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D ut, h r tau gabe . .

· l d Originalau gabe: The Sublime ObJectof Ideology


lt • 1· k'
u d in ngli eh n von Aaron Z1e ins 1, . . .
unt r r dak ioneller Mitarbeit von Jan Philipp Weise

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der


Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet überhttp://dnb.dnb.de/ abrufbar.

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ISB... 978-3-7092-0474-0
© 1989by Slavoj Zizek
Published by arrangement with Verso, London-New York
© der <lt. Ausgabe 2021 by Passagen Verlag Ges. m. b. H., Wien
Grafis hes Konzept: Ecke Bon k
Satz; Pa sagen Verlag Ges. m. b. H., Wien
l 1up://www.passagen.at
Dru k: Ferdinand Berger & Söhne GmbH, 3580 Horn
Inhalt

Vorwort: Die Verstopfung der Idee 11

Einleitung 27
1. Das Symptom 37
1. Wie hat Marx das Symptom erfunden? 39
2. Vom Symptom zum Sinthom 93

II. Der Mangel im Anderen 131


3. ,,Che Vuoi?" 133
4. Man stirbt nur zweimal 187

III. Das Subjekt 211


5. Welches Subjekt des Realen? 213
6. ,,Nicht nur als Substanz,
sondern ebensosehr als Subjekt" 271

Anmerkungen 309
Vorwort
Die Verstopfung der Idee

Wenn eine Disziplin in der Krise steckt, dann versucht man, ihre
Thesen innerhalb der Modalitäten ihres grundlegenden Rah-
mens zu ändern oder zu ergänzen. Dieses Vorgehen kann man
als „Ptolemisierung" bezeichnen (denn als Daten auftauchten, die
der ptolemäischen, geozentrischen Astronomie widersprachen,
führten ihre Verteidiger zusätzliche Prämissen ein, um diese Ano-
malien zu erklären). Die „kopernikanische" Wende tritt jedoch
erst dann wahrhaft ein, wenn der grundlegende Rahmen selbst
transformiert wird, anstatt einfach Prämissen hinzuzufügen oder
nebensächliche Prämissen abzuändern. Wenn wir es also mit einer
selbsternannten „wissenschaftlichen Revolution" zu tun haben,
müssen wir immer folgende Frage stellen: Handelt es sich wirklich
um eine kopernikanische Wende oder bloß um die Ptolemisierung
eines alten Paradigmas?
Zwei Beispiele für das, was ich mit Ptolemisierung meine: Es gibt
triftige Gründe zu behaupten, dass es sich bei der Stringtheorie
lediglich um eine Form von Ptolemisierung handelt - sie gibt vor,
die Grundlagen für eine vereinheitlichte Theorie bereitzustellen
(also einen einzigen Begriffsrahmen, der die vier fundamenta-
len Interaktionen subatomarer Teilchen beschreibt, die zuvor von
Relativitätstheorie beziehungsweise Quantenphysik getrennt be-
handelt wurden) - und dass wir noch immer auf einen Neubeginn
warten, der einen weitaus radikaleren Wandel der Grundannahmen
erfordert (zum Beispiel, dass man Zeit und Raum nicht länger als
die Grundkonstituenten der Wirklichkeit begreift). 1 Auch in Bezug
auf die Gesellschaftstheorie gibt es triftige Gründe zu behaupten,
dass es sich bei all den vorgeschlagenen „neuen Paradigmen , die
das Wesen der gegenwärtigen Situation beschreiben sollen (etwa
dass wir in eine post-industrielle Gesellschaft, eine postmoderne

11
11 h f t in Ri ikog 11 ~af opd r i°: . Information g 1).
„ h ft intr t n ... ) nur u~ w ~t 1 to 1 m1s1erung n des „alt
I c r di -111a '' la i h r oz1olog1 h r Mod lle handelt. n
laut t dann: Wi t ht um die Psychoanaly ? Ob h
• k 'k • 1 Wo l
r ud in ntd ~~ng al~ 1ne op rni anisc 1: Wende dargestellt
hat ind di I ognit1011 wisser1schaften davon uberzeugt, dass d'
p , hoanal bloß eine „Pt~lemisierung" der klassischen Psych~~
lo i i t di e °:icht chafft, ihre Grun.da~~a~men zu überwinden.
(Po t-kla i he Ökonomen behaupten im Ubrigen das Gleiche üb
Mar ,: eine Kritik an Smith und Ricardo sei bloß eine Ptolemist
rung.) Das erhabeneObjektder Ideologieversucht, diese Frage zu b:.
antworten indem es ~en_ phil?sophi~chen Ker? der ~sychoanalyse
"Tiederherstellt - dabei wird sie als eine Theorie begriffen, die der
hegelianischen Dialektik verpflichtet ist und nur vor ihrem Hin-
tergrund gelesen werden kann. Das mag vielleicht als der denkbar
chlechteste Schachzug erscheinen, den man machen kann: Zu ver-
uchen, die Psychoanalyse - eine verrufene Theorie (und Praxis)_
zu retten, indem man sich auf eine noch viel verrufenere Theorie
bezieht: eine spekulative Philosophie von der schlimmsten Sorte,
deren Nutzlosigkeit der Fortschritt der modernen Wissenschaften
längst aufgezeigt hat.
Lacan hat uns jedoch beigebracht, dass es manchmal richtig ist,
die schlechteste Option zu wählen, wenn wir vor einer scheinbar
klaren Entscheidung stehen. Meine Wette war (und ist) deshalb,
dass sich Psychoanalyse und hegelianische Dialektik durch ihre
echselwirkung (Hegel mit Lacan lesen und umgekehrt) gleich-
zeitig rehabilitieren, ihre alte Haut abwerfen und in einer neuen,
unerwarteten Form hervortreten.
Betrachten wir die hegelianische Dialektik dort, wo sie am „idea-
listischsten" ist - beim Begriff der Aufhebun~ 2 aller unmittelbar
materiellen Realität. Die Grundoperation der Aufhebun~ ist die Re-
duktion: Was auf gehoben wurde, überlebt, jedoch in einer gewisser-
maßen "vereinfachten" Form. Es wurde aus dem lebensweltlichen
Kontext herausgerissen und auf seine wesentlichen Eigenschaften
i runtergebrochen, und alle Bewegung und aller Reichtum seines
Leb n. wurd auf eine starre Markierung reduziert. Es ist nichts?,
~l fü.hrt di spekulative „konkrete Allgemeinheit" uns irgendwie
in fri h Grün des Lebens zurück, nachdem die Vernunft durch

12
b traktion ihre mörderi ehe Arbeit mit starren Kategorien und be-
iffli hen Bestimmungen erledigt hat. Vielmehr ist die Unmittel-
barkeit d Lebens für immer verloren, wenn wir erst einmal von
d r mpiri chen Realität zu ihrer begrifflichen Aufhebung;- fortge-
chritten sind. Für Hegel ist nichts fremder als die Klage darüber,
dass der Reichtum der Realität verlorengehe, wenn wir dazu fort-
schreiten, sie begrifflich zu erfassen. Erinnern wir uns daran, wie
eindeutig Hegel die absolute Macht des Verstands in seinem Vorwort
zur Phänomenologiepreist: ,,Die Tätigkeit des Scheidens ist die Kraft
und Arbeit des Verstandes,der verwundersamsten und größten oder
vielmehr der absoluten Macht. "3 Dieses Lob wird keineswegs ein-
geschränkt; Hegels Punkt lautet also nicht, dass diese Macht später
trotzdem „aufgehoben" und zu einem untergeordneten Moment der
vereinheitlichenden Totalität der Vernunft wird. Vielmehr liegt das
Problem des Verstandes darin, dass er seine Macht nicht bis zum Äu-
ßersten treibt, dass er sie als etwas dem Ding Äußerliches begreift.
Daher rührt die gängige Auffassung, dass es bloß unser Verstand (un-
ser „Geist") sei, der in seiner Vorstellung scheidet, was in „Wirklich-
keit" zusammengehört. Die „absolute Macht" des Verstandes sei bloß
unsere Vorstellungskraft, die die Wirklichkeit des Gegenstandes,
der auf diese Weise analysiert wurde, in keiner Weise betrifft. Der
Übergang vom Verstand zur Vernunft findet nicht statt, wenn diese
Analyse (oder dieses Auseinandernehmen) durch eine Synthese
überwunden wird, die uns zum Reichtum der Realität zurückführt,
sondern wenn die Macht, die Dinge „auseinanderzunehmen", in die
Dinge selbst verlegt wird, indem wir sie als eine ihnen innewohnende
Macht der Negativität begreifen, anstatt davon auszugehen, dass sie
etwas ist, das sich „bloß in unserem Kopf" abspielt.
Ein „progressiver" Erziehungswissenschaftler traf in den 1960er-
Jahren einen Nerv, als er die Ergebnisse eines recht einfachen Expe-
riments veröffentlichte: Er hatte eine Gruppe Fünfjähriger darum
gebeten, ein Bild davon zu malen, wie sie zu Hause spielen. Zwei
Jahre später, als die Kinder bereits anderthalb Jahre Grundschule
absolviert hatten, bat er dieselbe Gruppe darum, die Aufgabe zu wie-
derholen. Der Unterschied war frappierend: Die Selbstporträts der
~ünfjährigen waren überschwänglich, lebhaft, voller Farben und
surr al-spielerisch. Zwei Jahre später waren die Porträt viel tren-
g und g bändigter. Ein Großteil d r Kinder wählt auton1ati eh

13
d 11 g wöhnlichen, grauen Bleistift obwohl ihnen auch and
. •h d ere Fa
b n zur V rf ügung standen. Wie man s1c enken kann r.
di•-... E p rim nt als Beweis
r- ...
• f..ur d.ie „U n t er d ruc•• kung" dur' wurde
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hulapparat angesehen, daf ~r, wie • d 1~
• S_ch "!1
1e d 1~
• spontanecKreaden
ti ität von l(indern durch Drill und Disziplin erstickt, und so .•
t r und O fort. Aus hegelianischer Perspektive sollte man di wei.
. h • h .d esen
Wandel jedoch als das Anze1c en eines entsc e1 enden geisti
.
Fort chritts würdigen: Man v~r 1· ~er_tu.•b er h a~pt n1~ gen
• h ts, wenn diele~
hafte Farbigkeit auf graue D1sz1phn reduziert wird. Tatsächlich•1
sogar unendlich viel gewonnen. Die Macht des Geistes liegt gera:
darin, vom „Grün" der Unmittelbarkeit des Lebens zum „Grau"d;
begrifflichen Struktur fortzuschreiten und in diesem reduzienen
Medium die wesentlichen Bestimmungen zu reproduzieren, diewir
in unserer unmittelbaren Erfahrung ausblenden.
Die gleiche Art von Abtötung können wir auch am historischen
Gedächtnis oder an Denkmälern beobachten: was überlebt, sindOb-
jekte, die ihrer lebendigen Seele beraubt sind. Hegel kommentiert
das antike Griechenland folgendermaßen: ,,Die Bildsäulen sindnun
Leichname, denen die belebende Seele, so wie die Hymne Worte,
deren Glauben entflohen ist [. ..] ."4 Die wirklich dialektische Wieder
belebung liegt, wie beim Übergang vom ewigen Wesen Gotteszum
Heiligen Geist, gerade im Medium der „grauen" begrifflichen Be-
timmung:

Der Ver tand gibt ihnen [den Mannigfaltigkeiten des Sinnlichen, S. Z.] zwardurch
die Form der abstrakten Allgemeinheit sozusagen eine solche Härte des Seins[..,),
a.ber durch diese Vereinfachung begeisteter sie zugleich und schärft sie so z~,~aß
1 eben nur auf dieser Spitze die Fähigkeit erhalten, sich aufzulösen, und 10 ihr
ntg genge etztes überzugehen. 5

Di "Vi r _infachung" ist genau das, was Lacan mit Bezug auf
: ~d ~l di Reduktion eines Dinges auf seinen trait unaire(dt1
einzige Zurf'0 ) b zeichnet hat: Dabei haben wir es mit einer rt on
rkö P rung zu tun, durch die eine Mannigfaltigkeit von j~e;
haft 11 auf in inzig s dominantes M rkmal reduziert wi~ •
. hal n in • "konkr t Gestalt in der n ganz m Da in • e,n
im t}1 • h . ' • r-
m Jt r s h nd 1st und worin die and ren nur in
h n z_ur n _vorhand n sind ,7: ,,d t Inhalt [i t] hon. di i::
h 1t g tilgt Wirkli hk it, di b zwung n nrnttt lb

l
k it di Ge taltung bereits auf ihre Abbreviatur, auf die einfache
Gedankenbe tiinmung herab gebracht. "8
Für g wöhnlich wird der dialektische Ansatz als ein Versuch ver-
tanden, das zu analysierende Phänomen in der Totalität zu verorten,
der es angehört, den Reichtum seiner Verbindungen mit anderen
Dingen off enzulegen und so den Bann der fetischisierenden Abs-
traktion zu brechen: Aus dialektischer Perspektive dürfen wir ein
Ding nicht bloß so betrachten, wie es unmittelbar vorliegt, sondern
müssen auch erkennen, dass es in die Fülle eines konkreten histori-
schen Kontextes eingebettet ist. Das ist jedoch eine überaus gefähr-
liche Falle, in die man nicht tappen sollte. Für Hegel liegt das wahre
Problem genau im Gegenteil: nämlich darin, dass wir, wenn wir einen
Gegenstand beobachten, zu viel in ihm sehen und in den Bann der
Vielfalt empirischer Details gezogen werden. Das hindert uns daran,
die begriffliche Bestimmung klar zu erkennen, die den Kern des Ge-
genstands ausmacht. Das Problem liegt also nicht darin, wie man die
Vielfalt der Bestimmungen begreifen, sondern wie man von ihnen
abstrahierenkann, wie man den Blick einschränken und ihn lehren
kann, nur die begriffliche Bestimmung zu erfassen.
Hegels Formulierung ist hier sehr klar: Die Reduktion auf den
signifizierenden „einzigen Zug" kontrahiert die Wirklichkeit zur
Möglichkeit, und zwar ganz im platonischen Sinne, demzufolge der
Begriff (die Idee) eines Gegenstandes immer eine deontologische
Dimension auf weist. Diese bestimmt, was der Gegenstand werden soll,
um ganz zu dem zu werden, was er ist. ,,Möglichkeit" benennt also
nicht einfach das Wesen eines Dinges, das in der Mannigfaltigkeit
empirischer Gegenstände verwirklicht wird (die Idee eines Stuh-
les als eine Möglichkeit, die in empirischen Stühlen verwirklicht
wird). Die Mannigfaltigkeit der wirklichen Eigenschaften eines Ge-
genstandes wird nicht einfach auf den inneren Kern der „wahren
Realität" dieses Gegenstandes reduziert. Viel wichtiger ist, dass die
signifizierende Reduktion das innere Potential dieses Gegenstands
akzentuiert (ihm ein Profil verleiht). Wenn ich jemanden „meinen
Lehrer" nenne, dann entwerfe ich dadurch den Horizont der Er-
wartung n, die ich an ihn richte; wenn ich einen Gegenstand al
„Stuhl" b zeichne, dann gebe ich der Art, wie ich ihn künftig nutzen
will, in Profil. W nn ich die Welt, die mich umgibt, durch die Lin e
in r Spra h b trachte, dann n hm ich ihre Wirklichkeit durch

15
di Lin n rb rg n r ögli hk it n wahr, di lat nt i 'h
1
d n in l. Da b d ut t d di ögli hk it nur dur h n rvorhan.
. ol h ' r h int als Mögli hkeit wirkli h wird: Di nrurach . al
G • n tand bringt d n Möglichk iten h rvor ( setzt"u~r eine
W nn wir Aufhebung>!<r t inmal auf diese Weis b gr •f.te •
ird ofort klar, wa mit einem der Hauptth men d:~ en, dann
fr udiani h n Zurü kweisung von Hegel nicht timmt P„eu?o-
die Annahme, da s Hegels System der höchste und über;/abrnlich

Au d ruc k einer ora 1en Ök onom1e• se1.• Ist die
· hegelianische
ie en te
1
nicht tatsächlich ein unersättlicher Vielfraß, der jedes Ob?ee
chluckt", das ihm über den Weg läuft? Es ist kein Wunder ~ekt
Hegel sich selbst als Christ versteht: Für ihn bedeutet der' _as
. n~
elle Verzehr des Brotes, das durch die Transsubstantiation in d
Fleisch Christi verwandelt wurde, dass das christliche Sub1ektGats
. . d d J Ot
selbst ohne Rest 1ntegr1eren un ver auen kann. Ist das hegelia-
nische Begreifen/Erfassen demnach eine sublimierte Form von
Verdauung? Hegel schreibt:

Daß der einzelne Mensch etwas tut erreicht und vollbringt dazu gehört daßdie
Sache in ihrem Begriff sich so verhalte. Daß ich einen Apfel esse, ist, daß ich seine
organische Selbständigkeit vertilge und ihn mir a imiliere. Daß ich dies tun kann
dazu gehört, daß der Apfel an sich - schon vorher ehe ich ihn anfasse - in seiner
_ atur diese Bestimmung habe, ein zu Zerstörende zu sein und zugleich einsol-
ches, das an sich eine Homogeneität mit meinen Verdauungswerkzeugen hat,daß
ich ihn mir homogen machen kann. 9

Handelt es sich hierbei nicht um eine einfachere Form des Erkenntnis•


prozesses selbst, in dem wir - wie er gerne hervorhebt - das Objek~
nur erfassen können, wenn dieses Objekt selbst schon „mit oder~ 1
uns sein will"? Man sollte diese Metapher auf die Spitze treiben:Die
gewöhnliche Art, Hegel kritisch zu lesen, konstruiert dessen absolu-
tes Substanz-Subjekt als durch und durch verstopft - es halte denver-
schlungenen Inhalt in sich zurück. Hegels System ist, wie A?or~o
sich in einer seiner bissigen Bemerkungen ausgedrückt hat (die,'.::
so oft bei Adorno, das Ziel verfehlt), ,,der Geist gewordene Bauch 1

der vorgibt, die gesamte unverdauliche Andersheit verschl~ngen


zu haben ... Doch was ist mit der Gegenbewegung: hegelian~eh.
S h ißen? Ist das Subjekt dessen, was Hegel das „ab ol_ute'd 1 ::f
n nnt, nicht ein vollkommen entleertes Subjekt, ein Subjekt, a a

16
die Rolle eine reinen Beobachters (oder fast schon Registrars) der
Selbstbewegung des Inhalts reduziert ist?

Da Reich te i t daher das Konkreteste und Subjektivste, und das sich in die ein-
fachste Tiefe Zurückneh1nende das Mächtigste und Übergreifendste. Die höchste,
zuge chärfteste Spitze ist die reine Persönlichkeit, die allein durch die absolute Dia-
lektik die ihre Natur ist ebensosehr alles in sich befaßt und hält [ ...]. 11

Streng genommen ist das Subjekt selbst die gesetzte/ gereinigte


Substanz: eine Substanz, die auf die Leere der leeren Form selbst-
bezüglicher Negativität reduziert ist und jegliche Fülle von „Per-
sönlichkeit" ausgeschieden hat. Lacanianisch gesprochen handelt es
sich beim Übergang von der Substanz zum Subjekt um den Über-
gang von S zu S. Das heißt, das Subjekt ist die gebarrte Substanz. (In
der Dialektik der Aufklärung machen Adorno und Horkheimer den
kritischen Punkt, dass das Selbst, das auf bloße Selbsterhaltung ge-
richtet ist, allen Inhalt opfern muss, der solch eine Selbsterhaltung
lohnenswert machte; Hegel hingegen nimmt solch ein konstitutives
Opfer als positiv wahr.) Schelling nannte den gleichen Übergang
Kontraktion (wieder mit dem kotigen Beiklang, Scheiße aus sich
herauszupressen, sie herausfallen zu lassen): das Subjekt ist die kon-
trahierte Substanz.
Zwingt uns diese letzte Position des Subjekts im hegelianischen
System nicht dazu, die Metapher der Verdauung umzudrehen? Die
höchste (und für viele problematischste) Form dieser Gegenbewe-
gung findet sich ganz am Ende der Logik. Nachdem die begriff-
liche Entwicklung vollendet und mit der absoluten Idee der Kreis
geschlossen wird, ,,entlässt sich" die Idee in ihrer Auflösung/Ent-
scheidung „frei" in die Natur, lässt die Natur gehen, lässt sie los,
sondert sie aus, stößt sie von sich ab, und befreit sie somit. 12 Aus die-
sem Grund ist die Naturphilosophie für Hegel keine gewalttätige
Wiederaneignung dieser Äußerlichkeit. Vielmehr geht eine passi e
Beobachtungshaltung mit ihr einher. Dies drückt er in der Philo o-
phie des Geistes folgendermaßen aus: ,,Die Philosophie also gewis-
s rmaßen nur zuzusehen, wie die Natur selber ihre Außerlichkeit
aufhebt [. ..]." 13
Der gl iche Übergang wird auch von Gott selbst vollzogen, der
si hin d r G stalt Christi, dieses endlichen Sterblichen, ,,frei in die

17
z itli h ,i t 11 ntla n hat"·. nd da. gl i h gilt au h für d'
frühn uz itli h l un t. H g 1we1 t na h, das da Aufkomm re
tilll b n" (ni ht nur on Land chaft n, Blumen et cetera en Von
. ) ' onder
au h 011 ahrung mitt ln oder toten T 1eren gerad auf di n
a h in d r Entwi• kl ung d r Kun •• t e zuruc•• k zu f u„ h ren ist d e l'at.•
ubi ku. ität
. nicht. ..
langer au f d a v1sue
• 11e M e d.ium als ihr . 'wiass
h .die
J • • D h iß c tigs
t u druck mittel angewiesen ist. as e t, dass die natü 1. •
•" d S b. . . r tche
ing bung _on der La t „b ef re1~ w1:r e, u ~ek~ivität auszuctru.
k 11 _ , eil ich der Akzent auf die Dichtung als direktere Da
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lung de ub1ekt1 J
en Innenlebens
.
verschoben hat. Darum ko"
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ie nun um ihrer selbst willen zur Geltung gebracht werden • E'1ruge .
ehr genaue Hegel-Leser ha~en ~ude1:11berei~s angemerkt, dassdie
Aufhebung der Kunst selbst in die philosophischen Wissenschaft
(in begriffliche Denken)-. die Tatsac~e, das~ Kunst_nicht länger:~
'\J ichtigste Ausdrucksmedium des Geistes dient - diese befreit und
e ihr erlaubt, autonom zu werden und auf eigenen Füßen zu ste-
hen. Ist das nicht geradezu die Definition der Geburt einer Kunst ,
die wirklich modern ist und nicht länger die Aufgabe hat, die geis-
tige Wirklichkeit zu repräsentieren?
Entäußerung und Aufhebung stehen keineswegs in einem Ver-
hältnis der Sukzession oder des äußerlichen Gegensatzes. Es geht
nicht darum, ,,erst zu fressen und dann zu scheißen". Das Scheißen
i t der immanente Abschluss des gesamten Prozesses: ohne es hät-
ten wir es mit der „schlechten Unendlichkeit" eines endlosen Auf-
hebungsprozesses zu tun. Der Aufhebungsprozess kann nur durch
eine Gegenbewegung zu seinem Ende gelangen:

[...] die beiden Prozesse von Aufheben und Entäußerung sind, entgegen dessen,
was man sich zunächst vorstellen würde, vollkommen miteinander verbunden.~
fällt ofort auf, dass das Verb aufheben* im letzten Moment des absolutenGei~·
te - Die Philosophie- als Synonym der Verben befreien*und ablegen*erscheint. Die
pekulative Entäußerung [dessaisissement spiculatifJ ist dem Prozess der Aufoebun~
keine falls fremd, sondern vielmehr seine Erfüllung. Die Entäußerung 1stdieAub
hebungder Aufhebung, das Resultat der Arbeit der Aufhebung an sich selbSt 0nd•a
okhe, ihre TransformaLion. Die Bewegung des Verdrängens-Bewahre~s ~~e:
1
diese Transformation an einem bestimmten Punkt ihrer Geschichte, nämhA,ftt
Punkt d s absoluLen Wis ens. Die spekulative Entäußerung ist die absolute "·,ur
bung - in ofern man unter „absolut" die Befreiung beziehungsweise Aufhebung
tl
bestimmtenArt von Verbundenheitv rsteht. 14

18
Wahre Erkenntnis liegt also nicht allein in der begrifflichen „An-
ignung" ihres Objekts: Der Prozess der Aneignung dauert nur an,
olange die Erkenntnis unvollendet bleibt. Es ist ein Zeichen seiner
Vollendung, wenn die Erkenntnis ihr Objekt befreit, es sein und
fallen lässt. Deshalb und auf diese Weise muss die Aufhebungsbewe-
gung in die selbstbezügliche Geste münden, sich selbst aufzuheben.
Doch wie verhält es sich mit dem offensichtlichen Gegenargu-
ment? Ist der Teil, der entäußert, der losgelassen wird, nicht gerade
der zufällige, vergängliche Aspekt des Objekts, den die begriffliche
Vermittlung/Reduktion getrost als an sich wertlosen Teil fallen-
lassen kann? Genau diese Täuschung muss man aus zwei Gründen
meiden. Erstens glaube ich, dass gerade im Gegenteil der entlassene
Teil - wenn ich auf der Kotmetapher beharren darf - als Dung der
geistigen Entwicklung betrachtet werden kann, als Grund, aus dem
die weitere Entwicklung hervorsprießen wird. Dass die Natur in
sich selbst entlassen wird, legt also das Fundament für den Geist,
der nur aus der immanenten Selbstaufhebung der Natur hervor-
gehen kann. Zweitens, und noch viel grundlegender: Es ist letztlich
das Erkenntnisobjekt selbst, das in der spekulativen Erkenntnis sei-
nem eigenen Sein überlassen wird. Wenn es wirklich begriffen* wird,
hängt es nicht mehr vom aktiven Eingreifen des Subjekts ab, son-
dern entwickelt sich selbst, indem es seine1n eigenen begrifflichen
Automatismus folgt. Das Subjekt wird dabei auf die Rolle eines pas-
siven Beobachters reduziert, der den Prozess bloß registriert und
dem Ding erlaubt, sein eigenes Potential ohne jegliche Intervention
(Zutun*) zu entfalten. Aus diesem Grund ist die hegelianische Er-
kenntnis gleichzeitig aktiv und passiv, jedoch in einem Sinne, der
den kantianischen Erkenntnisbegriff als Einheit von Aktivität und
Passivität radikal verschiebt. Bei Kant synthetisiert das Subjekt aktiv
den Inhalt (die sinnliche Mannigfaltigkeit), von dem es passiv affi-
ziert wird, das heißt, es verleiht ihm Einheit. Ganz anders bei Hegel,
hei dem das erkennende Subjekt auf der Ebene des absoluten Wis-
sens vollständig passiv bleibt: Es interveniert nicht länger in das Ob-
jekt, sondern registriert lediglich seine immanente Bewegung der
S Jbstdifferenzierung/Selbstbestimmung (oder seine autopoieti eh
]b torganisation, um einen zeitgenössi h r n Begriff zu nutzen).
Das Subj kt ist also an s in m radikalsten Punkt keine weg d r k-
teur d s Prozes s: Das Syst 1n (d s Wiss n ) elbst i t d r kt ur,

19
d r i h automati h elbst entfaltet, ohne dass ein Anst0 ß
An hub on außen notwendig wäre. Doch gerade diese p .0?er
rfordert glei hzeitig eine enorme Aktivität: Das Subjekt massiv~tä
. . h ussein
g waltig An trengung au fb ringen, um sic aus seinem beso d e
Inhalt al Akteur, der in das Objekt eingreift, ,,auszulöschen"eren
i h al neutrales Medium, als Ort der Selbstentfaltung des 8 und °
darzubieten. Dadurch überwindet Hegel den üblichen nuJ~tellJJ
.h . . h d . 1S111U
zwi chen System un d Frei eit, zwisc en er spinozistischen Vo
. b • 11 de • (d .
lung eines su s~a?t1e e1: us szve natur~ essen Teil ich bin undin
rstel.
dessen Determ1n1smus ich gefangen bin) und dem fichteanisch
Begriff des Subjekts als eines Akteurs, der einer trägen Massee~
. d . . d . h ge
genübersteht, d 1e er zu om1meren un sic anzueignen versucht
Das höchsteMoment subjektiver Freiheit liegt darin, das Objektzu befreie·
es freizulassen, damit es sich selbst entfalten kann: ,,Die absoluteFrd.
heit der Idee aber ist, daß sie [... ] selbst sich entschließt,das Moment
ihrer Besonderheit [... ] aus sich zu entlassen." 15
Man muss „absolute Freiheit" hier wörtlich verstehen, nämlichim
etymologischen Sinne von absolvere:freigeben, loslassen. Schelling
war der Erste, der diesen Schachzug als illegitim kritisiert hat:
Nachdem Hegel den Kreis der logischen Selbstentfaltung desBe-
griffs abgeschlossen hatte - und im Bewusstsein, dass diese gesamte
Entwicklung im abstrakten Medium des Gedankens stattgefunden
hatte-, musste er irgendwie einen Übergang zurück ins echte Leben
finden. Da jedoch keine Kategorie seiner Logik diesen Übergang
bewerkstelligen konnte, musste er auf Ausdrücke wie „Entschei-
dung" zurückgreifen (die Idee „entscheidet sich" dazu, die Natur
von sich zu befreien) - Ausdrücke die keine logischen Katego~en,
sondern Kategorien des Willens und des praktischen Lebens smcl.
Diese Kritik übersieht jedoch klarerweise, dass der Akt, den ~de-
ren zu entlassen, dem dialektischen Prozess als dessen abschheßen·
des Moment zutiefst immanent ist. Er ist Zeichen des Abschl?sses
eines dialektischen Kreises. Ist nicht genau das die hegeliarusche
Version von Gelassenhei~? •
j

~aher ~uss man Hegels „dreifachen Schluss d~r Phil~s~p!~:.


G 1st-Log1k- atur folgendermaßen lesen: Zu Beginn det P in
l~tiv B w~gung. dieses Schlusses steht ~ie geistige Sub ~nz'.iff
d1 d1 Subjekte eingetaucht sind· durch die anstreng nd e d~1•t.1'
11. h Arb 1t. wird
. ,
der Reichtum dieser Substanz sodann au
f ie i11

20
zugrundeliegende logische/begriffliche Struktur reduziert; sobald
diese Aufgabe abgeschlossen ist, kann die voll entwickelte logische
Idee die Natur aus sich entlassen. Dies ist die Schlüsselstelle:

Indem die Idee sich nätnlich als absolute Einheit des reinen Begriffs und seiner
Realität setzt s01nit in die Unmittelbarkeit des Seins zusammennimmt, so ist sie als
die Totalität in dieser Form - Natur. 16

Diese Bestimmung entspringt jedoch weder einem Werdensprozess,


noch ist sie ein Übergang wie er etwa oben stattfand, als der gesamte
subjektive Begriff zur Objektivität und der subjektive Zweck zum
Leben wurde. Vielmehr ist die reine Idee - in der die Bestimmtheit
oder Realität des Begriffs selbst zur Begrifflichkeit erhoben wird -
eine absolute Befreiung, für die es keine unmittelbare Bestimmung
mehr gibt, die nicht selbst schon gesetzt und Begriff ist. In dieser
Freiheit findet daher kein Übergang statt. Das einfache Sein, zu
dem sich die Idee bestimmt, ist ihr völlig transparent und zugleich
der Begriff, der in seiner Bestimmung bei sich selbst bleibt. Die
zitierte Stelle muss daher eher so verstanden werden, dass sich die
Idee frei in ihre absolute Selbstgewissheit und innere Ausgeglichen-
heit entlassen kann. Wegen dieser Freiheit ist auch die Form ihrer
Bestimmtheit gänzlich frei - die Äußerlichkeit von Zeit und Raum
existiert absolut für sich und ohne ein Moment von Subjektivität. 17
Wiederholt beharrt Hegel darauf, dass diese „absolute Befreiung"
von dem üblichen dialektischen „Übergang" völlig verschieden sei.
Doch inwiefern? Es drängt sich der Verdacht auf, dass Hegels „abso-
lute Befreiung" von der absoluten Vermittlung jeglicher Andersheit
abhängt: Ich setze das Andere nur frei, nachdem ich es vollkommen
internalisiert habe ... aber ist das auch wirklich der Fall?
An dieser Stelle sollte man Lacans Kritik an Hegel erneut lesen:
Was, wenn Hegel - fern davon, das zurückzuweisen, was Lacan die
„subjektive Disjunktion" nennt - vielmehr von einer vorher gänzlich
unbekannten Trennung ausgeht, die sich sowohl durch das (be andere)
Subjellt wie auch durch die (allgemeine) substantielle Ordnung der „Kol~
lehtivität" zieht und beide miteinander vereint? Sprich, was, wenn die
„v; rsöhnung" des Besonderen mit dein Allgemeinen gerade durch
di Trennung g schieht, die mitten durch beide hindurchläuft? D r
g wöhnli h „postmodern "Vorwurf an Hegel - de1nzufolge in

21
Dial ktik Antagoni n1en und Spaltungen nur zulasse, um diese
magi eh Wei e in iner höheren Stufe .der Synthese- Vennitt] auf
, ied rauf zulö en - steht in ein~m merkwürdi?en Kontrast zu~!
gut n alten Vor,vurf der Marxisten . (der A
bereits von Schelling
. ge.
äuß rt wurde), demzufolge Hege 1 d ie ntagonismen nur im „D
k n" , al O durch begriffliche Vermittlung
. .
auflöse, während 81•ee?.
1n
d r Wirklichkeit unaufgelöst blieben. Man ist versucht, diesen zw,
.h e1.
t 11 Vorwurf für bare Münze zu ne h men un d i n gegen den erst
zu erwenden: Was, wenn es sic • h h'ier b ei• um di e angemessene Ren
aktion auf den Vorwurf handelt, dass die hegelianische Dialekt~
Antagonismen auf magische Weise auflöst? Was, wenn der Punkt
für Hegel gerade der wäre, die Antagonismen nicht „in der Wirk.
lichkeit aufzulösen", sondern einfach eine parallaktische Verschie.
bung [parallaxshift] vorzunehmen, durch die die Antagonismen „als
olche" anerkannt und so in ihrer „positiven" Rolle wahrgenommen
werden?
Der Übergang von Kant zu Hegel ist somit viel komplizierter als
es zunächst scheinen mag. Betrachten wir ihn noch einmal, indem
wir uns ihren verschiedenen Positionen mit Blick auf ihre jeweiligen
Positionen zum ontologischen Gottesbeweis widmen. Kants Zurück-
weisung dieses Beweises geht von seiner These aus, dass Sein kein
Prädikat sei. Auch wenn man alle Prädikate einer Entität kenne,
folge daraus noch nicht deren Sein (Existenz): Man kann das Sein
nicht aus einem Begriff schließen. (Das richtet sich offensichtlich
gegen Leibniz, demzufolge zwei Objekte ununterscheidbar sind,
wenn all ihre Prädikate übereinstimmen.) Es liegt auf der Hand,
was das für den ontologischen Gottesbeweis bedeutet: Genauso wie
ich einen vollkommenen Begriff von 100 Talern haben kann, ohne
dass diese sich in meiner Tasche befinden kann ich auch einen Be-
griff der Vollkommenheit Gottes haben ohne ' dass Gott existieren
muss. Hegels erste Anmerkung zu dieser' Argumentationslinie lau-
tet, dass ,,Sein" die ärmste und unvollkommenste der begrifflichen
B stimmungen sei (alles „ist" auf irgendeine Weise, selbst m~ine
ver~cktesten Phantasmagorien); nur durch weitere begriffh~he
B st1mmungen gelangen wir zur Existenz zur Realität, zur Wirk·
r1 J1keit,• und bei• alldem handelt es sich um' weit mehr als um bio·
.
ß s s·1~· Z 1tens
'-Jw
• •
bemerkt Hegel, dass die Lücke zwischen Bgrtff
e ...
un <l ~x1stenz gerade die Endlichk it markiert; diese gilt zwarfui

22
endli he Gegen tände ,vie 100 Taler, jedoch nicht für Gott: Gott
i t eben nicht , wa man einfach in der Tasche (oder nicht in der
Ta ehe) haben kann ...
Auf den ersten Blick mag es scheinen, als handelte es sich bei
dein Gegensatz zwischen Kant und Hegel letztlich um den Gegen-
atz zwischen Materialismus und Idealismus: Kant besteht darauf,
da s es ein Minimum von Materialismus gibt (die Unabhängigkeit
der Wirklichkeit in Bezug auf die begrifflichen Bestimmungen),
während die Realität bei Hegel vollkommen in ihren begriffli-
chen Bestimmungen aufgeht. Bei Hegel ist jedoch ein anderer
Punkt entscheidend, nämlich die viel radikalere „materialistische"
Behauptung, dass die vollständige begriffliche Bestimmung einer
Entität - zu der man einfach „Sein" hinzufügen müsste, um zu ihrer
Existenz zu gelangen - selbst ein abstrakter Begriff, eine leere ab-
strakte Möglichkeit ist. Der Mangel an (einer bestimmten Art von)
Sein ist immer auch der inhärente Mangel irgendeiner begrifflichen
Bestimmung - beispielsweise muss eine ganze Reihe begrifflicher
Bedingungen-Bestimmungen erfüllt sein, damit ein Gegenstand als
Teil einer opaken materiellen Realität existieren kann (an anderen
Bestimmungen hingegen muss es mangeln). Für die 100 Taler (oder
jeden anderen empirischen Gegenstand) bedeutet das, dass ihre be-
griffliche Bestimmung abstrakt ist. Daher ist ihr empirisches Sein
opak und sie sind nicht vollständig wirklich. Wenn Kant also eine
Parallele zwischen Gott und den 100 Talern zieht, dann muss man
sich die ganz simple und naive Frage stellen, ob er wirklich einen
(vollständig entwickelten) Gottes begriff hat.
Dies führt uns zur wahren Finesse von Hegels Argumentation.
Diese deutet in zwei Richtungen und richtet sich sowohl gegen Kant
als auch gegen die klassische Version des ontologischen Gottes-
beweises bei Anselm. Hegels Argument gegen Anselms Beweis lau-
tet nicht, dass dieser zu begrifflich sei, sondern gerade, dass er nicht
begrifflich genug sei: Anselm entwickele den Begriff Gottes nicht,
sondern betrachte ihn bloß als die Summe aller Vollkom1nenheit,
di unserem endlichen menschlichen Geist schlicht unbegreiflich
i. Anselm setzt „Gott" einfach als undurchdringliche Wirklichkeit,
di uns unbegreiflich ist (also außerhalb des begrifflichen Ber ich
li gt). Für Ans Im ist Gott, in ander n Wort n, gerad kein Beg1 iff
( twas, das von uns rer Arb it am B griff g tzt ,vird), ond rn

2
in_ r in vorau g etzte vor- oder nicht-begriffliche Wirk}'
• ·1·
ngefähr O j do h geradezu 1m gegente1 igen Sinne, soll It.
tchke·
. E . te Il1
di Ironie in Kants Au sage werten, d ass d ie xistenz von 1: an
. . k . " • d b . a1ern
al O von Geld - nicht „obJe uv sei, son ern von „ egrifflich " ..
. h d .
timmungen abhänge. Es summt sc on, ass es, wie Kant sagt . •
enae
da elb i t einen Begriff von 100 Talern zu haben oder si: n~ch
. . . Wtrk
lieh zu besitzen. Doch ste IIen wir uns eine ga 1opp1erende lnfI . •
vor die die 100 Taler in • unseren ...,..-:
.1asch en vollk ommen entwation
In diesem Fall ~xist_iert dasselbe Objekt weiterhin, ~~er es ist::~
länger Geld, es 1st eine bedeutungs- und wertlose Munze geword
Geld ist, in anderen Worten, gerade ein Objekt, dessen Statusda:·
abhängt, was wir darüber „denken": Wenn Menschen dieses Stü~
Metall nicht länger als Geld behandeln, wenn sie nicht mehr „glau.
ben", dass es Geld ist, dann ist es auch kein Geld mehr.
Der ontologische Gottesbeweis sollte also in Bezug auf die materielle
Realität umgedreht werden: Die Existenz der materiellen Realität
bezeugt, dass der Begriff nicht vollständig verwirklicht ist. Gegen-
stände „existieren" nicht „materiell", wenn sie bestimmte begriffliche
Anforderungen erfüllen, sondern wenn sie daran scheitern,diesezu
erfüllen - die materielle Realität als solche ist ein Zeichen vonUn-
vollkommenheit. In Hinblick auf die Wahrheit bedeutet das,d3i1
die Wahrheit einer Aussage für Hegel grundsätzlich begrifflich,
vom immanenten begrifflichen Inhalt bestimmt ist, und dass essich
nicht darum handelt, Begriff und Wirklichkeit miteinander zuver-
gleichen - lacanianisch ausgedrückt, könnte man sagen, es gibtein
icht-Ganzes (pas-tout)der Wahrheit. Es mag komisch klingen, Hegel
anzuführen, wenn es um das Nicht-Ganze geht: Ist nicht geradeHe-
gel der Philosoph des Ganzen par excellence?Die hegelianische ~ahr-
heit hat jedoch eben keine externe Begrenzung/ Ausnahme, ~e als
ihr Maß oder Standard diente. Daher ist ihr Kriterium absolut unma
~ent: Man vergleicht eine Aussage mit sich selbst, mit ihrem eigenen
Außerungsprozess. .
~en~ Alain Badiou die Unentscheidbarkeit eine~ _wahrhf~
re1gmsses betont, dann unterscheidet sich seine Position rad 'd-
on d mim Dekonstruktivismus gängigen Begriff der Unent ehe~
bark it. 1 Für Badiou bedeutet Unentscheidbarkeit, das es ke.
n utral n „obj ktiv n" Kriterien für ein Ereignis gibt: Ein
ni r h int als solches nur denen, die sich in seinem Ruf' 1

24
rk nn n· od r wi Badiou es usdrü kt, in r ignis bezieht sich
auf i h lb t zählt i h elbst - sein eig n B nennung - zu
in n B tandt il n (od r K.omponenten). Auch wenn das bedeu-
t t da man si h bezüglich eines Ereignisses entscheiden muss, o
i t ol h ein letztlich grundlose Entscheidung doch nicht im ge-
' öhnlichen Sinne „unentscheidbar"; vielmehr ist sie dem Prozess
der Hegel sehen Dialektik unheimlich ähnlich. In diesem, so hat
Hegel schon im Vorwort seiner Phänomenologie deutlich gemacht,
wird eine „Bewusstseinsgestalt" nicht an einem äußeren Wahrheits-
tandard gemessen, sondern auf absolut immanente Weise an der
Lücke zwischen sich selbst und ihrer eigenen Exemplifizierung/
Inszenierung. Ein Ereignis ist demnach in einem exakt lacania-
nischen Sinne des Begriffs „nicht-ganz": Es wird nie vollkommen
verifiziert, gerade weil es unendlich/unbegrenzt ist, das heißt, weil
es keine äußeren Grenzen hat. Der Schluss, den man hier ziehen
muss, lautet, dass die hegelianische „Totalität" aus eben diesem
Grund auch „nicht-ganz" ist.
Doch zurück zu unserem Argument. Das bedeutet, dass die Äußer-
lichkeit der Natur in Bezug auf die Idee nicht darin liegt, dass sie
eine die Idee konstituierende Ausnahme ist: Die Natur wird nicht
als Ausnahme freigesetzt, die die Ganzheit der Selbstvermittlung der
Idee garantiert. Es ist nicht der Fall, dass - nach Vollendung dieser
Vermittlung (wenn also der dialektische Prozess der Idee nicht weiter
durch ihre Unvollkommenheit, durch ihre Unfähigkeit, mit ihrem
eigenen Begriff übereinzustimmen angetrieben werden kann) - die
vollkommene Idee ein äußerliches Anderes (die Natur) braucht, um
den vollständigen und geschlossenen Kreis ihrer Selbstvermittlung
aufrechtzuerhalten. Vielmehr markiert die Natur das Nicht-Ganze
in der Totalität der Idee.
Verfolgen wir unsere etwas geschmacklose Metapher noch ein
wenig weiter: Hegel war kein erhabener Koprophage, wie es uns
die gewöhnliche Vorstellung des dialektischen Prozesses glauben
macht. Die Matrix des dialektischen Prozesses besteht nicht au
iner Ausscheidung-Entäußerung, auf die ein Verschluck n (ein
Wi d ran ignung) des entäußerten Inhaltes folgt. Si i t, g nz im
g nt il, in An ignung, auf di eine aussch idende B e un
folgt, dur h di d r Inhalt fall n g lass n und fr ig g b n ird. Da
b d ut t, d ss man di Entäuß 1ung ni ht 1nit in r ntfr n1dun
I i h tz n ollte. Die Entäußerung, die den Zyklus d .
ti h n Ptoz~ ......
...,
.....
.....,
ab hließt ist keine Entfremdung s edsdiaiek.
, on er
hö h t Punkt d r-Ent- Entfremdung: Man versöhnt sich . h n der
li h 1nit in m obj ktiven Inhalt, solange man noch vernic t Wirk.
zu b herr chen und zu kontrollieren, sondern wenn masucht . ' 1'hn
81th
hö h t ouveräne Geste leisten kann, diesen Inhalt loszut _d~
freizu etzen. Fern davon, die Natur dem Menschen vollko:en,ihn
unterwerfen, eröffnet Hegel deshalb übrigens - und einigem~Zli
klügeren Interpreten haben das bereits hervorgehoben _ ein seiner
erwarteten Raum f ur • o..ko 1og1sc
.. ein . h es Bewusstsein: Für H enun.•
1
das Begehren, die Natur technisch auszubeuten, noch im~ge
Zeichen menschlicher Endlichkeit. Darin wird die Natur als e~rein
ternes Objekt wahrgenommen, als eine entgegengesetzte Kra:;;·
beherrscht werden muss. Vom Standpunkt des absoluten Wis~e ie
aus erfährt der Philosoph die Natur nicht mehr als bedrohlic:
Kraft, die man kontrollieren und beherrschen muss, sondern
etwas, das seiner eigenen Bewegung überlassen werden muss.
Die hegelianische Subjekt-Substanz ist also nicht irgendein Ober.
Subjekt [mega-Subject],das den dialektischen Prozess kontrolliert:
iemand zieht hier die Strippen oder kontrolliert den Prozess-das
hegelianische System ist ein Flugzeug ohne Piloten. Louis Althusser
lag falsch, als er die hegelianische Subjekt-Substanz (den „teleolo-
gischen" Prozess mit Subjekt) dem materialistischen „Prozessohne
Subjekt" 19 gegenüberstellte. Tatsächlich ist der dialektische Prozess
bei Hegel die radikalste Form eines „Prozesses ohne Subjekt", in-
sofern man das Subjekt als einen Akteur versteht, der den Proz~
kontrolliert und lenkt, sei es nun Gott, die Menschheit oder~e
Klasse als Kollektivsubjekt. In seinen späteren Schriften wurdeSJcb
Althusser dessen bewusst, obwohl er nicht im Geringsten ahnte,~
die Tatsache, dass der dialektische Prozess bei Hegel ein „Proz
ohne Subjekt" ist, genau dasselbe bedeutet wie Hegels Grondth '
der zufolge es „entscheidend ist, das Absolute nicht nur al~Su~~
ondern auch als Subjekt zu begreifen": Die Entsteh~ng eine re;ID,I
ubj kt durch die Leere hängt streng mit dem Begriff de ". t ub-
als lb t ntfaltung des Objekts zusammen, ohne dass e em
j iv n Akt urs bedarf, der di se vorantreibt od r I _nkt: k 'tisie
i ll ich brau h n diej nigen, die Hegels Gefräfügk tt ri
a k Do i Abführmitt I.

2
Einleitung

Der Philosophische Diskurs der Moderne - das Buch, in dem sich Haber-
mas explizit dem Problem des sogenannten „Poststrukturalismus"
widmet - weist ein sonderbares Detail auf , das Lacans Namen be-
trifft. Lacan wird lediglich fünf Mal erwähnt, und jedes Mal im
Zusammenhang mit anderen Namen. (Zitieren wir alle fünf Fälle:
S. 70 - ,,von Hegel und Marx bis Nietzsche und Heidegger, von
Bataille und Lacan bis Foucault und Derrida"; S. 120 - ,,Bataille,
Lacan und Foucault"; S. 311 - ,,mit Levi-Strauss und Lacan"; S. 314 -
,,den zeitgenössischen Strukturalismus, die Ethnologie von Levi-
Strauss und die Lacansche Psychoanalyse", S. 359 - ,,von Freud oder
C. G. Jung, von Lacan oder Levi-Strauss" .1) Die lacanianische Theo-
rie wird demzufolge nicht als etwas Eigenständiges wahrgenommen;
sie wird - um einen von Laclau und Mouffe entwickelten Begriff zu
nutzen - durchgehend in einer Äquivalenzkette artikuliert. Weshalb
verweigert sich Habermas hier einer direkten Auseinandersetzung
mit Lacan, zumal in einem Buch, das langatmige Besprechungen
von Bataille, Derrida und vor allem Foucault - Habermas' eigentli-
chem Gesprächspartner - enthält?
Die Lösung des Rätsels liegt in einem weiteren Kuriosum von
Habermas' Buch, nämlich in einem sonderbaren Detail, das den Na-
men Althussers betrifft. Wir nutzen den Begriff des „sonderbaren
Details" hier offensichtlich in dem Sinne, wie er bei Sherlock Hol-
mes genutzt wird: Habermas erwähnt Althussers Namen in seinem
Buch nicht ein einziges Mal, und das ist das sonderbare Detail. Un-
sere erste These lautet demnach, dass die große Debatte, die heute
int llektuell im Vordergrund steht - die Debatte zwischen Foucault
und Hab rmas -, einen anderen Gegensatz, eine andere Debatte ver-
d ckt, di theoretisch viel weitreichender ist: die Debatte zwi chen
Althus r und Lacan. In der Finsternis, die die Althu er- chule

7
hla ·arti •uing b 11 hat li -gt tw s Räts lhaftes und si kann .
al th r ti h I• d rlag w g r kl'ar • viel nicht
• t w r d n. E s s h eint
-i
. . . h lllehr
al, nthalt lthu r T l1 or 1 ein n traumatisc en Kern ,
hn u rg n ,v rdrängt" werden musste; tatsächlich ha' dder
i h uin in n Fall theoreusc • h er A mnes1e.• Warum tritt hienelt d
. . A h . r er
11 atz Althu ser-Lacan 1n einer rt metap onscher Erset
. zung
an di t _ll d G~gensatzes. Haberm~s.-Foucault? H1e~bei stehen
zu 1 ich 1 r vers h1edene ethische Pos1t1onen und SubJektbegrif[i
auf dein Spiel. e
In Habermas' Fall handelt es sich um die Ethik einer ununt
brochenen Ko~munika~ion_, um das I~eal einer universellen
tran parenten 1ntersubJekt1ve~ Gem~1nsc~aft; selbstverständlich
i t der zugrundeliegende Subjektbegriff die sprachphilosophisch
er ion des alten Subjekts der transzendentalen Reflexion. FoucauJ~
·wendet sich gegen diese universalistische Ethik, und das führt zuei-
ner Art Ästhetisierung der Ethik: Jedes Subjekt muss einen eigenen
Modus der Selbstbeherrschung ausbilden, ohne sich dabei irgend-
wie auf universelle Regeln zu stützen; es muss die Antagonismen
der Mächte in sich selbst in Einklang bringen - es muss sichso-
zusagen selbst erfinden, als Subjekt produzieren und die eigene,
be andere Lebenskunst finden. Aus diesem Grund war Foucaultso
fa ziniert von marginalen Lebensformen, die ihren eigenen beson-
deren Subjektivitätsmodus hervorbringen (das sadomasochistische
und homosexuelle Universum). 2
Es ist ein Leichtes zu erkennen, wie Foucaults Subjektbegriff an
die humanistisch-elitäre Tradition anschließt: Seiner Verwirklichung
käme wohl das Renaissanceideal der „Allroundpersönlichkeit" am
nächsten, die ihre Leidenschaften meistert und aus ihrem eigenen
Leben ein Kunstwerk macht. Foucaults Subjektbegriff ist eher klas-
sisch: Das Subjekt ist die Macht, die sich mit sich selbst vermitteltund
antagonistische Kräfte miteinander in Einklang bringt, es ist ~ine
Art, den „Gebrauch der Lüste" durch die Wiederherstellung emes
lbstbilds zu meistern. Habermas und Foucault sind somit zweiSei·
ten derselben Medaille - der wahre Bruch wird durch Althusserre-
prä entiert, der darauf beharrt, dass die conditiohumanadurch eine
g wiss Kluft, einen Riss eine Verkennung gekennzeichnet i5t ])er
' . •· liehen
wahr ßru h li gt in der These, dass die Vorstellung eines mog.
1
nd d r Id ologie di ideologische Vorstellung par excellence t.

