüber hinaus noch andere Elemente, wie zum
Vorträge bei Unternehmen, neue Strategien etc. Beispiel den Sinn für Humor, die Essgewohnheiten
Stellen Sie fest, in welchen Bereichen derzeit Akti- oder auch die Familienbeziehungen. Mit einfachen
vitäten durchgeführt werden und welchen Umfang Worten erklärt, könnten wir sagen, dass Kultur
die aktuellen Programme haben. Dazu gehören eine bestimmte Art und Weise ist, in der eine be-
zum Beispiel auch Daten, wie die Anzahl der stimmte Gruppe von Menschen Dinge tut.
betreuten Zielgruppen, Kosten je Leistungseinheit,
angeschlossene Einrichtungen und Ähnliches. Mit dieser Definition werden die Parallelen schnell
deutlich: Jugendorganisation sind Gruppen von
Zweiter Schritt: Menschen, die bestimmte Aufgaben in einer be-
Gliedern Sie diese Programmaktivitäten und Leis- stimmten Weise wahrnehmen.
tungen nach den gemeinsamen Zielen, Kategorien,
ähnlichen Diensten oder dergleichen. Betrachten Das Problem ist, dass einige der Elemente, die wir
Sie diese Kategorien als Ziele. als Bestandteil der Kultur betrachten, nicht so
offensichtlich sind wie andere. Das folgende Dia-
Dritter Schritt: gramm zeigt, dass tatsächlich nur ein Zehntel der
Erstellen Sie ein Infrastrukturprofil. Dieses Profil kulturellen Komponenten als solche erkannt wer-
umfasst Informationen über die grundlegende den, das heißt, dass 90 % dieser Komponenten
Managementstruktur, über Tätigkeiten zur Un- nicht bewusst wahrgenommen werden. Damit
terstützung des aktuellen Programms, wie zum kann man die Kultur mit einem Eisberg verglei-
Beispiel Personalverwaltung, Mittelbeschaffung, chen, der nur zum Teil sichtbar ist, der jedoch in
Marketing, Verwaltung von Einrichtungen und seiner Gesamtheit berücksichtigt werden muss.
Finanzmitteln, sowie über den Verwaltungsrat.
Angegeben wird unter anderem, wie viele Wir müssen vorsichtig vorgehen, wenn wir uns
haupt-/ nebenamtliche und ehrenamtliche Mit- nun mit der Kultur unserer Organisationen
arbeiter/innen derzeit in allen Programmen beschäftigen. Wichtig ist, dass wir uns nicht nur
sowie in der gesamten Organisation beschäftigt auf das Offensichtliche konzentrieren, weil wir
sind und aus wie vielen Mitgliedern der Verwal- sonst neun Zehntel der Elemente übersehen, die
tungsrat besteht. Beschreiben Sie außerdem die Organisationskultur ausmachen.
kurz die Herkunft und die Verwendung von Mit-
teln, die Finanzlage der Organisation sowie Viele Autoren haben über das Thema Organisa-
weitere Einzelheiten, die das Management der tionskultur geschrieben und bestimmte Verhal-
Organisation betreffen. Grafiken und Diagramme tensmuster festgestellt, in denen sich die meisten
sind zur übersichtlichen Präsentation der Daten Organisationen wieder erkennen.
2
nützlich.
Einige Aspekte der Kultur sind bei der Führung
Bisher haben wir uns mit dem Organisations- einer Organisation sehr wichtig. Wir müssen
konzept befasst: Zunächst haben wir untersucht, berücksichtigen, dass jede Organisationskultur
was eine Jugendorganisation ist, danach haben wir unterschiedlich auf dieselben Dinge reagiert.
ihre Rolle in der modernen europäischen Ge- Wichtig ist auch zu erkennen, dass bestimmte Per-
sellschaft beleuchtet, und anschließend haben wir sonen in eine bestimmte Organisationskultur passen
einige wichtige Aspekte unserer eigenen Organisa- und andere nicht. Letzteres hat eindeutig Aus-
tionen herausgearbeitet. Der erste Begriff im Titel wirkungen auf Gruppen von Menschen, die sich
des nächsten Kapitels ist damit nun klar geworden, zusammenschließen, um ein gemeinsames Ziel zu
aber wie sieht es mit dem zweiten Begriff aus? erreichen.

2
Michael Allison und Jude Kaye (1997)

12
Abb. 1 Das Eisbergmodell für Kultur

Wahrnehmbares Schöne Künste Literatur


Theater Klassische Musik Unterhaltungsmusik
Folklore Spiele Essen Kleidung

Schamgefühl Schönheitsideal Erziehungsideale Standesbewusstsein Kosmologie


Verhältnis zu Tieren Prinzipien der sozialen Schichten (Herrschaftsverhältnisse)
Verborgenes
Definition von Sünde „Balzverhalten“ (Werbungs- und Vereinigungsrituale)
Gerechtigkeitsgefühl Arbeitsmotivation Vorstellungen von Führungsqualität Arbeitstempo
Muster von Gruppenentscheidungsprozessen Sauberkeitsbegriff
Sozialverhalten gegenüber Abhängigen Theorie von Krankheit (Was wird als Krankheit angesehen ?)
Problemlösungsverhalten Grundsätze sozialen Wandels Blickkontakt-Verhalten
Soziale Rollen nach Alter, Geschlecht, sozialer Schicht, Beruf, Familie etc.
Definition von Geisteskrankheit
Charakter von Freundschaft, informellen Beziehungen Selbstkonzept
Muster visueller Wahrnehmung Körpersprache Gesichtsausdrücke
Vorstellung von Logik und Validität (Gefühls-) Verhaltensmuster
Sozial bezogene Gesprächsmuster Geschichtsbild und Zukunftserwartung Zeiteinteilung
Wettbewerbsorientierte oder kooperative Arbeitshaltung Grad sozialer Interaktion Vorstellung vom Jugendalter
Ordnung/Merkmale des Lebensraums

AFS Orientation Handbook, New York : AFS Intercultural Programs Inc. Bd. 4, S. 14, 1984

13
T-Kit
Management von
Jugendorganisationen

1
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
• Warum arbeitet unsere Organisation in einer be-
stimmten Art und Weise?
• Was sind die Vor- und Nachteile dieser Vorge-
Übungsaufgaben hensweise?
• Warum passen bestimmte Menschen mit einer
Verwenden Sie folgende Definitionen
bestimmten Persönlichkeitsstruktur in unsere
des Begriffs Organisationskultur, um eine
Organisation und andere nicht?
Diskussion anzuregen. Welche Definitionen
bevorzugen die Mitglieder der Gruppe ?
Die Antworten auf all diese Fragen bilden eine wich-
• Trompenaars „Das Wesen der Kultur ist tige Grundlage für uns als Manager/innen, wenn
nicht das, was auf den ersten Blick er- wir nach neuen Wegen zur Weiterentwicklung un-
1 kennbar ist. Kultur ist die Art und Weise, serer Organisationen suchen.
in der bestimmte Gruppen von Men-
schen die Welt verstehen und interpre- Die nachfolgende Beschreibung ist eine Zusam-
tieren.“ menfassung, die auf der Klassifikation der vier
wichtigsten Kategorien der Organisationskultur
• Morgan verwendet verschiedene Defini- nach Handy beruht.
tionen : „Wenn wir über Kultur spre-
chen, beziehen wir uns in der Regel auf
die Entwicklungsmuster, die sich im Sys- Club-Kultur
tem des Wissens, in der Ideologie, den
Werten, den Gesetzen und den tägli- Diese Organisation lässt sich am besten mit dem
chen Ritualen einer Gesellschaft wider- Netz einer Spinne vergleichen, denn wie beim
spiegeln“. Spinnennetz befindet sich das Herzstück der ge-
• Wilkins definiert Kultur als „die als samten Organisation in der Mitte, umgeben von
selbstverständlich betrachtete und von immer weiteren Kreisen, die ebenfalls wichtig sind.
allen unterstützte Bedeutung, die eine Je näher man an die Spinne heranrückt, umso mehr
bestimmte Gruppe von Menschen ihren Einfluss hat man.
gesellschaftlichen Regeln beimisst”.
Die „Organisationsidee“ der Club-Kultur ist, dass
Weiter sagt er : „Organisationen spiegeln der Zweck der Organisation darin besteht, die Ar-
die Gesellschaften im Kleinen wider und beit des Leiters/der Leiterin oder des Gründers/
haben ihre eigenen klaren Muster der der Gründerin zu unterstützen. Wenn diese Per-
Kultur und Subkultur. Solche Denkmuster son alle Aufgaben selbst ausführen könnte, würde
oder gemeinsamen Wertvorstellungen die Organisation nicht existieren. Die Organisation
[...] können die allgemeine Fähigkeit besteht im Grunde nur, weil die betreffende Per-
einer Organisation, auf Herausforderun- son das nicht kann. Die Organisation fungiert also
gen zu reagieren, entscheidend beein- als ihr verlängerter Arm, der in ihrem Namen
flussen.“ arbeitet, und ist ein Club von gleich gesinnten
Menschen.
• Ouchi und Jackson definieren Kultur
ohne Umschweife als Art und Weise „wie
Zu den Vorteilen dieser Kultur zählen unter
die Dinge hier ablaufen“.
anderem:
• Die Organisation ist produktiv.
• Die Ziele der Organisation werden auf irgendeine
Weise erreicht.
• Die Arbeit ist effizient und wird überwacht.
• Das System kann aufrechterhalten werden und
die Organisation kann alle Aufgaben wahrneh-
Nach Ansicht der Verfasser dieses T-Kit stimmt die men.
letzte Definition mit dem von ihnen entwickelten • Der wesentliche Vorteil besteht in der Fähigkeit,
Konzept der Kultur von Jugendorganisation über- sofort und intuitiv auf Chancen oder Krisen re-
ein. Wir hoffen, dass diese direkte und praktische agieren zu können, weil die Kommunikations-
Definition denjenigen hilft, die sich in einer Orga- wege kurz sind und die Entscheidungsbefugnis in
nisation engagieren, die Kultur dieser Einrichtung einer Hand liegt.
zu verstehen.
Diese Organisationskultur hat aber auch Nachteile:
• Die Arbeit erfüllt nicht unbedingt die bestehenden
1.3.2 Organisationsstile Erfordernisse.
• Entscheidungen werden willkürlich getroffen.
Nachdem wir nun wissen, was unter Organisations- • Der Druck kann nie gelockert werden.
kultur zu verstehen ist, können wir einige der wich- • Bei denjenigen, die nicht mitentscheiden kön-
tigsten „Organisationsstile“, wie Charles Handy sie nen, entstehen Unmut, Verärgerung und Rache-
nennt, analysieren. Diese Beschreibungen werden gelüste.
uns helfen, die Kultur unserer Organisation zu er- • Die Mitarbeiter nehmen eine defensive Rolle ein.
kennen, und dies wird uns wiederum die Beant- • Die persönlichen Bedürfnisse der Mitglieder wer-
wortung folgender Fragen ermöglichen: den nicht befriedigt.

14
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 2 Klassifizierung von Organisationskulturen T-Kit

Club-Kultur Rollenbezogene Kultur


1

Aufgabenorientierte Kultur Personenbezogene Kultur

Handy, Charles : Understanding Voluntary Organisations, Penguin Books Ltd.1990, S. 86, 88, 90, 92,
ISBN 0-14-014338-6. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung

15
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Rollenbezogene Kultur Die aufgabenorientierte Kultur wird von vielen
Fachleuten bevorzugt, weil sie in Gruppen arbeiten
Diese Organisationskultur lässt sich am besten an- können, gegenseitig von ihren Fähigkeiten profi-
hand eines Organigramms darstellen, wie es in vie- tieren können und gemeinsam die Verantwortung
len Organisationen gebräuchlich ist. Es sieht aus tragen.
wie eine Pyramide aus verschiedenen Kästchen.
Jedes Kästchen enthält eine Funktionsbezeichnung, Vorteile:
darunter steht in kleinerer Schrift der Name der • Die Mitglieder der Gruppe haben das Gefühl, dass
Person, die diese Funktion zurzeit wahrnimmt. Das sie etwas erreicht haben, das sie zum erfolgreichen
Kästchen bleibt bestehen, auch wenn die betref- Abschluss bringen wollen.
fende Person die Organisation verlässt. • Die Beteiligten sind kompetent, spezialisiert, ratio-
1 nal, unabhängig und gehen analytisch vor.
Die zugrunde liegende Organisationsidee ist, dass • Die Ursachen und Folgen eines Problems werden
Organisationen Gebilde sind, die sich aus verschie- ebenso eingehend analysiert wie die möglichen
denen Rollen und Funktionskästchen zusammen- Lösungen.
setzen. Diese werden in logischer und systemati-
scher Form angeordnet, sodass sie gemeinsam die Nachteile:
Aufgaben der Organisation erfüllen können. Die • Es ist schwierig, diese Mitglieder dazu zu motivie-
Organisation ist eine Konstruktion, in der sich ren, Routinearbeiten zu erledigen, an die Öffent-
Rolle an Rolle fügt und in der die Zuständigkeits- lichkeit zu treten und Informationen weiterzu-
bereiche miteinander verknüpft sind. Jeder Einzel- geben.
ne nimmt eine bestimmte Rolle ein, in einer Ar- • Es ist schwierig, sich verständlich zu machen.
beitsplatzbeschreibung wird klar festgelegt, welche • Notwendige Veränderungen können nur schwer
Aufgaben im Rahmen dieser Rolle zu erfüllen sind durchgesetzt werden.
und wo ihre Grenzen liegen. Von Zeit zu Zeit wer-
den in der Organisation die Rollen sowie deren
Verknüpfungen untereinander neu strukturiert, um Personenbezogene Kultur
veränderten Prioritäten Rechnung zu tragen, und
anschließend werden die Personen den Rollen neu Die personenbezogene Kultur unterscheidet sich
zugeordnet. grundlegend von den drei bereits beschriebenen
Formen, weil hier die Ziele des Einzelnen im Mit-
Vorteile: telpunkt stehen und die Organisation als Res-
• Die Rollen, Aufgaben und Funktionen sind genau source für die Talente des Einzelnen dient. Das an-
festgelegt und werden respektiert. schaulichste Beispiel sind die Fachleute (wie zum
• Die Qualität der Arbeit ist gut. Beispiel Ärzte, Anwälte, Architekten), die sich aus
• Finanzielle und hierarchische Beziehungen sind praktischen Gründen zu einer Arbeitsgemeinschaft
genau festgelegt und werden respektiert. zusammenschließen.
• Die Mitglieder haben das Gefühl, dass ihre Mei-
nung zählt. Die „Organisationsidee“, die dieser Kultur zu-
grunde liegt ist, dass die Fähigkeiten des Einzel-
Nachteile: nen im Mittelpunkt stehen und durch eine mini-
• Die Reaktion auf unvorhergesehene Probleme ist male Organisation unterstützt werden müssen.
schwierig. Die Fachleute in diesen Organisationen glauben,
• Hoher Zeitaufwand, nur wenige Personen haben dass das Management einen niedrigeren Status
Einfluss auf die Struktur. hat als sie selbst und wenn überhaupt nur über
• Ablehnung ungeplanter/unvorhergesehener Akti- wenige formale Instrumente verfügt, um sie zu
vitäten. kontrollieren. Diese Fachleute arbeiten bevorzugt
• Schnelle Entscheidungen sind nicht möglich. in Praxen, Kammern oder Partnerschaften zu-
sammen.

Aufgabenorientierte Kultur Vorteile:


• Die persönlichen Bedürfnisse (Sicherheit, Selbst-
Die aufgabenorientierte Kultur hat sich aus dem Be- achtung etc.) der Mitglieder werden bis zu einem
dürfnis nach einer Organisationsform entwickelt, gewissen Grad befriedigt.
die nicht so individuell wie die Club-Kultur und • Die Beziehungen zwischen den Mitgliedern sind
schneller als die rollenbezogene Kultur auf Verän- eng und freundlich, offen und respektvoll.
derungen reagieren kann. • Die intellektuelle und emotionale Integration der
Mitglieder wird angestrebt.
Die „Organisationsidee“ dieser Kultur besteht da-
rin, dass eine Gruppe oder ein Team von Experten Nachteile:
sowie Ressourcen für ein Projekt, ein Problem oder • Es ist schwierig, sofort Ergebnisse zu erhalten
eine Aufgabe eingesetzt werden. Auf diese Weise oder Entscheidungen umzusetzen.
kann jede Aufgabe optimal und individuell ausge- • Diese Organisationsform ist zeitaufwändig und
führt werden, eine Standardisierung innerhalb der erfordert Energie, die dann nicht mehr für die
Organisation ist nicht erforderlich. Außerdem kön- Erreichung der angestrebten Ziele und zur
nen die Gruppen geändert, aufgelöst oder erweitert Lösung der auftretenden Probleme zur Verfü-
werden, wenn sich die Aufgabe ändert. gung steht.

16
Management von
Jugendorganisationen
Nach dieser kurzen Beschreibung der verschiede- werden darin die Denk- und Verhaltensweisen, die T-Kit
nen Modelle der Organisationskultur sollte darauf indirekt oder direkt von einer Person verlangt wer-
hingewiesen werden, dass in manchen Organisa- den, damit diese in eine Organisation oder einen
tionen eher eine Mischung aus verschiedenen Organisationsbereich passt und die bestehenden
Organisationsstilen anzutreffen ist als eine Form, Erwartungen erfüllt. In diesen Verhaltensnormen
die exakt einem der hier beschriebenen Modelle ist festgelegt, wie alle Mitglieder einer Organisation
entspricht. Wenn eine Organisation einem be- [...] an ihre Arbeit herangehen sollen und wie die
stimmten Modell entspricht, ist dies auf viele Fak- Interaktion zwischen ihnen ablaufen soll“. Dies
toren zurückzuführen. Dieses Modell ist häufig hat auch Einfluss auf die unterschiedlichen
nicht bewusst gewählt worden, sondern eher zufäl- Weisen, in der jeder Einzelne lernt. Dieser Aspekt
lig entstanden oder hat sich im Laufe der Zeit wird im Kapitel „Erkennen der eigenen Fähigkei-
entwickelt. ten“ ausführlicher beschrieben. Auch wenn wir im 1
Rahmen dieser Publikation nicht näher auf die
Studie von Cooke und Laferty eingehen können,
möchten wir die Bedeutung der Organisationskultur
Übungsaufgabe betonen.

• Fordern Sie die Gruppe auf zu prüfen,


ob die Klassifizierung der Organisations-
kulturen nach Handy auch heute noch Übungsaufgabe
zutreffend ist. Gibt es in den modernen
• Fordern Sie die Gruppe auf, anhand
Organisationen neue Aspekte, die in die-
der oben aufgeführten Beschreibungen
se Kategorien aufgenommen werden
die Organisationskultur ihrer eigenen
sollten ? Wie wirken sich eine stabile
Organisationen zu ermitteln. In einem
Wertegrundlage oder das Konzept der
ersten Schritt können die wichtigsten
Freiwilligkeit auf die Kultur einer Orga-
Merkmale jeder Organisationskultur
nisation aus ?
überprüft werden. Die Gruppe soll ge-
meinsam festlegen, mit welcher/n
Kultur/en ihre eigene Organisation am
meisten gemeinsam hat. Anschließend
sollen die Mitglieder der Gruppe die
Vor- und Nachteile ihrer Organisations-
Zu jedem Organisationsstil passt ein bestimmter kultur analysieren und einen Bezug zu
„Persönlichkeitstyp“, eine Beschreibung der einzel- den tatsächlichen Gegebenheiten in
nen Persönlichkeitstypen ist an dieser Stelle jedoch ihrer Organisation herstellen. Die Gruppe
nicht möglich. Derzeit werden wichtige Untersu- sollte berücksichtigen, dass die Organi-
chungen durchgeführt, um die Persönlichkeits- sationskultur kein statisches Element
merkmale zu ermitteln, die zu den jeweiligen For- ist. Sie ändert sich aufgrund von in-
men der Organisationskultur passen. Von Cooke ternen und externen Einflüssen ebenso
und Laferty wurde „Das Verzeichnis der Organisa- wie die Organisation selbst.
tionskultur“ herausgegeben, „ein umfangreiches
Instrument, mit dem zwölf unterschiedliche Ver-
haltensnormen untersucht werden. Beschrieben

17
2 Selbstmanagement
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
2.1 Einleitung

Junge Menschen nehmen innerhalb einer Jugendor- zwischen einer formalen Bildung und dem Lernen,
ganisation häufig eine Managementposition ein, das wir vorschlagen?
nicht weil sie diese Position anstreben, sondern weil
sie die Möglichkeit haben, für einen begrenzten Im nicht formalen Bildungskontext wird der Begriff
Zeitraum in dieser Organisation zu arbeiten. In den „lernen“ dem Begriff „lehren“ vorgezogen. Das per-
meisten Fällen haben diese Personen daher vorher sönliche Lernen und das Erlernen des Lernens wird
kein Managementtraining absolviert. Oft ist es das auf diese Weise zu einem zentralen Element der
erste Mal, dass die betreffende Person offiziell eine eigenen Weiterentwicklung. Das Umfeld und an-
Leitungsfunktion übernimmt. dere Menschen spielen beim Lernen eine äußerst
wichtige Rolle, weil sie den Kontext bilden und für
In diesem Kapitel geht es um die Notwendigkeit, in den Lernenden noch andere wichtige Funktionen
solch einer neuen Situation die eigenen Fähigkeiten erfüllen.
richtig einzusetzen, um neue Aufgaben bewältigen
und mit neuen Menschen und neuen Gefühlen um- In der heutigen Gesellschaft ist das intellektuelle
gehen zu können. In der Regel ist die erste Reaktion, Kapital an die Stelle des traditionellen Kapitals
zu handeln und so schnell wie möglich mit der getreten, das für den beruflichen oder persön-
Arbeit zu beginnen. Wir empfehlen Ihnen in diesem lichen Erfolg im Leben wichtig ist. Das Erlernen des
T-Kit, sich ein wenig Zeit zu nehmen, um über sich Lernens basiert auf der Erkenntnis, dass es ver-
selbst, Ihre Vergangenheit, Ihre Art, mit anderen schiedene Möglichkeiten des Lernens gibt, die den
umzugehen und Beziehungen aufzubauen und ins- ganzen Menschen einbeziehen, also Elemente des
besondere über Ihre Art zu lernen nachzudenken. Intellekts, Emotionen, den Körper und die Denk-
Wenn Sie Ihre Managementtätigkeit innerhalb der fähigkeit. 2
Organisation beendet haben, werden sie feststellen,
dass das Lernen zu den wichtigsten Erfahrungen
gehört, die Sie in dieser Zeit gemacht haben – sowohl
im Hinblick auf die erworbenen Fähigkeiten und die Übungsaufgaben
gewonnenen Erkenntnisse als auch im Hinblick auf
die Entwicklung Ihres eigenen Potenzials. • Sammeln Sie Sprichwörter über Lernen,
Lehren, Bildung und Training aus ver-
schiedenen Kulturen (einschließlich der
Definition der Europäischen Union für
2.2 Erkennen der eigenen das Lebenslange Lernen).
• Ordnen Sie die Sprichwörter in ver-
Fähigkeiten schiedene Kategorien ein und überprü-
fen Sie ihren Inhalt.

2.2.1 Lernen lernen • Stellen Sie fest, welche Unterschiede


und Ähnlichkeiten bestehen.
Es gibt unterschiedliche Definitionen für das Ler-
nen, das den Erwerb von Wissen und Fähigkeiten
oder Kenntnissen betrifft. Die eine beste Lernme-
thode gibt es nicht. Lernen kann als das Gewinnen
neuer Erkenntnisse über das eigene Potenzial be-
schrieben werden, das sich in neuem Wissen, 2.2.2 Erfahrungslernen
neuen Fähigkeiten, neuen Sichtweisen, neuen Fer- und Lernstile
tigkeiten und insbesondere in der Kombination
aller dieser Elemente zeigt, die man als Professio- Peter Honey und Alan Mumford haben herausge-
nalität bezeichnen könnte. funden, dass es verschiedene Lernstile gibt. Ihre
Theorie besagt, dass jeder Mensch aus bestimmten
Lernen ist nicht nur eine intellektuelle Tätigkeit. Situationen lernt. Wer in der Lage ist, verschiedene
Allzu oft werden den Schülern im formalen Schul- Lernstile anzuwenden, kann aus einer Vielzahl von
system Lernmethoden vermittelt, die allein auf Situationen und Erfahrungen lernen und so seine
dem Einsatz des Intellekts basieren. Etwas gelehrt Lernmöglichkeiten optimieren. Unter bestimmten
zu werden, ist eine passive Aktivität, während das Bedingungen ist Training also eine Möglichkeit,
Lernen aktiv ist. Beim Lehren steht häufig der unsere eigenen Erfahrungen zu reflektieren und
Lehrer im Mittelpunkt, beim Lernen ist es der Ler- aus ihnen zu lernen.
nende. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wo
liegt der Schwerpunkt bei der außerschulischen Honey und Mumford haben einen Fragebogen
Bildung und Weiterbildung? Sind wir wie Lehrer? über Lernstile entwickelt, der 80 praktische Bei-
Peter Vall sagt, dass wir heute glauben, dass es das spiele enthält, die Ihnen dabei helfen sollen, Ihr
formale schulische Lernumfeld nicht mehr gibt, eigenes Lernverhalten zu erkennen. Die Antworten
nur weil wir moderne Technologien einsetzen und auf diese Aussagen werden ausgewertet und geben
bequemere Stühle haben. Wo liegt der Unterschied Aufschluss über den von Ihnen bevorzugten Lern-

19
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
stil. Die Verfasser erläutern anschließend die vier in vier Schritten betrachtet. Es spielt keine Rolle,
verschiedenen Lernstile, beschreiben die Situa- wie lange dieser Prozess dauert, das Wichtigste ist,
tionen, die am besten zu diesen Stilen passen, und dass nach der Phase der Erfahrung das Nach-
machen Vorschläge für den Umgang mit Situatio- denken einsetzt, dass anschließend eine kritische
nen, in denen auf weniger bevorzugte Lernstile Analyse und eine Generalisierung erfolgt, um schließ-
zurückgegriffen werden sollte. Bitte beachten lich die Anwendung der neu erworbenen Kompe-
Sie, dass dieser Fragebogen in den USA entwickelt tenzen planen zu können.
wurde und einige Aussagen vor unserem kul-
turellen Hintergrund unterschiedlich interpretiert Stufe 1 – Handeln und Erfahrungen sammeln ist
werden. Teil des täglichen Lebens, aber die Mög-
lichkeit dazu kann auch bewusst geschaf-
Honey und Mumford haben den Erfahrungslern- fen werden.
kreis von Kolb weiterentwickelt, der hier in eine Stufe 2 – Beobachten und reflektieren des Erlebten
Spirale umgewandelt wurde, um die kontinuierli-
che Entwicklung hervorzuheben. Stufe 3 – Aus den gemachten Erfahrungen Schluss-
folgerungen ziehen und auf andere Berei-
Nach dieser Theorie ist nicht wichtig, was Sie che übertragen
erleben, sondern allein, wie Sie mit dem Erlebten Stufe 4 – Umsetzen der neu erworbenen Kompe-
umgehen. Das Erfahrungslernen wird als Prozess tenzen oder eine neue Erfahrung

2 Abb. 3 Lernen (Kreis/Spirale)

Honey, Peter/Mumford, Alan : The Manual of Learning Styles, 1992, S. 3, ISBN 0-9508444-7-0,
Adaptierte Fassung

20
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 4 Stärken und Schwächen einzelner Lernstile T-Kit

Lernende mit aktivem Lernstil – Stärken Schwächen

Flexibel und offen Neigen dazu, sofort das Naheliegende zu tun,


ohne darüber nachzudenken
Rege Mitarbeit
Gehen unnötige Risiken ein
Finden sich gut in neuen Situationen zurecht
Neigen dazu, zu viel selbst zu übernehmen und
Aufgeschlossen allem Neuen gegenüber, neh-
im Vordergrund zu stehen
men daher meist keine ablehnende Haltung
gegenüber Veränderungen ein Handeln überstürzt, ohne ausreichende
Vorbereitung
Umsetzung/Vertiefung langweilt sie

Lernende mit reflektierendem Lernstil – Stärken Schwächen

Vorsichtig Neigen zur Zurückhaltung und beteiligen sich


nicht direkt
Gründlich und methodisch
Überlegen lange und können sich nur schwer
Besonnen
entscheiden
Hören anderen aufmerksam zu und nehmen
Neigen zu allzu großer Vorsicht und zeigen zu
Informationen auf 2
wenig Risikobereitschaft
Ziehen selten übereilte Schlussfolgerungen
Können sich nicht durchsetzen – sind nicht
besonders zuvorkommend und unterhalten sich
ungern über Belangloses

Lernende mit theoretischem Lernstil – Stärken Schwächen

Logische „vertikale“ Denker Nur beschränkt in der Lage, lateral zu denken


Rational und objektiv Kommen nur schwer zurecht mit Ungewissheit,
Unordnung und Dingen, die nicht eindeutig
Hinterfragen Dinge
sind
Diszipliniert
Intolerant gegenüber allem, was subjektiv oder
intuitiv ist
Verwenden ständig „sollte, hätte und müsste“

Lernende mit pragmatischem Lernstil – Stärken Schwächen

Wollen alles in der Praxis erproben Neigen dazu, alles abzulehnen, was nicht
praktisch umgesetzt werden kann
Praktisch, auf dem Boden der Tatsachen,
realistisch Nicht interessiert an der Theorie oder
Grundsätzen
Kühl und sachlich – kommen sofort auf den
Punkt Greifen meist zur erstbesten Lösung für ein
Problem
Technisch orientiert
Halten nichts von vermeintlich „leeren“ Worten
Sind in der Regel an Aufgaben, nicht an
Personen orientiert

Honey, Peter/Mumford, Alan : The Manual of Learning Styles, 1992, S. 47-48, ISBN 0-9508444-7-0

21
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Die vier Lernstile – aktiver, reflektierender, theo- Ihnen werden Arbeitstechniken vermittelt, die
retischer, pragmatischer – sind mit den vier Stufen in ihrem eigenen Arbeitsumfeld angewandt
des Lernens verknüpft. werden können und einen klaren praktischen
Nutzen bieten.
Für jede Stufe gibt es einen bevorzugten Lernstil. Sie können unter Anleitung eines kompetenten
• Wenn Sie den aktiven Lernstil bevorzugen, ist Experten Arbeitstechniken ausprobieren und
Stufe 1 für Sie geeignet. üben und erhalten ein Feedback von ihm.
• Wenn Sie den reflektierenden Lernstil bevorzugen, Sie können sich auf praktische Fragen konzen-
ist Stufe 2 für Sie geeignet. trieren.
• Wenn Sie den theoretischen Lernstil bevorzugen,
ist Stufe 3 für Sie geeignet. Wenn Sie herausgefunden haben, welche/n Lern-
• Wenn Sie den pragmatischen Lernstil bevorzugen, stil/e Sie bevorzugen, ist es wichtig, die Stärken
ist Stufe 4 für Sie geeignet. und Schwächen der einzelnen Stile zu kennen. Ein
wichtiger Faktor bei der Auswahl geeigneter Lern-
Lernende, die alle vier Lernstile anwenden können, möglichkeiten ist es, Aktivitäten zu wählen, bei
werden auch als „integrativ Lernende“ bezeichnet denen die Stärken genutzt werden können und die
und sind eindeutig am besten dazu in der Lage, Schwächen kein allzu großes Hindernis darstellen.
alle vier Stufen zu bewältigen. Die meisten Men- Die Tabelle auf der nächsten Seite wird Ihnen
schen entwickeln jedoch Präferenzen für bestimm- helfen, Ihren eigenen Lernstil zu erkennen.
te Lernstile, die bei einigen Stufen von Vorteil, bei
anderen jedoch von Nachteil sind. Diese Bevorzu- Ihr bevorzugter Lernstil hat Einfluss auf Ihr Verhal-
gung eines bestimmten Stils hat wesentlichen Ein- ten als Manager, Lernender und Trainer. Wichtig ist
fluss darauf, bei welchen Aktivitäten der Einzelne vor allem, dass Sie Ihre Defizite in den Lernstilen
am besten lernt. ausgleichen, die Ihnen nicht so sehr liegen, damit
Sie in möglichst vielen Situationen lernen können.
2 • Aktiv Lernende lernen am besten bei Aktivitäten,
wenn sie mit neuen Erfahrungen, Problemen Denken Sie daran, dass Sie meist auf Ihre/n bevor-
oder Chancen konfrontiert sind, aus denen sie zugten Lernstil/e zurückgreifen, wenn Sie Trainings-
lernen können. maßnahmen durchführen oder Managementauf-
Am meisten Spaß machen ihnen kurze, spon- gaben wahrnehmen. Zur erfolgreichen Arbeit mit
tane Aktivitäten, wie zum Beispiel Unterneh- Menschen, die unterschiedliche Lernstile bevorzu-
mensplanspiele, Wettbewerbe, Rollenspiele. gen, sollte entsprechend den vier Lernstilen eine
Sie stehen stark im Rampenlicht, sind sehr präsent. Mischung aus unterschiedlichen Aktivitäten ange-
Sie werden von Anfang an stark gefordert und boten werden, damit alle Beteiligten angesprochen
erhalten eine schwierige Aufgabe. werden können.

• Lernende mit reflektierendem Lernstil dagegen


lernen am besten aus Aktivitäten, bei denen sie
beobachten, nachdenken und sich eingehend
mit den verschiedenen Aspekten der Aktivitä- Übungsaufgaben
ten befassen können.
Sie erhalten Raum, um nachzudenken, bevor • Verteilen Sie den Fragenbogen über die
sie handeln und um Informationen aufzuneh- Lernstile von Honey und Mumford*
men, bevor sie sich äußern. und die Bewertungstabelle ohne die
Sie haben die Möglichkeit, die Ereignisse und Definition der Lernstile.
das Erlernte zu überdenken. • Bilden Sie entsprechend den Ergebnissen
Sie können sich ohne Druck und enge Termine des Fragebogens verschiedene Gruppen.
Zeit für ihre Entscheidung nehmen.
• Bitten Sie die Mitglieder der einzelnen
• Theoretiker lernen am besten aus Aktivitäten, Gruppen, zu beschreiben, unter wel-
bei denen sie Zeit haben, um Zusammenhänge chen Umständen sie am besten gelernt
und Wechselbeziehungen zwischen verschie- haben, und anschließend ein Profil zu
denen Ideen, Ereignissen und Situationen me- erstellen, bei dem nur die Elemente
thodisch zu analysieren. verwendet werden, die den Lernstilen
Ihnen werden strukturierte Situationen mit kla- gemeinsam sind.
rer Zielsetzung vorgegeben. • Vergleichen Sie diese Elemente mit den
Sie erhalten die Gelegenheit, die grundlegende von Honey und Mumford ermittelten
Methodik, die Voraussetzungen oder die Logik, Lernstilen.
die hinter etwas steht, zu hinterfragen und zu
sondieren. Bitte beachten Sie, dass Menschen häufig
Sie werden intellektuell gefordert. mehr als einen bevorzugten Lernstil haben.

