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Vorab ein wenig zur Geologie. Das heutige Kappadokien mit seiner
einzigartigen Felsen- und Kulturlandschaft, die seit 1985 zu Recht zum
Weltkulturerbe der Menschheit zählt, verdankt seine Entstehung einem
jungtertiären Vulkanismus um den heute noch imposant bis fast 4000 m
aufragenden Erciyes - Vulkan südlich von Kayseri. Im Gegensatz zu
manchen örtlich erhältlichen Informationen ist dieser jedoch nur zu einem
Teil für die bis zu mehreren hundert Meter mächtigen Tuffablagerungen in
Kappadokien verantwortlich. Vielmehr bestanden in Kappdokien eine
ganze Reihe von vulkanischen Eruptionszentren, die große Volumina eines
schnell aushärtenden hellen Tuffs förderten. Gelegentlich in dem Tuff zu
beobachtende Basaltgänge lassen dabei ebenfalls auf zahlreiche kleinere
Eruptionsherde im direkten Umfeld der Tuffablagerungen schliessen. Der
Vulkanismus endete vor wenigen zehntausend Jahren, wobei einige
Indizien auf kleinere Ausbrüche noch in historischer Zeit hindeuten.
Dabei ist der meist sehr helle Tuff im bergfeuchten Zustand weich und
lässt sich leicht bearbeiten und aushöhlen. Bei längerem Luftzutritt härtet
er dann allmählich aus und weist eine erstaunlich hohe Standfestigkeit
auch bei größeren Hohlräumen auf. Dazu kommt ein gutes
Wärmehaltevermögen, sodaß derartige Felsenräume winters wie sommers
angenehm temperiert sind. Diese Eigenschaften und die angenehm
hellbeige Farbe des Tuffes haben seit altersher dazu geführt, das Felsen
ausgehöhlt und als Wohnraum, Klöster, Kirchen, Mönchszellen etc.
genutzt wurden. Und selbst heute noch werden neue Hohlräume zu Lager-
und Wohnzwecken gegraben, u.a. als exklusive Hotelzimmer für
zahlungswillige Touristen.
Begibt man sich nach Derinkuyu oder Kaymakli, so betritt man nach
Passage zahlreicher Andenkenläden und nach Entrichtung eines nicht zu
knapp bemessenen Eintrittsgeldes (2002 : 7,50 Euro) den jeweiligen
unterirdischen Komplex. Hier kann man sich relativ frei bewegen, sollte
jedoch im allgemeinen den Pfeilen folgen, um nicht die Orientierung zu
verlieren. Dies geschieht recht leicht, allerdings kommt man früher oder
später wieder auf die beleuchteten Hauptwege zurück. Zu sehen gibt es
ein wahres Labyrinth von Gängen und Räumlichkeiten, die im allgemeinen
leer sind und nur gelegentlich rudimentäre Einrichtungsgegenstände wie
Handmühlen, Speicherkrüge etc. zeigen. Überraschenderweise finden sich
auch nur wenige Verzierungen und Wandmalereien, wie diese für die
zahlreichen christlichen Untertagekirchen der Gegend so typisch sind,
fehlen fast gänzlich. Eindrucksvoller sind da schon die sichtbaren
Verteidigungseinrichtungen in Form von Fallgruben und mühlsteinartigen
Rollsteinen, die zum Verschliessen der Gänge dienten (Abbildungen 1 und
4). Wie aus Abbildung 4 ersichtlich, befinden sich die Einrichtungen zum
Bewegen der Rollsteine immer in dem vom eindringenden Feind nicht
zugänglichen Bereichen. Dabei kann der Gang relativ leicht verschlossen
und der Rollstein gegen unbefugtes Öffnen von Außen durch Verkeilung
gesichert werden. Ein Öffnen ist jedoch praktisch nur von innen möglich.
Dies bedeutet, das die Bewohner der unterirdischen Siedlungen sehr viel
Wert darauf legten, ein Eindringen von außen möglichst zu erschweren.
Hier ist es nun an der Zeit mit einigen Mythen und Gerüchten um die
unterirdischen Städte oder vielmehr Siedlungen am Beispiel Derinkuyu
und Kaymakli als deren größte bekannte Vertreter aufzuräumen :
1. Die Städte gehen tatsächlich bis auf eine Tiefe von etwa 60 m unter der
Oberfläche herunter, wobei die Räume zwar nach unten zu immer größer
werden, die Anzahl der Räumlichkeiten pro Etage dabei aber rasch
drastisch abnimmt.
Die These der langen Verbindungsgänge zwischen den Städten ist somit
aus verschiedenen Gründen ad acta zulegen, auch wenn im Einzelfall der
ein oder andere längere Fluchtstollen - dann aber zweifellos nach
Ubertage ! - durchaus vorhanden gewesen sein mag.
Abbildung 6 : Profil durch Derinkuyu Quelle : GÜLYAZ & YENIPINAR, ca. 1995
Zum einen gab es in der damaligen Zeit – also vor etwa 2500 Jahren -
Städte dieser Größenordnung selbst an der Oberfläche praktisch nicht !
Zum anderen gibt es in ganz Derinkuyu vielleicht 200 Räume. Schätzt
man die Anzahl der bisher nicht ausgegrabenen und somit unbekannten
Räume auf ebenfalls 200, so haben wir 400 benutzbare Räume. In jedem
dieser mit durchschnittlich etwa 4 x 4 m nicht eben sehr großen Räume
war Platz für ungefähr eine Familie, die wir hier auf 5 Mitglieder schätzen
wollen.
Noch zwei weitere Punkte sprechen für eine nur geringe Siedlungsdichte
im Untergrund, beziehunsgweise für eine nur kurze Verweilzeit der
Menschen dort. So sind die vorhandenen Brunnen sehr klein dimensioniert
und haben nur eine begrenzte Fördermenge. Schließlich findet man an
fast keiner Stelle in den UT - Städten sanitäre Anlagen vor. Bei einer
Belegung der Siedlungen mit mehreren Tausend Menschen müssten sich
daher sehr schnell hygienisch katastrophale Zustände entwickeln.
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Nur sollte man dabei den zweifellos übertriebenen Angaben der Literatur
oder den Informationen der örtlichen Fremdenführer mit der gebotenen
Skepsis begegnen.
Danksagung :
Weiterführende Literatur :