28
Obwohl lthu r nicht ausführlich über ethische Probleme
g hri b n hat, ist klar, dass sein gesamtes Werk eine radikale
ethi h Haltung verkörpert, die wir den Heroismus der Entfrem-
dung od r d r ubjektiven Destitution nennen können (obwohl
od r gerade weil Althusser den Begriff der „Entfremdung" als
ideologi eh zurückweist). Es geht nicht allein darum den struktu-
rellen Mechanismus zu demaskieren, der das Subjekt als Effekt der
ideologischen Verkennung produziert. Wir müssen uns zugleich
die nvermeidlichkeit dieser Verkennung eingestehen - das heißt,
wir müssen akzeptieren, dass ein gewisses Maß an Illusion die
Bedingung unserer geschichtlichen Handlungsfähigkeit und einer
aktiven Rolle im geschichtlichen Prozess ist.
Aus dieser Perspektive wird das Subjekt als solches durch eine ge-
wisse Verkennung konstituiert: Der Prozess der ideologischen An-
rufung - durch den sich das Subjekt als ihr Adressat „anerkennt" -
impliziert notwendigerweise einen gewissen Kurzschluss, eine Art
Illusion, dass „ich schon hier war". Michel Pecheux - der die ela-
borierteste Version der Theorie der Anrufung entwickelt hat - hat
gezeigt, dass es dabei durchaus zu komischen Nebeneffekten kom-
men kann: ,,Kein Wunder, dass du als Proletarier angerufen wirst,
wenn du ein Proletarier bist. "4 Pecheux erweitert den Marxismus an
eser te e um 1e arx rothers, deren bekannter Witz folgen-
dermaßen lautet: ,,Sie erinnern mich an Emanuel Ravelli." - ,,Aber
ich bin Emanuel Ravelli." - ,,Dann ist es ja kein Wunder, dass sie
aussehen wie er!"
Im Gegensatz zu dieser althusserianischen Ethik der Entfremdung
im symbolischen „Prozess ohne Subjekt", können wir die Ethik,
die die lacanianische Psychoanalyse impliziert, als eine Ethik der
Trennung bezeichnen. Das berühmte lacanianische Motto, dem zu-
folge man in seinem Begehren nicht nachgeben darf (ne pas cider
sur son disir5), zielt darauf ab, dass wir die Distanz, die das Re-
ale von seiner Symbolisierung trennt, nicht auslöschen dürfen.
In jeder Symbolisierung fungiert der Überschuss des Realen als
Objektursache des Begehrens. Mit diesem Überschuss (oder, noch
g nau r, R st) klarzukomm n b deutet, eine fundamentale ack-
ga s (,,Antagonismus") anzu rk nnen, inen l rn, der d r m-
bolis h n Int gration--Auflösung wid r t ht. ol h in ethi ehe
Po ition k nn man am b st n fas n, ind m m n ihr Oppo ition
. . 1 en Begriff des gesellschaftlichen A
. . 11111arl tISC1 .ff . . . f\n.
1un1 tra d iuon 11 o·1 ser traditionelle Begri • impliziert z,1,.
• dar t t e ) · • · ,ve1
t 111n1u • d. Merkmale: ( 1 Es existiert ein fundarn
. . d r verbun ene . b . en.
nut inan . d das ontologische Primat esitzt, alle and
1 1tagon1 mus er d .h e.
ta r I . ver1ni tteln", ihren Ort un 1 re spezifisch
r 11 ntagon1 men zu . ..k e
. b timmen (Klassenantagonismus, o onomisch
, i htung zu es . kl h ff e
Die historische Entwic ung sc a t, wenn nicht
u b utung )• (2) • • b' k • •·
. d. k ·t so doch zumindest eine „o ~e tive Moglich
ein ot,,ven ig e1 ' . f 1·· •
it die en fundamentalen Antagonismus au z~ osen und auf
. • alle anderen Antagonismen zu vermitteln. Dieselbe
d 1e e e1 e 1· ·
Logik die um die bekannte n:a~xistische Formu 1erung m Erinne-
run zu rufen, die Menschheit 1n Entfre~dung und Klassentren.
nun trieb erzeugt auch die Bedingung ih~er Abschaffung - ,,die
Wunde chließtder Speernur, der sie schlug"*, wie Wagner, Marx' Zeit.
eno e durch Parsifals Mund sagte.
Der marxistische Begriff der Revolution und der revolutionären
ituation gründet auf der Einheit dieser beiden Merkmale: Sie ist
eine ituation metaphorischer Verdichtung, in der dem Alltagsbe-
wus tsein endlich klar wird, dass es nicht möglich ist, irgendeine be-
ondere Frage zu lösen, ohne alle Fragen zu lösen - also ohne die
fundamentale Frage zu lösen, die den antagonistischen Charakter
der ge ellschaftlichen Totalität ausmacht. Auf einem „normalen",
orrevolutionären Stand der Dinge kämpfen alle ihre eigenen, beson-
deren Kämpfe (Arbeiter streiken für besseren Lohn, Feministinnen
..~pf~n fü: Frauenrechte, Demokraten für politische und soziale
re1h~1ten, Ökologen gegen die Ausbeutung der Natur, Anhänger
der 1:eden bewe~ng gegen einen drohenden Krieg und so weiter).
• . arxi ten nutzen 1hr Argumentationsgeschick, um die Teilnehm~r
di r b „ onde:en Kämpfe davon zu überzeugen, dass die einzig
wah un~ ihrer Probleme in der Weltrevolution liegt: Solange
. Kapital die gesellschaftlichen Verhältnisse beherrscht, wird e
im .· hl ht rv rhältnis i~mer Sexismus geben, wird immer ei~
. ltki i g droh n, herrscht immer die Gefahr der Aussetzung poh·
1 1
. und ·ozial r Fr ih it n, wird die Natur immer Gegenstand
1
h •10 Au b utung bl ib n ... Erst die Weltrevolution ' ircl
nd1 nd
~ .g n g II haf tli hen Antagonismu ab chaffen
• ten
JJ1 J , f' 1 htung •
.. . in r transpar nten und v 1 nünftig regt r
-~·~.. . ia mogh h n.

0
Der Grundzug des sogenannten „Post-Marxismus" besteht selbst-
er tändlich darin, mit dieser Logik zu brechen - die, nebenbei
gesagt, nicht unbedingt einen marxistischen Beiklang haben mus :
ahezu alle Antagonismen, die im Lichte des Marxismus als neben-
ächlich erscheinen, können die entscheidende Rolle annehmen,
alle anderen Antagonismen zu vermitteln. Es gibt beispielsweise
den feministischen Fundamentalismus (keine globale Befreiung
ohne die Emanzipation der Frauen, ohne die Abschaffung von
Sexismus); den demokratischen Fundamentalismus (Demokratie
als der fundamentale Wert westlicher Zivilisation; alle anderen
Kämpfe - seien sie ökonomisch, feministisch, oder minoritär und so
weiter - sind einfach weitere Anwendungen des grundlegend demo-
kratischen, egalitären Prinzips); den ökologischen Fundamentalis-
mus (die ökologische Sackgasse als Grundproblem der Menschheit);
und schließlich - warum auch nicht? - einen psychoanalytischen
Fundamentalismus, wie ihn Marcuse in Triebstruktur und Gesellschaft
beschrieben hat (der Schlüssel zur Befreiung liegt darin, die repres-
sive Triebstruktur umzuwandeln). 6
Der psychoanalytische „Essentialismus" ist insofern paradox, als
gerade die Psychoanalyse - jedenfalls in ihrer lacanianischen Fas-
sung - einen wirklichen Bruch mit der essentialistischen Logik
dars tel1t. Das bedeutet, dass die lacanianische Psychoanalyse einen
entscheidenden Schritt weitergeht als der übliche „post-marxis-
tische" Anti-Essentialismus, indem sie die irreduzible Partikularität
der besonderen Kämpfe bestätigt - indem sie, in anderen Worten,
zeigt, wie deren Artikulation in einer Äquivalenzkette immer von
der radikalen Kontingenz des sozio-historischen Prozesses abhängt:
Sie erlaubt uns, diese Pluralität selbst als eine Vielfalt von Reaktio-
nen auf denselben unmöglich-realen Kern zu begreifen.
Betrachten wir den Freud'schen Begriff des „Todestriebs". Selbst-
verständlich müssen wir Freuds Biologismus ausklammern: Der
,,Todestrieb" ist keine biologische Tatsache. Vielmehr ist er ein Be-
griff, der anzeigt, dass der psychische Apparat des Menschen einem
blinden Wiederholungsautomatismus gehorcht, der jenseit der
Lustsuche, der Selbsterhaltung und des Einklangs de Men chen
mit seinem Milieu liegt. Der Mensch ist - Hegel dixit - ,,ein Tier,
das krank zum Tode ist" 7, ein Tier, das von einem uner ättlichen
Parasiten (~ rnunft, logos, Sprache) hei1ngesucht wit d. u die r

1
p r kti kann d r ,Todestrieb", diese_Dimension radikaler Ne.
I
. t· ·ta··t ni ht darauf r duziert werden, ein Ausdruck entfremdet
a11 . f" • d" d. . er
_µ.,,,:pll haft b dingungen zu sein. Er de ·1niert ie con ztzonhumai
l ol h : gibt keine Lösung, kei~ Entkomm~n. muss i~
ni ht üb r ind n" oder „abschaffen , sondern steh mit ihm arran„
• r n 1 rnen ihn in seiner furchterregendsten Dimension anzuer..
1111 11 und versuchen, auf Basis dieser grundlegenden Anerken„
nung einen modus vivendi zu erarbeite1:. . .
uf gewisse Weise ist jede „Kultur" eine Reaktionsbildung und ein
er uch dieses Ungleichgewicht, diesen traumatischen Kern, die-
en radikalen Antagonismus (mit dem der Mensch die Nabelschnur
durchtrennt, die ihn mit der Natur und der tierischen Homöostase
rerbindet) zu begrenzen, zu kanalisieren - zu kultivieren. Das Ziel
liegt nicht darin, den Antagonismus des Triebes abzuschaffen. Ge-
rade das Streben, ihn abzuschaffen, ist die Quelle einer totalitären
er uchung: Die größten Massenmorde und Massenvernichtungen
wurden immer im Namen eines Menschen durchgeführt, der als
harmonisches Wesen, als neuer Mensch ohne antagonistische Span-
nungen vorgestellt wurde.
Die elbe Logik finden wir auch in der Ökologie: Der Mensch selbst
ist die „Wunde der Natur", es gibt keine Rückkehr zum natürlichen
Gleichgewicht. Das Einzige, was der Mensch tun kann, um mit sei-
nem Milieu in Einklang zu kommen, ist, diese Kluft, diesen Riss,
die e trukturelle Entwurzelung zu akzeptieren und zu versuchen,
i o gut wie möglich nachträglich zu flicken. Alle anderen Lösun-
gen - die Illusion, man könne zur Natur zurückkehren, oder die
d~ , ~an könne die Natur komplett vergesellschaften - führen u~-
. ig rh h zu~ Tot~litarismus. Wir finden dieselbe Logik im Fem1•
ni gibt kein Geschlechterverhältnis. "8 Das heißt, dass da
1 ~lt r~ rhältnis p_erDefinition „unmöglich", antagonistis~
gibt k 1~. _ndgültige Lösung, und der einzige Grund für ein
. ragh hes Geschlechterverhältnis liegt in der Anerken·
1
.. . s undl g nd n Antagonismus, dieser grundlegenden
----- .......,gl 1 1 .
lb ogik in d r D mokrati : Si i t - u1n in
zu v w nd n di hurchill zug lu i b n
__ t,J_ 11 t t ro/m n; das inzig Pr bl lU i .1'
.... ..___ •

!',,..,~~''-=1 gib · l ißt, d D m ti i n1 1 di


ö ·li hk it on I orruption und stumpf sinniger Mittelmäßigkeit
in i h birgt. Da einzige Problem ist, dass jeder Versuch, dieses in-
här nt Ri iko zu umgehen und eine „echte" Demokratie wieder-
h I zu tellen notwendigerweise ihr Gegenteil hervorbringt - und
in der Abschaffung der Demokratie mündet. Hier könnte man
di These verteidigen, dass kein anderer als Hegel der erste Post-
Marxist war: Hegel zufolge kann der Antagonismus der bürger-
lichen Gesellschaft nicht unterdrückt werden, ohne in totalitären
Terrorismus zu verfallen - der Staat kann seine desaströsen Effekte
nur im Nachhinein begrenzen.
Es ist das Verdienst von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe, dass
sie in Hegemonie und radikale Demokratie9eine Gesellschaftstheorie
entwickelt haben, die auf solch einem Begriff von Antagonismus be-
ruht - auf der Anerkennung eines ursprünglichen „Traumas", eines
unmöglichen Kerns, der der Symbolisierung, der Totalisierung, der
symbolischen Integration widersteht. Jeder Versuch einer Symboli-
sierung-Totalisierung erfolgt nachträglich und ist ein Versuch, die
ursprüngliche Kluft zu vernähen [suture] - ein Versuch, der letzten
Endes per Definition dazu verdammt ist zu scheitern. Laclau und
Mouffe betonen, dass wir nicht in dem Sinne „radikal" sein dürfen,
dass wir auf eine radikale Lösung hinauswollen: Wir leben immer in
einem Zwischenraum und auf geborgte Zeit;jede Lösung ist proviso-
risch und vorübergehend, eine Art Aufschub einer fundamentalen
Unmöglichkeit. Man muss ihren Begriff der „radikalen Demokra-
tie" daher gewissermaßen paradox verstehen: Er ist gerade nicht im
Sinne einer reinen und wahren Demokratie „radikal"; sein radika-
ler Charakter impliziert ganz im Gegenteil, dass wir die Demokratie
nur durch die Berücksichtigung ihrer radikalen Unmöglichkeit retten
können. Hier wird klar, dass wir bei einem dem traditionell marxis-
tischen Standpunkt entgegengesetzten Extrem angelangt sind: Für
den traditionellen Marxismus war die globale Lösung-Revolution
die Bedingung für die wirkliche Lösung aller partikularen Prob-
1 me. Dag gen beinhaltet jede provisorische und vorübergehend
rfolgr i h Lösung eines partikularen Problems die Anerkennung
d global n, radikal n Sackgass und Unmöglichkeit o, i die n-
rk nnung ines fundam ntalen Antagoni mus.
M in h s (di ich in Der erhabenste aller Hy terikerl0 nt\\ 1ick lt
hab ) laut t, das di h g lianisch Dia) ktik da kon i t nt t
t d ll in r ol h n_ n r~ nnung d s. Antago1?smus dar
1 1.n da 11 di . 111 ht in r forts breitenden Uberwi d teilt:
. .. d' . n un
rz"hl 11 i t Dial kllk f ut H _gel 1e systematische ~arstellun gz~
, 11 ,\ i -ol h r u h h 1tern - das „absolute Wissen" b g_da.
•• d'1e d er:i '.'.w·d eze
1 ers~ruc h" .Ietztlich alseich•
1
11 t in ubj kti ~o 1t_1on
int rn ß dingung J ghcher Ident1tat akzeptiert. Die hegeli . ne
" . . k . . . an1sch
r öhnung 1 t m anderen Worten, eme „panlog1stische• A.'
h bung all r Realität im Begriff. Vielmehr wird damit end „t!·11
di Tat ache eingestanden, dass der Begriff „nicht-ganz" is~ ~
hier di n lacanianischen Term zu bemühen). Daher können~
die The e wieder_holen, d~ss He?el erste Post-Marxist war:~:
hat da Feld für einen gewissen Riss geoff net, der anschließend vorn
Marxi mus vernäht" wurde.
olch ein Verständnis von Hegel widerspricht zwangsläufig ein
ängigen Vorstellung, der zufolge das „absolute Wissen" ein Ung:
heuer der be~ifflichen Totalität is.t, das j~de K~ntingenz verschlingt.
Die er Gememplatz über Hegel 1st schlicht ein Schnellschuss, ganz
im inne des patrouillierenden Soldaten aus dem bekannten Witz,
der in Polen unter Jaruzelski, kurz nach dem Militärcoup, erzählt
'1\rurde.Zu dieser Zeit hatten Militärpatrouillen das Recht, ohneVor•
arnung auf Menschen zu schießen, die sich nach der Sperrstunde
(22 Uhr) auf der Straße aufhielten. Einer von zwei patrouillierenden
oldaten sieht eine Person, die um 21 Uhr 50 über die Straßeeilt,
und er chießt diese unmittelbar. Als sein Kollege ihn fragt, warum
er ge chossen hat, obwohl es erst 21 Uhr 50 war, antwortet er: "Ich
kannte den Burschen. Er lebte fern von hier und wäre nicht in der
Lage gewesen, in zehn Minuten zu Hause zu sein. Der Einfachheit
halber habe ich ihn direkt erschossen . . . " Genau so gehen die Kri·
tiker on Hegels vermeintlichem „Panlogismus" vor: Sie verurteilen
da ab olute Wissen „schon vor 22 Uhr". Dabei rühren sie es gar
ni h an - das heißt, sie weisen mit ihrer Kritik nichts als ihre eige·
n n orurteile zurück .

..... ..,,~LlJ Bu h hat demnach ein dreifaches Ziel:

oll al inführung in inige Grundb griffe de1 lacaniani c:;


hoanaly di n n: g n das ntst llt Bild, da La an. e~
,,Po, •• uk u ali mu " zuordn t, b sehr ibt di- ... Buch in
r-...
radik l n Bru h 1nit d m Po t trukturali mu ". Geg n da nt-
t llt Bild d mzufolg La an ob kur i t, ordnet e di en in die
radition d Rationali mu ein. Viell icht ist die lacaniani ehe
h ori die radikal te zeitgenö ische Version der Aufklärung.
oll eine rt Rückkehr zu Hegel" vollziehen und die hegelia-
ni he Dialektik aktualisieren, indem es eine neue Lesart prä-
entiert, die auf der lacanianischen Psychoanalyse beruht. Das
geläufige Bild von Hegel als „idealisti eher Monist" ist voll-
kommen irreführend: Bei Hegel finden wir die bislang stärkste
Affirmation von Differenz und Kontingenz - das „absolute Wis-
en" ist nichts anderes als der Name für die Anerkennung eines
radikalen Verlustes.
- Es oll einen Beitrag zur Ideologietheorie leisten, indem es
einige bekannte und klassische Motive (Warenfetisch und so
weiter) und einige entscheidende lacanianische Konzepte einer
neuen Lektüre unterzieht, die der Ideologietheorie auf den ers-
ten Blick nichts zu sagen haben: der „Stepppunkt" (le point de
capiton: ,,Polsterstich"), das erhabene Objekt, die Mehrlust und
so weiter.

Ich bin davon überzeugt, dass diese drei Ziele eng miteinander
verbunden sind: Der einzige Weg, ,,Hegel zu retten", verläuft über
Lacan. Diese lacanianische Lesart von Hegel und dem hegelianischen
Erbe ermöglicht eine neue Herangehensweise an Ideologie, indem
sie uns erlaubt, gegenwärtige ideologische Phänomene (Zynismus,
„Totalitarismus", den zerbrechlichen Zustand der Demokratie) zu
begreifen, ohne in „postmoderne" Fallen zu tappen (wie etwa in die
Illusion, wir lebten in einer „postideologischen" Welt).
I. Das Symptom
1. Wie hat Marx das Symptom erfunden?

Mar und Freud: Analyse der Form

Lacan zufolge hat niemand Geringeres als Karl Marx den Begriff
des Symptoms erfunden. Ist diese These Lacans nur ein geistrei-
cher Witz, eine vage Analogie, oder beruht sie auf einer soliden
theoretischen Grundlage? Wenn es wirklich Marx war, der den
Begriff des Symptoms - so wie er auch im Freud'schen Feld wirk-
sam ist - begründet hat, so müssen wir uns die Kant'sche Frage
nach der epistemologischen „Bedingung der Möglichkeit" einer
solchen Begegnung stellen: Wie war es Marx möglich, in seiner
Analyse der Warenwelt einen Begriff zu entwickeln, der auch bei
der Deutung von Träumen, hysterischen Phänomenen und so wei-
ter angewendet wird?
Die Antwort lautet, dass es eine grundlegende Homologie zwi-
schen den Deutungsverfahren von Marx und Freud gibt - genauer:
zwischen ihren Analysen von Waren und Träumen. In beiden Fäl-
len muss man es vermeiden, den „Inhalt", der sich angeblich hinter
der Form verbirgt, fetischisierend zu verklären: Das „Geheimnis",
da durch die Analyse enthüllt wird, liegt nicht im Inhalt, der von
der Form (der Warenform, der Form der Träume) verdeckt wird.
Es ist, ganz im Gegenteil, das „Geheimnis" dieser Form selbst. Die theo-
retische Einsicht in Bezug auf die Traumform besteht nicht darin,
vom manifesten Inhalt zu seinem „verdeckten Kern", zum latenten
Traumgedanken vorzudringen; sie liegt in der Antwort auf folgende
Frag : Warum haben die latenten Traumgedanken diese Form
ang nomm n, warum wurden sie in die Traumform über etzt?
nau o v rhält s ich auch mit d n Waren: Es geht nicht daru1n,
zu d m „v rd kten K rn" der War vorzudring n - da s ihr Wert
du h da in d r Produktion verausgabt Arbeitsquantu111 b tim1nt

9
.. n warum Arbeit die Form des
u er klare ' 11 h .
.· ·d _ nd rn daru1n z um sie ihren gese sc afthchen
, n 1 en hat war 1· •
\\ ar 11,, rt ang no1n n r ' ihres Produkts rea 1s1eren kann.
. d Waren1orm •h
.haia •t r nur 1n r . d' ehe Traumdeutung ger1c tete Vor.
r b rü hugt · an die Freu " . b sreits zu einem G eme1np • 1atz gewor„
ali mus ist e . . h
, •urf d Pan e u k . strenger Kr1t1ker der Psyc oanalyse
.. ,. en E senc ' ein d • '
d n. Han -J ui g Z . . entscheidendes Para ox 1n Freuds
hat l10n ,ot .
l „ langer e1t ein .c l
d' r-n „ me beobachtet: Freud zu1O ge soll das
H 1. hen ,\ et e an ie irau . • • d
an 'k . te Begehren - übl1cherwe1se Je enfalls _
in in in raum aru u 1ier . d h •d •h •
unb '11 t und zugleich sexuell sein. Das Je oc wh1 ehrspr1c t e.~ner
• d B · · le die Freud selbst untersuc t at. Das fangt
1 lza11 1 er et pte , . .
hon b i dem Traum an, den er als einführe°:des Be1sp1el gewählt
die Looik des Traums zu veranschaulichen: dem berühm-
11at um o- • 'k 1·
ten Traum von Irmas Injektion. 1 Durch den 1m .1raum art1 u 1erten
la enten Gedanken versucht Freud, sich von seiner Schuld an der ge-
h iterten Behandlung seiner Patientin lrma freizusprechen, und
2' rardurch Argumente folgender Art: ,,Es war nicht meine Schuld,
ndern bloß das Ergebnis einer Reihe von Umständen ... ". Doch
Begehren", die Bedeutung des Traumes, ist offensichtlich
' d.er e uell (sondern betrifft vielmehr die Frage professioneller
thi ) noch unbewusst (das Scheitern von Irmas Behandlung be-
häf i e Freud Tag und Nacht). 2
i An von Vorwurf beruht auf einem fundamentalen theoreti-
n I rtum, nämlich auf der Gleichsetzung des im Traum wirksa-
m n ~be-wu ten Begehrens mit dem „latenten Traumgedanken",
1 der Bedeutung des Ti
.,,,..no . raumes. Freud hat Jedoch . .
immer
tont, dass nichts
f . r 1·,~t:.,,...,. .
Unbewusstes" im• „latenten Traumgedanken "

ntax d r g w„h
danke 1s t ein gan 2
- h „norma 1er " Gedanke der in der
0 n 1ic en Alltag h • . '
t Io • h hört r de ssprac e art1kuhert werden kann;
a1 • a ubj i t i h d' m 8Ystem „Bewusstsein/Vorbewusstes''
J1 1 wu-.•t; r b 11eses .. .
Gedank
ens normalerweise bewusst,
D ..
1

nd r fortgestoß
r
astigt es unaufh" 1 h
or c ... Unter gewissen
11 ,
•t g zog n - also dn, aus G dem B ewusstse1n• ge d ran •• gt,
UJ t l ,.,.,, n d. n setze11d p •
m 1 „ pra h d U es „ nmärprozesses
n·:11 ·-•lll'I.I •

ih"ltr .. ,.
r 1) z m. h J d 1n „lat nt n 11S nb wussten" üb rs tzt. Da
anJf• ...~·.•
...·.,
:..--
..--,. raumg da k ,
.. . 1auminhalt" d n en und d m soge·
"""'-4"~ bh h n Phänom - l' -~ Traumt xt, d m Traulll

na itat - ist also ei11 rl1ältni


z ·i h n d 1n ga1 z nor1nal n", (vor-)b wusst n G danken und i-
n 1 • b r tzung in d n ,R bus" d s Traums. Der Traum wird daher
ni ht ... ·-ntli h dur h d n „lat nten Trau1ngedank n" konstituiert,
,._J ..

ond rn ~ur h di ~b it (die Mechanismen der Verschiebung


und 1d1 htung, der Bildung d s Inhalts aus Worten und Silben),
di ilun di Form des Traumes verleiht.
Hierin liegt das entscheidende Missverständnis: Wenn wir das
Geheimnis des Traumes" in dem von dem manifesten Text verdeck-
ten latenten Inhalt suchen, sind wir dazu verdammt, enttäuscht zu
werden: Alles, was wir finden können, ist ein durch und durch nor-
mal er" Gedanke - auch wenn dieser für gewöhnlich unangenehm "
i t -, der meistens nicht sexuell und definitiv nicht „unbewusst" ist.
Dieser „normale", bewusste/vorbewusste Gedanke wird nicht bloß
ins Unbewusste gezogen und verdrängt, weil er für das Bewusstsein
„unangenehm" ist, sondern weil er eine Art „Kurzschluss" mit einem
anderen Begehren bewirkt, das bereits verdrängt wurde und im Un-
bewussten verortet ist; und dieses Begehren hat nicht das Geringste mit
dem latenten Traumgedanken zu tun. Eine „solcheabnorme psychischeBear-
beitung" (die Traumarbeit, die Mechanismen des „Primärprozesses")
,,eines normalen Gedankenzugs" (normal und daher in der gewöhnli-
chen Alltagssprache artikulierbar, also: in der Syntax des „Sekundär-
prozesses") kommt nur dann vor, ,,wenn dieser zur Übertragung eines
unbewussten Wunsches geworden ist, der aus dem Infantilen stammt und
sich in der Verdrängung befindet."3
Dieses unbewusste/ sexuelle Begehren kann nicht auf einen „nor-
malen Gedankenzug" reduziert werden, weil es von Anbeginn und
konstitutiv verdrängt ist (Freuds Urverdrängun~) - weil es kein
,,Vorbild" in der „normalen" Sprache der alltäglichen Kommuni-
kation, in der Syntax des Bewussten/Vorbewussten hat. Es hat nur
in den Mechanismen des „Primärprozesses" Platz. Deshalb sollten
wir die Deutung von Träumen oder Symptomen im Allgemeinen
nicht auf eine Rückübersetzung des ,,latenten Traumgedanken in
die „normale" Alltagssprache der intersubjektiven Ko1nmunika-
tion (Habermas' Formel) reduzieren. Die Struktur ist immer drei-
gli drig, sie umfasst immer drei Elemente: den 'manife ten Traumte "t,
d n latenten Trauminhalt oder -gedank n und da unbewus te Begeh-
ren, da. in in m Traum artikuli rt wird. Di B g hr n h ft t
sj h d m raum an, s fügt si h in d n Zwi h nrau1n z vi h n

1
d m manifesten Ti xt in- i t da.
d I nt n dank 11 u~d d r tid r" als der latent G danke
111 .I rd kt r O ' f l" h " un d b steht•
l i ll1 c . . l äher an der Ober ac
rj Jm hr b f md t 1 1. n des Signifikanten, aus der Behanct„
.1 d m M han1 inu • E b f. d •
"nz], 1 au G danke unterworfen ist. s e m et sich, in
Jun d r d r lat n~ . d allein in der Form des „Traums": Der
l r n ort n . 1nz1g un unbewusste Bege l1ren ) art1'k u 1·1ert sich
(das •
1~ .
1
·n kh h raum1n · 1ia· t der Ausarbeitung d es „1atenten I n h a 1ts "•
. rau1nar
f b b· F1t 1n •
ud zeigt sich ein grundlegendes, universelles
1 ot 1 r •• h. b d
Prin iJ in die r Beobachu1:ng, zwar empmsc ist, a ~r ~eh „in
nz üb rr chender Häufigkeit gemacht werden kann. ,,Die Form
d TraumeoderdesTräumenswirdin ganz überraschenderHäufigkeit zur
4
ar.tellunudesverdeckten Inhaltesverwendet." Das also ist das grund-
1 nd Paradox des Traums: Das unbewusste. Begehren, das der
n blich verborgenste Kern ist, artikuliert sich gerade durch die
1. r tellung arbeit des „Traumkerns", des latenten Gedankens, in-
d m die er Inhaltskern durch die Übersetzung in den Traumrebus
kleidet,, ird. Charakteristischerweise präsentierte Freud die end-
••1u e Formulierung dieses Paradoxes erst in einer Fußnote einer
päteren Ausgabe:

l _ande früher ~inmal so außerordentlich schwierig, die Leser an die Unter-


1:un vo~ mamfestem Trauminhalt und latenten Traumgedanken zu gewöh-
nraumn. mmerwie wieder
ihn d' wurden
E · Argumente u n d E.inwen d ungen aus dem ungedeuteten
. ie nnnerung bewahrt hat h" f •
raumd u ung überhört. un da sich . ' gesc. op t u~d die Forderung der
l a . fiürden manife ten Tra . wenigstens die Analytiker damit befreundet
. um seinen durch Deut f d • •
· 1 cl en ich viele von ihnen e· d ung ge un en Sinn einzuset-
1 o J art näckig fe thalten S. inheran eren Verwechslung schuldig an der sie
d l und üb r ehen dabei •deie suc U en das. Wesen d es rr.1.raums in diesem '
latenten
u d ta umarb 1t. . Der Traum ist n · ntersch1ed
G zwis h 1
. c en atenten Traumgedanken
f o n un r D k . im runde nichts
. . ,: n n , die durch die Bed. an d eres als eine• besondere
. '; . ' , Tiaumarbeit i t 'die diese F mghungen des Schlafzustandes ermöglicht
1 1aum di
r kI·ärung seiner Borm derstellt. ' u n d sie
• a ll ein
• 1st
• das Wesent-
eson erhei t. ü

h l1i 1 •n
zw 1• chritten vor:
z· ü, 11 wir mit d 1 r
111] au1 ) igl'1 l1 . vorstellun b
is , m infach un g rechen, der zufolge
11 n ))dnung, di d ?edeutungslose Verwir·
vom physiologiscl1en Prozess ver·
ur_a h~. it d ~nd al o] h ni hts. mit B d utung zu tun hat.
1r mu n 111 and r n Worten, 111 n ntsch id nden hritt
in Ri htung in h rm neutis h n Ansatz s machen und d n
raum al b d utungsvolles Phänomen b greifi n, al etwas, das
in rdrängt Botschaft übermittelt, die durch ein Deutungs-
rfahr n aufgedeckt werden muss.
- Danach müssen wir uns der Faszination entledigen, die dieser
Bedeutungskern durch die „verdeckte Bedeutung" auf uns aus-
übt - also durch den Inhalt, der hinter der Form eines Traumes
versteckt ist. Stattdessen müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf
diese Form selbst richten, auf die Traumarbeit, der die „latenten
Traumgedanken" ausgesetzt waren.

Hier ist es entscheidend festzustellen, dass Marx bei seiner Analyse


des „Geheimnisses der Warenform" ebenfalls in zwei Schritten vor-
geht:

- Zunächst müssen wir mit der Vorstellung brechen, der zufolge


der Warenwert vom bloßen Zufall abhängig ist - etwa von einer
zufälligen Wechselwirkung zwischen Angebot und Nachfrage.
Wir müssen den entscheidenden Schritt vollziehen, die verbor-
gene „Bedeutung" hinter der Warenform zu begreifen, die Be-
deutung, die sich in dieser Form „ausdrückt"; wir müssen das
,,Geheimnis" des Warenwerts durchdringen:
Die Bestimmung der Wertgröße durch die Arbeitszeit ist daher ein unter den
erscheinenden Bewegungen der relativen Warenwerte verstecktes Geheimni .
Seine Entdeckung hebt den Schein der bloß zufälligen Bestimmung der Wert-
größen der Arbeitsprodukte auf, aber keineswegs ihre sachliche Form. 6

- Wie Marx allerdings hervorgehoben hat, gibt es ein gewisse je-


doch": Es genügt nicht, das Geheimnis zu enthüllen. Die kla i-
s he, bürgerliche politische Ökonomie hat das „Geheimni der
Warenform bereits entdeckt; ihre Grenze liegt darin, da i ich
ni ht von d r Faszination lösen kann, die das G h iinni hint r
d r War nform auf si ausübt - das b d ut t, da ihr ufin rk-
amk it von d r Arb it als wahr m Qu 11d Wohl tand
nomm n ist. Di klassisch politi h Ökonomi int r
in and n Wort n, nur fü1 di Inhalt , di hiI t 1 d r r n-
nn sie da wal1r Geh itnni
. n. D ·ha lb k a d F s
·n ' rb r n 1l g h ·rnnis hint r er orm sondern
. l L r l"r n: ni hl da e]1bt. Obwohl sie da 'Geh imnis
i i
h ünn • d'i r .Forn1 .
. die
rklärt bleibt • W are f"ur d'ie klas„
l r \, rl ·öß "ga~z n hU~ ein mysteriöses, geheimnisvolles
i h 1 1it1 . . 1l Okono1n1e
. b . enau wie mit• d em .1.raum: AUch
in - ·l "lt 1 h dak ei Bg deutung, seinen
I 1a
• 1atenten Gedan„
. . rde te e ..
n I d m' ir in 'b d Traurn ein rätselhaftes Phanomen·
1
• n rklärt hab 11 b! t ·~ärt ist ist ganz einfach seine Forrn'
d dur h no h nie11t et ' •h • '
a 1 d die verdeckte Bedeutung s1c lil solch
d r Pr z du1 1 en
in r orin erkleidet hat.
. .. n a1 einen weiteren entscheidenden Schritt machen
rr mu 0 1 • E .. •
u d di ne e der Warenform selbst ana ys1eren. s genugt ~cht,
·1 uf da Wesen, auf den verdeckten Kern zu reduzieren.
01m a b •"
ir mil en auch den Prozess - der der „Traumar e1t entspricht_
un r uchen durch den der verborgene Inhalt solch eine Form an-
nimmt. Denn, ie Marx hervorgehoben hat: ,,Woher entspringt also
r ä elhafte Charakter des Arbeitsprodukts, sobald es Waren-
7
orm annimmt? Offenbar aus dieser Form selbst. " Diesen Schritt
hin zur Gene e der Form kann die klassische politische Ökonomie
nicht machen, und darin liegt ihre entscheidende Schwäche:

i li i ehe Ökonomie hat nun zwar, wenn auch unvollkommen Wert und Wert-
•ß anal· iert und den in diesen Formen versteckten Inhalt entdeckt. Sie hat nie-
~l auch nur die Frage gestellt, warum dieser Inhalt jene Form annimmt warum
1;11al die Arbeit~ Wert und das Maß der Arbeit durch ihre Zeitdauer in der
oß de Arbertsprodukts darstellt? 8

Da bewussteder Warenform

. . hatt Marx' Analyse der W nfi . . . .


m •• nomi he Fragestellun b ~re 0 :m - die prima f acze eme
-..1nt Jd d r S . . g etrifft- emen solchen Einfluss auf
.............
oz1a1w1ssenschaft ;>W
J 1 'On Philo. h n S . en. arum hat sie Genera-
01 1
zi1 • 1 r ~i] i • 'Mozi~ o?en, Kunsthistorikern und andere
ine atr1x 1st d •
I-oim n .,{ ti hi. tisch U kie es uns erlaubt, alle mögli-
t 11 dj Dial ti d r Wa r r m eh~ung" zu erzeugen: Es ist, als
r n1orm die Rein1orm
•c - sozusagen die•
d tilli rt Form - ein Me hani mu dar, der der S hlü elf ür da
th or ti h Ver tändnis von Phänomenen i t, die auf den er ten
Bli k ni ht da Gering te nüt dem Feld der politischen Ökonomie
zu tun haben (Recht, Religion und so weiter). In d r Warenform
t ht auf jeden Fall mehr auf dem Spiel al die Warenform selb t,
und ist genau dieses „Mehr", das eine solch faszinierende Anzie-
hung kraft ausgeübt hat. Der Theoretiker, der die universelle Trag-
weite der Warenform am konsequentesten entfaltet hat, i t zweifel -
frei Alfred Sohn-Rethel, einer der „Weggefährten" der Frankfurter
Schule. Seine Grundthese lautet, dass

die Fonnanalyse der Ware nicht nur der Schlüssel zur Kritik der politischen Öko-
nomie ist sondern auch zur historischen Erklärung der abstrakt-begrifflichen
Denkform und der damit einhergehenden Scheidung von geistiger und körper-
licher Arbeit. 9

Anders gesagt kann man das transzendentale Subjekt in der Struk-


tur der Warenform aufweisen: Die Warenform nimmt die Anatomie,
das Skelett des transzendentalen Subjekts bei Kant vorweg - sprich,
das Netzwerk der transzendentalen Kategorien, die den Rahmen
,,objektiver" wissenschaftlicher Erkenntnis a priori konstituieren.
Darin liegt das Paradox der Warenform: Sie - dieses innerweltliche,
(im Kant'schen Sinne) ,,pathologische" Phänomen- bietet uns einen
Schlüssel zur Lösung der fundamentalen Frage der Erkenntnis-
theorie: Wie ist objektives, allgemeingültiges Wissen möglich?
Durch eine Reihe detaillierter Analysen kam Sohn-Rethel zu fol-
gendem Schluss: Der vom wissenschaftlichen Vorgehen (das heißt
natürlich von der Naturwissenschaft Newtons) vorausgesetzte und
implizierte Kategorienapparat, das Begriffsnetzwerk, durch das die-
ses Vorgehen die Natur erfasst, ist bereits in der gesellschaftlichen
Wirklichkeit präsent, schon im Akt des Warentauschs am Werk.
Bevor das Denken bei der reinen Abstraktion anlangen konnte, " ar
diese bereits in der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Marktes am
Werk. Der Warentausch impliziert eine doppelte Abstraktion: Die
Abstraktion vom Tauschcharakter der Ware im Zuge de Tau ch-
akts, und die Abstraktion von dem konkreten, empirischen, inn-
]i hen und besonderen Charakter der Ware (im Tau chakt v\ird die
ig nständige, besondere und qualitative Be timn1theit einer ,iVar
ni ht in Betra ht g zogen; eine Ware wird auf eine ab trakte Entität
. _ t wi in and War lllit
t'' b sitz d h •
d n lb n W r htet ihr r B on r it ihre
1 1 1zi t t di ird _ ung a
, ll t U 1t 1 . .
1 1
rt "). llung einer rein quantitativen
11 u 11 • d Vor te •
11 n b 1 r d modernen aturw1 senschaf „
. uanoner
. u 1 _ in 1n ine q . . e Quantität b ere1ts ..
1m Geld
1111n war die rein b'l' ..
11 1nn 1 n konnt d'e die Kommensura 11tat des
. . • n Ware a1so, 1 . b d
1n 111 d lJ n1g bh.. gig von ihren eson eren qua„
W ren una an . d
1 all r and r n a .. . ht Bevor die Physik en Begriff
. gen ermog 1ic • d" . .
r t ti n B umn1un artikulieren konnte, ie in einem
111 r r in ab trakten Bewebgh~~ggig von allen qualitativen Bestim-
• l1 0 Raum una an . d h
1n tn . d Gegenstände stattf1n et, atte der
n der ich bewegen en . . " b
n1un . rr. h kt bereits solch eine „reine ' a strakte
11 hafthche .1ausc a • · h f
.· d' alle konkret-sinnlichen Eigensc a ten des
ß gun rea 11 1ert, ie .. .. d' E'
1
T

vollkommen unberuhrt asst: ie 1gentums-


, re en Gegenstan ds h.. ·
..
u rtragung. o -
s hn Rethel hat . das Gleiche .. für. das Ver altn1s , der
0
b tanz zu ihren Akzidenuen und f ur den 1n der ewton sehen
1 enschaft angewendeten Kausalitätsbegriff nachgewiesen - kurz, .
für das ganze kategoriale Netzwerk des reinen Verstandes.
o wird das transzendentale Subjekt - das das Netzwerk der Kate-
rien a prioristützt - mit der Tatsache konfrontiert, dass es in seiner
rmalen Genesevon irgendeinem innerweltlichen, ,,pathologischen"
Proze abhängt. Aus transzendentaler Perspektive ist das ein Skan-
al und eine innlose Unmöglichkeit, da das formal-transzendentale
I riori per Definition unabhängig von jeglichem positiven Inhalt ist:
n kandal, der dem „skandalösen" Charakter des Freud'schen Un-
~. t n dieser_Hinsicht Eins ~u Eins entspricht, das aus trans-
,. ntalphilosoph1scherPerspektive ebenfalls untragbar ist Wenn
u a!Red~ onto!ogischen Status dessen betrachten was Sohn~Rethel
\•t ~rakktwn*" nennt (also den Abstraktio~akt
u wir ungsuollenProzess d W '
der sich in
di J omolo · . h es arentauschs vollzieht), dann
d nl wugs1et zw(1ds~ en d~m Status der Realabstraktion und
n 1eser S1g if k
1 a hauplatz' b harrt) f d n 1 anten~ette, die auf dem „an·
u.be Jt de tranu/Vl,Lnt lau S be~Hand: Die „Realabstraktion"istdas
1 1 • . ,u.u a en u 11e/ad • S .. d
u~ n. 1sens haftli h n Er.1ks, 1~ tutze der objektiven un
J n 1 n 1 t di nntn1s.
m „ J·
1
• . ,,I alabstraktio " .. .
' b 1 wiikli h n t „ n. naturhch nicht in dein Sinne
' atsa hh h n Eigenschaften der Waren
al nat ri 11 Obj kt d r Fall ist: D r G g nstand Ware" enthält
d n W rt'' ni ht auf dieselb Weis wi jene Reihe b sonderer
Eig n haften, di seinen ,Gebrauchswert" bestimmen (ihre Form
ih~- Farb_ ihren G s_hmack u~d so w:iter). Wie Sohn-Rethel ge~
zeigt hat, 1 t d r Wert 1m Wesentlichen ein Postulat, das der wirkliche
Tau chakt impliziert - es handelt sich, in anderen Worten, um ein
gewisses als ob*: Während des Tauschakts handeln die Individuen
o, als ob die Ware den physischen, materiellen Tauschvorgängen
nicht unterworfen wäre; als ob sie vom natürlichen Zyklus des Ent-
tehens und Vergehens ausgeschlossen wäre - obwohl sie, auf der
Ebene ihres „Bewusstseins", ,,ganz genau wissen", dass das nicht der
Fall ist.
Man kann die Wirksamkeit dieses Postulats am leichtesten ermit-
teln, indem man darüber nachdenkt, wie wir uns zur Materialität des
Geldes verhalten: Wir wissen sehr wohl, dass Geld sich genauso wie
alle anderen materiellen Objekte abnutzt, dass sich sein materieller
Körper mit der Zeit verändert. In der gesellschaftlichen Wirksamkeit
des Marktes behandeln wir Geldstücke nichtsdestotrotz als „bestün-
den sie aus einer unveränderlichen Substanz, einer Substanz, über
die die Zeit keine Macht hat und die sich in einem antithetischen
Gegensatz zu jeglicher Materie befindet, die in der Natur vorliegt" 10.
Man ist fast dazu verleitet, hier an die Formel der fetischistischen
Verleugnung zu denken: ,,Ich weiß schon, aber_ trotzdem ... " Den
gängigen Beispielen dieser Formel (,,Ich weiß schon, dass Mutter
keinen Phallus hat, aber trotzdem ... glaube ich, dass sie einen hat";
„Ich weiß schon, dass die Juden auch Menschen sind wie wir, aber
trotzdem ... sie haben irgendetwas an sich ... ") müssen wir zweifels-
frei das Beispiel des Geldes hinzufügen: ,,Ich weiß schon, dass Geld
ein materielles Objekt wie alle anderen ist, aber trotzdem ... (ist es
so, als ob es aus einer besonderen Substanz gemacht wäre, über die
die Zeit keine Macht hat)."
Hier rühren wir an ein Problem, das Marx nicht gelöst hat und da
die Materialität des Geldes betrifft: Dabei geht es nicht un1 den empi-
ris h n, materiellen Stoff, aus dem Geld gemacht wird, sondern u1n
das erhabene Material, diesen „unzerstörbaren, unveränd rlichen
Körp r, d r d n v; rfall des physisch n l(örp rs überst ht - di r
and r Körp r d s Geld s v rhält sich wi d r L i hna111 in Op-
i 1 b i d Sad , das all Mart rn rduld t und_ d n n1ak llo

7
. 11 örp li l it d Kör~
• irntn t n bj kt h
. .. dau rt. 1)1 " d [ini rt da 1 „ h .r
h„ nh i u I t I örp r .ff d a p p a1I1.
r inn rhalb d 1 nal ti h ß. gn inn akz ptab 1 - voraus.
I 4IJ• 1oa . di s 1n . d
11 f i • J " b. kt i t nur in . o tuli rte l t n~ tha.
h • , a'.1al . n ni ht da d1:: Ordnung abhängig i t. Der
,rr=~,-tzt , ..ir' d r rnbohsc~ d nicht von d r Abnutzung
I rp t on . •• per ' er . b 1·
n n „ l örp r-nn-1 or . Garantie einer sym o Ischen
unz J t rbar . d . rn r durch die
1 u ffi n i t , ir im
ut t ität tützt: .
. h •ttel und kein Gebrauch Objekt ist.
• ein Tausc m1 . .. d. .
..
• r 1unz I tau
111
• fg prägt dass
. 'h sie .
Matena 1s wer den von der Au tor1 dtat, 1e sie aus.
• • 1 d die Reinheit i res •rd wenn sie durch en Verschleiß
Iln ·1 1t un llk men ersetzt w1 ' . .
• t' rt oda ie vo om Ih physische Matene 1 t augenschein.
bt. aran i • 1t verloren hat. Ie . d u
4

• d Zirkula ion an Ge, IC 1. 11 haftlichen Funktion gewor en.


m 1l „ er ihrer gese c
li h zu einem bloßen rag

k • " d mnach nichts mit der „Realität" und


nn_die_Reala~st::~°:lten eeines Objekts zu tun hat, so wäre es
d r ~1rkhche~ Eige d' Grund als Gedankenabstraktion" zu
d l1 fal eh sie aus iesem " d
oc 1•fen d'eren p rozess 51·ch im " Inneren" des denken en Sub-
......
LYrrre .
j '. 1 n·
ab p1e t: 1e m1
't dem Tauschakt
.
einhergehende
. .. . h Abstraktion
d d
1• t d'1e em ,rn neren" auf irreduzible Weise außer . 11c unf ezen-
·.c
• rt _ oder um Sohn-Rethels konzise Formulierung au zugre11en:
~ie Tau ch~bstraktion ist nicht Denken, aber sie hat die Form des
nkens [....] "12
Die ist eine der möglichen Definition des Unbewussten: Es ist
d •. FormdesDenkens,derenontologischer Status nicht der des Denkensist,
da heißt, die Gedankenform, die dem Gedanken selbst äußerlich
i t - kurz, ein anderer Schauplatz, der dem Gedanken äußerlich ist
und auf d m die Gedankenform bereits im Voraus artikuliert wird.
i mboli ehe ?r<lnung ist eine ebensolche formale Ordnung, die
d PP lte Beziehung der „äußeren", faktischen Realität und der
n rfahrung des Subjekts ergänzt und/ oder unterbricht.
- th 1 hat also mit s • K · ·k ·
'f einer r1t1 an Althusser recht Dieser
J t Ab traktion als einen Prozess de
11,-;1.1.. ,...,.. „ 1· h . B •. h de
n tattf d d . . , r ganz 1c 1m ere1c
in t un weist die K · k· '
ah l Ausdru k• . ategor1e der „Realabstra uon
J , lu l 1 mer „epistemologischen Verwirrung ' zurück.
< 1 grundl gend ·st
h • r zwi h n d epi mologischen Unter cheidung,
m „I alobj kt' und d m „G danken·
b' kt" 1~ ornitn1nt
. i t di R alab traktion" und nkbar, w il da-
dur h in dt 1tt l m nt ing führt wird da da F ld di r
nt r h idung lb t untergräbt: E ist die G dank nform, die
d m dank n vorgängig und äußerlich ist - kurz: die symboli ehe
Ordnung.
Wir könn n nun genau feststellen, inwiefern Sohn-Rethels nter-
fang n für die philosophische Reflexion „skandalös' war: Er hat
den ge chlos enen Kreis der philosophischen Reflexion mit einem
e ternen Ort konfrontiert, an dem ihre Form bereits „auf geführt"
wurde. Die philosophische Reflexion ist demnach einer unheim-
lichen Erfahrung ausgesetzt, ähnlich jener, die in der alten hinduis-
tischen Formel „Du bist das" 14 ausgedrückt ist: Dort, in der äußeren
Wirksamkeit des Tauschprozesses, liegt Dein eigentlicher Ort; dort
liegt das Theater, in dem Deine Wahrheit aufgeführt wurde, noch
bevor Du Dir ihrer bewusst wurdest. Die Konfrontation mit diesem
Ort ist unerträglich, weil die Philosophie als solche gerade durch
ihre Blindheit gegenüber diesem Ort definiert ist: Sie kann ihn nicht
in Betracht ziehen, ohne sich aufzulösen, ohne ihre Konsistenz zu
verlieren.
Das bedeutet aber auch nicht, dass das alltägliche „praktische"
Bewusstsein - das Bewusstsein der am Tauschakt teilnehmenden
Individuen - im Gegensatz zum philosophisch-theoretischen Be-
wusstsein nicht ebenso und auf komplementäre Weise blind wäre.
Im Tauschakt verhalten sich die Individuen wie „praktische Solip-
sisten" und verkennen die sozio-synthetische Funktion des Tauschs.
Dabei handelt es sich um die Ebene der „Realabstraktion", die die
Vergesellschaftungsform der Privatproduktion im Medium des
Marktes ist: ,,[I]hr tatsächliches Verhalten zueinander im Waren-
tausch ist praktischer Solipsismus, gleichgültig was sie selbst über
sich und ihr Verhalten denken [... ] ".15 Solch eine Verkennung ist
das sine qua non für die Ausführung des Tauschakts - würden die
Beteiligten die Dimension der „Realabstraktion" wahrnehmen,
wäre der „erfolgreiche" Tauschakt nicht länger möglich:

W nn wir al o von der Tauschabstraktion sprechen, mü en wir aufpa en die n


B griff nicht auf das Bewus t ein der Tauschenden zu üb rtrag n. Wir unt r t 1-
1 n, da i mit d m G brauch der Ware1 be chäftigt ind, di i l n d h i
ind nur in ihr r Vor t llung mit ihn n b häftigt. Di Tau hhandlun und zPar
all in di Handlung, i t ab rakt [... ] di Ab trak h it di r Handlun i t ni ht

9
in d r au h nd n mit d
. l i ht ·1d B wu
1 a E h inung d er n·in d'ie ihnern
i g . l • ~. eh n r 11 . . n
1 m t k n, w nn d 1il d r n1p1t1 kth it ihrer Han ungJen en de
zu 1• l un n cl'e Abstra . W l r
h„ t b f t ag 11 da 1 in jJ n n 1m g t lt. Würde
T • d vtan k"nnt
ni\t1li h 111 •
·1 ·1 B wu
d li g w 1 11r .. ·1 e Handlung au
f T:
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~· l d r Hand . In n br 1·d n o h rte 1 r
, 111 1 1t
'
16
d l b tr th tt g . l t intr ten .
i l tt akti n " ürd n1 l . .
und di
. S ltung d s Bewu t 1n 1n ein
• kt die pa • •• d
. \li rk nnung bew1r . h s". Der E1g ntum r, er arn
i kt1' 11 " und ein ,theoret~sch ew1·e e1·n praktisch r olipsi t''·
l ra .. . hält sie " . . . •
1:-iu hakt b t ihgt i_st,ver sozio-synthetische D1mens1on seines
r b m rkt die umv~rsel~~' f eine zufällige Begegnung verein.
kt ni ht und reduziert iMn Diese „verdrängte" sozialeDirnen.
z lter Indi iduen a~f dem fah~ ·in Form ihres Gegenteils hervor_
. Aktes tritt darau in h
ion ~1ne nft die sich der Naturbetrachtung ver .c reibt
al um er ell_eVernu
(da Kategonennetzwer e "
k
d r reinen Vernunft" als der begriffliche
Rahmen der Naturwissenschaften). . .
'd de Paradox zwischen der gesellschaf thchen Wirk-
Da ent ch e1 en . "d lb 1•
amkeit des Warentauschs und dem „Bewusstsein erse en 1egt-
um erneut eine prägnante Formulierung von .s.~hn-!l~thel zu nut-
zen_ darin, dass „dieses Nicht-Wissen der Reahtat Teil ihres Wesens
i t". Die gesellschaftliche Wirksamkeit des Tauschprozesses ist eine
Form von Wirklichkeit, die nur unter der Bedingung möglich ist,
das sich die Individuen, die an ihm beteiligt sind, ihrer Logik nicht
b wusst sind; das heißt, sie ist eine Wirklichkeitsform, deren onto·
logischeKonsistenzein gewissesNicht-Wissen aufseiten ihrer Beteiligten
impliziert- ,,wüssten wir zu viel", könnten wir die wahre Funktions-
':ei e _derg~sell_schaftlichenWirklichkeit durchdringen, so würde
1 h diese W1rkhchkeit auflösen.
10 Wahrscheinlich
•1 ". Id . .
ist dies die fundamentale
. .