• Pragmatiker lernen am besten aus Aktivitäten,


bei denen ein klarer Zusammenhang zwischen
dem Thema und einem Problem oder einer
Verbesserungsmöglichkeit in ihrem Arbeits- * Sie finden den Fragebogen in Honey, Peter/
umfeld besteht. Mumford, Allan 1992 und im Anhang

22
Management von
Jugendorganisationen
2.2.3 Emotionales Lernen Die oben erwähnten Studien haben noch keine T-Kit
endgültigen Erkenntnisse über die Zweiteilung
Bei Experimenten über die Wirkungsweise von in Verstand und Gefühl erbracht, einige Erkennt-
Emotionen wurde festgestellt, dass Emotionen im nisse deuten darauf hin, dass das Gefühl im Vor-
sozialen Leben wichtig sind, weil sie unsere Hal- dergrund steht, andere bestätigen diese Wahrneh-
tung uns selbst und anderen gegenüber beein- mung nicht. Es gibt emotionale und rationale
flussen. Obwohl unterschiedliche Meinungen über Handlungen. Tatsächlich besteht unser Bewusst-
den Ursprung von Emotionen bestehen, mehren sein aus zwei Teilen, einem denkenden und einem
sich die Hinweise darauf, dass grundlegende ethi- fühlenden Teil. Diese grundverschiedenen Arten
sche Lebenseinstellungen auf zugrunde liegende der Wahrnehmung wirken zusammen und schaf-
emotionale Fähigkeiten zurückgehen. Bei der Un- fen unsere mentale Welt. Beide Teile unseres
tersuchung von Emotionen werden im Wesent- Bewusstseins arbeiten meist in enger Harmonie zu-
lichen drei Ansätze verfolgt: der biologische, der sammen und verknüpfen ihre sehr unterschied-
kognitive und der konstruktivistische Ansatz. lichen Arten der Wahrnehmung, um uns durch die
Welt zu führen. Diese Teile stehen für teilunab-
Beim biologischen Ansatz werden Emotionen in hängige Fähigkeiten, wobei jede dieser Fähigkeiten
die Basiskategorien Ärger, Angst, Glück, Liebe, verschiedenen, aber verbundenen Schaltkreisen
Erstaunen, Abscheu und Traurigkeit eingeordnet. im Gehirn zuzuordnen sind. Häufig oder fast
Emotionen sind universell, da sie biologisch be- immer sind beide Teile unseres Bewusstseins her-
dingte Neigungen zu bestimmten Handlungswei- vorragend koordiniert. Gefühle sind notwendig für
sen sind. Die Hypothese über das Feedback durch Gedanken, Gedanken sind notwendig für Gefühle.
den Gesichtsausdruck besagt, dass unsere Gefühle Das Gleichgewicht wird jedoch bei starker Erre-
durch unseren Ausdruck verstärkt werden und ein gung gestört.
Lächeln zum Beispiel unser Glücksgefühl verstärkt
(Ekman). Goleman vertritt die Auffassung, dass es im
menschlichen Gehirn eine Schnittstelle zwischen 2
Der kognitive Ansatz besagt, dass alle Emotionen Verstand und Emotion gibt, eine wichtige Tür zur
mit einem allgemeinen Gefühl der Erregung ein- Quelle von Vorlieben und Abneigungen, die wir im
hergehen und dass wir diese dann entsprechend Laufe eines Lebens entwickeln. Sich selbst vom
den gesellschaftlichen Konventionen einordnen. emotionalen Gedächtnis abzuschneiden bedeutet,
Aus diesem Grund lernen wir, welche Emotionen dass emotionale Reaktionen, die in der Vergangen-
in welchen Situationen erlaubt sind. Die biologi- heit mit diesem Gedächtnis verbunden wurden,
schen Neigungen werden außerdem durch unsere nicht mehr erfolgen und jede Reaktion farblos und
Lebenserfahrung und unsere Kultur geformt. Emo- neutral ist. Das heißt, dass wir oft Fehler machen,
tionen können darüber hinaus mehrere Bedeutun- weil wir uns nicht mehr an die Emotionen erin-
gen haben, und die Benennung von Emotionen nern, die mit vergangenen Ereignissen verknüpft
beruht auf dem Konsens mit anderen (Schachter). sind. Gefühle sind daher unverzichtbar, um ratio-
nale Entscheidungen treffen zu können. Sie weisen
Der konstruktivistische Ansatz schließlich bekräf- uns den Weg in Situationen, in denen Logik allein
tigt, dass Emotionen lediglich soziale Verhaltens- uns nicht weiterbringt. Beim emotionalen Lernen
weisen sind, die den Regeln für den angemessenen werden Signale ausgesandt, die uns helfen,
Ausdruck von Emotionen unterliegen. schneller Entscheidungen zu treffen, weil einige
Optionen verworfen und andere in den Vorder-
grund gestellt werden. Das emotionale Gehirn ist
ebenso am logischen Denken beteiligt wie das
denkende Gehirn. Das emotionale Gehirn lenkt
unsere spontanen Entscheidungen, das denkende
Übungsaufgaben Gehirn spielt eine ausführende Rolle in unseren
Emotionen.
• Schreiben Sie die Gefühle auf, die in
Ihrer Kultur gezeigt werden dürfen.
Im alten Paradigma wurde die Vernunft, befreit
• Überlegen Sie, welche Gefühle in Ihrer vom Einfluss der Emotion, als Ideal gepriesen.
Kultur in bestimmten Situationen gezeigt Nach dem neuen Paradigma sollen wir Verstand
werden müssen oder erwartet werden. und Herz in Einklang bringen. Darüber hinaus
stellen wir bei der Untersuchung der Verbindung
• Beschreiben Sie, in welcher Form Sie Ihre zwischen Körper, Verstand und Geist fest, dass
Gefühle zeigen dürfen. unser emotionaler Zustand und unsere Denk-
• Welche geschlechtsspezifischen Unter- weise uns physisch beeinflussen und umgekehrt.
schiede bestehen im Hinblick auf den Wir brauchen nur auf unsere Körpersprache
Ausdruck von Gefühlen ? zu achten, wenn wir gute Laune haben. Unser Kör-
per fühlt sich leicht an und wir haben mehr
• Vergleichen Sie die Ergebnisse mit dem, Energie als sonst. Wenn wir deprimiert sind,
was in anderen Kulturen gilt. fühlen wir uns schwer und haben weniger Energie
als sonst. Wenn wir uns verletzlich fühlen, lassen
wir die Schultern hängen, häufig verschränken
wir Arme oder Beine, um uns zu schützen und
so weiter.

23
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
zu beschäftigen. Die Entwicklung von Denkfähig-
Übungsaufgaben keit steht nicht auf dem schulischen Lehrplan,
weil Bildung in der Vermittlung von traditionel-
• Fordern Sie die Teilnehmer auf, sich auf len Mustern besteht. Die Erfahrungen und Werte
den Boden zu legen und eine Kette zu der Entscheidungsträger stützen sich ausschließ-
bilden. Der Kopf soll jeweils an den lich auf die Vergangenheit. Der Information wird
Bauch des anderen gelegt werden. Die Vorrang eingeräumt, weil sie uns die Richtung
Person, deren Kopf den Bauch eines weist. Es besteht die Auffassung, dass das Denken
anderen berührt, spürt die Bewegung nicht als separates Fach gelehrt werden kann,
des Bauchs und vollzieht automatisch sondern nur in Verbindung mit anderen Fächern.
dieselben Bewegungen nach. Damit wird dem Denken ein eigener Wert abge-
sprochen.
• Bitten Sie die Person, die das erste Glied
in der Kette bildet, zu lachen. Sie wer-
Kritisches Denken ist die bekannteste Form des
den sehen, dass einer nach dem An-
Denkens. Der Begriff stammt aus dem Griechi-
deren ebenfalls anfängt zu lachen, so
schen und bedeutet „sich ein Urteil bilden“. Das
wie Dominosteine, die nacheinander um-
kritische Denken vollzieht sich in drei Phasen:
fallen.
Analyse, Beurteilung und Argumentation. Erfolge
• Bilden Sie Zweiergruppen und bitten Sie im Bereich der Wissenschaft und Technologie wer-
diese, auf unterschiedliche Weise Ge- den nicht durch kritisches Denken erreicht, sie ent-
fühle auszudrücken. Stellen Sie ein Ver- stehen vielmehr in einem System der „Möglichkei-
zeichnis von Wörtern zusammen, mit ten“, das Hypothesen und Visionen hervorbringt.
denen Gefühle ausgedrückt werden.
Wahrnehmung ist der wichtigste Teil des Denkens.
Wahrnehmung ist die Art und Weise, wie wir die
2 Welt sehen, welche Dinge wir beachten, wie wir die
Welt strukturieren. Nach den neuesten Erkenntnis-
sen scheint Wahrnehmung als ein „sich selbst
2.2.4 Denken lernen organisierendes Informationssystem“ zu funktio-
nieren. In einem solchen System können aus der
Ist denken eine Fähigkeit? Können wir lernen zu Reihenfolge, in der Informationen aufgenommen
denken und unser Denkvermögen richtig zu nut- werden, Muster gebildet werden. Unser Denken
zen? Darauf gibt es zwei mögliche Antworten, die bewegt sich dann nur noch innerhalb dieser
von Ihrer persönlichen Einstellung abhängig sind. Muster.
Die erste Möglichkeit ist, das Denken als Frage der
Intelligenz zu betrachten, die in den Genen be- Ebenso wie für alle anderen Aktivitäten brauchen
gründet liegt und mit dem Intelligenzquotienten wir auch für das Denken Werkzeuge. Diese Werk-
messbar ist. Die zweite Möglichkeit ist, das Den- zeuge dienen dazu, die Aufmerksamkeit zu steu-
ken als Fähigkeit zu betrachten, die durch Trai- ern. Ohne sie nehmen wir nur Dinge innerhalb
ning und Übung verbessert werden kann. Diese unserer Erfahrungsmuster wahr und können diese
beiden widersprüchlichen Sichtweisen können Muster nicht durchbrechen.
ganz einfach kombiniert werden, wenn man die
Definition von De Bono anwendet, der sagt: „Über Stellen Sie sich eine bunte Landkarte vor. Wenn Sie
das Denken nimmt die Intelligenz Einfluss auf die nach einer Autobahn suchen, werden Sie sich
Erfahrung“. auf Linien in der Farbe konzentrieren, in der die
Autobahnen in der Regel eingezeichnet sind.
Aus dieser Definition ergeben sich einige Schluss- Stellen Sie sich nun vor, dass Sie sich in einem
folgerungen: Intelligenz kann bei der Entwicklung Raum befinden. Jemand fordert Sie auf, Ihre Augen
der Denkfähigkeit eine „Falle“ sein. Ein hochintelli- zu schließen und alle grünen Objekte im Raum
genter Mensch kann sich eine Meinung über ein aufzuzählen. Sie werden vermutlich nicht alle
Thema bilden und dann seine Intelligenz einset- Objekte nennen können. Diese Beispiele zeigen,
zen, um diese Meinung zu verteidigen. Je intelli- dass das Denken besser funktioniert, wenn es
genter die Person ist, umso besser kann sie ihre gelenkt wird.
Meinung vertreten. Je besser sie dies kann, umso
weniger sieht sie die Notwendigkeit, nach Alter- Schwierig wird es, wenn wir verschiedene Denk-
nativen zu suchen oder auf andere zu hören. Ein ebenen, wie Logik, Information, Sensibilität und
zweiter Aspekt dieser „Intelligenzfalle“ ist, dass Kreativität, gleichzeitig benutzen. Dies schafft Ver-
eine Person, die in dem Wissen aufgewachsen ist, wirrung in uns selbst und in der Kommunikation
intelligenter zu sein als andere, die größtmög- mit anderen. Wenn wir zum Beispiel eine Entschei-
liche Befriedigung aus dieser Intelligenz ziehen dung treffen und zulassen, dass wir gleichzeitig
möchte. Intelligenz zahlt sich aus, wenn der Be- darüber nachdenken, was wir tun möchten, was
weis erbracht werden kann, dass der andere im vermieden werden sollte, welche Gefühle wir
Unrecht ist. haben etc., können wir in eine Sackgasse geraten.

Diese Vorgehensweise führt nicht automatisch zu Edward De Bono hat die Rollen des Denkens in
einer Verbesserung der Denkfähigkeit. Es ist wich- sechs verschiedene Kategorien unterteilt, die er
tig, sich gezielt mit den verschiedenen Denkweisen anhand von sechs bunten Hüten beschreibt:

24
Management von
Jugendorganisationen
Der weiße Hut steht für Zahlen, Daten, Objekti- T-Kit
vität, das Bekannte. In dieser Rolle darf keine per-
sönliche Meinung zum Ausdruck gebracht wer- Übungsaufgaben
den. Nur Zuhören ohne Diskussion ist erlaubt. Das
Gesagte trifft nicht immer für alle zu, es ist ledig- • Überlegen Sie sich allein oder in einer
lich eine Information, die als solche neutral be- Gruppe ein Problem, eine Situation
rücksichtigt werden sollte. oder ein Projekt.

Der rote Hut erlaubt Emotionen und Gefühle aus- • Setzen Sie nacheinander die verschie-
zudrücken, ohne Begründung und ohne logische denen Hüte auf und nehmen Sie die
Grundlage. Wir müssen die Gefühle anderer Men- vorgegebene Rolle ein.
schen nicht erraten, wir können danach fragen. Die • Sagen Sie ohne Umschweife, was Sie
Möglichkeit, Gefühle frei auszudrücken, gestattet denken (die Rolle schützt Sie).
es uns, Emotionen innerhalb von Sekunden zuzu-
lassen und abzustellen, ohne sie zu verleugnen, zu • Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen mit
verbergen oder zu verändern. den anderen ein (Personen und/oder Rol-
len).
Der schwarze Hut steht für negative Logik und das, • Setzen Sie den blauen Hut auf und ziehen
was in der aktuellen Situation aus logischen Grün- Sie die notwendigen Schlussfolgerungen.
den nicht funktionieren kann. Diese Rolle kann als
pessimistisch betrachtet werden, aber sie ist lo-
gisch und nicht emotional. In dieser Rolle werden
die Gründe aufgezeigt, warum etwas nicht funk-
tionieren kann und die Risiken, Gefahren und
Mängel in einer bestimmten Situation oder bei
einem bestimmten Projekt hervorgehoben. Bei 2.2.5 Vorurteile 2
dieser Denkweise werden gemachte Erfahrungen
gegenübergestellt und auf die Gegenwart übertra- Bevor wir über Vorurteile sprechen, ist es notwen-
gen. Anschließend wird die Möglichkeit zukünfti- dig, Haltungen als eine Neigung zu definieren,
ger Fehler oder Fehlschläge eingeschätzt. schnell positiv oder negativ auf ein bestimmtes
Objekt oder eine Gruppe von Objekten zu rea-
Der gelbe Hut steht für positives Denken und Opti- gieren. Eine Haltung besteht aus dem Inhalt
mismus. Er ist konstruktiv. Bewertet werden die (Objekt) und einem entweder positiven oder nega-
positiven Aspekte einer Idee, eines Projekts oder tiven Werturteil gegenüber dem Objekt. Haltungen
einer bestimmten Situation. Sie sollten möglichst sind beständig. Vorurteile können als Haltungen
viele gute Gründe finden, um Ihre optimistische betrachtet werden, weil sie auch die genannten
Einschätzung zu unterstützen. Selbst wenn Ihre Merkmale aufweisen. Die drei Hauptaspekte eines
Idee nicht voll und ganz durch Ihre Erklärungen Vorurteils sind:
untermauert wird, sollten diese vorgebracht wer- Kognitiver Aspekt: Gesamtsumme aller Vorstellun-
den. gen und Wahrnehmungen von einem Objekt oder
einer Gruppe von Objekten.
Der grüne Hut steht für kreatives Denken, bei dem Emotionaler Aspekt: Gefühle gegenüber einem Ob-
Vorurteile, Logik, Kritik oder Interpretationen nicht jekt oder einer Gruppe von Objekten.
berücksichtigt werden. Ziel dieser Denkweise ist Verhaltensaspekt: Verhalten gegenüber einem Ob-
es, nach Alternativen für das zu suchen, was lo- jekt oder eine Gruppe von Objekten.
gisch geboten erscheint. Das Konzept ist flexibel,
berücksichtigt werden immer neue Elemente. Wir Wir können ein Vorurteil als spezifische positive
werden aufgefordert, uns von üblichen Denkmus- oder negative Haltung im Umgang mit einer Per-
tern zu lösen. son bezeichnen, wenn eine solche Person zu einer
bestimmten Personengruppe zählt. Wenn ein Vor-
Der blaue Hut steht für die Kontrolle des Denkens. urteil ein bestimmtes Verhalten auslöst, können
Hier wird festgelegt, welche Denkweise das aktu- wir von einer Diskriminierung sprechen.
elle Thema erfordert. Die Funktion dieser Rolle be-
steht darin, alle anderen Rollen zu organisieren Diskriminierung kann zwei negative Folgen haben:
und zu prüfen, welche Schritte zur Lösung eines a) Sie zerstört die Selbstachtung (wer sich für
Problems notwendig sind. Darüber hinaus werden minderwertig hält, glaubt, nichts wert zu sein).
geeignete Fragen gestellt, um alle Aspekte der ak- b) Sie bewirkt, dass Scheitern vorprogrammiert ist,
tuellen Situation zu erfassen. Diese Rolle beinhal- weil sich der Einsatz für den Erfolg einer Sache pro-
tet Koordinierung, Überwachung und Zusammen- portional zur erwarteten Wahrscheinlichkeit des
fassung, Konfliktlösung und Schlussfolgerung. Erfolgs – oder Misserfolgs – verhält.

Die Hüte sind gleichzeitig Werkzeuge und Regeln. Diskriminierung kann sich aber auch positiv aus-
Die Einteilung des Denkens in verschiedene Rollen wirken. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, die in
ist ein Modell. Bedenken Sie, dass ein Unterschied einem Managementumfeld berücksichtigt werden
zwischen Modell und Wirklichkeit besteht! Die nach- muss. Unser Verhalten ist abhängig von bestimm-
folgenden Übungen sollen Ihnen bei der Umset- ten Erwartungen. Und so erfüllen wir Prophezeiun-
zung des Modells helfen. gen mit der Bestätigung von Vorurteilen.

25
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
In einer Managementsituation (oder Trainings- ständnis für viele Gruppen von Menschen und der
situation) spielen vier Elemente des sozialen Ein- gesellschaftliche Druck auf einige dieser Gruppen
flusses eine Rolle: ist geringer. Darüber hinaus kennen die Betroffe-
• Emotionales Umfeld – die positive Haltung ge- nen ihre Rechte heute besser und haben weniger
genüber einigen Personen. Angst sie einzufordern.
• Information – die umfassendere Information eini-
ger Personen. Vorurteile kommen in einer bestimmten Verhal-
• Änderung des Verhaltens – die beliebtesten Per- tensweise zum Ausdruck, aber eine Verhaltensän-
sonen erhalten mehr Aufmerksamkeit. derung ist nicht immer mit einer Änderung der
• Grad des Feedbacks – die bevorzugten Kollegen Haltung gleichzusetzen. Häufig sind Veränderun-
(oder Auszubildenden) erhalten ein klareres und gen schwierig, weil Vorurteile gesellschaftlich
konstanteres Feedback. akzeptiert sind und als Möglichkeit betrachtet wer-
den, neue Freunde zu gewinnen oder eine be-
stimmte Position zu vertreten.
Übungsaufgaben
Vorurteile sind normal, dass sie ausufern, ist es
• Stellen Sie fest, welche Vorurteile ge- nicht. Probleme entstehen, wenn wir anderen etwas
genüber der Gruppe von Menschen aufzwingen wollen, unsere guten Ideen, Traditio-
bestehen, zu der Sie gehören. nen und so weiter. Ob Vorurteile ausufern, hängt
• Ordnen Sie diese in positive und nega- mit der Macht; die wir haben, zusammen und wie
tive, absichtliche und unbeabsichtigte, wir sie in Management- oder Trainingssituationen
unterschwellige und offene Vorurteilen einsetzen.
ein.
Es gibt verschiedene Stufen des Umgangs mit
• Listen Sie die Vorurteile auf, die Sie ver- Vorurteilen:
2 stärken können, wenn Sie diese äußern
oder sich dementsprechend verhalten. • Die erste Stufe ist die „Ist“-Situation. Sie besteht
darin, zu erkennen und einzugestehen, dass wir
• Nennen Sie die Vorurteile, die Sie ab-
selbst und andere Vorteile haben.
lehnen, und erläutern Sie, wie Sie diese
Ablehnung zum Ausdruck bringen.
• Die zweite Stufe ist die „Nicht-Ist“-Situation. Sie
• Beschreiben Sie, was Sie tun, um andere besteht darin, sein Verhalten nicht von Vorur-
davon zu überzeugen, dass sie die von teilen leiten zu lassen und sich von Vorurteilen zu
Ihnen abgelehnten Vorurteile nicht äu- distanzieren.
ßern oder ihr Verhalten nicht von ihnen
beeinflussen lassen. • Die dritte Stufe ist die „Anti-Ist“-Situation. Sie be-
steht darin, andere aktiv aufzufordern, ihre eige-
nen Vorurteile zu erkennen und ihr Verhalten zu
ändern.

• Es ist ein langer Weg von der „Ist“- zur „Anti-Ist“-


Diskriminierung kann auch von Institutionen aus- Situation.
gehen. Untersuchungen haben ergeben, dass Dis-
kriminierungen nicht zu allen Zeiten die gleiche Weitere Informationen über dieses Thema finden
Wirkung haben. Heutzutage herrscht mehr Ver- Sie im T-Kit zum interkulturellen Lernen.

Übungsaufgaben
• Teilen Sie die Gruppe in Paare auf und weisen Sie jeder Person eine
Rolle zu, die sie in einer diskriminierten Personengruppe spielen
würde. Abwechselnd nehmen beide Teilnehmenden die Rolle der
diskriminierten Person oder die Rolle der diskriminierenden Person
ein. Eine Person greift die andere an und nennt alle Klischees, die ihr
zu diesem Thema einfallen, die andere Person verteidigt sich. Jede
Runde soll mindestens fünf Minuten dauern. Fragen, die nach der
Übung gestellt werden sollten :
• Wie haben Sie sich als diskriminierte Person gefühlt ?
• Was gelang Ihnen besser, sich zu verteidigen oder die andere Person
anzugreifen ?
• Haben Sie Ihr Verhalten geändert ?
• Wie haben Sie sich in der Rolle des Angreifers gefühlt ?

26
Management von
Jugendorganisationen
tungen haben können. Daher haben wir keinen T-Kit
2.3 Umgang mit Ihren Einfluss auf die Bedingungen, die das kombinierte
Wissen begünstigen. Echte professionelle Kompe-
persönlichen Ressourcen tenz besteht darin, eine sehr wahrscheinlich
zutreffende Prognose stellen zu können. Professio-
nalität zeigt sich niemals in einer vorgegebenen
Im ersten Teil dieses Kapitels hatten Sie die Mög- Situation. Unterschiedliche Verhaltensweisen kön-
lichkeit, etwas über sich selbst und Ihr Potenzial zu nen je nach Kontext entweder gut oder schlecht
erfahren. In diesem Teil werden Techniken für den sein. Professionalität ist die Fähigkeit, komplexe
Umgang mit Ihren persönlichen Ressourcen vor- Bilder und Situationen zu beschreiben, indem die
gestellt. wichtigsten Elemente herausgegriffen und inter-
pretiert werden, ohne die komplexen Gegebenheit-
en zu reduzieren oder zu vereinfachen. Je vielfäl-
2.3.1 Von der Kompetenz tiger das Bild ist, umso höher ist die Professio-
zur Professionalität nalität.

Die wesentlichen Eigenschaften sind all das, was In einer komplexen Situation wie der heutigen
ein bestimmter Mensch von Natur aus besitzt: das Realität ist, kann Planung durch Steuerung ersetzt
Potenzial, mit dem wir geboren werden und das werden. Es ist wichtig, bestimmte Schwerpunkte
wir nicht durch unsere Bildung, unsere Ideen oder zu setzen, um nicht ziellos zu handeln. In diesem
unsere Anschauungen erwerben. Sowohl das Sinne dienen Management und Training nicht
gegenständliche als auch das menschliche Umfeld der Kontrolle, sondern sind vielmehr eine Mög-
sowie die Beziehungen in diesem Umfeld bieten lichkeit, Inhalte zu schaffen, die Richtung zu
uns Chancen, die uns, wenn wir sie nutzen, helfen, weisen und zu motivieren. Da wir unser Leben
unser Potenzial zu entwickeln und „kompetent“ zu nicht kontrollieren können, hilft uns diese Philoso-
werden. phie, unsere eigenen Fähigkeiten und Schwächen 2
zu erkennen.
Nicht alle Kompetenzen sind zu jedem Zeitpunkt
gleich relevant. Aus diesem Grund ist es wichtig, Es gibt einige Instrumente, die wir dazu nutzen
in einer sorgfältigen Analyse der Ereignisse in können, zum Beispiel ein Konzept für die persön-
unserem Umfeld herauszufinden, welche Kompe- liche Entwicklung (persönliche Zielsetzungen), ein
tenzen für unsere Entwicklungsstufe notwendig Konzept zur Stärkung der Handlungskompetenz
sind. (Übernahme von Verantwortung unter Anleitung)
oder ein Konzept zur Evaluierung der eigenen
Kompetenz ist das Ergebnis einer Kombination von Fähigkeiten. Ein Beispiel mit einer Bestandsauf-
Werten, Fähigkeiten, Haltungen sowie von Wissen nahme der Kompetenzen ist nachfolgend be-
und Erfahrung. Werte sind die Verhaltensweisen, schrieben.
die auf den Moralvorstellungen eines Einzelnen
oder einer Organisation beruhen. Qualifikationen • Ermitteln Sie Ihre wichtigsten Kompetenzen (Wis-
sind Fähigkeiten, die Ihnen ein bestimmtes Han- sen, Fähigkeiten und Haltungen).
deln ermöglichen. Ihr Denken lenkt Ihr Handeln.
Haltungen sind bestimmte Denkweisen; diese • Stellen Sie eine Kompetenz-Übersicht zusammen
Denkweisen lösen bestimmte Gefühle in uns aus, und bewerten Sie (0 = nicht vorhanden, 1 = sehr
die unser Handeln bestimmen. Wissen ist Informa- gering, 5 = sehr gut).
tion und Verstehen ist die Fähigkeit, dieses Wissen
zu handhaben und anzuwenden. Kompetenz kön- • Finden Sie heraus, in welchen Bereichen Ihre Stär-
nte auch als das Ergebnis von Wissen, Tun und ken und Schwächen liegen.
Sein beschrieben werden.
• Nennen Sie eine Tätigkeit oder eine Aufgabe, die
Le Boterf vertritt die Auffassung, dass Kompetenz Sie ausführen müssen, und schreiben Sie auf, wel-
allein nicht existiert, wie auch immer wir sie che Kompetenzen Sie dafür brauchen.
beschreiben. Kompetenz wird erst real, wenn sie
mit einem Individuum verbunden ist, das sie zum • Vergleichen Sie Ihre Karte mit den erforderlichen
Leben erweckt. Außerdem sollte darauf hinge- Kompetenzen.
wiesen werden, dass ein Unterschied zwischen
kompetentem Handeln und den Ressourcen, die • Prüfen Sie, wo die Lücken liegen.
dazu erforderlich sind, besteht. Es gibt externe Res-
sourcen – Daten, Personen, Organisationen – oder • Überlegen Sie, wie Sie diese Lücken schließen
interne Ressourcen – Wissen, Fähigkeiten, Qua- können.
litäten, Erfahrungen, Emotionen etc. – und Profes-
sionalität ist folglich die Fähigkeit, Ressourcen zu • Wiederholen Sie diese Übung nach einer Weile
kompetenten Handlungen zu verknüpfen. Men- noch einmal und stellen Sie fest, was sich an der
schen denken nicht in linearen Strukturen oder Auflistung und der Bewertung der Kompetenzen
nur nach logischen Gesichtspunkten, auch Meta- geändert hat oder vergleichen Sie Ihre Aufzeich-
phern und Analogien spielen eine Rolle. Menschen nungen mit denen Ihrer Kolleginnen und Kolle-
reagieren auf Signale, deren Bedeutung nicht von gen, um zu sehen, welche Punkte Sie noch er-
vornherein festgelegt ist, und die unzählige Bedeu- gänzen können.

27
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
tauschen kann. Die Selbstmotivation ist eine wich-
tige Fähigkeit in der Arbeit, denn es gibt Situatio-
nen, in denen Schwierigkeiten als unüberwindbar
Übungsaufgaben betrachtet werden, weil alles außer Kontrolle gera-
ten zu sein scheint.
Konzept zur persönlichen Entwicklung
Motivation ist die Kraft, die Sie zum Handeln
• Nennen Sie höchstens fünf Dinge in
bewegt. Motivation ist mit Emotionen, Bedürfnis-
Ihrem Leben, auf die Sie nicht verzich-
sen und Erwartungen verbunden. Die meisten
ten möchten.
Motivationstheorien basieren auf der Annahme,
• Nennen Sie höchstens fünf Dinge in dass Menschen durch ihre eigenen Bedürfnisse
Ihrem Leben, mit denen Sie unzufrieden motiviert werden. In unserer Gesellschaft sind für
sind. die meisten von uns die wichtigsten Grundbe-
dürfnisse, wie Nahrung, Kleidung und ein Dach
• Versuchen Sie, diese Dinge zu verknüp- über dem Kopf, erfüllt. Die nächste Stufe bilden
fen und überlegen Sie, wie Sie Ihre Ziele die Bedürfnisse einer zweiten Ebene, wie die
erreichen können. Sicherheit des Arbeitsplatzes, eine angemessene
Entlohnung und zumutbare Arbeitsbedingun-
gen. Die Bedürfnisse auf einer dritten Ebene sind
es, die Menschen dauerhaft motivieren können.
Zu diesen Bedürfnissen zählen der Wunsch, zu
einer Gruppe zu gehören, einen sozialen Status
zu erreichen, über das eigene Leben zu bestim-
men, das Bedürfnis nach persönlicher Erfüllung
und Stolz sowie der Wunsch nach persönlicher
2 Weiterentwicklung. Weitere Informationen über
die Motivation am Arbeitsplatz enthält das Kapi-
tel über Mitarbeiterführung.

Häufig klagen Fachkräfte der Jugendarbeit und


Ehrenamtliche darüber, dass ihre Bedürfnisse
der zweiten Ebene nicht erfüllt werden. Sie blei-
ben dennoch an ihrem Arbeitsplatz und nehmen
weiter ihre Aufgaben wahr. Unterscheiden sich
Organisationen mit ehrenamtlicher Arbeit im
SWOT-Analyse*
Hinblick auf die Motivation von anderen Organi-
• Ermitteln Sie Ihre Stärken. sation? In der Wirtschaft bleiben die Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter in der Regel nur dann
• Ermitteln Sie Ihre Schwächen.
in einem Unternehmen, wenn ihre Bedürfnisse
• Stellen Sie fest, welche Chancen Ihnen der zweiten Ebene erfüllt werden.
Ihr Umfeld bietet.
Überlegen Sie, welche Dinge Sie zu einer
• Stellen Sie fest, welche Risiken in Ihrem besseren Leistung motivieren. Lob ist ein starkes
Umfeld bestehen. Motivationsinstrument. Wenn Sie allein arbeiten,
* von den englischen Begriffen strength, loben Sie sich selbst, und zwar laut. Manchmal
weakness, opportunities, threats reicht ein „gut gemacht“ schon aus, Sie können
sich aber selbst belohnen, indem Sie etwas tun,
was sie besonders mögen.

Pavlov hat erstmals das Element der Erwartung


2.3.2 Selbstmotivation in die Motivationstheorie eingebracht. Seine Stu-
dien lieferten den Beweis, dass eine angemes-
Jugendaktivitäten finden meist in Gruppen statt. In sene Belohnung – ein Lob, ein Bonus oder die
Jugendorganisation werden Entscheidungen gemein- Anerkennung der Kollegen – nach Erbringung
sam in der Gruppe getroffen. Zu jeder Struktur der gewünschten Leistung schon bald die Er-
gehören Gremien. Die Treffen sind immer mit wartung weckt, dass gute Leistungen automa-
Emotionen, Freude und einem enormen Arbeits- tisch belohnt werden. Bei schlechten Leistungen
pensum verbunden. Vorbereitung und Umsetzung wird dagegen automatisch mit Missbilligung, dem
der getroffenen Entscheidungen werden häufig Verlust eines Bonus oder Ähnlichem gerechnet.
einer Person übertragen. Alle anderen verlassen
sich darauf, dass diese Person das Tagesgeschäft In den Studien von Mayo und Herzberg wurde
der Organisation führt. Die Motivation ergibt sich nachgewiesen, dass Motivation durch die Beach-
aus Gruppenaktivitäten, sie ist jedoch nicht immer tung, die man einem Menschen schenkt, und
gegeben, wenn die betreffende Person allein arbei- durch seine Einbeziehung in den Entscheidung-
tet und der Druck der gesamten Organisation auf sprozess entsteht. Das Gefühl „wichtig“ oder un-
ihren Schultern lastet. Dies gilt insbesondere, wenn entbehrlich für die Organisation zu sein, ist ein
niemand da ist, mit dem man seine Gedanken aus- starker Motivationsfaktor.

28
Management von
Jugendorganisationen
2.3.3 Zeitplanung T-Kit
Übungsaufgaben
Zeitplanung ist ein Aspekt des guten Managements
• Fragen Sie sich selbst, was oder wer Sie und gehört zu den wichtigsten Elementen des
motiviert. Selbstmanagements. Sie ist für jeden Einzelnen
• Listen Sie die Antworten auf die Frage wichtig und ganz besonders für diejenigen, die
„Wer motiviert mich ?“ und „Was moti- Verantwortung für andere tragen.
viert mich ?“ in zwei getrennten Spal-
ten auf. Was ist Zeit ?
• Wenn die „Wer“-Liste größer ist als die
• Zeit ist unsere wichtigste Ressource, die wir best-
„Was“-Liste, beginnen Sie damit.
möglich nutzen müssen.
• Nennen Sie einige Bereiche, in denen
Sie glauben, dass Sie durch die betref- • Zeit ist die einzige Ressource, die wir nicht ver-
fenden Personen in Ihrer Liste motiviert mehren können. Wenn sie vorbei ist, können
werden könnten. wir sie nicht zurückholen.
• Geben Sie diesen Personen Hinweise,
wie Sie am besten motiviert werden • Jedem steht dieselbe Menge an Zeit zur Verfü-
können. Wenn Sie anderen helfen, Sie gung, wir haben nur 24 Stunden am Tag. Der
so zu behandeln, wie Sie es sich wün- einzige Unterschied besteht darin, wie wir die
schen, können Sie Ihre eigene Motiva- Zeit nutzen.
tion beträchtlich steigern.
• Anderen die Zeit zu stehlen ist unverzeihlich.
Wenn Sie Ihre eigene Zeit respektieren, respek-
tieren Sie auch die Zeit anderer Menschen.
Wenn Sie ständig zu spät zu Terminen und Sit- 2
Auch Sie selbst haben die Möglichkeit, Ihre eigene zungen kommen, verschwenden Sie die Zeit an-
Motivation zu erhöhen. Sie können wie folgt vor- derer Menschen, die auf Ihr Erscheinen warten.
gehen:
• In manchen Stunden des Tages oder in be-
• Erkennen Sie Ihren eigenen Wert – beschrei- stimmten Lebensphasen scheint die Zeit unter-
ben Sie sich in fünf Zeilen selbst und heben Sie schiedlich schnell zu vergehen. Wenn Sie in Ihre
Ihre positiven Eigenschaften hervor. Die meis- Arbeit vertieft sind und Spaß haben, vergeht
ten Menschen finden das sehr schwierig, weil die Zeit schnell. Wenn Sie gelangweilt oder frus-
unsere Kultur uns lehrt, bescheiden zu sein! triert sind, vergeht sie langsam.
Versuchen Sie, zehn gute Eigenschaften zu
nennen. Wenn Ihnen das nicht gelingt, versu- Für die Zeitplanung gelten bestimmte Grundsätze.
chen Sie es mit der Tagebuch-Methode. Schrei- Sie können Ihnen bei der Festlegung von Kriterien
ben Sie jeden Tag in ein kleines Notizbuch, das zur Verbesserung Ihrer Zeitplanung helfen.
Sie bei sich tragen, drei Ereignisse, die Ihnen
Freude bereitet haben. Dies wird Ihnen helfen, • Planung – Lernen Sie, jeden Tag, jede Woche,
zehn Ihrer guten Eigenschaften herauszufinden! jeden Monat, jedes Jahr zu planen, denn dies
ist der erste Schritt, zu lernen, wie Sie Ihr Ar-
• Erkennen Sie, dass Sie Dinge ändern können, beitspensum kontrollieren können. Diese Pla-
wenn Sie nicht mehr tun, was Sie tun sollten, nung hilft Ihnen auch, realistisch einzuschät-
sondern was Sie tun wollen. „Ich tue Dinge zen, wie viel Arbeit Sie übernehmen können,
nicht, weil ich dazu verpflichtet bin, sondern wie viel Zeit Sie dafür benötigen und was alles
weil ich sie tun will“. dazugehört.

• Denken Sie positiv – das Wichtigste ist, an • Prioritäten setzen – Lernen Sie, zwischen drin-
Ihren Erfolg zu glauben. Nur Erwachsene scheu- genden und wichtigen Aufgaben zu unter-
en sich, Fehler zu machen, Kinder haben keine scheiden und einzuschätzen, welchen Aspekten
Angst vor Fehlern. Greifen Sie einen Punkt he- Ihrer Arbeit Vorrang eingeräumt werden sollte,
raus, den Sie ändern möchten, und schreiben denn dies ist wichtig für Ihre Zeitplanung.
Sie diesen Punkt auf. Stellen Sie anschließend
fest, welche Hindernisse Ihrem Vorhaben ent- • Ein gutes Arbeitssystem – Lernen Sie, eine tägliche
gegenstehen und schreiben Sie sie auf. Sind Sie Routine einzuführen. Die effiziente Erledigung
sicher, dass diese Hindernisse unüberwindbar von Verwaltungsarbeiten, das Führen von Tele-
sind? fongesprächen, die Kommunikation mit Kolle-
gen und die Ablage, all dies ist ein wichtiger Teil.
• Setzten Sie sich Ziele – schreiben Sie diese Ziele
auf und erinnern Sie sich selbst an diese Ziele! • Nutzen Sie Ihren Terminkalender als Werkzeug
Überlegen Sie, was Sie brauchen, um diese Ziele – Ihr Terminkalender spielt bei Ihrer Zeitpla-
zu erreichen und legen Sie einen Zeitplan fest. nung eine wichtige Rolle und sollte Planungen,
Aktionslisten, wichtige Notizen und alle ande-
Überstürzen Sie nichts und denken Sie daran, dass ren relevanten Informationen über Ihre Tätig-
Motivation ansteckend wirkt! keit enthalten.

29
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
• Lernen Sie, nein zu sagen – Einer der Gründe Ihrer Zeit und der Zeit anderer Menschen umge-
für eine zu hohe Arbeitsbelastung ist, dass wir hen. Nur wenn Sie Ihre Arbeitszeit richtig nutzen,
automatisch dazu neigen, ja zu sagen, wenn haben Sie Zeit zur Entspannung!
andere uns bitten, etwas zu tun. Lernen, nein
zu sagen, gehört zu den goldenen Regeln der
Zeitplanung. Nichts ist so wichtig, dass wir uns
nicht einige Minuten Zeit nehmen können, um
zu überlegen, ob unsere Zustimmung sinnvoll
ist.