1mens1on von „ e
·
Id o-
. g ': • .. eologie 1st nicht einfach ein „falsches Bewusstsein" eine
11
t u. ionare Repräsentation d
irklichk ·t lb h
kl.w· .
er_ Ir ichke1 t. Vielmehr muss die e
'
I se st sc on als ideal • h" b . .
gP~ells haftlicheWirkl· hk . . :' ogisc egr1ff en werden. Eine
Pit n ihrerBeteiligte
ic eztist zdeologüch"
einN' h W:· , wenn i'hre bloße Existenzaur ,r.
~· nn ihr g ll chaftl ~\t- ;,,~enüberi~r Wesenimpliziert - da heißt
1mplii 1 n, da s di I idc'~d irksa?1keit und ihre Reproduktion
da r l n iv1 uen n1 h • h
,ua \ he Bewusstsein"eines ( . " c t wissen, was sie tun . ic t
wnd n di,,,,~e Sein selbsti t 'd glese~lschajtlichen)Seins i t ideolo<ri eh",
„ i eo ogz eh" • " o
' insofern e von einem ,jal chen
B n u , t Pin" g<' tützt wird. Wir sind also ndli h b i d r Dirn n ion
d 111pt ins ang langt. in mögli h D finition d s ymptoms
laut t nä1nli h folg nd r1naß n: ,, s ist in G bild , dess n Konsi -
t nz in g , i i ht-Wiss n aufs iten des Subjekts impliziert."
Da ubj kt kann , sein Symptom nur genießen", sofern des en
Lo ik i h in r K nntnis entzieht - Maßstab für den Erfolg seiner
D utung li gt wi d rum gerade in seiner Auflösung.

Das ge eUschaftlicheSymptom

Wie also können wir das Marx'sche Symptom definieren? Marx hat
das Symptom erfunden" (Lacan), indem er einen Riss, eine Asym-
metrie, ein „pathologisches" Ungleichgewicht festgestellt hat, das
den Universalismus der bürgerlichen „Rechte und Pflichten" Lügen
straft. Fern davon, auf die „unvollständige Verwirklichung" dieser
universellen Prinzipien zu verweisen - also eine Unvollständigkeit,
die durch künftige Entwicklungen abgeschafft werden soll -, bildet
dieses Ungleichgewicht gerade ihr konstitutives Moment: Genau
genommen ist das „Symptom" ein besonderes Element, das seine
universelle Grundlage unterläuft, eine Art, die ihre Gattung unter-
gräbt. Insofern können wir sagen, dass das basale Verfahren der
Marx'schen „Ideologiekritik" bereits „symptomal" 17 ist: Sie sucht
nach einem Bruchpunkt, der einem gegebenen ideologischen Feld
gleichzeitig heterogenund notwendig ist, damit dieses Feld geschlos-
sen und vollständig sein kann.
Dieses Verfahren impliziert gewissermaßen eine Logik der Aus-
nahme: Jede ideologische Allgemeinheit - etwa Freiheit oder
Gleichheit - ist insofern „falsch", als es immer einen besonderen
Fall gibt, der mit ihrer Einheit bricht und ihre Falschheit offen-
legt. Schauen wir uns etwa Freiheit an: Dabei handelt es sich um
einen universellen Begriff, der eine Reihe verschiedener Arten ent-
hält (Rede- und Pressefreiheit, Gewissensfreiheit, Handelsfreiheit,
politische Freiheit und so weiter), aber auch - qua struktureller
otwendigkeit - eine spezifische Freiheit (etwa die des rbeiter
s in Arbeitskraft frei auf dem Markt zu verkaufen), die den uni-
v rs llen Begriff untergräbt. Das bedeutet, dass die e Freiheit e-
rad das G g nt il wirklicher Freiheit ist: Inde1n der rbeit r ine

1
seine Freiheit - b i diese
.
erlzerter. d hd rn
f i" v rkau ft . Wirklichkeit urc as Kapital
it. t a t 1 d „ rb iter in . d d d .
. n t uf ird r .. lieh entscheiden ' ass g. ra e diese
1
i t lb t er tan~ Gegenteils - den Kreis der bü
1 • la, t. . . d' Form ihres ,, r„
„ r 1h 1t - 1
1 d ,.
r h I r ih it• n " chließt.„ d gerechten un d g 1e1c • h en rn.iausch
11i h lä t i h auch fur lleng des Marktes. Als die Waren„
na h \ 1 n d'1 . Idealvorste un
. . h f h •
t 1• chen Gesellsc a t noc nicht uni„
1
r du •tion in d r vorkap~_ais ;enannte „Naturalwirtschaft"
8
noch
i rt , ;ar - als _also_ie t .?roer der Produktionsmittel
.... .,.. ... ,C'']li Gnder
en die Eigen u . .
ü r ·o - 'ar etwa als Handwerker. Die Eigentü.
,,._..
..,,.nr~l) lb t Produzenten, . p d k
. h lb t und verkauften ihre ro u te auf dem
r arb iteten noc se s h k •
m d' E twicklungsstadium gab es noc eine Ausbeu„
arkt. In ie em n a·
. d _c. ll d m Prinzip nach - wenn man 1e us eutung von
A b
tun (Je e1ua s e . .. • • ) A fd
bildenden und so weiter nicht berucks1cht1gt • u em Markt
a:Juein Äquivalententauschstatt, für jede Ware wur~e der volle
ert gezahlt. Doch sobald sich im Wirtschaftsgefüge eu1;er Gesell-
chaft die Produktion für den Markt durchsetzt, geht diese Verall-
meinerung notwendigerweisedamit einher, dass ein neuer, wider-
prii hlicher Warentyp auftaucht: die Arbeitskraft. Die Arbeiter,
di die Produktionsmittelnicht besitzen, sind fortwährend dazu ge-
z un en, ihre eigene Arbeitskraft (statt der Produkte ihrer Arbeit)
auf dem Markt zu verkaufen.
rch die e neue Ware negiert der Äquivalententausch sich
1 t - er wird zu einer bloßen Ausbeutungsform, zur Aneignung
. hrwerts. entscheidende Punkt ist, dass diese Negation
. t . g n de~ Aq~ivalententausch verstößt sondern diesem zu·
1 l mmanentist· Die A b • k f . '
,~•~11.,cu:1Let d : b . r eits ra t wird nicht in dem Sinne „aus·
1 d, J aausn1l1t ~hrhvollerWert gezahlt wird; seinem Prinzip
• zw1sc enA b •
1t. D Haken . r eit 1:1ndKapital vollkommen gleich
,..,.,.ri,,,"' i , di w n J~t, ?ass die Arbeitskraft eine eigentüIIl·
. ' n sie in For •d
w n hrw rt h ff m von Arbeit verausgabt wir ,
1 1 A I it kr ft:. a t. ?-erade dieses Mehr, das über
1 , Hn usr 1 ht, wir • d von den Kapita 1·1 ten

wi d r mit • .. .
1
. 11• nän li h init ~n g wi s n id ologi h n II·
1 11
b 81 1 d r par d d s gl ich n und g r cbtefl
o r 1 u 11 i t - d l ' u h on
rb it kraft g g n Lohn - und g rade als Äquivalent ntau h di
d r u b utung au macht. Di „quantitativ " Entwicklung, die
rallg n1 in 1ung d r Warenproduktion, bringt eine neue „Quali-
tät" h rvor nä1nli h ine neue Ware, die die immanente egation des
uni r llen Prinzips des Äquivalententausches darstellt. In anderen
Wort n: Sie chafft ein Symptom. Aus Marx'scher Perspektive beruht
d r utopischeSozialismus auf dem Glauben an eine Gesellschaft, in
d r die Tauschbeziehungen verallgemeinert sind und die Produktion
für den Markt überwiegt, die Arbeiter jedoch die Produktionsmit-
tel be itzen und daher nicht ausgebeutet werden - kurz, ,,utopisch"
besagt, dass man glaubt, eine Allgemeinheit ohne Symptom oder ohne
Ausnahme, die diese Allgemeinheit immanent negiert, sei möglich.
Die Logik von Marx' Kritik an Hegel und dessen Vorstellung
der Gesellschaft als vernünftige Allgemeinheit funktioniert ähn-
lich: Sobald wir versuchen, die gegebene gesellschaftliche Ordnung
als vernünftige Allgemeinheit zu verstehen, müssen wir ein para-
doxes Element berücksichtigen, das ihr Symptom ist, sie jedoch
zugleich konstituiert - und somit das universelle und vernünftige
Prinzip dieser Allgemeinheit unterläuft. Für Marx ist natürlich das
Proletariat - diese „Unvernunft der Vernunft selbst" (Marx) - das
irrationale Element der bestehenden Gesellschaft. Es ist der Punkt,
an dem die in der bestehenden Gesellschaftsordnung verkörperte
Vernunft ihrer eigenen Unvernunft begegnet.

Warenfetisch

Doch Lacan ist bei seiner Behauptung, Marx habe das Symptom ent-
deckt, noch etwas genauer: Er verortet diese Entdeckung in der Art,
in der Marx den Übergang von Feudalismus zu Kapitalismus be-
schreibt: ,,Der Begriff des ,Symptoms' hat seinen Ursprung keine -
wegs bei Hippokrates, sondern bei Marx, der diesen als Erster im
Zusammenhang zwischen Kapitalismus und- was? - der guten alten
Z it, di wir, wenn man es anders sagen wollte auch ,die Feudalzeit
n nn n könnt , h rausgestellt hat." 18 Um die Logik die e •b r-
gangs vom F udalismus zum l(apitalismus zu b greifi n 1nü
zunä hst d n th or tis h n Hint rgrund rläut rn, nä111lih ar 7

ß griff d s War nft tis hs.


. . h behaupten, dass der Waren ..
heße sie . d M
. . t 11 1111äherung f 1 . he Verhältnis er enschen
In 111 1 1 ellscha t ic • h F ·
. d b tin11nte ge . d. hantasmagorisc e orm eines
n h , a · f „ r sie ie P · b est1mrnten

. t] , 1 h luer u . "19 Der Wert einer
• 1l t [1 • nnunrnt. · 1
7. ·l a··Jtni on Dingen a . . ei·nes Netzwerks soz1a er Bezie„
11 • d' Ins 1gnie • •
d r tat ä hhc 11 ie diverser Waren ist, mmmt die
a1 d Produzenten d W
hun
' 11 m i he~ en.. . h " Eigenschaft eines an eren aren„
.
iner qua l·, naturhc d en. Für gewöhn 1·ic h sa gt ma n ' d ass der
in an nämlich des Gel es. . soundso großer Geldbetrag ist.
. b • roten Ware ein .
r 1ner um . h . ht vor allem dadurch ausgeze1ch„
ol li h i t der Ware~eusc rn\erwechseln (,,ein Verhältnis der
1 t 1 11 chen mit. Dingen zu .
d' Form eines Verhältnisses von Dingen
.
1~.a.LU-hen elb t nunrnt ie . k d'
. k · hnet ihn eine gewisse Ver ennung, ie das
an~- ielmehr ennze1c . k d . .
·.. • · h m·em strukturierten Netzwer un einem se .. 1
rhaltm zw1scen e . . . . k 11
ner 1emente betr ifft. . Was in W1rkhchkeit ein. stru ture er Effekt, .
d r ffekt eines Beziehungsgeflechtes ~ersch~edener Elemente 1st,
e cbeint als unmittelbare Eigenschaft eines dieser Elemente, so als
•ommeihm diese Eigenschaft unabhängig von seiner Beziehung zu
d n anderen Elementen zu.
olch eine Verkennung kann sowohl in einem „Verhältnis von
in n al auch in einem „Verhältnis der Menschen" stattfinden-
tellt Marx explizit bezüglich der einfachen Form des Wertaus-
ru fe t. Die Ware A kann ihren Wert nur ausdrücken indem
i_ i h auf eine Ware B bezieht, die dadurch zu ihrem Äquivalent '
_'1 d: Im Wertverhältnis fungiert die natürliche Form der Ware B
ih brauch wert, ihre positiven, empirischen Eigenschaften) als
. tf..rm der Ware (oder für die Ware) A; der Körper der Ware B
tn and ren Worten fu"r A S . 1. .
11 .. ' zum p1ege ihres Wertes. Diesen
gi:ing n fugt Marx folgende Anmerkung hinzu:
h .i J Art g ht' d m Menschenwie d .
uf d lt m1ntno h al F' er Ware. Da er weder mit einem Spiegel
1 Philosoph.. I ch bin
. ich,
. . •h
1 J
lu 1 t m
J
.
~inm andic 1tescher
M bespiegelt 1c
i I n Jaul al • in gl i he~e~ , ensc?en. Erst durch die Beziehung auf den
t s~chder Mensch Peter auf ich elb t al
1Jn eil.! ~n ir ilt ihm ab r au l pz1ehl
n 1 Jblt11 JI, 1
• al 1 h inun foau mn Haut un d Haaren, in seiner pau1· •
1 101•
g rm d s Genus Mensch. 20
u1z A, in i k .
l , . ung nimmt .
t 1 n , orw g: u . dgwis~ rmaß n La an Theori d
1
111
m s1 l1 d s I 11in i11 1n and r n
5
M 11 hen spiegelt - das heißt, insofern dieser andere Mensch ihm
da Bild ein r Einheit vorstellt - bildet sich eine Selbstidentität aus·
Id ntität und Entfremdung hängen also voneinander ab.21 Marx'
rfolgt diese Homologie noch weiter: Die Ware B ist nur innerhalb
in Verhältnisses ein Äquivalent, in welchem sie als Erscheinungs-
form des Wertes der Ware A fungiert. Dieses Verhältnis erscheint
jedoch - und hierin liegt der Verkehrungseffekt, der dem Fetisch
eigen ist - genau umgekehrt: A scheint sich auf B so zu beziehen, als
wäre die Tatsache, dass B ein Äquivalent für A ist, keine Reflexions-
bestimmung (Marx) von A - als sei B also bereitsin sich selbstdas Äqui-
valent von A. B scheint sogar außerhalb seines Verhältnisses zu A
die Eigenschaft „Äquivalent-Sein" [ being-an-equivalent]auf zuweisen,
und zwar auf dieselbe Weise, wie es auch seine andern „natürlichen"
und tatsächlichen Eigenschaften besitzt, die seinen Gebrauchswert
konstituieren. Diesen Überlegungen fügte Marx wiederum eine
sehr interessante Anmerkung hinzu:

Es ist mit solchen Reflexionsbestimmungen überhaupt ein eigenes Ding. Dieser


Mensch ist z. B. nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm ver-
halten. Sie glauben umgekehrt Untertanen zu sein, weil er König ist. 22

,,König-Sein" ist der Effekt eines Netzwerkes gesellschaftlicher Ver-


hältnisse zwischen einem „König" und seinen „Untertanen"; den
Teilnehmern dieses gesellschaftlichen Bandes jedoch - und hier
liegt die fetischistische Verkennung - erscheint das Verhältnis not-
wendigerweise in umgekehrter Form: Sie denken, dass sie den Kö-
nig königlich behandeln, weil der König außerhalb des Verhältnisses
zu seinen Untertanen bereits ein König ist; als sei die Bestimmung
des „König-Seins" eine „natürliche" Eigenschaft seiner Person. Wie
kann man sich hier nicht an die berühmte Behauptung Lacans er-
innern, dass ein Wahnsinniger, der glaubt, er sei ein K.önig, nicht
wahnsinniger ist als ein König, der glaubt, er sei ein König - der
sich also unmittelbar mit dem Mandat „König" identifiziert?-·
Wir hab n s hier also mit einer Parallele zwischen zwei F ti eh•
form n zu tun. Die entscheid nde Frage betrifft das genau er-
hä1tnis di s r b id n Ebenen. Soll heißen: Bei di m \7; rhältni
h.and 1t s si h nicht um ein bloße Homologie. Wir könn n ni ht
l haupt n, dass s in G s lls haft n, in d n n di Produktion für
. kapitalistischen Gesellschaf
dich also in d d G „
·k "b rv\riegt- 1etz W ,.." geht. Gera e as egentei]
d n a1 t u • der a1e . 1· . h
n M 11 hen wie fetisch in kap1ta 1st1sc en Ge„
t n - d t 'b den Waren . h d
. d .. Z"'ar g1 t es . d' Verhältnisse zw1sc en en Men..
1 t I • h •t' g sind ie . . . " h.
11 haften, gle1 ze1 1 erade nicht „fet1sch1s1ert ; ier treffen
ben im Kapitalismus ~ber J
die alle ihre egoistischen Interes-
freie' ,1.eneben aufeman ~• de und bestimmende Form ihrer
en erfolgen. Die v~rhe~rhscd~nvon Herrschaft und Knechtschaft
, Teh elbez1e • l1ungen1stn1c t. ie
hen freien Menschen, d'ie vor dem'
di d Vertrags zw1sc
ndern . e <:s Modell dieser Form ist der Tausch auf dem
G etz le1ch_sm<l.Dbas n sich zwei Subjekte, deren Verhältnis
1 t· uf diesem egegne d' . H
„ ar .' . d Plunder der Verehrung, 1e einem errn
freit 1 t von a11 em S • H
. d 11
Je tet wer en so , o
der der Gönnerschaft und orge eines
. .
errn
fü eine Untertanen; sie begegnen _s1~hals zwei Personen, ~eren
Handlungen zutiefst von ihren eg01st1sc_henInteressen b~st1~1
ind und beide sind gute Utilitaristen; die and~re Person ist mc?t
,00 einer mystischen Aura umgeben; sie sehen 1m Pa~tner nu_r em
andere Subjekt, das eigene Interessen verfolgt, und interessieren
ich nur für ihn, insofern er etwas - eine Ware - besitzt, das irgend-
ine einer Bedürfnisse befriedigen kann.
emnach sind die beiden Formen des Fetischs inkompatibel: In den
'Om arenfetisch bestimmten Gesellschaften sind die „Verhältnisse
d r enschen" vollkommen entfetischisiert. In den Gesellschaften,
in de.nen der Fetisch in den „Verhältnissen der Menschen" liegt -
al ? in vorkapitalistischen Gesellschaften - hat sich der Waren-
. 11 ,h noc~ nicht entwickelt, weil diese vo~ der „Naturalproduk·
_n mc~t von der Produktion für den Markt bestimmt sind.
· r mlu• n diesen Fetisch, der in den Verhältnissen der Menschen
1
im amen n . H' .
1 um H h f ennen. ier handelt es sich, wie Marx betont
r • a ts- und Kn h h f
1 h„ltni • zw· h H ec tsc a tsverhältnisse" - also urn das
.. I n err und K h . .
hat. ist fa •t O al . d nec t, wie es Hegel beschrieben
, s sei er R„ k
nu, ii Verschiebung1 b uc zug des Herrn im Kapitalismus
8
1hältni s d r M ' a ezahlte man die Entfetischisierung der

111 ns 1
1en" • •
s 1 r ing _ m't d mit emem Fetisch in den „Verhält·
\ u1 or d n int rsu:>i kt~ Ware~fetisch. Der Ort des Fetischs
J iv n B 21 hu · n
. 1 1ng n v rs l10 b ngen 1n die Beziehunge
............ , ••i·.n •

113 th
·J n \ii rhältn· . .n: Man kann die entscheidenden
• s ' d1 Produktionsv rhältnisse, nicht
inehr un1nittelbar als Form des zwischenmenschlichen Verhältnisses
von Herrs haft und l(nechtschaft entziffern (des Herrn mit seinen
Leib igenen und so weiter); sie sind, wie es Marx so treffend formu-
liert hat, ,verkleidet in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen
der Arbeitsprodukte. "24 '
Wenn man nach der Entdeckung des Symptoms sucht, muss man
daher rekonstruieren, wie Marx den Übergang vom Feudalismus
zum l{apitalismus begreift. Mit der Einrichtung der bürgerlichen
Gesellschaft werden ·die Herrschafts- und Knechtschaftsverhält-
nisse verdrängt:Scheinbar haben wir es mit freien Subjekten zu tun,
deren zwischenmenschliche Beziehungen frei von Fetischisierung
sind; die verdrängte Wahrheit - des Fortbestehens von Herrschaft
und Knechtschaft - taucht als Symptom wieder auf, das den ideo-
logischen Schein von Freiheit, Gleichheit und so weiter untergräbt.
Dieses Symptom, der Punkt, an dem die Wahrheit der gesellschaft-
lichen Verhältnisse auftaucht, liegt genau in den „gesellschaftlichen
Verhältnissen der Sachen" - im Gegensatz zur feudalen Gesellschaft,
in der die Verhältnisse ganz anders erschienen sind:

Wie man daher im1ner die Charaktermasken beurteilen mag, worin sich die Men-
schen hier [,,im finstren europäischen Mittelalter", so Marx (A. d. Ü.)] gegenüber-
treten, die gesellschaftlichen Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten erschei-
nen jedenfalls als ihre eignen persönlichen Verhältnisse und sind nicht verkleidet
in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen, der Arbeitsprodukte. 25

„Statt als eigene persönliche Verhältnisse zu erscheinen, werden


die gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen in gesellschaft-
liche Verhältnisse der Sachen verkleidet" - das ist eine sehr genaue
Definition des hysterischen Symptoms, der „Konversionshysterie",
die den Kapitalismus charakterisiert.

DastotalitäreGelächter

Marx ist hi r subversiver als die Mehrheit seiner zeitgenö i chen


Kritik r, di di Dialektik des Warenfetischs als veralt t zurück-
wi s n: b n di se Dialektik kann uns hnrner noch dab i b hilflich
s in, das Phänorn n d s sog nannt n „Totalitari rnu ' zu b gT iE n.
hm n wir mb rto E os Der Name der Ro. e al u gang punkt,
icht stimmt. Dies Kritik be.
. d' ern Buc n h . • A 1
·1 t"'ra mit ie. . Buches, die man - in n ehnung
rad , l d 1 g1edieses 1· k„
trifft ni ht nur die I o o a hettistruktura ismus n~nnen onnte:
JJah ttiwe,tern - Sp.g . plifizierte, auf die Massenku}.
nd 1 " • l eine s1rn d
D 1 i band lt ic 1 u~ kturalistischer un poststruktura.
zu hnittene Version stru'bt es keine Realität, wir leben alle
lu1· rt1· h r Id en (letzten Endde~g1 f andere Zeichen verweisen )
• h n 1e au . . ••••
in in r ' elt von Ze1c e ' .. sollte ist die zugrundeliegende
d' Buch storen ' . d .
,~a un an ie em d Totalitarismus liegt arin, dem offi.
_he e: ~er Urspru;ie1::hter oder ironische Distanz dogmatisch
z1 llen Diktum_o~~ . b es Streben nach dem Guten kann sich
1„ n Ein ubertr1e en . . 1· h
anzu 1ange • .. k h n· Das wahre Böse ist Jeg ic e Art von
1• ab olute Bose ver e re • . . N .
. t' mus vor allem wenn dieser im amen eines
fanatl ehern 0 ogma is ' . '
hö h ten Guten ausgeübt wird. .. . . ..
Die e The e wird von einer auf geklarten Form r~hg1osen ~lau-
bens vertreten: Wenn wir vom Guten besessen sind ~nd einen
entsprechenden Hass aufs Säkulare entwickeln, .kann diese Beses-
enheit elbst zu einer bösen Macht werden, zu einer Form von zer-
törerischem Hass auf alles und jeden, dem es misslingt, unserer
\or tellung vom Guten zu entsprechen. Das wahre Böse liegt im
angeblich unschuldigen Blick, der in der Welt nichts als das Böse
ieht - o etwa in Turn of the Screwvon Henry James, wo das wahre
Bö e natürlich im Blick der Erzählerin (der jungen Gouvernante)
lb t liegt ...
Zunä hst .muss eingewendet werden, dass die Vorstellung, eine
! m enheit ~om (~de~ ein~ fanatische Ergebenheit gegenüber
ute? kon?e sich ms Bose verkehren, die umgekehrte Erfah·
run ma kiert, d~eviel beunruhigender ist: Verschreibt man sich be·
n und fanatisch dem B •• k .
in }. h . . osen, ann dies nämlich selbst den Sta·
r t u c en Pos1t1onerl ·
1 n goi t' h angen, einer Position, die nicht von
isc en I nteressen 1• ·
oz#1 t · Don · . . ge eitet wird. Denken wir nur an
iovann1.Dieser t h 1
, n Lnt. h idung· B . h s e t. am Ende der Oper vor der fo•
, J .. ; id r tzt •. e}ic ~eter seine Sünden, kann er noch erlöt
r si l wird e f" . .h
u tp inzip wär '. . r ur immer verdammt. Aus Siet
J u 1. s ric 11t1g d r y; .. n
J <1o h ni ht E.1 st ' ergangenheit abzuschwore •
1lt zu de b··
n ose11 Taten die er began•
1 , t 0I J •
• 1 )Wo 11 1 w iß d
n d. Pa, ad ,x I w is ;, ass r d~durch auf immer ~erdammt ein
ngt r, ind m er sich schlussendlich fill'
da Bö nt h id t, den Status eines ethi eh n Held n - al O einer
p r on die i h von Grundprinzipien leiten lä st, die „jenseit des
Lu tprinzip " liegen, anstatt bloß der eigenen Lust oder materiel-
l n Gewinnen nachzujagen.
Wa a1n Namen der Rose jedoch wirklich verstörend ist, ist der
zugrund liegende Glaube an die befreiende, anti-totalitäre Kraft
d Gelächters und der ironischen Distanz. Unsere These ist die-
er Grundannahme von Ecos Roman nahezu diametral entgegenge-
etzt: In den gegenwärtigen Gesellschaften, seien sie demokratisch
oder totalitär, sind diese zynische Distanz, dieses Gelächter, diese
Ironie sozusagen Teil des Spiels. Die herrschende Ideologie ist nicht
dazu bestin1mt, ernst oder gar beim Wort genommen zu werden.
Vielleicht sind Menschen, die die Ideologie beim Wort nehmen, die
größte Gefahr für den Totalitarismus. Sogar in Ecos Roman ist der
arme alte Jorge - der niemals lacht und den dogmatischen Glauben
regelrecht verkörpert - eine eher tragische Figur: Er ist veraltet, un-
tot, ein Überbleibsel der Vergangenheit, und sicherlich keine Per-
son, die die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Mächte
repräsentiert.
Welchen Schluss müssen wir daraus ziehen? Müssen wir feststel-
len, dass wir in einer postideologischen Gesellschaft leben? Viel-
leicht wäre es besser, zuerst näher zu erläutern, was wir mit Ideolo-
. .
g1emeinen.

Zynismus als eine Form von Ideologie

Die elementarste Definition von Ideologie ist wahrscheinlich in dem


bekannten Satz aus Marx' Kapital ausgedrückt: ,,Sie wissen das nicht,
aber sie tun es."*26 Das Konzept der Ideologie setzt eine Art grund-
1 gende, konstitutive Naivität voraus: Diese verkennt die eigenen
y; raussetzungen, die eigenen, tatsächlichen Bedingungen, und
i. t dur h eine Distanz, eine Divergenz zwischen der sogenannten
g . lls haftlichen Wirklichkeit und unserer entstellten R prä n-
tation, uns r m falsch n Bewusstsein ausgezei hnet. De halb kann
man in sol h s naives Bewusstsein" einem id ologi kri ti eh n
y; rfahr n unt rzi "h n. Zi 1 di s s Vi I fahr ns ist , da nai id o-
logis h B wussts in zu in m Punkt zu 1 it n, an d 1n in

59
. llschaftliche Realität, die
die gese fl „ es
.l ß dingungen, h diesen Akt au osen kann I
tat ä hh 1 n d sich durc . . •k • • b . : n
erkennen un d Jdeologiekr1t1 - wie sie e1sp1e]s
nt t llt ,r •0 nen er d h •
d laborierteren versi S l le entwickelt wur en - andelt ei
Tc~1 von d r Frankf ur.ter . c 1u ( lso die gesellschaftliche Realität)
,\ t die Dinge a 1 • h B
• h ni ht nur daru1n . . . d" und die ideo og1sc e rille ab.
i • • w1rkhch s1n ' k 1·
o zu hen wie s1~ ' llt· der zentrale Pun t iegt darin zu
zul gen die die Dinge, e.~ts~eh'hne diese sogenannte ideologische
d'e Reahtat sie o . k d
erkennen, da d •eren kann. Die Mas e ver eckt den
·r . g rochtdrepro
1 u_1z1erun
uz1 • d' 'd
Din e nicht; vielmehr ist ie i eologische
'rkhchen Zu tand er g . b
ihrem Wesen eingeschr1e en. .
11 tellungl . h ei·n paradoxes Sein, das sich selbst nur repro.
E hande t ic um „ h •d
. k · fern es verkannt und uberse en wir : In dem
duz1eren ann, inso · • kl • h • " ••
· d m wi·res so wahrnehmen, ,,wie es wir 1c 1st , lost es
.1oment 1n e . .
ich in ichts auf, oder, noch genauer, es wird zu einer neuen Form
von Realität. Deshalb müssen wir uns davor hüten, Metaphern wie
Demaskierung"oder „Fortreißen des Schleiers" (der angeblich die
nackte Realität verdeckt) zu nutzen. Man kann nachvollziehen, aus
\'elchemGrund sich Lacan in seinem Seminar über Die Ethik der
P. clwanalyse
1
von der befreienden Geste distanziert, endlich zu sa-
en dass „der König nackt ist". Wie Lacan erklärt ist der Punkt,
das der König nur unter seinen Kleidern nackt ist. Wenn es also
!ne _demaskierendeGeste in der Psychoanalyse gäbe, dann stünde
ie emem ?~kannten Witz von Alphonse Allais näher, den Lacan
h nfall zitiert: Jemand zeigt auf eine Frau und stößt einen ent-
n c_hre~ a~s: ,,Schaut sie an, was eine Schande! Unter ihren
11 ] 1d d rn 1st.sieJa. ganz nackt.,"27 All d as 1st . aber längt bekannt: Hier .
1
~nal t fal sticheBmfachu~ die klassische Vorstellung die Ideolo-
c e ewusstse1n" al • v; k
1 ' af
j 1 n Wirkli hkeit b if ' . s ei_ne. er ennung der gesellsch t·
J:a lau . t d' eg~e t'. die Teil dieser Wirklichkeit ist. Unsere
1
,_
.. ,.i.,,t in i u"biehser egriff' demzufolge Ideologie ein naives Be·
' r aupt noch „ 1 •
, 1 f ng n. In d d gu tig. Kann man damit heute noch
i-ri cm eutschen B i.,...
wu~9/ !lt P t r Slot d"k . estseller Kritik der zynisc,u;,l
1 .1 . 11 1
i • on Jd 0[ ~ die .These auf, dass die herrschende
h o J og1e zynisch u d d . . 1 •
r • l l n omit un .. 1· n as klass1scl1 1deo ogie·
ziJ i 1•
lJ t i t i J d
mog ich. -
od
er
.
vielmehr nutzlo -

ei.
1
u1 1 r D1stan2 • l . · h
g • II haftli h n . z~isc 1en der 1deologisc ell
Wirklichkeit durcl1aus b , us t,
üO
b harrtj doch auf det Maske. Die Formel, die Sloterdijk daher vor-
chlägt, lautet folgendermaßen: ,,Sie wissen, was sie tun, aber sie
tun e ."28 Die zynische Vernunft ist längst nicht mehr naiv sondern
parado rweise ein aufgeklärtes falsches Bewusstsein: Ma~ weiß um
die Falschheit, man weiß um die besonderen Interessen, die sich
hinter der ideologischen Universalität verbergen, und man distan-
ziert sich dennoch nicht davon.
Wir müssen diese zynische Position streng von dem unterschei-
den, was Sloterdijk Kynismus nennt. Der Kynismus repräsentiert die
populäre, plebejische Zurückweisung der offiziellen Kultur durch
Ironie und Sarkasmus: Das klassisch kynische Vorgehen macht sich
über die pathetischen Phrasen der herrschenden offiziellen Ideo-
logie - ihren feierlichen, gravitätischen Ton - lustig, indem sie die-
sen mit alltäglichen Banalitäten konfrontiert und so hinter der er-
habenen Noblesseder ideologischen Phrasen egoistische Interessen,
Gewalt und brutale Machtansprüche sichtbar macht. Dieses Vorge-
hen ist somit eher pragmatisch als argumentativ: Es untergräbt die
offizielle Aussage, indem es sie mit dem Kontext ihrer Äußerung
konfrontiert; dafür nimmt es bestimmte Personen ins Visier (wenn
ein Politiker beispielsweise die Pflicht patriotischer Opfer predigt,
enthüllt der Kyniker den persönlichen Vorteil, den der Politiker aus
den Opfern zieht, die andere Menschen erbringen).
Die herrschende Kultur antwortet auf diese kynische Subversion
mit Zynismus: Zwar erkennt und berücksichtigt sie die besonderen
Interessen, die hinter der ideologischen Universalität stecken, und
die Distanz, die zwischen der ideologischen Maske und der Wirk-
lichkeit liegt. Und dennoch findet sie Gründe dafür, die Maske zu
wahren. Dieser Zynismus ist keine unmittelbar unmoralische Hal-
tung. Vielmehr ist es, als hätte sich die Moral selbst in den Dien t
der Unmoral gestellt - das Modell der zynischen Vernunft begreift
Redlichkeit und Integrität als eine der höchsten Formen von ~n-
redlichkeit, Moral als eine der höchsten Formen von La terhaft1g-
keit und Wahrheit als die effektivste Form der Lüge. Bei die em
Zynismus handelt es sich daher um eine Art pervertierte , egation
der gation" der offiziellen Ideologie: Di zyni ehe Reaktion auf
ill gal Ber icherung und Diebstahl b t ht darin zu b haupt n
da s di legale B r i h rung vi 1 ft ktiv 1 un_d 01 lle1~1durch d
ht g s hützt ist. Wie B rtolt Br cht s hon 111 d r Dretg,v chenoper

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t . . n ., kl . 11 Ideologi t1 im ng icht
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I . . • n bhn en . . . ,
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i ihn 1n1t • h selbst zu organ1 1eren und eine
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··hrle1 ten - ie . h d H
1 i nz zu ' a K"nnen wir anges1c ts er err chaft
. n Anfang an. o . . .
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• 11
nunft nur noc '
111 h er . . hen Welt befinden? Selbst Adorno
t n po t-1deo1og1sc . d .
nann . hl da er davon ausgmg, ass ein System
11 zu die em C USS' . .
ur dann ideologisch ist, wenn es einen
• w ahr.
u n enommen n
. h
'nf
t •tt _ das also nicht e1 ac
h 1·· d
ugt, son ern eine
.
l I a pruc er r1 . d . L.. .
.. • t die als Wahrheit vernommen wir , eine uge, die
u ertnt 29 • al. .. Id 1 .
• t da man sie ernstnehmen muss. Die tot itare eo ogie
: die en An pruch längst auf gegeben. Se~bst ih~e _Autor~n. geh~n
nicht da on au , dass sie ernstgenommen wird - sie ist lediglich em
. anipulationsinstrument, sie ist rein äußerlich und instrumentell,
·hr Herr chaft wird nicht von ihrem Wahrheitswert sichergestellt,
ndern chlicht durch eine Gewalt, die der Ideologie äußerlich ist,
nd durch das Versprechen auf Gewinn.
.. die em Punkt muss man die Unterscheidung zwischen Symp•
lomund P_hantasma_ ei~ühren. Nur so kann man zeigen, dass der
hl wir l~bten emer post-ideologischen Gesellschaft, voreilig
1
t. r all ihrer ironischen Abgeklärtheit lässt die zynische Ver-
t_di_fu ndamentale Ebene des ideologischen Phantasmas unbe-
1 • d1 b ne auf der d. Id 1 • di .k
•1 lb ' . ie eo og1e e gesellschaftliche Wir •
lt t truktur1ert.

J,oful(i hePhantasma
in: Di id ologis h Illusion liegt im „Wissen". Demna h b tehe
in Di kr panz zwi h n dem, was die Men h n tatsä hli h tun
und d m, _wa sie zu tun ?laub _n - die Id ologie liege gerade da:
rin, da die Men hen „nicht wissen, was sie wirklich tun", da s ie
in fal h Vor t llung der gesellschaftlichen Wirklichkeit haben
d ren v il ie ind (und diese Entstellung wird selb tverständlich
von derselben Wirklichkeit produziert). Betrachten wir wieder das
kla i eh Marx'sche Beispiel des sogenannten Warenfetischs: Geld
ist in Wirklichkeit bloß die Verkörperung, Kondensierung oder
Materialisierung eines Netzwerkes gesellschaftlicher Verhältnisse -
dass es das universelle Äquivalent für alle anderen Waren ist, wird
durch seine Position im Netzwerk der gesellschaftlichen Verhält-
nisse bedingt. Doch den Individuen erscheint diese Funktion des
Geldes - die Verkörperung von Reichtum zu sein - als unmittelbare,
natürliche Eigenschaft des Gegenstands, der „Geld" genannt wird -
als wäre Geld selbst in seiner un1nittelbaren materiellen Realität die
Verkörperung von Reichtum. Hiermit kommen wir zu dem klas-
sisch ~arxistischen Motiv der „Verdinglichung": Hinter den Din-
gen, hinter den Verhältnissen zwischen Dingen, müssen wir die so-
zialen Verhältnisse aufspüren, bei denen es sich um die Verhältnisse
zwischen menschlichen Subjekten handelt.
Solch eine Lesart der Marx'schen Formel ignoriert jedoch eine
Illusion, einen Fehler, eine Entstellung, die bereits in der gesell-
schaftlichen Wirklichkeit selbst wirksam ist, und zwar auf der
Ebene dessen, was die Individuen tun, und nicht nur auf der Ebene
dessen, was sie über dieses Tun denken oder wissen. Wenn die Indi-
viduen Geld nutzen, dann wissen sie schon, dass das nichts Magi-
sches hat - dass die Materialität des Geldes einfach ein Ausdruck
gesellschaftlicher Verhältnisse ist. Die alltägliche und spontane
Ideologie reduziert Geld darauf, ein einfaches Zeichen zu sein,
das den Individuen, die es besitzen, das Recht verleiht, einen be-
stimmten Teil des gesellschaftlichen Produkts zu erwerben. Auf
iner alltäglichen Ebene wissen die Individuen also sehr wohl, da
hinter den Verhältnissen zwischen Dingen Verhältnisse zwi eben
P rsonen liegen. Das Problem liegt darin, dass sie in ihre1:1 g ~l-
haftli hen Handeln, in dem, was sie tun, so handeln, al 1 G ld 111
in r mat ri 11n Wirklichk it die unmittelbare Vi rkörp rung d
W rt . i sind in d r Praxis F tischist n ni ht in d r h ori . a

6
. kennen" ist die Tatsache, dass sie •
. . " wa 1e „ver ' . . 1n
i 111 ht 1 n .
.11r r

kl'chkeit
1
11 haf th h n W ir ntausches
und ihrem

gesellschafthche
• • n
c • c h 1stische
- von einer 1et1
Hand In - im kt des are n
rni i n g 1 _it t w rd nd. noch klarer zu machen, erneut dem klas„
. ' nd n , irhun M u1nt' as .
der spekulativen Ver k e h rung d es Verhält..
h ar en o 1v .
1. . All emeinem und Besonderem zu. Das Allgemeine
n1 Z\ I 1ien g .. d d. • kl.
. t bl ß 1n • ·1genschaft besonderer Gegens
. tan e, 1e wir ich exis..
1 O
• D l enn wir dem Warenfetisch zum Opfer fallen, dann
t1 n. o 1 ,\ ('h G b
·nt un der konkrete Inhalt einer Ware 1 r e rauchswert)
l1e1 • ('h T: h
u druck ihrer abstrakten Allgemeinheit 1 res ausc wertes) ...
ab trakte Allgemeinheit, der Wert, erscheint als reale Substanz,
die ich fortwährend in einer Reihe konkreter Objekte verkörpert.
D i t Marx' Grundthese: Die Warenwelt verhält sich bereits wie
die ubjekt-Substanz bei Hegel, wie eine Allgemeinheit, die eine
Reihe be onderer Verkörperungen durchläuft. Marx spricht daher
1 0n der Metaphysik der Waren", von der „Religion des Alltags-
leben .30 Die Wurzeln des spekulativen Idealismus liegen in der
e eil chaftlichen Wirklichkeit der Warenwelt; diese Welt verhält
ich idealistisch~'- oder, wie Marx es im ersten Kapitel der ersten
uflage des Kapitalsausdrückt:

Dib kerkehrung,
All .wodurch. das Sinn 1ic
• h -Kon kr ete nur als Erscheinungsform
• des
d t:n~et!~mg1~ltmehn, n1kcht_d~sAbstrakt-Allgemeine umgekehrt als Eigenschaft
tändniß eh · · , cSara tensirt
. den Werth aus d ruc k• S.1e macht zugleich sein Ver-
1eng. age ich. Römisch R h
d1t , o i da elbstverstä~dl' h S es . ec t und deutsches Recht sind beide
um verwirldichtsichim ro"m' h ic R. age ich dagegen: Das Recht, dieses Abstrak-
isc en echt und • d
1 1 ht n, o wird der Zusam h ~m eutschen Recht, diesen konkre-
men ang myst1sch.31

i .f ag ' .d.1 wir • erneut stell .. .


lu 1 n. 1r dürfi n · h en mussen, lautet: Wo liegt die
nie t vergessen d d ••
u, . a. . ine Alltagsideolo .e ' . ass as_bürgerliche Ind1V1·
h 11 1 J ·t: E b gr ift d gib betrifft) gewiss kein spekulativer
u t~ --
1 autonom
11 B
en esonde
. ren lnh alt nicht
. als das Re·
1
. n 1·i, i Jm hr wingung eine r a IIgemeinen Idee. Es ist, ganz
i ul 1 z •
ug ist, da s dasguter
All
angels·· h •
. ac Sischer N ominalist der
JJ 1 1 , al c d • . g 1n 1n • • '
• J t 1 • h . L il i wu_khh xisti r nd e e1?e E~genschaft des ~e-
g >tnui 1ndividu ll n Dinge 1st. D r Wert e 'tS·
G g nSlände, di n b n anderen

J
iig 11 ha~t n au _hW_rt haben_. J?as P.robl m ist da da bürg r-
li h Indi 1duu~ 111 111erPr 1~,1n s 1nem wirkli h n Handeln 0
tut al , är 11d1 b onder n Dinge (die War n) all samt Verkör-
p rung n d allg mei~_e11:Werte . Um mit Marx zu sprechen: Es
rveißehr wohl, d°:5 da rom.isch~Recht u~d das deutsche Recht nur zwei
Art n von Recht ind. Doch in seiner Praxis tut es so, als verwirkliche sich
dasRecht, diesesAbstraktum, im römischen Recht und im deutschen Recht.
Wir haben einen entscheidenden Schritt getan und eine neue Les-
art der Marx'schen Formel „Sie wissen das nicht, aber sie tun es"
entwickelt: Die Illusion liegt nicht aufseiten des Wissens. Sie liegt in
der ,,\lirklichkeit selbst, in dem, was die Menschen tun. Sie wissen
nicht, dass ihre gesellschaftliche Wirklichkeit und ihr Handeln von
einer Illusion, von einer fetischistischen Verkehrung geleitet wer-
den. Sie übersehen und verkennen nicht die Wirklichkeit, sondern
die Illusion, die ihre Wirklichkeit und ihr wirkliches gesellschaft-
liches Handeln strukturiert. Sie wissen ganz genau, wie die Dinge
liegen, und handeln doch so, als wüssten sie es nicht. Die Illusion ist
daher eine doppelte: Sie liegt darin, die Illusion nicht zu beachten,
die unseren wirklichen, unseren tatsächlichen Bezug zur Realität
strukturiert. Diese unbeachtete, unbewusste Illusion können wir
ideologischesPhantasma nennen.
Wenn wir am klassischen Ideologiebegriff festhalten, der die
Illusion im Wissen verortet, dann muss uns die heutige Gesellschaft
als post-ideologisch erscheinen. Die herrschende Ideologie ist der
Zynismus. Die Menschen glauben nicht länger an die ideologische
Wahrheit, sie nehmen ideologische Aussagen nicht mehr ernst. Auf
einer grundlegenderen Ebene jedoch handelt es sich nicht um eine
Illusion, die den wirklichen Zustand der Welt maskiert, sondern um
ein (unbewusstes) Phantasma, das die gesellschaftliche Wirklichkeit
strukturiert. Auf dieser Ebene sind wir weit davon entfernt, in einer
po t-ideologischen Gesellschaft zu leben. Die zynische Distanz ist
nur eine unter vielen Arten, sich gegenüber der strukturierenden
Kraft des ideologischen Phantasmas zu verschließen: Auch wenn ,, ir
di Dinge nicht ernstnehmen und eine ironische Distanz , ahren,
tun wir sie trotzdem.
Von di m Standpunkt aus können wir di von Slot rdijk
~rägt orm 1 d r zynis h n v; rnunft b urt il n: ,, i ,vi n, a
1 tun, b r tun s. ' Läg di Illusion aufs it n d n , dann
. rr.t post-ideologisch und schlich
. . in der J.a d t.
„ d. ni h Pos1uon. . n was sie tun, un tun es.,, Doch
'rar . l . z n Illu ionen: ,,Sie wisse . ' gt dann kann man d.1e Form
ft i o . len Tun 1ie , . . .h e1
, di Illu ion im rea . Sie wissen, dass sie in I rem Tu
nn d
. 11· ht au h an ers v
erstehen. ,,
.
. b • • 1 .
" Sie wissen e1sp1e swe1se, da
n
0
i i ber sie tun es. "s
in r Illu ion folgen, a . . . e bestimmte Form von Ausbeutung
11 von Fre1he1tein
ihr or te ung . h. n an dieser fest.
und halten we1 ter 1
111a ki r t

Di Objektivität
desGlaubens
. k · • t es auch sinnvoll, die Marx'sche Grund.
u die er Perspe t1ve IS •
n Warenfetischs neu zu lesen: In emer Ge.
formel d es sogenann te . · · d
e11 cl1aft, m · d er di'e Produkte menschlicher . Arbeit in er Form. von
, aren er cheinen, nehmen die entscheidenden ges~llschaf thchen
erhältni se der Menschen die Form eines Verhältnisses von Din-
en von Waren an - statt eines unmittelbaren Verhältnisses zwischen
Menschenhaben wir es mit den gesellschaftlichen Verhältnissen von
Dingen zu tun. In den 1960er- und 1970er-J ahren wurde diese ge-
amte Problematik durch den althusserianischen Anti-Humanismus
di kreditiert. Die Althusserianer warfen der Marx'schen Theorie
Yorallem vor, dass der Warenfetisch auf einer naiven, ideologischen
und epistemologisch unbegründeten Unterscheidung zwischen
Per o~e~ (menschlichen Subjekten) und Dingen beruhe. Doch eine
lacaniani ehe Lesart kann dieser Formulierung eine neue und un-
artete _Wendunggeben: Die subversive Kraft des Marx'schen
atze hegt gerade in d er Gegenu"b erstellung von Personen und
.
1 onnten sehen dass d • v; h' . . .
ud 1. '. . . ie er a 1tnisse zwischen den Menschen
a 1 mus mystif1z1ertund d h .
,_,..,..__.
z ugungen und Ab urc e_m Netz aus ideologischen
1
i 1 um das Verhä~r~ au~en vermittelt wurden. Dabei han·
1 in !f
harismatit~ zwischen ~rr und Knecht, durch das
' i . Di ubi ktc. e u nd ~as~iruerende Herrschaft ausübt
•l
1 1 al fr i vom
J e im Kap1tal . . .
. Ismus sind zwar emanz1p1ert,
mitte 1
,.."_
.... )n, w nn i mit
,....'.\... · alterlich
. en re 1·1g1ösen
. Aberglauben
J • • inand r int . .
' 1 1 h l di li . erag1 ren, wie ernünfuge
,..:,.." i J> 0
. g 11 von ihr n . .
• int von Mar , An e?01st1schen Int re en
alyse hegt jedocl1 darin, da
)
d • Ding (die Warin) elb t an ihrer telle - al o an tel1 der ubj kte -
laub n: i t al würden all ihre Üb rz ugung n, all ihr b r-
laub n und ihr 1netaphysi chen Mystifizi rungen - die ang bli h
on d r rnünftigen und utilitari tischen Persönli hkeit läng t
üb rwunden wurden - von den ,gesellschaftlichen Verhältni en
d r Dinge" verkörpert. Zwar glauben sie elbst nicht mehr, aber die
Dinge glauben für sie.
Entgegen der üblichen These, dass Glauben etwas Innerliches ei
und Wissen etwas Äußerliches (in dem Sinne dass es durch äußer-
liche Verfahren verifiziert werden kann), scheint genau das Lacans
Grundbehauptung zu sein: Gerade der Glauben ist radikal äußerlich
und verkörpert sich im praktischen und tatsächlichen Verhalten der
Menschen. Es ist wie mit den tibetischen Gebetsmühlen: Sie schrei-
ben ein Gebet auf ein Stück Papier, stecken den zusammengerollten
Zettel in die Gebetsmühle und drehen diese automatisch und ohne
nachzudenken (wenn Sie es mit Hegels „List der Vernunft' halten,
dann befestigen Sie das Stück Papier einfach an einer Windmühle,
sodass es nur vom Wind gedreht wird). Auf diese Weise betet die
Mühle für mich und an meiner Statt - oder, noch genauer, ich bete
durch das Medium der Mühle. Das Schöne daran ist, dass ich mich
in all meiner psychischen Verkommenheit den schmutzigsten und
obszönsten Phantasien hingeben kann - und es ist völlig egal. Um
eine gute alte Formulierung von Stalin zu bemühen: Egal, was ich
denke, objektivbete ich.
Genau so sollten wir die fundamentale Behauptung Lacans be-
greifen, dass es sich bei der Psychoanalyse um keine Form von
Psychologie handelt: Die intimsten Überzeugungen, ja sogar die
intimsten Emotionen wie Mitleid, Weinen, Trauer und Gelächter
können übertragen und von anderen ausgeführt werden, ohne da-
durch weniger aufrichtig zu sein. In seinem Seminar über die Ethik
der Psychoanalysebehandelt Lacan die Rolle des Chors in der antiken
Tragödie: Als Zuschauer gingen wir voll mit Sorgen und lltag -
problemen ins Theater, unfähig, uns den Problemen de tücke
1 dingungslos hinzugeben, Angst angemessen zu fühlen und da
g bot n Mitg fühl zu z igen - do h das ist k in Probl n1 denn e
gibt d n hor, d r an uns r r St lle leid t od r mitfühlt od r, un1
no h g nau r zu s in, wir fühl n di ang bra ht n fühl durch
das M dium d s ho1 s: ,, i sind al o all Ihr org n lo - und

67
, . d d oeh der Chor an Ihr r Stelle ge.
1r
0
nn i ni ht pür n .. .
2
.• t hab n.' ~ „ das Stück schlaf rig verfolgen er
l ut • d' Zuschauet' ' •
lb t ,,renn ir ie S on Stalin erneut zu paraphrasie.
. d 1 alten atz v . f ..hl • d
üll n , ir - u1n I d' Pf licht, Mi tge u mit em Helden
r 11 _ bJ• k·u• n• nm r noch ie · • " G ese 11sc h a f ten kann
primitiven
den ogenannten " d F
zu .i n. In_ .. beobachten. Dort wur en rauen als
• ··h 1 he Phanomen • D
man 1na n 1 unserer statt zu weinen: urch das
'b " b zahlt um an •
la " 1 er ' f '' llen wir so unsere Pflicht zu trauern
1 d' de Anderen er u
ium . z •t für profitablere Tätig. k eiten .
verwenden
'
, ähr nd wir un ere e1't der Aufteilung des Erbes des Verstorbe.
.önn n - et" a um uns m1
11 n au einanderzusetzen.
m zu er h 1n . d ern , dass der Eindruck entsteht, es. handele . sich
i d r ••bertragung unserer intimsten Gefühle ledi~~1ch u~ eine
i nheit ogenannter „primitiven" Gesellschaften, .mussen w1~uns
nur ein in populären Fernsehsendungen und Serien verbreitetes
Phänomen vergegenwärtigen: das „Dosengelächter". Nach einer
an eblich lustigen oder geistreichen Bemerkung können wir Ge-
lä hter und Applaus hören, die in die Tonspur der Sendung inte-
• rt ind. Dabei handelt es sich um das exakte Gegenstück zum
l r in der antiken Tragödie, um eine Art „lebendiger Antike". Es
t llt ich die Frage: Wozu dient dieses Gelächter? Die naheliegende
Antwort- dass es uns daran erinnert, wann wir lachen müssen - ist
r i intere ant genug. Sie impliziert, dass es sich beim Lachen
paradoxerwei e um eine Pflicht und nicht um ein spontanes Gefühl
1, Ir- doch dies ist keine hinreichende Antwort weil wir dabei
öhnlich gerade nicht lachen. Die korrekte 'Antwort lautet,
, d Andere . - hier verk"orpert d urch den Fernseher - uns sogar
•• al Pfh fi~_zulache~ befreit und an unserer Stelle lacht. Wenn
1z n ;mem harten Tag voll blödsinniger Arbeit,
hh 1 ag d u e _aufden Fernseher glotzen dann können
i i 1· n1' ass wir. 0 b~e
• khv• - durch das Medium ' des An de-
1 1
. . gut Zeit hatten.
n d n obj ktiv n .. k
n i • . tatus des Glaubens nicht beruc •
111
1 ub v~ . ht wi der Narr aus dein bekannten
1
'
1b1, h h
in Korn• Nac l1d m reinigeZeitinetn • er
at , war r te
rn w . ndl ich

g 11 ilt: Nun wu
' sond rn in Mann. Dah r ntli ß mall
J
ihn , i d r. Ddo hHonbald ka1?" r zurü kg rannt und hri :
Plötzli h ta~ .111 nn vor mir, ~nd ich hatte.Ang t, i würde
ini h fr n. Di r~t versuchten, 1h~ zu_b ruhigen und agten:
b r, ovor hatt n Sie denn Angst? Sie w1 sen doch mittl rweile
da ie k in Korn sind, sondern ein Mann." Daraufhin antwortet~
der arr: Klar, ich weiß, dass ich kein Korn mehr bin, aber weiß
da auch die Henne?"

Rechtist Recht"
'
In Bezug auf das Feld der Gesellschaft können wir daraus die Lehre
ziehen, dass Glauben kein „intimer" und rein mentaler Zustand
ist, sondern sich in unserer tatsächlichen gesellschaftlichen Aktivi-
tät materialisiert:Er stützt das Phantasma, das die gesellschaftliche
Wirklichkeit reguliert. Schauen wir uns etwa Kafka an: Über Kafka
wird oft gesagt, dass er der modernen Bürokratie und dem indi-
viduellen Schicksal im „irrationalen" Universum seiner Romane
einen „übertriebenen, phantastischen" und „subjektiv entstellten'
Ausdruck verliehen habe. Doch durch diese Behauptung übersehen
wir die entscheidende Tatsache, dass gerade diese „Übertreibung"
das Phantasma ausdrückt, das die libidinöse Funktionsweise der
,,tatsächlichen", der „realen" Bürokratie reguliert.
Beim sogenannten „kafkaesken Universum" handelt es sich nicht
um das „phantasmatische Bild der Gesellschaft", sondern vielmehr
um die mise-en-scenedes Phantasmas, das inmitten der gesellschaftlichen
Wirklichkeitam Werk ist: Wir alle wissen, dass die Bürokratie nicht
allmächtig ist, aber unser „tatsächliches" Verhalten angesichts der
bürokratischen Maschinerie wird von unserem Glauben an ihre All-
macht reguliert ... Für gewöhnlich versucht die „Ideologiekritik ,
die ideologische Form einer bestimmten Gesellschaft aus der Ver-
bindung ihrer tatsächlichen Gesellschaftsverhältnisse abzuleiten.
Der analytische Ansatz hingegen zielt auf das ideologi ehe Phan-
tasma ab, das in der gesellschaftlichen Wirklichkeit wirk am i t.
Letztlich ist das, was wir die „gesellschaftliche Wirklichkeit n n-
nen, ine ethische Konstruktion; sie wird von einem ge, i n als ob
g stützt (wir handeln so als ob wir an die lln1a ht d r Bürokratie
'
glaubt n, als ob der Präsident d n Volkswillen v rkörpe1 t , al ob

69
der Arbeiterkla . verträte ...)
. Jnt r ssen ( nd rinnern wir uns dar •
. 1 rt i di hj ktJl n rJorenge~~ u1·ssverstanden werden daanf,
JauJ •sch 111 l r•
,,,..,~l· b, ld d 1 l p hologi . sweise des g s lschaftlich •
h a·
a

. , 1i ht a . 1 funkuon . h en
i t i d' tat ä hhc 1e . . . t) löst sie auc ie Tex.tu
ird r .!l. 1rt und rnatenars~:c~l - der eine der wichtigste~
l ,llr 1 i fr1iben Feldesau • den Begriff der „ideologischen
ia Versuchwar, • f d
„ ]tbu ers . 33 _ hat dies bereits au en Punh
1 11n u f
arat ' au zuarbeiten . d d'1 Innerlichkeit• unserer "'vernunft
r
t a al P r Ige wir e •
b ·a ht. Pa al zu10 . Maschine" bestimmt - von eineni
i d sinnlosen " • h N
1
r .:ternen un. 'f'k t n des symbolisc en etzwerkes in
S gn1 1 an e ' '
u mati inu des 1 • d.
m di ubjektegefangensm •
. k wir sind ebensosehr automatisch handelnder
. [ ] Die Beweise überzeugen nur d en Geist,
d f 'eh mcht ver ennen,
nn man ar i . • dieGe-
..
r [automato11] B · e...zu den stärksten un d g 1au b wur
wie GeiSr. „ d'1gsten. s·
1elenb
hnhe1tmacht un ere ewe1s . • • h .c h d •
. . . Ri und er zieht den Geist mit sie 1ort o ne aß dieser
d n L ib m eme c11tung 34
darüb r nachdenkt [unconsciously].

Hi r formuliertPascalbereits Lacans Definition des Unbewussten:


i t da automaton(alsoder tote und sinnlose Buchstabe), der das
n en mit ich fortzieht,ohne daß dieses darüber nachdenkt (saru
a oir). Aus dieser konstitutiven Sinnlosigkeit des Rechts folgt,
a fir uns nicht daran halten müssen, weil es gerecht, gut oder
11 ilhafti t, ondern einfach, weilesdas Recht ist - diese Tautologie
~- t d n Teufelskreisseiner Autorität aus, nämlich dass der letzte
. nd d r Autorität des Rechts im Prozess der Rechtsprechun~
b :

• d it i t. die ganze Gerec htig


ohnl • ke1t,
, allein deshalb, weil sie eingeburge
..
1 1 my t1 ehe Grund de A • .. ··d:
u1i J L · 5 r utontat. Wer sie auf ihren Ursprung zuru
J •

101 m ist also •• ß 1·


,h „au er ich": Aus Überzeugung zu gehOr•
1
.d _horsam,w il r durch unsere Sublektivi~
UI - w1r l101 . •tät
1 1 m · g h n nicht wirklich der utori
ig n n rt 1•1 d • ät
büh1t, il di , . mzufolg d r utont
1 • uf 1 gut, w 1 od r vort ilhaf t i t •••
hor m g g nu..b 1 1n . „a··ußr o
.• II h ftli h n ut rin t ifft di mk h ng f d 11 h r-
atn nüb t un r r inn n laub ut rit„t z · k „ d
. h . 1 r gaar
hat b haupt t d a d1 hmm t Blasph mi i n h •t
• ·1 r·· · , n u zu
.. 1r 11n l_lrw 1 . un.d gut halt n - nur d r laub n _
a t lb t onn un 1n W 1 h 1t und Güt erkenn n lass n. Ge-
,, i ir 1nü n na h rnünftig n Gründen suchen, die un eren
Glaub n und u~ r n G hors~m gegenüber dem religiösen Befehl
unt rmau. t n ko~~en. ~och die gru~dlegende religiöse Erfahrung
i t da d1 e Grunde sich nur denJenigen offenbaren, die bereits
glaub n - wir finden Gründe, die unseren Glauben untermauern
weil wir bereits glauben; u~d wir glauben nicht etwa, weil wir gut~
Gründe gefunden haben, die uns vom Glauben überzeugen.
Dem Recht „äußerlich" zu gehorchen heißt daher nicht, sich
eine1n äußeren Druck, etwa der sogenannten nicht-ideologischen
,reinen Gewalt", zu beugen, sondern einem Befehl zu gehorchen,
gerade insofern er „unbegreiflich" und unverständlich ist und
seinen „traumatischen", ,,irrationalen" Zug wahrt: Diese traumati-
sche und nicht-integrierte Eigenart des Rechts verdeckt nicht etwa
dessen Autorität, sondern ist gerade ihre positive Bedingung. Dies
ist auch ein wesentliches Merkmal des psychoanalytischen Begriffs
vom Über-Ich: Dieses ist eine Aufforderung, die als traumatisch
und „sinnlos" erfahren wird - die also nicht in das symbolische
Universum des Subjekts integriert werden kann. Doch damit das
Recht „normal" funktionieren kann, muss die traumatische Tat-
sache, dass „Gewohnheit die ganze Gerechtigkeit [ist], allein des-
halb, weil sie eingebürgert ist" - dass das Recht also von Recht-
prechungsprozess abhängig, oder, um in den Worten von Laclau
und Mouffe zu sprechen, radikal kontingent ist -, ins Unbewusste
verdrängt werden. Dies geschieht, indem die „Bedeutung' des
Rechts - dass es auf Gerechtigkeit und Wahrheit beruht (oder, in
modernen Begriffen, auf Funktionalität) - ideologisch und imagi-
när erfahren wird:

wäre also gut, daß man die Gesetze und Gewohnheiten befolgte weil ie e tze
ind L..]. Ab r das Volk ist für diese Lehre une1npfänglich, und da e al O laubt
daß man di Wahrh it finden könne und si in d n G etz n und wohnh it 11
li g , glaubte an di und si ht. ihr hoh Alt r al in n B wei für ihre ahr-
6
l it an (und ni ht all in für ihr Autorität, wa [. . .] d r Wahrh it en tb hrt).

71
. d' gleiche Formulierung in Rafk
i t hr l z 1 en n e
1
u
. 111 nd dass wir d der nterhaltung zwi chen
t\
!
. d n und z ar geg •
l ,,
V"0Zf\ f 111
d d 111 1· t 1·1 ll n·•
J
un 'n" agte K. kopfschüttelnd d
. 1 nicht t1bere1 ' .. h.. ,, enn
. . . 1 inung tirn1neic 1 alles was der Tur u er sagt für wah
,.. hl d1 t 1·
. 1 ihr an eh ie tß inuß u r 1·ic h b gründett
. l t Du J.a selbst aus f"h
rnan
'r nn man J 1 •• lieh ist, 1as h h 1 •
ß da ab r nicht rnog ß .cht alles für wa r a ten, man muß
halt n. Da
.
. 1 rnan rnu n1 n· L"
agt der i tl1c1e, ' .. 1· Meinung", sagte K. ,, ie uge wird zu
es
m · " Trubse 1ge r
... t,, ndig ha1ten. "
nur fur t 1 1 113;
\ lt rdnun mac 1t.
. dein obskurer Ursprung des Rechts ver
1 rde nicht irgen
111na1 ·wu . T:
. 1 h
h dass das Recht mcht a s wa r, sondern

drängt on~ern.die atsa:e~ werden muss - dass die Autorität also
al notwendig .
lungenom
z
· stru k ture 11e 111
t Die notwendige • die
us1on, • die
ahn Wahrliezt ausRomm•
ässt man könne
.
die Wahr
h e1t
• 1n
• d en Gesetzen
...len ch en g1auben l , . .. .
finden gleicht dem Mechamsm~s de~ Ubertragung haargenau: Di~
·· berrragung setzt voraus, dass sich hmter dem dumn:ien, traumau.
hen und inkonsistenten Faktum des Rechts Wahrheit und Bedeu-
tun erbergen. ,,Übertragung" bezeichnet, anders ausgedrückt,
den Teufelskreis des Glaubens: Die Gründe zu glauben erscheinen
nur denjenigen überzeugend, die bereits glauben. Die entschei-
dende Textstelle bei Pascal findet sich im berühmten Fragment 233,
da die otwendigkeit der Wette behandelt. Der erste und längere
b hnitt zeigt ausführlich, warum es vernünftig ist, ,,auf Gott zu
f tten . Doch di~ses ~rgument wird durch die folgende Bemer-
un on Pascals imaginärem Gesprächspartner entkräftet:

J.a r mir
. sind die. Hände . gebun d en, un d mein • Mund 1st . stumm man zwingt
J l zu ~etten, und ich bm frei man h •h . '
n d ß ich nicht gla b k ' mac. t mic nicht los, und ich bin so beschaf-
• r ,aJJ, d eh begre~t en ~nn. Was soll ich also nach Eurer Meinung tun? - Das
wenigstens daß Eure U f"h' k •
1d n hafien kommt Da d' u ' n a ig e1t zu glauben von Euren
. • Ie vernunft Euch • d b h
' 1 J i l n könnt bem"h E Ja azu ewegt und Ihr es dennoc
uoivtes
1 , I. , ndern' durch u Vi
t uch. dalso, Euch nie• h t d urch Vermehrung der
· J " l1t zum Iauben g ermin erung Eurer Leidenschaften zu überzeu·
1 1 e1angen und Ihr 'ß d
• .l nglau! n 1eilen, un'd Ih _wi t en Weg zu ihm nicht. Ihr
1.1 u ., d1 wi Ihr g b 1
1 d fragt nach den Mitteln dafür: Lernt
iz , md L. ut , di di n ~n en waren und die nun ihr ganze Gut
1 1 J g l ilt, von d g kenn n, lein Il r folgen möchtet, und
n 1al n. D I ißt :1alu h Ihr g ne n \\1ollt; befolgt die rt,
1
' i nd lt 11 in
• a 11ein o, al glaubten ie,

ll t 11 W ih, a r 1i ß n M n 1 n u w Gan .. .
. brau .. • na urh h • d
1 g
11
1 i h zu1n laub n f ul r n und u n Ver land d .. 1. wir uch
b 1~ ird Eu h n m b r daraus rw 1 n, w nn Ihr die :u ~~n. [...] Wei-
h ·d t g tr u r dli 1 ' d tnü ig dankb r, w hltä ig in a f . h . chluß faß ?
1111• "' 1 • Fr ilich rd t 11r ohn v rgif F d' . u nc t1ger' wah rer
Fr und m ..• b II d f .. . 1 u en m, ohne Ruhm und
„ ung 11 d h ha t 1r a ur n 1c1t and r F ud n? Ich E h
r nu . d .. ag uc ' daß Ihr
dab 1. in. di em L b n g w111nt. . b 1J d .m chritt , d en Ih r auf die
. un daß lh . m
Wegtut di O groß G w1ßthe1t des G w1nns und die so große 1 Ti'cht' 1gke1.t de en
wa Ill r aufs Spiel etzt eben. w rdet, daß Ihr . schließlich erkennt , Ih r h abt Euch,
b 1. d r W tte für 38 twa Gew1s es und Unendliches .
entschieden , wofu·· r Ih r mc
. h ts
hergegebenhabt.

Pa cal endgültige Antwort lautet also: Hör auf mit den vernünf-
tigen Argumente~ und u°:terwirf Dich_einfach dem ideologischen
Ritual. Stumpf Dich ab, indem Du die bedeutungslosen Gesten
wiederholst, handle, als ob Du bereits glaubtest, und der Glaube
wird von selbst kommen.
Solch eine Prozedur, mit der man eine ideologische Konversion
erreichen kann, findet sich nicht nur im Katholizismus, sondern
kann universell angewendet werden. Daher war sie zu einem be-
stimmten Zeitpunkt auch unter französischen Kommunisten beliebt.
Diemarxistische Variante der Pascal'schen „Wette" sieht folgender-
maßen aus: Dem bürgerlichen Intellektuellen sind die Hände ge-
bunden, und sein Mund ist stumm. Angeblich ist er frei und wird
nur von vernünftigen Argumenten geleitet. Doch in Wirklichkeit
ist er von bürgerlichen Vorurteilen durchdrungen. Er wird seine
Vorurteile nicht los und kann daher nicht an die historische Ent-
wicklungund den historischen Auftrag der Arbeiterklasse glauben.
Wasalso kann er tun?
Zunächst sollte er anerkennen, dass er ohnmächtig und nicht in
der Lage ist, daran zu glauben. Auch wenn seine Vernunft der Wahr-
heit auf die Spur kommt, halten die von seiner Klassenposition
produzierten Leidenschaften und Vorurteile ihn davon ab, die e
zu akzeptieren. Er sollte sich daher nicht daran aufhängen, die
Wahrheit des historischen Auftrags der Arbeiterklasse zu beweisen.
Stattdessen sollte er lernen, seine kleinbürgerlichen Leidenschaften
u.ndVorurteile zu bezwingen. Er sollte von denjenigen lernen, di_e
e.instgenauso ohnmächtig waren wie er und die nun dazu bereit
~ind,für die revolutionäre Sache alles aufs Spiel zu etzen. Er oll~e
ihr m Vorbild folgen: Anfangs taten sie einfach so, al glaubten ie

7
. kl se. Sie wurden in der Partei k.
ftrag der Ar
be1ter as
'k den zu unterstutzen,
•· d' a t11y
1eSach ,
an d n u
n Geld um
die Stre1 en
. und so we1
.
ter.
D d
a urc
h stumpr.eder
a1nn1lt verbreiten . tten
•t rb , egung zu z natürlich daran zu glauben. lJ
rb i f. 1 an gan . nd
. i h ab und in~er ! ndein Schaden, wenn sie sich sov
1
1 hnen 1rge . d er.
tat ä hli h: Dro1te i leisteten gute Arbeit, wur en ehrlich
hi lten? ie , urden tre.u,_ schädliche Freuden des Kleinbürg:
S.eher e1n1ge . h "'·
und nobler ••• .1 ' b etwa ihren egozentr1sc en und unbe
ie aufge en, 11 . •
tu1n n1u ten s . oder ihre falsche Vorste ung 1ndividu
I llektua1ismus •
d utenden nte .t aber _ und ungeachtet der tatsächlichen
1·i1 1•t Andererse1s .
ller Fre_ ~ • Gl b _ gewannen sie auch eine Menge: Siefin.
ahrhe1tihres au ens
. .
d f .
f"lltes Leben zu führen, as rei von weifelnund
z .
en an ein s1nneru . dl ·
. h .
ns1chere1ten war. Ihre alltäglichen . . Han ungsweisen
. wurden
011
dem Bewusstseinbegleitet, ~ass sie ihren bescheidenen Anteil
für die großeund noble Sache leisten. . .
Die e Pascal'sche„Gewohnheit"unterscheidet sich von der faden
ehavioritischenWeisheit(,,Der Inhalt Ihres Glaubens wird durch
ihre Tatenbestimmt")durch den paradoxen Status des Glaubenswr
de1nGlauben:Indem das Subjekt eine Gewohnheit ausübt, glaubtes,
ohnedieszu wissen.Die endgültige Konversion ist bloß ein forma-
l r kt, durch den wir anerkennen, was wir bereits geglaubt haben.
i behavioristische Lesart der Pascal'schen Gewohnheit übersieht
al o die entscheidendeTatsache, dass die äußere Gewohnheit die
materielleStützedes subjektivenUnbewussten ist. Die große Le~-
un .. on MarekKanievskasFilm Another Country liegt darin, den
pr kär O . tatus des „Glaubensohne Wissen" auf sensible und fili·
. n e1e zu beschrei'ben - gerade dann wenn es um die Konver·
i n zum Kommunismus geht. ,
Anothn-Countryist ein S hl „ lf' . .
zwi h n zweiC b .d c usse Ilm, m dem es um die Beziehung
• t Judd (d am n ge-Studenten geht: zwischen dem Komrou-
• e en wahres v; b'1ld 936
l • n umgebrachte Idot John Cornford ist, das 1 .
0 d nd dem re· h der hnken Studierendenschaft 111
1 h ic en homo 11 . er
Jlionwu d sexue en Guy Bennett der spät
1 11• . r e und i M . ' .
t n • 1n Ge h' h m oskauer Exil einem englischen
_>ild i 1 . lb.tv r;tä~~li:~ählt, der ihn dort aufsucht (d,
11
,11•1 h k in xu Guy Burgess). Zwischen den~
1 11
iaim id t h k Virhältnis; Judd ist der EinZI '
n ann (,,di Ausnal1me der Benne,t
. . weil sein pers?nlich r Feind_ e·
. ra htprüg l erni_edn~~osexuelle Bez~ehung zu einemju~
ntu .n. l -I arrieri t - eine h ht hat: Aus diesem Grund kon
tn tt 1 t r r eh ge1nac . • A . h nte
1 , d nt 11 öf1ent i ·hm diese Option 1n us 1c t gesteJ]
1 n tu d obwo11 1 i d. L.. d. t
. tt" wer en . d G y klar dass 1e osung 1eser uner
u1 kt wir u ' . .
,d ). 11di ern P~n . u·· bertragungs bezieh ung zu Judd liem
, u1 .
.. li h 11 ituauon 1n seiner d
h wei Details ange eutet.
o~,
tra l hön durc z 1· h
und da ird e ir sc •cht frei von bürger ic en Vorurteilen
1 t n '" 1r
• ft er.Judd vor,d ni über Gle1c • un d Bru••d er 1·
• hh e1t 1chkeit
. ,--: t eines Gere es . . h
zu 1n. 1 ro z h d n dass einige Mensc en wegen ihrer
• mer noc ara ' "
laub r nn . d al andere". Kurz, er ertappt das Subjekt, mit
rualität besser s1n s
. . u„b tragungsverhältn1s. ste h t, b ei• einer • I
nkonsis.
d in er m emem
. .
er d
Mangel zweitens offenbart er em naiven udd den
• J
t nz bei einem • . •·b d •
--:brtragungsmechanismus:Judd 1s~ davon u erze~gt, .. ass. sem
laubean die Wahrheit des Kommumsmus das Ergeb~s grundhcher
hicht studien und Marx-Lektüren ist. Darauf erwidert Guy: ,,Du
b' t kein Kommunist, weil Du Marx verstehst, Du verstehst Marx,
'eildu Kommunistbist!" Judd versteht Marx also, weil er voraussetzt,
Marx ein Träger von Wissen ist und einen Zugang zur Wahrheit
d r chichte eröffnet. Somit ist Judd wie der christliche Gläubige,
r nicht an Christus glaubt, weil er durch theologische Argumente
:· rz~ugtwur~e, sondern empfänglich für theologische Argumente
t il er bereits durch die Gnade des Glaubens erleuchtet wurde.
uf einen ersten, naiven Blick könnte es scheinen als stünde
u urz d~vor, sich wegen dieser beiden Details von ~einer Über·
r:a n~ beziehung mit Judd zu befreien (er ertappt Judd bei seiner
1 t nz und enth „ II •• • )
h a . . u t sogar den Ubertragungsmechan1smus •
• li h d g;~teil 1stder Fall: Diese beiden Details bekräftigen le-
l Lacan es ausdrücken würde, ,,die Nicht-Getäusch·
·•·n., .... /
1a. nr;n-dupes 39
errent). Genau wie einer der sich nicht
t, 1 t auch G •
10
·· ' 1·e
1 • fi d' uy der Ubertragung gefangen. D
di j) , . r ~udd. macht, haben nur im Kontext ihrer
r lt in Üb t . Be-
l im Ar Jy d . er ragungsbeziehung ist - eine
1 ül 1 J • n n 1st s ähnlich: dieser f1 ut sich gerade
. ' in hw·· l1 . 1 u
a n und Fel1ler beim Analyt1kez
1

11 i •b
• l ll gung b •
,u d 1 i h r Its tattfi11det).
,• g p , uy km z vo1 s in r l on I ion befin·
nt. Vird utli h n lä t i h di r zu tand
ain b t n anhand s iner Antwort auf Judds Vorwurf_ er selbst sei
huld an in r Lage (hätte er bloß ein wenig vorsichtiger gehandelt
und in Homos xualität verborgen, anstatt sie provozierend und
trotzig zur Schau zu stellen, dann hätte ihn auch niemand bloßstel-
len können): ,,Gibt es für jemanden wie mich eine bessere Tarnung
als die völlige Indiskretion?" Selbstverständlich ist genau das die
Lacan'sche Definition der Täuschung in ihrer spezifisch menschli-
chen Dimension. Wir täuschen den Anderen mit der Wahrheit: In
einer Welt, in der alle nach der Wahrheit hinter der Maske suchen,
täuscht man alle am besten, indem man die Wahrheit selbst als
Maske trägt. Gleichzeitig ist es unmöglich, diese Übereinstimmung
von Maske und Wahrheit aufrechtzuhalten: Sie ermöglicht uns
keine „unmittelbare Verbindung mit unseren Nächsten", sondern
macht die Situation unerträglich. Keine Kommunikation ist mög-
lich, weil diese Enthüllung uns vollkommen isoliert. Das sine qua non
erfolgreicher Kommunikation ist eine minimale Distanz zwischen
dem Schein und seiner verborgenen Kehrseite.
Die einzige Möglichkeit ist daher, sich in den Glauben an ein trans-
zendentes another country (Kommunismus) zu flüchten und über-
zulaufen (ein KGB-Agent zu werden). Dies eröffnet eine radikale
Lücke zwischen der Maske und dem wahren Gesicht. Wenn Judd
und Guy also, in der letzten Szene des Rückblicks, über den Universi-
täts-Campus streifen, ist Guy bereits ein Gläubiger: Sein Schicksal
ist besiegelt, auch wenn er es noch nicht weiß. Seine einleitenden
Worte - ,,Wäre es nicht schön, wenn der Kommunismus Wirklichkeit
wäre?" - verraten seinen Glauben, der zu diesem Zeitpunkt noch an
den Anderen delegiert und übertragen wird - und so können wir
einige Jahrzehnte vorwärts in die Zeit seines Moskauer Exil sprin-
gen. Die einzige Freude, die den alten und gelähmten Guy noch an
sein Heimatland bindet, ist die Erinnerung an das Cricket-Spiel.

Kaflla, ein Kritiker Althussers

Di Äuß rlichk it d r symbolisch n Ma chin (auto1naton) i t al o


ni ht bloß äuß rli h: Si ist au h d r Ort, an dein da chi k al un -
1 inn st n, ,,aufri htigst n" und „intim t n Üb 12 ugung n .o -
w g insz ni rt und nts hi d n wird. W nn \\7Ü un d r lun

77
c n dann glauben wir chon oh
. 1 unterwer1e ' . R. , ne
. r ligiö n R1tua . d bereits im externen itual mateh
in Glauben wir b t d „a.
zu i n. n r . d n Worten, un ewuss , enn nur durch
li i rt. ir glauben, in an ere bolischen Maschine können wir
arakter der sym d'k 1 .. ß 1· er.
d 11 rt rn n l1 d Unbewussten ra 1 a au er ich ist
5ta
"r n arum der :u~u;~staben. Beim Glauben geht es da~;s
i t d r tatu des tote denen Buchstaben zu gehorchen. Diese;
und unverstan M .
m tot n . . . em Glauben und externer „ asch1ne''ist
urz hlu zwischen intim .
ub er ivste Kern in Pascals Theologie.
r. . Th • der ideologischen Staatsapparate hat Althus.
it einer eorie . . d. p '
. b
r eine e1a or1er • te zeitgenössische Version. 1eser
h • . sehen
ascal
. ent worren
chine 1
1

Der Schwachpunkt dieser T eor1e hegt da.
• • •

rin da weder er noch seine Schüler die Verb1nd~ng zwischen den


ideologi chen Staatsapparaten .und d~r ideologischen ~rufung
denken konnten: Wie wird der 1deolog1sche Staatsapparat „1nterna-
li iert" (die Pascal'sche Maschine, der Signifikantenautomatismus)t
ie bewirkt er den ideologischen Glauben an eine Sache, die da-
mit erbundene Subjektivierung und die Anerkennung der eigenen
i eologischen Position? Die Antwort darauf lautet, wie wir sehen
onnten, dass diese externe „Maschine" der Staatsapparate ihre
aft nur ausüben kann, indem sie von der unbewussten Ökonomie
d~ ubjekts als traumatische und sinnlose Aufforderung erfahren
ird. Althus er selbst spricht nur über den Prozess der ideolo~-
1~n An~fu~g. D~rch diesen wird die symbolische Maschine
ltle~lo~ie m der ideologischen Erfahrung von Bedeutung und
ahdi. 1t „mternalisiert". Von Pascal können wir jedoch lernen,
, dir. ,,~nt~rnalisierung" strukturell notwendigerweise nie
01
,..,,.
..,.,. __r - grh
....
z. eich 1st, dass immer ein Rückstand ein Rest ein Fleck
1
d :· n· nvernunft
Re . u"b er d auert, an dem 'man sinnloserweise
' •
• ieser st ist nicht H • d · ll
täruf.1e U terwerfun de . in ernzs, sondern Bedingung dervo•
i • ht-ii t gi i otub1ekts unter das ideologische Gebot: Gerade
1 •• 1 s tz · ~rschuss des sinnlosen Traumas über·
• in 1) d1n I
ur d ·d _gungs ose Autorität. Sprich in ofern
• m i olog1s h s· '
ol gL· h • · n 1nn ntzieht, stützt es das, wa
1ouz.- enfe da G . k''
logi u z i h~ ' 0 8 ni ß n im inn, nennen on·
•l ··])
• t l• • t.
l 1H , li ) l n1 ht zur··11· •
ß • a ig 1 w i . W di i lo~~:
, t h l h upt n, da fk in rillt
thu er avant la lettre entwickelt, indem er uns zeigt wa d'
an Al h. " d . . , s 1e
Lü k z~ i ~en . ,Masc" 1n.? un . ,,In~ernahs~erung" konstituiert.
1 afka irrationale Burokrat1e, dieser bhnde, übergroße und
I t innige Apparat, n1c • h t gera d e d er 1'd eolog1sche
· Staatsapparat
un h •
der d m Subjekt noc .. vor Je er d Id •
enti :z1erung,_ Anerkennung, ja,'
f. •
ubjektivierunggegenubersteht? Was konnen wir also von Kafka
lernen?
zunächst können wir feststellen, dass am Anfang von Kafkas
ovellenimmer eine Anrufung stattfindet: Die Subjekte bei Kafka
,\erden von einer rätselhaften bürokratischen Einrichtung angeru-
fen (das Gesetz, das Schloss). Doch diese Anrufung ist irgendwie
eigenartig: Es handelt sich sozusagen um eine Anrufung ohne Jden-
tifizierung/Subjektivierung. Sie bietet uns nichts an, womit wir uns
identifizieren können - das Subjekt bei Kafka ist ein Subjekt, das
verzweifeltnach einem Zug [trait] sucht, mit dem es sich identifizie-
ren könnte und versteht die Bedeutung im Ruf des Anderen nicht.
Althussers Konzept der Anrufung übersieht diese Dimension:
Nochbevor das Subjekt (S) von der Identifizierung und der symbo-
lischenAnerkennung/Verkennung vereinnahmt wird, wird es vom
Anderen durch eine paradoxe Objektursache des Begehrens (a) ge-
fangen, also durch ein Geheimnis, das sich angeblich im Anderen
verbirgt: - Lacans Formel des Phantasmas. Was bedeutet es,
um ganz genau zu sein, dass das ideologische Phantasma die Wirk-
lichkeit strukturiert? Fangen wir mit unserer Erklärung bei einer
grundlegenden These Lacans an, der zufolge sich das Phantasma,
wennman Traum und Wirklichkeit einander gegenüberstellt, auf-
eiten der Wirklichkeit befindet: Es ist, wie Lacan gesagt hat, die
Stütze,die dem Konsistenz verleiht, was wir „Wirklichkeit" nennen.
Diesen Gedanken entwickelt Lacan in seinem Seminar über die
VierGrundbegriffeder Psychoanalyse,indem er den bekannten Traum
vom„brennenden Kind" deutet:

~inVaterhat Tage und ächte lang am Krankenbett seines Kindes gewacht. ~~h-
dem das Kind gestorben begibt er sich in einem Nebenzimmer zur Ruhe, la . t
ab.r d'ie Tür geöffnet, um ' aus seine1n Schlafrau1n in jenen zu blicken, wonn • d'ie
1
h d 6 Kindes aufgebahrt liegt, von großen Kerzen umstellt. Ein alter Mann
1
~L':ur Wach bestellt worden und sitzt neben der Leiche, Gebete murmel nd • ach
Jnig n tund n S hlaf s träumt der Vater, dassdas Kind an seinemBette teht, ihn am
AnneJ< rrust unu
,1 •
ihm vorwurfsvollz11/ra,unt: • Jt d
Vatei; iehst du denn niet, • h verbrenne~
ass ic •

79
. der aus dem Leichenzimmer k
• bt che1n d' H ••11 d Otnrnt
·n n l 11n Li . blu1nmert te u n un einenA. 1

:r r l~t. m t g1 r i n Wächt r ~1ngl~c e die brennend auf sie gefallen \V rlli


ilt hin, fmd t n b nt durch ein erz '
• 1 r ran
d r t ur n L I 1
. T:raums beruht auf der Annahrn
. D t ng d 1eses . h d e,
•1 öhnh h eu u d T: umes darin beste t, en Schlaf des
• 11 es ra
in d r Funku~ne D' eser wird plötzlich von außen, durch
''t1n1 nd n zu verl~ngl~rhnk. ·r1 gestört (das Klingeln eines Weckers
• d r Wirk ic ei ' G h '
i n 1zau e . 1.11 diesem Fall, den eruc von Rauch)
i ürklopfi 11 oder, wil~ gern wird unmittelbar ein neuer Trau~
• chlaf zu ver an ' . h .
1n ei~en . kl . S2 ene eine kurze Geschic te, die das irri.
, tnnert: eine eine ' • • • d • d h b ld
n
i r nde Element ent a •
h''lt Die Irritation wir Je oc a zu stark
und da ubjekt erwacht. . ..
··gt eine gegenläufige Lekture vor, der zufolge das Sub-
acan chla . k .d S.
· h
t mc t a w uf acht , sobald die Irritation zu star wir .. ein Erwa.
•h n folgt einer ganz and~ren ~ogik. Zunäch~t konstrmert es einen
raum eine Geschichte, die es ihm erlaubt, langer zu schlafen und
Erwachenhinauszuzögern. Doch was es im Traum antrifft, näm-
li h die Wrrklichkeitseines Begehrens, das Lacan' sehe Reale - in die-
m Fall die Realität des Vorwurfs, den das Kind an seinen Vater
richtet ( ,Siehst du denn nicht, dass ich verbrenne?") und der eine
ndlegende Schuld des Vaters impliziert -, ist viel f urchterregen-
r al die ogenannte äußere Wirklichkeit. Deshalb erwacht das Sub-
• : m dem Realen seines Begehrens zu entfliehen, das sich im
Al~traumartikuliert. Es flüchtet in die sogenannte Wirklichkeit, um
1\ r h~afenzu können, _umseine Blindheit zu bewahren, um dem
n in Begehrens nicht begegnen zu müssen. Wir können hier
alt. otto
. . der " Hip pies • " aus d en 1960ern umf ormuheren: · n· 1e
l 1 lt 1 t f" d1
0

. ur . eJ~nigen gemacht, die den Traum nicht ertra·


• •

n. D 1 Wrrkhchkei·1" ist • • kt,


1
"
l bt, das Reale ein phantasmatisches KonstrU
rau
1 u. ha"lt . h unseres Begehrens zu maskieren. 42
s1c auch • d • •t
u. u1 rtig Illu ion . mi_t er Ideologie. Die Ideolog1_~1.
li h it zu ntfli ~Ie wir erschaffen, um der unert~ag~t-
1 , 1 ti h Kon ·t k n. Auf ganz basaler Ebene ist 1eein
s 1u t da 8
.! ·, di uns 1 tats·· '11. uns r „Wirklicl1keit' tützt: eu•1e
• 11
1 •J1 •
'.: . rukt
l
t
a d1 1 h n wir • kliehen
• ge ell chaft 1·1cben
, i1 gli I n J n m~~- d dur h in n un tträglichen, rea·
J I t (di r wurd on rn to Ladall
und h~ntal Mouff b gr~ffli h als , Antagonismus" gefa st: eine
trau1nat1 h g ells hafth he Spaltung, die nicht symbolisiert
, rd n kann). 43 Die Funktion der Ideologie liegt nicht darin, uns
die Flu ht vor der Wirklichkeit zu ermöglichen, sondern sie legt
uns als Ausweg aus dem traumatischen und realen Kern die Flucht
gerade in die gesellschaftliche Wirklichkeit nahe. Um diese Logik
na hzuvollziehen, müssen wir noch einmal einen Blick in die Vier
Grundbegriffe der Psychoanalyse werfen. 44 Dort spricht Lacan über
das bekannte Paradox von Zhuang Zi, der geträumt hat, er sei ein
Sch1netterling. Nach seinem Erwachen stellt er sich folgende Frage:
,i\Tie weiß ich, dass ich jetzt kein Schmetterling bin, der träumt, er
sei Zhuang Zi? Lacan behauptet, dass diese Frage aus zwei Gründen
berechtigt sei.
Zunächst zeige sie, dass Zhuang Zi kein Narr war. Lacans Defini-
tion zufolge ist derjenige ein Narr, der davon überzeugt ist, mit sich
selbst identisch zu sein; jemand, der keine dialektisch vermittelte
Distanz zu sich einnehmen kann, etwa ein König, der davon über-
zeugt ist, ein König zu sein, der meint, sein König-Sein sei seine un-
mittelbare Eigenschaft und kein symbolisches Mandat, das ihm von
einem Netzwerk intersubjektiver Beziehungen verliehen wird, des-
sen Teil er ist (Ludwig der Zweite von Bayern etwa, Wagners Mäzen,
\\rar ein solcher Narr, der dachte, er sei ein König).
Damit jedoch nicht genug. Wäre das alles, dann könnte man das
Subjekt auf eine Leerstelle, einen leeren Platzhalter reduzieren,
dessen gesamter Inhalt von anderen, von einem symbolischen Netz-
werk intersubjektiver Beziehungen geschaffen wird: Ich „selbst" bin
ein Nichts, all mein Inhalt besteht aus dem, was ich für andere bin.
Kurz, wenn das alles wäre, dann würde Lacan nichts anderes als
die radikale Entfremdung des Subjekts behaupten. Sein Inhalt, das,
„was es ist", wäre durch ein äußeres Signifikantennetz bestimmt, das
ihm Möglichkeiten symbolischer Identifizierung anbietet und ihm
ymbolische Mandate überträgt. Lacans Grundthese lautet hingegen
Gedenfalls in seinen Spätschriften), dass das Subjekt auch imstande
i t, auß rhalb des großen Anderen und des entfremdenden s n1bo-
Ii h n tzw rks B stimmung und eine Art positiver Kon i t nz
zu rlang n. Di s and re Möglichkeit li gt itn Phanta 111a,ind 111
das ubj kt d 1n Obj kt d s Phantas1nas gl i hg tzt ,\,ird. Zhuang

1
1 . darüber nachdacht , ob er e·
cht a s er . h 1n
.1 i rmaß n Re ' ··re zhuang Z1. Der c metterlin
i 1 tt . räu1nt, er wa . . d R .. k . g
tt rling i t, d r t konstituiert, as uc grat seiner
1un d Rahmen
•1 da bj kt, da en . .. (d Verhältnis Zhuang i- c metterling
z· Sh
h nt 1n ti h n Id nutat 'b as) In der symbo 1· 1sch en w· 1rkl'1chkeit
I chre1 en • • • S
l" t i hau h 1s . Realen seines Begehrens 1st er ein chmet.
i r Zhuang Z1,doch 1~ ein macht die gesamte Konsiste 02
t rlin . in chme_tterhnßgzhulsbdes symbolischen Netzwerks aus
•• Seins au er a • · • •
in po ~uven . Z f: 11dass diese Geschichte 1n erry G1lliams
1 ll i ht _1t es kei~ ~-a ' stellt auf widerliche und witzige Weise
ilm Bra~il_~chhal t. hiafe:~ar:Der Held kann seiner Alltagsrealität
ine totahtare Gese11sc fl. h . d .
. W
auf ambivalente eise in· • einem Traum ent 1e en, 1n em er ein
eflügelter Mann ist. . . · · f; h •
uf den ersten Blick handelt es sich h1erbe1 ein ac um eine
mmetr1sc · h e Umkehrung .der sogenannten normalen . und . ge-
.
TöhnlichenPerspektive. Für ?en ~ll~agsverstand 1~t Zhuang ~1 ~1e
echte Person, die träumt, sie sei ein Schmetterling, und hier 1st
e in Wirklichkeit" ein Schmetterling, der träumt, er sei Zhuang
Zi. Lacan hat jedoch betont, dass es sich um eine Illusion handelt,
on einer Symmetrie auszugehen: Wenn Zhuang Zi erwacht, kann
er darüber nachdenken, dass er Zhuang Zi ist und geträumt hat,
ein chmetterling zu sein. In seinem Traum jedoch, in dem er ein
chmetterling ist, kann er sich nicht fragen, ob er beim Erwachen,
al r dachte, er sei Zhuang Zi, nicht in Wirklichkeit dieser Schmet-
t _rling~var,~er jetzt davon träumt, Zhuang Zi zu sein. Diese Frage,
di_ dia!ektische Spaltung ist nur möglich, solange wir wach sind.
1
~ Illu„io~ kann also nicht symmetrisch sein. Beides zugleich ist
ni ht moghch weil wir un • · . . ·
f. d .' . s sonst in einer widersinnigen Situation
~' Wl SI~ a~ch Alphonse Allais beschrieben hat: Raoul und
u. rit ' ~ei ~ie~ende, verabreden sich auf einem Maskenball,
1 21 1
n 1 sich •
ng n a m eme verborgene Ecke zurück küssen sich
1d •b ru~zufummeln. Schließlich nehmen sie die Masken
1
i h Ma ; ~ng~ Raoul st ellt fest, dass er die falsche Frau,
•,u.a.,~ il I P 1tn r R
0 {;:t us~t'. u nd Marguerite stellt ebenfalls fe 1•
aou 1st, sondern ei11Unbeka11nter ...
Das Phantasnia als Stütze der Wirklichkeit