• Bin ich die richtige Person für diese Aufgabe? – Irisches Gedicht
Häufig erklären wir uns bereit, etwas zu tun,
ohne uns zu fragen, ob wir die erforderlichen
Fähigkeiten und das nötige Wissen für diese Nimm Dir Zeit für die Arbeit,
Aufgabe haben und uns zutrauen, sie zu be- denn dies ist der Preis des Erfolgs.
wältigen. Wir fühlen uns oft einfach nur schul-
dig und sagen „ja“. Es ist sinnvoll, zu prüfen, ob Nimm Dir Zeit zu denken,
die Aufgabe überhaupt in Ihren Zuständigkeits- denn dies ist die Quelle der Kraft.
bereich fällt oder mit Ihrer Stellenbeschreibung
übereinstimmt. Nimm Dir Zeit zu spielen,
denn dies ist das Geheimnis der Jugend.
Wenn Sie diese Übung täglich konsequent durch-
führen, wird Ihnen dies bei der rationellen Nut- Nimm Dir Zeit zu lesen,
zung Ihrer Zeit helfen. denn dies ist die Saat der Weisheit.

2 Bedenken Sie, dass der Zeit nicht in jedem Land Nimm Dir Zeit, freundlich zu sein,
dieselbe Bedeutung beigemessen wird. In einigen denn dies macht Dich glücklich.
Kulturen ist es verpönt, zu spät zu kommen, in
anderen Kulturen dagegen sind Verspätungen Nimm Dir Zeit zu träumen,
erlaubt oder werden sogar erwartet. Daher ist un- denn dies trägt Dich zu den Sternen.
sere Zeitwahrnehmung nicht überall gleich. Zeit
hat außerdem mit Qualität, Macht und Erwartun- Nimm Dir Zeit zu lieben,
gen zu tun. denn dies ist das Glück des Lebens.

Wichtig und unabhängig von dem Ort, an dem Sie Nimm Dir Zeit zufrieden zu sein,
leben, ist jedoch, dass Sie erkennen, wie Sie mit denn dies ist die Musik der Seele.

Übungsaufgaben

• Überlegen Sie, was Sie brauchen, um eine Aufgabe auszuführen und schreiben Sie diese Punkte
auf.
• Ordnen Sie die Aufgabenliste nach der Priorität der Aufgaben und legen Sie eine zeitliche
Reihenfolge fest.
• Entscheiden Sie, wer diese Aufgaben ausführen
wird.
• Schätzen Sie, wie viel Zeit Sie für jede Aufgabe
benötigen, wenn Sie diese neben Ihrer üblichen
Arbeit erledigen sollen.
• Überlegen Sie, welche zusätzlichen Ressourcen
Sie brauchen.
• Legen Sie für jede Aufgabe einen Termin fest,
bis zu dem sie erledigt sein muss.
• Übertragen Sie Ihre Aufgaben in eine tägliche
Arbeitsliste in Ihrem Terminkalender.

30
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 5 Eine Methode Ihre „Zeitdiebe“ zu identifizieren T-Kit

Wahr
Die folgenden Fragen sollen Ihnen helfen, Ihre Arbeitszeit in den Griff
zu kriegen und Ihre Zeitdiebe zu identifizieren.

Manchmal
Immer

Selten
Oft
Das Telefon stört mich in Besprechungen oder wenn ich ein wichtiges Papier vorbereite.
Telefongespräche sind fast immer unnötig lang.
Ich werde von meinen Assistenten oder Kollegen unterbrochen,
die mir ihre Probleme erzählen oder nur plaudern wollen.
Ich werde durch unangemeldete Besucher oder Vertreter abgelenkt.
Nach Geschäftsessen und Empfängen fühle ich mich schwerfällig und schläfrig.
Besprechungen dauern zu lange und finden zu häufig statt.
Besprechung haben entweder gar keine oder eine schlecht vorbereitete Tagesordnung.
Der Computer stürzt zu häufig ab.
Die Sekretärinnen sind überarbeitet.
Mein Assistent ruft mich am Wochenende und in den Ferien an.
Ich habe einen Berg von Papieren, die erledigt werden müssen, auf meinem Schreibtisch.
2
Nur unter Druck schaffe ich es, Termine festzulegen und einzuhalten.
Ich habe zu viel Papierkram auf dem Schreibtisch. Allein die Post und sonstiges
durchzulesen, nimmt zu viel Zeit in Anspruch.
Wichtige Aufgaben, die viel Konzentration erfordern, schiebe ich bis zum
letzten Augenblick auf.
Ich habe Schwierigkeiten meine Ziele und Prioritäten klar zu definieren.
Sie sind konfus und ändern sich ständig.
Ich verschwende zu viel Zeit mit nebensächlichen Dingen.
Ich mache mir keinen täglichen Arbeitsplan.
Ich delegiere zu selten.
Ich neige dazu, alles zu gut machen zu wollen. Ich verliere mich in Details.
Ich muss häufig Probleme lösen, die andere genauso gut erledigen könnten.
Addieren Sie die in jeder Spalte erreichten Punkte. = = = =
X0 X1 X2 X3
Multiplizieren Sie das Ergebnis jeder Spalte mit der jeweils angegebenen Zahl.
= = = =
Errechnen Sie die Gesamtpunktzahl. =

0 bis 30 Punkte 41 bis 50 Punkte


Die Zeitdiebe berauben Sie täglich. Da Sie Ihre Zeit Sie organisieren Ihre Zeit gut, aber Sie erkennen
nicht planen, wird Sie Ihnen gestohlen. einige Problem und Schwachpunkte in Ihrem Kon-
31 bis 40 Punkte trollsystem, die zu einem Angriff der Zeitdiebe
führen könnten.
Sie bemühen sich, ein Sicherheitssystem zu instal-
lieren, um sich vor den Zeitdieben zu schützen. 51 bis 59 Punkte
Das System ist jedoch nicht effektiv genug, um Ihre Zeit wird kaum in die Hand der Zeitdiebe fallen.
zum Erfolg zu führen. Gratulation, Sie sind ein Vorbild für alle, die lernen
wollen, Ihre Zeit einzuteilen.

Der Inhaber des Copyrights konnte nicht ermittelt werden. Wir sind dankbar für Informationen, die es uns ermög-
lichen, mit ihm in Kontakt zu treten.

31
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
2.3.4 Stressbewältigung Freund/Freundin) und wie viele Veränderun-
gen müssen bewältigt werden? Je größer Trag-
Stress tritt auf, wenn ein Ungleichgewicht besteht weite und Veränderung sind, umso größer ist
zwischen den Anforderungen, die an eine Person die Wirkung des Stressors.
gestellt werden, und den Ressourcen, die dieser
Person zur Verfügung stehen, um auf diese An- • Zeitdauer – Wenn ein Stressor über einen lan-
forderung zu reagieren. Die Anforderungen kön- gen Zeitraum wirkt, verursacht er eine höhere
nen real sein (wie zum Beispiel Dinge außerhalb Stressbelastung. Zum Beispiel Müdigkeit: Ein
der Kontrolle der betreffenden Person). Die Res- Schlafdefizit, das über lange Zeit anhält, löst
sourcen können ebenfalls real (Fakten) oder sub- eine höhere Stressbelastung aus als eine Nacht,
jektiv (was Sie denken, fühlen, sich vorstellen etc.) in der man schlecht geschlafen hat.
sein.
• Kumulativer Effekt – Er entsteht, wenn sich
Zu den Ressourcen gehören: verschiedene Stressoren über einen längeren
Zeitraum hinweg ansammeln und keine Me-
• Physische Fähigkeiten: Gesundheit, Fitness und chanismen bestehen, um diese Anhäufung
Stärke von Stressoren zu reduzieren oder zu verhin-
dern. Zahlreiche kleine Irritationen und Är-
• Intellektuelle Fähigkeiten: Fähigkeit zum kom- gernisse können zum Beispiel zu massiven
plexen Denken und zur Problemlösung Auseinandersetzungen zwischen zwei Perso-
nen führen.
• Emotionale Fähigkeiten: das richtige Erkennen
von Gefühlen und die konstruktive Erfüllung • Multiplizität – Mehrere Stressoren zur gleichen
von Bedürfnissen Zeit verursachen eine höhere Stressbelastung.
Wenn verschiedene Dinge zusammenkommen,
2 Positiver Stress kann positive Auswirkungen auf wie zum Beispiel ein Streit mit den Eltern, be-
eine Person haben. Diese Form von Stress tritt auf, vorstehende Abschlussprüfungen und der Ver-
wenn Geist und Körper gefordert sind und die lust eines geliebten Menschen, wird dies als
eigenen Grenzen überschreiten wollen, um auf die belastender empfunden als wenn jedes dieser
Situation reagieren zu können. Dies ist der Fall, Ereignisse separat auftritt.
wenn eine Person das Gefühl hat, dass sie:
• Näher rückender Termin – Wenn eine Aufgabe
1. verschiedene Wege zur Bewältigung dieser in einigen Wochen oder Monaten erledigt sein
Herausforderung kennt („Es gibt so viele Mög- muss, erhöht sich die Stressbelastung, je näher
lichkeiten!“), der Termin rückt. Wenn Sie zum Beispiel zwei
Monate vorher erfahren, dass Sie ein Projekt
2. über die (internen und externen) Ressourcen übernehmen sollen, erscheint dieser Termin
zur Bewältigung dieser Herausforderung ver- noch so weit entfernt, dass es schwer fällt, sich
fügt („Ich schaffe es!“), schon jetzt mit der Vorbereitung zu beschäfti-
gen. Wenn der Termin näher rückt und die Vor-
3. eine gewisse Kontrolle über die Ereignisse hat bereitungen noch nicht abgeschlossen sind,
(„Ich kann Einfluss nehmen!“), steigt die Stressbelastung so lange an, bis Sie
mit der Arbeit an dem Projekt beginnen.
4. genug Zeit hat, um sich zwischen ihren Auf-
gaben zu entspannen. Jeder Mensch nimmt potenzielle Stressoren unter-
schiedlich wahr. Wie ein Mensch auf einen Stressor
Die Stressbelastung ist die Menge oder der Grad an reagiert und welche Stressbelastung durch ihn
Stress, der empfunden wird, wenn wir Stress ausge- ausgelöst wird, hängt von seinem Selbstverständ-
setzt sind oder mit einem Ereignis oder einer Situa- nis, der Stresstoleranz seines Körpers, seinem Alter
tion konfrontiert sind, die uns Stress bereitet. Es und seinen externen Ressourcen ab.
gibt bestimmte Faktoren, die den Grad des Stresses In diesem Kapitel werden diese Faktoren unter-
beeinflussen, dem wir ausgesetzt sind. Sie wirken sucht.
sich sowohl auf das physische als auch das psy-
chische Wohlbefinden einer Person aus. Selbstverständnis
Das Selbstverständnis wird mit der „Theorie der
• Merkmale des Stressors interpersonellen Bedürfnisse“ erläutert. Sie besagt,
• Persönliche Wahrnehmung des Stressors dass jeder Mensch folgende emotionale Bedürf-
nisse hat:
Jedes Ereignis oder jede Situation weist bestimmte
Merkmale auf, die bestimmen, wie stark uns ein • die eigene, einzigartige Identität zu entdecken
stressauslösender Faktor belastet. Zu den Kennzei- und gleichzeitig aufgrund dieser einzigartigen
chen des Stressors und der daraus resultierenden Identität integriert zu sein (sich geschätzt und
Stressbelastung gehören unter anderem: wichtig fühlen),

• Tragweite – Wie entscheidend und wichtig ist • in der Lage zu sein, unsere Handlungen und
das Ereignis für den Einzelnen (Todesfälle, das, was mit uns geschieht kontrollieren oder
Nichtbestehen einer Prüfung, Trennung von beeinflussen zu können,

32
Management von
Jugendorganisationen
• sich mit anderen zusammenzutun und sich Zwischen dem zehnten und zwölften Lebensjahr T-Kit
geliebt und liebenswert zu fühlen. sowie im Teenageralter verlagert sich der Schwer-
punkt von der Familie auf Gleichaltrige, das soziale
Diese Bedürfnisse können nur von anderen Men- Umfeld und die Schule. Viele Teenager sind
schen erfüllt werden und deshalb können Men- gestresst, weil sie glauben, „cool“ und erfolgreich
schen, die in unserem Leben wichtig sind, Einfluss sein zu müssen. Im sozialen Bereich können Freun-
auf unsere Entwicklung und auf das Bild nehmen, de und die eigene Beliebtheit eine hohe Stressbe-
das wir von uns selbst haben. Wenn diese Bedürf- lastung verursachen, wenn ein Jugendlicher nicht
nisse richtig erfüllt werden, haben wir das Gefühl, so viele Freunde hat, wie er es sich wünscht. Der
dass wir um unserer selbst willen geschätzt wer- Jugendliche kann Verhaltensweisen entwickeln, um
den, dass wir kompetent und nützlich sind, dass cool und beliebt zu wirken (und sich auch so zu
wir bewundert, geliebt und unterstützt werden. fühlen). In der Schule ist der Jugendliche mit in-
Daraus entsteht ein positives Selbstverständnis ternem und externem Druck konfrontiert.
und eine gesunde Selbstachtung. Wenn diese
Bedürfnisse nicht erfüllt werden, fühlen wir uns Stressoren, die Erwachsene betreffen, unterschei-
wertlos, nutzlos und nicht liebenswert. Dies führt den sich zwar qualitativ, sind aber ebenfalls zahl-
zu einem negativen Selbstverständnis und einem reich vorhanden. Eine allein stehende Person muss
Mangel an Selbstachtung. ihre finanzielle Situation regeln, ihren Lebens-
unterhalt sichern und sehen, wie sie Arbeit und
Ihr Selbstverständnis fungiert als Filter und be- soziale Kontakte unter einen Hut bringt. In einer
wirkt, dass Sie die Welt um sich herum so wahr- Familie ist dies alles noch komplexer, weil man
nehmen, wie Sie sich in Ihrem Innern fühlen. Ein sich um sich selbst, den Ehepartner und die Kinder
negatives Selbstverständnis (zum Beispiel ein kümmern muss. Erwachsene haben viele Verpflich-
geringes Selbstwertgefühl) kann bewirken, dass Sie tungen und daraus entstehender Druck, Frustra-
glauben, einer Herausforderung nicht gewachsen tion und Konflikte verursachen eine hohe Stress-
zu sein. Wenn Sie mit einem Problem konfrontiert belastung. 2
werden, das gelöst werden muss, sind Sie besorgt
und ängstlich, weil Sie nicht sicher sind, ob Sie das Im Leben eines Menschen im Ruhestand gibt es im
Richtige tun können oder ob Sie überhaupt eine Wesentlichen fünf Situationen, die Stress auslösen:
Lösung finden werden! Krankheit, Verlust von Status, Arbeit, Unabhängig-
keit und Freunden sowie die zunehmende Abhän-
Wenn Sie sich geliebt fühlen und ein positives gigkeit von anderen (finanziell, physisch, emotional).
Bild von sich haben, gibt Ihnen Ihr ausgeprägtes
Selbstwertgefühl und das Vertrauen in Ihre Fä- In den verschiedenen Lebensphasen wirken einige
higkeiten die zusätzliche Kraft, die Sie brauchen, Stressoren stärker als andere, abhängig von der Si-
um mit einem stressauslösenden Faktor fertig zu tuation der betreffenden Person, ihren Bedürfnis-
werden! Ein positives Selbstverständnis schafft sen und den Erfahrungen, die sie in ihrem Leben
die internen Ressourcen, auf die Sie zurückgrei- gemacht hat.
fen können, wenn Sie eine Anforderung erfüllen
müssen. Es ermöglicht Ihnen die Bewältigung Externe Ressourcen
von Stress. Wenn Sie in einer Stresssituation sind, kann die
Belastung verringert werden, wenn Sie das Gefühl
Stresstoleranz des Körpers haben, dass jemand da ist, mit dem Sie über Ihre
Damit ist die Menge an Stress gemeint, die Ihr Kör- Gefühle sprechen können. Es ist viel schwieriger,
per ertragen kann, ohne völlig zusammenzu- mit einer solchen Situation fertig zu werden, wenn
brechen. Diese Fähigkeit hängt mit Ihren physi- Sie das Gefühl haben, ganz allein und auf sich selbst
schen Ressourcen, also der Gesundheit Ihres Körpers, gestellt zu sein.
zusammen. Ausschlaggebend ist, wie fit Sie sind,
wie viel Sie schlafen und wie gesund Sie sich er- Wir haben uns bisher mit den Stressoren beschäf-
nähren. tigt und sollten nun auf die Melioren eingehen.
Melioren sind positive Indikatoren und damit ge-
Alter nau das Gegenteil von Stressoren. Melioren sind
Jede Entwicklungsstufe, die ein Mensch durchläuft, Erfahrungen, die zu einem Gefühl des Wohlbefin-
hat ihre eigenen Stressoren. dens und des Glücks beitragen und die innere
Der wichtigste Entwicklungsschritt, den ein Kind Lebenskraft stärken. Sicher erinnern auch Sie sich
vollziehen muss, ist die Entwicklung der eigenen an solche Ereignisse. Jede Person und jede Gemein-
Persönlichkeit und die Erfüllung seiner sozialen schaft sollte „ihre eigenen Melioren“ erkennen und
und emotionalen Bedürfnisse durch die Familie, sich ins Gedächtnis rufen, weil diese das Leben der
wie oben erläutert wurde. Gemeinschaft bereichern.

33
Management von
Jugendorganisationen Sie können diese Seite ausdrucken und aufbewahren, um später nachsehen zu können ! Legen Sie dieses
T-Kit
Blatt in Ihr Tagebuch oder Ihren Terminkalender, damit Sie es zur Hand haben, wenn Sie intensive
Emotionen erleben. Es wurde für Schüler oder Studenten entwickelt, aber es eignet sich ebenso für Mana-
gerinnen und Manager in europäischen Jugendorganisationen.

Abb. 6 Checkliste zur Stressbewältigung

❏ Nutzen und planen Sie Ihre Zeit so, dass ❏ Fragen Sie grundsätzlich, wenn Sie weitere
Arbeitszeit und Freizeit ausgewogen sind. Informationen brauchen.

❏ Stellen Sie fest, wie Sie Ihre Zeit nutzen : ❏ Machen Sie sich klar, dass Sie manchmal
Verschwenden Sie die Zeit, in der Sie am nicht alles tun können, was Sie gern möch-
besten denken und kreativ sein können, ten (manchmal bleibt wegen der Schul-
nicht mit Fernsehen oder Zeitung lesen. arbeiten keine Zeit zum Feiern !)
Sparen Sie sich diese Dinge für eine Zeit
auf, in der Ihr Gehirn nicht mehr so leis-
tungsfähig ist.

2 ❏ Bewegen Sie sich im Freien, atmen Sie so


viel frische Luft wie möglich (das Gehirn
braucht Sauerstoff, damit es effektiv ar-
❏ Schieben Sie die Erledigung Ihrer Hausauf- beiten kann).
gaben, die Bearbeitung von Projekten
oder das Lernen nicht auf.

❏ Notieren Sie alles, was Sie brauchen, bevor


Sie mit der Arbeit beginnen, denn auf die-
❏ Wenn Sie dazu neigen, Dinge aufzuschie- se Weise sehen Sie, was erledigt werden
ben, suchen Sie sich einen Partner, mit dem muss !
Sie arbeiten können, und kontrollieren Sie
sich, zum Beispiel jede Stunde, gegen-
seitig.

❏ Machen Sie Gymnastikübungen, um das


Blut mit Sauerstoff zu versorgen und so die
Nährstoffversorgung des Gehirns zu ver-
❏ Setzen Sie sich gut zu erreichende Ziele bessern. Gymnastikübungen bauen außer-
und Termine, damit Sie Ihre Fortschritte dem Adrenalin, Zucker etc. ab, die bei Stress
sehen können und zum Weitermachen vermehrt ausgeschüttet werden.
motiviert werden.

❏ Essen Sie gesunde Nahrungsmittel, dadurch


❏ Trinken Sie möglichst viel Wasser (unter- wird Ihr Gehirn leistungsfähiger !
stützt die Gehirntätigkeit).

❏ Machen Sie Pausen, lachen Sie mit jeman- ❏ Sprechen Sie mit Menschen, denen Sie ver-
dem gemeinsam (nicht über jemanden). trauen, um Stress abzubauen.

34
Management von
Jugendorganisationen
2.3.5 Kommunikationsmanagement Worte Lärm verursachen oder die Kommunikation T-Kit
stören und die eigentliche Botschaft verzerren
Alles, was wir tun – Worte, Handlungen, Gesten, oder verstärken.
Blicke etc. – verrät etwas über uns. Nicht nur Worte
haben eine symbolische oder konventionelle Be- Beteiligt sind an der Kommunikation immer ein
deutung, alles, was wir tun, erhält durch die Kultur Sender und ein Empfänger. Die Rolle des Empfän-
und den Kontext, in dem wir es tun, eine Bedeu- gers besteht darin, die Botschaft zu interpretieren,
tung. Manchmal verwenden wir nicht dieselben die vom Sender vermittelt wird, und eine Bestäti-
Symbole. Oder wir verwenden dieselben Symbole gung zurückzuschicken. Daher ist es wichtig, dass
und gehen fälschlicherweise von übereinstimmen- Sender und Empfänger denselben Code verwen-
den Interpretationen aus. den, der nicht nur aus Worten bestehen muss, son-
dern auch Gesten und Symbole umfassen kann.
In der Kommunikation spielen Gefühle, Wahrneh- Aufmerksamkeit sollte also nicht nur den Worten
mungen, gemachte Erfahrungen, Vergangenheit und beigemessen werden, sondern auch allen anderen
Erwartungen eine größere Rolle als Worte, weil Kommunikationsmethoden.

Abb. 7 Johari-Fenster

2
selbst selbst
bekannt unbekannt

nachfragen
offen (Feedback) blind

Anderen
bekannt
etwas von sich
preisgeben
sprechen,

Anderen
versteckt unbekannt
unbekannt

Der Inhaber des Copyrights konnte nicht ermittelt werden. Wir sind dankbar für Informationen, die es uns ermög-
lichen, mit ihm in Kontakt zu treten.

35
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Bei jeder effektiven Kommunikation sollten fol- achtung und schafft ein stabileres Selbstbild.
gende Elemente berücksichtigt werden: Wenn wir den Inhalt eines Fensters ändern, verän-
dert sich auch das, was sich in den anderen Fen-
• Inhalte – Welche Botschaft wollen Sie vermit- stern befindet. Wenn wir Feedback von anderen
teln? verlangen, lernen wir etwas über uns selbst, das
wir, im Gegensatz zu den anderen, vorher nicht
• Medien – Welche Kommunikationsmethode wussten. Auf diese Weise verschieben sich die
eignet sich in dieser Situation am besten Dinge aus dem blinden Fenster ins offene Fenster.
(Sprache, Schrift, Bilder, Simulation, Bewe- Wenn Sie anderen Informationen über sich selbst
gung)? geben, verlagern Sie diese Informationen vom
verborgenen ins offene Fenster. Dazu müssen wir
• Bedeutung – Worin liegt die Bedeutung für je- uns selbst öffnen und bereit sein, anderen zu ver-
den einzelnen Teilnehmer und für die Gruppe? trauen. Wir müssen Risiken eingehen, weil wir
Dinge offen legen, die wir bisher für uns behalten
• Richtung – Wird die Botschaft mit der Möglich- haben.
keit einer Erwiderung vermittelt oder dient sie
lediglich als Mitteilung? In unserer Gesellschaft gibt es unterschiedliche
Grenzen bei der Preisgabe von Informationen über
• Wirkung – Prüfen Sie die Wirkung anhand des die eigene Person: Menschen mit höherem Status
Feedbacks und passen Sie die Kommunikation erzählen in der Regel weniger über sich selbst
entsprechend an. als Menschen mit geringerem Status, Frauen er-
zählen anderen Frauen mehr als sie Männern
Diese Elemente werden Ihnen helfen, vom linearen erzählen.
Kommunikationssystem zu einem kreisförmigen
Kommunikationssystem überzugehen. Die Preisgabe von Informationen über die eigene
2 Überprüfen Sie nun den Kontext – physisches und Person wird häufig als Indikator dafür angese-
soziales Umfeld, Interpretation der Teilnehmen- hen, dass eine Person psychisch stabil und ge-
den, Identität (Rollen und Funktionen) der Teilneh- sund ist. Etwas von sich preiszugeben erfordert
mer und anderer, frühere Ereignisse und Erwar- Vertrauen in andere und Selbstakzeptanz und
tungen. führt dazu, dass wir uns seltener verteidigen
müssen und weniger oft in Verlegenheit geraten.
Mithilfe des Kontexts können Sie besser verste- Es zeugt von Selbstvertrauen und häufig wird
hen, was kommuniziert wird, weil der Kontext diese Offenheit von anderen erwidert. Wenn Sie
festgelegte Verhaltensweisen nach gemeinsamen etwas über sich selbst preisgeben, ermutigen Sie
Regeln ermöglicht. Das Beispiel des Eisbergmo- andere, im Gegenzug etwas über sich zu er-
dells, das in Kapitel 1 beschrieben wurde, verdeut- zählen. Sie lernen sich dabei auch selbst kennen
licht dies. und stellen vielleicht fest, dass bestimmte persön-
liche Eigenschaften, die Sie peinlich oder unge-
In einem multikulturellen Umfeld ist es wichtig, hörig finden, von anderen als völlig normal betra-
die vermittelte Botschaft besonders sorgfältig zu chtet werden. Dies alles bleibt Ihnen jedoch
prüfen. Wenn wir eine fremde Sprache sprechen, verborgen, wenn Sie nicht bereit sind, etwas von
verwenden wir häufig dieselben Worte mit sich preiszugeben.
unterschiedlicher Bedeutung, weil wir versuchen,
sie auf unsere eigene Muttersprache zu übertra- Der Prozess, in dem das offene Fenster erweitert
gen. Fragen zu stellen ist ein nützliches Mittel, um wird, wird als die Preisgabe von Information über
zu überprüfen, ob man etwas verstanden hat und die eigene Person bezeichnet. Es ist ein Prozess des
ob die eigene Botschaft ebenfalls richtig ver- Gebens und Nehmens zwischen einer Person und
standen worden ist. Feedback zu geben ist eine den Menschen, mit denen sie interagiert. Wenn sie
Kunst und nicht bloß ein Instrument zur besseren anderen etwas über sich selbst erzählt (und Infor-
Verständigung. mationen aus dem verborgenen in das offene Fen-
ster verschiebt) und ihr Gegenüber sie kennen ler-
Das Johari-Fenster, benannt nach den Vornamen nen will, erzählt sie in der Regel etwas über sich
der Begründer, Joseph Luft und Harry Inham, ist selbst und gibt Informationen aus ihrem verborge-
eines der nützlichsten Modelle, um den Prozess nen Fenster preis.
der interpersonellen Beziehungen zu beschreiben.
In einem „Fenster“ mit vier Scheiben wird die per-
sönliche Wahrnehmung, in vier verschiedene Ar- 2.3.6 Bewältigung von
ten unterteilt, jeweils in einer Scheibe dargestellt: Veränderungen
offen, verborgen, blind oder unbekannt. Die Linien,
die diese vier Scheiben trennen und die Aspekte Die Möglichkeiten zur Bewältigung von Veränderun-
unserer Persönlichkeit untergliedern, die uns selbst gen sind so vielfältig wie die Veränderungen selbst.
oder anderen bekannt oder unbekannt sind, sind Veränderungen sind mit Unsicherheit verbunden.
wie Rollläden, die sich während einer Interaktion Die Bewältigung von Veränderungen ist ein Pro-
bewegen können. zess des Übergangs von der aktuellen Situation zur
„Vision“ von der Zukunft, der auch schmerzhaft
Etwas von sich selbst preiszugeben, wirkt sich sein kann. In diesem Kapitel geht es um die per-
positiv auf Beziehungen aus, erhöht die Selbst- sönliche Veränderung.

36
Management von
Jugendorganisationen
Situation ist, mit der sie konfrontiert sind. Um- T-Kit
Übungsaufgaben gekehrt dagegen besteht kaum Widerstand gegen
Veränderungen, die die Menschen verstehen und
Bitte beachten Sie, dass diese Übung nur von denen sie wissen, dass sie ihnen Vorteile brin-
in einer Gruppe durchgeführt werden gen werden. Menschen wehren sich gegen Dinge,
sollte, in der sich die Mitglieder gut , sich die ihnen aufgezwungen werden, die sie nicht ver-
gegenseitig vertrauen und respektvoll mit- stehen, die sie nicht kontrollieren können und auf
einander umgehen. die sie keinen Einfluss haben.
• Fordern Sie alle Mitglieder der Gruppe
auf, eine kleine Veränderung, die sie Sie können sich selbst folgende Kernfragen stellen:
zur Verbesserung ihrer Lebenssituation • Welches sind die wichtigsten internen Katalysato-
erreichen möchten, auf einen Zettel zu ren für persönliche Veränderungen?
schreiben. • Welches sind die wichtigsten externen Katalysa-
• Bitten Sie die Teilnehmer anschließend, toren für persönliche Veränderungen?
die Zettel auszutauschen. • Welches sind die Haupthindernisse für persön-
liche Veränderungen?
• Bitten Sie einen Teilnehmer vorzulesen,
was auf dem Zettel steht, den er be- Die Eigenschaften, die notwendig sind, um erfolg-
kommen hat. reich zu sein, ändern sich, und Menschen müssen
• Fordern Sie die Teilnehmer auf zu klat- sich ebenso wie Organisationen im Laufe der Zeit
schen, wenn auch sie die vorgeschlage- anpassen und verändern. Es gibt bestimmte Merk-
ne Veränderung umsetzen möchten. male, die zeigen, ob Organisationen offen gegenüber
• Sie werden feststellen, dass einige Wün- Veränderungen sind. Organisationen, die externe
sche viel und andere wenig Beifall er- Einflüsse erkennen und umsetzen und offen für Ver-
halten. änderungen sind, weisen in der Regel bestimmte
Kennzeichen auf: 2
• Zugang zu Informationen – Wenn Veränderun-
gen Wirkung zeigen und die Beteiligten inten-
Es gibt verschiedene Arten von Veränderungen. siver in die Erreichung der Ziele der Organisa-
tion eingebunden werden sollen, brauchen sie
• Veränderungen können eine wesentliche Ver- Zugang zu Informationen.
besserung einer Situation sein, wie zum Bei-
spiel die Entwicklung von der handschriftlichen • Fähigkeit, mit Ungewissheit fertig zu werden –
Aufzeichnung (schriftlicher) Informationen zu Jede Organisation muss lernen, in einem un-
heutigen leistungsfähigen Laptops. Diese Ver- sicheren Umfeld zu arbeiten. Die Mitarbeiterin-
änderung hat sich in mehreren Schritten voll- nen und Mitarbeiter müssen in der Lage sein
zogen. Jeder Schritt bewirkt eine Verbesserung zu akzeptieren, dass sie nicht auf alles eine
und erfordert entsprechende Fähigkeiten, Trai- Antwort bekommen, sie müssen lernen, weiter-
ning sowie Investitionen. hin Fragen zu stellen und bereit sein, den Kurs
zu ändern, wenn sich neue Chancen ergeben
• Veränderungen können jedoch auch von noch und neue Risiken auftreten.
größerer Tragweite sein. Bei einer biologischen
Metamorphose zum Beispiel vollzieht sich eine • Innovationsfähigkeit – Erfolgreiche Organisatio-
vollständige Verwandlung, in der der bisherige nen sind die Organisationen, die das innovative
Status Quo grundlegend erschüttert wird (in Potenzial ihrer Mitarbeiter freisetzen und nutzen.
den meisten Fällen ist eine Schlafphase not-
wendig, um die Veränderung zu bewältigen). • Risikobereitschaft – Die Freiheit, Risiken ein-
zugehen, muss Teil der Organisationskultur sein.
Durch Veränderungen werden alle möglichen Äng- Der „Umgang mit Fehlern“ muss in der gesam-
ste und Unsicherheiten hervorgerufen. Folglich ten Organisation überprüft werden.
sind wir nur dann zu Veränderungen bereit, wenn
dies unumgänglich ist. Es ist schwierig, Verände- • Teamgeist – Gefördert wird nicht die Individu-
rungen in einer Organisation zu erreichen. Sie ge- alität, sondern das Gemeinschaftsgefühl.
lingen nur, wenn die Mitarbeiter wissen, warum sie
erfolgen, wenn sie die Veränderungen für berech- • Flexible, aber stabile Systeme – Organisationen,
tigt halten und sie als notwendig akzeptieren. die Veränderungen gut bewältigen, verfügen
über einfache Verfahren, Konzepte und Systeme.
Ein starker Katalysator ist erforderlich, damit wir
die Unsicherheit auf uns nehmen, die mit Verän- • Konfliktfähigkeit – Erfolgreiche Organisatio-
derungen verbunden ist. Häufig erweisen sich nen regen Diskussionen an und fördern Unter-
schwierige Umstände als wirksamster Katalysator. schiede und schaffen es trotzdem, dies zu
Menschen wehren sich aus verschiedenen Grün- einem kreativen Prozess zu verbinden.
den und mit unterschiedlicher Intensität gegen
Veränderungen. Dieser Widerstand gegenüber Ver- Diese Merkmale können bis zu einem gewissen
änderungen ist umso größer, je mehr die Men- Grad auch auf Personen übertragen werden. Un-
schen zu verlieren glauben und je unsicherer die sere Fähigkeit, Veränderungen im persönlichen

37
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Umfeld zu akzeptieren und umzusetzen, kann ei- Bedenken Sie, dass es Menschen sind und nicht
ner der folgenden Stufen entsprechen: Organisationen, die sich gegen Veränderungen
sträuben. Wenn die Mitarbeiter in einer Organisa-
• Schock und Unglaube – das Gefühl, überrascht tion auf allen Ebenen, vom oberen Management
oder aus dem Gleichgewicht gebracht zu wer- bis hin zu den Angestellten, Veränderungen nicht
den, wenn etwas Unerwartetes geschieht. „Nein, mittragen, sind diese zum Scheitern verurteilt.
das kann nicht wahr sein, sind Sie sicher?“ Dazu gibt es keine Alternative. Ohne das Engage-
ment der Mitarbeiter ist jedes Projekt zum Schei-
• Schuldgefühle/Verärgerung/Schutzreaktion – ein tern verurteilt. Veränderungen können nur dann
Gefühl der Frustration (warum hat man uns das erfolgreich bewältigt werden, wenn es Ihnen
nicht gesagt?), Schuldgefühle (Ich hätte diesen gelingt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür
Fragebogen ausfüllen sollen). Wir können zu gewinnen.
Ärger und Schuldgefühle nur kurze Zeit ertra-
gen, deshalb neigen wir dazu, diese Gefühle auf Veränderungen sind nicht abgeschlossen, wenn sie
andere zu projizieren. „Sie“ können zum Feind umgesetzt sind. Sie müssen sorgfältig durch drei
werden und sind dann für Veränderungen und wichtigen Phasen hindurch begleitet werden: um-
damit verbundene Probleme verantwortlich. denken (die Notwendigkeit von Veränderungen ak-
zeptieren), handeln (Planung und Umsetzung von
• Vernünftige Betrachtung – Wir fangen an, un- Veränderungen) und festigen (die erfolgreiche Um-
sere Gefühle zu überwinden und unseren Kopf setzung feiern und die eingeführten Neuerungen
einzusetzen. Wir versuchen, die Probleme zu festigen). Diese Schritte können mehrfach wie-
verstehen oder sie rationell zu erfassen und derholt werden. Es ist wichtig, weit reichende Ver-
nach Lösungen zu suchen. änderungen in kleine Schritte zu untergliedern.
Damit können Veränderungen leichter bewältigt
• Integration – Wir versuchen, unser Verhalten werden und immer, wenn eine Etappe erfolgreich
2 den Veränderungen anzupassen. Wir beginnen, abgeschlossen worden ist, stellt sich ein Gefühl der
die Veränderungen umzusetzen. Zufriedenheit und der Bestätigung ein. Diese Vor-
gehensweise zeigt außerdem, dass Veränderungen
• Akzeptanz. erfolgreich umgesetzt werden können! Beachten
Sie aber, dass ein Gefühl der anhaltenden Instabilität
Bei der Umsetzung von Veränderungen gibt es vier entsteht, wenn der Prozess zu oft wiederholt wird.
weitere Stufen:
Pasini und Donato geben uns einige Ratschläge an
• Erkennen – zur Kenntnis nehmen, das sich die Hand, wie wir persönliche Veränderungen er-
eine Veränderung vollzieht. folgreich vollziehen können:

• Verstehen – beinhaltet die Aufklärung über die 1. Stellen Sie fest, in welchem Bereich Sie eine
Vor- und Nachteile, erfordert die Einbeziehung Veränderung erreichen möchten.
in den Prozess und eine offene Kommunika- Es ist wichtig, zu verstehen, dass wir in unseren un-
tion, Schulungs- und Trainingsangebote. terschiedlichen Lebensbereichen verschiedene Hal-
tungen einnehmen. Legen Sie fest, welchen Bereich
• Engagement – entsteht, wenn die Beteiligten Sie ändern wollen und prüfen Sie, wie Ihr Umfeld
den Nutzen der Veränderungen erkennen und auf diese Veränderung reagieren wird.
verstehen, dass durch die Veränderungen
Verbesserungen erreicht werden. 2. Lernen Sie, zu träumen.
Veränderung bedeutet, von etwas Neuem, Unbe-
• Handeln – Einbeziehung in die Erarbeitung kanntem zu träumen, das erst geschaffen werden
der Durchführungspläne, klare Festlegung von muss. Träumen Sie von einem Idealzustand, stellen
Rollen und Zuständigkeiten. Sie sich vor, was Sie wirklich wollen. Erst dann
können Sie die Strategien zur Verwirklichung dieses
Organisationskultur und Mitarbeiter/-innen sind Traums festlegen.
untrennbar miteinander verbunden. Ein Reform-
programm wirkt sich auf die Arbeitsweise der 3. Erwarten Sie nicht, dass Veränderungen von an-
Organisation und der Mitarbeiter aus. Menschen deren ausgehen.
reagieren abhängig von ihren eigenen persön- Es ist zu einfach zu glauben, dass ein anderer an
lichen Plänen, ihren Lebensumständen und ihrem der eigenen Unzufriedenheit schuld ist. Sie müssen
Verständnis des Prozesses unterschiedlich auf die inneren Ressourcen entdecken, die Ihnen eine
Veränderungen. Es ist leichter, negativ zu reagieren Veränderung ermöglichen, und Sie dürfen nicht pes-
als eine positive Haltung einzunehmen. Denjeni- simistisch sein.
gen, die Veränderungen ablehnen, muss mehr Auf-
merksamkeit gewidmet werden, aber auch die Be- 4. Bauen Sie dynamische Beziehungen auf.
fürworter von Veränderungen sind betroffen und Wir denken zu oft in stabilen Beziehungsmustern.
müssen richtig betreut werden. Grundsätzlich ist mit Jeder von uns ändert sich, und deshalb sind wir
einer negativen Haltung gegenüber Veränderungen manchmal lieber mit Fremden zusammen als mit
zu rechnen. Viele lehnen Veränderungen prinzipiell Freunden oder Kollegen. Veränderungen, die ge-
ab, ohne Rücksicht darauf, welche Auswirkungen meinsam mit anderen vollzogen werden, erfordern
damit tatsächlich für sie verbunden sein werden. und schaffen jedoch dynamische Beziehungen.