Wir mü en dieses Problem mit einer These von Lacan angehen,


die be agt, dass wir uns nur beim Träumen dem realen Erwachen,
al o dein Realen unseres Begehrens nähern. Wenn Lacan behaup-
tet, da die letzte Stütze dessen, was wir „Wirklichkeit" nennen, ein
Phantasma sei, dann heißt das ganz bestimmt nicht, dass das „Leben
nur ein Traum ist", ,,dass das, was wir Wirklichkeit nennen, nur eine
Illusion ist", und so weiter. Genau so funktionieren viele Science-
fiction Stories: Die Wirklichkeit ist nur ein kollektiver Traum, eine
Illusion. Diese Geschichte wird normalerweise aus der Perspektive
eines Helden erzählt, der nach und nach die erschreckende Ent-
deckung macht, dass die Menschen um ihn herum keine Menschen,
sondern irgendwelche Automaten oder Roboter sind, die nur so aus-
sehen und so tun, als seien sie menschliche Wesen. Am Ende die-
ser Geschichten steht immer die Einsicht, dass der Held selbst ein
solcher Automat und kein echter Mensch ist. Solch eine allgemeine
Täuschung ist unmöglich: Das gleiche Paradox findet sich auch auf
M. C. Eschers bekanntem Bild, das zwei Hände darstellt, die sich
gegenseitig zeichnen.
Lacans These hingegen lautet, dass es immer einen harten Kern,
einen beharrlichen Rest gibt, der sich nicht auf ein universelles
Spiel illusionärer Spiegelungen reduzieren lässt. Der Unterschied
zwischen Lacan und dem „naiven Realismus" besteht darin, dass
wir uns, Lacan zufolge, diesem harten Kern des Realen nur i'm Traum
nähern. Wenn wir aus dem Traum erwachen, sagen wir uns für ge-
wöhnlich, dass es „bloß ein Traum war", und machen uns somit
blind gegenüber der Tatsache, dass wir in unserem wachen Alltag
nichts als ein Bewusstsein dieses Traumes sind. Nur im Traum nähern
wir uns dem phantasmatischen Rahmen, der unsere Handlungen,
unseren Handlungsmodus in der Wirklichkeit bestimmt.
Genauso verhält es sich auch mit dem ideologischen Trau1n und
mit der Behauptung, dass Ideologie ein traumartiges Konstrukt ei,
das uns daran hindert zu sehen, wie die Dinge wirklich ind, ,\Tie
<ii R alität selbst ist. Vergeblich versuchen wir, d 1n ideologi chen
raum zu ntkom1nen, inde1n wir „die Augen öffnen und ver u-
h n, di Wirkli hk it s lbst zu b trachten', inde1n wir di ideo-
ogi h ßrill abn hm n: Wir bl ib n, au h , nn wir ubj kt
. en ob1ektiven und nücht r
•1d o lo g1 11 ' J • • nn
.
0 111 ol h n po t- . l' h 11 sogenannten ideologischen v,
mi_t • '. d al O fr i onJ g 1 hten wie sie wirklich sind d or.
Bh • 111 - . • so betrac , . . , Och
. . _ und d1 Ding •n unseres 1deolog1schen Traum"
ut t 11 11 d B wus tse1 . •t.1.S ,

dur h und du~ h a un res ideologischen Traums nur brechen,


ir ~··1111 n d1 Ma ht res Begehrens stellen, das sich,
, 1111 , 1r un
. dem Realen unse 1n

di m raum ~ußert. d Antisemitismus. Es genügt ~icht, dass


B tra ht n wir etwa en • mitischen Vorurteilen'' 1··
d enannten „antise . osen
1
ir un on en sog .e sie wirklich sind. So bleiben wir bloß
un d Jud n O ehen, Wl Vorurteile. w· .. uns d am1t. aus.
ir mussen
fi r di r ogenannten . d J d "
.P • d. e ideologische Figur es „ u en unser un.
inand r etzen, wie i . . d' F. k .
eeinflusst wie wir iese igur onstruiert
b , u te Begeh ren b ' h
haben um einer e · b sti·mmten Sackgasse unseres Bege rens zu ent-
ehen. . b. k • B h
"ehmen wir beispielsweise an, dass eine o ~e tive etrac tung-
~arum nicht? - bestätigen würde, dass Juden den Rest der Bevölke-
rung wirklich finanziell au~beute~, das~ sie unser~)~ngen Töchter
verführen, dass einige von ihnen sich nicht regelmaßig waschen. Ist
nicht klar, dass nichts davon mit den wahren Wurzeln unseres Anti-
emiti mus zu tun hat? Wir müssen uns nur an Lacans Aussage über
den pathologisch eifersüchtigen Ehemann erinnern: Selbst, wenn
alle Annahmen, die seine Eifersucht stützen, sich als wahr erweisen
und eine Frau mit anderen Männern schläft, ändert das nicht das
ering_te_an der Tatsache, dass seine Eifersucht pathologisch und
paranoid 1st.
. teilen wir_uns eine ganz einfache Frage: Was käme heraus, wenn
1
olch einen nicht-ideologischen, objektiven Ansatz auf das
u hland der späten 1930er anwenden würden? Wahrschein-
fi lg. ndes· . • "Die Nazis • verurte1·1en die· Juden vorschnell • und
h1nre1chenden Gr d B .
.. 11 . un • etrachten wir die Sache also ganz
nd
~f, ~hig, u n <luntersuchen wir, ob sie wirklich schuldig
u n wi , ob an den .. .c
j h l r orwurien etwas dran ist." Muss man
JJ t llen dass 1 h .
• :.,...e·'flf~1· n
._..,..,,L,'"' orurt il
. '" nur so
m.1ct Rein. Ansatz . unsere sogenannten
g ,-...:'"~ at1onal1sierungen unterfüttern
mJ dn :Antwort auf den Antisemitismu lautet
"4U~~ " w·
u n 1n
n i miti 1 Viir 1
kl. hk .
lt ganz and r sind , on·
1
or t llung d Jud n nicl1t n1it den
Jud n zu tun hat· di ideologische Figur des Juden ist ein Mittel
di Inkon i t nz un eres ideologischen Systems zu vernähen. '
u di m Grund fällt es uns so schwer, unsere sogenannten
id ologi eben Vorurteile dadurch abzuschütteln, dass wir die vori-
deologische Ebene unserer Alltagserfahrung berücksichtigen. Die-
e Argu1nent setzt voraus, dass das ideologische Konstrukt immer
durch die Alltagserfahrung begrenzt wird - dass es diese Ebene
nicht reduzieren, begrenzen, absorbieren oder auslöschen kann.
Beu,achten wir nochmals ein typisches deutsches Individuum Ende
der 1930er. Es wird mit antisemitischer Propaganda bombardiert,
die den Juden als eine monströse Verkörperung des Bösen darstellt,
als den großen Strippenzieher und so weiter. Doch zu Hause trifft er
auf Herrn Stern, seinen Nachbarn, mit dem man abends entspannt
plaudern kann, dessen Kinder mit den eigenen spielen. Dient diese
Alltagserfahrung nicht als irreduzibler Widerstand gegen das ideo-
logische Konstrukt?
Die Antwort lautet selbstverständlich: Nein. Stellte die Alltagser-
fahrung ein solches Hindernis dar, hieße das, dass uns die antisemi-
tische Ideologie noch nicht wirklich erfasst hätte. Eine Ideologie hat
uns erst dann „fest im Griff", wenn wir nicht mehr zwischen ihr und
der Wirklichkeit unterscheiden können - wenn sie also erfolgreich
bestimmt, wie wir die Wirklichkeit Tag für Tag erfahren. Wie würde
unser armer Deutscher als guter Antisemit auf diese Lücke reagie-
ren, die zwischen der ideologischen Figur des Juden (der Intrigant,
der Strippenzieher, der unsere ehrlichen Männer ausbeutet und so
weiter) und der alltäglichen Erfahrung liegt, die er mit seinem lie-
ben achbarn Stern macht? Er würde diese Lücke umkehren und
diese Diskrepanz zu einem Argument machen, das seinen Antisemi-
tismus bestätigt: ,,Sehen Sie nur, wie gefährlich die wirklich sind?
Es ist schwierig, ihr wahres Wesen zu erkennen. Sie verstecken sich
hinter ihrer Alltagsmaske - und gerade dieses Versteckspiel, diese
Doppelzüngigkeit ist eine Grundeigenschaft des Juden." Eine Ideo-
logi ist gerade dann erfolgreich, wenn die Tatsachen, die ihr auf
d n r t n Blick widersprechen, zu Argumenten werden, die sie be-
tätig n.
1ehr1ert und M hrlu t .
. Marxismus anzusiedeln: Aus de
h1ed zum . . d .d r
• r i t d r nter . . hen Perspektive ist er 1 eologisch
. 1 marx1susc h f . e
it rbr 1tete~ d.1 Totalität der gesellsc a thchen Ver.
li in Partialbhck,der :nianischer Perspektive hingegen ist
1
1 „ltni au blendet. A~shac t durch eine Totalität, die darauf a11s.
. Id l •e gekennze1c ne
1 o ogi .
. hk .
.h eigenen Unmöglic ezt zu tz gen. Dieser
·z
• l t t • t die Spuren z rer h. d .
1 i e d' t mit dem Untersc 1e zwischen dem
nt r hied korrespon ier . h. b iff
. . d d marxistischen F et1sc 1smus egr : Dem
udian1 chen un em . . ••
. c erd eckt der F et1sch ein posi t1ves Netzwerk
1ar mu zu101ge v d .c 1 .
ell chaftlicher Verhältnisse, während er Freu zu~o ge eine~
. fangel (die ,Kastrati?n") ~erdeckt, um den herum em symboh-
ch etzwerk artikuliert wird.
Insofern wir das Reale als etwas begreifen, das „stets an derselben
telle , iederkehrt" 40 , können wir einen weiteren und nicht weni-
er au chlaggebenden Unterschied ableiten. Aus Perspektive der
arxisten ist die ,falsche"Verewigungund/ oder Universalisierungdie
ide logi ehe Prozedur par excellence: Ein Zustand, der von einer
onkreten historischen Konjunktur abhängt, erscheint als ewige und
uni er elle Eigenschaft des menschlichen Daseins; ein spezifisches
a eninteresse verkleidet sich als universelles menschliches Inter-
. •••das Ziel der „Ideologiekritik" liegt dann darin, diese falsche
ni er alität zu entlarven und hinter dem Menschen an sich das
ü rliche Individuum aufzuspüren; hinter den universellen Men-
h nr hten die Form ausfindig zu machen, die die kapitalistische
:> utung „ r h h. ·
ermo~ ic t; inter der „Kernfamilie" als trans-histon·
1 o tante d ie l11st • orisc • h spezifische und begrenzte Form von
1 wand l aft verhält •
A 1 an1an1 • . nissen zu entdecken und so weiter
eh r p k• ' •
Hf ,·nr., •.,,. d erspe tive sollten wir hingegen andere Be-
i 1 d im
n n und zeigen . ' d ass d er listigste
· · Zug der I deo10•
l-n lii to,i tPrung Bgnt II} d r Verewigung liegt: in einer vorschntl-
1 a 1t n w • • . 11
1 1 1• i. J n •
• • ir twa einen Ge1ne1nplatz der vot
11 in1.inus for 1· l
: i J1 b d . inu 1 rten Kritik an der Ps c io-
ur 11 in I •st dn
Jipu oinpl nsi nz auf der entscheid n e
di, g J Im d x u_nd d 1 familiär n Triad ein hi to-
ll~ ft
1n 1 11 •
patri
1
1 hal n F1
am1
·1·
1
• e111e
1n
. un1v · 1, He
' 1 1 in •
111 ·e
tr n f01 mi rt: Do h i t die
··hung die familiäre Triade zu historisieren, nicht gerade der
ßetnUh sich ' dem „harten K ern " zu entzie • hen, der sich durch die
Veruc,: rchale Fam1•11e
• " an kun
•• d.1gt - d em R ea len des Gesetzes, dem
der Kastration? 46 W. enn d'1e vorsc h ne IIe Universalisierung also
pau1a
1
F~ uasi-universelles Bild erzeugt, dessen Funktion darin liegt, uns
ein q
e enüber ·
seiner h 1stor1sc
• • h en un d soz1o~sym
• b o11schen
· Bestimmt-
f blind zu machen, dann macht uns die vorschnelle Historisie-
ie~ggegenüber dem realen Kern blind, der stets in Form unter-
!11hiedlicherHistorisierungen/Symbolisierungen wiederkehrt.
SC
Genausoverhält es s1c'h auc h mit.. einem Phänomen, das die „per-
verse''Kehrseite der Zivilisation des 20. Jahrhunderts genauestens
abbildet:die Konzentrationslager. Sind all die Versuche, dieses
Phänomenmit einem konkreten Bild zu verknüpfen (,,Holocaust",
Gulag"...) und es darauf zu reduzieren, dass sie Produkt einer
"
konkretengesellschaftlichen Ordnung sind (Faschismus, Stalinis-
mus...), nicht zugleich Versuche, die Tatsache auszublenden, dass
wires hier mit dem „Realen" unserer Zivilisation zu tun haben, das
alsder immer selbe traumatische Kern aller gesellschaftlichen Sys-
temewiederkehrt? (Wir sollten nicht vergessen, dass die Konzentra-
tionslagereine Erfindung des „liberalen" Englands waren und auf
denZweitenBurenkrieg zurückdatieren; und dass sie auch in den
USAgenutzt wurden, um die japanische Bevölkerung zu isolieren,
undso weiter.)
Der Marxismus hat es also nicht geschafft, das Mehrobjekt [sur-
plus-object]
zu berücksichtigen und damit fertig zu werden, nämlich
den Rest des Realen, der sich der Symbolisierung entzieht. Diese
~atsacheist umso überraschender, wenn wir uns vergegenwär-
tigen,dass Lacan seinen Begriff der Mehrlust an Marx' Begriff
des_Mehrwertsangelehnt hat. Dass der Marx'sche Mehrwert die
Logikdes Lacan'schen objet petit a (als Verkörperung der Mehr-
lu t).bereits
• vorwegnimmt, kann durch den Verweis • au f einen
• ent-
d'heide_ndenSatz im dritten Band des Kapitals gezeigt werden, d~r
1
logisch-historische Grenze des Kapitalismus beschreibt: "Die
!Phrankedes Kapitals ist das Kapital selbst also die kapitalistische
ro?uktionsweise."47 ,
~sr
fUr e „ atz. kann auf zwei Weisen gelesen werden. Die •
.erste_un d
Satzg Wohnhch historistisch-evolutionäre Les~rt begreift. dies~n
ang 1 hnt an das verhängnisvolle Paradigma d r Dial kuk

7
duktionsverhältnisse~ - als in Ver„
, 1 1 dukti kräft n uo
d Pdrol halt". Dieses Paradigma lehnt sich
hältni z i h n Form
" un " n die von Zeit zu Zeit• 1'hre zu eng
11 di taph r d r ~chlaDnge~tn,wird vorausgesetzt, dass letztlich
b rft· ami
rord n Haut a wi • der Produktivkräfte - sozusagen als
„ r h Wachstum • b I
d unau fl1or 1 " Konstante _ der Antrie gese lschaft.
t''rli h " und „s~ont(ad~e wird für gewöhnlich auf eine bloß
.l t • klung ist iese
h r_ n wi . kl reduziert); auf dieses „spontane" Wachs-
t hru ehe ntw1c ung "'r. •• . d. ..
. h der weniger großer verzogerung, 1e tragen
nun olgen nut me r o
.. •
.. .
Produktionsverhaltnisse.
w·1r er leb en also
nd davon abh angigen · · d p •
• d di'e Produktionsverhältnisse mit en roduktiv-
o hen, in enen . . d k.
y
.. ten u•·bere1n • sti'mmen, dann entwickeln sich. die "Pro u t1vkräfte
und enn achsen ihren „gesellschaftliche~ Kleidern ~nd de~ Rah-
die er Verhältnisse; der Rahmen wird nun zu einem H1nder-
ni n, eiterer Entwicklung, bis eine soziale Revo 1ut1on
m • d'1e Pro d uktiv-
kräfte und Produktionsverhältnisse wieder miteinander koordiniert
und die alten Verhältnisse durch neue ersetzt, sodass diese wieder
mit dem Stand der Produktivkräfte übereinstimmen.
enn wir die Aussage, dass das Kapital seine eigene Schranke sei,
a die er Perspektivebegreifen, dann bedeutet das einfach, dass die
pitalistischen Produktionsverhältnisse, die durch die rasche Ent-
• ~ung d~r Produktivkräfte zunächst ermöglicht wurden, deren
. 1terentw1ckl:ungan ~inem gewissen Punkt auf gehalten haben:
1
P~?~ukt1v~äfte sind über ihren Rahmen hinausgewachsen
b notigen eme neue Form gesellschaftlicher Verhältnisse.
arx lb t hat solch eine holzschnittartige Vorstellung von Fort-
lb t er t·· a1· h •
.. s an ic nie vertreten. Wenn wir uns noch davon
,..,'"'~ ........ ,.L,.L

°.
rz,,~tg mdussen,dann reicht ein bloßer Blick in jene Abschnitte
ap a1 in nen er sich • d 11
H b . mit em Verhältnis zwischen forme er
.g.u„n.::.i ut ~mD~1on des Produktionsprozesses unter das Kapital
zt. 1 formelle S bs · s,
1 • I ub • u umt1on geht der reellen vorau
iJ 0 ~u~i rtdden Produktionsprozess zunächst einfach
un n hat (Ha d k d ..
1 u ti kiäft ,. . n wer und so w iter), un an-
1 i h wir~.t, hntt für Schritt, sodass eine übe~-
i i b Ob
11 g n d r holzschnittartigen ° 1
'.
1
1häl I i / b n hab n, i t 1 o di .For-mde
1 1 twi klung d r P1 dukti kräfte-
,, 1 l • I .b i
1 t.
ol h ein holzschnittartige Lesart unmöglich zu m h
111 . • d S h. . 1 ac en,
.
di n d Fort hr1tt 111
. . . hen atz 1ne1n
d esen
. möchte , dass die ,,wah re
brank d r kap1tahst1sc _en Pro uktionskraft das Kapital selbst"
i inil 11 wir eine ganz einfache und naheliegende Frage stellen:
\.1 könn n wir den Moment - wenn auch idealisiert _ ganz genau
\dr•11üeren an dem die kapitalistischen Produktionsverhältnisse zur
echrank •
einer weiteren Pro d u k tlv
• kr aftentwicklung
· werden? Oder,
umdie Frage umzukehren: :Vann können wir von einer Überein-
tiroinungzwischen Produktivkräften und kapitalistischen Produk-
tionsverhältnissensprechen? Genau betrachtet gibt es nur eine mög-
licheAntwort: Nie.
Geradedarin unterscheidet sich der Kapitalismus von anderen,
,ergangenen Produktionsweisen: In diesen konnte man Phasen
der Übereinstimmung beobachten, in denen der gesellschaftliche
Produktions-und Reproduktionsprozess ruhig und zyklisch ablief,
undPhasen des Aufruhrs, in denen sich der Widerspruch zwischen
denProduktivkräften und Produktionsverhältnissen verschärfte. Im
Kapitalismusist dieser Widerspruch, dieser Konflikt zwischen Pro-
duktivkräftenund Produktionsverhältnissen, bereitsin seinemBegriff
enthalten(in Form des Widerspruchs zwischen gesellschaftlicher
Produktionsweise und individueller oder privater Aneignung).
Dieserimmanente Widerspruch treibt den Kapitalismus fortwäh-
rendzur erweiterten Reproduktion - dazu, seine eigenen Produk-
tionsbedingungenfortwährend zu entwickeln, wohingegen die (Re-)
Produktionin früheren Produktionsweisen, jedenfalls „normaler-
weise',zyklisch ablief.
vVenndie Dinge tatsächlich so stehen, dann ist die Lesart, die in
?emSatz, das Kapital sei seine eigene Schranke, eine Fortschritts-
ideezu erkennen glaubt, inadäquat: Es geht eben nicht darum, dass
d r Rahmen der Produktionsverhältnisse an einem bestimmten
Punkt?ie weitere Entwicklung der Produktivkräfte hemmt. ?er
Punkt1 t: geradediese immanente Schranke, dieser „immanenteWider-
spruch" treibtden Kapitalismus permanent an. In seinem „norinalen
Zu_tandr volutioniert der Kapitalismus fortwährend seine eigenen
1
Xl } • }'
j t nz dingung n: S it Anbeginn „verwest' d 1 Kapita 1 _n1u '
r g z i hn t von in m lähmend n Widerspruch, von ein m
01
: flikt, von in m immanent n B dürfnis nach Bala~ : G nau
halbv ränd rt und ntwi kelt er sich fortwähr nd - inzig durch

9
k nn er seine fundam ntal
. fort ·ährcnde Ent~icklri:~. :einen „Widerspruch". aufJ;~d
<lt • . . nausg gh hen . t daher gerade der Antr1 b s i n
kon u~ultJ1 n ein S hranl e 1~ Genau das ist das Paradox nder
und in 10 • • Hindernis. d S .. , as
~· Jung und kein . • e grundlegen e tutze: Er ka
nn 1 • ist sein . M h nn
l apitali inus eigen ' ht zum Quell seiner ac t machen
d in . Ohnroac f . h . . ...
. hrank , ine hr verschär t sie sein immanent
n1 " desto me 1 . . er
. inehr r „ erwest , r sich selbst revo ut1on1eren, uni
J . h desto inehr muss e zu
\\ id r 1iu
üb rl ben. . rot auch die Mehrlust: Dabei handelt es sich
Di Paradox besuro . h einfach an das „normale" und gtund.
• Mehr das s1c lh h
ni ht u1n 1n. ' h f t· das Genießenals so c es entste t überhaupt
1e nd e Genießen
.
an e te , . E " •
ehr.weil es konstitutiv ein " xzess ist. iehen wir

er.t durchdies~sM '. eh das Genießen. Genauso verhält es sich
ab o erheren wir au ··b 1 b k
e . K • 1• mus der nur dadurch u er e en ann, dass
auch mit dem ap1ta is ' 1 . .
er eine materiellen Bedingungen pe:man~bnt" revo ut1on~er~, und
· t'eren aufhört , wenn er. „gle1chblei
der zu ex1s1 . . . t , wenn er. ein 1mma.
.
Gleichgewichterreicht. Hierin hegt die Homologie zwischen
nent e . 1· • h p d k.
Mehrwert _ der „Ursache", die den kapita 1stisc en ro u t1ons-
prozess in Gang setzt - und Mehrlust, de: Objektursache des
Begehrens. Entspricht die paradoxe Topologie der Bewegung des
Kapitals - die fundamentale Blockierung, die sich durch freneti-
che Aktivität auflöst und reproduziert, die exzessiveMacht, die die
Er cheinungsf0rm einer fundamentalen Impotenz ist, dieser unmit-
telbare Übergang, dieser Zusammenfall von Schranke und Exzess,
on Mangel und Überschuss - entspricht dies nicht genau Lacans
objetpetita, diesem Rest, der den fundamentalen und konstitutiven
Mangel verkörpert?
. atürlich „weiß" Marx das ... ,,aber": aber im entscheidenden Satz
1 48 tut er so als ober
. orwort der Kritik der politischenÖkonomie
nichtu:üs_ ste. D~rt b~schreibt er den Übergang vom Ka;italismus
z md oz1ahsmus1mS1nneJ·ene
. .. •• "k onomischen
r vu lgaro · · 1e k'k
Dia tI von
u ti bkraft~n und Produktionsverhältnissen die wir zuvor er-
a n: Uberschreiten d' p d k · •· ' · · Mß
d n d'1 k . . . ie ro u tivkrafte ein gewisses a ,
, t . ~ apttah_stischen Verhältnisse zur Schranke ihrer
f~ 1 1
ung. Di~ses Missverhältnis mache eine sozialis·
ut1on notw ndig d d' d'
äft d p ' enn iese erfülle die Funktion, ie
un ioduktionsver h··1 •
a tn1sse ·
wieder · · der
1n1te1nan
in Einklang zu bringen, also Produktionsverhältnisse zu etablieren,
di wi der eine verstärkte Entwicklung der Produktivkräfte (ver-
tanden als Selbstzweck des historischen Prozesses) ermöglichen.
Wird aus dieser Formulierung nicht ersichtlich, dass Marx da-
ran gescheitert ist, die Paradoxien der Mehrlust zu bewältigen?
Ironischerweise rächt sich die Geschichte für dieses Scheitern, denn
heute existiert eine Gesellschaft, die mit der vulgärökonomischen
Dialektik zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen
perfekt zu korrespondieren scheint: der „Realsozialismus", der sich
durch seinen Bezug auf Marx legitimiert. Ist es nicht längst zu
einem Allgemeinplatz geworden, dass der „Realsozialismus" eine
rasche Industrialisierung ermöglicht hat, dass aber, als die Produk-
tivkräfte ein bestimmtes Entwicklungsniveau erreicht hatten (meist
wird dies mit dem vagen Begriff „postindustrielle Gesellschaft"
umschrieben), die „realsozialistischen" gesellschaftlichen Verhält-
nisse begannen, ihr weiteres Wachstum zu beschränken?

91
2. Vom Symptom zum Sinthom

Die Dialektilldes Symptoms

Zurück in die Zukunft

In Lacans Werk findet sich nur ein Verweis auf das Gebiet der
Science-Fiction, und dieser betrifft das Paradox der Zeit. Um zu
erklären, wie sich das Symptom als „Wiederkehr des Verdrängten"
erfassen lässt, stützt sich Lacan in seinem ersten Seminar auf Nor-
bert Wieners Metapher der gegenläufigen Richtung der Zeit:

Wiener nimmt zwei Personen an, deren jeweilige Zeitdimension in gegenläufiger


Richtung zur je anderen liegt. Wohlverstanden, das hat nichts zu bedeuten und
ist nun einmal so, daß die Dinge, die nichts zu bedeuten haben, auf einmal etwas
bedeuten, aber auf einem ganz anderen Gebiet. Wenn der eine dem andern eine
Botschaft übersendet, zum Beispiel ein Viereck, so wird die Person, die in gegen-
läufige Richtung geht, zunächst sehen, wie das Viereck verschwindet bevor sie das
Viereck sieht. Das ist es, was auch wir sehen. Das Symptom stellt sich uns zuerst
als eine Spur dar, die nie etwas anderes sein wird als eine Spur und die solange
unverstanden bleiben wird, bis die Analyse weit genug fortgeschritten ist, daß\ ir
ihren Sinn realisiert haben. 1

Die Analyse wird also als eine Symbolisierung, als symbolische Inte-
gration sinnloser imaginärer Spuren begriffen. Dies impliziert einen
grundl g nd imaginären Zug des Unbewussten: Es ist „etwa , da iin
Symbolis h n realisiert werden wird, oder, genauer, ver1nöge d
. yml olis h n Proz ss s in d r Analys , gewesen ein wird. -
La ans Antwort auf di Frag , von wo das Ve1drängte zurü k-
k hrt, i t also paradox: ,,Aus d r Zukunft'. Sy1npto1n incl innlo
pur n, d r n B d utung ni ht in d n Unti fi n d r \'4 rg ng n-
h jt ntd kt und au di n h rvorg grab n, ond rn na hträgli h

9
. . d _ die Analys produziert di Wah
h d r den r~
lr t'Yi acti1Jfl ]• kon tru1ert. wir ifikant nra men, ymptornen
]1 i't oll h iß n d n ign d . e symbolische Bedeutung verleih
in 11 1nboh 1 n
. l Platz un ein .
., . h Ordnung eintreten, ist ie Verga
• a· t.
. inbohsc e rr, d. . n.
ol ald ir in d 1 sy . historischen .ira ition anwesend
. . •n Form einer . . d. .. d '
nh it imdin r i. J.edoch nicht gegeben ist, S1_ese_f~ekran ert sich
d r n B eutung c mationen des igni i antennetze
.. d ·t den Trans1or . . s.
fort ahr n . mi h 'ede Ankunft eines neuen Herren-S1gnifi.
J d r hi ton he Bru~. i h die Bedeutung der gesamten Tradition
ant n, ände:t nad~htEra~-~lung der Vergangenheit neu, macht diese
und truktur1ert 1e rza
auf neue und andere Weise lesbar. .
·nge die nichts zu bedeuten haben, auf einmal
Daher bed euten „D1 , . " W · ·
· em ganz anderen Gebiet . as ist eine „Reise
et\\ a ' aber auf ein .. " d h d. .
.111 d'1e zu kun ft" , wenn nicht eine ',Uberholung , urc ie wir von
Beg1nn · an ein • bestimmtes Wissen im anderen voraussetzen . - über
den Sinn unserer Symptome -, was ist eine solche Reise, wenn nicht
die Übertragung selbst? Dieses Wissen ist. eine Ill~sion. Es_existiert
nicht wirklich im anderen, der andere besitzt es nicht, es wird nach-
träglich und durch das Arbeiten unseres (also des Subjekts) Signifi-
kanten konstituiert. Gleichzeitig ist es eine notwendige Illusion, da
wir dieses Wissen paradoxerweise nur mithilfe der Illusion erlangen
können, dass der andere es bereits besitzt und wir es lediglich ent-
decken.
Wenn der verdrängte Inhalt im Symptom nicht aus der Vergan-
genheit, sondern aus der Zukunft wiederkehrt, wie Lacan behaup-
t~~:dann muss uns die Übertragung - die Aktualisierung der Rea-
htat de Unbewussten - in die Zukunft versetzen und nicht in die
. rgan~enheit. Was ist die „Reise in die Vergangenheit", wenn
fn11
ht 1n nachträgliches
. Durc h ar b eiten,
• . Ausarbeiten
ein . . •
des S1gru·
ant _nd-~lso eine Art halluzinatorischer mise-en-sceneder Tatsache,
ir ie Vergangenhe.1t • F ld d . . . .
i m ld) .. im e es Signifikanten (und nur in
n v randern
h . . und bewältigen ko·.nnen.
g g Il lt existiert SO ' • ' S'
n nthalt • . . '.wie sie 1m synchronen Netz de 1g·
d 1 hi toi i n11ist ' wie• sie in d'ieses eintritt• · - wie sie al o 1n • der
11.:T"tll,t'l'!o.ib
n ir di ~iEfi~n~erung symbolisiert wird - und daher
li h ihr 1 ymbol' h P rman nt um, g ben d n lementen
1
i b zi h 1 .
1
? t 11nw rt, ind m ir i in n ue
• t di Ausarbeitung, di n hträglich
nt h id t, wa i „g w n sein werd n". D r in Oxford lehrende
Philo oph Michael Dummett hat zwei sehr spannende Artikel ver-
fa t, di in i~ r Es.saysam~lung Truth and OtherEnigmas enthalten
ind: I ann ~me Wirku~g 1h:e; Ursache vorausgehen?_" und „Die
Vergangenheit hervorbringen . Lacans Antwort auf diese beiden
Rät el n1üsste lauten: Ja, denn das Symptom - verstanden als „Wie-
derkehr des Verdrängten" - ist genau eine solche Wirkung, die ihrer
Ur ache (ihrem verdeckten Kern, ihrer Bedeutung) vorausgeht. In-
dem wir das Symptom durcharbeiten, ,,beschwören wir die Vergan-
genheit herauf" - wir erzeugen die symbolische Realität vergange-
ner und längst vergessener traumatischer Ereignisse.
Man ist daher versucht, im „Paradox der Zeit", wie es in Science-
fiction-Romanen beschrieben wird, eine Art halluzinatorische
,,Erscheinung" der elementaren Struktur des symbolischen Pro-
zesses „im Realen" zu sehen: die sogenannte Innenacht, die umge-
drehte Acht. 5 Dabei handelt es sich um eine zirkuläre Bewegung,
eine Art von Schlinge, auf der wir nur voranschreiten können, in-
dem wir uns selbst in der Übertragung „überholen" und indem wir
uns zu einem späteren Zeitpunkt an einem Punkt wiederfinden, an
dem wir bereits waren. Dies ist ein Paradox, weil dieser überflüssige
Umweg, diese zusätzliche Schlinge, durch die wir uns selbst überho-
len (,,Reise in die Zukunft") und sodann die Zeitrichtung umkehren
(,,Reise in die Vergangenheit"), nicht bloß eine subjektive Illusion/
Wahrnehmung eines objektiven Prozesses ist, der unabhängig von
diesen Illusionen in der sogenannten Wirklichkeit stattfindet. Viel-
mehr ist diese zusätzliche Schlinge eine immanente Bedingung, ein
immanenter Bestandteil des sogenannten „objektiven" Prozesses:
ur durch diesen zusätzlichen Umweg wird die Vergangenheit -
der „objektive" Stand der Dinge - nachträglich zu dem, was sie im-
mer schon war.
Die Übertragung ist also eine Illusion. Der Punkt ist jedoch, da
wir sie nicht umgehen und direk~.zur Wahrheit. gelangen ~önnen.
Di Wahrheit wird durch die der Ubertragung eigen Illu 1011 kon-
titui t: ,,Di Wahrheit g ht aus d r rk nnu~g h r. 01~. (La an)
ollt no h ni ht k]ar g word n s in, worun1 . 1 h b d~ 1 P ra-
dox n truktur hand lt 1nuss inan nur in w it 1 s B 1 P1 l au d r
S i n - ~i tion b t a ]~t n: William 17 nn b kannt hi ht
Besu)i aus d rn Jahre 2487. 6 in ang h n r Kun thi t 1 ik 1 r i t
. dem 25. Jahrhundert zurück .
. . Z iunasch1ne aus . 1M h b in
initlulfi einer e bl' hen Morn1e at away zu esuch
. den unster ic L b . en
un re Z 1t um . . Maler der zu e zeiten keine B
. . tud1eren, einen ' d K .. e.
und in ivo zu s .. .edoch als der herausragen ste unstler seiner
a htun fand pater J d Bei seinem Besuch kann der Kunst
• gesehen wur e. •
nerat1_onan . S on Genie entdecken. Stattdessen trifft
kritiker Jedoch kehine Pur :nd Megalomanen, ja, einen Betrüger
f einen Hoc st ap 1er · Zu k un f t fl"uc h tet, sodass
'
r au . . h' tiehlt und in die
der eine Ze1tmasc ine s . c. • E bl 'b .
. ·k r in unserer Ze1 t ge1angen 1st. s e1 t ihm
der arme Kunst h 1stor1 e . .. h
. d "b • als Mathaways Ident1tat anzune men und in
rucht an eres u r1g, d' •
.
einem amena 11 di'e Meisterwerke zu malen, an 1e er sich ausder
Zuku nft ennner · t - i'n Wirklichkeit war also er selbst das verkannte
Genie, nach dem er gesucht hat! . .
Genau das ist das Grundparadox, auf das wir ~bz1elen: ~as Sub-
•ekt wird mit einer Szene aus seiner Vergangenheit konfrontiert und
"!nöchtediese ändern, sich in sie einmischen, intervenieren. Es reist
in die Vergangenheit, interveniert in die Szene, und es ist gerade
nicht so, als „könne es nichts verändern". Ganz im Gegenteil: Nur
durch diese Intervention wird diese Szene aus der Vergangenheit
zu dem, was sie immer schon war. Seine Intervention war von Anbe-
ginn in die Szene eingeschrieben, in ihr enthalten. Die ursprüng-
liche „Illusion" des Subjekts besteht einfach darin, dass es vergessen
hat, seine eigene Handlung in diese Szene mit einzubeziehen - ,,es
zählt, es ist gezählt, und in diesem Gezählten ist der Zählende be-
reit da".7 Dadurch wird eine Beziehung zwischen Wahrheit und
~erkennung/lrrtum eingeführt, durch die die Wahrheit buchstäb-
lich aus d:r Verkennung hervorgeht, wie sich etwa an der bekann-
t n Geschichte über die „Verabredung in Samarra" (aus Somerset
Maughams Theaterstück Sheppey)beobachten lässt:

DerTod:In Bagdad lebte ein Ka f d . .


um • · B u mann, er seinen Diener auf den Markt schickte,
m1g orgungen zu mache N h .
u l l 1• }1 d . n. ac einer kurzen Weile kam der Diener zu·
' r) t un Zlllernd vor S h k
uf d m M rkt 1 fa d d . c rec , und sprach: ,,Meister, als ich mich eben
mi l umd J t , ah i h d
n , wur ich von einer Frau 1n
1 • der Menge geschubst. Al ic• h
r • 1 und ma l r ir/ bad i8/~r Tod ~ar, der mich ge chubst hatte. Sie sah
1
1 • 1 1d g l wi d d ro ic. 1 e G bärde. Bitte, leiht 1nir eines Eurer Pferde
• n avonr n n um • Ich
r 11 l m rra wo d 1 0 d , '. m inem Schick al au zuweichen.
1• h Pt' 1d D . klm1 h n 1 1 t. f'ind n wird." Der Kaufmann lieh 1'h1u
a ]
' l
wang 1' h auf da Pfi rd und pre te 1'htll
di p r n ii: di Flank n, oda i. eilig L davongaloppierten. Der Kaufmann
in •darauilun
. zu1n Markt und ah 1n1ch1nitten in der Menge . Al so k am er zu mir•
und frag m1 h: , Warum __ ha du olch eine bedrohliche Gebärde gemacht, als du
kla n_h ut fruh h1 r antrafs ?" ,,Das war keine bedrohliche Gebärde"
rwid rt i ,,ich, ar bloß üb rr~ cht. Ich war erstaunt, ihn hier in Bagdad anzu~
treffi n da Ir doch h ute Abend 111 Samarra miteinander verabredet sind."s

Die elb~ Struktur _findet s~ch auch im Ödipus-Mythos: Ödipus'


Vater wird_prophezeit, dass ~ein Sohn ihn umbringen und die eigene
Mutter heiraten werde. Diese Prophezeiung wird gerade dadurch
erfüllt - ,,und wahr" -, dass der Vater versucht, seinem Schick-
sal zu entgehen (er setzt seinen Sohn im Gebirge aus, sodass ihn
Ödipus nicht erkennt und umbringt, als sie zwanzig Jahre später
aufeinandertreffen ... ). Die Prophezeiung erfüllt sich also gerade
dadurch, dass sie der betroffenen Person mitgeteilt wird und diese
versucht, ihr zu entgehen: Man kennt das eigene Schicksal bereits
im Vorhinein, versucht, ihm zu entgehen, und gerade dadurch er-
füllt sich das prophezeite Schicksal. Ohne die Prophezeiung wäre
der kleine Ödipus glücklich bei seinen Eltern aufgewachsen, und es
gäbe keinen „Ödipuskomplex" ...

Die Wiederholung in der Geschichte

Die zeitliche Struktur, mit der wir es hier zu tun haben, ist durch
Subjektivität vermittelt: Paradoxerweise findet der subjektive „Feh-
ler", ,,Mangel", ,,Irrtum", die subjektive Verkennung bereits vor
der Wahrheit statt, die ihn als „Irrtum" kennzeichnet - denn diese
,,Wahrheit" wird nur durch - oder, um mit Hegel zu sprechen, ver-
mittelt durch - den Irrtum wahr. Dies ist die Logik der unbewuss-
ten „List", auf diese Weise täuscht uns das Unbewusste: Es ist kein
transzendentes, unerreichbares Ding, das wir nicht wahrne~men
können, sondern vielmehr - um Lacans wortspielerischer Uber-
etzung des Unbewussten zu folgen - une-bevue, 9 ein Übersehen: Wir
üb rsehen inwiefern unsere Handlungen bereits Teil des Zustand
jener Din~ ist, die wir betrachten, und dass unse~ Irrtum T~il der
Wahrh it ist. Diese paradoxe Struktur, in der ~he W~hrhe1t au
d r \1j rkennung hervorgeht, beantwortet auch eine ,ve1tere ~~ag_e:
Warum ist di Übertragung not~ ndig, wa1u~n ~u man 1~ in
d r Analys dur hlau~ n? Die Üb rtragung 1st em we nth he

97
. Wahrheit (die Bedeutung e·
d. ndgüluge ine
Illu i n dur h di .
mptoin ) rz ugt wird. als immanente Bedingung der Wahr.
o· lb Logik d Irrtums Luxemburg, und zwar in ihr
l1 l·t1 find t i h au o· h be_iRdosaevolutionären Prozesses. Wir sp1·er
lekuk es r e„
B hr ibung der ia . f 'hr Argument gegen Eduard Bern
.• dhch au i . h .. ..
1 11 hi r lb tverstan . . . . he Angst, die Mac t „zu fruh" und
• ,.evision1susc . . d'
t in an gegen d ie r. b die ob1ekt1ven Be ingungen" reif'
e1fen evor " 'J
, rfrüht" zu ergr. ' 'ß Bernsteins Hauptargument gegen
. ,. wie
ind - d 1e ·"''a1.., Fluge
man wei ' s· .
ie seien zu unge„
..
1d er Sozialdemokraten:
d n re oluuonar~n b' k . Logik der geschichtlichen Entwicklung
0
duldi? wollten.~ie h ~leuv;osa Luxemburgs Erwiderung auf dieses
ben und uber o en. 'f
antrei d die ersten Machtergre1 ungen notwendiger.
Argument lautet, ass 'h R ·c
. ..h " • d· n·e Arbeiterklasse kann i re e11.enur dadurch
weiseve,1rut szn • i f .. d' M h''b
. "h k den richtigen" Moment ur ie ac u ernahme
erre1c en, ann " . .. d Ak d' ..
bpassen dass sie sich selbst f ur en t ieser Uber-
nur d ad urc h a ' . . . .. 1· hk . d.
nahme formt und bildet, und die einzige Mog 1c eit, i~s z~ tun,
liegt gerade in den „verfrühten" Versuchen ... Wen~ ':Ir e1~ach
auf den „richtigen Moment" warten, dann werden wir ihn nie er-
leben, denn dieser „richtigen Moment" kann nicht eintreten, wenn
die subjektiven Reifebedingungen der revolutionären Kraft (des
re olutionären Subjekts) nicht erfüllt sind - er kann also nur nach
einer Reihe „verfrühter" und gescheiterter Versuche eintreten. Die
Opposition gegen die „verfrühte" Machtergreifung wird so als eine
Opposition gegen die Machtergreifung überhaupt, ganz allgemein
enttarnt: Der Revisionismus möchte, um Robespierres berühmten
Au pruch zu wiederholen, eine „Revolution ohne Revolution". 10
B ~rachten wir dies etwas näher, so können wir ganz genau sehen,
10 . Rosa Luxemburg_s
Argument auf dem Spiel steht, näml~ch
,., 10 ~etasprache 1m revolutionären Prozess unmöglich 1t:
,~.&1i
••
. luti~näre Subjekt „leitet" und dirigiert" den Prozess nicht
.1 1• Au 1n
r 0.
b ktiven
• • "
Di st anz, sondern wird durch diesen konstitu·

.. sdm Grund - wei·1 a·


Jj• t" 1•d1 · · • der Revolution · d'ie

"
t ie Ze1thchke1t
.. ~r hläuft - können wir die Revolution nicht ohne
u t I.ndurn<l
,.....,..&.4'"'""'-:-11 Gg h,.biterten Versuche „im rechten Moment d
1 b 1g h nd lt g .n~ r t llung zwi eh n Bern tein nn
Z J n ur tik r ( i 1 um di G g nüb I tellung z,,i chen
Mann) und d r Hy t 1 ik 1 in (Frau): oer
z,rang harakt r r~_ög rt d Akt, s hi bt ihn auf, wartet auf d n
ri htig n Mo11: nt w hr nd d1 _Hy t rik rin sich ( ozu agen) lb t
in ihr m kt ub rholt_und o die Fals hheit der zwanghaften Po i-
tion offi nl g~. b n d1 s .teht auch in Hegels Vorstellung von der
,i

Rolle der W1 der~olu1:g 1n d~r Geschichte auf dem Spiel: ,Eine


1oliti h Revolution wird nur 1m Dafürhalten
11
der Menschen sank-
tioniert wenn sie sich wiederholt. " Sie kann also nur als Wieder-
holung eines ersten gescheiterten Versuchs erfolgreich sein. Warum
i t die Wiederholung notwendig?
Hegel hat seine Theorie der Wiederholung anhand von Julius
Caesars Tod entwickelt: Als Caesar seine persönliche Macht festigte
und sie auf ~~periale Maßstäbe ausdehnte, handelte er „objektiv"
(an sich) in Ubereinstimmung mit der historischen Wahrheit und
otwendigkeit. Die Form der Republik verlor bereits an Gültigkeit,
und die Monarchie, also ein auf dem Willen eines einzelnen Indivi-
duums basierender Staat, war die einzige Regierungsform, die die
Einheit des römischen Staates noch retten konnte. Formal jedoch
herrschte immer noch eine Republik (für sich, also im Dafürhalten
der Menschen) - die Republik „war nur noch am Leben, weil sie
vergessen hatte, dass sie bereits gestorben war", um den berühmten,
von Freud beschriebenen Traum über den Vater zu paraphrasieren,
der noch nicht wusste, dass er bereits gestorben war: ,,Der Vater war
wieder am Leben und sprach mit ihm wie sonst, aber (das Merkwürdige
war, S. Z.), er war doch gestorben und wußte es nur nicht. " 12
Dem „Dafürhalten", das noch immer an die Republik glaubte, er-
schien Caesars Machtanhäufung, die dem Geist der Republik selbst-
verständlich entgegengesetzt war, als ein zufälliger Akt, als Ausdruck
eines kontingenten individuellen Eigensinns: Die Republik werde
zu altem Glanz zurückkehren, wenn dies eine Individuum (Caesar)
entfernt sei. Doch gerade die, die sich gegen Caesar verschworen
hatten (Brutus, Cassius und die anderen), waren es, die - ganz im
inne der Logik der „List der Vernunft" - seine Wahrheit (al o eine
historis he otwendigkeit) bestätigten: Das Ergebnis des Morde an
a , ar war 1 tztlich, dass Augustus, der erste Caesar die Macht er-
griff. Di Wahrh it ging also aus d m Scheitern h rvor: Ind 111 r
g • h it rt ist und s in explizit s Ziel v rfi hlt hat, hat d r ord an
a ar di Aufgab rfüllt, di ihm, auf Ma hiavelli' h i , ,on
d ~rG s hi ht üb rtrag n wurde: di g hi htli h otw ndi ·k it
• e eigene Nicht-Wahrheit pr isgib

1nd 01 er sein t ...
h rau zu t II n, . Charakter .13
f" 11• konungenten 1 • Ü
in n zu a 1g n, p blem der Wiederho ung: 1m b rga
Hi rin li gt das ganze r?es Individuums) zu Caesar (dem l'i~gl
d m amen ein (d h' e
on a ar ( h ) Der Mord an Caesar er 1storische
. .. • hen Herrsc ers . n
1n romi . h Einführung des Cäsarentums: Die Person
1
p r on) führtellet~th1c,,.zT~rtelCaesar". Was ist die Ursache, die trei
C wi derhot sie aw h • d' •
ae ar
bend l(raft ieser ie
d' w·
(1 "

derholung? Zunächst sc eint 1e Antwort


d' b' k • " h' .
. . D Bewusstsein folgt auf ie „o ~e t1ve istonsche
klar zu sein. as d d' h' •
. k • E' bestimmter Akt durch en 1e 1stonsche Not-
otwend ig e1t. in ' . (d Daf"
wendigkeit hervorbricht, wird vom Bewusstsem em " ur~alten
der Menschen") als arbiträr empfunde~, als etwas, das auch einfach
nicht hätte passieren müssen. Wegen. dieser Wahrnehmung nehmen
di M nschen die Konsequenzen nicht ernst und versuchen, den
al~n S~nd der Dinge wiederherzustellen. Wenn sich der Akt jedoch
wiederholt, wird er endgültig als Ausdruck einer zugrundeliegen-
den geschichtlichen Notwendigkeit wahrgenommen. Mit anderen
Worten: Die historische Notwendigkeit überzeugt das „Dafürhalten"
(erst) durch die Wiederholung.
Solch eine Vorstellung von Wiederholung basiert jedoch auf
der epistemologisch naiven Voraussetzung einer objektiven his-
torischen Notwendigkeit, die unabhängig vom Bewusstsein (vom
„Dafürhalten der Menschen") besteht und sich letztlich mithilfe
der Wiederholung durchsetzt. Dabei wird übersehen, dass sich die
ogenannte historische Notwendigkeit durch eine Verkennung kon·
tituiert, durch das ursprüngliche Scheitern des Dafürhaltens",
ihren _wahren C~arakter anzuerkennen - es geh; also verloren,
da die Wahr~e1t aus der Verkennung hervorgeht. Der entschei-
d~nde Punkt 1st der veränderte symbolische Status eines Ereig-
ni : Wenn es zum ersten Mal auftritt, wird es als kontingente
auma erfahren , a1s Ein • d ringen
• •
eines nicht-symbolisierten Rea-
1 • t durch. die Wiederhol ung wir · · als symb0-
• d d.1eses Ere1gn1s
11• 1 nd1~ an_ rkannt - es findet einen Ort im symboli chen
, notw
tz ; wird 1n der symb 0 1· h b•
1 J ··1t •1 h • d . isc en Ordnung reali iert. Da ei
• d J ° wi mit Freuds Analyse von Mo e . Die. e n·
ng- ui 11-W1 d rhol
1 n d ung 8 tzt notwendig rw i e ein
or I au • m 1• h 8 lb . 1·
..,...,.,,-ig it al 1-I rt • . st 1n s in r mbo 1
1iaftstit l - zu b haupt n, mu t a ar

)
al 1npiri h P t on aus Fl i h und Blut st rben, gerade weil die
b t ot ndigk i t" y1nbolieh ist.
i ht nur, ar d~ Er igni (etwa Caesars Machtanhäufung) in sei-
n r r t n Er che1nungsform zu traumatisch, als dass die Menschen
in B d utung _hätten_beg~eifen können - die Verkennung die-
r r t n Er che1nung 1st seiner symbolischen Notwendigkeit un-
1nittelbar immanent", sie ist die unmittelbare Bedingung dafür,
da die es Ereignis schließlich anerkannt wird. Der erste Mord
(der Vatermord an Caesar) rief ein Schuldgefühl hervor, und die-
e Schuldgefühl, diese Schuld war letztlich die treibende Kraft der
,f\Tiederholung. Das Ereignis wiederholt sich nicht aufgrund einer
objektiven Notwendigkeit, die unabhängig von unserer subjektiven
eigung und daher unvermeidlich war, sondern weil seine Wieder-
holung unsere symbolische Schuld tilgt.
Die Wiederholung kündigt, in anderen Worten, die Ankunft des
Gesetzes an, nämlich den Namen-des-Vaters, der an die Stelle des
toten, ermordeten Vaters tritt: Das Ereignis, das sich wiederholt,
empfängt sein Gesetz nachträglich durch die Wiederholung. Deshalb
können wir die Hegel'sche Wiederholung als einen Übergang von
einer rechtlosen Reihe zu einer rechtsförmigen Reihe verstehen, als
Inklusion einer rechtlosen Reihe - als Deutungsgestepar excellence,
als symbolische Aneignung eines traumatischen, nicht-symbolisierten
Ereignisses (Lacan zufolge verfährt die Deutung immer im Zeichen
des Namens-des-Vaters). Demzufolge war Hegel wohl der Erste, der
die Verzögerungartikuliert hat, die den Deutungsakt konstituiert: Die
Deutung kommt immer zu spät, mit etwas Verzögerung, wenn das zu
deutende Ereignis sich bereits wiederholt; das Ereignis kann bei sei-
ner ersten Ankunft noch nicht rechtsf örmig sein. Dieselbe Verzöge-
rung wird auch in der Vorrede von Hegels Grundlinien der Philosophie
des Rechts beschrieben, und zwar im berühmten Abschnitt über die
ule der Minerva (das philosophische Begreifen einer bestimmten
poche), die erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug
b ginnt, nachdem die Epoche bereits ihr Ende erreicht hat. 14
Dass das Dafürhalten der Menschen" Caesars Taten als indi idu-
II konting "nt und nicht als Ausdruck einer historis h n ot ndig-
k it an ah, b d ut t also nicht infach, das „ ich da B u t in
hin i htli h d r Wirkung v rzög rt hat : D r Punkt i t, da di
otw ndigk it _ di in ih1 r rst n Manifi tation vo1n Dafürhalt n

101
. t 1~ ig nsinn missv r tand n wurct
I konung n d . kl. h e ....
rk nnt 1 o a konstituiert un verw1r ic t. s soll
• rk nn n . lb w· te
, i h durc}i d 1 • ht uberras
.. h n dass wir diese
,
1 derholung
s„
un d 1
a 1 r ni . h d psychoanalytischen Bewegung antreffen•
. • d h1 t er . 1p h .
l 111 . B h mit der Internat1ona syc oanalyticaI
t inen ruc (. J h 1
La a°: ~u ) . d h len. Der erste Bruch im a re 953)WUrde
o iauon (IP wie er o
. h KO ntingenz erfahren.
n·1e L acan1aner.
versuch..
11 h al traumatl c e • d b •
. . d IPA auszusöhnen, um wie er e1treten zu kön..
t 11110 h
' 1
. h Jirut erl964 wurde auch ihrem ·
„ Da f··ur h a 1ten "kl ar, dass
n n Doch im a11re . . .h "'r. b. d
. • h .. · Daher kündigten sie 1 re ver 1n ungen mit
di er Bruc notig war. . .
d r IP auf und Lacan gründete seme eigene Schule.