38
Abb. 8

Jones, Neil R.: The Managing Change Pocketbook, Management Pocketbooks Ltd. 1995, S. 56

39
T-Kit
Management von
Jugendorganisationen

2
2

40
T-Kit
Management von
Jugendorganisationen

Abb. 9

Jones, Neil R.: The Managing Change Pocketbook, Management Pocketbooks Ltd. 1995, S. 58
Abb. 10

Jones, Neil R.: The Managing Change Pocketbook, Management Pocketbooks Ltd. 1995, S. 61

41
T-Kit
Management von
Jugendorganisationen

2
3 Mitarbeiterführung
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
3.1 Einleitung

Wer sind Mitarbeiterinnen Während des ganzen Abschnitts werden immer


und Mitarbeiter ? wieder Vorschläge für Diskussionen oder Themen
für ein Brainstorming gemacht. In einigen Fällen
Es ist bereits zum Klischee geworden, dass die liegt auch eine Liste mit möglichen Antworten bei.
wichtigste Ressource einer Organisation die Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter, das Personal, sind,
trotzdem entspricht es der Wahrheit. Die Mitarbei-
tenden müssen so geführt werden, dass sie ihre 3.2 Teams und
Arbeit erfüllen und ihr Potenzial erreichen können
– für sich selbst und für die Organisation. Teamleitung
Ziel vieler europäischer Jugendorganisationen ist
die persönliche Entwicklung von Menschen und es 3.2.1 Teamarbeit und
ist daher sinnvoll, wenn wir damit beginnen – egal Teamleitung
ob es sich um Beschäftigte, Ehrenamtliche oder
Freiwillige, angestelltes Personal oder Mitglieder Die meisten europäischen Jugendorganisationen
des Leitungsgremiums handelt. Jede Person – als bestehen aus Menschen, die in Teams arbeiten. Der
Gruppe oder als Individuum gesehen – muss ge- Synergieeffekt von Menschen, die gemeinsam auf
leitet und geführt werden, um ihr Potenzial zu ein Ziel hinarbeiten, ermöglicht es viel mehr zu
erreichen und um sicherzustellen, dass ihre Bemü- erreichen, als von Einzelnen bewerkstelligt werden
hungen für die Organisation effektiv und effizient könnte, die nicht dieselbe Vision haben. Unsere
sind. Teams sind allerdings oft geografisch voneinander
entfernt und bestehen aus beschäftigten Mitarbei-
Jede Person bringt Talente und Fähigkeiten, Wis- tern, aus Voll- und Teilzeitmitarbeitern und -mitar-
sen und Erfahrung in ihre Arbeit ein. Wir nennen beiterinnen, aus jungen und alten Menschen und –
diesen Gesamtkomplex in diesem T-Kit „Kompe- wir wagen es zu sagen – aus kompetenten und
tenz”. Jede Person hat einzigartige Kompetenzen, inkompetenten Personen. Diese Mischung hat Vor-
die auf verschiedene Art und Weise und in ver- und Nachteile.
schiedenen Situationen angewendet werden kön-
nen. Ein ehrenamtliches Mitglied des Leitungs-
gremiums zum Beispiel kann langjährige Erfahrung
im Finanzmanagement mitbringen, die Fähigkeit Übungsaufgaben
Bilanzen zu lesen und zu interpretieren und ein
wirkliches Talent besitzen, anderen, die weniger Was ist ein Team ?
Erfahrung haben, die Zahlen zu erklären. Die an- Eine Gruppe, die sich für ein bestimmtes
dere Seite der Medaille ist die Tatsache, dass diese Ziel zusammenfindet ? 3
Erfahrung aus einem anderen Bereich kommt – Die bereit ist, die Ziele der Gruppe vor
aus der Welt der Wirtschaft, in der die Triebfeder die eigenen zu stellen ?
der Gewinn ist – und das Mitglied des Leitungs-
gremiums könnte Schwierigkeiten haben, dies in
Einklang mit den sozialen Zielen der Organisation Was macht ein Team effektiv ?
zu bringen. Im Gegensatz dazu kann die Fachkraft Kommunikation und Feedback-
der Jugendarbeit mit ihrer Fähigkeit, gute Be- Fähigkeiten ?
ziehungen zu jungen Menschen auf der Straße Die Fähigkeit zum Erhalt der Gruppe ?
aufzubauen und sie zu beraten, Schwierigkeiten
haben, wenn es darum geht, Kostenaufzeichnun- Unterstützung der Gruppenleitung ?
gen zu erstellen. Beide Mitarbeiter haben einzig- Ausgewogenheit der relevanten
artige Kompetenzen und beide können einen Kompetenzen ?
wichtigen Beitrag für die Organisation einbringen. Ein Klima des Vertrauens, der Offenheit
Mitarbeiterführung heißt, das Maximum aus die- und der Gemeinsamkeit ?
sen Kompetenzen herauszuholen, und zwar für
Vollständige und willige Teilnahme ?
eine maximale Zeitspanne und mit der Sicherheit,
dass die Entwicklung weitergeht. Einsatz für die Ziele des Teams ?

Dieser Abschnitt des T-Kit befasst sich mit den Welches sind die Nachteile der Gruppen-
wichtigsten Punkten in der Mitarbeiterführung. arbeit ?
Ein wesentlicher Teil ist das Konzept der Team-
arbeit und der Teamleitung, weil es die Grundlage Sie kostet Zeit ?
für viele andere Aspekte ist. Wenn wir die Frage Verlust der persönlichen Identität ?
„Wer sind die Mitarbeiter?“ beantwortet haben,
können wir im nächsten Kapitel versuchen, die
Frage „Wie können wir sie führen?“ zu beant-
worten.

43
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Ziel dieses Abschnitts ist es, Möglichkeiten aufzu- für die Ausarbeitung eines Strategieplans über-
zeigen, mit denen wir das Maximum aus unseren nommen hat, die neue Konzepte einführt und zu
Teams herausholen. Sie könnten mit folgenden Diskussionen und Kritik an der Umsetzung und
Fragen beginnen, die zugleich auch eine Übung der Politik der Organisation ermuntert.
sind. Der Manager hat dabei sicherzustellen, dass die ab-
gestimmte Politik eingehalten wird, dass die rich-
tigen Indikatoren und Maßnahmen zur Umset-
zung angewendet werden. Sie/er befasst sich mit
der Anwendung, während der Leiter sich mehr mit
der Struktur befasst. Es ist klar, dass beide Ele-
Übungsaufgabe mente – Leitung und Management – nicht leicht
voneinander getrennt werden können. In Wirk-
• Vergleichen Sie die lichkeit ist es so, dass Menschen in verantwortlichen
Rollen im Belbin-Team Positionen manchmal bessere Führungskompe-
(Abb.11) mit denen in tenzen als Managementkompetenzen besitzen und
Ihrem Team. umgekehrt – ein weiterer Grund für den Team-
gedanken in einer bestehenden Organisation.

Übungsaufgabe
Eine wichtige Arbeit in Bezug auf die einzelnen • Welches sind die verschiedenen
Rollen, die Mitglieder eines Teams übernehmen, Funktionen eines Teamleiters ?
stammt von Meredith Belbin. Als individuelle Mit-
glieder und vor allem als Teamleiter sollten wir Koordination
verstehen, welche Rollen uns am meisten liegen. Ermutigung
Belbin hat acht Typen von „nützlichen Personen in
Teams”, die in der folgenden Tabelle beschrieben Motivation
sind, unterschieden.
Beispiele geben
Offensichtlich haben alle diese Rollen ihre Stärken Neue Mitarbeiter
und Schwächen, wie sie jede einzelne Person im gewinnen
Team auch hat. Der kritische Punkt ist unser Ver-
ständnis und unsere Wertschätzung dieser Rollen Sicherstellen, dass die
und das Vermögen herauszufinden, wo die Schwach- Arbeit erledigt wird
punkte in der Zusammensetzung des Teams liegen. Ziele setzen

Die Rollen, die Menschen im Team übernehmen, Überblick bewahren


3 sind sehr oft fließend und dynamisch, sehr oft än-
dern sie sich, wenn sich das Team weiterentwickelt
oder wenn sich die Situation ändert. Es ist teilweise
sehr hilfreich, sich die Teamleitung als eine Rolle
vorzustellen, die von Einzelnen übernommen wer-
den kann. Dasselbe gilt für das Management. Be-
sonders Letzteres kann in verschiede Funktionen Organisationen werden gebildet, um ein bestimm-
unterteilt werden, die wiederum von unterschied- tes Ziel zu erreichen oder eine Aufgabe zu erfüllen.
lichen Personen zu unterschiedlichen Zeiten über- Bei der Leitung geht es in erster Linie um die Klär-
nommen werden können. ung der Ziele und um die Zusammenführung von
Personen mit bestimmten Überzeugungen. John
Die Begriffe Leitung und Management werden oft Adair meint, dass das Erreichen einer Aufgabe von
für ein und dieselbe Sache verwendet, obwohl es der Aufmerksamkeit abhängt, die vom Leiter sowohl
sich um verschiedene Rollen handelt. Von Leitern den Bedürfnissen der einzelnen Mitarbeiter/innen
erwartet man, dass sie gute Manager sind und als auch den Gruppenbedürfnissen (oder Team-
Manager müssen oft Führungsqualitäten denjeni- bedürfnissen) gezollt wird.
gen gegenüber zeigen, die sie managen.
Da wir Gruppen von Personen leiten – eigentlich
Eine Möglichkeit, den Unterschied auszudrücken, führen –, müssen wir uns über die relative Menge
ist der Satz „Manager machen die Dinge richtig an Zeit und Kraft klar werden, die wir in die ge-
und Führungspersönlichkeiten (Leiter) machen die nannten Bereiche investieren. Wenn wir hart daran
richtigen Dinge“, oder anders ausgedrückt, Leiter arbeiten, Identität und Moral der Gruppe zu be-
sind für die Wirksamkeit (Effektivität) und Manager wahren, aber scheitern, wenn es um die individu-
für die Leistungsfähigkeit (Effizienz) verantwort- ellen Bedürfnisse der Gruppenmitglieder geht, wird
lich. Richtung und Ziel sind für den Leiter das Wich- die Aufgabe darunter leiden. Wenn wir unsere
tigste, während für den Manager optimale Metho- ganze Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse (oder
den und ihre Anwendung Vorrang haben. Der Leiter Forderungen) von einem oder zwei Mitgliedern
kann zum Beispiel die Person sein, die die Initiative der Gruppe auf Kosten der Gruppen zusammen-

44
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 11 Nützliche Rollen in einem Team T-Kit

Typ Typische Positive Qualitäten Zulässige Schwächen


Charakterzüge

Company worker konservativ, Organisationstalent, Mangelnde Flexibilität


(„der Angestellte“) pflichtbewusst, praktischer, gesunder und Widerstreben neuen,
zuverlässig Menschenverstand, nicht bewährten Ideen
fleißig, diszipliniert gegenüber

ruhig, souverän, Fähigkeit, jeden durchschnittliche


Chairman selbstsicher potenziellen Mitarbeiter intellektuelle und
(„der Vorsitzende“) für sich und ohne Vorur- kreative Fähigkeiten
teile zu behandeln und
einzubeziehen ; starkes
Gespür für Ziele

Shaper dünnhäutig, Energie und Bereitschaft Neigung zu Ungeduld,


(„der Gestalter“) kontaktfreudig, um gegen Trägheit, Verärgerung und
dynamisch Selbstzufriedenheit, Provokation
Uneffektivität und
Selbstbetrug anzugehen

Plant individualistisch, Genialität, Fantasie, Geistesabwesenheit,


(„der Kreative“) ernsthaft, unorthodox Intellekt und Wissen Neigung, praktische
Details und Konventionen
zu ignorieren

Resource investigator extrovertiert, Fähigkeit, mit Menschen Tendenz, das Interesse zu


(„der Entdecker“) begeisterungsfähig, in Kontakt zu kommen verlieren, wenn die
neugierig und und alles Neue zu Anfangsbegeisterung
kontaktfreudig erkunden ; Talent, vorbei ist 3
Herausforderungen
anzunehmen

Monitor evaluator nüchtern, kühl, Urteilsfähigkeit, Mangel an Fantasie und


(„der objektive umsichtig Diskretion, Fähigkeit, andere zu
Beobachter“) Unnachgiebigkeit motivieren

Team worker sozial orientiert, Fähigkeit, auf Menschen konfliktscheu


(„der Teamarbeiter“) sanfte Natur, und Situationen
einfühlsam einzugehen und
Teamgeist zu schaffen

Completer finisher sorgfältig, ordentlich, Fähigkeit, etwas Tendenz, sich unnötige


(„der Perfekte“) vorsichtig, gewissenhaft „durchzuziehen“, Sorgen zu machen ;
Perfektionismus Widerstreben
„loszulassen“

Belbin, R.M.: Management Teams, Heinemann 1981 ; nachgedruckt mit Erlaubnis von Butterworth Heinemann,
eine Abteilung von Reed Educational and Professional Publishing Ltd.

45
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit Abb. 12 Aktionszentriertes Führungsmodell

Was erfordert die Aufgabe ?


Aufgabe festlegen – planen – Aufgaben und Mittel einteilen – Qualität und Zeitaufwand kontrollieren –
Durchführung mit ursprünglicher Planung vergleichen – Planung korrigieren

Wie wird man dem Team Wie wird man dem


gerecht ? Einzelnen gerecht ?
Maßstäbe setzen Auf persönliche Probleme eingehen
Disziplin aufrechterhalten
Aufgabe Einzelne loben und anerkennen
Teamgeist aufbauen Besondere Fähigkeiten Einzelner
erkennen und einsetzen
Loben, motivieren
Einzelne fortbilden
Perspektiven vermitteln Team Individuum
Assistenten bestimmen,
delegieren
Kommunikation sicherstellen
Training, Fortbildung

Eine effektive Führung


a) ist sich der Anforderungen durch die Aufgabe, das Team und den Einzelnen bewusst,
b) hat die Fähigkeit und die Ausbildung – im Einklang mit den Erfordernissen der jeweiligen Situation –
mit diesen Anforderungen umzugehen.

Adair, John : Effective Leadership : a self development manual, Aldershot : Gower 1983, ISBN 0-330-28100-3

3
gehörigkeit und des allgemeinen Verständnisses
lenken, wird dasselbe passieren. Oder wenn wir uns
auf die zu erledigende Aufgabe konzentrieren, ohne
Übungsaufgabe
aus einer Gruppe von Personen ein Team zu ma-
chen, oder ohne die Entwicklungsbedürfnisse jedes • Diskutieren Sie in kleinen Gruppen über
einzelnen Mitglieds zu beachten, müssen wir mit eine historische Führungspersönlichkeit
Schwierigkeiten bei der Erreichung des Ziels rechnen. und warum sie erfolgreich oder effektiv
war.
Teams sind flexibel und dynamisch, daher muss
auch die Leitung flexibel und dynamisch sein. Die
so genannte Rücksichtslosigkeit berühmter „Führer“
der Weltgeschichte kann häufig vielleicht als Fixie-
rung auf ein bestimmtes Ziel gesehen werden: eine
Fixierung, die von den Anhängern geteilt wird und sationen. Bedürfnisse sind oft verschieden und än-
die alle anderen Überlegungen überlagert. In den dern sich, und so muss die Leitung in unseren Or-
europäischen Jugendorganisationen sind Demo- ganisationen schnell reagieren können und
kratie, gemeinsame Entscheidungsfindung und Team- aktiv sein. Der Begriff „Führungsstil” kann uns hier
geist äußerst wichtig, um die Ziele im neuen Jahr- zum besseren Verständnis dienen. Wenn unsere
tausend zu erreichen. Während das Phänomen der Leitung dynamisch und flexibel sein muss, so
Führung durch Persönlichkeit noch immer viel muss der Leiter Situationen einordnen können –
leistet, ist eine nachhaltige, Verantwortung dele- Aufgaben, Teams und einzelne Personen – und Ent-
gierende und einbeziehende Führung in der Lage, scheidungen treffen, wie reagiert wird. Die Entschei-
auf verschiedene Bedürfnisse mit verschiedenen dungen eines Leiters führen zu weiteren Situatio-
Lösungen zu reagieren. nen – neuen Aufgaben, engeren Teams, besser
entwickelten Einzelpersonen (oder zum Gegenteil).
Auf Bedürfnisse zu reagieren ist die Existenzberech- Wie diese Entscheidungen getroffen werden, hängt
tigung für viele, wenn nicht für alle unsere Organi- vom Führungsstil ab.

46
Management von
Jugendorganisationen
Viele Autoren haben die Beschreibung von Füh- In diesem Modell werden bestimmte Stadien in der T-Kit
rungsqualitäten mit ihrem Verständnis von Team- Entwicklung eines Teams aufgezeigt. In der Praxis
entwicklungen gemischt. Ihre Modelle können sind die einzelnen Stadien nicht so leicht voneinander
deshalb bei der Bewertung eines bestimmten Stils in zu trennen und das Team kann bei seiner Entwick-
einem bestimmten Entwicklungsstadium des Teams lung und bei der Erreichung seiner „Leistung“ auch
hilfreich sein. „ausrutschen“.

Abb. 13 Ein Führungs- Abb. 14 Modell der Team-


modell wählen entwicklung
(„GreasyPole“-Modell*)
Eine alternative Darstellung ist dies : OPTIMALER • Positive Orientierung
ZUSTAND • Kreativität
• Eigeninitiative
Exklusiver Machtbereich • Flexibilität
• Offene, ehrliche Beziehungen
• Engagement, Stolz auf das
Team, Teamgeist
Gemeinsamer Machtbereich • Reife
FESTIGUNG • Neue Ziele
• Atmosphäre von Ehrlichkeit,
Verkünden Verkaufen Testen Beraten Einbeziehen
Toleranz und Zuhören
• Intensive Beziehungen,
Verkünden Respekt vor den Vorzügen
Manager denkt, plant, entscheidet und Beiträgen anderer
Team beugt sich, stimmt zu, pflichtet bei • Aufgaben werden mit
Rücksicht auf individuelle
Verkaufen Fähigkeiten und
Manager entscheidet und stellt seine Teamfähigkeiten erledigt
Entscheidungen im Team vor, um • Eigene Teamregeln werden
Zustimmung zu erhalten. aufgestellt
Team hört sich die Ideen an und stimmt zu. • Durchsetzungsfähigkeit
entwickelt sich
Testen AUSEINANDER- • Gegenseitige Gefühle werden
Manager plant, stellt dem Team verschiedene SETZUNG mitgeteilt
Lösungsmöglichkeiten vor und • Emotional 3
entscheidet dann. • Mangelnde Orientierung/
Team sagt seine Meinung zu den Leitung
Vorschlägen und stimmt der • Unsicherheit
gewählten Lösung zu. • Mitarbeiter und Mitarbei-
terinnen erfüllen
Beraten Erwartungen nicht
Manager stellt dem Team das Problem vor und TEAMBILDUNG • Unklare Rangordnung
bittet um Lösungsvorschläge ; danach • Wenig gegenseitige
entscheidet er. Aufmerksamkeit
Team ist am Denk- und Lösungsprozess, • Gefühle werden versteckt
aber nicht an der Entscheidungs-
• Oberflächliche Beziehungen
findung beteiligt.
• Starrheit
Einbeziehen
• Feste Rollenverteilung
Manager teilt die gesamte Verantwortung und
• Angepasstes Verhalten
Kontrolle.
• Individuelle Bedürfnisse und
Team beteiligt sich an der Kontrolle und
wird zu einem demokratischen Probleme stehen im
Gremium. Vordergrund

* Das Tuckman-Modell wird im Englischen auch als


„Greasy Pole Model“ bezeichnet.

Tannenbaum, R. und Schmidt, W.H.: How to choose a Tuckman, B.W.: Development sequences in small groups,
leadership pattern, in : Harvad Business Review, in : Psycological Bulletin, Ausgabe 65, 1965, S. 384-399.
May- June 1973. Copyright © 1973 President and Fellows Copyright © 1965 American Psychological Association.
of Harvard College ; alle Rechte vorbehalten. Genehmigter Nachdruck.

47
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Das oben genannte Modell zeigt, dass Autorität
oder Entscheidungsbefugnis einer Gruppe schritt-
weise übertragen wird. Dies geschieht, während sie
– individuell und kollektiv – die notwendigen Übungsaufgaben
Kompetenzen entwickelt, die sie braucht, um eine
Aufgabe zu erfüllen. Jene Gruppe, die perfekt für • Machen Sie zwei Listen : eine beschreibt
die Ausführung einer Aufgabe geeignet ist und jene Dinge, die in einem idealen Team
auch die Erfahrung dafür mitbringt, wird kaum auf vorkommen, zum Beispiel Kommuni-
„Befehle“ (oder autoritären) Führungsstil reagieren. kation, Entscheidungsfindung, Vertrauen,
Hingegen muss ein Team, das sich gerade gebildet Unterstützung etc., die andere den
hat – auch wenn es aus höchst kompetenten Mit- Personentyp, den Sie für ein ideales
gliedern besteht – Informationen und Anleitungen Team brauchen, wie Führungskraft/
erhalten, sodass es sich gemeinsame Entschei- Leiter, Ressourcenfinder, „Zeitwächter“
dungskompetenz entwickeln kann. (Time Keeper), Koordinator, Mitarbei-
ter. Vergleichen Sie diese Listen mit
Wie für jede andere Rolle oder Funktion in einem dem Team, in dem Sie gegenwärtig
Team ist für die Leitung – unabhängig von ihrem arbeiten, wo sind Fallen und Wieder-
Führungsstil – die Entwicklung von Kompetenzen holungen ?
notwendig, nicht zuletzt um auszuwählen, welcher
• Was halten Sie für Schlüsselfähigkeiten
Stil wann verwendet wird. Der Begriff „Delegieren“
und Attribute einer idealen Führungs-
muss hier beachtet werden, denn er wird sowohl
kraft in Ihrer Organisation ?
für einen Führungsstil selbst verwendet, aber auch
als Beschreibung für eine Fähigkeit, die viele Stile • Wählen Sie ein Team, das Sie führen,
betrifft. Delegieren als Führungsstil setzt voraus, und diskutieren Sie den Entwicklungs-
dass die Entscheidungskompetenz an die Team- stand, in dem es sich Ihrer Meinung
mitglieder übertragen wird. Dies erfordert ein nach befindet. Welcher Führungsstil ist
gewisses Vertrauen, sowohl in den Leiter als auch der geeignetste, um Perspektiven und
in das Team, und ein umfassendes Verständnis der Aufgabenbewältigung sicherzustellen ?
Aufgabe und der Kompetenzen des Teams. Als
Voraussetzung braucht man zum Delegieren Ver-
trauen und Verständnis, aber auch die Fähigkeit zu
entscheiden, welche Aufgaben oder Verantwor-
tungsbereiche delegiert oder welche nicht delegiert
werden sollen.

Abb. 15 Die beste = die ausgewogenste Form


3

Autokratischer Stil Demokratischer

Leitung

Team

Aufgabe

Kontext

Nachgedruckt mit Genehmigung von B600 „The Capable Manager“, The Open University, 1994

48
Management von
Jugendorganisationen
Zusammengefasst haben wir nun Teams als Grup- zufrieden stellen, ihr Fehlen aber nicht unbedingt T-Kit
pen mit dynamischer Entwicklung und Leiter als zu Unzufriedenheit führt. Ebenso sind wir mit eini-
dynamische, flexible Personen in dieser Gruppe gen Dingen unzufrieden, ihr Fehlen führt aber
gesehen. Wir haben gesehen, wie wichtig es ist, nicht unbedingt zur Zufriedenheit, sondern eher
den Aufgaben ausgewogene Aufmerksamkeit zu zum Fehlen von Unzufriedenheit.
widmen, sowie die Bedürfnisse des Einzelnen und
die Bedürfnisse der Gruppe als Team zu beachten.
An anderer Stelle in diesem Dokument haben wir Motivationsfaktoren = Befriedigung = Jobinhalt
den Kontext unserer Organisation untersucht; und = „höhere Bedürfnisse“ (nach Maslow)
zwar intern als Organisationskultur und extern im
sozialen, technischen, wirtschaftlichen, politischen Hygienefaktoren (Faktoren, die demotivieren
und umwelttechnischen Kontext, in dem wir können) = Unzufriedenheit = Jobbedingungen
arbeiten. = „niedere Bedürfnisse“ (nach Maslow)

Führungsqualität ist dabei von entscheidender


Bedeutung. Die effektivste Leitung findet dabei die
beste Form, die Ansprüche der folgenden vier Fak-
toren zu vereinen: des Stils, den der Leiter bevor-
Übungsaufgabe
zugt, des Stils, den das Team preferriert, des Stils, • Kehren wir zu den Aufstellungen zurück,
der der Aufgabe am angemessensten ist und des welche Dinge würden Sie als „Hygiene-
Stils, der sich für den Kontext am besten eignet. faktoren“ und welche als „Motivations-
faktoren“ bezeichnen ?
Zu Beginn des nächsten Abschnitts möchten wir
Fragen und Kompetenzen erörtern, die Teams
„zum Laufen“ bringen. Dabei werden wir Manage-
mentwerkzeuge entwickeln und von Managern
getroffene Entscheidungen diskutieren.
Das unten stehenden Diagramm zeigt eine Hierar-
chie der Bedürfnisse nach Maslow. Er geht davon
3.2.2 Wie motiviert man Menschen ? aus, dass eine Person, deren Bedürfnisse auf einer
Ebene befriedigt sind, zur nächsten Ebene wech-
In Kapitel 2 haben wir die Selbstmotivation be- selt. Ohne Befriedigung auf der unteren Bedürfnis-
sprochen. Im folgenden Abschnitt überlegen wir – ebene (1, 2, und 3) werden höhere Ebenen nicht
hauptsächlich vor dem Hintergrund einiger theo- relevant.
retischer Modelle –, wie wir andere motivieren
können. Da wir von den Personen sprechen, die wir leiten,
sollten wir zuerst versuchen, die Bedürfnisse auf
der unteren Ebene zufrieden zustellen – die Unzu-
friedenheitsfaktoren, Herzbergs Hygienefaktoren.
Meistens, aber natürlich auch nicht immer, kann 3
man sagen, dass unsere Organisationen diese unte-
Übungsaufgaben
ren Bedürfnisse erfüllen, und dass Manager sich
auf die höheren Bedürfnisse und deren Befriedi-
Für die Einführung des Themas Motiva- gung, wie. zum Beispiel Leistung, Anerkennung,
tion, müssen wir folgende Fragen stellen Selbstwertschätzung, persönliche Entwicklung und
• Was macht Ihnen Vergnügen oder Selbstverwirklichung konzentrieren.
bereitet Ihnen Zufriedenheit, wenn Sie
für Ihre Organisation (beschäftigt oder
ehrenamtlich) arbeiten, und woran ha-
ben Sie keine Freude oder womit sind Übungsaufgabe
Sie unzufrieden ?
• Stellen Sie sich andere Arbeiten vor, die • Wie kann ich als Manager sicherstellen,
Sie in dieser oder einer anderen Orga- dass die „höheren“ Bedürfnisse meiner
nisation ausführen könnten. Was würde Mitarbeiter erfüllt werden ? Wie kann
sich auf Ihrer Aufgabenliste, wenn über- ich sicherstellen, dass dies auch so
haupt, ändern ? bleibt ?

Motivationsfaktoren (höhere Ebene, Wachstums-


Wenn wir jetzt einen Punkt aus dieser Aufstellung bedürfnisse) sind für die Qualität von Arbeitsleben
nehmen, etwa Geld, so kann dies ein motivieren- und Arbeitserfahrung wichtig. Einige Faktoren sind
der, aber auch ein demotivierender Faktor sein. arbeitsimmanent, wie etwa die Aufgabenbewälti-
Herzberg ist der Ansicht, dass uns manche Dinge gung, andere hängen von einem guten Manage-

49
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
ment ab, zum Beispiel gegenseitiger Respekt, Per- Die Theorien X und Y von Mc Gregor gehen davon
spektiven und Herausforderungen bei der Arbeit. aus, dass Managementstile in zwei Kategorien je
nach den Theorien über die Motivation der Mitar-
Alderfer (in Handy, 1990) hat die Hierarchie der beiter unterteilt werden können. Theorie X besagt,
Bedürfnisse nach Maslow in drei Gruppen unter- dass die meisten Menschen faul und zu keinerlei
teilt: Existenzielle Bedürfnisse (Maslow 1 & 2), Be- Disziplin oder Arbeitskontrolle fähig sind. Sie
ziehungsbedürfnisse (Maslow 3 & Teil von 4), und möchten Sicherheit haben und vermeiden Verant-
Wachstumsbedürfnisse (Teile von 4 & 5). Er ist der wortung. Diese Menschen brauchen äußere
Meinung, dass diese Bedürfnisse chronisch sind, Anreize und man muss ihnen sagen, was sie tun
also immer vorhanden, oder episodisch, das heißt, sollen.
sie sind nur manchmal vorhanden. Es gibt hier
einige klare Parallelen zum aktionszentrierten Theorie Y besagt, dass alle Menschen Arbeit als
Führungsmodell von John Adair aus dem vorher- natürlich empfinden und Selbstdisziplin akzep-
gehenden Abschnitt. Existenzielle Bedürfnisse tieren, Verantwortung suchen und Verpflichtungen
können parallel zu Aufgabenbedürfnissen, Bezie- mögen. Diese Menschen können ihr Potenzial nur
hungsbedürfnisse zu Teambedürfnissen und Wachs- dann ausschöpfen, wenn sie ihre Fantasie und
tumsbedürfnisse zu individuellen Bedürfnissen be- Kreativität einsetzen dürfen.
handelt werden.

Übungsaufgabe Übungsaufgabe

• Untersuchen Sie, welchen Einfluss der • Untersuchen Sie Ihre Erfahrungen als Lei-
Führungsstil auf die Motivation Ihrer ter/Leiterin und Mitarbeiterin/Mitarbei-
Mitarbeiter hat. Konzentrieren sich ei- ter. Wie reagieren Sie auf die zwei
nige Führungsstile eher auf Hygiene- Theorien ? Welche Erfahrung unterstützt
faktoren und andere auf die Motivations- Ihrer Meinung nach welche Theorie ?
faktoren ?

Abb. 16 Individuelle Bedürfnisse

Selbstverwirklichung
Wachstum
Persönliche Entwicklung
Leistung

Selbsteinschätzung
Selbstachtung Status Anerkennung

Soziales
Zugehörigkeit zu einer Gruppe / zu Gruppen
Soziale Aktivitäten Liebe Freundschaft

Sicherheit
Geborgenheit Schutz vor Gefahr

Physiologisches
Hunger Durst Schlaf etc.

Maslow, A.H. Motivation and Personality, © 1954. Nachgedruckt und elektronisch reproduziert mit Erlaubnis von
Prentice Hall, Upper Saddle River, New Jersey

50
Management von
Jugendorganisationen
3.2.3 Empowerment man gerade in vielen wertorientierten Organisatio- T-Kit
nen davon ausgeht, dass jegliches Personal auto-
All dem liegt das Prinzip des Empowerment matisch immer mehr Arbeit übernimmt – „aus
zugrunde. Wenn wir uns auf das Tannenbaum- reiner Liebe“! Wir müssen uns vor Freunden und
und Schmidt-Modell im vorhergehenden Ab- Familien für die Zeit, die wir für unsere Arbeit
schnitt beziehen, so sehen wir, dass Leiter (und/ aufwenden und für den Einfluss, den die Arbeit auf
oder Manager) durch ihren Führungsstil (Manage- unsere Gesundheit und unser allgemeines Wohl-
mentstil) anderen Macht entziehen oder aber befinden hat, verantworten. Eine solche Über-
Macht übertragen können. Empowerment bedeu- legung richtet sich natürlich an Manager, die
tet nicht unbedingt, dass die Macht von einer diesen Zustand entweder entweder still schwei-
Autoritätsperson an die Untergebenen übertragen gend dulden, indem sie nichts tun, um solche
wird. Einige werden jetzt argumentieren, dass jeder Arbeitsweisen zu unterbinden, oder ihre Mitarbei-
bereits Macht hat und dass der „Machtüberträger“ ter sogar noch dadurch ermutigen, dass sie mehr
nur die Realisierung ermöglicht. Gerade bei der und mehr Arbeitsleistung von ihnen verlangen.
Arbeit mit jungen Leuten müssen wir uns darüber
klar sein, wo wir Macht zurückhalten oder die jungen Auf einer anderen Ebene müssen Manager auch
Leute damit überfordern und wo wir Macht „ent- die Professionalität – ihre eigene und die ihrer
ziehen“, indem wir ihrem Wissen, ihren Fähigkei- Mitarbeiter – überprüfen. Geringe Bezahlung ist
ten oder ihrer Kreativität keinen Spielraum lassen. keine Entschuldigung für unprofessionelles Ver-
halten, das betrifft Ehrenamtliche und Mitglieder
Kehren wir zu der Idee zurück, dass es der Zweck des Leitungsgremiums ebenso wie fest angestelltes
vieler unserer Organisationen ist, jungen Leuten Personal. Grenzen von persönlichen Beziehungen
zu ermöglichen, ihr gesamtes Potenzial zu entfal- am Arbeitsplatz müssen uns bewusst werden,
ten. Eine bestärkende Haltung beim Management ebenso Probleme wie Vorurteile und Diskrimi-
gegenüber denjenigen, die mit uns arbeiten, be- nierung, Gesundheit, Sicherheit, Ehrlichkeit und
deutet primär, das volle Potenzial der personellen Integrität. Auf organisatorischer Ebene müssen wir
Ressourcen einer Organisation zu erkennen. Bedingungen schaffen, die Mitarbeiter vor An-
schuldigungen oder Fehlverhalten in diesem Rah-
Abschließend müssen wir auch den Dynami- men schützen. Ohne Zweifel hat dies Einfluss auf
sierungsfaktor beachten. Menschen und Organisa- finanzielle und andere Ressourcen. Es gibt zwar
tionen verändern sich, genauso wie ihre Umge- viele Gesetze in dieser Richtung, aber auch die
bung. Dies hat auch Einfluss auf die Motivation: Werte unserer Organisationen sollten einen Ein-
frühere Erfahrungen (Erziehung, Ausbildung, Er- fluss auf unser Engagement in diesen Fragen
fahrungen bei der Arbeit und außerhalb), die haben.
gegenwärtige Situation (Menschen haben ihre
eigenen Betrachtungsweisen über ihre Perspekti- Auf einer höheren Ebene liegt es in der Logik der
ven und die ihrer Kollegen) und Zukunftsvorstel- europäischen Jugendorganisationen, dass wir Ver-
lungen (Zukunftschancen in dieser Organisation antwortungsbereiche auch außerhalb unserer Or-
und außerhalb, persönlicher Ehrgeiz, fest angestellt ganisationen haben. Wir sind Sponsoren gegen-
oder ehrenamtlich beschäftigt). Ein junger Ehren- über verantwortlich und vor allem den Menschen, 3
amtlicher, der einen stabilen familiären Hinter- denen wir helfen wollen. Die Qualität dieser Hilfe
grund eine gute Ausbildung hat, und von seinen und der Information, die wir übermitteln, spiegelt
Vorgesetzten ermutigt wird, hat eine andere Moti- die Ernsthaftigkeit, mit der wir unsere Verantwor-
vation als eine Person ohne solche Ermutigung, zu tung wahrnehmen.
deren früheren Erfahrungen Misserfolg oder Ab-
lehnung gehören. Beide Personen können sehr
wohl motiviert sein, aber Verbindung und Ur-
sprung der oben genannten Hygiene- und Motiva- 3.3 Training, Entwicklung
tionsfaktoren, können sehr verschieden sein. Die
Maslowschen höheren Bedürfnisse konzentrieren und Bewertung
sich auf Persönlichkeitswachstum und Potenzial-
realisierung. Eine Machtübertragung in diesem
Sinn, die auf dem Bewusstsein für die progressiven 3.3.1 Lernende Organisation
Bedürfnisse der Mitarbeiter basiert, und diese Be-
dürfnisse erfüllen will, ist der Weg zu Motivation in Viele europäische Jugendorganisationen konzen-
allen Teilen unserer Organisationen. trieren sich auf die ganzheitliche Entwicklung
junger Menschen. Wie das geschieht, ist typisch für
die einzelne Organisation. Die Aufmerksamkeit,
3.2.4 Verantwortung die der Personalentwicklung gewidmet wird, ist
ebenfalls einzigartig für die jeweilige Organisation.
In einer Welt, in der auch Gesetze zunehmend Ver- Die Tatsache, dass viele unserer Organisationen
antwortung herausstreichen und definieren, müssen wertorientiert sind, befindet sich manchmal im
Manager ihre Verantwortlichkeiten auf verschiede- Konflikt mit der harten Realität von Programmen
nen Ebenen betrachten. mit sehr beschränkten Ressourcen. Das kann dazu
führen, Kompromisse zu machen, wenn es darum
Auf persönlicher Ebene haben wir die Verantwor- geht, zeitliche und finanzielle Ressourcen für die
tung, unsere Arbeit zu managen: Es ist Ironie, dass Weiterbildung festzulegen. Wir können trotzdem

51
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
einige Schlüsselmerkmale von Organisationen sen und Fähigkeiten – und es kann zu mehr Moti-
nennen, die als „Lernende Organisationen“ be- vation, Selbstvertrauen oder Teamarbeit führen.
zeichnet werden können. Solche Chancen zu nutzen, kann auch Einfluss auf
die Sichtweise des Einzelnen auf ein Problem oder
Diesem Konzept liegt die Idee zugrunde, dass sich die Organisation haben. So kann etwa ein Besuch
Organisationen durch die individuelle, persönliche bei einem anderen Zweig der Organisation oder bei
Entwicklung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer weiteren Organisation dazu führen, dass der
weiterentwickeln. Einige Schlüsselprinzipien sind in Mitarbeiter das Problem ganz anders sieht und
der Liste angeführt: deshalb eine früher übersehene Lösung findet.
Beispiele für Lernen außerhalb von Trainingskur-
• Vorteil und Wert einer kontinuierlichen Ent- sen sind auch das so genannte Job-Shadowing (Ein
wicklung werden von angestellten Mitarbeitern beschäftigter oder ehrenamtlicher Mitarbeiter ver-
und Ehrenamtlichen geschätzt. bringt einige Zeit mit einem anderen Mitarbeiter,
• Alle Mitarbeiter –beschäftigte und ehrenamt- sozusagen als sein „Schatten“. Das kann in der ei-
liche – werden ermutigt, Verantwortung für genen oder einer anderen Organisation stattfinden,
ihre Weiterbildung und Entwicklung zu über- um zu sehen, was der Job verlangt und wie die Per-
nehmen. son ihn erledigt.), On-the-Job-Training, Besuch von
• Organisationsstrukturen sind ausreichend gut Konferenzen, Lern-Sets.
formuliert, aber auch flexibel genug, um per-
sönliches Wachstum und Entwicklung zu er- Die Einschätzung der Arbeitsleistung wird an an-
möglichen. derer Stelle in diesem Abschnitt besprochen. Hier
• Es herrscht ein Lernklima, in dem Lernen soll jedoch auf den Wert von geplantem Lernen
durch Erfahrung und Feedback ermöglicht wird während der regulären Arbeitszeit hingewiesen
und Fehler zugelassen sind. werden. Jegliches Lernen, das stattfindet, sollte
• Strategien und Politik werden durch Diskussio- dokumentiert und zertifiziert werden. Tagebücher
nen und als bewusste Lernprozesse entwickelt. über die persönliche Entwicklung sind dafür ideal
• Finanzielle Verantwortung entsteht durch effek- geeignet.
tives Budgetmanagement zur Unterstützung
des Lernprozesses.
Übungsaufgaben
• Bitten Sie die Mitglieder Ihrer Gruppe,
Übungsaufgabe sich an die letzten drei Gelegenheiten
zu erinnern, bei denen sie das Gefühl
• Alle Teilnehmer sollen ihre Organisatio- hatten, etwas gelernt zu haben. Bitten
nen im Licht dieser Prinzipien betrachten. Sie die Teilnehmenden, den Wert des
Wo liegen die Stärken, wo die Schwach- Lernens in ihren Organisationen zu er-
stellen ? Wo sind die Risiken und welche läutern und den Lernprozess selbst zu
Chancen gibt es ? beschreiben.
3 • Wer spielte eine Schlüsselrolle in den
wichtigsten Momenten der persönlichen
Entwicklung während der letzten drei
Jahre ? Warum spielten diese Personen
Natürlich ist es eine Versuchung, bei der Ermuti- eine Schlüsselrolle ?
gung zum Lernen – vor allem bei jungen Leuten –
zu vergessen, dass persönliche Entwicklung zur
Entwicklung der Organisation führen soll. Ohne
klare Ziele der Organisation kann man nicht
beurteilen, ob persönliche Weiterbildung diesen
Zielen dient und ob es gerechtfertigt ist, dafür Zeit Die Realität vieler europäischer Jugendorganisa-
und Geld einzusetzen. Wenn man etwa Zeit und tionen sieht so aus, dass sie keine Lernenden
Geld für Spanischkurse aufwendet, so wird dies in Organisationen sind. Zu oft fehlt die Einbindung in
einer Organisation, die vornehmlich in Weißruss- die Organisation selbst und häufig sind die be-
land arbeitet, schwer vertretbar sein! schäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter iso-
liert, manchmal sogar in einer Konfliktsituation
Eine weitere Versuchung besteht darin, dass wir mit ihrer Geschäftsführung. Die Fähigkeit, Netz-
glauben, die einzige Art zu lernen seien Kursbe- werke innerhalb der eigenen Organisation oder
suche. „Training und Entwicklung“ bedeutet sicher mit ähnlichen Einrichtungen aufzubauen, ist in
mehr als nur an Kursen teilzunehmen und das der Praxis für eine Lernende Organisation sehr
Wort „Lernen“ wird immer mehr für jegliche Erfah- wichtig.
rung verwendet, die, bei richtiger Anwendung,
zum persönlichen Wachstum führt. Als Managerin-
nen und Manager von Lernenden Organisationen 3.3.2 Lernstile
müssen wir Chancen für unsere Mitarbeiter sehen,
die ihnen bei der Entwicklung helfen und daher Wenn wir von persönlichem Lernen sprechen,
auch zu mehr Jobeffizienz führen. Das hat sehr müssen wir zugeben, dass jede Person ihren eige-
wohl etwas mit Kompetenz zu tun – auch mit Wis- nen Lernstil hat. Manche möchten ein konkretes

52
Management von
Jugendorganisationen
Problem lösen, andere möchten Theorien hören Job-Beschreibungen für beschäftigte und ehren- T-Kit
und verallgemeinern, bevor sie das Gelernte auf amtliche Mitarbeiter zu überprüfen. Job-Beschrei-
ihre eigene Situation anwenden. bungen können auch genutzt werden, um die rele-
vanten Kriterien für eine Überprüfung zu liefern.
Im Abschnitt über Selbstmanagement haben wir Arbeitsüberprüfungen eignen sich auch sehr gut,
das Konzept der Lernstile eingeführt. Wir möchten um Widerstände gegenüber Neuerungen zu besei-
hier keine Details wiederholen, aber wir müssen tigen, da sie die ideale Gelegenheit sind, den Bei-
überlegen, wie die Lernstile der Mitarbeitenden, trag des Einzelnen zur Entwicklung der Organisa-
die wir managen, unseren Führungsstil beeinflussen. tion auf strategischer Ebene zu untersuchen.
Bei der Bewertung vergangener Leistungen – aus
Profitieren wir als Manager am meisten von Mitar- welchem Grund auch immer – müssen verschie-
beiterinnen und Mitarbeitern, die wir „ins kalte dene Kriterien eingehalten werden, um Vergleich-
Wasser springen“ lassen? Oder gewähren wir den barkeit und Übereinstimmung zu gewährleisten:
„Denkern“ in unseren Teams genügend Zeit, um
Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, 1. Die Bewertung muss geplant werden. Der Ab-
bevor wir sie zu Entscheidungen nötigen? Geben lauf muss genau erläutert werden und für Pla-
wir den Theoretikern die Möglichkeit Fragen zu nung und Vorbereitung muss genügend Zeit
stellen, oder profitieren wir am meisten von den vorgesehen sein. Bei der Planerstellung muss
Pragmatikern mit ihrer Fähigkeit, Lernergebnisse auch diskutiert werden, welche Kriterien bei
von einer Situation auf die andere zu übertragen? der Überprüfung von Leistungen angewendet
werden.
Ebenso müssen wir uns fragen, wenn wir die Art
der Lernerfahrung erwägen, zu der wir unsere 2. Leistung muss vergleichbar sein. Ziele, die zu
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermuntern wollen: Beginn einer Bewertungsperiode gesetzt wer-
Passt der Lernstil zum Lernziel? Ein Vorteil des von den, müssen extern abgestimmt werden und
Kolb beschriebenen Erfahrungslernens besteht Änderungen müssen festgehalten werden. Die
darin, dass in diesem Stil Elemente aller vier Lern- Standards, nach denen die Bewertung erfolgt,
stile nach Honey und Mumford enthalten sind. müssen klar und jobrelevant sein. Hier ist
Aktive Mitarbeiter möchten lernen, indem sie wieder der Hinweis auf die Job-Beschreibung
etwas tun, „Denker“ möchten lieber eine Denk- und die Personenspezifikation von Nutzen.
pause haben, Theoretiker sind am effizientesten, JW Humble befasste sich besonders mit
wenn sie die Schlüsselpositionen des Lernens nach- Management durch Zielvereinbarungen (Ma-
vollziehen können und Pragmatiker sind am glück- nagement by Objectives – MBO) und der
lichsten, wenn sie Gelerntes in einer neuen Situa- Schlüsselergebnisanalyse (Key Results Analysis
tion anwenden können. – KRA). Kritisiert wird an diesen Verfahren,
dass die Verwendung einer Job-Beschreibung,
die Hauptverantwortungsbereiche, Kommu-
3.3.3 Leistungsbeurteilung und nikationswege, Ziele und Budget als Basis für
Arbeitsüberprüfung Schlüsselergebnisse (Key Results) angibt, zu
mechanisch ist. Das normalerweise mit diesem 3
Wenn unsere Organisationen beständig wachsen Prozess verbundene Verfahren bedeutet, dass
und sich durch Wachstum und Entwicklung der eine starke Präferenz für quantitative Ziele vor-
Mitarbeiter entwickeln, brauchen wir ein Ver- liegt, und dass diese Ziele nicht unbedingt zur
fahren, das dies regelmäßig überprüft. Viele kom- angestrebten Geschäftsleistung führen müssen.
merzielle Organisationen verwenden die jährliche Wenn man davon ausgeht, dass der gesamte
Überprüfung um ihre „leistungsbezogene Bezah- Prozess mit einer finanziellen Zuwendung ver-
lung“ zu revidieren. Auch in einigen Nichtregie- bunden ist, ist es leicht verständlich, dass
rungsorganisationen wird so verfahren. Schwierig gegen diese Art von „Prüfung“ Widerstände
wird es dann, wenn sich diese Überprüfung auf aufkommen. Die Versuchung für große Organi-
vergangene Leistungen und nicht auf das sationen, diese Prüfung oder Variationen
Zukunftspotenzial konzentriert. Der Begriff „Arbeits- davon zu übernehmen, ist offensichtlich. Ein-
überprüfung“ ist vielleicht weniger bedrohlich und heitlichkeit und Objektivität gelten gemeinsam
liegt irgendwo dazwischen. Regelmäßigkeit und mit Präzision als Vorteile dieses Verfahrens.
Häufigkeit von Arbeitsüberprüfungen muss genau
untersucht werden. Eine jährliche Gesamtüberprü- 3. Das Feedback muss klar und konstruktiv sein.
fung mit halbjährlichen Zwischenüberprüfungen Nur festgelegte und abgestimmte Kriterien
in Bezug auf die erreichten Ziele ist eine bewährte dürfen für Bewertungen verwendet werden,
Norm. und jegliches vorhandenes Material sollte ver-
wendet werden. Wenn es weiteres Material
Es ist bedauerlich, dass Organisationsvorstände ihr gibt, dass noch nicht erfasst wurde, sollte dies
Personal und die Ehrenamtlichen oft im Stich las- jetzt geschehen. Widersprüchlichkeiten sollten
sen, indem sie keine Arbeitsüberprüfungen durch- geklärt und gelöst werden. Feedback geben
führen. Wenn es im Leitungsgremium keine rele- und erhalten kann polarisieren und daher muss
vanten Kompetenzen dafür gibt, sollten Schulungen beides sensibel und ehrlich erfolgen. Üblicher-
veranstaltet werden, oder man sollte Hilfe von außen weise wird dafür das Bild eines Hamburgers
suchen. Regelmäßige Arbeitsüberprüfungen sind verwendet: Deckel und Boden sind positive
sehr geeignet, um Relevanz und Genauigkeit von Bemerkungen, Lob und Anerkennung, wäh-

53
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
rend die Fülle in der Mitte aus Verbesserungs- Beziehungen und die Fähigkeit, täglich ein Feed-
vorschlägen besteht. Feedback muss zum back abzugeben und zu empfangen stellen sicher,
richtigen Zeitpunkt erfolgen, es muss genau, dass regelmäßige Arbeitsüberprüfungen erfolgreich
spezifisch, relevant und zukunftsweisend sein. und erfreulich sind.

• Die Übung am Ende des Abschnitts über


Coaching eignet sich vorzüglich, um ein Feed-
back auf Ihr Feedback abzugeben und zu er- 3.4 „Coaching“, „Mentoring“
halten!
und „Counselling“
Um weitere Ausbildungswünsche zu erkennen sind
folgende Kriterien nützlich:
3.4.1 Coaching
1. Einzelne Personen sollten ihre gegenwärtige
Kompetenz und ihre langfristigen Ziele erken- „Coaching“ ist ein Vorgang, der zur Leistungs-
nen können. Kompetenzen, um die Ziele zu verbesserung führt. Traditionell verstehen wir das
erreichen, sollten festgelegt werden. am besten im Bereich des Sports. Hier geht es um
die Leistung bei Rennen oder Wettbewerben, um
2. Lernmöglichkeiten sollten dem Lernbedürfnis das Übertreffen von früheren Rekorden. Der Coach
eindeutig entsprechen. Der bevorzugte Lernstil ist die Person, die diese Verbesserung ermöglicht.
des Teilnehmers sollte berücksichtigt, breit ge- Er wendet verschiedene Praktiken, Stile und Tech-
fächerte Wahlmöglichkeiten sollten angeboten niken an, passend zur Sportart, zum Wettkampf
werden. und zur betroffenen Person.

3. Managerinnen und Manager brauchen ständi- Typisch für das Coaching ist, dass es sich um eine
ge Unterstützung. Die Bewertungssitzung soll- Beziehung zwischen zwei Personen handelt, und
te als Teil eines Prozesses gelten, an dem der das gilt auch für die Arbeitswelt. Coaching kann
Manager großes Interesse hat. Hilfestellung bei ein Ergebnis der Arbeitsüberprüfung sein, oder ein
der Auswahl der Lernerfahrung, deren Vor- Ergebnis anderer Situationen, etwa einer neuer
bereitung und die Überprüfung der Ergebnisse Arbeit oder eines neuen Projekts. Im vorgestellten
sollte abgestimmt und in den Plan für die Fol- aktionszentrierten Führungsmodell (Abbildung 14)
geperiode eingebaut werden. wird Coaching vor allem für die Herausarbeitung
von Bedürfnissen einzelner Personen angewendet.
4. Eine Aufzeichnung der Leistungsbewertung, Auch hier ist „Beziehung“ das Schlüsselwort für die
der Pläne und der zukünftigen Pflichten sollte Anwendung von Coaching.
schriftlich festgelegt werden und vom Manager
und dem Mitarbeiter abgestimmt werden. Wie bei der Führung kann auch Coaching – das
man wahrscheinlich am besten als eines der Werk-
Die oben genannten Punkte sind absichtlich sehr zeuge eines Leiters oder Managers beschreiben
3 formell in einem Stil formuliert, der oft für die kann – mit einem Spektrum an Verhaltensstilen,
Einführung von Arbeitsüberprüfungen oder Leis- von anweisend bis ermöglichend, ausgeübt werden.
tungsbewertungen verwendet wird. Realität ist –
vielleicht vor allem in europäischen Jugendorgani-
sationen –,dass die Vorteile eines solchen Ver-
fahrens mehr oder weniger durch die Qualität der
Beziehung zwischen Managern und Mitarbeiten-
den – seien sie nun beschäftigt oder ehrenamt-
lich tätig – bestimmt werden. Offene und ehrliche

Übungsaufgaben
• Bitten Sie die Kursteilnehmer einen Plan
für eine regelmäßige Arbeitsüberprüfung
zu erstellen. Wie schaut der Zeitplan aus ?
Welche Fragen sollten vor und während
der Überprüfung gestellt werden ?
• Untersuchen Sie die Ergebnisse einer
regelmäßigen Arbeitsüberprüfung. Wie
machen wir sie SMART (specific / spezi-
fisch, measurable / messbar, achievable/
machbar, realistic / realistisch, timely /
termingerecht) ?

54
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 17 Verhaltensstile beim Coaching T-Kit

Anweisen Ermöglichen / Fördern

Typische Merkmale Typische Merkmale


Der Coach benennt das Problem. Die Person, die das Coaching in Anspruch
nimmt, erkennt das Problem.
Der Coach entscheidet über die Lösung. Der Coach sagt nichts über die Lösung.
Der Coach doziert. Der Coach stellt offene Fragen.
Der Coach fragt nicht. Der Coach hört zu.
Der Coach hört wenig zu. Die Person, die das Coaching in Anspruch
nimmt, erkennt die Lösung.
Langfristig wird viel Zeit des Die Person, die das Coaching in Anspruch
Coach’ benötigt. nimmt, verinnerlicht die Lösung.
Die Person, die das Coaching in Anspruch Die Person, die das Coaching in Anspruch
nimmt, wird möglicherweise nicht zustimmen. nimmt, erwirbt neue Fähigkeiten.
Langfristig wird Zeit und Geld gespart.

Sinnvoll ist der anweisende Stil, Sinnvoll ist der ermöglichende Stil,
• um ein eiliges, drängendes, stressiges Problem • um das Selbstvertrauen der Person, die das
3
zu lösen, Coaching in Anspruch nimmt, zu stärken,
• wenn die Person, die ein Coaching in Anspruch • ihr Potenzial zu erweitern,
nimmt, kein Hintergrundwissen hat.
• ihre Leistung zu verbessern.

Ein effektiv arbeitender Coach


bewegt sich flexibel innerhalb der Verhaltensstile,
um der Situation gerecht zu werden.

Ein uneffektiv arbeitender Coach


neigt eher zum anweisenden Stil,
jedoch ohne die nötige Sensibilität.

Nachgedruckt mit Erlaubnis von Paul J.P. Hazell

55
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
3. Hören Sie aufmerksam zu, fragen Sie, wenn
Übungsaufgaben nötig, nach. Versuchen Sie, sich nicht zu recht-
fertigen oder zu verteidigen, wenn Sie nicht
• Untersuchen Sie Fragen, Probleme oder
darum gebeten werden.
Aufgaben, die vom Personal-Coaching,
egal ob es sich um beschäftigte oder eh-
renamtliche Mitarbeiter in Ihrer Orga-
nisation handelt, profitieren können.
Übungsaufgabe
• Überlegen Sie, wie wichtig es für den
Coach ist, die technischen Details des Jobs • Wählen Sie eine Tätigkeit, bei der ein
des gecoachten Mitarbeiters zu verstehen. Coach ein anderes Kursmitglied bei der
Wie unterscheidet sich dies von anderen Ausführung einer Aufgabe (zum Bei-
Führungselementen ? spiel eine Präsentation) beobachtet.
Geben Sie ausreichend Vorbereitungs-
zeit und setzen Sie dann ein Coaching-
Interview fest, bei dem ein drittes Grup-
penmitglied beobachtet und dann ein
Das folgende Modell zeigt, wie wichtig die Bezie- Feedback über das Feedback abgibt !
hung im Coaching-Prozess ist. Vertrauen schafft
eine Beziehung, die verschiedene Ziele zyklisch
erfasst.

Feedback ist ein wichtiger Teil des Coachings.


Wenn es beim Coaching darum geht, Mitarbeitern 3.4.2 Mentoring
zu helfen, Defizite bei ihren Leistungen zu beseiti-
gen, so sagt das Feedback den Mitarbeiterinnen Während Coaching generell als Werkzeug eines
und Mitarbeitern, wie gut sie diese Defizite in den Managers gilt, bedeutet „Mentoring“ im allge-
Griff bekommen haben. meinen, modernen Sprachgebrauch oft – aller-
dings nicht ausschließlich – eine Beziehung, die
Feedback zu geben erfordert Geschick und ist außerhalb der Manager/Mitarbeiter-Situation exis-
sowohl das Ergebnis als auch der Grund für das tiert. Das Wort kommt aus der griechischen My-
bereits erwähnte Vertrauensverhältnis. Betrachten thologie, wonach Odysseus seinen Sohn der Obhut
sie die folgenden Punkte als praktische Checkliste: seines alten Freundes Mentor anvertraute. Coach-
ing und Counselling werden oft für den Begriff
1. Beginnen und enden Sie mit einer positiven Mentoring verwendet, aber dieser Abschnitt wird
Bemerkung. Stellen Sie sich das Feedback als hoffentlich zu einer klareren Unterscheidung zwi-
Hamburger vor: die positiven Bemerkungen schen den drei Begriffen führen.
sind das Brötchen und die Verbesserungsvor-
schläge sind das Fleisch dazwischen. In der Einführung zum Buch von David Clutterbuck
3 „Everyone needs a Mentor“ (Jeder Mensch braucht
2. Konzentrieren Sie sich auf Fakten und geben einen Mentor) 1991 werden verschiedenste Defini-
Sie spezifische Beispiele an. tionen angeführt. Zusammen gefasst sind dies
Sätze wie „mixture of parent and peer“ (Mischung
3. Denken Sie an Ihre Körpersprache. Welche Sig- aus Verwandten und Gleichgestellten), „a role
nale senden Sie durch Ihre Körperhaltung und model, a guide, a coach and a confidant“ (ein Rol-
Augenkontakt aus (oder das Fehlen desselben)! lenmodell, eine Führungsperson, ein Coach und
ein Vertrauter), „a protected relationship in which
4. Stellen Sie sicher, dass das Feedback so bald wie learning and experimentation can occur, potential
möglich nach den erfolgten Beobachtungen skills can be developed and in which results can be
gemacht wird. measured in terms of competencies rather than
curricular territory covered“ (eine geschützte
5. Bei einem ermöglichenden Verhaltensstil hat Beziehung, in der Lernen und Erfahrung stattfin-
die gecoachte Person die Möglichkeit, ihre ei- den kann, in der sich die potenziellen Fähigkeiten
genen Lösungen auszuarbeiten. Offene Frage- entwickeln können, und in der die erreichten Kom-
stellungen können dabei helfen. petenzen das Ergebnis darstellen und nicht ein
bestimmter Lebenslauf).
Auch Feedback zu empfangen erfordert ein gewis-
ses Geschick und, vielleicht noch wichtiger, den Beim Mentoring geht es um persönliches Wachs-
Wunsch etwas zu lernen. Einige praktische Tipps: tum, das nicht unbedingt mit dem Job des Schütz-
lings direkt im Zusammenhang stehen muss. Es ist
1. Denken Sie daran, dass die Person, die das eine langfristige Beziehung, bei der eine Person
Feedback abgibt, auf Ihrer Seite steht. Sie geht ermutigt wird, zu forschen, zu diskutieren, Erfah-
ein Risiko ein, wenn sie offen spricht. rungen zu machen, wieder zu diskutieren und
vielleicht einige Schlussfolgerungen zu ziehen.
2. Beachten Sie Ihre Körpersprache. Welche Sig- Auch hier spielen Vertrauen und Integrität eine
nale senden Sie über Augenkontakt und Kör- wichtige Rolle, da es sich um eine langfristige
perhaltung aus? Verpflichtung für Mentor und Schützling handelt.

56
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 18 Der Coaching-Prozess* T-Kit

VERTRAUEN

BEZIEHUNG

ZIEL

3
MÖGLICH- ÜBER-
KEITEN ARBEITEN

PLAN BEWERTEN

* In der englischsprachigen Darstellung spricht man vom „TROOPER Process“, abgeleitet von den Begriffen :
Trust, Relationship, Objective, Options, Plan, Evaluate, Review.

Nachgedruckt mit Erlaubnis von Paul J.P. Hazell

57
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Manche Menschen wählen einen Mentor außer- 6. genügend Zeit hat, um diese in die Beziehung
halb ihrer Organisation, während andere das zu investieren,
bessere Verständnis eines Kollegen über die eigene
Organisation vorziehen. Peer-Mentoring oder ge- 7. den Respekt des Schützlings gewinnen kann,
genseitige Förderung von gleich gestellten Grup-
penmitgliedern in jungen Organisationen oder in 8. ein eigenes Netzwerk von Kontakten und Ein-
Organisationen, in denen nur junge Leute arbeiten, flüssen hat.
kann ebenso vorteilhaft sein. Coaching kann ein
Prozess sein, der für beide Seiten Vorteile bringt – Es gilt als gesunde Praxis, dass die Mentor-
besonders wenn der Mentor des Mitarbeiters ein beziehung einen klaren Anfang und ein Ende hat.
Ehrenamtlicher oder Mitglied des Leitungsgremi- Nicht ungewöhnlich ist es, dass sich diese Bezie-
ums ist. hungen zu langjährigen Freundschaften entwi-
ckeln. Die ursprüngliche Beziehung bedeutet eine
große Verantwortung – die oft auf Ersuchen der
Organisation, mit dem Ziel, der Organisation zu
nutzen, entsteht.
Übungsaufgabe
Mentorbeziehungen in großen kommerziellen
• Es folgt eine Zusammenfassung der Organisationen beruhen oft auf besonderen Ar-
Mentorenrolle. Überlegen Sie zuerst, beitsaufgaben oder klar umrissenen Projekten.
wie kompetent Sie sind, um jeden Part Damit wird das professionelle Wachstum betont.
der Rolle auszuüben ; überlegen Sie Wenn die Mentorenbeziehung die tägliche Erfah-
dann, wen Sie kennen, der zurzeit fähig rung nutzt, die im Tagesgeschäft einer Non-Profit-
wäre, die Mentorenrolle für Sie auszu- Organisation entsteht, liegt der Schwerpunkt auf
üben. etwas ganz anderem. Wiederum stoßen wir hier
auf das Konzept des persönlichen Wachstums um
MENTOREN
des Wachstums willen – vielleicht als Teil des Wer-
lenken die Beziehung,
tesystems unserer Organisationen. Die Mentoren-
ermutigen den Schütz-
beziehung kann persönliches Wachstum in vielen
ling, befassen sich mit
Aspekten des Lebens unterstützen, so weit wie es
dem Schützling und
vom Mentor und vom Schützling gewünscht ist.
unterstützen ihn, lehren den
Schützling, bieten gegen-
seitigen Respekt an, reagieren
auf die Bedürfnisse des
Schützlings. Übungsaufgabe
• Fragen Sie die Kursteilnehmer, wie sie eine
Mentorenbeziehung nutzen würden.
Welche Fragen sollten mit einem Mentor
3 besprochen werden ? Wie „tief“ sind sie
bereit zu gehen ?
Verwendet man dieses Modell, können schwerlich
Argumente gegen das Peer Mentoring gefunden
werden.

Wenn die Rolle eines Mentors wie oben beschrie-


ben ist, hilft uns das, Mentoren zu finden – und
umgekehrt festzustellen, ob Sie selbst einer werden 3.4.3 Counselling
könnten. Clutterbuck schlägt in einer Checkliste
vor, einen Mentor zu suchen, der: „Counselling“ ist ebenfalls ein Wort, das oftmals
mit anderen verwechselt wird und in verschiede-
1. bereits einen guten Ruf in der Entwicklung nen Kontexten verwendet wird. In diesem Ab-
anderer Personen hat, schnitt bezeichnen wir damit einen Prozess oder
eine Interaktion, die innerhalb von Beziehungen
2. ein wirkliches Interesse daran hat, dass sich angewendet wird und einer Person helfen kann,
andere Personen weiter entwickeln und ihre ein Problem oder eine Frage zu durchdenken. Wir
Probleme zu verstehen, reden hier nicht über professionelles Counselling,
bei dem es sich um besondere Fertigkeiten han-
3. zurzeit über viele Fähigkeiten verfügt, die wei- delt, die allerdings auch durch aktives Zuhören,
tergegeben werden können, wie es oben beschrieben ist, vermittelt werden. Für
die Rollen beim Counselling verwenden wir in
4. die Organisation, deren Arbeit und Zukunft diesem Abschnitt die professionellen Begriffe
versteht, „Klient“ und „Berater“.

5. Geduld mit interpersonellen Fertigkeiten und Counselling-Techniken werden von Führungskräf-


der Fähigkeit, in einem unstrukturierten Pro- ten, Managern, Coachs, Mentoren und bei allen
gramm arbeiten zu können, vereinigt, Beziehungen unter Gleichrangigen verwendet.

58
Management von
Jugendorganisationen
Beim Counselling geht es vornehmlich um die Wenn Sie eine Übereinkunft erzielen, die Coun- T-Kit
Lösung von Problemen. Häufig verläuft ein Coun- selling-Sitzungen nach einer bestimmten Zeit-
selling in folgenden Phasen: spanne in einer Rückschau zu analysieren, errei-
chen Sie eine gewisse Verbindlichkeit der gefällten
Vertrag - Untersuchung - Verstehen - Entscheidungen. Sie stellen damit auch sicher, dass
Handlung - Rückschau die laufende Unterstützung kontrolliert wird.

Ein Vertrag ist ein Abkommen zwischen Berater Warnung. Counselling kann zu unterschiedlichen
und Klient. Zeitrahmen, Grenzen der Vertraulich- Ergebnissen führen. Der Klient kann sich gut
keit und Erwartungshaltungen im Beratungspro- fühlen und ist motiviert, die vereinbarten Hand-
zess müssen abgeklärt werden. lungen durchzuführen. Sie/er kann auch zu einem
umfassenderen Verständnis des Problems kom-
Die Untersuchung ist jene Phase, in der aktives men, braucht aber für die Lösung einen weiteren
Zuhören die Hauptrolle spielt. Als Gedächtnis- Spezialisten. In einigen Fällen kann sich der Klient
stütze dient das englische Wort für Ohren „EARS“: unsicherer als vorher fühlen: Ein großes Problem
kann aufgezeigt worden sein, das weitere Vorge-
Encourage (ermutigen) hen kann aber noch unbekannt sein.
Ask (fragen)
Reflect (nachdenken) Vom Standpunkt des Berater aus gesehen, kann es
Summarise (zusammenfassen) große Genugtuung bereiten, wenn man einem
Teammitglied oder einem Kollegen geholfen hat.
In der Verständnisphase ist es das Ziel, dass sowohl Der Berater kann sich aber auch durch die Pro-
der Berater als auch der Klient die Problempunkte bleme des Klienten belastet fühlen. Es kann zu per-
vollständig verstehen. Umschreiben, Genauigkeit sönlichem Wachstum durch Mitfühlen mit dem
fördern, Widersprüche provozieren und Verwick- Klienten kommen, allerdings auch zu Bestürzung
lungen aufklären gehören zu diesem Prozess. und Erschütterung.

Als Handlung wird die Hauptproblemlösungs- Beim professionellen Counselling ist Supervision
phase bezeichnet. Das Problem kann in einer Mind und Unterstützung für den Berater sehr wichtig.
Map oder einem Flussdiagramm skizziert werden. Als Manager in einer Couselling-Rolle ist es von
Auch verschiedene Problemlösungsfragen (Stärken, großer Bedeutung, dass Sie auf eigene Unter-
Schwächen, Chancen und Risiken; erinnern Sie stützung achten.
sich an die SWOT-Analyse in Abschnitt 2.3.1), eine
Analyse von Vergangenheit und Gegenwart oder Wenn Sie sich unsicher fühlen, ob Sie mit dem
ein Erfassen des Ziels (der Lösung) und reflektie- Problem umgehen können, suchen Sie Hilfe von
rendes Arbeiten spielen in dieser Phase eine Rolle. außen.

59
4 Prozessmanagement
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
4.1 Einleitung

In den vorigen Abschnitten wurden die zentralen behaupten, dass einheitliche Entscheidungen und
Werte einer Jugendorganisation betont. Entspre- Handlungen durch formal festgesetzte Regeln
chend sollten Entscheidungen bezüglich der Lei- erzielt werden. Der Vorteil besteht darin, dass eine
tung einer Organisation und die Struktur selbst unpersönliche oder objektive Ausrichtung sicher-
genau überdacht werden. Es ist äußerst wichtig zu stellt, dass beschäftigte und ehrenamtliche Mitar-
gewährleisten, dass alle Fragen, die Werte betref- beiterinnen und Mitarbeiter jeden gleich und
fen, in den Führungsprozessen einer Organisation wahrscheinlich fair behandeln. Jugendorganisatio-
bewahrt und integriert sind. Stellen Sie sich als Bei- nen werden sich wahrscheinlich gegen die
spiel eine Situation vor, in der junge Menschen ein Sprache, den Tenor und sogar gegen die Prinzipien
Managementtraining absolvieren. Wären Argu- von Weber wehren, sind doch seine Werte die
mente für den Ankauf von Computern oder Moun- Antithese zur Jugendkultur. Manager einer Jugend-
tainbikes immer wichtiger als die Verbesserung organisation werden sich aber doch mit einigen
von Jugend-Counselling und die Anstellung von seiner Denkansätze in ihrer Arbeit identifizieren.
zusätzlichen Mitarbeitern? Bei Untersuchungen
aus dem Unternehmensbereich wurde bei Ausga- Die Anstellung in einer Organisation erfolgte laut
bendiskussionen eine starke Tendenz, zu Gunsten Weber basierend auf technischen Qualifikationen
von Ausrüstungsankäufen gegenüber Ausgaben und bedeutete für den Mitarbeiter („Offizieller“,
für Personal oder Infrastruktur zu entscheiden, „Funktionär“) eine Lebensstellung. Offensichtlich
festgestellt. Haben die Entscheidungsträger Ihrer ist dies der wesentliche Unterschied zu Organisa-
Jugendorganisation dieselben Prioritäten? Welchen tionen, die mit Ehrenamtlichen und Freiwilli-
Einfluss haben die Werte Ihrer Organisation auf gen arbeiten, deren Vertragslaufzeiten, bedingt
diese Entscheidungen? durch Wunsch oder Notwendigkeit, kurz sind.
Noch weniger gilt dies für den kommerziellen Sek-
Peter Drucker, der seit fünfzig Jahren über das tor seit Ende der 1990-iger-Jahre und zu Beginn
Thema Management schreibt, ist der Meinung, des 21. Jahrhunderts.
dass der durchgehende Fehler der letzten Jahr-
zehnte die Auffassung ist, sei sie nun explizit oder Zusammengefasst sind die zentralen Begriffe der
implizit, dass jegliches Management Unternehmens- Weberschen Theorie:
management ist. Menschen, die professionell oder • Spezialisierung
als Ehrenamtliche in Jugendorganisationen tätig • Autoritätshierarchie
sind, sollten sich bewusst sein, dass sich die Wirt- • Regelsystem
schaft an den ehrenamtlichen oder Non-Profit- • Unpersönliche oder objektive Kultur
Bereich als eine Quelle für Entwicklung und Infor-
mation für das Managementtraining wendet. Eine gegenteilige Position zu Webers Sichtweise
besagt, dass es so eine Überbetonung von Regeln
und Vorgangsweisen gibt, und dass Aufzeichnun-
gen und Papiere wichtiger werden könnten als die
4.2 Leiten der Ziele selbst. Das Risiko, dass in einer Jugendorgan-
isation Systeme wichtiger als Menschen werden
Organisation können, wurde bereits betont. Dies könnte auch
heißen, dass beschäftigte Mitarbeiter oder Ehren-
amtliche von Status und Symbolen abhängig wer-
Management und Managen wurden am Ende des den können. Vor nicht direkt Eingeweihten kön-
19. Jahrhunderts als Reaktion auf immer größer nten Vorgangsweisen verborgen gehalten werden,
werdende Organisationen sehr wichtig. Die Fragen, um Status oder Macht zu verstärken. Zusätzlich
die damals unter Gelehrten und praxisorientierten wird jegliche Initiative von Systemen erdrückt.
Spezialisten diskutiert wurden, gelten auch heute Unbeweglichkeit läuft sich verändernden Umstän-
noch. Max Weber, ein deutscher Soziologe, den zuwider, vor allem von Jugendlichen, aber
befasste sich in seiner Arbeit „The Theory of Social auch von vielen anderen Gruppen und Organisa-
and Economic Organisation“ zwar eher mit Macht tionen. 4
und Autorität, allerdings wurden auch seine
Bemerkungen über die Bürokratie von Autoren Das Wort „Offizieller“ oder „Funktionär“, wie oben
umfassend untersucht. Die Vor- und Nachteile von verwendet, kann mit Manager, Mitarbeiter,
Webers Ideen werden im Folgenden erörtert. Angestellter oder Ehrenamtlicher übersetzt wer-
den. Wenn wir davon ausgehen, dass Jugendorga-
Laut Weber werden Aufgaben innerhalb von nisationen die zentralen Werte innerhalb ihrer
Organisationen als offizielle Pflichten den ver- Strukturen erhalten müssen, so sind Entscheidun-
schiedenen Positionen zugeteilt. Dies stellt sicher, gen nötig, die zwar die oben angesprochene Kritik
dass es eine klare Arbeitsteilung und ein hohes vermeiden, aber dennoch eine effektive Organisa-
Spezialisierungsniveau gibt. Übersetzt in den mo- tion garantieren. Wir können uns jedoch alle mit
dernen Sprachgebrauch in einer Jugendorganisa- der allgemein akzeptierten Ansicht trösten, dass
tion würde das die Differenzierung in spezifische die optimale Managementmethode nicht gibt und
Aktivitäten bedeuten. Als Ergebnis würde Weber daher auch keine optimale Managementstruktur.