Hegel mit Austen

Au ten nicht Austin. Vielleicht ist Jane Austen Hegels einzige


literari~che Entsprechung. Stolz und Voru:teil ~st die literarische
Phänomenologiedes Geistes; Mansfield Park die Wzssenschaf t der Logik
und Emma die Enzyklopädie ... Es ist daher kein Wunder, dass wir in
tolz und Vorurteildas perfekte Beispiel für jene Dialektik antreffen,
bei der die Wahrheit aus dem Verkennen hervorgeht. Elisabeth und
Darcy fühlen sich stark zueinander hingezogen, obwohl sie unter-
chiedlichen gesellschaftlichen Klassen angehören - er entstammt
einer extrem reichen und aristokratischen Familie, sie der verarm-
ten Mittelschicht. Aufgrund seines Stolzes erscheint Darcy seine
Liebe als unwürdig; als er um Elisabeths Hand anhält, gesteht er ihr
ganz offen, dass er ihre Welt verachtet, und erwartet von ihr, dass sie
einen Antrag als eine unwahrscheinliche Ehre annimmt. Doch auf-
grund ihre~ Vorurteils .nimmt Elisabeth ihn als großtuerisch, arro-
~ant eitel wahr: sein herablassender Antrag demütigt sie, und
1 weist ihn zurück.

Di d?ppelte Scheitern, dieses gegenseitige Verkennen hat die


u_kur mer ~oppelbewegung der Kommunikation, in der beide
u om J an~eren ihre eigene Botschaft in umgekehrter
?1P.ang n: bsabeth möchte sich Darcy als junge kultivierte,
1 1
~ au dar st ell n und empfängt die Botschaft da ie
l lll • l '
.. m .' g 1st os , von falscher Fine se erfüllt Kreatur
O
i B ht 1 h als ~tolz r G ntl man dar t 11 n und ~p-
, h ft, d 1n ·· d1g
„ tol z n1• l1ts al e a htung , ur
n ganz i t". . h d m End ihr r B zi hung ntdeck n b ide
dur h. in R 1h von Zufäll_ n di wahre atur d s jeweil ande-
r n - 1 ntd kt Dar ys s ns1bl s und zärtliches W sen, er entd ckt
ihr ,~ahr Würde und ihren Witz. Der Roman endet wie er enden
n1u nämli h mit ihrer Hochzeit. '
Was an dieser Geschichte unter einem theoretischen Gesichts-
punkt interessant ist, ist die Tatsache, dass das Scheitern ihrer
er ten Begegnung, das doppelte Verkennen der Natur des jeweils
anderen, gerade die positive Bedingung des Endergebnisses ist:
Wir können nicht direkt zur Wahrheit fortschreiten, wir können
nicht sagen: ,,Hätte sie bloß von Anfang an sein wahres Wesen er-
kannt und er ihres - ihre Geschichte hätte sofort damit geendet,
dass sie heiraten." Gehen wir von der komischen Hypothese aus,
dass die erste Begegnung der künftigen Liebenden erfolgreich
gewesen wäre und Elisabeth Darcys ersten Antrag angenommen
hätte. Was wäre passiert? Statt in wahrer Liebe verbunden zu sein,
wären sie ein gewöhnliches, normales Paar geworden, es wäre die
Liaison eines arroganten reichen Mannes mit einer prätentiösen,
geistlosen jungen Frau gewesen. Möchten wir uns den schmerz-
vollen, umständlichen Weg ersparen, der über das Verkennen
verläuft, dann verfehlen wir die Wahrheit: Nur indem wir das
Verkennen „durcharbeiten", können wir das wahre Wesen des an-
deren erkennen und gleichzeitig unsere eigenen Makel überwin-
den - Darcy konnte sich so von seinem falschen Stolz lösen, und
Elisabeth konnte ihre Vorurteile überwinden.
Diese beiden Bewegungen sind eng miteinander verbunden, da
Elisabeth in Darcys Stolz dem umgekehrten Bild ihrer eigenen Vor-
urteile begegnet und Darcy in Elisabeths Eitelkeit dem umgekehr-
ten Bild seines falschen Stolzes. Darcys Stolz ist also nicht einfach
ein positiver Zustand, der unabhängig von seiner Beziehung 1nit
Elisabeth existiert und eine unmittelbare Eigenschaft seines We en
ist. ur aus der Perspektive ihrer Vorurteiletritt er hervor und er-
eh int. Umgekehrt ist Elisabeth nur aus DarcysarroganterPer.pektive
in prätentiös s und geistloses Mädchen. Um die in hegeliani chen
B grift n auszudrücken: In dem Mangel, den ie im and 1 en ahr-
n hm n, nehmen beide- ohne es zu wiss n - die Fal chheitihrer eigenen
subjektivenPositionwahr, der Mang 1 des and ren i t hl_i ht di
g g n tändli ht ntst llung uns r r ig n n P 1 p kt1 ' •

10
Zw i h g liani he Witze
. . n bekannten, sehr hegelianischen Witz, der muster.
.1bt ine 1 1· ht wie die Wahrheit aus dem Verkennen her.
gu„ lu eransc iau ic ' h h • • d W
.8 • unser Weg zur Wa r eit mit er ahrheit
vorgeht da l1e1 t wie h h d .
"llt zu Beginn des Ja r un erts sitzen ich
lb t zu ammen f a • ··b
. d • J de in einem Zug gegenu er. Der Pole rutscht
1n Pole un ein u
nervos .. auf seinem · si·tz hin und her und betrachtet
. . den. Juden da.
.
b e1 unau or ic .
fh·· 1· h Irgendetwas irritierte ihn. . Schheßhch, er. kann
ich nicht länger zusammenreißen, explo~iert er: ,,S~gen Sie, wie
chafft Ihr Juden es, den Leuten noch die letzte Mu1:ze aus der
Ta ehe zu ziehen und so Euren Wohlstand zu akkumuheren?" Der
Jude erwidert: ,,Alles kla_r,ic~ werde. es Ihn~~ sagen, ~her das ist
nicht umsonst - geben Sie mir erst einmal funf Zloty. Nachdem
er den besagten Betrag erhalten hat, beginnt der Jude zu sprechen:
Zunächst nehmen Sie einen toten Fisch. Schneiden Sie den Kopf
ab, und legen Sie die Innereien in ein Glas Wasser. Sie müssen
dieses Glas dann bei Vollmond um Mitternacht auf einem Friedhof
ergraben ..." ,,Und dann," unterbricht ihn der Pole, ,,werde ich
dann reich?" ,,Nicht zu schnell," erwidert der Jude, ,,das ist noch
nicht alles. Jedoch müssen Sie mir erst fünf weitere Zloty geben,
wenn Sie den Rest hören wollen!" Nachdem er das Geld erhalten
hat, fährt der Jude fort und fordert nach einer Weile erneut Geld
ein. Dies wiederholt sich so oft, bis der Pole schließlich wütend an
di ~ecke_geht: ,,Sie niederträchtiger Halunke, glauben Sie etwa,
das 1:h 1: 1cht gem~rkt habe, was Sie hier machen? Es gibt gar kein

heim°:is, und Sie wollen mir einfach die letzte Münze aus der
a h ziehe_nl" ~er Jude kapituliert und antwortet ihm ruhig:
a, hen Sie, wie wir Juden ... "
~II anbd~e er kleinen Geschichte kann gedeutet werden, an·
J; ng n 1m • •
j.- ....-.- BJ. k b ndugierigen und ausforschenden Blick de Polen.
• J ut t dass d p 1 . .
bn-r9-,~,.,. } • ' er O e von Anfang an lil e1ne 1
gung. z1 hung steckt· F.. 'h d
„ w·
t d · ur 1 n verkörpert der Jude a
~--·•--·~ ii J mld I unt rst llt wird' - das Wis n wi man den
d n p alun .r,Ta h zi ht. Die Point i t natü1 li h da
ni it g r·
1 u d ·1 l • aus 1lt hat: Er hat in r pr h n
I im I b a lt . .
1
zi I t. Hi b i i t d'1 ~' wi man L ut n ihr ld u d
0
PP lb w gung d r bni nt·
h id nd - di Di tanz zwi h n d m Wutau bru h d Polen nd
d r nt\ ort d Jud n. D r Pol gt b r it di Wahrheit wenn
r wüt nd hr it: ,E gibt gar kein G heimnis, und Si woll~n mir
infa h di 1 tzt Münze aus der Tasch ziehen!" Er erkennt al 0
da d : Jud_ ihn_manipuliert und bloß getäuscht hat. Was er je:
do h nicht 1eht, 1s~, dass der Jude durch diese Täuschung ein
Wort gehalten und ihm das gegeben hat, wofür er bezahlt hat (das
Geheimnis, wie die Juden ... ). Der Irrtum des Polen liegt allein in
einer Wahrnehmung: Er wartet darauf, dass sich das „Geheimnis"
irgendwann am Ende offenbart; er begreift die Erzählung des Ju-
den als Weg zur endgültigen Enthüllung des „Geheimnisses"; doch
das wahre „Geheimnis" liegt in der Erzählung selbst: darin, wie
der Jude das Begehren des Polen durch seine Erzählung verein-
nahmt, darin, wie der Pole von dieser Erzählung aufgesogen wird
und dazu bereit ist, dafür zu zahlen.
Das „Geheimnis" des Juden liegt also in unserem eigenen Begeh-
ren (beziehungsweise in dem des Polen): darin, dass der Jude weiß,
wie er unser Begehren berücksichtigen muss. Deshalb kann man
auch sagen, dass die letzte Wendung der Geschichte mit ihrem dop-
pelten Twist dem Ende der psychoanalytischen Behandlung ent-
spricht, bei dem die Übertragung aufgelöst und das „Phantasma
durchquert wird". Mit seinem Wutausbruch ist der Pole bereits aus
der Übertragung herausgetreten. Er muss aber noch sein Phan-
tasma durchqueren - und das kann er nur, wenn er versteht, wie der
Jude sein Wort gehalten hat, indem er ihn getäuscht hat. Das fas-
zinierende „Geheimnis", das uns dazu antreibt, der Erzählung des
Juden ganz genau zu folgen, ist Lacans objetpetit a, das chimärische
Objekt des Phantasmas, das Objekt, das unser Begehren auslöst und
gleichzeitig - darin liegt das Paradox - von diesem Begehren nach-
träglich gesetzt wird. Indem wir unser „Phantasma durchqueren ,
rfahren wir, dass das Objekt des Phantasmas (das ,Geheimni )
nur die Leere unseres Begehrens materialisiert.
in w iterer bekannter Witz hat, was für gewöhnlichjedo h über-
.. h n wird, die gleiche Struktur. Damit meinen wir elb t ~r tänd-
h h d n Witz über die Tür des Gesetz s im neunten Kap1t l on
Kafka Prozes. In d r letzt n W ndung fragt d r t rb nd nn
01 Land d n ürhüt r:

10„
t ,, agt d r Mann, ,,wie o k mmt es, daß in d
11 t r b n do h na h d m . E~ 'laß verlangt hat." D r Türhüter erkennt den 1
" · d ß r 1nu qn , aß (
\ i 1 11Jahr n 111 inan au . d n s in vergehend s Gehör noch zu errei· h
E d I l un u1 c en
d r Ylann h 11 ari:i 11 • d sonst Einlaß erl alten denn dieser Eing
brüllt r ihn an: ,,Ht r konn 1 ;11~anj tzl und schließe ihn." ir. ang
war nur für Dich b Li1nmt.Ic 1 ge 1e
j
. p . t deckt sich vollständig mit derjenigen am Ende des ]
D1. e .?bin„ed p len und den Juden: Das Subjekt erfährt, wiees.
Witz . u ht en) ° Anfang an Teil des Spie · ls war, wie• d er Eingang
·
( in B ge ren von . d E "hl
.. ,. lb t bestimmt war, wie es in er rza ung nur darum
nur f Ul e e
. d B hren zu vereinnahmen.
w· k''
1r onnten uns sogar ein
ging a ege k . d
n ue Ende für Kafkas Geschichte ausde~ en, um sie em Witz
über den Polen und den Juden noch ähnlicher zu machen: Nach-
dem er bereits lange gewartet hat, hat der Mann vo~ Lande einen
Wutausbruch und beginnt, den Türhüter anzuschreien: ,,Du elen-
der Halunke, warum tust Du so, als bewachtest Du den Eingang zu
irgendeinem großartigen Geheimni~, w~n~ Du ganz ?enau weißt,
da hinter dem Eingang kein Geheimnis hegt, dass dieser nur für
mich bestimmt ist, dass er mein Begehren vereinnahmen soll!" Der
Türhüter würde darauf (wenn er Analytiker wäre) ruhig antworten:
„Siehst Du, Du hast das wahre Geheimnis entdeckt: Hinter der Tür
liegt nur, was dein Begehren dort einsetzt ... "
In beiden Fällen folgt diese Pointe Hegels Logik, die „schlechte
Unendlichkeit" zu überwinden und abzuschaffen. In beiden Fällen
i t der Ausgangspunkt also derselbe: Das Subjekt wird mit einer
ubstantiellen Wahrheit konfrontiert, mit einem Geheimnis, von
dem es ausgeschlossen ist und das sich ihm ad infinitum entzieht -
das unzugängliche Herz des Gesetzes, das hinter einer unendlichen
Reihe von Türen liegt; die letzte Antwort, die unerreichbar ist, das
letzte Geheimnis, durch das die Juden uns das Geld aus der Tasche
zi_hen,.?as irgen~W:o_a~ Ende der Erzählung des Juden liegt (und
die e ~onnte ad infinztum forterzählt werden). In beiden Fällen ist
a~~h d!e Lösung ~ie ~leiche_:Das Subjekt muss begreifen, dass die
, di das Geheimnis verbirgt, von Anbeginn nur für es selb t be-
~m°:t war, dass das G~heimnis am Ende der Geschichte des Juden
1
. n ig n 8 B gehren ist - kurz, dass die eigene Position die -oi-a·
Vl d m And . •• ß er 1ic
n au • h ist
• (dass es sich also so erfährt ' al ei e
om . h 1mn1s . d .8 And ren ausgeschlossen), 1n . den Anderen' •
ein·
g , }1 1 1 n 1st • Wir hab n 8 h'1 r mit• einer · · • "t
Art von „Refle 1v1ta

]
zu tun di ni ht auf eine philosophische Reflexion red •
d. E. . uz1ert wer-
n kann: G nau 1e igensc 11aft, die das Sub1ekt vom And
d . ( . B h J eren
u zu chli ß n ch emt sein ege ren, das Geheimnis des A d
a d G h . . n eren
zu durchdr~ngen - . as . e e1mn1s ~es Gesetzes, das Geheimnis der
Juden ...) 1st b~re1ts eine „Reflexionsbestimmung" des Anderen.
Dadurch dass wir vom Anderen ausgeschlossen sind, sind wir be-
reit Teil seines Spiels.

Eine Zeitfalle

Man muss die Positivität der Verkennung - nämlich dass sie eine
produktive" Instanz ist - noch radikaler verstehen: Sie ist nicht
nur eine immanente Bedingung dafür, dass die Wahrheit letztlich
eintritt, sondern besitzt sozusagen schon an sich eine positive onto-
logische Dimension. Sie begründet und ermöglicht eine gewisse
positive Entität. Greifen wir, um das zu veranschaulichen, erneut
auf die Science-Fiction zurück, und zwar auf Robert A. Heinleins
klassischenScience-Fiction-Roman Die Tür in den Sommer.
Die Ausgangssituation dieses 1957 erschienenen Romans ist, dass
es im Jahre 1970 gängige Praxis ist, Menschen einzufrieren. Diverse
Agenturen bieten dieses Verfahren an. Der Held, ein junger Inge-
nieur namens Daniel Boone Davis, fällt einem Betrug zum Opfer
und lässt sich daraufhin für dreißig Jahre einfrieren. Als er im
Dezember 2000 wieder erwacht, trifft er - während eines seiner vie-
len Abenteuern - den alten Doktor Twitchell, gewissermaßen ein
„verrücktes Genie" der eine Zeitmaschine entwickelt hat. Davis
'
überzeugt Doktor Twitchell davon, die Maschine zu benutzen und
ihn ins Jahr 1970 zurückzuschicken. Dort regelt unser Held all
eine Angelegenheiten (er investiert Geld in eine Firma, von der
er - durch seine Reise ins Jahr 2000 - weiß, dass sie in d~eißi~ Jah-
ren erfolgreich sein wird, und kümmert sich sogar um seine ei~ene
Hochzeit im Jahr 2000, indem er die Einfrierung sein_erkünftigen
Braut regelt). Daraufhin friert er sich selbst abermals ein und wacht
dr ißig Jahr spät r, am 27. April 2001, wieder auf.
nd gut, all s gut - doch ein kleines D tail stört un ren H Iden:
Im Jahr 2000 v röffi ntlichen die Zeitungen neben d n „Geburt -
,, rau -" und „Ho hz itsanz igen ' au h in Kol_umn üb r ,, ~-
wa h n ', in d r di Nam n all r Mens hen aufg h t t ,v rd n, di

107
. wa ht s1n •
s
in erster Auf enthalt in d n J h
. d
00 b' . a.
a 1. d r Einfn rung er
d erte von Dezember 20 1s
• zum Juni 2001·
2000 und 2001 au t nach seinem zweiten Erwachen. '
t n h ihn also ers . im
Doktor Twit hell at h 't geschickt. In der Tzmes vorn Sam.
Pril 2001 in die Vergangenh ei •n Name natürlich auf der Liste des
-·12001,taue t sei . r
tag d n 2 • Apt 1 ·1 achten Personen auf. ,,D. B. Davis"
• d 27 Apr1 ' erw • J h 20 .
ain Fr 1tag en•·1 • n d seines
. ersten Aufenthalts 1m a r 01 seinen
Waru1n hat er wa 1re d Erwachten" übersehen, obwohl er ein
• en unter en " 'h
1genen am d' Kolumne war? Hat er 1 n nur zufällig
auftnerk a111erLeser ieser
über ehen?
.. • l1 tan wenn ic . 11 1'h n ge sehen hätte? Hätte ich mich selbst . h aufgesucht-
.
Wa hatte •1cl dge ' erruc .. kt geworden?. Sicher nicht. Denn wenn ic mich gesehen
und wäre ic 1 ann _v d' 0 . getan die ich danach (,,danach" für mich) getan
.. 0 l1 .. 1• h nicht ie 1nge ' .
hatte, att~ ~. t dazu geführt haben. Es kann daher keinesfallsso
hätte und die uberhaupt ers . db k hl .c . .
• K trolle ist eine negative Fee ac sc e11e mit emge-
tattgef unden haben. Die on
. , d
. k
die bloße Existenz dieser gedruc ten e1 e 1ng davon
z ·1 h'
bauter „Sicherung - enn . . .. 1· hk . d .h .
• h • •
ab, dass 1c sie n1c t gesh ehen habe·.' die offensichtliche
.. . Mog
. 1c
" • e1t, ass
h • sie
1c
ge eh en h aben konn„ t e, 1·sr ei·ne ist eine der " Unmoghchkeiten
. . , die durc die Bau- ,
wei e der Schaltung ausgeschlossen sind. ,,Eine Gotthe1~ fo~mt _uns_reZwecke,wie
wir ie auch entwerfen." Der freie Wille und die Prädestination 1n einem Satz,und
beide sind wahr. 16

Da ist die wörtliche Definition vom „Drängen des Buchstaben im


Unbewussten": ,,denn die bloße Existenz dieser gedruckten Zeile
hing davon ab, dass ich sie nicht gesehen habe". Hätte der Protago-
ni t seinen eigenen Namen bereits während seines ersten Aufent-
halts im Jahre 2001 in der Zeitung wahrgenommen - hätte er also
während seines ersten Aufenthalts die Spuren seines zweiten Auf-
enthalts im selben Jahr gefunden-, dann hätte er anders gehandelt
( r wäre nicht in die Vergangenheit gereist und so weiter): Er hätte
al O auf eine Weisegehandelt, die verhindert hätte dass sein Name in der
Z itung _auftauc~t.Da~ Übersehen hat also so;usagen eine negative
on o]ogis h Dimension: Dass wir ihn übersehen und nicht wahr·
n hm n, i t di „Bedingung der Möglichkeit' des Buch taben •
bl ß xi t n h „ d
• , z a.ngt .avon ab, dass er vo1n Subjekt nicht ge -
n~.. ha nd lt 1 h h1 r g wiss rmaßen um die Umkehrun
r d1 1 n II n e se - per ipi: Da
11 • ,
1 11 1 1
non -perci•p.i 1• t 1e B din ·une1 a·
nb u t ( • lt mu man d_ n „präontologi eh n tatu_ d~)
1
n wi von La an 1n 1ninar I b hri b n ird

]
auf di ? r ifi n: D.a . nb wu t ist in paradoxer Bu h-
,t b d nur in ofi rn zn i tzert, als er auf ontologis her Eben
ni ht "· ti rt.
v\ ir kön~t n d 1: tatus des W~ssens in der Psychoanalyse auf die
·l i h W 1 b t1mmen. Das Wissen, das hier am Werk ist, betrifft
da intim t traumatischste Sein des Subjekts, es ist ein Wissen über
di p zifi h Logik seines Genießens. In seinen Alltagshandlungen
b zieht ich das Subjekt auf die Objekte seiner Umwelt* wie auf eine
gebene Positivität; die Psychoanalyse ruft die schwindelerregende
Erfahrung hervor, dass diese gegebene Positivität nur insofern exis-
tiert und ihre Konsistenz wahrt, als andernorts (an einem anderen
Schauplatz* 19 ) ein fundamentales Nichtwissen insistiert - sie ruft die
furchterregende Erfahrung hervor, dass wir unser Sein verlieren
könnten, wenn wir zu viel wissen.
Betrachten wir etwa Lacans Begriff des imaginären Ichs: Dieses
existiert nur, insofern es seine eigenen Bedingungen verkennt; es
ist Effekt dieser Verkennung. Lacan betont also nicht die angebliche
Unfähigkeit des Selbst, seine eigenen Bedingungen zu reflektieren
und zu begreifen - als wäre es der Spielball unbegreiflicher unbe-
wusster Kräfte. Sein Punkt ist vielmehr, dass das Subjekt für eine
solche Reflexion womöglich mit dem Verlust seiner ontologischen
Konsistenz bezahlt. In diesem Sinne ist das Wissen, dem wir uns in
der Psychoanalyse nähern, unmöglich-real: Wir bewegen uns auf
unsicherem Grund. Kommen wir ihm zu nah, merken wir, wie sich
unsere Konsistenz und Positivität auflöst.
In der Psychoanalyse ist das Wissen von einer tödlichen Dimen-
sion geprägt: Nähert sich das Subjekt dem Wissen, so muss es mit
seinem Sein bezahlen. Die Verkennung zu beseitigen bedeutet also,
die „Substanz" abzuschaffen und aufzulösen, die sich angeblich
hinter der Formillusion der Verkennung verbarg. Lacan zufolge
i diese „Substanz" - die einzige, die von der Psychoanal e an-
rkannt wird - das Genießen (jouissance): Man bezahlt den Zugang
zum Wis n damit dass man sein Genießen verliert - die e i t in
all in r Blödh it 'nur auf Basis in s Nichtwis n , in r Ignoranz
1 ögli h. s ist also k in Wund r, da s d r nal and oft p ranoid
auf d n Analytik r r agi rt: Ind m di s r j n ? dazu ~1 ibt, i~1
B g 1 n k nn nzul n n, will ihm d r nal uk 1 gl 1 h n1 1-
n i tün n hatz t hl n, d 1 1 rn ni ß 11 •

109
Da
mptomals da Reale

Di Titanical mptom
. . lb t in die Zukunft zu überhol n und gle· h
Di D1a~ekt1kun seh s_t nachträglich zu modifizieren - das h1~ß-
. • d Vergangen e1 e1t
z 1ug . 1 . d h die der Irrtum in die Wahrheit eingeschr·
in Dialektik, urc . . . 1 . h . ie.
. d d' •u: kennung eine positive onto ogisc e D1mensio
b n 1 t un ie ver . 1 „ b . n
. h . d h ihre Grenzen; sie sto pert u er einen Fels der
be itzt - at Je oc „ dl. h d '
. b . ht oi·eser Fels ist selbstverstan 1c as Reale, das der
1 unter r1c • · h p k d •
. . ,.,
1n b O11 1erung \v 1
·dersteht· '
der traumausc e. un t, er unmer .
ver•
r · d d doch wiederkehrt, obwohl wir - durch verschiedene
1 11
1 1 t wir un . • d · d·
trategien _ versuchen, ihn zu neutrahs1eren u~ 1n 1e symbolische
Ordnung zu integrieren. In der letzten Phase se1ner_Lehre hat ~acan
da Symptom als einen ebensolchen_ Kern de~ Gemeßens begriffen,
der als Überschuss fortbesteht und immer wiederkehrt - trotz aller
Versuche, ihn zu domestizieren, zu gentrifizieren (wenn es erlaubt
i t, diesen Begriff zu nutzen, der die Strategien beschreibt, Slumsals
mptome" unserer Städte zu domestizieren) und ihn dadurch auf-
zulösen, dass man ihn expliziert und seine Bedeutung in Worte fasst.
Betrachten wir, um den Bedeutungswandel, den der Begriff des
ymptoms in Lacans Lehre durchlaufen hat, zu verdeutlichen, nun
einen Fall, dem heute wieder vermehrt öffentliche Aufmerksam-
keit zukommt: der Untergang der Titanic. Selbstverständlich ist es
bereits zu einem Gemeinplatz geworden, die Titanic als Symptom
i~ Si~e eines „Bedeutungsknotens" zu lesen: Der Untergang der
Titan~~~atte ~rau1:11atische Auswirkungen, er war ein Schock. ,,Das
nmoghc~e 1~t eingetreten", das unsinkbare Schiff ist gesunken;
?er Pun~t ist Jedoc.h, dass der Schock des Untergangs an den1für
ihn be~trmmten Zeitpunkt eingetreten ist - es war nur eine Frage
de. Z'-'1t"• • ?ch b evor der Untergang eingetreten " ist gab es bereit•
in n Platz im Raum des Phantasmas, der für ihn ~eserviert war.
nt rgang ~atte gerade deshalb eine so starke Wirkung auf
,, 11 hafth he Imag· •• " - . d ·
J J„ ffi d k inare , we11 man ihn erwartet hat un ei
n xa t vorh rgesagt wurde:
3111 d r rfolg 1 A "bef
11 n · Ll nt 1· . . utor Morgan Roh rt 011 einen Ron1anu .
1 n 1 n l11•ff , d größ r , ar al alle wa bi• dahin
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Futility,al 11n „lb n Jahr 11:n Vi r~a? v n M. F. M n fi ld v öffi nt]ich wurde.
i rz hn J hr I '-t r baut_ 1n b 1t1 h R d r i nam n Whi e ar Lin ein
Dampf hiff d d m S h1ff au Roh L on Roman v rblüffi nd ähnlich war.
hatt in Wa rv rdrär gung von 66.000 Tonnen, Rob rt on s hiff ha te eine
a r rdrängung ?n 70.0?0 Tonnen. Da echte Schiff war 269 :Meter lang, da
fikti 244 Met r. Beide Schiffe waren Dreischrauber und ließen eine Geschwin-
digk it bi zu 25 Knoten zu. Beide konnten bis zu 3.000 Personen befördern und
trugen nur einen Bruchteil der nötigen Rettungsbote für diese Menge. Das schien
jedoch egal zu sein, da beide Schiffe als „unsinkbar" galten. Am 10. April 1912ver-
ließ da echte Schiff Southampton und trat seine Jungfernfahrt nach ~ew York an.
lln Frachtraum befand sich ein unbezahlbares Exemplar der Rubai'yat von Omar
Chayyam, und die Passagiere besaßen ein gesammeltes Vermögen von rund 250
~lfillionen US-Dollar. Auf seiner Überfahrt stieß es mit einem Eisberg zusammen
und ging in einer kalten Aprilnacht unter. Robertson nannte sein Schiff Titan; die
White Star Line nannte ihres Titanic. 20

Ursache und Hintergrund dieses unglaublichen Zufalls sind nicht


schwierig zu erraten: Bereits zur Jahrhundertwende war es Teil des
Zeitgeist~, dass eine bestimmte Ära zu Ende ging - die Ära fried-
lichen Fortschritts sowie klarer und stabiler Klassenunterschiede
und so weiter: also die lange Ära zwischen 1850 und dem Ersten
Weltkrieg. Neue Gefahren lagen in der Luft (die Arbeiterbewegung,
nationalistische Bestrebungen, Antisemitismus, ein drohender
Krieg), die das idyllische Bild der westlichen Zivilisation bald trüben
und ihre „barbarischen" Potentiale entfalten sollten. Und wenn es
um die Jahrhundertwende ein Phänomen gab, das das Ende dieser
Ära verkörperte, so waren es die großen transatlantischen Passagier-
schiffe: schwimmende Paläste und Wunder des technischen Fort-
schritts; äußerst komplizierte, wohlf unktionierende Maschinen und
gleichzeitig ein Treffpunkt der Creme de la Creme;eine Art Mikrokos-
mos der gesellschaftlichen Struktur, ein Bild nicht des Zustands der
Gesellschaft, wie sie war, sondern wie sie gesehen werden wollte um
sympathisch zu erscheinen, nämlich als stabile Totalität mit klar de-
finiert n Klassenunterschieden und so weiter - kurz: das Ich-Ideal
d r G sellschaft.
D r nt rgang der Titanic hatte also nicht _wegen der_ unmittel-
l ar n materi 11n Ausmaße der Katastroph einen ol h 11n1nn n
f[i kt, sond rn w g n sein r symbolischen Üb rd t r1nini run ,

111
ng der r·tanic: E wurd al
• h n Be d eu tu • h ' t'Ylll•
11 d r id olog1s . t und metaphor1s e ep ä nt
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chaft ab. . d G . plätze die in jeder Berichterstattung über die
All das s1n emein ' . • .
. . f ht _ so können wir auch ganz leicht die metapho-
Tztanic au taue en .. · d T· · · .
. b
u··
r1sche er e erd t minierung erklaren, die
. . er itanic . ihr symboh-
.
ches Gewicht verlieh. Das Proble1? 1st Jed?ch, dass dies rucht alles
i t. Das zeigt sich schon, w~nn ':1r uns die Fotos vom Wrack der
Titanic anschauen, die kürzlich mit Unterwasserkameras aufgenom-
men wurden - worin liegt die fürchterliche Macht, mit der diese
Fotos ihre Faszination ausüben? Es ist sozusagen intuitiv klar, dass
diese faszinierende Macht nicht durch die symbolische Überdeter-
minierung und die metaphorische Bedeutung der Titanic erklärt
werden kann: Letzten Endes ist sie keine Repräsentation, sondern
gewissermaßen eine träge Präsenz. Die Titanic ist, mit Lacan ge-
sprochen, ein Ding: Der materielle Überrest, die Materialisierung
einer furchterregenden und unmöglichen jouissance. Betrachten wir
das Wrack, so erhaschen wir einen Blick auf ein verbotenes Areal,
auf einen Raum, der ungesehen bleiben sollte: Die sichtbaren Frag-
ment~ sind geronnene Relikte des Flusses der jouissance, eine Art
erste1nerter Wald des Genießens.
Der furchterregende Effekt hat also nichts mit Bedeutung zu
t~n - oder, um genau zu sein, es handelt sich um eine Bedeutung,
di vom Genießen durchdrungen ist, um eine Lacan'sche1·ouis•sen se.
. a Wra k .der y·itanic• f ung1ert
• also als erhabenes Objekt: al po1••
1
l10,bmaten. 11s Ob1Je kt , das in
• d en Status des unmöglichen Ding • es
n wi d. Vi ll icht sind all die Versuche die m taphori ehe
d u tung d r T •t • • . ' d
f; I1 Li.-... i a~zc zu art1kuheren,
..... nicht al Ver uche, ei~
g nd n i ff kt d D • u·
zi r ind m mgs zu entrinnen und e zu dorned
auf in n symbolisch n tatu reduziert un
ilun ein Bedeutung verleiht. Gewöhnlicherweise gehen wir davon
au da die ~asz~nierende Präsenz eines Dings dessen Bedeutung
erdunkelt; hier 1st gerade das Gegenteil der Fall: Die Bedeutung
, erdunkelt den furchterregenden Effekt seiner Präsenz.

Vom Symptom zum Sinthom

Das also ist das Symptom - und wir müssen auf Basis dieses Symp-
tombegriffes klären, wie Lacan in den letzten Jahren seiner Lehre
das Symptom universalisiert: Gewissermaßen wird alles zum Symp-
tom, sodass letztlich sogar eine Frau zum Symptom des Mannes
"'rird.21 Wir können sogar behaupten, dass das „Symptom" Lacans
endgültige Antwort auf die ewige philosophische Frage ist: ,,Warum
gibt es etwas und nicht nichts?" Tatsächlich ist das Symptom dieses
,,Etwas", das „ist" und nicht nichts ist.
In philosophischen Diskussionen bezieht man sich für gewöhnlich
auf das Dreieck Welt-Sprache-Subjekt, auf das durch die Sprache
vermittelte Verhältnis zwischen dem Subjekt und der Objektwelt.
Üblicherweise wirft man Lacan seinen „Absolutismus des Signifi-
kanten" vor - er beachte die objektive Welt nicht und beschränke sich
in seiner Theorie auf das Wechselspiel von Subjekt und Sprache;
so, als existiere die objektive Welt nicht, als sei sie bloß der imagi-
näre Effekt/ die imaginäre Illusion des Signifikantenspiels. Lacans
Antwort auf diese Kritik lautet jedoch, dass nicht nur die Welt - als
gegebene Gesamtheit von Objekten - nicht existiert, sondern dass
auch Sprache und Subjekt nicht existieren: Es ist bereits eine klas-
sische These Lacans, dass „der große Andere (also die symbolische
Ordnung als konsistente und geschlossene Totalität) nicht existiert
und dass das Subjekt mit einem g (einem durchgestrichenen und
blo kierten S) bezeichnet wird: Es ist eine Lücke, eine Leerstelle in
der Struktur des Signifikanten.
An dieser Stelle müssen wir uns selbstverständlich eine naive und
do h notwendig Frage stellen: Wenn Welt, Sprache und Subjekt
ni ht xisti r n, was existiert - oder, genau r, was verleiht d n e i -
ti nd n Phänom n n ihr Konsistenz? Wie b reit anged utet,
laut t La ans Antwort darauf: das Sy1npto1n. Wir 1nü n di anti-
J~ostt1 ukturalistis h Emphas erm s n, die i~ die r 1 n rort
h gt: Di f unda1n ntal t d Poststrukturah n1u i t , j d

11
uieren und hinter ihr r soli'd
• "t zu d ek011 Str •• n
~ub t nti 11 Id nuta . 1 yinbolischer Uberdeterminieru
· We hselsp1e s . .. . . ng
l ... n i t n in . b tantielle Jdenutat in einem etzwek
k z die su s . r
1 nttarn n u~ ' d differentieller Beziehungen aufzulöse .
ni ht- ub tantl 111 un . t das notwendige Gegenstück zu di'n,
~iff d rnptoms 1s . e-
d r B gi S tom ist die Substanz des Gerueßens, de
r \Tor t llung. Ddas hymp m das Wechselspiel der Bezeichnung/
Tahr I rn u1n en eru n
trukturi. rt i t.'k d' · •
Universahs1erung d es Symp t oms b egre1fen ·
1n die Log1 ieser . · U · · •
.. .. wir sie mit einer weiteren n1versahs1erung
u konnen mussen . . d
. d
, rbin en, nam 1 .. l'ch mit der Universahs1erung
. .
er Verwerfung;-.
. .
In
.
einem unvero•·f·.centlichten
1
1 ..
Seminar spricht Jacques-Alain Miller

• 111
1ro · ch erweis • e von einem Ubergang von .. der. speziellen zur. allge-
· ,rerwerfungstheorie (selbstverstandhch handelt es sich da-
meinen v• •• d
bei um eine Anspielung auf Einsteins Ubergang von er speziellen
zur allgemeinen Relativitätstheorie). 22 Als Lacan d~n Begriff der
erwerfung in den 1950er-Jahren einführte, sollte dieser das spezi-
fi ehe Phänomen des Ausschlusses eines Schlüsselsignifikanten
(point de capiton, Name-des-Vaters) aus der symbolischen Ordnung
bezeichnen, was zu einem psychotischen Prozess führen kann; hier
war die Verwerfung noch keine Eigenschaft von Sprache über-
haupt, sondern eine spezifische Eigenschaft psychotischer Phäno-
mene. Was aus dem Symbolischen verworfen wird, so Lacan mit
Rückgriff auf Freud, kehrt im Realen wieder - etwa in Form von
Halluzinationen.
In den letzten Jahren seiner Lehre verleiht Lacan der Verwer-
fung jedoch eine universelle Geltung: Eine gewisse Verwerfung ist
?er_Ordnung des Signifikanten eigen; eine symbolische Struktur
i t immer um eine gewisse Leerstelle herum strukturiert sie im-
pliziert_die Verwerfung eines gewissen Schlüsselsignifikadten. Die
mboh ehe Struktur der Sexualität impliziert, dass ein Signifikant
d ..• • ~l hterverhältnisses fehlt, dass es kein Geschlechterver-
haltn1s gibt" ' dass d as G eschl ec h terverhältn1s
" · nicht
· • • 1·t
symbohs1e
. ?
1
1st1
nJ kann - dass es sich dabei um ein unmögliches
l y; rhält • h .
antago-
' " .
• r .. nis andelt. Um die Verbindung dieser beiden
n1 a 1i 1 run gen b gre 11
•ren, müssen wir nur die folgen de
A ... zu
u ag rn ut b tra hte . D . .
01 n wurd k . n. asJenige, ,,was vom Symbolischen ver-
' 1irt im Realen als Sy1npto1n wieder _2s Die Frau
ri ti rt ni ht, _ihr ignifikant wird ursprüngli h v rworfi n, und
d halb k hrt 1 als Symptom d s Mannes wi der.
Da y1nptom als das Reale zu fassen, scheint der klassischen
Th La ans zu widersprechen, der zufolge das Unbewusste wie
eine Sprache strukturiert ~st: Ist das Symptom nicht das symbolische
Gebilde par excellence, eine verschlüsselte, kodierte Botschaft, die
n1an dur~h Deutung auflösen ~ann, da sie an sich bereits ein Sig-
nifikant ist? Ist Lacans Punkt nicht gerade, dass wir hinter der kör-
perlich-imagi~ären Maske (etwa dem hysterischen Symptom) deren
symbolische Uberdeterminierung auffinden müssen? Um diesen
scheinbaren Widerspruch aufzulösen, müssen wir die verschiede-
nen Stufen in Lacans Entwicklung berücksichtigen.
Wir können den Begriff des Symptoms als eine Art Indiz oder
Index nutzen, der uns helfen kann, die Phasen von Lacans theore-
tischer Entwicklung zu unterscheiden. Zu Beginn der 1950er-Jahre
·wurde das Symptom als symbolisches Signifikantengebilde begrif-
fen, als eine Art Chiffre, als codierte Botschaft, die an den großen
Anderen gerichtet war, der ihr später seine wahre Bedeutung ver-
leihen sollte. Das Symptom tritt dort auf, wo die Welt scheitert und
der Kreislauf der symbolischen Kommunikation unterbrochen ist:
Es ist eine Art „Fortsetzung der Kommunikation mit anderen Mit-
teln"; das gescheiterte, verdrängte Wort artikuliert sich in einer
kodierten, verschlüsselten Form. Dies impliziert, dass das Symptom
nicht nur gedeutet werden kann, sondern sich sozusagen schon in
Hinblick auf die Deutung formiert: Es ist an den großen Anderen
adressiert, der angeblich seine Bedeutung enthält. Anders gesagt,
es gibt kein Symptom ohne Adressaten: Das Symptom ist in der
psychoanalytischen Kur immer an den Analytiker adressiert, es ist
ein Aufruf, dass dieser seine verborgene Bedeutung verkündet.
Wir können also sagen, dass es kein Symptom ohne Übertragung
gibt, ohne die Position eines Subjekts, dem man unterstellt, da e
um dessen Bedeutung weiß. Gerade als Rätsel kündigt das S mp-
tom sozusagen seine eigene Auflösung durch die Deutung an: Ziel
d r Psy hoanalyse ist es, das unterbrochene Ko1nmunikation netz
wi d rh rzustell n indem man den Pati nt n dab i unt tützt
di B d utung sein' s Symptoms zu verbali i r n: Dur h di . r-
balisi rung wild das Sympto1n automati eh aufg lö t. J?a 1 _t_d r
g undl g nd Punkt: Di I(onstitution d mpton1 11nphz1 1 t,

11
ß Anderen konsist nt und vollständi .
1
da da F ~d des ~o e~ymptoms ist ein Aufruf an den And! t.
Di bloß Bildung ines „ ren,
. B deutung nthalt. .
d r 111 . • d auch die Probleme: Wieso löst sich d
H 1• 1 b g1nn n Je oc11 as
• Deutung nicht auf, warum besteht es fo )
,1111ton1 trotz iner . h d G . 11.
t selbstverständhc ' wegen es enießens.D
La an ntwort 1au te „ 1 B h f as
. . ht nur eine verschlusse te otsc a t, sondern gibt
1npto1n 1 t nie . • · G •ß
. kt uglei· eh die Möghchke1t, sein en1e en zu organisie
d 111 u b~e z • r 1 · •
ren - d a11er 1s • t das Subiekt
J
auch nach einer er1.o gre1chen .
Deutung
. d bereit sein Symptom loszulassen; deshalb „hebt es sein
ru 11t azu , • · ·S h ·
mptom mehr als sich sel.bst". L~can ging 1n zwei c ritten vor,als
r die Dimension des Gemeßens rm Symptom e_ntd.eckte.
zunächst versuchte er, diese als Phantasma zu 1soheren und Symp-
tom und Phantasma durch eine Reihe distinkter Merkmale ein-
ander gegenüberzustellen: Das Symptom ist eine Signifikanten-
bildung, die sich sozusagen in ihrer Deutung selbst „überholt" - es
kann also analysiert werden; das Phantasma ist eine träge Konstruk-
tion, die nicht analysiert werden kann und der Deutung widersteht.
Da Symptom impliziert und adressiert einen nicht-gebarrten, kon-
i tenten großen Anderen, der ihm nachträglich Bedeutung verlei-
hen wird; das Phantasma impliziert einen durchgestrichenen, blo-
ckierten, gebarrten, nicht-ganzen, inkonsistenten Anderen - es füllt
al o die Leerstelle im Anderen aus. Wenn es auftritt verursacht das
ymptom (etwa ein Versprecher) Unbehagen und Missfallen, ' doch
wir nehmen seine Deutung mit Freuden an; wir sind froh, anderen
~en cher_idi~ Bedeutung unserer Fehlleistungen zu erklären; ihre
~,intersubjektive Anerkennung" ist gewöhnlicherweise ein Quell
intellektueller Befriedigung. Wenn wir uns dem Phantasma über-
la en (etwa ~n unseren Tagträumen), dann empfinden wir große
Lu-~· E bereitet uns jedoch großes Unbehagen und löst ein Scham·
g f~hl ' wenn wir anderen Menschen unser Phantasma beichten.
1r. konnen also zwei Sta d'ien d es psychoanalytischen . Proze e
n,
on 1nand r unterscheid en. eutung des Symptoms - Durchqueren des
• D
r ,tanta. nas. B g gnen • d
... , , d' wir en Symptomen des Patienten, dann
In u s n wir 1 2 unä l18 t d
i d · d „ euten und zum Fundamentalphanta ina
o J 1ng n, as d r K rn d 8 G . D
tung . }11 j tt blo ki rt· ~nießens ist, der die weiteren . eu·
u, , ü d m wii das PI;;~arauf gilt s den entscheidenden Schritt_zu
tas1na dur hqu ren, ihm g g nüb r ein

JJC
Di t nz - inn n. 1 i hz itig ma h n wir damit di rf hrun
da di Bildung d Phanta ma l digli h in b timmt L g
ü k und L r t 11 ü11 nd r n maski rt und au füllt. r
n di r t 11 tritt j do h rn ut in Prob! m auf: Wa t 1-
1 11, ir 1nit d n Pati nten an di ohne j d n Zweifi 1 ihr Phan-
ta 1na dur hquert di sich vom phantasmatischen Rahmen ihrer
R alität di tanziert haben und deren zentrale Symptome dennoch
fortb t hen? Wa stellen wir mit einem Symptom an, mit dieser
pathologi chen Bildung, die nicht nur nach der Deutung, sondern
ogar jen eits des ~hantasmas ~ortbesteht? Diese Herausforderung
ver uchte Lacan mit dem Begriff des Sinthoms zu beantworten. Die-
er eologismus enthält eine Reihe von Assoziationen (synthetisch-
kün tlicher Mensch, die Synthese aus Symptom und Phantasma,
Thomas von Aquin, der Heilige ... ).24 Das Symptom als Sinthom ist
eine gewisse Signifikantenbildung, die von Genießen durchdrun-
gen ist: Der Signifikant ist Träger der jouis-sense, des Genießens-im-
Sinn.
Hierbei dürfen wir den radikalen ontologischen Status des Symp-
toms nicht vergessen: Das Symptom - verstanden als Sinthom - ist
buchstäblich unsere einzige Substanz, die einzig positive Stütze
unseres Seins, der einzige Punkt, der dem Subjekt Konsistenz ver-
leiht. Durch das Symptom „vermeiden" wir - die Subjekte-, anders
gesagt, den „Wahnsinn". Indem wir unser Genießen an eine be-
stimmte symbolische Signifikantenbildung binden, die ein Mini-
mum an Konsistenz unseres In-der-Welt-Seins sicherstellt, ,,wählen
wir etwas (die Symptombildung) anstatt nichts (der radikale psycho-
tische Autismus, die Zerstörung des symbolischen Universums)".
Wird das Symptom von dieser radikalen Dimension entbunden,
bedeutet das buchstäblich „das Ende der Welt" - die einzige Alter-
native zum Symptom ist das Nichts: Reiner Autismus, psychischer
uizid, die Kapitulation vor dem Todestrieb bis hin zur vollstän-
dig n Zerstörung des symbolischen Universums. Deshalb definiert
La an das Ende des psychoanalytischen Prozesses in seiner pät-
phase als die Identifizierung mit dem Symptom. Die Analyse g la~gt_an
ihr End , wenn der Patient das Reale seines Symptoms al e1nz1ge
tütz s ines S ins an rkennt. So 1nüssen wir auch Fr ud Wo E
war,. oll Ich werden* 1 sen: Si , das Subjekt, mü n ich n1it d 1n ?rt
id ntifizi r n, an d m ihr Symptom b r it wa1; i mü n in

117
"B nd rh al da Elem
it nt b gr if. da n lll Ihr

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n 1 . Eine beson ere, ,,pat o og1sc e" ig ·r·
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I . d Genießen bindet, ein trager e dk, d r

b ·1dun d1 a h • Fl k d er
• nt i i . . und Deutung widerste t, ein ec ' er ni ht in
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1 1nn1u1~ kat1 nd . kur e des sozialen Bandes auf genonun
11 l r 1 lauf
0 1 • • B • en
·l . h eitig J.edoch dessen pos1t1ve ed1ngung ist
rd n kann g e1c z d. F L .
tzt , ird , iell i ht auch klar, warum ie ..crau -~can z~folge ein
Mann es ist _ um das zu begre11en, mussen wir uns nu
·1111tom d . . .. . r
di b annte un d Ch
auvinistische We1she1t
.
vergegenwart1gen
'
auf
. . h Freud oft bezieht: Frauen sind kaum zu ertragen, ein
d 1 1 11 au • d • d B
i r Quell on Ärgerni~sen, und d~ch s1n sie as „ este, :"as wir
1ia b n . ohne ie wären wir noch schlimmer dran. Wurde die Frau
. h . f h .
ni ht exi tieren, wäre der Mann vielle1c t ein ac eine Frau, die
d nkt da ie nicht existiert.

In Dir mehr als Du"

I ofern das Sinthom ein Signifikant ist, der nicht in ein Netzwerk
in ereiht, sondern unmittelbar von Genießen erfüllt und durch-
drungen i t, ist sein Status per Definition „psychosomatisch". Es ist
in furchterregendes körperliches Zeichen [mark], das stumm ein
k: !hafte Genießen bezeugt, ohne etwas oder jemanden zu reprä-
ntieren. Ist Kafkas Erzählung Ein Landarzt demnach nicht die
...~.hichte eines Sinthoms in seiner reinen, gewissermaßen destil-
.._,..__
li rten Form? Handelt es sich bei dieser offenen Wunde, dieser
lerregenden schädlichen Öffnung, die wuchernd auf dem Kör-
p de Kindes wächst, nicht um eine Verkörperung der Lebens-
d r Lebenssubstanz in ihrer radikalsten Dimension sinn-
n nießens?

J
, In 1n r .hten it , in der Hüftg gend '' _ genau wie die
, und hr1 t1 obwol:~ Amfortas' Leiden in Wagners Parsifal den
nä h tg 1 g n n Vorganger darstellt. Amfortas leidet daran dass
r ni ht terb. n und ni ht vom Tod erlöst werden kann, sola~ge er
" it r au einer Wunde blutet; die Ritter beharren darauf dass er
. . '
eine Pf hcht trotz seiner Schmerzen erfüllen und die zeremonielle
Gral enthüllung durchführen muss. Währenddessen fleht er sie an
Mitleid init ihm zu haben und sein Leiden zu beenden, indem sie'
ihn einfach umbringen - genau wie das Kind im Landarzt, das den
Erzähler/ Arzt anfleht: ,,Doktor, laß mich sterben. "26
Auf den ersten Blick könnten sich Wagner und Kafka nicht stär-
ker unterscheiden: Wagner belebt eine mittelalterliche Legende auf
spätromantische Weise wieder; Kafka beschreibt das Schicksal des
Individuums in der zeitgenössischen totalitären Bürokratie ... doch
wenn wir etwas genauer hinschauen, können wir sehen, dass das
Grundproblem des Parsifal ein bürokratisches ist, nämlich Amfortas'
Unfähigkeit und Inkompetenz, seine rituell-bürokratische Pflicht zu
erfüllen. Im ersten Akt richtet Amfortas' Vater Titurel mit furcht-
erregender Stimme folgende Worte - die Überich-Aufforderung des
lebenden Toten - an seinen unfähigen Sohn: Mein Sohn Amfortas,
bist du am Amt~ Dieser Aussage müssen wir all ihr bürokratisches
Gewicht verleihen: Bist Du auf Deinem Posten? Bist du bereit, dei-
nes Amtes zu walten? Auf etwas oberflächliche, soziologische Weise
könnte man sagen, dass Wagners Parsifal ein historisches Faktum
in Szene setzt, dass nämlich der klassische Meister (Amfortas) un-
ter den Gegebenheiten einer totalitären Bürokratie nicht länger zu
herrschen in der Lage ist und dass er durch die neue Figur des
Führers (Parsifal) ersetzt werden muss.
Durch die Änderungen, die Hans-Jürgen Syberberg in seiner
ParsifalrVerfilmung an dem Stoff vorgenommen hat, zeigt der Regis-
, eur, dass er sich dieser Tatsache bewusst ist. Zunächst manipuliert
r die Geschlechterdifferenz. Im zentralen Umkehrungsmoment
de zweiten Aktes - nach Kundrys Kuss - wechselt Parsifal das Ge-
hl cht: Der männliche Schauspieler wird durch eine junge, kühle
Frau ers tzt. Hier geht es nicht um die Ideologie des H rmaphrodi-
i ·mus, sond rn um die kluge Erk nntnis, dass da V\Ti n totalitärer
Ma ht „w iblich' ist. Das totalitär Gesetz ist ob zön, es i t von G -
ni ß n dur hdrung n und hat s in formal N utralität v 1lor n.

119
.d nd ist, ist in w itere Merkmal v
11 1
r ür un j do h nts A rortas Wunde e ternalisiert - . j w·ond
• • r hat m11
• • • 1r
,b 1 b rg r ion. . h ruingetragen, ist ein w1derli h
. l 1•, n n ben 11m 1 d' S h 1· es
a 1 1n 1n •ner Öffnung, 1e an c am 1ppen e
. k d blut t au 1 f . r-
PartialobJ • tun menhang mit Kafka o -fens1chtlich· E
. • 1 • ~d der Zu am . d • s
11111 rt. l-.11 wi.~ . h die Wunde des Kindes aus em Landarztex.
• t fa . .o al hatt_ 8.1 zu eine . m gesonderten Objekt geworden , <lern
1 1
t rnah 1 1t a1 . . oder _ in Lacans Worten - Ex.sisten
. bl „ ge Ex1stenz . z
111 una iangi . G und inszeniert Syberberg die Szene in
21 Au diesem r . . ,
k
zu 01nmt. k der finalen Auflösung - seine Ritter ver-
d r 1nfortas - urz vor . .. 'b .
'h S h erter in seinen Korper zu trei en und ihn
if lt anfleht, 1 re c w • .
z, . ~" 1. hen Qualen zu erlösen, auf eine radikal neue
011 einen unertt ag ic
und unübliche Art:

l
c1on fu..hl ich den Tod mich umnachten, ·· k?
und noch einmal sollt' ich ins Leben zuruc
\ ahn innige 1
\ er will mich zwingen zu leben
könnt ihr doch Tod mir nur geben?

(Er reisstsich das Gewandauf)

Hier bin ich - die offne Wunde hier!


Das mich vergiftet, hier fliesst mein Blut:
heraus die Waffen! Taucht eure Schwerte
tief - tief, bis ans Heft!
Auf! Ihr Helden:
tötet den Sünder mit seiner Qual,
von selbst dann leuchtet euch wohl der Gral! ...28

Die Wunde ist Amfortas' Symptom - sie verkörpert sein dreckiges,


widerliches Genießen, seine verdickte und kondensierte Lebens-
ub tanz, die ihn nicht sterben lässt. Seine Worte - Hier bin ich, - die
offne Wunde hier! - sollte man daher wörtlich verstehen: Sein ganzes
in i t diese Wunde; schließen wir sie so verliert er seine positive
' .
onto]ogi ehe Konsistenz und hört auf zu existieren. Normalerweise
i_rdd_i e Szene nach Wagners Anweisungen inszeniert: Amfort~
1 ~ßt 1 ~- das Ge_wand auf_ und zeigt auf die blutende Wund~, _d1:
• in n Korp r z i hnet; bei Syberberg, der die Wunde externah 1 1
1 at, d ut t Amfortas auf das widerliche Partialobjekt, da 11 b 11

120
ilun li gt - er z igt al o nicht auf sich selbst, sondern nach außen
fa t O al würde ~r agen: ,,Dort draußen bin ich, mein ganzes We~
~enbesteht aus diesem ekelhaften Teil des Realen!" Wie sollen wir
di E./ternali tät deuten?
Die erste und naheliegendste Lösung liegt darin, diese Wunde
mbolischzu ve:,stehen: ~ie wird_ externalisiert, um zu zeigen, dass
ie nicht den Korper an sich betrifft, sondern das symbolische Netz-
,~erk in dem der Körper gefangen ist. Einfach ausgedrückt: Der
wahre Grund für Amfortas' Machtlosigkeit und den dadurch aus-
gelösten Zerfall seines Königreichs ist eine gewisse Blockierung, ein
gewisses Hindernis im Netzwerk der symbolischen Beziehungen.
,,Etwasist faul" in diesem Staate, dessen Herrscher ein basales Ver-
bot überschritten hat (er hat es zugelassen, von Kundry verführt
zu werden); die Wunde ist also einfach die Materialisierung eines
moralisch-symbolischen Zerfalls.
Doch es gibt noch eine weitere, vielleicht radikalere Lesart: Die
Wunde ist, insofern sie aus der (symbolischen und symbolisierten)
körperlichen Realität hervorsticht, ein „kleines Stück des Realen" 29 ,
ein ekelhafter Auswuchs, der nicht in die Totalität „unseres eige-
nen Körpers" integriert werden kann; sie ist eine Materialisierung
dessen, was „in Amfortas mehr ist als Amfortas" und ihn somit -
der klassischen Formel Lacans zufolge - zerstört. 30 Sie zerstört ihn,
ist gleichzeitig jedoch auch das einzige Ding, das ihm Konsistenz
verleiht. Das ist das Paradox des psychoanalytischen Symptom-
begriff s: Das Symptom ist ein Element, das sich wie ein Parasit
festbeißt und „das Spiel verdirbt". Wenn wir es beseitigen, so wird
alles nur schlimmer: Wir verlieren alles - auch den Rest, der zwar
vom Symptom bedroht, jedoch nicht zerstört wurde. Wenn wir mit
einem Symptom konfrontiert sind, stehen wir immer vor einer un-
möglichen Wahl. Diese wird durch einen bekannten Witz über den
Chefredakteur einer Zeitung von William Randolph Hearst 31 wun-
derbar illustriert: Obwohl der Redakteur von Hearst dazu gedrängt
wurde, wollte er nicht in den wohlverdienten Urlaub gehen. l
H arst ihn fragte, warum er das nicht tun \\70lle, antwortete er: ,,Ich
hab Angst, dass die Verkaufszahlen der Zeitung inken könnten,
w nn i h für ein paar Woch n weggehe; ich hab_ ab r no h m ~r
Angst davor, dass die Verkaufszahlen trotz 1n in r b, 1
nh it
ni ltt sink n!' G nau das ist das Sy1nptom: E ist in l 111 nt, d

11
. n F hlenjedo h w itau chlimm r Wär ...
i I ••rg r b r I t t d
"r di total I ata st roph B.ei·spiel Ridley Scotts Alien: Ist d
• 1s letzt s ' er
B tra ht n ' n, a d m Körper des armen, von John 1-Iu
. •t der au e . 11
k lhafte Paia 1 springt nicht ein eben solches Symp
•1 haraktcrs 11eraus ' . ~r ' . •
pi t n . d lben Status wie Allllortas externalisierte
to1n hat r ni_htR en f:hrenden auf einem Wüstenplaneten Jan.
und ;> Al die aum . h • • h d .
• . C ter Lebenszeic en registriert at, nngen
d 11 auf dem em ompu . • ·
. . . "hl • Dort beißt sich ein po 1ypenartiger Parasit
1 1n eine Ho e ein. d
. ht c st Die Höhle hat den Status es vorsymboli.
auf Hurts Ges1c 1 e • .. . .. d .
.
hen D1ngs - asd heißt des mutterhchen . Korpers, er
. .lebendigen
ub tanz des Genießens. Die utero-:agi~alen Assozia_t1onen, die
. e H"hl
d 1e o e auslöst , sind fast .zu aufdringlich.
. Der
" Parasit
. .. auf Hurts
Gesicht ist eine Art „Sprössling des Gen1eßens , ein Uberrest des
mütterlichen Dings, der als Symptom - das Re_ale des Genießens _
der Gruppe fungiert, die auf dem ~mherstre1fe~d~n R~umschiff
im Stich gelassen wird: Es bedroht sie und konstituiert sie gleich-
zeitig als geschlossene Gruppe. Dass dieses parasitäre Objekt un-
ablässig seine Form wandelt, bestätigt lediglich seinen anamorphen
Status: Sein Sein ist reiner Schein. Der „Alien" - der achte und
zusätzliche Passagier - ist ein Objekt, das, auch wenn es an sich
nichts ist, doch als anamorpher Überschuss hinzuaddiert und bei-
gefügt werden muss. Es ist das reine Reale: ein Schein, etwas, das
auf strikt symbolischer Ebene überhaupt nicht existiert und das
gleichzeitig das einzige Ding ist, das den ganzen Film hindurch
tatsächlich existiert, das Ding, gegen das die gesamte Realität voll-
kom~en schutzlos ist. Man muss nur an die schaurige Szene den-
ken, 1~ der der Arzt mit seinem Skalpell einen Einschnitt macht
und eine Flüssigkeit aus dem polypenartigen Parasiten austritt, die
den Metallboden des Raumschiffs durchätzt ...
A~s Perspektive des Sinthoms sind Wahrheit und Genießen radi-
kal inkompatibel: Die Dimension der Wahrheit wird durch un er
~k nn n des traumatischen Dings eröffnet, das die unmögliche
Jouissanceverkörpert.

122
Id ologi h jouis an e

Hab n wir indem wir eine Inkonsistenz im symbolischen Ande-


r n - de en positive Kehrseite das obszöne Genießen ist_ benannt
hab n nicht auch dem üblichen „postmodernen" Ressentiment ge-
g n die Aufklärung zugesti1:Ilmt? Der Klappentext der französi-
hen Ausgabe von Lacans Ecrits widerlegt solch eine Auffassung
u1nittelbar: Dort erklärt Lacan sein theoretisches Unterfangen zu
einer Fortsetzung des alten Kampfes der Aufklärung. 32 Seine Kritik
ain autonomen Subjekt und dessen Fähigkeit, zu reflektieren und
sich seine objektiven Bedingungen reflexiv anzueignen, ist daher
alles andere als die Bestätigung irgendeines irrationellen Berei-
ches, der sich dem Geltungsbereich der Vernunft entzieht. Marx
bekannte Formel paraphrasierend, der zufolge das Kapital selbst
die Schranke des Kapitalismus ist, ließe sich behaupten, dass die
Schranke der Aufklärung laut Lacan die Aufklärung selbst ist, näm-
lich ihre Kehrseite, die normalerweise übersehen wird, obwohl sie
bereits von Descartes und Kant artikuliert wurde.
Das Leitmotiv der Aufklärung ist selbstverständlich eine Varia-
tion der Aufforderung „Denke selbständig!": ,,Nutz Deinen eigenen
Kopf, befrei Dich von allen Vorurteilen, nimm nichts hin, ohne die
rationalen Fundamente zu hinterfragen, wahre immer eine kriti-
sche Distanz ... ". Doch schon Kant hat dem in seinem berühmten
Artikel Was ist Aufklärung? eine unangenehme, beunruhigende
Ergänzung hinzugefügt und so im Herzen des aufklärerischen Pro-
jektes einen Riss hinterlassen: ,,Räsonniert, so viel ihr wollt und wo-
rüber ihr wollt; aber gehorcht!" Soll heißen: Sie können als autono-
mes Subjekt, das theoretisch reflektiert und sich an ein auf geklärtes
Publikum wendet, frei denken und alle Autorität hinterfragen; als
Teil der gesellschaftlichen „Maschine" - als Subjekt im anderen
inne des Wortes - müssen Sie jedoch den Befehlen Ihrer Vorge-
tzten bedingungslos gehorchen. Dieser ~iss .ist de1? Projek~ d~r
Aufklärung als solchem eingeschrieben: Wir finden ihn ber~it i_n
D art s' Discours de la methode. Seine „provisorische Moral • i t die
h it d s cogito, das alles anzweifelt und die E istenz_der~ lt
infrag st llt. Sie ist ein R g lwerk, das von De cart ing fuhrt
wurd , um im Alltags) b n s in r philosopl~i h.en i zu -~b r-
1 l n: Di st R g l b tont di N otw nd1gk 1t, d1 brau h

1
. L nd 8 zu akzepti r n und zu b fol
tz d ig n n a . g n,
1nd . . .. in zw ifel zu ziehen.
J 1 ihr utontat b t ht darin zu erkennen, dass es sich b .
r z ntral Punktnil~:; den gegebenen empirischen, ,,patho'.
tf
d r_ z ptanz Jebräuchen und Regeln um kemen voraufklärerj.
I h„n ~~an der traditionellen Herrschaftsform) handelt. Esist
h n bei ~l dt_( otwendigeKehrseiteder Aufklärung selbst:Indem w1·r'
1·m
.
ntei
..
iend R geln des gesellsc hfl'h
a t 1c en Lbe ens 1·n ihr
di Gebrauche un e . . . d . . er
. . k . d Gegebenheit hinnehmen - 1n em wir akzeptieren
innlo io- e1tun . . 1· h d ,
• st" _ werden wir inner ic von en Beschrän
da da Rech t Recht 1 . . -
kungen befre1•t - und sind frei ' theoretische Reflexionen anzustellen
. ,
A. b
.,1r ge en a ,lso in anderen Worten, Caesar, was Caesars
h · ist, damit
,\ • ·
' 1r m
Ruh e u"ber alles nachdenken können. Durc
. die Erfahrung,
das Gebräuche und gesellschaftli_che Regeln ei~ach ge~eben und
unbegründet sind, distanzieren wir uns __ automatisch von ihnen. Im
traditionellen Universum der Voraufklarung wurde das Recht nie
al sinnlos und unbegründet erfahren; im Gegenteil, es war immer
durch eine charismatische Macht der Faszination gekennzeichnet.
Das Universum der gesellschaftlichen Sitten und Regeln erscheint
nur dem aufgeklärten Blick als sinnlose „Maschine", die man ein-
fach akzeptieren muss.
Selbstverständlich könnten wir behaupten, dass die Illusion der
Aufklärung wesentlich in der Annahme besteht, wir könnten ein-
fach eine Distanz zur äußeren „Maschine" der gesellschaftlichen
Gebräuche wahren und so den Raum unserer inneren Reflexion
unbefleckt und unangetastet von diesen äußeren Gebräuchen hal-
ten. Diese Kritik betrifft jedoch Kant nicht, da dessen Affirmation
de kategorischen Imperativs auch den traumatischen, unwahren,
unsinnigen Charakter des inneren moralischen Gesetzes berück-
ichtigt hat. ~ants kategorischer Imperativ ist genau ein solche
etz, das eme_notw~ndige und bedingungslose Autorität ausübt
ohne wahr zu sem: Es 1st- in Kants eigenen Worten - ein „transzen·
d nta] .s aktum" 34, ein gegebenes, wahres Faktum, das man nicht
th O tisch beweisen kann; seine bedingungslose Geltung sollte
f nno vorausg setzt werden, damit unsere moralischen Band•
un~ n n g nd in n Sinn haben können
W1 k" • 1

. . onn n das moralisch G setz und die pathologi eben'


inPu r h g g 1 . " • R ihe
) n n g s llschafthchen Gesetz durch 1ne e
harakt ri ti h r Eigenschaften voneinander unterscheiden: Ge-
ll haftli he Gesetze strukturieren ein Feld der gesellschaftlichen
Realität . das mo1~alische Gesetz _ist das Reale eines unbedingten
Imperativs, d~r d1~ Schranken, die uns die Realität auferlegt, nicht
beachtet - es 1st eine unmögliche Aufforderung. ,,Du kannst, denn
du sollst.'"*Die g~sellsch~ftlichen Geset_zebesänftigen unseren Ego-
i 1nus und regulieren die gesellschaftliche Homöostase; das mora-
li ehe Gesetz schafft ein Ungleichgewicht in dieser Homöostase,
indem es ein Element unbedingten Zwangs einführt. Das ultimative
Paradox bei Kant ist die Priorität der praktischen über die theo-
retische Vernunft: Wir können uns von den äußeren gesellschaft-
lichen Einschränkungen befreien und reife, autonome Subjekte
werden, indem wir uns dem „irrationalen" Zwang des kategorischen
Imperativs unterwerfen.
Es ist ein Gemeinplatz lacanianischer Theorie zu betonen, dass
dieser moralische Imperativ Kants eine obszöne Über-Ich-Forde-
rung verbirgt: ,,Genieße!" Wenn die Stimme des Anderen uns dazu
aufruft, unsere Pflicht um der Pflicht willen zu tun, ist dies ein
Aufruf zur unmöglichen jouissance, der sich uns auf traumatische
Weise aufdrängt und (dadurch) die Homöostase des Lustprinzips
(und dessen Verlängerung, das Realitätsprinzip) unterbricht. Des-
halb begreift Lacan Sade als die Wahrheit Kants: Kant avec Sade.35
Doch worin besteht die Obszönität des moralischen Gesetzes ge-
nau? Nicht in Resten und Überbleibseln der empirischen, ,,patho-
logischen" Inhalte, die der reinen Form des Gesetzes anhaften und
diese beschmutzen, sondern in dieser Form selbst.Das moralische Ge-
setz ist insofern obszön, als seine Form die motivierende Kraft ist,
die uns dazu antreibt, ihm zu gehorchen - also insofern wir dem
moralischen Gesetz gehorchen, weil es das Gesetz ist, und nicht aus
einer Reihe positiver Gründe: Die Obszönität des moralischen Ge-
setzes ist die Kehrseite seines formalen Charakters.
Es ist selbstverständlich eine der Grundeigenschaften der
Kant'schen Ethik, alle empirischen, ,,pathologischen" Inhalte - al o
all Obj kte, die Lust (oder Unlust) hervorrufen - vom Ort un r r
moralis h n Aktivität auszuschließen. Was bei Kant jedoch 1 bor-
g n bl ibt, ist, wi dieser Verzicht selbst ine gewi s Mehrlu t (da
La an's h jJlus-de-jouir)h rvorruft. 36 B tracht ir tw. d n ~11
d s ~as hismus - di fas his tis h Id ologi b, 1 rt auf 1n 111 r 111

12
. . G hor he weil Du mu stl. \Tirzichte, in an
i r1nal n hnp rau 1·D . Genießen opf r D1 h und frag . de.
auf al in · • B nicht
r n 01 t n d' s Opfers liegt 1n seiner edeutungsl . ,
, arm~ -
d
r
w rt 1es
t •st in Selbstzweck; das Opfer selbst ( •
o 1g
O
k it· in wahr p rllelrWert) muss Dich erfüllen: Solcherartund
· l1 1• 1 in trumente . auf
111 t ~ ·chten und es aufzugeben produziert eine
da en1 ß n zu v rzi ge.
i Mehrlu t. diesen • h
Verz1c t pro d uz1ert
• ·
wird ist d
Da Meh r, d as durch ' as
La an cl1e ob~e . t pet;t
t, , a die Verkörperung der • Mehrlust. Hierau s
.d h er 1·chtlich warum Lacan den Begriff der Mehrlust an
~1r auc ' b • ·
Mar Begriff des Mehrwerts angelehnt ha_t - e1 Marx impliziert
d er Mehrwert ebenfalls, dass man auf einen F hi
„pathologischen''
. ,
empiri chen Gebrauchswert verzichtet. De_r asc . smus 1st insofern
ob zön als er die ideologische Form als ihren eigenen Zweckbe-
greift, :i.isSelbstzweck - man muss nu~ an Mussol_inis b~rühmte _Ant-
wort auf folgende Frage denken: ,,Wie rechtfertigen die Faschisten
ihren Machtanspruch in Italien? Was ist ihr Programm?" - ,,Unser
Programm ist einfach: Wir wollen Italien beherrschen!" Die ideo-
logische Kraft des Faschismus liegt gerade in dieser Eigenschaft
die liberale oder linke Kritiker als seine größte Schwäche ansahen:
nämlich darin, dass sein Aufruf vollkommen leer und formal ist,
dass er Gehorsam und Opfer um ihrer selbst willen verlangt hat.
Der faschistischen Ideologie geht es nicht um den instrumentellen
Wert des Opfers, sondern um dessen Form, um den „Opfergeist',
der von der liberal-dekadenten Krankheit heilen soll. Es ist auch
klar, waru~ der Faschismus eine solche Angst vor der Psychoana-
ly hatte: Sie ermöglicht uns, ein obszönes Genießen in diesem for-
malen Akt des Opferns zu entdecken

t
11
. ies ist die versteckte, perverse, ~bszöne Dimension des 1nora-


~h n o_rmalismusbei Kant, die letztlich im Faschismus auftaucht:
1
v dr?mdet _sich- oder genauer noch: expliziert - Kants Forroa-
11
• mu 1 Logik der • M ax1me
· · • her
Mo a.I
...
. zweiten in Descartes' provisonsc

.. "'inz it r rundsatz w • • u
in wi i h koi 111 und ar,I m m_men Handlungen so fest und ent chlo ~nz1
fü1 ·i 1t hi d n j .. a~c zweit lhaftesten Meinungen, wenn ich mich e1~1111 '.
1a1t , n1 ht we1 ig 1„ b 1 1· . ichet
wäi 11. I h ahmr hi · W 1arr ich zu folgen als ob sie ganz
•in I hal ~n, w d r umlnn and rer na 11, d'1e, wenn sie sich in einem Wald ver· .
l nrr n und 1• l . 1 • eine
1'

1 inal 111 die eine Richtung und n1a in


and r dr .h n . n h an. in 1n Platz stel nbleib
. n dürfen O n d ern immer
. ganz
g rad ~u m d1 _lb R1 htung voran chre1ten müssen, soweit sie es können, und
di R1 ht ung . k 1n " g au h achen Gründen ändern dürfen , obgl e1c • h es zu
B inn vi 111 ht nur d r bloß Zufall gewesen ist der sie haue entscheiden la en,
ie zu wähl n: D nn dadurch_ gelangen sie zwar nicht genau dort hin, wohin sie
"'ollen ab r 1 kon~1nen zum1nde t am Ende irgendwo an, wo ie wahr cheinlich
b er aufgehoben sind als mitten im Wald. 37

In die em Abschnitt zeigt Descartes das gewissermaßen verdeckte


Blatt jeglicher Ideologie: Das wahre ideologische Ziel ist die Hal-
tung die sie einfordert, die Konsistenz der ideologischen Form und
die Tatsache, dass wir „ganz geradeaus in dieselbe Richtung voran-
chreiten"; die positiven Gründe, mit denen sie diese Forderung -
der ideologischen Form zu gehorchen - rechtfertigt, dienen nur
dazu, diese Tatsache zu verbergen und die Mehrlust zu kaschieren,
die in der ideologischen Form selbst liegt.
Man könnte sich hier auf den von J on Elster vorgeschlagenen Be-
griff der „Zustände, die wesentlich Nebenprodukte sind" beziehen -
Zustände also, die nur als nicht-intendierte Begleiterscheinungen
unserer Tätigkeit produziert werden konnten: Sobald wir direkt
auf sie abzielen, sobald unsere Tätigkeit direkt von ihnen motiviert
wird, hebt sich unsere Handlung selbst auf. Schauen wir uns unter
all den von Elster beschriebenen ideologischen Beispielen Tocque-
illes Rechtfertigung des Geschworenensystems an: ,,Ich weiß nicht,
ob eine Jury nützlich für die Prozessparteien ist, aber ich bin mir
icher, dass sie gut für diejenigen ist, die über den Fall entscheiden
müssen. Ich halte sie für eines der effektivsten Mittel zur Erziehung
des Volks, das der Gesellschaft zur Verfügung steht. "38 Elsters Kom-
mentar dazu lautet, dass es

eine no wendige Bedingung des Geschworenensystems ist, erzieher~sche Effekte auf


die G schworenen zu haben, die laut Tocqueville darin liegen, dass die Ge clwmr 11 11
glaul n, i täten etwas Sinnvolles und Wichtiges das jenseit ihr P r önlich 11
Wach tums liegt. 39

DiesererzieherischeEflelä geht, in ander n Wort n, verloren, ?bald di


hwor n n mitb komm n, dass di juri ti h n u ' irku~g n
il_i r Arb it b d utungslos sind und d r wahr_ i~n - d_ rzi h -
ns h W rt - di s r Arb it darin li gt, da 1 111 Wtrkung au

iln n bürg rli h n i t hat.

17
nau o rhält i h 1nit Pas als Argument f" .
W, u : Au h w nn wir fal h li g n und es k in n G~~tdt teligio ,
do h 1n in Glaub an Gott und mein Handeln, das . hght,so,itJ
. . 1 . . fr sie an d' (
laub n au nchtet v1e e pos1t1ve E 1ekte auf mein irct· h ies
hab n - ich werde ein würdevolles, ruhiges, moralis~~ esle1Je 0
dig nd s Leben führen, das frei von Störungen und z es:beftie.
Der Punkt ist jedoch wieder, dass ich diesen irdischen ;erfe~n ist.
erzi len kann, wenn ich wirklich an Gott und ein religiö tofitnu1
glaube; das ist wahrscheinlich die verborgene, eher zyni!~~!e~ei.
v~n Pa~c~ls Argument: _Obw?hl_es bei der ~ette darum geht,duf1
die rehgiöse Haltung einen irdischen Profit zu erzeugen so. ~h
. . d d . ' istdie.
ser Gewinn doch ein „Zustan , er wesenthch ein Nebenprod h
ist' - er kann nur als nicht-intendiertes Ergebnis unseres Glaubu
an ein religiöses Jenseits hervorgebracht werden. elll
Es wird kaum überraschen, dass wir das gleiche Argumentauch'
Rosa Luxemburgs Beschreibung des revolutionären Prozesses f;
den: Anfangs sind die Arbeiterkämpfe noch zum Scheiternverur-
teilt, ihre unmittelbaren Ziele können nicht erreicht werden.Docn
auch wenn sie notwendigerweise scheitern, ist ihre Bilanznich~-
destotrotz positiv, weil ihr Hauptertrag ein erzieherischer ist- sie
dienen also dazu, die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt zu
bilden. Die Pointe besteht hier wieder darin, dass der erzieherisch
Effekt verlorengeht, sobald wir (die Partei) zu den kämpfende
Arbeitern sagen: ,,Es ist egal, wenn Ihr scheitert. Eure Kämpfesol
len einfach eine erzieherische Wirkung auf Euch haben."

Es ist fast, als präsentierte Descartes im eben zitierten Abschnitt·


vielleicht zum ersten Mal - die reine Form dieses grundlegeucle
ideologischen Paradoxes: Was bei der Ideologie wirklich aufd~
Spiel steht, ist ihre Form, ist die Tatsache, dass wir ganz ge~r:
aus 1n• d'1ese1be Richtung voranschreiten, dass wir • au~h der Z"eue
b'eden
1
haftesten Meinung folgen, wenn wir uns einmal für sie ent c 110,
haben; diese ideologische Haltung kann jedoch nur al ,Z~i
der wesentlich ein Nebenprodukt ist", erreicht werden: Ddie,e\ 11
7
• h n Su b'~ekte - ,,Wanderer, die sich 1n
1og1sc • einem
• '1\al dt
'
hab n" - müss n di Tatsache vor sich s lbst verb rgen, 11eiden
„ v1• 11 1• l1t nur d r bloß Zufall g wes n 1st,
• d r i• liatt nt c i ltUl
Ja n "; 1• muss . d a 1•hr nt c1l
•• n d avon ü b rz ugt s 10,

128
hll gr·h d t i t und i an ih Zi l führ n wird. obald ie rk n-
n 11 d das wahre Ziel die Kon i lenz der ideologi hen Haltung • t, löst
i h d r ff kt lb t auf. M n kann s hen, dass die Wirkung d r
Id ologi d r populär n ~or t llung der jesuitischen Moral voll-
.
0111111
n ntg g ng s tzt 1st: Der Zweck heiligt die Mittel.
aru1n 111u di Umkehrung des Verhältnisses zwischen Zweck
und Mitt In erborgen werden, warum ist die Enthüllung selbstzer-
. tör nd? v\Teil ie das Genießen enthüllen würde, das in der Ideo-
logi und im ideolo~ischen Ve:zicht a~ Werk is\ Anders g~sa~, es
, rürde zeigen, dass die Ideologie nur sich selbst dient, dass sie nichts
dient - und genau das ist Lacans Definition der jouissance.
II. Der Mangel im Anderen
3. ,,Che Vuoi?"

er ideologische „Stepppunkt"

as erzeugt und erhält die Identität eines gegebenen ideologischen


elds, auch durch alle möglichen Variationen ihres positiven Inhalts
indurch? In Hegemonie und radikale Demokratie 1 wurde vielleicht die
ndgültige Antwort auf diese entscheidende Frage der Ideologie-
heorie gegeben: Der Eingriff eines bestimmten Knotenpunktes
(Lacans point de capiton 2 ) strukturiert eine Menge „flottierender Sig-
nifikanten "3 als einheitliches Feld, indem er sie „steppt", ihr Gleiten
unterbricht und ihre Bedeutung fixiert.
Der ideologische Raum setzt sich aus ungebundenen und un-
verknüpften Elementen zusammen - ,,gleitenden Signifikanten" -
deren Identitäten „offen" sind und die von ihrer Artikulation in
einer Kette mit anderen Elementen überdeterminiert sind - ihre
,,wörtliche" Bedeutung hängt also von ihrer metaphorischen Mehr-
bedeutung [surplus-signification] ab. Betrachten wir etwa den Um-
weltschutz: Seine Verbindung mit anderen ideologischen Elementen
ist nicht von vornherein festgelegt; man kann ein staatsorientierter
mweltschützer sein (wenn man etwa davon überzeugt ist, dass nur
der Eingriff eines starken Staates uns vor der Katastrophe bewahren
kann) oder ein sozialistischer Umweltschützer (wenn man den r-
sprung der gnadenlosen Ausbeutung der Natur im kapitali ti chen
yst m v rortet), ein konservativer (wenn man predigt, da di
M ns hh it si h wieder mit ihrer heimisch n Erde v 1 bind n mu )
und so w it r; d r J1eminismus kann sozialisti eh od r unpoliti h
s in; ogar d 1 Ras ismuskann elitär od r populi ti h in ... Dur h
das t pp n w rd n di fr i flotti I nd n id ologi h n 1 m nt

1
fixiert - das heißt, sie werden
d ang 11alt e n so 1i•1
totali i rt un . B deutungsnetzes. ei
1
in trukturi rt ~ d n si·gnifikanten etwa durch den Eornrn
• d' leiten e Urt'
nn, ir } g 'b d r Klassenkampfallen anderen Elementen . is-
t PIJen o g1 t e kr • ( . eine
mus, . . Bedeutung: der Demo at1e die sogena
·äzi e und f 1 1erte b.. • h .c nnte
I1 k . " gegenüber der „ urger 11c -1ormalen Dern
e hte De1no raue F . . ( . o.
' . ' 1 1 ·ale Ausbeutungsform); dem em1n1smus die Ausbeu
krat1e a eg
.
b • ·
ltsteht aus der klassen as1erten Arbe1tsteilun )·

tung der F1 auen e1 .. . g,
der Ökolo91e . (d'ie Zerstörung naturhcher . . . .verstanden als
Ressourcen
logi ehe Konsequenz der profitorienu_erter:1:kap1tahst1sc~en Produk-
. · )· der Friedensbewegung (die großte Gefahr fur den Frie-
uon we1 e , . . ) d .
d · t der abenteuerliche Imper1ahsmus un so weiter.
~e: diesem ideologischen Kampf dreht sich alles um die Frage,
,velcher ,Knotenpunkt", welcher point cafiton diese frei gleiten-
den Elemente totalisiert und in seine Aqu1valenzkette aufnimmt.
Heute beispielsweise kämpfen Neokonservativismus und Sozial-
demokratie um den Begriff der „Freiheit": Die Neokonservativen
,vollen zeigen, dass die vom Wohlfahrtsstaat verkörperte egalitäre
Demokratie notwendigerweise zu neuen U nterdrückungsf ormen
und einer Abhängigkeit des Individuums vom totalitären Staat
führt. Die Sozialdemokraten wiederum betonen, dass individuelle
Freiheit, will sie irgendeine Bedeutung haben, auf einem demokra-
ti chen Gesellschaftsleben, wirtschaftlicher Chancengleichheit und
o weiter beruhen muss.
o ge_seh~nist.Jedes Element eines gegebenen ideologischen Fel-
des Teil einer Aquivalenzkette: Sein metaphorischer Überschuss,
durc~ ~en es mit allen anderen Elementen verbunden ist, legt seine
Identität nachträglich fest (aus kommunistischer Perspektive bedeu·
tet der Kampf um Frieden, dass man gegen die kapitalistische ord-
nun kämp ftun d so weiter). • .
Diese Kette ist J·edoch nur unter der
B d1ngun „ r h . . .
. g mog ic , dass ein bestimmter Signifikant - mit Lacan.
da , 1n " - d
- d " as gesamte Feld „steppt" und seine Identität schaff1•
u 1 das Feld verkörpert.
B ·t .a ht. n wir Laclaus un d Mouffes Projekt der radikalen Dei~ o·
• 8 1
1
d n d' Ök w rd. n pa r f1ku lare Kämpfe artikuliert (u1n den frie·
' I o 1o g1 d n F • . d o
it r) d ' . minismus, die Menscl1enrechte un
' n n n k 1n • . ·1 letz·
igr Hj at und il . r vorgi 1)t, die „Wahrheit" aller - 1 11 . 1
1
u „wahr B deutung' - zu ein; d r Ti
1
·adikal Demokrati "w ist jedoch darauf hin, dass die bloße M·· _
• hk it
• .k 1· •
1e zu artl u 1 ren, eine „
kn otenhafte", bestimmende R ogII
l1 JT .C • . . 0 e
in partikulat en ~ampies 1mp11z1ert, der gerade dadurch, dass er
partikular ist, den Horizont aller and~ren. Kämpfe absteckt. Diese
be timmende Rolle kommt selbstverstandhch der Demokratie der
, demokratischen Erfindung" zu: Ladau und Mouffe zufolge kann
inan alle anderen Kämpfe (sozialistische, feministische ...) als gra-
duelle Radikalisierungen, Erweiterungen und Anwendungen des
d mokratischen Projekts auf neue Felder begreifen (auf die wirt-
chaftlichen Verhältnisse; auf die Geschlechterverhältnisse ...). Das
dialektische Paradox besteht darin, dass der partikulare Kampf,
dem die hegemoniale Rolle zukommt, die Differenzennichtgewalt-
samunterdrückt, sondern den Raum für die relative Autonomie der
partikularen Kämpfe eröffnet: Der feministische Kampf etwa wird
erst dadurch möglich, dass er auf den demokratisch-egalitären poli-
tischen Diskurs verweist.
Die Analyse muss daher zuerst den partikularen Kampf in einem
gegebenen ideologischen Feld isolieren, der zugleich den Horizont
der Totalität dieses Feldes bestimmt - oder, um es mit Hegel auszu-
drücken, die Art bildet ihre eigene universelle Gattung. 4 Das ist je-
doch das zentrale theoretische Problem: Wie unterscheidet sich diese
bestimmende und totalisierende Rolle eines partikularen Kampfes
von dem, was man herkömmlicherweise unter „Hegemonie" ver-
steht - durch die ein bestimmter Kampf (der Arbeiterkampf im
Marxismus) als die Wahrheit aller anderen Kämpfe erscheint, bei
denen es sich somit letzten Endes um bloße Ausdrucksformen die-
es einen Kampfes handelt, sodass dessen Sieg auch den Sieg aller
anderen bedeutet? Oder, um das gängige Argument der Marxis-
ten aufzugreifen: Nur eine erfolgreiche sozialistische Revolution
kann die Unterdrückung von Frauen abschaffen, die zerstöreri-
che Ausbeutung der Natur beenden und die drohende . to~-
katastrophe vereiteln ... In anderen Worten: Wie können ' ir die
b stimmende Rolle eines partikularen Feldes begreifen, ohne in di
all d s Ess ntialismus zu tappen? Meine These laut t, da der
Antid kriptivismus von Saul Kripke die begrifflich n In truin nt
l itst llt, mit d n n man dies s Problem lö n kann.

1
ripti i mu r u ntid kriptivismus

i Grund rfahrung auf d r l ripkes Antideskriptivism b


. b k S •
li ß 1 11au h na h d 1n e annten cience-Fiction-Film. . Us en,h
4
t,
l(

1950 rn al In asion der Körperfresserbezeicl1nen. Darin k ausden


zu in m ngriff außerirdischer Lebensformen, die menornh~t es
. h . sc hch
talt ann hmen - sie sehen aargenau so aus wie Menschen b .e
z n all ihre Eigenschaften, aber gerade das macht ihre unhe/ 11•
Fremdheit aus. Das gleiche Problem findet sich auch im Anrnt.
tIch.e
. dk . isern1.
t1 1nus (und aus demselben Grun ann man die InvasionderK"
.k . orper
fre er als Meta~her ~r f d A nt~ omm~ni~mu~ der McCarthy-Ara
le en): Juden sind „wie wir ; es 1st schw1er1g, sie zu erkennen u d
auf Ebene der positiven Realität zu bestimmen, was der Übersch:
und was die sich entziehende Eigenschaft ist, durch die sie sichvos
allen anderen untersche1 'd en. n
Im Konflikt zwischen Deskriptivismus und Antideskriptivismus
geht es um etwas Grund.legendes: Wie beziehen sich Namen aufdie
Objekte, die sie bezeichnen? Warum bezieht sich das Wort „Tisch"
auf einen Tisch? Die Antwort des Deskriptivismus ist die nahe-
liegende: aufgrund seiner Bedeutung; jedes Wort ist vor allemder
Träger einer bestimmten Bedeutung - es bezeichnet also ein Bün-
del deskriptiver Merkmale (,,Tisch" meint ein Objekt mit einerbe-
timmten Form, das einem bestimmten Zweck dient) und bezieht
sich folgerichtig auf reale Objekte, insofern diese die Eigenschaf-
ten besitzen, die von diesem Bündel von Beschreibungen 5 festgelegt
werden. ,,Tisch" bedeutet Tisch, weil ein Tisch die Eigenschaften
besitzt, die unter die Bedeutung des Wortes „Tisch" fallen. Intension
hat also eine logische Priorität gegenüber der Extension: Die Ext~n-
sion (eine Reihe von Objekten, auf die sich ein Wort bezieht),w~d
von der Intension bestimmt (von den universellen Eigenschaften,di~
in ihrer Bedeutung enthalten sind). Die antideskriptivistische ~0s1•
tion hingegen geht davon aus, dass ein Wort durch den Akt einer
.,ursprünglichen Taufe" 6 mit einem Objekt oder einer Reihe vonOb·
j kt n v rbunden ist. Diese Verbindung bleibe selbst dann erhaltt
w nn i h das Bündel von Beschreibungen, das die Bedeutung e
o t ur prünglich bestimmt hatte, vollkommen verändert. . ke
B tracht n wir,. etwas h runt rg broch n , in B i piel. von.dKrtl~f
nui
s l h t: W nn wir di Ö ffi ntli hk i t daru1n bitt n, 1n 1

)
zi r nd B chreibung_ [identifyingdescription 7
] von „Kurt Gödel" zu
li i rn dann würde die Antwort lauten: ,,Der Autor, der die Un-
oll tändigkeit de~ Arith~etik bewiesen hat." Nehmen wir jedoch
an da s der Beweis von einem anderen Menschen (Schmidt, einem
Freund Gödels) erbracht wurde, den Gödel umgebracht und darauf-
hin die Entdeckung des Beweises für sich beansprucht hat. In diesem
Fall würde der Name „Kurt Gödel" auf denselben Gödel verweisen
die identifizierende Beschreibung träfe jedoch nicht länger zu. De;
Punkt ist, dass der Name „Gödel" durch eine „ursprüngliche Taufe"
mit einem gewissen Objekt (einer Person) verbunden wurde und
dass diese Verbindung fortbesteht, selbst wenn sich die ursprüng-
lich identifizierende Beschreibung als falsch herausgestellt hat. s
Dies ist der Kern des Konflikts: Die Deskriptivisten betonen die im-
manenten, internen „intentionalen Gehalte" eines Wortes, während
die Antideskriptivisten die externe, kausale Kommunikationskette
als entscheidend erachten, also die Art, in der ein Wort von Subjekt
zu Subjekt weitergegeben wurde.
Hier bietet sich ein erster Angriffspunkt: Lautet die nahe-
liegendste Reaktion auf diesen Konflikt nicht, dass es sich dabei um
zwei unterschiedliche Typen von Namen handelt, nämlich um Be-
griffe, die (universelle) Arten bezeichnen, und um Eigennamen? Ist
die Lösung nicht einfach, dass der Deskriptivismus beschreibt, wie
generische Begriffe funktionieren, und dass der Antideskriptivismus
beschreibt, wie Eigennamen funktionieren? Wenn wir jemanden als
"fett" bezeichnen, dann ist klar, dass diese Person wenigstens die
Eigenschaft haben muss, besonders korpulent zu sein. Wenn wir je-
manden hingegen als „Peter" bezeichnen, können wir daraus keine
einer Eigenschaften ableiten - der Name „Peter" bezeichnet nur
deswegen „Peter", weil er so getauft wurde. Indem sie das Proble1n
einfach durch eine klassifikatorische Unterscheidung lö t, erfehlt
sol h ine Lösung jedoch, worum es in diesem K.onflikt g ht: owohl
d_m D skriptivismus als auch dem Antideskriptivi n1u ?eht um
in allgemeine Th orie der Funktionsw is von B z 1 hnun ~-
ür D kriptivisten sind Eigennamen bloß v rkürzt od r 1 hl ~-
1t K nnz i hnung n [definite de crijJtion°], wäh~ nd d 11 nu-
d sk1iptivi t n zufolg di t rn l au alk tt di R fi 1 ~z o-
m
~ar im l<all von Allg m inb g1 n d ~mini. rt (u~d _zm111
11 1
t
un J•a]l von d nj nig n Allg 1n inb griff n, eh 11 turh h

17
Regel",,d~ Guy e ausc~rück~)..<?erade deshalb ist er die Grundlage
für Gu s Cbertrag~ng~1clent1f 1z1eru~g. .
Die Handlung spielt 1111Umfeld einer „Pnvatschule" in den Drei-
ßigerjahren und is.t geprägt von leerem pat1~~otis~he111 G:erede und
dem Terror, den die Studentenvorsteher (,,Gotter ) auf die gewöhn-
lichen Studenten aus_üben. ~ocl~ in all diesem Terror steckt etwas
Unverbindliches, es 1st damit nicht ganz ernst. Es hat etwas von
einen1 amü anten Zerrbild, das ein Universum verdeckt, in dem
das Genießen in all seiner Obszönität regiert, insbesondere in Forn 1
einesverästelten Netzwerks homosexueller Beziehungen - der wahre
Terror liegt eher ün unerträglichen Druck, genießen zu 1nüssen. Aus
diesemGrund waren Oxford und Cambridge in den 1930ern so ein
geeignetes Ziel für den KGB: Nicht nur wegen eines unter reichen
Studenten verbreiteten „Schuldkomplexes", da es diesen inmitten
einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen l(rise gut ging, sondern
vielmehr wegen dieser muffigen Atmosphäre des Genießens. Deren
Trägheit erzeugte eine unerträgliche Spannung, die nur durch den
totalitären" Aufruf aufgelöst werden konnte, allem Genuss zu ent-
"
agen. In Deutschland konnte Hitler den Ort dieses Aufrufs beset-
zen; in England waren es die !{GB-Agenten, die ihn sich zunutze
machten - zumindest unter Elitestudenten.
Der Film ist besonders wegen seiner Darstellung von Guys l(onver-
ion erwähnenswert: Diese ist gerade deshalb so feinfühlig, weil sie
die Konversion nicht zeigt, sondern nur ihre Elernente bereitlegt. Die
Rückschauin die 1930er - die den Großteil des Filmes ausmacht -
endet genau an dem Punkt, an dem Guy bereits konvertiert ist, es
jedoch noch nicht weiß. Der Film ist feinfühlig genug, den for1na-
len Konversionsakt auszusparen. Er beendet die Rückschau in einer
Situation,die de1jenigen ähnelt, in der jemand einen anderen Men-
schen bereits liebt, sich dessen jedoch noch nicht bewusst ist und
seineLiebe daher auf übertrieben zynische Weise und 1nit defensi-
vemGebaren gegenüber der Person ausdrückt, die er liebt.
Betrachten wir dies etwas näher: Wie funktioniert die Auflösung
desFil1nes?Es gibt zwei entgegengesetzte Reaktionen auf das muffige
Genießen:Judd weist es zurück und erklärt sich offen zun1 I<.onm1u-
n~smus(aus diese1n Grund konnte er kein KGB-Agent werden). Guy
hingegenvertritt einen extremen und verdorbenen Hedonismus, der
sichjedoch nach und nach auflöst (die „Götter" haben ihn durch eine

75
• hnen) Betrachten wir, wieder etwas vereinfacht ein B . .
b eze1c • . ' e1spie1
r ripke: Irgendwann in der Vorgeschichte wurde eine best'
von I:\.. f d d. unnite
Art von Gegenstand „Gold" getau t, 1:1n 1eser Name wurde an
diesem Punkt mit einem Bündel von Eigenschaften verbunden (ein
stark glitzerndes, gelbes Metall, das wunderbar g~formt werden
kann, und so weiter); im Lauf der Jahrhu~derte hat sich dieses Bün.
del von Eigenschaften parallel zur Entwicklung des menschliche
Wissens vervielfacht und verändert, sodass wir „Gold" heute m~
seinen spezifischen Eigenschaften im Periodensystem, mit seinen
Protonen, Neutronen, Elektronen, Spektren und so weiter identifi-
zieren; gehen wir jedoch davon aus, dass ein Wissenschaftler heute
die Entdeckung machte, dass die ganze Welt die Eigenschaften des
,,Gold" genannten Gegenstandes falsch eingeschätzt hat (der Ein-
druck einer glitzernden gelben Farbe wurde von einer universel-
len optischen Täuschung hervorgerufen und so weiter). In diesem
Fall würde sich das Wort „Gold" weiterhin auf denselben Gegen-
stand beziehen wie zuvor das heißt, wir würden sagen: ,,Goldbe-
sitzt nicht die Eigenschaften, die man ihm bislang zuschrieb." Und
nicht: ,,Der Gegenstand, den wir bislang als Gold bezeichnet haben,
ist in Wirklichkeit nicht Gold."
.Das .Gleich: gilt auch für die entgegengesetzte, kontrafaktische
Situation: Es 1st möglich, dass

es eine Substanz gibt, welche alle identifizierenden Merkmale besitzt die wir ge-
w_öh_nlichdem Gold zuschreiben und mittels deren wir es zunächst identifizieren
die Jedoch nicht dieselbe Art von Ding ist die nicht dieselbe Substanz ist. Wirwür·
den von ~inem solchen Ding sagen, daß es'zwar alle die Erscheinungsweisen hat mit
denen wir ursprüngl· ich GO ld 1'd ent1·r· .
1z1eren, . Gold 1• t.io
daß es aber dennoch nicht

Waru m. Wei·1d.iese Substanz nicht durch eine Kausalkette, die bi•


zur „urspr_ünglichen Taufe", aus der die Referenz Gold henor-
g gadng n 1st., zurü kreicht, mit dem Namen Gold' "verbunden i t.
A11 m gl 1 h n G ru nd muss man Folgendes" sagen:

·1• n n t l k n oll·
11 d'
g g b n h, t auf i
n w1 n ,,ui.. ·d d
Wennalso, in anderen Worten, diese Quasi-Einhörner dem Bündel
Eigenschaften vollkommen entsprechen, das in der Bedeutung
~: Wortes„Einhorn" fe~tgelegt ist,. so könne~ wir doch nicht sic~er
sei•n, dass sich der mythische. Begriff des „Einhorns" ursprünglich
darauf bezog, dass es also dieser Gegenstand war, auf den der Be-
riff „Einhorn" bei der „ursprünglichen Taufe" festgelegt wurde ...
~ie könnte uns der libidinöse Gehalt von Kripkes Aussagen ent-
gehen? Was hier auf dem Spiel steht, ist die „Erfüllung des Begeh-
rens": Wenn wir in der Wirklichkeit auf ein Objekt treffen, das all
die Eigenschaften des phantasmatischen Objekts unseres Begehrens
besitzt,so sind wir doch notwendigerweise irgendwie enttäuscht; wir
machen die Erfahrung, ,,dass es das nicht ist"; es wird offensicht-
lich, dass das reale Objekt, das wir letzten Endes gefunden haben,
nicht das ist, worauf sich unser Begehren bezieht, obwohl es all die
nötigen Eigenschaften aufweist. Vielleicht ist es kein Zufall, dass
Kripke als Beispiel Objekte gewählt hat, die einen extrem libidi-
nösen Beiklang haben und in der überlieferten Mythologie ohnehin
das Begehren verkörpern: Gold, Einhörner ...