61
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
4.2.1 Managementstruktur es geeignete Strukturen für eine Nichtregie-
rungsorganisation? In der Argumentation der
Jugendorganisationen werden wie jede Organisa- Befürworter formaler Strukturen haben flache
tion durch Prozesse innerhalb einer Struktur ge- Hierarchien mehr Kontrollmöglichkeiten. Bei
leitet. Es sollte betont werden, dass das Wort Struk- Ehrenamtlichen mag dieses Prinzip gelten. Es
tur nichts Formelles oder Starres bezeichnet. Die gibt auch Argumente zu Gunsten dieser Struk-
Struktur mag wohl formal, traditionell und hierar- tur als der geeignetsten für die Personalweiter-
chisch wie bei Weber sein, aber sie kann ebenso bildung und -entwicklung.
einem Projekt entsprechen oder auch vom Teil-
nehmer eines Jugendorganisations-Management- 3. Projektorientierte Strukturen sollen fließend
kurses als chaotisch, aber effektiv vorgeschlagen sein und auf spezifische und manchmal kurz-
worden sein. Vernetzung hat ebenfalls einen Einfluss fristig auftretende Bedürfnisse reagieren kön-
auf einige Strukturen von Jugendorganisationen. nen. Man geht davon aus, dass Teams für be-
Eine Jugendorganisation kann also Strukturmodelle stimmte Projekte gebildet und dann wieder
von Organisationen im privatwirtschaftlichen und aufgelöst werden. In der Folge können einzelne
im öffentlich-rechtlichen Bereich verwenden oder Personen an mehr als einem Projektteam betei-
eine eigene Struktur aufweisen, die ihren beson- ligt sein, wobei die Hierarchie leistungsbezo-
deren nationalen oder internationalen Zielen ent- gen ist. Ist dieses Prinzip für Ehrenamtliche
spricht. Wie auch immer die Strukturen beschaffen und beschäftigte Mitarbeiter bei koordinierten
sind, man sollte sich ihrer bewusst sein. Aktivitäten geeignet?

Folgende grundlegende Fragen treten im Zusam- 4. Netzwerkstrukturen weisen einige Elemente


menhang mit der Struktur auf: der Projektstruktur auf, sind allerdings auch
organisatiosübergreifend. Die dafür notwendi-
• Was sind Zweck und Strategie der Organisation? ge Kommunikation verläuft innerhalb der Or-
ganisation und darüber hinaus mit einzelnen
• Wie wird die Arbeit durch interne und externe Personen und Gruppen, die wiederum eigenen
Politik beeinflusst? Organisationen angehören. Vernetzung unter
Jugendorganisationen kann formal oder infor-
• Wie werden die einzelnen Aufgaben unter den mell sein, ist aber immer ein strukturiertes Sys-
betreffenden Personen aufgeteilt? tem von Organisationen mit kompatiblen Zielen
und Zielsetzungen.
• Wie viel Spezialisierung und Konzentration
von Aufgaben ist wünschenswert oder not-
wendig?

• Wie viele Abteilungen oder Standorte sind


national oder international notwendig, um die
Politik oder die Strategie der Organisation durch-
zuführen?

• Wie viel Entscheidungsfindung sollte vom Zen-


trum in großen und besonders in internatio-
nalen Organisationen abgezogen werden?

Je nach den Antworten auf diese Fragen können


kreative oder evolutionäre Entscheidungen ange-
messen sein. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein,
dass die Trennlinien zwischen verschiedenen Struk-
turtypen nicht unbedingt starr sind, sondern dass
sie fließend sein können. Beachten Sie die folgen-
den vereinfachten Unterteilungen.

4 1. Komplexe hierarchische Strukturen basieren, Übungsaufgaben


wie der Name sagt, auf einem vielschichtigen
• Bitten Sie die Teilnehmenden, ein Orga-
System und einer oft formalen Basis mit einem
nigramm mit den Hauptfunktionen ihrer
hohen Grad an Spezialisierung auf der funk-
Organisation zu zeichnen. Lassen Sie die
tionellen und operativen Ebene. Diese tradi-
Teilnehmenden die Ergebnisse unter-
tionellen Strukturen werden als die geeignetste
einander vergleichen.
Form für ein militärisches Modell erachtet oder
für ein Modell nach Weber. Einige internatio- • Verwenden Sie das Organigramm ohne
nale Jugendorganisationen mögen dieser Be- Bezeichnung der Organisation, um Ver-
schreibung entsprechen. gleiche zwischen den Mitarbeitern von
Jugendorganisationen zu fördern.
2. Flache Hierarchien sind die moderne Antwort
auf das Verkleinern von Unternehmenszweigen,
um so Effizienz und Gewinn zu steigern. Sind

62
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit

4
Management-
strukturen
Abb. 19

63
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
sind. Während die Idee von Systemen abstrakt
erscheinen mag, ist der Wert für die Organisation
ein zweifacher. Der Schwerpunkt liegt auf der Auf-
4.3 Systemmanagement fassung von der Organisation als dynamisches, ganz-
heitliches Modell und ermöglicht es den Managern,
sich für die besten Führungsprozesse zu entschei-
Die Vorstellung von Systemen hat biologische den und sie auf das Ganze anzuwenden. Der
Ursprünge. Die Grundlage eines Systemansatzes Schwerpunkt bei Jugendorganisationen sollte auf
beruht auf der Ansicht, dass die Organisation ein der Interaktion von Personal, Ehrenamtlichen und
einheitliches und gelenktes System von miteinan- Mitgliedern liegen, wobei das Umfeld, das äußere
der verbundenen Teilen ist. Verfechter der Sys- und innere, in dem alle arbeiten, ebenfalls in Be-
temtheorie mögen jetzt argumentieren, dass die tracht gezogen wird. Angesichts jeglicher Defini-
Fähigkeit, verschiedene Bereiche zu leiten, die tion von System wird eine Jugendorganisation Vor-
Flexibilität einer Organisation stärkt. Systeme kön- stellungen von Pluralismus wahrscheinlich eher
nen geschlossen und starr oder flexibel und offen, verkörpern wollen als solche von Einheitlichkeit.
je nach Wunsch des Managements der betroffenen Die Consulting Firma McKinsey und Co. hat in
Organisation, sein. diesem Zusammenhang das Sieben-S-Modell für
eine erfolgreiche Organisation entworfen. Das Haupt-
Systemtheorien stammen von Biologen wie Ludwig augenmerk liegt darin auf Gleichheit und gegen-
von Bertalanfy, der den Begriff „Systemtheorie” seitiger Abhängigkeit der im Diagramm gezeigten
1951 einführte. Seine Ideen wurden von Boulding Faktoren. Ist der Begriff „Personal“ in diesem Zu-
aufgegriffen, der eine neunstufige Hierarchie von sammenhang sowohl für Ehrenamtliche als auch
Systemen entsprechend ihrer Komplexität und für beschäftigte Mitarbeiter noch passend?
ihrem Entwicklungsstand auf jeder Ebene vor-
schlug.

Es gibt keine allgemein anerkannte Unterschei- 4.4 Organisations-


dung von Managementfachleuten zwischen Sys-
tem und Prozess. Praktiker verwenden Begriffe wie entwicklung
„Kommunikationssystem“ und „Trainingssystem“,
um Teile des Managementprozesses zu beschrei-
ben. Die Bedeutung des Terminus System besteht Wie die Anmerkungen über Systemmanagement
in der Auffassung, dass Organisationen komplexe gezeigt haben, sollte eine Organisation dynamisch
und dynamische soziale Körper mit gegenseitigen sein und sich an die Anforderungen anpassen, die
Abhängigkeiten im internen und externen Bereich sie erfüllen will. Es gibt darüber hinaus Beweise

Abb. 20
Sieben-S-Modell*

*Der Name „Sieben-S-Modell“ leitet sich


von englischen Begriffen ab : Structure,
Strategy, Skills, Staff, Style, Systems, Shared
Values.

Mullins, Laurie J.: Management and Organisational Behaviour, 5. Auflage London : Pearson Education 1999,
S. 863, ISBN : 0-273-63552-2

64
Management von
Jugendorganisationen
dafür, dass sich in Unternehmen, die Personal- gut. Langfristige Lösungen für Einzelpersonen sind T-Kit
führung betonen, die Leistung verbessert. Wenn per Definition nicht anwendbar, wenn es sich
wir von den zugrunde liegenden Werten der um kurzfristige Verträge handelt. Die Betonung
Organisationen ausgehen, die sich um junge Men- liegt eher auf dem Interesse am Job an sich als auf
schen kümmern, kann dies akzeptabel sein. Präzise Karriereentwicklung (zumindest innerhalb der
Forschungsergebnisse sind aber nicht immer Organisation).
vorhanden und können nur durch Überzeugun-
gen und Annahmen ersetzt werden. Leiter von Zusätzlich kann die Leitung durch einen ehren-
Jugendorganisationen können durch die unten amtlichen Vorstand, in dem unterschiedliche
beschriebenen Untersuchungen ermutigt werden. Motive für die Teilnahme existieren, eine bestimm-
te Einstellung gegenüber der Organisationsent-
Die Arbeit von Malcolm Patterson und seinen Kol- wicklung bedingen. Während die nachfolgend an-
legen über das Sheffield Effectiveness Programme geführten Prinzipien eine nützliche Richtlinie
zeigt eine starke, positive Beziehung zwischen Ein- darstellen, sind individuelle Bedürfnisse stets
stellung der Mitarbeiter, Organisationskultur, prak- verknüpft mit der Ausprägung des jeweiligen Vor-
tischer Leitung der personellen Ressourcen und stands.
Organisationsleistung. Der Bericht hat starken Ein-
fluss auf strategisches Denken und wird von vielen Organisationsentwicklung muss mittel- und lang-
Organisationen verwendet, um eine „Terminpla- fristige Strategien umfassen, um Folgendes sicher-
nung“ für das Personalmanagement zu erstellen. zustellen:

Die Sheffield-Untersuchungen beruhen auf Daten • Problemlösung innerhalb abgestimmter Zeit-


einer Studie der Jahre zwischen 1991 und 2001, die spannen,
Marktverhältnisse, Organisationseigenheiten und
Managerpraktiken in mehr als 100 Erzeugerfirmen • strukturelle Veränderungen, die notwendig
in Großbritannien untersuchte. Das allgemeine sind, um geänderte oder zusätzliche Methoden
Ziel war es, festzustellen, welche Faktoren prinzipi- zu gewährleisten,
ellen Einfluss auf die Geschäftsleistung haben. Eine
Jugendorganisation kann „Geschäftsleistung“ durch • Optimierung der internen Kommunikation
den Ausdruck „Organisationsleistung“ ersetzen. und über die Organisation hinaus, um mehr
Effektivität zu förden und Unstimmigkeiten zu
Die Forschungsarbeiten verglichen die Fluktua- vermeiden.
tionen bei Gewinn und Produktivität zwischen den
Firmen in diesen Jahren und haben die verschiede- Von den Managementprozessen, die angewendet
nen Veränderungen gemessen. Die Abweichungen werden, um gewünschte Verbesserungen in der
wurden dann in Relation zu den einzelnen Mana- Organisationsleistung zu erreichen, können fol-
gerpraktiken untersucht. Es wurde festgestellt, dass gende für eine Jugendorganisation nützlich sein:
Zufriedenheit mit dem Job, Einsatz für die Organi-
sation, Unterstützung von oben, Autonomie und • Schaffung von Qualitätszirkeln – Ihr Ziel ist es,
Training für einen kleinen Prozentsatz der Produk- alle Elemente der Organisation und deren Auf-
tionsschwankungen verantwortlich waren. Im Ver- gaben auf mögliche Verbesserungen hin zu
gleich rechneten die Forscher 29 % der Produk- untersuchen. Das Wesentliche solcher Grup-
tionsschwankungen der letzten drei bis vier Jahre pen besteht darin, dass sie keine Hierarchie
dem Bereich soziale Beziehungen in der Organisa- oder Autoritäten haben sollten. Geordnete,
tion zu. logische Analyse ist weniger wichtig als Begeis-
terung für Verbesserung.
Wenn die Fallstudie nichts weiter aufzeigt als das
elementare Ergebnis, dass die Entwicklung einer • Eine strukturierte oder halbstrukturierte Befra-
Organisation auf dem menschlichen Faktor auf- gung von beschäftigten Mitarbeitern, Ehren-
bauen sollte, so hat sie ihren Zweck erfüllt. Es mag amtlichen und denjenigen, die Dienstleistun-
eine offensichtliche Tatsache sein, aber es ist kein gen in Anspruch nehmen, kann ebenfalls
Geheimnis, dass der Fokus der Entwicklungspläne wertvoll sein. Fragebögen oder Interviews mit
häufig zum Beispiel auf Technologie oder externen standardisierten Fragen sind dafür geeignete
(politischen) Beziehungen liegt, und zwar auch in Methoden. 4
Organisationen, die sich selbst als auf den mensch-
lichen Faktor konzentriert bezeichnen. • Es sollten Veranstaltungen durchgeführt wer-
den, um sicherzustellen, dass die Entwicklung
Klassische Managementlehrbücher gehen von sta- von Einzelnen und der Gruppe mit den Not-
bilen Beschäftigungsverhältnissen und langfristi- wendigkeiten der Organisation im Einklang
gen Verträgen aus. Zwischen 1980 und 1990 wurde stehen. Diese Fragen sollten in der Planungs-
mehr Augenmerk auf das Management bei kurz- und Einführungsphase vorausgesehen und
fristigen oder ungewissen Verträgen gelegt. Die Ar- gelöst werden: Welche Bedeutung haben or-
beit in diesem Bereich ist der Arbeitssituation mit ganisatorische Notwendigkeiten für die Mitar-
Ehrenamtlichen etwas ähnlicher. Die Probleme, beiter? Welchen Konfliktstoff gibt es zwischen
die sich aus den oft harten Anstellungsbedingun- Notwendigkeiten des Unternehmens und er-
gen, geringem Einkommen und hoher Personal- kannten Entwicklungsbedürfnissen einzelner
fluktuation ergeben, kennen Jugendorganisationen ehrenamtlicher Mitarbeiter?

65
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
• Wie groß ist der Zeitraum zwischen dem Zeit-
4.5 Entscheidungsfindung und punkt der Entscheidung und dem Eintreten von
Wirkungen?
politische Entscheidung • Könnte sich das Problem mit der Zeit selbst lösen?

Verknüpft man das Konzept der Management-


Die Fragen, die bei der Entscheidungsfindung prozesse mit der Entscheidungsfindung empfehlen
und der politischen Entwicklung auftreten, sind sich zwei Hauptbereiche:
zahlreich und komplex. Wenn wir den
Managementprozess im Auge haben, so ist die Or- 1. Zuerst sollte eine Methode oder ein Verfahren
ganisationsstruktur das Wesentliche. In großen geschaffen werden, das Routine oder voraus-
Organisationen besteht das Risiko, dass die Ent- sehbare Entscheidungen behandelt.
scheidungsfindung ein abgekoppelter Prozess ist.
Es existiert immer ein Risiko, dass diejenigen, die 2. Danach sollte die Entscheidung von Fragen er-
damit befasst sind, in einiger Entfernung agieren. örtert werden, die nicht zur Routine gehören.
Entfernung kann sowohl geografische als auch
strukturelle Entfernung bedeuten. Die folgenden Zur Unterscheidung der beiden Bereiche kann
Bemerkungen sollten im Zusammenhang mit Kapi- auch von „programmierten“ oder „nicht program-
tel 3 über Mitarbeiterführung und mit Fragen von mierten“ Entscheidungen gesprochen werden. Ein
Leitung im Allgemeinen gesehen werden. Beratungssystem innerhalb der Struktur und eine
Untersuchung des Feedback auf früher getroffene
Entscheidungen werden nicht in einem Vakuum Entscheidungen ist eine Methode zur Festlegung
gefällt. Normalerweise üben folgende Faktoren von „Standard”-Entscheidungen. Der Kompromiss
starken Einfluss aus: besteht dabei darin, dass der Prozess festgelegt ist,
aber zumindest einige Mitarbeiter werden das
• Vergangene gemeinsame Erfahrungen der Gefühl haben, dass sie nicht genügend in den
Organisation, Entscheidungsfindungsprozess einbezogen wur-
den. Der Entscheidungsfindungsprozess kann
• gegenwärtige Probleme der Organisation, seien auch Empfehlungen von einzelnen Personen, vom
sie eingebildet oder wirklich vorhanden, Team oder von einer Einheit einbeziehen. Einheit
bezeichnet hier zum Beispiel eine örtliche Mit-
• Persönlichkeiten der Entscheidungsträger, gliedsorganisation.

• die Ansicht, dass die Organisation Teil eines Entscheidungsfindung bewegt sich ständig in ei-
Systems, wie beschrieben, ist, sei es starr oder nem Bereich zwischen Sicherheit über Risiko bis
flexibel. hin zur Unsicherheit sowie zwischen hohen und
niedrigen Kontrollebenen des Managements in
Die Auswirkung jeder Entscheidung sollte über- einer Organisation. Bei nicht routinemäßigen
dacht werden und zwar im Hinblick auf: Entscheidungen müssen die betroffenen Manager
dem Risiko der Folgen begegnen, indem sie in
• den Zeitplan der gewünschten Veränderung unterschiedlicher Weise Entscheidungen fällen.
oder der Anwendung eines Aktionsplans, Fraglich ist, ob es ein exaktes Verfahren für drin-
gende Entscheidungen gibt. Manchmal müssen
• die Moral des involvierten Personals, Entscheidungen sofort und an Ort und Stelle
gefällt werden, ohne auf die Struktur zurückzu-
• die betroffenen „Nutznießer“ bei einer Jugend- greifen, und man lernt bei solchen Entscheidungen
organisation. (Ein Nutznießer ist jemand, der nur nachträglich.
an der Organisation interessiert ist, oder inte- Eine solche Herausforderung sollte erkannt wer-
ressiert sein sollte, inklusive beschäftigte den und Teil des Managementtrainings sein. Der
Mitarbeiter, Ehrenamtliche, Leitungsgremium, Prozess, der die Effektivität von Entscheidungs-
Zielgruppen, Gründer, Führungspersonal, findungen optimieren soll, ist aufs Engste ver-
frühere Mitarbeiter und Ehrenamtliche, Liefe- knüpft einerseits mit Konzentration oder Delegie-
ranten etc.) rung von Macht in der Organisation und
4 andererseits mit den Ebenen – abgestimmter oder
Die gängige Vorstellung, eine mächtige Person praktizierter – politischer Entwicklungen.
(normalerweise ein Mann) entscheidet isoliert hin-
ter einem Schreibtisch über das Schicksal einer
ganzen Organisation, ist realitätsfremd. Für eine
Entscheidungsfindung ist die Beantwortung der
folgenden Fragen äußerst wichtig:

• Wie groß ist die Kluft zwischen dem gegenwärti-


gen und dem gewünschten Zustand?
• Welche Priorität gibt es bei der Entscheidung zwi-
schen A und B etc.?
• Ist die Entscheidung leicht zu fällen? Umgekehrt,
kann das Problem leicht gelöst werden?

66
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 21 Entscheidungsfindung T-Kit

Stoner J.A.F und Freman, R.E. und Gilbert, D.R.: Managment 6th ed. London : Pearson Education Ltd. 1995, S. 250

Übungsaufgaben 4.6 Kommunikation


• Bitten Sie die Teilehmenden, Entscheidun-
gen, oder die Art von Entscheidungen, die
und Information
sie treffen, aufzuschreiben, und zu no-
tieren, ob es sich dabei um Routine- Als typisch für Organisationen wird häufig beschrie-
entscheidungen oder ad hoc getroffene ben, dass sie Informationskanäle haben. Automa-
Entscheidungen handelt. tisch mag angenommen werden, dass diese Kom-
• Überprüfen Sie die Auffassung über munikationskanäle wesentlicher Bestandteil der
formale Autorität im Entscheidungsfin- Managementstruktur einer Organisation sind.
dungsprozess. Gibt es in der Organisation
der Kursteilnehmer einen anerkannten Die Definition von Kommunikation umfasst Infor-
Prozess für individuelle oder kollektive mationstransfer. Henry Mintzberg hat die Bedeu-
Entscheidungsfindung ? tung der Kommunikation im Managementprozess
betont. Er schlägt Folgendes vor:
• Bitten Sie die Teilehmenden, die von
ihnen getroffenen Entscheidungen schrift- Interpersonelle Rollen – in denen Manager
lich in einem Satz zu beschreiben, und als Leiter ihrer Organisationsabteilung fungieren.
wenden Sie dann die Entscheidungsfin- Mintzberg bezieht sich auf Studien, die zeigen,
dungspunkte im folgenden Modell an. dass Manager 45 % ihrer Zeit mit Gleichgestellten
verbringen, 45 % mit Menschen außerhalb ihrer 4
Einheiten oder ihrer unmittelbaren Organisation
und 10 % mit ihren Vorgesetzten. Gilt dies auch für
lokale Jugendorganisationen oder eine nationale
oder internationale Organisation?

Informelle Rollen – bei denen der Autor davon


ausgeht, dass Manager von jeder Gruppe oder
Einzelperson, die für seinen/ihren Job relevant
sind, Informationen zu erhalten versuchen. Ein
Manager verteilt auch wichtige Information
als Gegenleistung innerhalb und außerhalb der
Organisation. Kommunikationsmethoden und
-techniken sind ebenfalls eingeschlossen.

67
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Entscheidungsrollen – in denen ein Manager neue Fügen Sie diese Vorstellungen der üblichen Auffas-
Pläne anwendet, Ressourcen zuteilt und die Grund- sung der Führungsprozesse in der Praxis hinzu.
lage der getroffenen Entscheidung anderen inner-
halb und außerhalb der Organisation mitteilt.

Abb. 22 Kommunikationsnetzwerke

Mullins, Laurie, J.: Management and Organisational Behaviour, 5. Auflage London : Pearson Education. 1999,
S. 489-490, ISBN : 0-273-63552-2

68
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 23 T-Kit

4.7 Wissen und Lernen

Kommunikation ist untrennbar mit Wissen und


Information verbunden. In der modernen Unter-
nehmenswelt ist die Beziehung zwischen Wissen,
Macht und Wettbewerbsvorteil Gegenstand von
Analysen und Diskussionen. Da für Jugendorgani-
sationen Wettbewerbsvorteile nicht relevant sind,
werden Kommunikationsfragen hier im Kontext
Lernender Organisationen untersucht. Weil Lernen
in einer jugendorientierten Kultur sehr wichtig ist,
wird das Thema „Lernende Organisation“ bewusst
in diesem Abschnitt und in Abschnitt 4.4 behan-
delt.Vorgehen und Analyse hängen allerdings mit
anderen im vorhergehenden und in diesem Ab-
schnitt beschriebenen Prozessen zusammen.

Die Lernende Organisation


Bei Unternehmen gibt es ein relativ neues Interesse
an optimalen Methoden für Informationsver-
teilung und Wissen innerhalb der Organisation.
Shell war einer der ersten Befürworter dieser Prin-
zipien. Die Consulting-Gruppe David Skyrme Asso-
ciates mit Sitz in Großbritannien versucht eine
Es gibt viele Kommunikationsmodelle innerhalb Definition als Hilfestellung für Manager vorzu-
des Managementprozesses. Einige drehen sich um schlagen:
die Idee von Sender oder Quelle, Kodierung, Wei-
terleitung über einen Kanal, Dekodierung und „Lernende Organisationen verfügen über Systeme,
Empfänger. Analog zu Funksignalen spricht das Mechanismen und Prozesse, die sie zur ständigen
Modell dann von Rückmeldung an den Sender, der Stärkung der Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter und
dann wiederum zum Empfänger wird. Mitarbeiterinnen verwenden. Sie werden außer-
dem eingesetzt, um nachhaltige Ziele der Organi-
Entsprechend dem Bild von Funksignalen verwen- sationen und der Gemeinschaften, denen sie ange-
den manche Autoren den Begriff Lärm, um gewisse hören, zu erreichen“.
Verzerrungen der Mitteilungen zwischen Emp-
fänger und Sender zu beschreiben. Das Wort Lärm Ziele, für die Lernen vorangetrieben werden soll,
kann eine beschönigende Umschreibung für die sollen auch auf das gesamte Umfeld der Organisa-
Wahrnehmung bei Empfänger und Sender sein. tion ausgeweitet werden.
Kodierungs- und Dekodierungsphasen können von
Hierarchien, Gerüchten, inkonsequenter Politik Während die Autoren das Wort Gemeinschaft
oder noch wesentlicher durch das Fehlen eines an- hier zwar nicht wie ein Jugendleiter definieren,
erkannten Managementprozesses für die Weiter- ist jedoch die Tatsache, dass es überhaupt ver-
gabe von Information beeinflusst werden oder auch wendet wird, eine zusätzliche Akzentuierung für
durch Unordnung im oben abgebildeten Kreislauf. jene, die sich mit der Förderung junger Menschen
befassen.
Die folgende Darstellung beschreibt zwei Kommu-
nikationsnetzwerke und bewertet sie im Zusam- Die Autoren stellen folgende wichtige Punkte he-
menhang mit einfachen und komplexen Aufgaben. raus:
Rad oder Stern sind das zentrale Netzwerk und
werden für einfache Aufgaben und Probleme Lernende Organisationen 4
vorgeschlagen. Der Kreis ist völlig dezentralisiert, • passen sich an die äußere Umgebung an,
soll wenig Kontrolle und geringe Führungsvoraus- • stärken kontinuierlich ihre Fähigkeit, sich zu ver-
sagbarkeit haben. Es wird angenommen, dass der ändern und anzupassen,
Kreis für Veränderungen und komplexe Problem- • entwickeln kollektives und individuelles Lernen,
lösungen besser geeignet ist. Das „Alle-Kanäle”- • verwenden die Ergebnisse des Lernens um bes-
Netz ist ebenfalls dezentralisiert und schließt sere Ergebnisse zu erzielen.
umfassende Diskussion und Teilnahme ein. Unter
Druck wird es zum Radtyp. Arie de Geus (in Senge 1990) beschreibt Lernen als
Das Y oder Kettennetzwerk mag für einfache Pro- den einzigen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
blemlösungen mit geringer Gruppeninteraktion Wie kann diese Behauptung auf die Kultur von
geeignet sein. Untersuchungsergebnisse zeigen ge- Jugendorganisationen angewendet werden? Sollte
ringe bis mittelmäßige Zufriedenheitsgrade inner- ein Managementprozess entwickelt werden, der
halb einer Gruppe. ständigen Wissensaustausch garantiert, und wenn

69
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
ja, warum? Kann man davon ausgehen, dass Wis- • Leistungsmanagement – Schaffen Sie passende
sensaustausch und die Weitergabe von Fähigkeiten Indikatoren für die Leistungsmessung, also
immer in einer kooperativen Atmosphäre vonstat- solche, die innerhalb der Jugendorganisation
ten gehen? Kann die Kompetenz von Einzelnen und ein ausgewogenes und faires System bilden.
Teams innerhalb einer Organisation durch solchen Ein Messsystem muss positiv sein und weitere
Wissenstransfer und -austausch gestärkt werden? Lernanstrengungen fördern.

Peter Senge (1990) definiert die „Lernende Organi- • Belohnungs- und Anerkennungssysteme –
sation“ als „eine Organisation, die ihre zukunfts- Führen Sie Verfahren und Systeme ein, die das
gestaltende Kapazität ständig erweitert. Für eine Erlernen neuer Fähigkeiten anerkennen und
solche Organisation reicht es nicht aus, nur zu sowohl Teamarbeit als auch den individuellen
überleben. Überlebenstraining – oder besser Einsatz stärken. Stellen Sie sicher, dass der Er-
Anpassungslernen genannt – ist wichtig, ja es ist folg bekannt gemacht wird, um weitere Ent-
notwendig. Aber für eine Lernende Organisation wicklungen zu fördern.
muss Anpassungslernen mit generativem Lernen
kombiniert werden, das heißt mit Lernen, das un- Hilfsmittel und Techniken – Jugendorganisationen
sere kreative Kapazität stärkt”. werden zwar mit vielen der folgenden Punkte ver-
traut sein, sie sollten aber hier im Zusammenhang
Gemäß der Intention dieses Abschnitts über Pro- mit Lernförderung gesehen werden:
zess und System werden folgende Management-
prozesse und damit verwandte Prozesse oder Me- • Befragungen durchführen – Interviews, Informa-
thoden vorgeschlagen. Die Prinzipien wurden bei tionssuche
David Skyrme entlehnt und für Jugendorganisatio- • Kreativität einsetzen – Brainstorming, verwandte
nen adaptiert. Skyrme betont die Rolle der Kultur Ideen
in der Organisation. Eine Kultur, die Zusammenar- • Situationen sinnvoll nutzen – Organisation von
beit und Austausch fördert, liegt diesen Vorschlä- Information und Gedanken
gen zugrunde. Da die vorigen Abschnitte interne • Auswahl treffen – Handlungsentscheidungen
und externe Kultur sowie die damit verbundenen • Ergebnisse beobachten – aufzeichnen, beobachten
Probleme behandelt haben, gibt es hier keine wei- • Wissen neu ordnen – neues Wissen in gedank-
tere Erörterung dazu. liche Modelle einbetten, aufzeichen

• Strategische Planung – Planungsansätze dür- Kollektives Lernen erfordert Fähigkeiten, um Infor-


fen neu oder unkonventionell sein. Jugendor- mationen und Wissen austauschen zu können,
ganisationen können hier sehr gut verschie- dazu gehören:
dene Denkweisen probieren. Zeit und andere
Ressourcen sollten entsprechend vorgesehen • kommunizieren, vor allem über die Organisations-
werden, um Experimente mit verschiedenen grenzen hinaus,
Kommunikationsmethoden und anschließend • zuhören und beobachten,
Effektivitätsanalysen durchzuführen. • Mentoring und unterstützen von Kollegen,
• eine ganzheitliche Perspektive einnehmen –
• Analyse der internen und externen Umgebung Team und Organisation müssen in der Gesamt-
– Als Bestandteil eines ständigen Kontroll- heit betrachtet werden,
prozesses sollten alle Schlüsselfaktoren unter- • Herausforderungen und Unsicherheiten an-
sucht werden, auch Elemente, die auf den nehmen.
ersten Blick für eine Jugendorganisation nicht
primäre Relevanz haben wie zum Beispiel
Technologie und politische Faktoren.

• Information und Wissensmanagement – Ver-


wenden Sie Techniken wie Betriebsprüfung,
Rechnungsprüfung, Kostennutzen-Analyse und
betrachten Sie Information als Ressourcen an
(IRM oder Information Resource Management).
4 Information kann aus internen Quellen oder
von anderen Managern stammen, konventio-
nellen, schriftlichen Ursprungs sein oder in
elektronischer Form aus dem Internet kommen.
Übungsaufgabe
• Entwicklung des Teams und der Organisation –
Unterstützer oder Organisationsberater können • Ein Teilnehmender schlägt ein Problem
eingesetzt werden, um den Gruppen bei der vor. Lösen Sie es mithilfe von sechs der
Arbeits-, Job- und Organisationserstellung und vorgeschlagenen Techniken, von „Befra-
bei der Teamentwicklung zu helfen. Die Ziele gungen durchführen“ bis „Wissen neu
umfassen Wertestärkung, Entwicklungsvision, ordnen“.
Zusammenhalt und die Schaffung eines Klimas
für erweiterte Ziele, Gemeinsamkeit und Unter-
stützung.

70
Management von
Jugendorganisationen
der darauf verpflichtet –, die für ihre Aufgabenstel- T-Kit
lung unbedingt notwendig sind, und auf die das
Handlungsumfeld positiv reagiert”.
4.8 Strategische Planung
In den vorhergehenden Kapiteln wurde bereits
erklärt, wie Managementpraktiken aus dem Bereich
Die Entscheidung, einen strategischen Plan zu ent- von Unternehmen auch in Jugendorganisationen
wickeln, wirkt sich entscheidend auf den Einfluss angewendet werden können. Ebenso haben Metho-
aus, den eine Organisation auf die Gesellschaft den der Jugendorganisationen Relevanz für den
nimmt. Von dieser Entscheidung werden andere Unternehmensbereich. Wie schon erwähnt können
Planungsarten beeinflusst, und diese wiederum die Werte der Jugendorganisationen als Haupt-
sollten einen Effekt auf die praktische Arbeit der unterscheidungsmerkmal zu gewinnorientierten
Organisation haben. Organisationen bezeichnet werden. Wenn wir ein
Managementinstrument aus dem Unternehmens-
bereich „ausborgen“, müssen die Werte einer
4.8.1 Warum Planen wichtig ist Organisation bei jeder Entscheidung berücksich-
tigt werden. Der kritische Punkt ist die Anwen-
Es herrscht zumindest eine gewisse Einigkeit dung von kommerziellen Geschäftspraktiken im
darüber, dass Jugendorganisationen in der Gesell- ehrenamtlichen Bereich, wo sicher gestellt werden
schaft zunehmend eine wichtige Rolle spielen. Es ist muss, dass die Mittel nicht Werte und Prinzipien
aber auch wichtig zu registrieren, dass die Dinge der Organisation unterminieren. In anderen Ab-
damit nicht einfacher werden – ganz im Gegenteil, schnitten dieses T-Kit befassen wir uns mit Werten.
denn das Umfeld, in dem Jugendorganisationen Hier ein Vorschlag für eine zusätzliche Definition:
agieren, ist nicht stabil, sondern befindet sich in Werte sind Normen oder Prinzipien, Ideen über
ständiger Weiterentwicklung. den Wert oder die Wichtigkeit von etwas oder von
bestimmten Qualitäten, vor allem, wenn sie von
Es gibt auch andere „interne“ Aspekte, die hier er- einer Gruppe geteilt werden.
wähnt werden sollten:
Jede Organisation, unabhängig vom Typ, hat ihre
• Die Anzahl und/oder der Hintergrund der Mit- eigenen Wertvorstellungen. Im Bereich der Non-
glieder ändert sich ständig. Profit-Organisationen sind sie möglicherweise an-
• Ressourcen fehlen. ders – oder haben zumindest ein anderes Profil als
• Die Praxis der Personalführung und -entwicklung jene im kommerziellen Bereich. Zumindest in der
ist schwach entwickelt. Theorie vermitteln Jugendorganisationen Werte,
• Es fehlen Leitlinien in den Aktivitäten oder dem die die gesamte Organisation durchdringen, ein-
Programm der Organisation. schließlich Beschaffung der finanziellen Mittel,
Kommunikation und Einstellung von beschäf-
Einige der genannten Feststellungen sind gemein- tigten und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Die Werte
same Probleme aller Jugendorganisationen in Europa einer Jugendorganisation werden üblicherweise
und zeugen sehr deutlich von Planungsbedarf. von den Gründern festgelegt und dann von an-
deren oder den Folgemitgliedern ausgeformt und
Die steigende Bedeutung von Jugendorganisatio- geteilt.
nen erfordert besser geführte Organisationen, die
auf die Herausforderungen der Gesellschaft reagie- Die folgenden Anmerkungen fassen die verschie-
ren können. Ein sich ständig änderndes Umfeld denen Schritte des strategischen Planens zusammen.
verlangt Organisationen, die sich selbst auch än- Bevor geplant wird, muss sich eine Organisation
dern und anpassen können, um ihren Einfluss Zeit nehmen, um ihre Bereitschaft zu analysieren.
aufrecht zu erhalten und weiterhin Dienstleistun- Stellen Sie etwa folgende Überlegungen an:
gen anbieten zu können.
• Strategisches Planen braucht Zeit. Haben wir
Zeit? Wollen wir diese Zeit dafür verwenden?
4.8.2 Was ist strategische Planung ?
• Für strategisches Planen sind Ressourcen not-
Strategische Planung wird unterschiedlich defi- wendig. Sind Ressourcen verfügbar? Wollen wir 4
niert. Michael Allison und Jude Kaye geben in sie für das Planen verwenden?
ihrem Buch „Strategic planning for Non profit
organisations“ (1997) zwei grundlegende Definitio- • Für strategisches Planen ist Einsatz notwendig.
nen an: Denken wir wirklich an alle, wenn wir diesen
Prozess in Angriff nehmen: an Ehrenamtliche,
„Strategische Planung ist ein Managementmittel Leitungsgremium, beschäftigte Mitarbeiter, Ziel-
und wird wie jedes Managementmittel verwendet, gruppen ...?
um die Organisation dabei zu unterstützen, besser
zu arbeiten”. Es folgt eine etwas ausführlichere • Strategisches Planen erfordert Koordination.
Definition, die auch einige Schlüsselaspekte dieser Haben wir die richtigen Leute dafür?
Art der Planung umfasst: „Strategisches Planen ist
ein systematischer Prozess, in dem eine Organisa- • Widerstand: Ist jeder für strategisches Planen?
tion sich auf Prioritäten einigt – und ihre Mitglie- Wie bringen wir alle in dasselbe Boot?

71
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
5. Festschreiben des strategischen Plans

6. Anwenden des Plans


Übungsaufgaben • Definieren, schreiben und führen Sie Arbeits-
pläne ein.
• Die Teilnehmenden schreiben ihre Mei-
nung zu den fünf gerade genannten
7. Evaluieren
Aspekten, und dazu, ob ihre Organisa-
tion für strategisches Planen bereit ist,
auf ein Blatt Papier. Diese Untersuchung
Schritt 1.
kann in einem Dokument zusammen-
Grundlagen schaffen für strategisches Planen
gefasst werden, dass in der Hauptver-
Auch wenn von einer Bereitschaft für strategisches
sammlung oder einem ähnlichen Ent-
Planen ausgegangen werden kann, gibt es noch
scheidungsgremium besprochen wird.
immer wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden
• Wenn ihre Organisationen noch nicht be- müssen:
reit für strategisches Planen sind, sollten
die Teilnehmer die zugrunde liegenden Wer ist beteiligt?
Probleme genauer untersuchen, damit Auf diese Frage kann es, je nach Größe der Organi-
sie gelöst werden und strategisches Pla- sation, verschiedene Antworten geben. In kleinen
nen zukünftig entwickelt werden kann. Organisationen könnte es von Interesse sein, wenn
alle Mitarbeiter und die Mitglieder des Leitungs-
gremiums beteiligt sind, sowie vielleicht auch eine
Vertretung der Nutznießer. In großen Organisatio-
nen ist dies nicht möglich, hier ist die Lösung eine
Steuerungsgruppe, in dem natürlich alle Nutz-
nießer der Organisation vertreten sein müssen. In
4.8.3 Schritte für strategisches jedem Fall ist es wichtig, dass die Planungsgruppe
Planen verschiedene Personen, vor allem den Geschäfts-
führer und die Mitglieder des Leitungsgremiums,
Strategisches Planen ist ein ständiger Prozess, der umfasst.
unter anderem Informationsbeschaffung, Diskus-
sionen und Besprechungen, Entscheidungsfindung Wie soll die Planung durchgeführt werden?
etc. umfasst, damit aus einem schriftlichen Doku- Die hier vorliegende Beschreibung des strategi-
ment ein strategischer Plan wird. Der Prozess ist schen Planens ist eine von vielen. Verschiedene
damit aber nicht zu Ende; sobald der Plan nieder- Autoren haben unterschiedliche Ansätze. Einige
geschrieben ist, muss er in die Praxis umgesetzt gehen mehr ins Detail und untersuchen mehr
und systematisch überarbeitet werden. Die Pla- Schritte als andere, oder sie teilen sie unterschied-
nungsperiode kann unterschiedlich lang sein; ein lich ein. Diese Beweglichkeit ist wichtig, damit das
guter Durchschnitt wäre ein Dreijahresplan. Natür- Mittel „Strategische Planung“ nicht starr angewen-
lich ist regelmäßige Evaluation in allen Phasen det wird. Es sollte, ganz im Gegenteil, flexibel
wichtig und die Ergebnisse dieser Evaluationen gehandhabt werden, damit es an unterschiedliche
müssen in den Prozess einfließen. Organisationen angepasst werden kann. Zu diesem
Zeitpunkt sollte ein Gesamtüberblick gewonnen
Sieben wesentliche Schritte für den strategischen und entschieden werden, welche Schritte angepasst
Planungsprozess werden hier vorgeschlagen. Es werden müssen, um in die Gegebenheiten einer
folgen Informationen, um die Gruppen bei der Aus- Organisation zu passen.
führung der einzelnen Schritte zu unterstützen.
Was benötigen wir?
1. Grundlagen schaffen für strategisches Planen Zum strategischen Planen braucht man Zeit und
• Wer ist beteiligt? Ressourcen. Dies sollte eine Organisation nicht
• Wie soll die Planung durchgeführt werden? davon abhalten, dennoch das Notwendige zu tun,
• Was benötigen wir? um einen Plan zu erstellen. Der Einsatz der be-
schäftigten und ehrenamtlichen Mitarbeiter für
4 2. Vision und Leitbild: diese neue Aufgabe muss ebenso eingeplant wer-
Entwickeln oder Überarbeiten den, wie Geld für Veranstaltungen, Information etc.
• Einigen Sie sich auf eine Vision für die Orga- Die Aufteilung der Verantwortlichkeitsbereiche
nisation. unter den Beteiligten ist ebenfalls wichtig.
• Schreiben (oder überarbeiten) Sie ein Leitbild.
Schließlich kann es für Organisationen unter Um-
3. Beurteilen des Umfelds ständen nützlich sein, einen externen Berater ein-
• Untersuchen Sie Stärken und Schwächen. zubinden, der den Prozess erleichtern kann.
• Untersuchen Sie Chancen und Risiken.

4. Erstellen von strategisch wichtigen Punkten Schritt 2.


• Bestimmen Sie Prioritäten. Vision und Leitbild: Entwickeln oder Überarbeiten
• Ziele und Absichten schriftlich festhalten. Jetzt kommt die Zeit des Träumens. Wenn wir pla-
• Bereiten Sie ein Budget vor. nen, wissen wir, wohin wir wollen, und damit hat

72
Management von
Jugendorganisationen
unser Planen eine Richtung. Um zu definieren, kritisches Bewusstsein für die Welt von heute zu T-Kit
wohin wir wollen, müssen wir die Vision der Orga- entwickeln. Sie ist bestrebt, Kinder und junge Men-
nisation nutzen. Sie kann eine gemeinsame Vision schen nach den Grundprinzipien von Toleranz,
vom Erfolg sein, und dann ist es das Streben nach Gleichheit und Freundschaft zu erziehen.
diesem Erfolg, der Menschen inspiriert und moti-
viert miteinander zu arbeiten. TEJO – World Organisation of Young Esperantist
Ziel dieser Organisation ist es, das Verständnis zwi-
Es gibt zwei Arten von Visionen: schen jungen Menschen mit verschiedenen
Nationalitäten und Sprachen zu verbessern, indem
• Eine Vision betrifft die Organisation „intern“. sie die Verwendung der internationalen Sprache
Dabei stellen wir uns vor, wie wir die Organisation Esperanto fördert.
haben wollen.
• Eine „externe“ Vision konzentriert sich darauf, wie YDC – Youth for Development and Co-operation
die Welt aussehen wird, wenn unsere Organisa- Die Organisation will Jugendstrukturen, die die Zu-
tion ihre Ziele erreicht. sammenarbeit zwischen jungen Menschen festigen,
stärken. Sie ermutigt junge Leute, ihre gegenwärti-
Die Vision der Organisation soll die Gruppe he- gen und zukünftigen Lebensbedingungen aktiv
rausfordern und inspirieren, gemeinsam zu arbei- mitzugestalten, und eine Entwicklung zu errei-
ten und ihre Fähigkeiten maximal einzusetzen, um chen, die nachhaltig für die Umwelt, wirtschaftlich
den Zweck der Organisation zu erreichen. annehmbar und sozial gerecht ist.

Dieser Zweck wird manchmal Leitbild (Aufgabe) YEE – Youth and Environment in Europe
genannt und kann auch als „Grund für das Beste- Das Ziel von YEE ist es, Lebensstile zu fördern, die
hen der Organisation ” bezeichnet werden. (Allison sich in Harmonie mit der Natur befinden, die
and Kaye, 1997) Wir können auch sagen, dass das angemessene Verwendung von Ressourcen in der
Leitbild oder die Aufgabe die Rolle der Organisa- Welt zu schützen und zu fördern, jeden in den
tion im Hinblick auf die Vision ist. Entscheidungsprozess einzubinden und Erzie-
hung zu vermitteln, die auf diesen Vorstellungen
Offensichtlich gibt es Organisationen, die bereits beruht.
ein klares Leitbild, eine klare Aufgabenbeschrei-
bung haben. Wenn das so ist, sollten sie jetzt über- Wenn eine Aufgabe oder ein Leitbild schriftlich for-
arbeitet werden. muliert ist, so hat jeder, der an diesem Prozess be-
teiligt war, wahrscheinlich ein größeres Gefühl der
Ein Leitbild schriftlich zu formulieren, ist eine He- Teilhabe und wird stärkeren Einsatz für die Orga-
rausforderung und erfordert wahrscheinlich eine nisation zeigen. Es ist wichtig, dass dies veröffent-
gewisse Zeit. Über seine Wichtigkeit sollte jedoch licht wird und auf irgendeine Weise auch in die
nachgedacht werden, und zwar nicht nur, weil es Satzung oder die Statuten der Organisation auf-
ein wesentliches Element des strategischen Pla- genommen wird.
nens ist.
Der Prozess, das Leitbild einer Organisation zu
entwickeln oder zu überarbeiten, kann dazu bei- Schritt 3.
tragen, ihre Mitglieder in Diskussionen und Zu- Beurteilen des Umfelds
stimmung zum Grund ihrer Arbeit einzubeziehen. Die Organisation existiert in einem Umfeld, das als
sich ständig wandelnd beschrieben wurde. Dieses
Über den Inhalt eines Leitbilds gibt es natürlich Umfeld hat Einfluss auf die Leistung der Organisa-
unterschiedliche Meinungen. Verschiedene Auto- tion, die Organisation übernimmt Dinge aus dem
ren betonen verschiedene Aspekte. Zusammenfas- Umfeld und wird ständig von anderen Faktoren be-
send gesagt, sollte das Leitbild einer Organisation einflusst.
(manchmal auch „Erklärung des Zwecks“ genannt)
Antwort auf folgende Fragen geben: Strategisches Planen benötigt ein System, das die
Organisation zwingt, auf diese Veränderungen zu
• Was will die Organisation erreichen? reagieren. Dies erfordert wiederum eine Analyse
• Worin unterscheiden wir uns von anderen Orga- der äußeren Umwelt wie Politik, wirtschaftliche
nisationen? Trends, demografische, rechtliche Fragen, Fragen 4
• Was machen wir? Für wen machen wir es? Wie der Gemeinschaft, Wettbewerb mit anderen Orga-
machen wir es? nisationen, Veränderung von Werten und Bedürf-
• Welche Wertvorstellungen prägen die Organisa- nissen der Mitglieder oder Nutznießer.
tion? Welche Besonderheiten kennzeichnen sie?
Gleichzeitig ist es wichtig, die interne Situation der
Ein Leitbild sollte präzise, klar und attraktiv sein. Organisation zu verstehen, damit die Notwen-
Hier einige Beispiele verschiedener Jugendorgani- digkeit von Veränderungen optimal eingeschätzt
sation: werden kann. Wenn wir das interne Umfeld be-
werten, sollten wir die Organisation mit allen ihren
IFM-SEI – International Falcon Movement - Aktivitäten beleuchten. Je nach Organisationstyp
Socialist Educational International können dies sein: Finanzen, Management, Mitglie-
Die Bewegung versucht, durch ihre Mitgliedsor- derschaft, Marketing, Dienstleistungen, Programm
ganisationen bei Kindern und Jugendlichen ein und Aktivitäten.

73
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Ein wichtiges Mittel, das diesen Prozess unterstützt, • Stand der Ressourcen und finanziellen Mittel
ist die SWOT-Analyse, die Stärken-Schwächen-Ana- • Reputation und Akzeptanz im Servicebereich
lyse (Strengths-Weakness) und Chancen-Risiken- • Zielgruppen, die bedient werden
Analyse (Opportunities-Threats) umfasst: • Quantität der Programme
• Qualität der Programme
• Stärken: Was können wir gut? • Führungseffizienz
• Schwächen: Worin können wir uns verbessern? • Quantität und Qualität der Dienstleistungen
• Chancen: Welche Veränderungen in unserem
Umfeld ermöglichen es uns, unser Leitbild besser
zu erreichen? Schritt 5.
• Risiken: Vor welchen Veränderungen im Umfeld Festlegen der Ziele und Absichten
müssen wir uns schützen oder uns in unserer Diskussionen über Ziele und Absichten werden
Arbeit vorbereiten? während der gesamten strategischen Planung ge-
führt. In dieser Phase ist das Finale des Prozesses
(Aus: Allison and Kaye, 1997) allerdings schon in Sichtweite.

Die SWOT-Analyse sollte uns einerseits helfen, fest- Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Entschei-
zustellen, welche Stärken in der Organisation es dungen gefallen und ein Gesamtbild der Richtung,
uns erlauben, Chancen zu nutzen und andererseits, in die die Organisation geht, sollte klar sein. Es ist
welche unserer Schwachstellen beseitigt oder ver- jetzt an der Zeit, sich über konkrete Maßnahmen
bessert werden müssen, um keinen Risiken ausge- zu einigen, um die abgestimmten Ziele zu erreichen.
setzt zu sein. Die SWOT-Analyse kann auf der ge-
samten Organisationsebene oder auch für spezielle Eine Analyse nach der SMART-Formel (vergleiche
Programme oder Abteilungen durchgeführt werden. auch Abschnitt 3.3.3) kann in diesem Zusammen-
hang wertvoll sein.

Schritt 4. • Specific/spezifisch: Es sollte in schriftlicher Form,


Erstellen von strategisch wichtigen Punkten präzise und klar umrissen festgehalten werden,
Nachdem alle Informationen in den früheren Pha- wann, wie und wo sich die Situation verändert.
sen zusammengetragen wurden, muss jetzt eine • Measurable/messbar: Ergebnisse oder der Prozess
Auswahl getroffen und Prioritäten gesetzt werden. müssen gemessen werden können.
An diesem Punkt kann es notwendig sein, zu einer • Achievable/machbar: Es muss zwar eine Heraus-
früheren Phase zurückzukehren und weitere forderung geben, um Menschen zu motivieren,
Untersuchungen anzustellen. Diese Phase kann die Ziele müssen aber erreichbar sein, um Frustra-
deshalb manchmal frustrierend sein, die Ergeb- tionen zu vermeiden.
nisse sind aber äußerst lohnend. • Relevant and realistic/relevant und realistisch:
Die Prioritäten der Organisation müssen im Mittel-
Bryson beschreibt die strategisch wichtigen Punkte punkt stehen.
als „fundamentale politische Fragen, die einen Ein- • Time-bound/termingerecht: Ein Zeitplan, in dessen
fluss auf den Auftrag der Organisation, ihr Leitbild Rahmen das Ziel erreicht sein wird, muss einge-
und ihre Werte, Produktionsniveau oder eine Mi- bunden werden.
schung davon, auf Klienten, Benutzer und zahlende
Stellen, Kosten, Finanzmanagement oder Struktur Zu diesem Zeitpunkt sollte eine gewisse Verbind-
der Organisation haben”. Bei dieser Prioritäten- lichkeit erreicht sein. Ressourcen müssen nun zu-
setzung von Leitbild und Vision bekommt unser geteilt werden. Die Zuteilung von Ressourcen ist
strategischer Plan bereits seine Gestalt. im Budget definiert, ein Dokument, das politische
Entscheidungen, wie zum Beispiel die Wahl inner-
Wir sollten diese Phase des Prozesses keinesfalls halb begrenzter Ressourcen reflektiert, und das
verkürzen. Die Ergebnisse der SWOT-Analyse kön- definiert, was die Organisation tun soll. Budgets
nen hier hilfreich sein und wir sollten untersu- werden normalerweise vom Leitungsgremium er-
chen, in welcher Beziehung die strategisch wichti- stellt und von einem höheren Entscheidungs-
gen Punkte zu Stärken und Schwächen, Chancen gremium der Organisation genehmigt (Hauptver-
und Risiken stehen. sammlung, Kongress etc.). Auch hier gilt wiederum,
4 dass das Gefühl von Zugehörigkeit umso größer
Der letzte Schritt soll die verfügbaren Optionen ist, je mehr die „Stakeholder“ (Nutznießer) einbezo-
einschränken, um die Primärziele der Organisation gen werden.
zu realisieren. Auch hier entwickeln unterschied-
liche Autoren wiederum unterschiedliche Vorstel-
lungen von den Hauptaspekten, die berücksichtigt Schritt 6.
werden müssen. Festlegung des strategischen Plans
Wenn ein Leser, der sich mit strategischer Planung
Henry Migliore et. al. erstellen in ihrem Buch in seiner Organisation befassen will, sofort auf die-
„Strategic planning for Not-for-Profit organisations“ ses Kapitel stößt, wird sie/er feststellen, dass es
(1994) folgende Liste: keinen Absatz gibt, der Hilfestellung bietet. Festle-
gung des strategischen Plans heißt lediglich, die
• Bestand an beschäftigten und ehrenamtlichen Resultate der vorhergehenden Schritte schriftlich
Mitarbeitern festzuhalten.

74
Management von
Jugendorganisationen
Es ist möglicherweise sinnvoll, wenn nur eine Per- einem andauernden Prozess der Organisationsent- T-Kit
son für das Aufschreiben verantwortlich ist. Natür- wicklung.
lich können auch die anderen in diesen Prozess
involviert werden. Zu diesem Zeitpunkt wurden Die Evaluierung muss in verschiedenen Phasen
die wesentlichen Entscheidungen allerdings bereits ausgeführt werden:
getroffen. Es sollten also nicht mehr viele Änderun-
gen nötig sein, denn sonst besteht die Gefahr, dass • während der Erstellung des strategischen Plans,
endlos weiter konzeptioniert wird. • während der Umsetzung des Plans.

Da es sich um ein Dokument handelt, das von vie- Wir haben die strategische Planung als Prozess
len verschiedenen „Stakeholdern“ (Nutznießer) ver- definiert; also wird eine ständige oder häufige
wendet wird, muss es benutzerfreundlich sein, um Evaluierung nicht nur zum Plan selbst beitragen,
seine Ideen klar erkennbar zu machen. Ist das sondern auch die Effizienz des Prozesses steigern.
Dokument abgeschlossen, sollte es vom Leitungs- In diesem Sinn gibt es eigentlich keine endgültige
gremium formal genehmigt und möglichst in der oder zusammenfassende Evaluierung.
gesamten Organisation verbreitet werden.

Es gibt keine Norm, aber angesichts der bisher be-


schriebenen Schritte sollte die Struktur des Doku-
ments aus folgenden Kapiteln bestehen: 4.9 Finanzmanagement
• Einführung
• Leitbild und Vision
• Geschichte und Profil der Organisation Das Finanzwesen kann Bestandteil des Manage-
• Strategisch wichtige Fragen und Kernstrategien mentprozesses sein, wohl verstanden und mit ak-
• Ziele und Absichten zeptierten Methoden über Jahre betrieben werden.
Auch in diesem Umfeld müssen Finanzen nicht
(Aus: Allison and Kaye, 1997) generell als bedeutsamer Punkt gelten. „Bedeut-
sam“ kann in diesem Fall verschieden interpretiert
Es mag sein, dass einige dieser Kapitel sowohl für werden, aber welche Definition auch immer ge-
jede einzelne Abteilung als auch für die gesamte wählt wird, Verständnis und Engagement sollten
Organisation in schriftlicher Form festgehalten wer- vorhanden sein.
den sollten.
Verständnis kann durch die folgenden Informatio-
nen verbessert werden, die aber die Einsatzfragen
Schritt 7. nicht lösen werden. Über den Begriff des Eigen-
Anwenden des Plans tums wurde viel geschrieben und diskutiert. Er be-
Jetzt sollten die Dinge in Bewegung gesetzt wer- trifft nicht weniger als alle Aspekte der Finanzen.
den. Unser strategischer Plan gibt uns Richtung, Da viele Manager keine spezifische Ausbildung im
Zeitplan und Inhalt vor. Um den Plan nun um- Bereich Finanzen haben, besteht eine Tendenz, alle
zusetzen, müssen Aufgaben oder operative Pläne relevanten Fragen „Experten” zu überlassen. Für
für jeden strategisch wichtigen Punkt entwickelt Jugendorganisationen wie profitorientierte Organi-
werden. Hier wird Tätigkeit großgeschrieben: für sationen besteht die Verpflichtung, Informationen
Personaleinstellung muss entschieden werden, wie über Finanzen denen, die von den finanziellen Ent-
der Posten ausgeschrieben wird, wie die Arbeits- scheidungen betroffen sind, zugänglich zu machen.
beschreibung aussieht, wie viele Interviews mit Der Managementprozess sollte zumindest für
Kandidaten geführt werden, welche Mittel für den einen Manager die Möglichkeit, einen Haushalts-
Einstellungsprozess benötigt werden etc. entwurf einzubringen, vorsehen.
Als Hilfestellung bei Diskussionen über die Ebenen
Operative Pläne sind detaillierter als strategische des Engagements, folgen Kurzbeschreibungen
Pläne, sie stellen aber sicher, dass jeder strategisch zum Finanzstatus.
wichtige Punkt koordiniert und effektiv abgehan-
delt wird. Es ist wichtig, dass operative Pläne dem Informationen über die Finanzen werden je nach
Stil des strategischen Plans entsprechen. Die Perso- Bedarf der betroffenen Organisation in unter- 4
nen, die den operativen Plan anwenden, müssen schiedlicher Form präsentiert. Man kann sich auf
sich in ihren Handlungen mit dem Leitbild der Finanzberechnungen oder Managementberech-
Organisation, wie es im strategischen Plan be- nungen berufen.
schrieben ist, verbunden fühlen. Diese Begriffe unterscheiden Berechnungen für
juristische und statutenbedingte Zwecke einer-
seits, von Berechnungen, die lediglich eine Ent-
Schritt 8. scheidungshilfe für den Manager sind, anderer-
Evaluieren seits. Finanzberechnungen können Bilanzen sowie
Im strategischen Plan ist die Evaluierung lediglich ein Gewinn- und Verlustrechnungen beinhalten, wäh-
weiterer Schritt, der nicht nur den Prozess vervoll- rend zu Managementberechnungen Haushalt und
ständigt, sondern auch neue Informationen in den Liquiditäts-Angaben gehören. Für jedes Manage-
Plan einbringt und so zu seiner weiteren Verfei- menttrainingsprogramm im Bereich Finanzman-
nerung führt. Strategische Planung wird damit zu agement werden folgende Themen empfohlen:

75
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
• Budget dungsfindung werden in diesem Fall mit Finanzter-
• Bilanzen mini beschrieben.
• Kosten- und Finanzierungsplan
• Liquiditäts-Angaben
4.9.2 Bilanz
4.9.1 Haushalt Eine Bilanz zeigt den Wert einer Organisation zu
einem bestimmten Datum an. Eine gern verwen-
Beim Haushalt handelt es sich um eine finanzielle dete Analogie ist eine Uhr, die zu einem bestimm-
Aussage, um entweder die Zuteilung von Kosten ten Zeitpunkt angehalten wird. Eine Bilanz wird
und Einnahmen vorauszusagen, oder um eine üblicherweise jährlich erstellt. Sie liefert Informa-
quantitative Bewertung der Geldmittel für ver- tionen über die Aktiva einer Organisation. Aktiva
schiedene Aktivitäten in einem bestimmten Zeit- sind Eigentum und Ausstattung sowie Geld, das
raum durchzuführen. Wie Kosten und Finan- der Organisation geschuldet wird und das sie auf
zierungsplan kann der Haushalt für eine beliebige, der Bank hat. Verbindlichkeiten ist Geld, das die
der Organisation entsprechenden Periode, erstellt Organisation anderen schuldet.
werden. Er wird eher als Kosten- und Finanzie-
rungsplan für die Zukunft, beziehungsweise
vorausschauend, denn als Aufstellung im Nach- 4.9.3 Einnahmen-Ausgaben-
hinein, also rückblickend, verstanden. Disziplin rechnung
beim Erstellen eines Haushalts oder bei der Mitar-
beit an den Vorbereitungen zu wahren sowie Die Einnahmen-Ausgabenrechnung kann auch Kos-
innerhalb der Beschränkungen des sich ergeben- ten- und Finanzierungsplanplan oder Finanzab-
den Finanzplans zu arbeiten, ist die empfohlene rechnung genannt werden. Eine Einnahmen-Aus-
Mindestanforderung für Manager in jeder Jugend- gabenrechnung macht zwar eher eingeschränkte
organisation. Geht man davon aus, dass Quelle, Aussagen, zeigt aber, wie viel Geld die Organisa-
Menge und Eintreffen von Einkünften oft unsicher tion zur Verfügung hat und wie viel Geld innerhalb
sind, müssen Haushalte bei ihrer Erstellung vor- einer gewissen Zeitspanne ausgegeben wurde.
sichtige Voraussagen machen, das bedeutet, höhere Diese Berechnungsart ist für kleine Jugendorgani-
Kosten und geringeres Einkommen als gedacht sationen oder lokale Einheiten einer größeren Or-
angeben. Das Problem später Zahlungen der finan- ganisation geeignet. Die endgültige Zahl gibt den
zierenden Organisationen ist vor allem ein Liquidi- Überschuss oder das Defizit in einem bestimmten
täts-Problem. Es könnte aber sein, dass Projektkosten Zeitraum an. In einer kommerziellen Struktur heißt
oder auch feste Betriebskosten entsprechend dem dies Gewinn oder Verlust. Die Zahlen werden
Eingang und der Größe der Einnahmen angepasst vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich vorgelegt
werden müssen. Die Haushaltsperioden müssen und zeigen den Finanzstatus der Organisation in-
daher so erstellt werden, dass ein Maximum an nerhalb eine bestimmte Zeitspanne an. Unab-
Flexibilität in der Organisationsarbeit gewährleis- hängig von der Begrifflichkeit liegt der Wert des
tet ist. Die Fähigkeit, einen Haushalt innerhalb Dokuments darin, ein Managementhilfsmittel zu
einer bestimmten Periode berichtigen und dies sein. Eine Überprüfung in bestimmten Intervallen
innerhalb einer fest gelegten Zeit bekannt geben und eine Analyse der Änderungen von Einnah-
zu können, ist typisch für die Erfordernisse einer men, Kosten und Ausgaben liefern Informationen,
Jugendorganisation. Ein berichtigter Haushalt wird die für Entscheidungsfindung und Zukunftspla-
gelegentlich als Vorausschätzung vorgelegt. nung einer Organisation wichtig sind.

Normalerweise weist die gesamte Organisation ei-


nen Haushalt auf. Gibt es größere Strukturen mit 4.9.4 Liquiditäts-Aussagen
lokalen operativen Einheiten sind Unter- oder Ab-
teilungshalte gängige Praxis. Auch wenn die ein- In jeder Organisation, ob gewinnorientiert oder
zelnen Manager auf die Gesamteinnahmen wenig nicht, müssen ein- und ausgehende Geldflüsse
Einfluss haben, sollte eine Beteiligung an Erstel- geplant werden. Das Wesentliche besteht dabei in
lung und Durchführung des Haushalts doch ge- der Voraussage von Geldmitteln, die auf der Bank
zielt gefördert werden. Meetings, in denen über die oder im Abteilungshaushalt vorhanden sind. Jede
4 erzielten Ergebnisse in verschiedenen Ertragszeit- endgültige Zahl, die eine negative Bilanz aufweist,
räumen debattiert wird, sind ein ausgezeichnetes muss mit der Bank oder mit den für die Geld-
Training für das Management. beschaffung verantwortlichen Personen abgestimmt
werden.
Solche Diskussionen können auch als Teil der
Entscheidungsfindungen in der Organisation be-
griffen werden. Entscheidungsfindung ist sicher-
lich weit reichend mit dem Erstellen von Haushal-
ten verknüpft. Auch wenn ein Haushalt einmal
geändert ist, so steht der gesamte Produktions-,
Anwendungs- und Ergebnisbewertungsprozess
immer noch in Verbindung mit der ursprünglichen
Planung, der Organisationsführung und dem Kon-
trollzyklus (Abbildung 23). Planung und Entschei-

76
Management von
Jugendorganisationen
Abb. 24 Beispiel für den Haushalt einer T-Kit
Nichtregierungsorganisation
Alle Summen in Euro

RECHNUNGEN ETAT

1998 2000

EINNAHMEN

1 Beiträge von Mitgliedsorganisationen 60 100 59 000

2 Verwaltungszuschuss EU 40 000 40 000

3 Verwaltungszuschuss EYF (Europäische Jugendstiftung) 8 000 8 000

4 Fördermittel der belgischen Regierung 6 000 6 000

5 Zinsen 3 250 3 000

6 Spenden / Mitgliedsbeiträge 18 000 15 000

Zwischensumme 135 350 131 000

7 Projekte 95 000 120 000

GESAMTEINNAHMEN 230 350 251 000

AUSGABEN

8 Festangestellte und Projektpersonal 75 000 80 000

9 Freiwillige und Trainees im Büro 10 000 12 000

Zwischensumme Personal 85 000 92 000

10 Büromiete, Heizkosten, ... 5 900 6 000

11 Porto, Internetgebühren, Telefon… 16 850 14 000

12 Ausstattung 3 200 4 000

13 Personalreisekosten 4 550 5 000

14 Reisekosten und Kommunikation Vorstand 9 000 10 000

15 Jahreshauptversammlung 9 350 9 000

16 Externe Kommunikation / Werbung 8 250 6 000

17 Finanzausschuss 1 530 1 000

18 Sonstiges 3 130 4 000

Zwischensumme Sach- und Verwaltungskosten 61 780 59 000


4
19 Projektausgaben 85 000 100 000
(ausgenommen Personal- und sonstige Verwaltungskosten)

GESAMTAUSGABEN 231 760 251 000

Überschuss Defizit (ohne Projekte) -11 410 - 20 000

Überschuss Defizit -1 410 0

77
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
entsprechender Abläufe und Dokumente zu de-
monstrieren.

4.10 Verträge Eine Aufstellung der Einstellungsbedingungen ist


eine persönliche Aussage mit den wesentlichen
Details des Beschäftigungsverhältnisses. Es ent-
Verträge mit einer Organisation können ver- spricht nicht dem vollständigen Vertrag zwischen
schiedene Formen haben. Bei beschäftigten Mit- Arbeitgeber und Arbeitnehmer, denn Grundsatz-
arbeitern oder Ehrenamtlichen wird der Vertrag dokumente, Personalhandbücher, Arbeitsplatzbe-
Elemente des jeweiligen nationalen Arbeitsrechts schreibungen und andere Mitteilungen sind eben-
enthalten. Einstellungsbedingungen werden im falls Teil des Vertrags.
nächsten Abschnitt behandelt; hier konzentrie- Was müssen Sie bei den Anstellungsbedingungen
ren wir uns auf Verträge für bestimmte Aktiva beachten?
wie Gebäude, Fahrzeuge, Büroausstattung und
Maschinen. Als Richtlinie für beschäftigte und eh- • Wie lang ist die minimale Vertragsdauer, für die
renamtliche Mitarbeiter sollte das Management schriftliche Einstellungsbedingungen erforderlich
Vorgehensweisen vorsehen, um Aktivitäten zu er- sind?
mitteln, die vollständig innerhalb der Organisation • Wann sollten die Einstellungsbedingungen dem
durchgeführt werden können. In der Folge sollte Mitarbeiter übergeben werden?
dann auch den Bedarf an professioneller Beratung • Auf welche weiteren Dokumente muss Bezug ge-
durch die Rechts- und Finanzberater der Organisa- nommen werden?
tion bestimmt werden. Folgende Fragen können
dabei helfen, Richtlinien und Vorgehensweisen zu Folgende Informationen sollten in den Einstellungs-
entwickeln: bedingungen enthalten sein:

• Wie groß ist der Wert der zu erwerbenden • Wer ist der Arbeitgeber?
Aktiva? • Wann beginnt die Beschäftigung und wann endet
• Sollen die Aktiva ins Eigentum übernommen oder sie?
gemietet werden? • Arbeitsbezeichnung (Bezug zur Arbeitsplatz-
• Über welche Zeitspanne werden die Aktiva abge- beschreibung)
schrieben? (manchmal auch als Wertminderung • Arbeitsort
bekannt – nicht auf alle Aktiva anwendbar). • Entlohnung (Bezahlung: Wann? Wie?)
• Verfügt die Organisation über einen Berater im • Arbeitszeit (normale Arbeitszeit, Ausnahmen,
Haus? Wochenend- und Abendarbeit, Überstunden)
• Gibt es Möglichkeiten, die Vertrauenswürdigkeit • Tarifverträge (Gewerkschaftsvereinbarungen)
oder Kompetenz des Geschäftspartners, von dem • Welche Kosten werden rückerstattet?
gekauft oder gemietet werden soll, festzustellen? • Wird eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt?
• Definieren die Regeln der Organisation jene Per- • Urlaub (Wie viel? Wie lange vorher muss der Ur-
sonen, die die Vollmacht zur Unterzeichnung von laub angemeldet werden?)
bestimmten Verträgen mit Drittparteien haben? • Krankmeldung
• Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (gesetzlich
Es ist etwa üblich, Personen zu bestimmen, oder geregelt, oder laut Organisation)
die Qualifikationen von Personen festzulegen, die • Pensionsrechte
Verträge zum Landankauf oder Eigentumskauf • Pensionsalter
unterzeichnen oder aushandeln dürfen. Ist dies aber • Probezeit (Wann wird der Angestellte fest über-
auch für Routineverträge wie das Leasen von Ko- nommen?)
piermaschinen geklärt? Die Unterschiede bei an- • Beschwerderegelung (wenn der Angestellte mit
scheinend einfachen Verträgen können in den der Art und Weise, wie ihn der Arbeitgeber behan-
Kosten beträchtlich sein. delt, nicht zufrieden ist)
• Disziplinarmaßnahmen (wenn der Arbeitgeber
mit dem Verhalten oder der Leistung des Arbeit-
nehmers nicht zufrieden ist)
4.11 Einstellungs- • Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen
6 • Arbeiten im Ausland
bedingungen • Andere Anordnungen (Hinweis auf das Personal-
handbuch, Schwarzes Brett)

Sowohl nationale als auch europäische Gesetzge- Die Einstellungsbedingungen sollten Platz für die
ber haben Anforderungen an die Personaleinstel- Unterschriften von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
lungsbedingungen von Organisationen. Es ist auch vorsehen. Das Dokument sollte in zwei Exem-
Merkmal eines guten Arbeitgebers, dass Bedingun- plaren erstellt werden, damit jede Vertragspartei
gen abgesprochen werden, die fair sind und den eine Kopie behalten kann.
Arbeitsbedingungen entsprechen. Als wertorien- Es gibt Diskussionen darüber, ob formale Bedin-
tierte Organisationen, deren Hauptaugenmerk gungen für Freiwillige oder Ehrenamtliche not-
auf der persönlichen Entwicklung liegt, sind euro- wendig sind. Organisationen sollten in jedem Fall
päische Jugendorganisationen noch stärker gefor- darauf achten, dass sie nicht in die Lage geraten,
dert, ihr Engagement für ihr Personal anhand jemanden zu beschäftigen, und das Taschengeld,

78
Management von
Jugendorganisationen
das gezahlt wird, als Zahlung unter dem Mindest- Politik innerhalb der Organisation hilfreich sein T-Kit
lohn angesehen wird. könnten?
• Sollten Empfehlungen für einen einheitlichen An-
Es gibt allerdings ein Prinzip, das auf Angestellte satz im Umgang mit externen Institutionen gege-
und Ehrenamtliche gleichermaßen angewendet ben werden?
werden muss: Jeder der für eine Organisation • Welchen Charakter haben die externen Organisa-
arbeitet, sollte sich über seine Verantwortung klar tionen, mit denen die Organisation in ständigem
sein, und auch darüber, welche Erwartungen in die oder regelmäßigem Kontakt steht?
Qualität seiner Arbeit gesetzt werden. Veröffent-
lichung und Zugänglichkeit aller Grundsätze der Einige der externen Institutionen können politische
Organisation zu arbeitsrechtliche Fragen sollte Organisationen oder Regierungsbehörden sein, die
beachtet werden. Eine Vereinbarung über die ge- vor einem Hintergrund aus gewählten Mitgliedern
genseitigen Erwartungen kann ein Weg sein, alle und Angestellten agieren. Letztere können Funk-
diese Dinge zu klären. tionäre oder leitende Personen sein. Jugendorgani-
sationen sollten sich der Vorteile und der Zwänge,
die mit den demokratischen Prozessen in diesen
Institutionen verbunden sind, bewusst sein. Sucht
Übungsaufgaben eine Organisation Unterstützung, vor allem finan-
zieller Art, bei einer solchen Institution, sollte das
• Bitten Sie die Teilnehmenden, sich mit Management mindestens sicherstellen, dass es kei-
mindestens einem Angestellten und ne peinlichen Doppelkontakte aus gleichem Anlass
einem ehrenamtlichen Mitarbeiter ihrer gibt. Gibt es andererseits Kontakt im öffentlichen
Organisation auseinander zu setzen und Sektor, kann es notwendig sein, sicherzustellen,
zu überprüfen, wie viel Klarheit über dass weder das betreffende Geschäft noch die Ju-
Bedingungen und / oder Erwartungen gendorganisation durch mögliche Interessenskon-
herrscht. flikte Schaden erleiden.
• Wie können sie das herausfinden ?
Welche Vorgehens- Die Geschäftsführung einer Organisation kann die
weisen gibt es, oder Politik für Außen- und Innenbeziehungen in einem
sollte es geben, um eigenen Dokument veröffentlichen. Alternativ kön-
die Situation zu ver- nen diese Grundsätze auch in die Kommunikations-
bessern ? und Informationspolitik integriert werden.

Übungsaufgaben
• Bitten Sie die Teilnehmenden, eine Liste
der externen Stellen, mit denen sie
regelmäßig und unregelmäßig zu tun
haben, zu erstellen. Beschreiben Sie die
Art dieser Beziehungen. Vergleichen Sie
4.12 Gestaltung der die verschiedenen Ergebnisse und dis-
kutieren Sie den Wert von Netzwerken
Außenbeziehungen unter den Gruppenmitgliedern.
• Bitten Sie um Kommentare über die Zu-
friedenheit mit den entsprechenden Vor-
In früheren Abschnitte wurden Innen- und Außen-
gehensweisen und Ergebnissen.
beziehungen bereits angesprochen. Eine Jugendor-
ganisation hat normalerweise auch Praktiken für • Wie sind Vorgehensweisen und Ergeb-
ihre Außenbeziehungen aufgestellt. Jeder Manage- nisse miteinander verknüpft ?
mentprozess sollte diese Praktiken aufnehmen und
reflektieren. Dabei sollten Antworten auf folgende
Fragen gefunden werden: 4
• Welche Grundsätze hat die Organisation für ihre
Innen- und Außenbeziehungen aufgestellt?
• Welche Auffassungen haben externe Institutionen
vom Stil und Zweck der Organisation?
• Gibt es formelle oder informelle Mechanismen
oder Vorgehensweisen, die bei der Förderung der

79
Anhang 1
Management von
Jugendorganisationen Lernstil-Fragebogen
T-Kit
von Honey und Mumford

(siehe Abschnitt 2.2.2)


Denken Sie kurz über jede Aussage nach und markieren Sie dann mit dem Stift die Aussagen, mit denen Sie
einverstanden sind.

1. Ich habe genaue Vorstellungen davon, was richtig und falsch ist, gut und böse.
2. Ich schlage Warnungen oft „in den Wind“.
3. Ich löse Probleme gern Schritt für Schritt, und ich baue keine „Luftschlösser“.
4. Ich glaube, dass formale Vorgehensweisen und Organisationspolitik den Stil von Menschen
einschränken.
5. Ich bin als eine Person mit Realitätssinn bekannt, die „die Dinge beim Namen nennt“.
6. Ich stelle oft fest, dass Handlungen, die „aus dem Bauch“ kommen, meistens genauso vernünftig
sind, wie solche, die auf sorgfältigen Überlegungen und Analysen basieren.
7. Ich mache gern Arbeiten, bei denen ich Zeit habe „jeden Stein umzudrehen“.
8. Ich frage Menschen immer nach ihren wirklichen Überzeugungen.
9. Am wichtigsten ist es, ob etwas in der Praxis funktioniert.
10. Ich suche immer nach neuen Erfahrungen.
11. Wenn ich von einer neuen Idee oder Einstellung höre, beginne ich sofort, diese in die Praxis
umzusetzen.
12. Ich lege viel Wert auf Selbstdisziplin wie Gewichtskontrolle, regelmäßige Bewegung, fixe
Tagesabläufe etc.
13. Ich bin stolz auf meine Arbeit.
14. Ich komme am besten mit logischen, analytischen Personen aus, und am wenigsten mit spontanen
„irrationalen“ Personen.
15. Ich bin sehr sorgfältig bei der Interpretation von Daten, die mir zur Verfügung stehen, und
vermeide schnelle Schlussfolgerungen.
16. Ich fälle eine Entscheidung erst, nachdem ich alle Alternativen sorgfältig abgewogen habe.
17. Ich mag neue, ungewöhnliche Ideen lieber als praktische.
18. Ich mag keine „losen Enden“ und bringe die Dinge lieber in ein festes Muster.
19. Ich kann Vorgehensweisen akzeptieren und aufnehmen, solange ich sie als effizient für meine
Arbeit erachte.
20. Ich lege meinen Handlungen gern ein allgemeines Prinzip zugrunde.
21. In Diskussionen komme ich schnell zum Punkt.
22. Bei meiner Arbeit habe ich zu Mitarbeitern ein eher distanziertes, ziemlich förmliches Verhältnis.
23. Ich nehme gern die Herausforderung von etwas Neuem und Anderem an.
24. Ich liebe Menschen, die das Leben genießen und spontan sind.
25. Ich untersuche jedes Detail genau, bevor ich zu einem Schluss komme.
26. Ich finde es schwierig, mit einer wilden Idee oder einer spontanen Eingebung aufzutreten.
27. Ich halte nichts von Zeitvergeudung um „auf den Busch zu klopfen“.
28. Ich versuche Schlussfolgerungen nicht zu schnell zu ziehen.
29. Ich habe lieber so viele Informationen wie möglich zur Verfügung – je mehr Daten zum
Untersuchen, desto besser.
30. Schlampige Menschen, die Dinge nicht ernst nehmen, irritieren mich normalerweise.
31. Ich höre auf die Meinung anderer Leute, bevor ich meine eigene kundtue.
32. Ich zeige meine Gefühle meist offen.
33. Bei Diskussionen beobachte ich die Schachzüge der anderen Teilnehmer.
34. Ich reagiere auf Ereignisse lieber spontan und flexibel, als dass ich Dinge im Voraus plane.
35. Ich bin von Techniken wie Netzwerkanalysen, Flussdiagrammen, Struktur- und Baumdiagrammen
sowie Alternativplanung angetan.
36. Ich habe Schwierigkeiten, wenn ich eine Arbeit schnell ausführen muss, um einen Termin
einzuhalten.
37. Ich neige dazu, die Ideen von Menschen nach ihren praktischen Vorteilen zu beurteilen.

80
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit

38. Ruhige, nachdenkliche Menschen machen mich nervös.


39. Menschen, die sich kopfüberin Dinge stürzen, irritieren mich.
40. Es ist wichtiger, die Gegenwart zu genießen, als an die Vergangenheit oder Zukunft zu denken.
41. Ich glaube, dass Entscheidungen, die auf einer genauen Analyse aller Informationen basieren,
vernünftiger sind, als solche, die aus der Intuition heraus gefällt wurden.
42. Ich bin eher ein Perfektionist.
43. Bei Diskussionen bringe ich oft spontane Ideen ein.
44. Bei Meetings bringe ich praktische und realistische Ideen ein.
45. Sehr oft sind Regeln dazu da, um gebrochen zu werden.
46. Ich betrachte eine Situation gern von außen und unter allen Gesichtspunkten.
47. Die Argumente anderer Leute empfinde ich oft als widersprüchlich und schwach.
48. Im Großen und Ganzen gesehen rede ich mehr, als ich zuhöre.
49. Oft sehe ich bessere, praktischere Wege, wie etwas gemacht werden kann.
50. Schriftliche Berichte sollten kurz, prägnant und aussagekräftig sein.
51. Ich glaube, dass sich letzten Endes rationales, logisches Denken durchsetzt.
52. Ich diskutiere lieber spezifische Fragen als „Smalltalk“ zu betreiben.
53. Ich mag Menschen, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen.
54. Bei Diskussionen werde ich ungeduldig, wenn Dinge erwähnt werden, die nicht in diesen Bereich
gehören, oder wenn „exotische“, abwegige Ideen auftauchen.
55. Wenn ich einen Bericht schreiben muss, mache ich zuerst viele Entwürfe, bevor ich die endgültige
Version abgebe.
56. Ich probiere Dinge gern aus, um zu sehen, ob sie in der Praxis funktionieren.
57. Ich suche gern Antworten mithilfe der Logik.
58. Ich rede gern.
59. Bei Diskussionen stelle ich oft fest, dass ich ein Realist bin, der die Leute zum Punkt bringt und
„wolkige“ Spekulationen vermeidet.
60. Ich durchdenke gern verschiedene Möglichkeiten, bevor ich mich entscheide.
61. In Diskussionen finde ich oft, dass ich der ruhigste und objektivste Teilnehmer bin.
62. Bei Diskussionen halte ich mich eher zurück, als dass ich die Diskussion führe und am meisten rede.
63. Ich bringe gern gegenwärtige Situationen in einen längerfristigen Bezug.
64. Wenn etwas schief geht, schüttle ich das ab und lege es unter „nützliche Erfahrung“ ab.
65. Ich lehne wilde, spontane Ideen als unpraktisch ab.
66. Es ist besser, vorher nachzudenken und dann zu handeln.
67. Ich höre lieber zu als selber zu reden.
68. Ich mag keine Menschen, die sich der Logik verschließen.
69. Meistens bin ich der Meinung, dass der Zweck die Mittel heiligt.
70. Es macht mir nichts aus, die Gefühle von Menschen zu verletzten, solange die Arbeit erledigt wird.
71. Ich empfinde es als Einschränkung, formale spezifische Ziele und Pläne zu haben.
72. Normalerweise bin ich der Mittelpunkt jeder Party.
73. Ich mache alles, was angebracht ist, um die Arbeit zu erledigen.
74. Methodische Detailarbeit langweilt mich schnell.
75. Ich untersuche gern die wesentlichen Überzeugungen, Prinzipien und Theorien, die Dingen und
Ereignissen zugrunde liegen.
76. Es interessiert mich immer, was andere Personen denken.
77. Ich mag Meetings, die methodisch verlaufen, eine feste Tagesordnung einhalten, etc.
78. Ich halte mich von subjektiven oder zweideutigen Themen fern.
79. Ich genieße das Dramatische und die Aufregung in einer Krisensituation.
80. Andere Menschen finden, dass ich unsensibel in Bezug auf ihre Gefühle bin.

81
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Punktesystem für den Lernstil-Fragebogen

Geben Sie sich für jede Aussage, die sie angekreuzt haben, einen Punkt.
Geben Sie auf der folgenden Liste nur die Punkte an, die sie angekreuzt haben und berechnen Sie die
Gesamtpunktezahl (ein Punkt pro Kreuz)

2 7 1 5
4 13 3 9
6 15 8 11
10 16 12 19
17 25 14 21
23 28 18 27
24 29 20 35
32 31 22 37
34 33 26 44
38 36 30 49
40 39 42 50
43 41 47 53
45 46 51 54
48 52 57 56
58 55 61 59
64 60 63 65
71 62 68 69
72 66 75 70
74 67 77 73
79 76 78 80

Gesamt

Aktivist Denker Theoretiker Pragmatiker

82
Anhang 2
Management von
Historische und gegenwärtige Jugendorganisationen
T-Kit
Managementperspektiven

Einführung • Einheitliche Richtung – klare Politik und klare


Führung
Die folgende kurze Zusammenfassung soll die Infor-
mationen und Argumente des T-Kit vervollständigen. • Zentralisierung
Der Überblick geht nicht auf die Besonderheiten
von Jugendorganisationen ein. Ziel ist es, Original- • Anordnungskette – klare Linien der Organisa-
quellen vorzustellen. Manager und Trainer können tion, klar dargelegte und verstandene Ziele auf
sich beim Gebrauch des T-Kit dann eine eigene Mei- allen Ebenen
nung darüber bilden, ob sie anwendbar und rele-
vant sind. Anmerkungen über Bedeutsamkeit und
Wert der Ideen bestimmter Managementfachleute F. W. Taylor (1856 - 1915)
sind im T-Kit selbst enthalten.
Er befasste sich mit den produktionsbeeinflussen-
den Faktoren. Daher interessierten ihn effiziente
Ansätze zur Betrachtung von Nutzung von Werkzeugen, optimale Fabrikanlagen
Management und Organisationen und logischer Produktionsfluss. Seine Studie war
sehr detailliert, seine Prinzipien waren:
Bei manchen Autoren beginnt Management unter
der Prämisse, dass Prinzipien wissenschaftlich ver- • Beobachten
ifiziert werden sollen und eine entsprechende The- • Aufzeichnen
orie entwickelt werden muss. Die folgende Zusam- • Entwickeln
menfassung teilt die Ansätze in drei historische
Abschnitte ein: Klassisches oder Wissenschaftliches Diese Prinzipien wurden zu Methoden entwickelt,
Management, Human Relations (soziale Beziehun- die nachträglich Arbeitsstudien genannt wurden. In
gen) sowie Moderne und Gegenwart. Arbeitsstudien werden Vorgänge, ihre Normierungen
und Zeitabläufe analysiert. Der Zeitablauf führt zur
Bezahlung, die wiederum auf dem Prinzip faire Ar-
Wissenschaftliches Management beit gegen faire Bezahlung beruht. Später wurde die
Bezeichnung „industrielle Fertigung“ verwendet.
Zur „Schule” des wissenschaftlichen Managements
oder der klassischen Schule gehörten Praktiker, die
zu Theoretikern wurden wie Frederick Taylor (USA), L. Urwick (1891-1983)
Henri Fayol (Frankreich) und Colonel Lyndall Urwick
(GB). Ihre Positionen stammen aus den Massen- Colonel Urwick publizierte seine Management-
produktionsfabriken und umfassen Prozesse und prinzipien 1938.
Strukturen von Organisationen. Alle waren davon Die Schlüsselpositionen lauten zusammengefasst:
überzeugt, dass es den optimalen Weg gibt, um Or-
ganisationen und Arbeitsvorgänge zu gestalten. Sie • Zielprinzip – Was versucht die Firma/das
behaupteten, dass ihre universellen Prinzipien wis- Unternehmen/ die Gruppe/der Einzelne zu
senschaftlichen Ursprungs seien. Organisationen hat- erreichen?
ten daher formale Strukturen und waren um ein
Organigramm zentriert. Eine Autorin aus dieser frü- • Entsprechungsprinzip – Autorität und Verant-
hen Periode, die vom letzten Jahrzehnt des 19. Jahr- wortung müssen Hand in Hand gehen.
hunderts bis zurzeit zwischen den Weltkriegen reich-
te, ist die bisher wenig beachtete Mary Parker Follet. • Verantwortungsprinzip – Ein Manager/Vorge-
Ihre Betrachtungen befassten sich mit den sozialen setzter kann niemals die Verantwortung ab-
Aspekten von Arbeit und der Natur von Gesellschaft. geben. Er/sie kann delegieren, muss aber
Sie wurden von amerikanischen Landsleuten und immer die Verantwortung übernehmen.
Europäern gleichermaßen ignoriert, da sie nicht den
üblichen Denkweisen der Zeit entsprachen. • Scalenprinzip – entspricht der Anweisungkette
von Fayol: beobachten – aufzeichnen –
entwickeln
Henri Fayol (1841-1925)
• Prinzip der Kontrollbegrenzung – Kein Vorge-
Fayol war Bergbauingenieur, der einen Verlust brin- setzter kann die Arbeit von mehr als sechs
genden Betrieb übernahm und ihn zu einem Ge- Untergebenen direkt kontrollieren.
winn bringenden machte. Seine Prinzipien waren:
• Spezialisierungsprinzip – Jeder Mitarbeiter
• Verantwortung – muss der Autorität entspre- sollte eine Hauptfunktion oder -tätigkeit
chen haben.

• Einheitliche Anordnungen – Anordnungen soll- • Definitionsprinzip – Jede Position sollte genau


ten nur von einem Vorgesetzten kommen. und schriftlich dargelegt sein.
*

83
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Urwick unterscheidet lang- und kurzfristige Ziele. • Macht muss ebenso richtig verstanden werden
Bei Missverständnissen kommt es zu Konflikten. wie Autorität. Die hierarchische Position ist nicht
Essenz des Ganzen ist, dass der Mensch ein ratio- immer eine Garantie für effektive Führung. Der
nales und ökonomisches Wesen ist. Diese Ansicht Führungsstil ist wichtig.
wurde durch den Glauben gestärkt, das Manage-
ment wisse alles am besten und ein hochrangiger • Gute Kommunikation ist wichtig, aber sehr schwie-
Manager wisse es besser als einer von geringerem rig zu erreichen.
Rang.
• Besonders bei Veränderungen spielt das menschli-
Nun kann man heutzutage leicht sagen, dass diese che Element eine Schlüsselrolle. Erfolgreiche Ver-
ganze wissenschaftliche Einstellung zum Manage- änderungen sind abhängig von Führung, Beratung
ment überholt ist und der moderne Manager eine und Beteiligungsmöglichkeiten.
viel aufgeklärtere Auffassung hat. Gilt das wirklich
für alle Manager und Organisationen? Denken Sie Silverman (siehe 1 unten) fasst die Arbeit von
an die Auswirkung des englischen und französi- Organisationspsychologen, manchmal auch „Neue
schen Imperialismus. Welches Art von Manage- Human-Relations-Schule“ genannt, zusammen. Er
ment praktizieren die ehemaligen Kolonien? Den- schlägt vor, dass „die beste Form der Organisation
ken Sie auch an die neuen wirtschaftlichen Systeme versucht, individuelle und organisatorische Bedürf-
in Asien, seien sie demokratisch oder nicht, und an nisse nach Zufriedenheit, folgendermaßen zu er-
die Systeme in Ost- und Mitteleuropa mit ihrer füllen:
ehemals zentralen Planwirtschaft.
• Förderung stabiler Arbeitsgruppen, Teilhabe
Klar ist, dass die Annahme dieser früheren Auto- der Mitarbeiter an Entscheidungsfindungen,
ren, ihre Methoden seien wissenschaftlich, keinem • gute Kommunikationskultur und nachdrücklich
heutigen wissenschaftlichen Test standhalten würde. Supervision,
Es waren vor allem Beobachtungen von Praktikern, • unbürokratische Strukturen, die eher durch Ziel-
die zusammengefasst und dann Prinzipien genannt setzung als durch eine Hierarchie von Autorität
wurden. Diese empirische Methode kann vielleicht funktionieren“.
für eine exakte Wissenschaft akzeptabel sein, für
die Beobachtung von menschlichem Verhalten ist Der Ansatz der Human Relations untersucht zuerst
ihr Wert allerdings fraglich. Motive und Verhalten von Menschen, und ent-
wickelt davon ausgehend Kriterien, die Struktur
und Organisation unterstützen. Die Struktur soll
Human Relations Menschen anregen zusammenzuarbeiten, um die
(Soziale Beziehungen) Geschäftsziele zu erreichen. Effektive Zusammen-
arbeit kann nur durch bereitwillige Einzelne und
1920/1930 wurde die klassische Methode von der Gruppen entstehen. Die Autoren dieser Schule
„School of Human Relations“ übernommen. Darun- betonen besonders, dass Organisationen:
ter befanden sich viele Organisationspsychologen
wie Maslow, McGregor, Argyris und Bennis, die vor • Ziele erreichen sollten, indem sie die Mitglieder
allem zwischen 1920 und 1960 in den Vereinigten der Gruppe zufrieden stellen (die Theorie besagt,
Staaten arbeiteten. Zu den positiven Entdeckungen dass das Gleichgewicht durch Schaffen von Zu-
dieser Gruppe gehörte folgende: friedenheit aufrecht erhalten werden muss),
• hohe Produktivität und geringe Fehlstunden
• Ein Arbeiter ist nicht nur ein ökonomischer Mensch, gefördert werden sollten,
sondern auch ein soziales Wesen; nicht materielle • Zusammenarbeit angeregt werden sollte, Arbeits-
Faktoren spielen eine wichtige Rolle. Diese An- platzkonflikte dagegen vermieden werden soll-
sicht entsprach auch denen der bereits erwähn- ten (ein gewisser Grad an Unstimmigkeit wird
ten Mary Parker Follet (1868 – 1933), einer Frau, als konstruktiv akzeptiert).
die ihrer Zeit voraus war.
Mit diesem Ansatz wird die Analyse der Orga-
• Der Arbeitsumfang, der ausgeführt werden kann, nisation zu einer Analyse des Verhaltens: wie
hat viel mehr Bezug zu sozialen Aspekten als zu Menschen sich verhalten und warum sie sich auf
physischer Beschaffenheit und Auslastung. bestimmte Art und Weise verhalten. Diese Auto-
ren (auch Behavioristen genannt) hofften, Ver-
• Nichtwirtschaftliche Belohnungen spielen bei Moti- halten innerhalb von Organisationen voraus-
vation und Wohlbefinden von Angestellten eine sagen zu können und Anleitungen zu geben,
entscheidende Rolle. wie Organisations- und Geschäftsziele am bes-
ten erreicht werden können. Sie befassten sich
• Eine starke Spezialisierung ist nicht unbedingt die vor allem mit:
effektivste Form der Arbeitsteilung.
• Produktivität von Einzelnen und Gruppen,
• Gruppen sind die Basis von informellen Organisa- • individueller Entwicklung,
tionen, die innerhalb von formalen Organisatio- • Arbeitszufriedenheit.
nen agieren oder interagieren. Daher ist es ent-
scheidend, das Verhalten und den Einfluss von Die Behavioristen unterteilten die Aspekte ihrer
Gruppen zu verstehen. Untersuchungen folgendermaßen:
*

84
Management von
Jugendorganisationen
• individuelle Bedürfnisse und Wünsche, Schritt ist die Einführung einer Organisation, in der T-Kit
• Verhalten in kleinen Gruppen, es für diese Rolle weder Bezeichnung noch Ver-
• Verhalten von Begleitern/Supervisoren, ständnis gibt. Damit wird eine Managementebene
• Verhalten unter den Gruppen. völlig aufgelöst. Man behauptet, dass solche Orga-
nisationen effektiver und effizienter sind. Wird
Die Arbeiten von Mayo, McGregor, und Maslow sind dieses Prinzip auch für Dienstleistungs- und Non-
empfehlenswert. Profit-Organisationen (NPO) mit höherem Manage-
ment angewendet, könnten Spezialistenfunktionen
das hierarchische Modell noch mehr einschränken.
Aktuelle Sichtweisen Solche Veränderungen können auch zur Mitarbei-
terreduzierung in einer Organisation führen, was
Während bei Beschreibung und Klassifizierung man als „Downsizing“ bezeichnet. Multinationale
früherer Managementperioden gewisse Überein- Unternehmen haben diese Ideen teilweise beson-
stimmungen herrschen, gibt es keine einheitliche ders aktiv aufgegriffen, auch unter Bezeichnungen
Beschreibung der Werke nach 1960. Das Entstehen wie „Flache Hierarchien“, und mehr aus Gründen
multinationaler Firmen, Globalisierung und Über- der Kostenreduzierung als zur Verbesserung der
legungen zum Management von nicht westlichen Managementeffektivität eingesetzt.
Autoren, vor allem aus Japan, führten zu einer
Denkvielfalt, die schwierig einzuordnen ist. Argu- Eine Zielanalyse zeigt die Vorzüge all dieser Ideen,
mente zur Relevanz japanischer oder koreanischer aber auch das zwangsläufig schwächste Glied im
Praktiken in Kulturen, die vor allem westlich plu- System. Menschliches Verhalten hat sich oft als
ralistischer Natur sind, fügen dem Thema Manage- Hindernis für den gewünschten Fortschritt er-
ment eine weitere komplexe Komponente hinzu. wiesen. Peter Wickens kritisiert in seinem Buch
„The Ascendant Organisation“ (Die aufsteigende
Die Annahme, dass ein Unternehmen wie gewünscht Organisation) einige dieser Managementinitiati-
funktionieren wird, weil es eine entsprechende ven. Seine Erfahrung bezieht sich auf Management
Managementmethode, einen Stil, eine Struktur, ja in Europa, Amerika und Japan, und sollte von
sogar eine allumfassende Philosophie hat, wird jenen berücksichtig werden, die für das neue
immer mehr in Frage gestellt. Moderichtungen im Jahrhundert lernen wollen. Peter Drucker, 1909 in
Management, die von einigen Praktikern auch heute Wien geboren und seit 1999 immer noch in Ameri-
noch vertreten werden, gelten in akademischen ka als Autor tätig, schreibt, dass sich das moderne
Kreisen als äußerst zweifelhaft. Betrachten Sie etwa Management seit den Ideen von Taylor vor fast
die verschiedenen Techniken, von denen einige einem Jahrhundert nicht wesentlich geändert hat.
sogar schon zur Managementphilosophie erhoben Er spricht vom „Wissensarbeiter“ und vertritt die
wurden, und die ab 1960 modern geworden sind. Ansicht, dass die Marx’sche „Würde der Arbeit“ nie
„Management durch Zielsetzung“, „Discounted- wirklich Bedeutung hatte.
Cashflow“, „Just-in-Time“, „Total-quality-Manage-
ment“ und „Business Process Re-engineerung“ fan- Wissensarbeiter sind Manager, die oft selbst mit
den überall begeisterte Anhänger. sich wiederholenden Handlungen und Aufgaben
konfrontiert sind, bei denen aber Wissen, sei es
Traditionelle Denkweisen, wie sie bei allen frü- wissenschaftliches oder anderes, sehr wohl ein
heren Autoren zu finden waren, gehen von einer wichtiger Bestandteil von Entscheidungsfindung
Befehlshierarchie aus. Moderne Theoretiker haben und Führungsqualität ist. Die Betonung des Wis-
diese Annahme untersucht und teilweise in Frage sens hat zu neuen Ideen geführt; einige davon
gestellt. Die Rolle des Supervisors oder Ersten wurden sogar zu Theorien erhoben, wie die Ler-
Managers wurde mehrere Jahre lang kritisch nende Organisation, die ständiges Lernen als
betrachtet. Fragen, die seit 1960 und vermehrt bis Schlüssel zum Erfolg propagiert. Viele Beobachter
ins Jahr 2000 gestellt worden sind, haben teilweise kehren allerdings zu den Grundsätzen von
zur völligen Abschaffung dieser Funktion geführt. Maslow, dass jede Person individuell geführt wer-
Bezeichnungen wie „Teamleader“ haben Wörter den muss, zurück.
wie „Vorarbeiter“ oder „Vorarbeiterin“ in einigen
Organisationen ersetzt. Man geht davon aus, dass Können denn nicht gewinnorientierte Organisatio-
die ernannte Person sowohl aktiv an der Arbeit teil- nen oder Organisationen mit ehrenamtlichen Mit-
nehmen als auch andere motivieren und anleiten arbeitern dies nicht besser erreichen, als solche, die
kann, bestimmte Ziele zu erreichen. Ein weiterer den Gesetzen des Marktes unterliegen?

85
Anhang 3
Management von
Jugendorganisationen T-Kit „Management von Jugendorganisationen“
T-Kit
– Evaluierungsformular
Wir hoffen, Sie finden die erste Version des T-Kit „Management von Jugendorganisationen“ hilfreich und
nützlich. Es ist die erste Veröffentlichung dieser Art, die im Rahmen des Partnerschaftsprogramms von
Europäischer Kommission und Europarat entstanden ist; deshalb würden wir uns über Ihr Feedback und
Ihre Vorschläge für zukünftige Ausgaben freuen. Anhand Ihrer Antworten werden wir auch analysieren,
welchen Effekt diese Veröffentlichung hat. Wir danken Ihnen für die Beantwortung des Fragebogens und
werden Ihre Anmerkungen sehr aufmerksam lesen.

Inwieweit hat Ihnen dieses T-Kit geholfen, theoretische Grundlagen und praktische Anwendungsbeispiele
für organisatorische Managementtechniken zu erstellen?

Von 0% ........................................................................................................................................................................................................... bis 100%

Sie sind …
(mehrere Antworten sind möglich)

■ Trainer/Trainerin auf
● lokaler Ebene ● nationaler Ebene oder ● internationaler Ebene

Haben Sie das T-Kit schon einmal in einer Trainingsaktivität eingesetzt? Ja ■ Nein ■

Wenn ja …

In welchem Zusammenhang oder in welcher Situation? .....................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

Mit welcher/welchen Altersgruppe(n)? .............................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

Welche Ideen haben Sie unverändert oder in abgeänderter Form übernommen? ............................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

Welche Ideen fanden Sie am wenigsten nützlich? ....................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

■ „Manager“ einer Jugendorganisation auf


● lokaler Ebene ● nationaler Ebene oder ● internationaler Ebene

● Mitglied des Leitungsgremiums ● Mitarbeiter(in) ● Andere (bitte nähere Angaben):

.........................................................................

Name der Organisation ...............................................................................................................................................................................................


*

86
Management von
Welche Techniken und Ideen des T-Kit waren für Ihre Arbeit hilfreich? ................................................................................. Jugendorganisationen
T-Kit
.......................................................................................................................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................

Welche waren die am wenigsten hilfreichen? ..............................................................................................................................................


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■ Trifft nicht zu – Bitte nähere Angaben: ...................................................................................................................................................

Wie beurteilen Sie die Grundstruktur? .............................................................................................................................................................


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.......................................................................................................................................................................................................................................................

Wie beurteilen Sie die Gestaltung? ......................................................................................................................................................................

Wo haben Sie Ihr T-Kit „Management von Jugendorganisationen“ erhalten? ............................................................................

Welche Empfehlungen oder Vorschläge haben Sie für kommende Ausgaben? ...................................................................
.......................................................................................................................................................................................................................................................

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.......................................................................................................................................................................................................................................................

Name: ......................................................................................................................................................................................................................................

Titel: ..........................................................................................................................................................................................................................................

Organisation/Unternehmen (sofern zutreffend):.........................................................................................................................................

Ihre Adresse: .......................................................................................................................................................................................................................


.......................................................................................................................................................................................................................................................

Telefonnummer: ...............................................................................................................................................................................................................

E-Mail: .....................................................................................................................................................................................................................................

Bitte senden Sie diesen Fragebogen per Post oder E-Mail an:

T-Kit „Management von Jugendorganisationen“


Europaratsdirektion für Jugend und Sport
F-67075 Strasbourg Cedex
E-Mail: info@training-youth.net
*

87
Anhang 4
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
Verweise und weiterführende Literatur

Adair, John (1983) Fischer, Helen (1999)


Effective Leadership, Gower The first sex. Random Hourse.

Allan, John (1996) Godfroy, Christian H. and Clark John (1989)


How to be better at motivating people, The complete Time Management System,
Clays Ltd Judy Piatkus

Allison, Michael, and Kaye, Jude (1997) Goleman, Daniel (1996)


Strategic Planning for Nonprofit Organizations. Emotional intelligence, Cox and Wyman
A practical Guide and Workbook, Support Centre
for Non profit Management, Wiley & Sons Inc Goleman, Daniel et al. (1999)
Lo Spirito Creativo (the creative spirit).
Argyris, C. and Schon, D. (1982) Mondadori.
Theory in Practice : Increasing Professional
Effectiveness. Jossey-Bss Handy, Charles (1985)
Inside organisation : 21 ideas for managers,
Belbin, R. M. (1981) BBC Books
Management Teams, Heinemann
Handy, Charles (1985)
Bertalaffny, Ludvig von (1951) Understanding Organisations, Penguin
„Problems of General Systems Theory: A New
Approach to the Unity of Science”, Handy, Charles (1990)
Human Biology 23, no. 4, December 1951 Understanding voluntary organisations

Blanchard, K., Zigarmi P., and Zigarmi, D. (1986) Herzberg. F. (1933)


Leadership and the one minute manager, The motivation to work,Wiley
William Collins
Herzberg, F. (1966)
Boulding, K. (1954) Work and the Nature of Man, Cleveland Work
„General Systems Theory”, The Skeleton of publishing Co.
Science 2, no.3, April 1954
Honey, Peter and Mumford, Alan (1992)
Bryson, John Moore (1993) The Manual of Learning Styles
Strategic Planning for Public and non Profit
organisations, Oxford Humble, John W. (1973)
Management by objectives, London:
Burnes, Bernard (1994) British Institute of Management
Managing Change. Pitman Publishing
Kolb, David (1984)
Claves, Equipo (1994) Experiential learning, Prentice Hall
Aprendiendo a organizar nuestra asociación,
Junta de Andalucia. Editorial Popular Leavitt, H. J. (1978)
Managerial Psychology, 4th Edition, University
Clutterbuck, David (1991) of Chicago Press
Everyone needs a mentor, Institute of Personnel
and Development Le Boterf, Guy (1999)
Compétence et navigation professionnelle,
Covey, Stephen R. (1992) Editions d’organisation
The seven habits of highly effective people,
Butler and Tanner Luft, Joseph and Ingham, Harry (1955)
The Johari window, a graphic model for
De Bono, Edward (1997) interpersonal relations, Western Training
Thinking course, Redwood Books Laboratory for Group Development; University
of California at Los Angeles Extension Office
Domenech, Alfred Vernis et al. (1998)
La gestión de las organizaciones no lucrativas, Maslow, A. H. (1954)
Ediciones Deusto S.A. Motivation and personality, Harper

Drucker, Peter (1999) Mayo, E. (1933)


Management Challenges for the 21st Century, The human problems of an industrial
Butterworth Heinemann civilisation, Macmillan.
*

88
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit

Migliore, Henry et al. (1994) Skyrme, David (1999)


Strategic Planning for Not-for-Profit Organisations, Management insight N. 3 – The Learning
The Haworth Press Inc. Organisation. Available at
http://www.skyrme.com/insights/3lrnorg.htm
Mintzberg, H. (1979) (16/5/2000)
The Structuring of Organisations, Prentice Hall
Stewart, Thomas A. (1997)
Nonaka, Ikujiro, and Takeuchi, Hirotaka (1997) Il capitale intellettuale – la nuova ricchezza
The knowledge creating company (Intellectual capital – the new wealth of
(Italian edition). Guerini e Associati organisations), Ponte delle Grazie

Osborne, Stephen P. (1996) Tannenbaum, R., and Schmidt, W. H. (1973)


Managing in the voluntary sector : a handbook „How to choose a leadership pattern - retro-
for managers in charitable & non-profit organi- spective commentary“, Harvard Business
sations, International Thomson Business Press Review, May-June 1973

Pasini, Willy, and Francescato, Donata (1999) Tuckman, B. W. (1965)


Il coraggio di cambiare, Mondadori Developmental sequences in small groups,
Psychological Bulletin, 1965
Patterson, Malcolm (1999)
People Management, Personnel Publications Vall, Peter B. (1996)
Ltd Learning as a way of being, Jossey-Bass
Publisher
Phillips, Bob (1989)
La difficile arte di ballare con i porcospini (The WAGGGS (1998)
delicate art of dancing with Porcupines), WAGGGS training Guidelines, in house
Piero Gribaudi Editore printing

Senge, Peter M. (1990) Weber, Max (1964)


The fifth discipline – The art and practice of The theory of Social and Economic
the learning organisation. Random House Organisation, Collier McMillan
Business Books
Wickens, Peter (1995)
Silverman, D. (1970) The Ascendant Organisation. McMillan
The Theory of Organisations, Heineman Business Press.

89
Management von
Jugendorganisationen Die Autorinnen und Autoren des T-Kits
T-Kit
„Management von Jugendorganisationen“

Jonathan Bowyer (Herausgabe, Lektorat, Autor)


ist europäischer Liasion Officer bei YMCA England.
Er hat große Erfahrung im Management und Training
von Nichtregierungsorganisationen, sowohl als be-
schäftigter als auch als ehrenamtlicher Mitarbeiter.
Sein besonderes Interesse liegt bei Team- und Füh-
rungsqualitäten sowie persönlicher Entwicklung.
jonathan.bowyer@england.ymca.org.uk

Arthur Murphy (Autor) leitet M&M Associates,


Strassburg, eine Beratungsabteilung für paneuro-
päische Partnerschaften und Joint Ventures, arbei-
tet auch als Vortragender an den Universitäten von
Strassburg und Freiburg.
AMurphy127@aol.com

Paola Bortini (Autorin) hat für die Ausbildung


von Mädchen und jungen Frauen in Mittel- und
Osteuropa für WAGGGS gearbeitet. Sie hat großes
Interesse an Managementtheorien, glaubt an die
Rolle des NPO-Sektors und dessen Beitrag zu ge-
sellschaftlichen Veränderungen, hat einen MA für
Vergleichende Europäische Sozialstudien, arbeitet
zurzeit in Süditalien im Bereich Berufsausbildung
und lokale Entwicklung. Paola ist Mitglied des
Trainerpools des Europarates und des Jugendfo-
rums.
E-Mail : paola.bortini@tin.it

Rosa Gallego Garcia (Autor) hat langjährige


Erfahrung in Freiwilligenorganisationen in Spanien
und auf europäischem Niveau, zurzeit General-
sekretär der „International Young Nature Friends”
mit Sitz in Brüssel.
E-Mail : iynf@iynf.org

90
Management von
Jugendorganisationen
T-Kit
T-Kit-Reihe

T-Kit 1:
Management von Jugendorganisationen
(Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch)

T-Kit 2:
Sprachtraining
(Deutsch, Englisch, Französisch)

T-Kit 3:
Project Management
(Englisch, Französisch, Russisch, Polnisch)

T-Kit 4:
Interkulturelles Lernen
(Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch, Türkisch)

T-Kit 5:
International Voluntary Service
(Englisch)

T-Kit 6:
Training Essentials
(Englisch)

T-Kit 7:
Under Construction… Citizenship, Youth and Europe
(Englisch)

T-Kit 8:
Social Inclusion
(Englisch)

T-Kit 9:
Funding & Financial Management
(in Vorbereitung)

Unter www.webforum-jugend.de kann eine Internet-Version heruntergeladen werden.

91
1998 beschlossen der Europarat und die Europä-
ische Kommission, auf gemeinsame Aktionen beim
Training der Europäischen Jugendarbeiter zu setzen
und unterzeichneten ein Partnerschaftsabkommen.
Ziel des Abkommens ist die „Förderung aktiver
europäischer Bürger und der Gesellschaft durch
Training von Jugendleitern und Jugendarbeitern
auf europäischer Ebene“.
Die Zusammenarbeit zwischen beiden Instituti-
onen umfasst ein weites Spektrum von Aktivitäten
und Publikationen und die Entwicklung von wei-
teren Netzwerken.
Die Partnerschaft hat drei Hauptkomponenten:
Training (langfristiges Training für Trainer und
Training des Europäischen Bürgers), Publikationen
(Trainingsmaterial und Unterlagen in gedruckter
und elektronischer Form) und Netzwerktools
(Trainerpool und Austauschmöglichkeiten). Ab-
schließendes Ziel ist es, den Standard von Jugend-
arbeitertraining auf europäischem Niveau zu heben
und Qualitätskriterien für das Training festzusetzen.

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