Die zwei Mythen

Wenn wir bedenken, dass das Kampffeld zwischen Deskriptivis-


mus und Antideskriptivismus derart von einem Unterstrom der
Begehrensökonomie 'durchdrungen ist, sollte es nicht überraschen,
dassLacans Theorie uns dabei helfen kann, die Begriffe dieses Kon-
fliktes zu klären. Dabei geht es uns jedoch nicht um eine quasi-
dialektische „Synthese". von zwei entgegengesetzten Standpunkten,
sondern, ganz im Gegenteil, darum zu zeigen, dass sowohl Des-
kriptivismusals auch Antides]µiptivismus denselbenwesentlichenPunkt
verfehlen:die radikale Kontingenz des Namens. Das zeigt sich darin,
~asssich beide Positionen eines Mythos bedienen, einen Mythos er-
fi~den müssen, um ihre Lösung zu verteidigen: Bei Searle finden
wir den Mythos eines ursprünglichen Stammes, bei Donnellan den
Mythoseines „allwissenden Beobachters der Geschichte" -12 Um den
Antideskriptivismus zu widerlegen, erfindet Searle eine primitive
meinschaft von Jägern und Sammlern, die eine Sprache nutzt,
die Eig nnamen enthält:

19
kenntj der jeden und neugeboren S
. d'1 em Sta1nm . . f· d e tarn
t 11n ,
·r
l un ,or 111
. R l1men on
z r"etnon1en g tau t, an
. .
nen der ga
nzeSttnes,
. . d r" rd -n un a . . vor daß die heranwachsenden Kind atnrn
1111t 11 • . 11 , 1t r 11111 .. . er die .
t 1·111in1111t. t 11n " n urg Se n Straßen und Hau er in•der Umgebung 'k
du h \a.
rc ll·111n.
d r M n h n B . gebe im Stam1n 1n s tn tes Tabu d
111 11 11 \ ir an . es Red
" i 1 rn n. nd n 111n . des Name nach einem Tod erwähnt wird D ens
• alsJe1nan . • erW
ü r Tot , o daß nie111 . c 1 der· dieser Sta1nm hat gemaß meiner B Hz
. • t un ein1ac1 • esch.
di r G hiebt i n E' narnen die in genau derselben Weise zu B re,.
. • der qgen ' r ez
bung in In utuuon . dies bei unsern Namen der Fall ist, aber b . d'ug.
1. , 1d t werden, wie d d? d • v ez 1eser
nalun " : . . Mal ein Name so verwendet, ay ze .n..ausalkettentheorie de.
tammwird!um em.ziges 1 Ver

tändigungdarau ifzutra'ifi
e.13

. Stamm erfüllt anders gesagt, jeder Namensgebrauch


In d i em .' . . .D B •d .
d n An pruch des Deskr1pt1v1smus. er .ezug wir ausschließlich
• Bündel von Eigenschaften bestimmt. Searle weiß natür.
d urc h ein . . h . p k .
lieh da s solch ein Stamm nie e~st1ert at; sein u~ t ~st lediglich,
da die Art, wie die Namen in d1ese.m Sta1:~ni:1 ~unktionieren, logisc
ur.prünglichist: dass alle vom„Antideskr1pt~v~.s~u~ vorgebr~chten
Gegenbeispiele logisch sekundar un? ,,par~si tar sind und die vor.
geordnete „deskriptivistische" Funktio~sweise des N.amens implizie-
ren. Wenn wir von jemandem nur wissen, dass sein Name Smith
lautet - wenn mit anderen Worten der einzige intentionale Gehalt
,on „Smith" ist, dass er „die Person ist, auf die sich andere als Smith
beziehen" -, dann setzt solch eine Bedingung logischerweise die
Existenz von mindestens einem anderen Subjekt voraus, das viel
mehr über Smith weiß - für das der Name „Smith" ·mit einem gan-
zen Bündel von Eigenschaften verbunden ist (ein alter fetter Gentle-
man, der einen Kurs über die Geschichte der Pornographie gibt...).
. vom Antideskriptivismus als " normal" beschriebene Fall(dass
Der
eine Referenz durch eine externe Kausalkette vermittelt wird),ist
a~ 0 bloß .~ie ,:ext~rne" Beschreibung (die den intentionalen Gehalt
n~_chtberucksi:htigt) einer „parasitären" - das heißt logisch sekun·
dären - Funktionsweise.
. m Searl e zu widerlege n, mussen
]1c
•• wir• zeigen
· • ursp ru"ng·
dass sein
1
. 1 r Stam
. m, in • d . '
em Sprache ausschließlich deskriptiv funku~
. . •.
n1 rt, n1 ht nur emp • • h . 1st.
· ,fit
•da ..
D 1 r1 wurd ma irisc , sondern auch logisch unmöglich
lb • ••·e 11

. . n se st verständlich zeigen wie die „para sitat


utzung die r 1n de 8·k • • ' A be·
ginn an z rs t d nptive Funktionsweise immer und von n ,
1 digli h.. · zt, ~ss Sear]es Mythos eines ursprünglichen Stainiu
in w 1t r V: • . , nten
ariante einer vollkommen tran pai

140
in chaft ist, in der Bezugnahmen nicht durch irgendeine Ab-
G tnnheit oder irgen
• d'einen Mange I getrübt werden.
we • d
MitLacan mu~s man einen an eren_Aspekt hervorheben: In Searles
Bechreibung di~ses Stammes ~ehlt einfach etwas. Wenn es uns wirk-
. h um Sprache im strengen Sinne geht, also um Sprache als soziales
1IC
etzwerk,in d em Bed eutung nur existiert,
•• wenn sie intersubjektiv
anerkannt wird - sie kann also ihrer Definition nach nicht „privat"
sein-, dann muss ein Teil der Bedeutung jedes Namens darin lie-
gen, dass er sich auf ein Objekt bezieht, weil dies sein Name ist, weil
andere diesen Namen nutzen, um das besagte Objekt zu bezeichnen:
Jeder Name implizie:t dieses se~bst-referentielle und zirkuläre Mo-
ment, insofern er Teil der gemeinsamen Sprache ist. Man kann die
Anderen" hier selbstverständlich nicht auf empirische andere redu-
"
zieren; vielmehr verweisen sie auf Lacans „großen Anderen", also
auf die symbolische Ordnung.
Hier treffen wir auf die dogmatische Blödheit, die dem Signifi-
kanten als solchem eignet, nämlich die Blödheit, deren Form die
Tautologieist: Ein Name bezieht sich auf ein Objekt, weil diesesObjekt
sogenannt wird - diese unpersönliche Form (,,es wird so genannt")
verweistauf die Dimension des „großen Anderen", die jenseits der
anderen Subjekte liegt. Das Beispiel, das laut Searle ein Inbegriff
des Parasitismus ist - das Beispiel der Sprechenden, die nichts
über das Objekt wissen, über das sie sprechen, und deren „einziger
intentionaler Gehalt [ist], daß sie den Namen verwenden, um dar-
über zu sprechen, worüber andere sprechen, wenn sie den Namen
verwenden"14 - impliziert vielmehr, dass es in der Sprache als so-
zialem Band einen notwendigen Konstituenten für jeden „norma-
len" Namensgebrauch gibt - dieser tautologische Konstituent ist der
15
Lacan'sche Herrensignifikant, der „Signifika_nt ohne Signifik~t" -
Ironischerweise ist dieser Mangel tatsächlich als Tabu Teil on
Searles Beschreibung (,,es gebe im Stamm ein striktes Tabu de
Redens über Tote"). Searles mythischer Stamm besteht also au P -
chotikern die _ wegen des Tabus das auf den N a1nen der Toten
' '
lastet - die Funktion des Namen-des-Vaters verwerfen. 16 Man er-
hindert so dass der tote Vater in die Herrschaft eine an1 n
ilbergeht. Wenn Sear les Deskri ptivismus die Dit:Ue~.ion de _großen
Anderenalso verfehlt so verfehlt d r Antide kripu '1 inu - J de~1 -
fallsin s in r vorh r~sch nd n For1n - d n kleinen anderen, 1 o d1

11
. Reales und damit die Unterscheid
. d Qb1ekts a1s , . ung
Ditn n 1011 es J d R •ta"tim Lacan sehen Sinne. Deshalb s h
. R 1 m un ea 11 • uct
z, 1 eh n ea . . eh J·enem X, nach einem Merkmal d
·d k puvismus na , as
der Anti es r~ R .c z durch alle Veränderungen ihrer Ei'g
. d •t"t einer e1eren . en.
die I entl a h . d r Realität garantiert. Und deshalb muss
f hindurc 1n e er
c.h a ten_ M thos erfinden: Donnellans Mythos des „allwissen
einen eigenen Y Geschichte ", d er ein • G egens tue
„ k zu Searl
d n Beobachters d er d .c 1 d es
e. . . S bildet. Donnelan hat as 10 gen e scharf sinnig
primitivem tamm . e
und kontrafaktische Beispiel konstruiert:
• zige was ein gewisser Sprecher über Thales weiß oderzu
Angenommen, d as ein , . h'l l d
. b • t daß Thales ein griechischer P 1 osop 1 war er gesagt hat,daß
wissen g1au t, IS , • l · · ·
a 11 · t
es Wasser 1s . Doch angenommen ' es gab n1ema. s einen gnech1schen Philoso
phen der so etwas gesagt hat. Angenommen An~toteles und Herodot sprachen
von einein Brunnengräber, der gesagt hat: ,,Ich wunschte daß alles Wasserwäre,
dann bräuchte ich nicht diese verdammten Brunnen zu graben." In so einemFall
spricht der Sprecher laut Donnellan über diesen Brunnengräber, wenn er den
X amen "Thales" verwendet. Nehmen wir außerdem noch an, daß es einen Ere•
miten gab, der niemals mit irgend jemande1n irgend etwa zu tun hatte unddaß
der tatsächlich der Ansicht war, alles sei Wasser. Trotzdem prechen wir, wennwir
„Thales" sagen, ganz klar nicht von diesem Eremiten. 17

Heute ist uns die ursprüngliche Referenz, der Startpunkt einer


Kausalkette - der arme Brunnengräber - unbekannt. Ein „allwis
sender Beobachter der Geschichte", der die Kausalkette bis zumAkt
der „ursprünglichen Taufe" zurückverfolgen kann, könnte auchdie
ursprüngliche Verbindung zwischen dem Wort „Thales" und dem,
was es bezeichnet, wiederherstellen. Warum ist dieser Mythos-
diese antideskriptivistische Version von Lacans Subjekt, dem Wisse
unterstellt wird (sujetsupposesavoir) - notwendig?
?a Grundpr~blem des Antideskriptivismus besteht darin ~ube~
~im~en, was die Identität eines bezeichneten Objekts jenseits ?e
~
1
_h imme~zu wandelnden Bündels von Eigenschaften kon 111 ; °
1 1
. t ?
- was 1e Selbstidentität eines Objekts gewährleistet, auch"~
111

. h all s 1ne Eigensc


s1 • ha f'ten gewandelt haben· wie
. man das Ob1ek
J .
t1v Korr Jat d s t . ' , 1 d Namen
1 . • ,,S arren Beze1chnungsausdru ks , e '
1~, glr ifi n kann, insofern dieser dass lbe Ob1ekt in allen inöglic?el
·vvi t n und k0 t 1.. ( k · J • ••bhele
.. . d
1 ion
~ a a tischen Situationen bezeichn t. Die u der
s Ant1d k • • • d s
nachträglichwr. s r11tivismus übersieht dabei j do h: a Objkt'
e 'JJeit der Benennung ist, der die Identität e1nes

112
in
. all n kontrafaktischen Situationen (durch den Wechsel all
e . d h) . .
<
sei
Eigenschaften hin urc garantiert: Es 1st der Name, der Sig-
ner
'f'kant, der d'1e Id ent1tat
• .. d es Ob'~ekts stützt. Dieser „Überschuss"
1
nt
.11110biekt, das 1n •
a 11en mag „ 11c
• h en l vve
AT 1ten dasselbe ist ist mehr
al es selbst",
:1
sol 1 h e1'ßen, es 1st
• Lacans objetpetit a: Wir' suchen " es
:geblich in der positiven Realität, weil es keine positive Konsis-
;:nz hat - weil es lediglich die Vergegenständlichung einer Leere
und Diskontinuität ist, die in der Realität durch das Auftauchen des
Signifikanten eröff~et w~rd. Gen~u.so verhält es sich auch mit dem
Gold:Wir suchen in seinen positiven, physischen Eigenschaften
vergeblichnach diesem X, das es zur Verkörperung von Reichtum
macht;genauso verhält es sich auch mit der Ware (um ein Beispiel
vonMarx zu verwenden): Wir suchen unter ihren positiven Eigen-
schaftenvergeblich nach derjenigen, die ihren Wert (und nicht nur
ihren Gebrauchswert) ausmacht. Die antideskriptivistische Vorstel-
lung einer externen Kausalkette der Kommunikation, in der eine
Referenzvermittelt wird, übersieht jedoch die radikale Kontingenz
der Benennung, nämlich die Tatsache, dass die Benennung nach-
träglichihre Referenz konstituiert. Die Benennung ist notwendig,
sieist jedoch sozusagen nur im Nachhinein und nachträglich not-
wendig,sobald wir bereits „drinstecken".
DieRolle des Mythos vom „allwissenden Beobachter der Geschichte"
entsprichtalso Searles Mythos des primitiven Stamms: Beide dienen
dazu,die radikale Kontingenz der Benennung zu begrenzen, zu zäh-
menund eine Instanz zu konstruieren, die ihre Notwendigkeit garan-
tiert.Im ersten Fall wird die Referenz durch den „intentionalen Ge-
halt"garantiert, der dem Namen immanent ist; im zweiten Fall_wird
siedurch die Kausalkette garantiert, die uns bis_zur „ursprünglichen
Taufe"zurückführt, die das Wort mit dem Objekt verbindet. ~enn
die "Wahrheit" im Konflikt zwischen Deskriptivismus und Antide. -
kriptivismusdennoch beim Antideskriptivismus liegt, so deshalb, .weil
v hl
der re er d es Ant1deskr1pt1v1smus
• • •· au f ei'ner anderen Ebene hegt: ..b
• bl' d I o g genu r
Dieserist gegenüber seinem eigenen Resultat . in : a 1c . d
d h zu wissen . D r E1 i1 1g
~' was er „hervorgebracht hat, 0 ne es 11
bt da ob) t a al
Anndeskriptivismus liegt darin, dass er uns. aun '. au dru k , zu
real-unmögliches Korrelat des „star:en ~ez i . nu ~1 in 11 , i nifi-
begr ·c d
e11en- also des point e capzon 1 ·t m Sinne ein „
karun.
1'
D r tarr B z ichnung au druck und das objet a

Wenn \! ir . d aian
. resthalten
1
1 ,
dass der point de capiton ein „Knoten
• • • •

k " . A ~tBedeutungsknoten 1st, so heißt das nicht, dass er ein


1fach da eine
un t r d B •
reichhaltigste" Wort ist, in dem er _gesa~te edeutungs-
r ichtuin des Feldes, das er „steppt", kondensiert wird: Der Pointde
capitoni t vielmehr das Wort, d~s ei~em ge~ebenen Feld als Wortauf
d r Ebene des Signifikanten Einheit verleiht u~d d~ssen _Identität
kon tituiert: Er ist sozusagen das Wort, auf das sich die ,Dinge" be-
ziehen um sich ihrer Einheit zu versichern. Betrachten wir etwa die
berüh~te Marlboro-Werbung: Auf dem Bild sieht man einen braun
gebrannten C~wboy~die weite P_rär~e ~nd so ':eiter - al~ das hat
elbstverständhch die „Konnotation eines be timmten Bildes von
Amerika (das Land harter, ehrlicher Leute und eines grenzenlosen
Horizonts ...). Der Effekt des „Steppens" tritt jedoch er t durch eine
gewisse Umkehrung ein, näinlich dann, wenn die „echten" Ameri-
kaner anfangen, sich (in ihrer ideologischen Selbsterfahrung) mit
dem Bild zu identifizieren, das von der Marlboro-Werbung geschaf-
fen wurde - also erst, wenn Amerika sich selbst als „Marlboro-Land"
erlebt.
Mit allen anderen Symbolen der sogenannten „Massenmedien"
Amerikas verhält es sich genauso - schauen wir uns etwa Coca-Cola
an: Der Punkt ist nicht, dass Coca-Cola eine ge,,visse ideologische
Erfahrung/ ein gewisses ideologisches Bild von Amerika „konno-
tiert" (der frische, prickelnde, kalte Geschmack und so weiter);
der Punkt ist vielmehr, dass dieses Bild von Amerika seine Iden-
~ität ~~d:1rch e~langt, dass es sich mit dem Signifikanten „Coke"
identifiziert. Ein platter Werbespruch könnte lauten: ,,Amerika,
das is~ CokeI" Der entscheidende Punkt ist, dass dieser Spruch -
,,Amerika (das ideologische Bild eines Landes in all seiner Viel-
falt), das ist Coke (dieser Signifikant)!" - nicht umgedreht werden
k~nn~ : :'Coke (dieser Signifikant), das ist (das bedeutet) A,merika!"
Di inzig mögliche Antwort auf die Frage, was Coke ist, wird v0 !1
? rbung g _g b n: Coke ist das unpersönliche „it" (,,Coke, th!
18 1
_tI ) - ok ist das „das reale Ding", das ungreifbare X, ehe
ObJ ktursa h d s ß g hr ns .
n di s , zusätzli h n X ist di 01 ration d
. WC>~. St JJI ns' nicht
und sy
z11 kuJar ~· l · " d
• inin tus 1 - wir könn n l ii sw gs b h<upt n, a •

144
das alles nichts bringt, da Coke ja zunächst den „Geist Amerikas"
bezeichnet (?as ~ündel von E~genschaften, das angeblich Aus-
druck Amerikas 1st), der dann 1n Coke als seinem Signifikanten
und signifizierenden Repräsentanten kondensiert wird: Bei dieser
sitnplen Umkehrung erhalten wir gerade dieses zusätzliche X, die
Objekt-Ursache des Begehrens, dieses „ungreifbare Etwas", das „in
Coke mehr als Coke" _istund das sich Lacans Formel zufolge jeder-
zeit in Kot und ungenießbaren Schlamm verwandeln kann (es reicht
&chon,dass man die Coke warm und schal serviert).
Man kann die Logik dieser Umkehrung, die einen Überschuss
produziert, anhand des Antisemitismus veranschaulichen: Zunächst
erscheint der „Jude" als Signifikant, der ein Bündel angeblich „tat-
sächlicher" Eigenschaften umfasst (intriganter Geist, Profitsucht
und so weiter), dabei handelt es sich jedoch noch nicht wirklich
um Antisemitismus. Damit wir es mit echtem Antisemitismus zu
tun haben, muss die Beziehung umgekehrt werden: Weil sie Juden
sind,sind sie so (gierig, intrigant ... ). Diese Umkehrung scheint zu-
nächst rein tautologisch - wir könnten erwidern: Natürlich ist das
so, weil „jüdisch" gerade bedeutet, gierig, intrigant und schmutzig
zu sein ... Doch der Schein von Tautologie trügt: Der „Jude" in dem
Satz „weil sie Juden sind" bezeichnet nicht eine Reihe tatsächlicher
Eigenschaften, sondern bezieht sich auf das ungreifbare X, auf das,
was „im Juden mehr ist als der Jude". Der Nationalsozialismus hat
verzweifelt versucht, dieses X zu greifen, zu messen und in eine
positive Eigenschaft umzuwandeln, die es uns ermöglicht, Juden
auf objektiv-wissenschaftliche Weise zu identifizieren. .
Der „starre Bezeichnungsausdruck" zielt somit auf de°: un~?ghch-
realen Kern, auf das, was „im Objekt mehr als das Objekt_ ist, _auf
dieses Mehr, das von der Operation des Bezeich~ens produ~iert wird.
Der entscheidende Punkt ist, dass man die Verbmdung zwisch~n der
radikalen Kontingenz der Benennung un~ der Entstehungslogik d~s
"starren Bezeichnungsausdruckes" begreife~ mus~, durch d~n ein
gegebenes Objekt seine Identität erlangt_. Die ~~dikale _I{onungenz
de B · 1• • t eine irreduzible Lucke zwischen d 111
r I enendnudng imp 1z1erh'edl1'cl1enModi eine1 Sy1nboli i rung:
Rea en un en untersc 1 . .
• b · h'
E1ne est1mmte 1stonsc e · h.ß!
Tronstellation kann auf

unt
k · r 111 dh h
Weisensymbolisiert werden; das Reale selb t ent 11a1t ein n notw n-
dig n Modus seiner Symbolisierung.

15
. Frankrei h ied rlage im Jahr 1940 an• D
ha l n wn, u~1 -folg lag darin, dass sich sein Symbolisi~r er
hl 'i 1zu .r htam _1d rlage durchsetzen konnte (,,Diese Niedung
d r trau1nat1 n 1 h er.
. d bni einer s hon lange eruntergekomrne
l i t a rg . 11 h f .c • dl. h . .. . nen
d mokrau c n ra . h T diuon und gese sc
. a ts1ein
.. . ic er JUdisch er
inflü . dah r birgt ie di Chance, die franzosi~che Gesellschafts.
m korporatistischen und organischen Grund auf
or d nung au f n eu , h 1 · •
zub auen ... .
, ) Somit wurde das, was zuvor noc
b
a s traumatischer
d .
und
un b iT i 1c ·r1· h r ,r.erlust
v• erfahren wurde,.
1es ar un . .erhielt eine Be-
d utung. Der Punkt ist jedoch, dass diese Symb~hsieru:1g nicht ins
R al elb t eingeschrieben war: Man gelangt nie an einen Punkt
an dem die Umstände selbst zu sprechen beginnen", an dem di~
prache anfängt, unmittelbar als. ,,S~rache des Real~n:' zu fungie-
ren: Petains Symbolisierung hat sich im I(ampf um die ideologische
H geinonie durchgesetzt. . . . .
eil das Reale keine Stütze für seine direkte Symbolisierung an-
bietet - weil jede Symbolisierung letztlich kontingent ist -, kann die
Erfahrung einer gegebenen historischen Realität einzig durch das
Drängen eines Signifikanten Einheit erlangen, indem sie sich auf
einen „reinen" Signifikanten bezieht. Es ist nicht das reale Objekt,
das als Referenzpunkt die Einheit und Identität einer gewissen
ideologischen Erfahrung garantiert - es ist, ganz im Gegenteil, die
Referenz auf einen „reinen" Signifikanten, die unserer Erfahrung
Yon historischer Realität Einheit und Identität verleiht. Die histo-
rische Realität wird selbstverständlich immer symbolisiert; wie wir
ie er~ahren, wird immer durch verschiedene Symbolisierungsmodi
verrmt~elt: Alles, was Lacan diesem phänomenologischen Gemein-
platz hinzufügt, ist die Tatsache, dass die Einheit einer gegebenen
"Bedeutungserfahrung" - die selbst der Horizont eines ideologi-
c~en_~edeutungsfeldes ist - von einem „reinen", bedeutungslosen
,, 1gn1f1kantenohne Signifikat" gestützt wird.

i ideologische Anamorphose

ol"nnn nun sehen, wie uns Kripkes Theorie des „starren


.r •

B ze1 1nungsausdruckes"
ka n d . •
l • s· 'fi·
. .. - .a so eines bestimmten reinen 1gn1 .
.. d 1·' 1 rB~1 Id nt1tat eines gegebenen Ob1ekts über das vet·
1 1 ünd I von Besc l1rei'bungen hinaus J
bezei hn t und

14
konstituiert - einen begrifflichen Apparat bereitstellt, um den Sta-
tus von Lac1aus „A nt1-• E ssent1a• 11smus
• " 19 zu begreifen.

Betrachten wir
etwa Begriffe wie „Demokratie", ,,Sozialismus" oder „Marxismus":
Die esse~~i~listisc~e Illusion besteht_ im Glauben, es sei möglich,
ein endguluges_ ~undel von Besc?re1bungen und positiven Eigen-
schaften (so m1n1mal es auch sei) zu bestimmen, das das dauer-
hafte Wesen der „Demokratie" und ähnlicher Konzepte definieren
kann - jedes Phänomen, das vorgibt, als „demokratisch" klassifiziert
werden zu können, muss die Bedingung erfüllen, dieses Bündel von
Eigenschaften aufzuweisen. Laclaus Anti-Essentialismus führt uns
zu dem Schluss, dass es entgegen dieser „essentialistischen Illusion"
unmöglich ist, solch ein Wesen und Bündel fester Eigenschaften zu
definieren, das in „allen möglichen Welten" und kontrafaktischen
Situationen gleichbliebe.
„Demokratie" lässt sich letztlich nur dadurch definieren, dass sie
alle politischen Bewegungen und Organisationen umfasst, die sich
als „demokratisch" legitimieren und bezeichnen; man kann den
„Marxismus" nur so definieren, dass dieser Begriff alle Bewegungen
und Theorien bezeichnet, die sich durch einen Verweis auf Marx
legitimieren und so weiter. Die einzige Möglichkeit, die Identität
eines Objekts zu definieren, ist zu sagen, dass dieses Objekt immer
vom selben Signifikanten bezeichnet wird und immer an denselben
Signifikanten gebunden ist. Der Signifikant konstituiert den Kern
der „Identität" des Objekts.
Kehren wir wieder zur „Demokratie" zurück: Gibt es auf der Ebene
der positiven deskriptiven Merkmale wirklich eine G~mein~amkeit
zwischen dem liberal-individualistischen Demokratiebegriff und
der realsozialistischen Theorie, die behauptet, die Grundeigen-
schaft der wirklichen Demokratie" sei die Führungsrolle der Par-
tei, die die ~ahren Interessen des Volkes repräsentiert und dadurch
dessen Herrschaft sicherstellt? . . .
W1r• so11 ten uns h"1er n1c• ht u:on der offensichtlichen, Jedoch fal-
V' • • •

..
Schen Losung . d"1e 1rre f u..hren lassen ' dass der. realsozialistische
1n . .
De k · b "ff • f: h falsch und degeneriert 1st, dass er ein
mo ratie egr1 ein ac . 18
. D okratie wird
perverses Zerrbild der wahren Deinokraue td•." emB .ff ( .
let r . d osi tiven Gehalt ieses egri ein
. zt ich nicht durch en P h ·ne Identität in einer
Signifikat) definiert, sondern ~ur d•:;-c, r:einen 1
G gen atz und
bestimmten Position und Relation - ui c

17
. . B zi hung zu „nicht- l m kratisch". Der ko
in d1fi r ntl 11 . . d eh bi in Extr m wan l ln, nämlich ~-
111 1 11
kr t I nh lt k_a~ A J ~! uss (für real- ozial is tis h e Marx• bis
. 11 1ugen u . isten
zun1 . 'ff demokratisch" genau die Phänomene ct·
b z i hn t d r B gri " . k • 1 ,,..., . , 1e
.. L'b le für anudemo ratisc 1en .totahtaris
d r trad1 t1 n 11 1 ra lllus
hält)· . d f ndamentale Paradox des point de capiton:D
Da al O 1 t as u . Id 1 . er
tarre B zeichnungsausdruck",. der <:ine . e~ ?g1e totalisiert,
. d d metonymische Gleiten seiner Signifikate anhält ist
111 n1 e1 a d' '
.
v,; d er ein un p kt u"bergeordneter . Bedeutungs
. 1chte noch
. eine
• d' da sie selbst vom differentiellen Wechselspiel ihrer
Garanue, 1e - . .
Elemen te ausgeschlossen ist - als stabiler
d d D „
und fixer Referenzpunkt
d
d' t Er ist vielmehr das Ele1nent, as as rangen es Signifi.
iei;e·n innerhalb des Feldes der Signifikate repräsentiert. Es selbst
kID . • k
i t nur , reine Differenz": Seine Rolle 1st rein stru turell und sein
We en rein perforn1ativ - seine Bedeu tu?g f ~ll t ~i t ~e_inemeige-
nen Äußerungsakt zusammen; kurz, es 1 t ein „S1gn1f1kant ohne
Signifikat". Es ist für die Analyse eines ideologischen Gefüges da-
her entscheidend, diese selbstreferentielle, tautologische, perfor-
mative Operation auf zudecken, die hinter der blendenden Pracht
jenes Elements liegt, das das ganze Gefüge zu ammenhält (,,Gott",
„Land", ,,Partei", ,,Klasse" ... ). Ein „Jude" ist letztlich eine vom
Signifikanten „Jude" stigmatisierte Person; all die phantasmatische
Vielfalt der Eigenschaften, die Juden angeblich charakterisieren
(Gier, intriganter Geist und so weiter) soll nicht verdecken, dass
,,Juden in Wirklichkeit nicht so sind". Sie soll also nicht die empi-
ri ehe Realität der Juden verdecken, sondern die Tatsache, dass wir
e . bei der antisemitischen Konstruktion eines „Juden" mit einer
rein strukturellen Funktion zu tun haben.
Die wirklich „ideologische" Dimension ist somit der Effekt eines
ge_wi en_ ,,P~~spektivfehlers"; das Element, das das Drängen des
r inen Signifikanten im Bedeutungsfeld repräsentiert - das Ele·
m nt, dur h d~s der Unsinn des Signifikanten inmitten der Bedeu·
t~ng h rvorbncht -, wird als ein Punkt wahrgenommen, in dem
di B d utung xtr m gesättigt ist, der allen anderen Elementen
,,B d utung v rleiht" und der somit das Feld der (ideologischen)
ßdutu r·· • . •
. . ng to.~a181 rt. Da ~en1ge EI 1nent, das di I1n1nanenz et·
n s ig n n Auß rungsprozcsses in der Struktur der Äuß rung

148
.. entiert, wird als eine Art transzendente
repra . . Garantie verstanden .
DasElement, das _nur den _:Iatz ei~es gewiss~n Mangels besetzt und
. einer körperlichen Prasenz nichts als die Verkörperung eines
1115
gewissenMa~ge 1_s ist,_
• wir 'd a 1 P un kt ex~r-~mer Fülle wahrgenom-
!
men.Kurz, ~ie reine_Differenz wird als dentitat wahrgenommen,die vom
relational-differentiellen_ Wechselspiel ausgenommen ist und <les-
5
en Homogenität garantiert.
Wirkönnen diesen ,,~ersp~ktivfehler" als ideologischeAnamorphose
bezeichnen.Lacan bezieht sich an mehreren Stellen auf Holbeins
GemäldeDie Gesandten:Wenn wir uns das Gemälde aus der richti-
genPerspektive anschauen, so erkennen wir in dem, was von vorne
betrachtetals ausgedehnter, ,,erigierter" und bedeutungsloser Fleck
erscheint, die Umrisse eines Schädels. 20 Die Ideologiekritik muss
eineähnliche Operation vollziehen: Wenn wir das Element, das das
ideologische Gefüge zusammenhält, also diese „phallische" und
erigierte Bedeutungsgarantie, aus der rechten (oder genauer und
politischgesprochen: aus der linken) Perspektive betrachten, dann
könnenwir darin die Verkörperung eines Mangels und einer Kluft
des Unsinns erkennen, die inmitten der ideologischen Bedeutung
klafft.

Identifizierung
(Graph des Begehrens: UntereEtage)

ZurNachträglichkeit der Bedeutung

Nachdemwir verdeutlicht haben, wie der point de capitonals „star-


rer Bezeichnungsausdruck" fungiert - nämlic? a~s_Signifikant, der
seine Identität in allen Variationen seines S1gmfikats bewahrt -,
sindwir nun beim wahren Problem angelangt: Führt die Totalisie-
rung eines gegebenen ideologischen Felds durch die ?per~tion des
"Steppens", die• seine
• Bedeutung f uoert,
• • d az.u , dass
. . keine Überre te
bleiben;schafft sie das endlose Gleiten des Signifikant~n reStl? ab.
Undfalls nicht wie können wir die Dimension begrerfilelnf, -~1ed_der
11
0 ta1· · ' G h d s Beg·ehrens ste t ur 1e e
1sierung entgeht? Lacans rap e
Frageneine Antwort bereit. 21

149
Graph 1

Lacan hat diesen Graphen in vier aufeinanderfolgenden Formen


artikuliert; um ihn zu erklären, sollten wir uns nicht auf die letzte,
vollständige Form beschränken, da die Abfolge der vier Formen
nicht auf eine lineare und graduelle Vervollständigung reduziert
, erden kann; vielmehr impliziert sie die nachträgliche Verände-
rung der jeweils vorangegangenen Formen. Man kann beispiels-
weise die letzte, vollständige Form, die die Artikulation der oberen
Etage des Graphen enthält (den Vektor von S(A) nach nur be-
greifen, wenn man sie als Ausführung der Frage Che vuoi ?22 begreift,
die von der vorhergegangenen Form markiert wurde: Wir verfehlen
den Punkt, wenn wir vergessen, dass es sich bei der oberen Etage
lediglich um die Artikulation der inneren Struktur einer Frage han-
delt, die vom Anderen ausgeht und mit der das Subjekt jenseits der
ymbolischen Identifizierung konfrontiert ist.
Fangen wir mit der ersten Forn1 an mit der Elementarzelle des
23
Begehrens" (siehe oben, Graph 1). Hierbei ' "
handelt es sich einfach
um die graphische Darstellung des Verhältnisses zwischen Signifi-
kant und Signifikat. Es ist bekannt, dass Saussure dieses Verhältnis
anha nd von zwei parallelen Wellen oder zwei Oberflächen dessel-
24
b. n ~!att Papiers verbildlicht hat: Das lineare Fortschreiten de
.ignifikats verläuft parallel zur linearen Artikulation des Signi-
fikanten • Lacan st ru kt uriert
• d'1ese Doppelbewegung ganz andei•,;•
.
!~n ~Y~~.
t~i
8
t .
1
he, vorsymbolische Intention (markiert als ö) ,,steppt
!gm ~-anten_kette,die Reihe des Signifikanten, die vom V,k·
8
inar 1 rt wird • Das Subjekt ist das Produkt di es St ppen
(das, was „auf der anderen Seite herauskommt", nachdem die
1nythische - reale - Intention den Signifikanten durchlaufen hat
und wieder aus diesem hervorgegangen ist) und wird vom Mathem
g markiert (das geteilte, gespaltene Subjekt, das zugleich der aus-
gelöschte Signifikant ist, also der Mangel des Signifikanten, die
Leere, die Leerstelle im Netz des Signifikanten). Diese minimale
Artikulation bezeugt bereits, dass wir es hier mit dem Prozess der
Anrufung von Individuen als Subjekte zu tun haben (das Individuum
ist hier gewissermaßen eine vorsymbolische und mythische Entität;
auch bei Althusser wird das als Subjekt angerufene „Individuum"
begrifflich nicht definiert - es ist einfach ein hypothetisches X, das
man voraussetzen muss). Der point de capiton ist der Punkt, durch
den das Subjekt an den Signifikanten „genäht" [,,sewn"] wird.
Gleichzeitig ist er der Punkt, der das Individuum als Subjekt anruft,
indem er es durch den Ruf eines gewissen Herrensignifikanten
adressiert (,,Kommunismus", ,,Gott", ,,Freiheit", ,,Amerika"). Er ist,
in einem Wort, der Punkt auf der Signifikantenkette, an dem die
Subjektivierung stattfindet.
Ein entscheidendes Merkmal auf dieser elementaren Ebene des
Graphen ist, dass der Vektor der subjektiven Intention den Vektor der
Signifikantenkette in eine rückwärtige Richtung nachträglich steppt:
Er tritt an einem Punkt aus der Kette heraus, der dem Punkt, an dem
er ihn durchstochen hat, vorausgeht. Lacan betont die Nachträglich-
keit dieses Bedeutungseffekts in Hinblick auf den Signifikanten. Das
Signifikat bleibt in Hinblick auf das Fortschreiten des Signifikanten-
kette zurück: Der Bedeutungseffekt wird immer nachträglich - apres
coup-erzeugt. Signifikanten, die noch „flottieren" -deren Bedeutung
noch nicht fixiert ist - folgen aufeinander. Dann, an einem bestimm-
ten Punkt - an dem die Intention die Signifikantenkette durchsticht
und durchquert-, fixiert ein Signifikant nachträgli~h d_i~Bedeutung
der gesamten Kette, näht eine Bedeutung an den S1gnifikanten und
hält das Gleiten der Bedeutung an.
Um diesen Prozess richtig zu verstehen, müssen wir uns nur da
oben beschriebene Beispiel des ideologischen „St pp ns ' vergeg n-
wärtigen: Im ideologischen. ~aum glei~en Si,~nifikant ~1 wie „F1~i-
heit" Staat" Gerechtigkeit und „Fn d n ... dann J doch wird
ihre K;tte ddr~h einen Herrensignifikant n (,,I 1nn1uni n1u ) r-
gänzt, der ihre (ko1n1nunistis h ) B d utung na hträgli h t tl gt:

11
. d n ei~wi't"klicht,wenn die bürgerlich-torrn
·1 't" t nur an a1
Fr. I 1 _i „ i d wird die bloß eine andere Form von Sklav
Fr ih 1t u b r, un n ' d. l h d ere1
" . d Mittel durch das 1e 1errsc en e Klasse ct·
i t· d r „ taat 1st as , .. 1e
. il Herrschaft aufrechterhalt; der Austausch f
Bedingungen 1rer . h" . . au
r gerecht noch gleic sein, weil die bloß
d 1n Mar kt k an n Wede " . e
..
Forn1 d e Aq u1v
• alententausches
.
zwischen Arbeit und Kapital
. .. Aus-
.
b utung b ed eu t et , ,,l(rieg" ist der Klassengesellschaft
. . 1nharent- nu,
, 1
. • - t'sche Revolution kann bleibenden „Frieden" schaHen
d 1e oz1a11s 1 . " ..
d O weiter. (Das liberal-demokratische „Steppen wurde selbst-
u;r tändlich eine ganz andere Artikulation :on Bedeutung produ-
zieren; ein konservatives „Steppen" würde en_1eBedeutun~ hervor-
bringen, die beiden Feldern entgegenges~tzt 1st, u_nd ~o weiter.)
Schon auf dieser elementaren Ebene konnen wir eine Logik der
Übertragung erkennen- also di~_Logik des Grundmechanis~u~, der
die Illusion im Phänomen der Ubertragung hervorruft: Die Uber-
tragung ist die Kehrseite des Prozesses, bei dem das Signifikat in
Hinblick auf den Signifikantenstrom zurückbleibt; sie besteht in der
Illusion, dass die Bedeutung eines bestimmten Elementes (die nach-
träglich vom Eingreifen eines Herrensignifikanten fixiert wurde)
von Anbeginn schon als dessen immanentes Wesen vorhanden war.
Wir befinden uns „in einer Übertragung", wenn uns die wahre Frei-
heit „von Natur aus" als Gegensatz der bürgerlich-formalen Freiheit
erscheint, wenn wir glauben, der Staat sei „von Natur aus" ein Instru-
ment der Klassenherrschaft und so weiter. Das Paradox liegt selbst-
verständlich darin, dass diese Übertragungsillusion notwendig ist
und dass der Erfolg der Operation des „Steppens" daran gemessen
werden kann: Die capitonnageist nur dann erfolgreich, wenn sie all
ihre Spuren verwischt.

Der „U mkehrungseff ekt"

Lacan~ ~~ndlegende These zum Verhältnis zwischen Signifikant


~ nd Sigrufikat lautet also: Wir haben es nicht mit einem linearen,
immanenten und notwendigen Fortgang zu tun, in dem sich Be-
deutung a~sg~hend von einem ursprünglichen I{ern entfaltet,
sondern
.
mit einem
.
rad'k1 a 1 konttngenten
• ·
Prozess einer nac 11t1·"g-
a
~chcn Produktion von Bedeutung. Wir sind somit bei der zweiten
rorm d 8 Grap Iicns d es B gehrens angelangt. Hier werden die zwei •

152
punkte spezifiziert, an denen die Intention (~) die Signifikanten-
kette kreuzt: 1:-und s(A) , der große Andere und das Signifikat als
25

dessen Funktion:

Graph II

Signifikant

l(A) S

Warum befindet sich A - also der große Andere als synchroner


und symbolischer Code - an der Stelle des point de capiton? Ist der
point de capiton nicht gerade die Eins, der singuläre Signifikant,
der in Hinblick auf das paradigmatische Netz des Codes einen
Ausnahmeplatz einnimmt? Um diese scheinbare Inkohärenz zu
verstehen, müssen wir uns nur ins Gedächtnis rufen, dass der point
de capiton die Bedeutung der vorangehenden Elemente fixiert:
Soll heißen, er unterwirft sie nachträglich einem Code und regu-
liert ihre wechselseitigen Beziehungen durch diesen Code (so wie
wir es eben am Beispiel des Codes gezeigt haben, der das kom-
munistische Bedeutungsuniversum reguliert). Es ließe sich be-
haupten, dass der point de capiton den großen Anderen, den syn-
chronen Code repräsentiert und seinen Platz in der diachronen
Signifikantenkette einnimmt: Ein Paradox ganz im Sinne Lacans,
demzufolge eine synchrone und paradigmatische Struktur nur in-
sofern existiert, als sie selbst von der Eins, von einem singulären
Ausnahmeelement verkörpert wird.
Daraus wird auch ersichtlich, warum der andere Schnittpunkt d r
beiden Vektoren als s(A) markiert wird: An diesem Punkt treff, n
wir auf das Signifikat, die Bedeutu~g,. die eine Funktion de gro-
ßen Anderen ist. Sie ist der nachtraghche Effekt d „St pp n ,

15
.. . d Punkt ausgehend erzeugt wird, an dem d
d r rü k~artl? von dm gleitenden Signifikanten durch Bezug as
rhältn1 z, 1 chen benl. chen Code fixiert wurde. auf
1 ·onen sym is
O
den nc 11 . d hte letzte Abschnitt des Vektors des Sign·
\,Varu1n"'r1rd er r ec ' . 1 ) 1 S• " l·
. S S/ (d dem point de capzton fo gt a s " t1mme bezeich.
f1kanten - er • d' S •
. R"tsel zu lösen müssen wir 1e t1mme streng rn't
n t";)U1n d ieses a ' . lb „ l
• .c . lso nicht als Träger emer se s tprasenten Bedeu
Lacan begre11en. a •
„ (
tungs f u 11e wie • bei· Derrida) ' sondern als bedeutungsloses
. . . Ob1'ekt
J ,
als
. kth ft Relikt und Überrest der Sign1fikantenoperation, der
ob~e a es . bl .b • d'
.
capztonnage: D1· e St1·
mme ist das ' was ei t,
. wenn wir ie nachträg•
liehe Operation des „Steppens": welche die Bedeu~~ng produziert,
S ·gnifikanten abziehen. Die konkreteste Verkorperung dieses
1
vomb'ekthaften Status der Stimme ist o f'C1ens1c • l 1• h d •
1t 1c 1e hypnotische
~trmme: Wenn man uns dasselbe Wort endlos wiederholt, verlieren
wir die Orientierung, und das Wort verliert die letzten Spuren seiner
Bedeutung. Nur seine träge Präsenz bleibt übrig, die eine Art ein-
schläfernde, hypnotische Macht auf uns ausübt - dies ist die Stimme
als „Objekt", als objekthafter Überrest der Signifikantenoperation.
Man muss noch eine weitere Eigenschaft der zweiten Form des
Graphen erklären: nämlich die Veränderung an seinem unteren Ab-
schnitt. Rechts unten liegt - statt der mythischen Intention (~) und
des Subjekts (S), das hervorgebracht wird, wenn diese Intention die
Signifikantenkette durchquert - das Subjekt, das die Signifikanten-
kette durchsticht. Das Produkt dieser Operation wird nun als I(A)
markiert. Erste Frage: Warum wird das Subjekt von links (Resultat)
nach rechts (Anfangspunkt des Vektors) verschoben? Lacan hebt
selbst hervor, dass es -~ich hierbei um den „U mkehrungsseffekt"
han~elt - also um die Ubertragungsillusion, durch die das Subjekt
J~der Stufe „zu dem wird, was es immer schon war": Ein nach-
trag~icher Effekt wird als etwas erfahren, das von Anbeginn da "'ar.
Zweite Frage: Warum bildet I(A) nun unten links das Resultat des
Vektors des Subjekts? Hiermit sind wir endlich bei der Jdentifizie·
rung angelangt· I(A) st ht f" d' f" ·
·e Id t'f' . • e ur ie symbolische Identifizierung, ui
dl en 1 1z1erungdes s b' k . (I)
• ß
im gro en Anderen • d
u ~e ts mit dem Zug des Signifikanten
.
Di ser Zug .., in . er symbolischen Ordnung.
"reprasentiert" hL ·r·k n
ten „das Subjekt f" . nac acans Definition des Sign1 1 a. •
in m am d ur einen anderen Signifikanten" 26 und ni111n1t in
en o er Ma d (d d ·
n at en das Subjekt übernimmt und/ 0 et

154
. hen bekommt) eine konkrete und wiedererkennbare Form an.
ver
an muss diese sym b o 1·1~ch e Id _enti_
I
ie 'f 1zierun~
•• von der imaginären
1
Jd tifizierung unterscheiden. Sie wird.von einer neuen Ebene zwi-
l~;ndem Vektor des Signifikanten (S-S/) und der symbolischen
J~entifizierungeingefü~rt, n_ämli~h durch die Achse, die das ima-
inäreIch (m)27 und seinen 1magmären anderen i(a) miteinander
~erbindet.Um mit sich selbst identisch zu werden, muss das Sub-
jekt sich mit dem imaginären ande~en ident_ifizieren und sich von
sichselbst entfremden - es muss seme Identität sozusagen aus sich
herausin das Bild seines Ebenbilds verlegen.
Der„Umkehrungseffekt" basiert auf dieser imaginären Ebene - er
wirdvon der Illusion gestützt, durch die sich das Selbst als autono-
merAgent versteht, der von Anbeginn als Urheber seiner Handlun-
gen präsent ist: Durch diese imaginäre Selbsterfahrung verkennt
dasSubjekt seine radikale Abhängigkeit vom großen Anderen, von
der symbolischen Ordnung als seiner dezentrierten Ursache. Doch
anstattdiese These der für das Ich konstitutiven Entfremdung im
imaginärenAnderen zu wiederholen - dabei handelt es sich um
LacansTheorie des Spiegelstadiums, die auf der Achse m-i(a) ver-
ortetwerden muss -, sollten wir unsere Aufmerksamkeit lieber auf
dieentscheidende Differenz zwischen imaginärer und symbolischer
Identifizierung richten.

Bildund Blick

DasVerhältnis von imaginärer und symbolischer Id~ntifi_zierung -


von Ideal-Ich*und Jchideal*2s_ ist, um Jacques-Alain Millers Un-
t:rscheidung (aus seinem unveröffentlichten Semin~r) _zu~u tzen,
ein Verhältnis zwischen „konstituierter" und „konst1tuttver I~en-
ti_fizierung29:Bei der imaginären Identifi~ierung ~and_elt es sie~:
einfach gesagt, um eine Identifizierung mit dem B~!_d,in_dem' 11
unsseihst a 1s sympat h"1sch ersc heinen , das also. .repi
. asenu1 rt,d ,,l, a
wirgerne wären" Bei der symbolischen Idenuf iz1erung 1a? t e
•h · • · d Platz von de·maus " 1r b ob-
sie um eine Identifizierung mit em ' . d 1· b
a l . 1 ympatlu 11 un 1 n ,v rt
c ltet werden, von dem aus wir uns a s s
erscheinen. .
Fü t ll n , 1r u n r, da „ b i
r gewöhnlich und spontan . M l II I l al n u 1d
de ld . . . d' I 1111'tat1on von n, • r
r entif 1z1erung um 1 '

15
. .M t llt etwa fest (gewöhnlicherwei e auf h
·b ld rn g ht. an e " k • ) d . rab.
t I . d rwa hsenen Perspe tive ' a s dieJ·un
la nd t au r ' F. l d gen
ut i h mit olk h Iden Popsänge:nf, f:.ihmstarfs do er Sportlern
. . . . . pontane Begrif u rt au oppelt W .
1d nuf1z1 r n ... 0 1 ei . f d d . eise
. . E weil die Eigenscha t un er Zug einer p
in di Irr . 1 t n . . .. . h . b . er.
. d
on m1t r , n u 1 • n •dentif 1z1eren,
. ubhc .erweise ver orgen ist _ es
han d 1t 1. 11 n1• 11t notwendigerweise um eine besonders glamouro·· se
........
,.....
haft.
dieses Paradox missachtet, so kann das zu ernsten
nnn1 an Sh .
politi chen Fehleinschätzungen führen. c aue_n wir uns nur die
.. terreichi ehe Präsidentschaftswahl 1986 an, in deren Zentrum
di kontroverse Figur Kurt Wald h e1ms
o • stan d .so D a d'1e Linken
• da.
,on au gingen, dass Waldheim die Wählers~haf~ d~rch s~in Image
al großer Staatsmann betörte, v~rsuchten sie die Offenth:hkeit in
ihrer Wahlkampagne davon zu uberzeugen, dass Waldheim nicht
nur eine dunkle Vergangenheit hatte (und wahrscheinlich in Kriegs-
verbrechen verwickelt war), sondern dass er außerdem nicht dazu
bereit war, sich seiner Vergangenheit zu stellen, und daher den ent-
cheidenden Fragen auswich - seine Grundeigenschaft war es also
ich zu weigern, seine traumatische Vergangenheit „durchzuarbei-
ten . Dabei übersahen sie jedoch, dass es gerade diese Eigenschaft
war, mit der sich die meisten Wähler aus der Mitte identifizierten.
Ö terreich war nach dem Krieg ein Land, dessen ganze Existenz
auf der Weigerung beruhte, die traumatische Nazi-Vergangenheit
durchzuarbeiten". Indem die Linken bewiesen, dass Waldheim
ich seiner Vergangenheit nicht stellen wollte, hoben sie genau den
Zug hervor, mit dem sich die meisten Wähler identifizierten.
Die theoretische Lehre, die wir daraus ziehen können, ist, dass der
Zug, mit d~m man sich identifiziert, auch ein Versagen, eine Schwä-
che oder ein Schuldgefühl sein kann, sodass wir die Identifizierung
unwillentlich ~er~tärken, indem wir diesen Zug hervorheben. Die
r. chte Ideologie 1st besonders geschickt darin, den Menschen solc~ 1

m ~h~äcl~e od~r. s?lch ein Schuldgefühl als Zug anzubieten, 1111~


d .1e sich id ntif izieren können: Spuren davon finden sich ogai
b 1 Hitl r. B i s in n öft ntlichen Auftritten konnten sich die ~1 n·
sch n b sond rs mit s in. n Ausbrüch n ünpot nter Wut iden_tifi·
zi r n - si " r kannt n " s1 h also in di s m hyst ris h n Au ·a,gter rn
wi d .

15
D r Z\i it gr i r nd r F hler besteht jedoch darin zu über-
h n da di imaginäre Identifizierung immer eine Identifizie-
rung im Auftrag eine gewi en Blickes im Anderen ist. Die Frage, die
wir al o imm r t llen mü sen, wenn ein Modellbild imitiert oder
in Roll ge pielt" wird, lautet: Für wen führt das Subjekt diese
Rolle auf? Welcher Blick wird berücksichtigt, wenn das Subjekt sich
mit einem bestimmten Bild identifiziert? Diese Lücke zwischen der
Art, wie ich mich selbst sehen möchte, und dem Punkt, von dem
aus ich mir selbst als liebenswert erscheine, ist entscheidend, um
die Hysterie (und die Zwangsneurose als Unterart), das sogenannte
hysterische Theater zu begreifen: Es ist klar, dass die hysterische
Frau sich bei einem solch theatralen Ausbruch dem Anderen als
Objekt des Begehrens anbietet. Die konkrete Analyse muss aber
herausfinden, wer - welches Subjekt - für sie den Anderen verkör-
pert. Hinter einer extrem „femininen" imaginären Figur können
wir oft eine maskuline und väterliche Identifizierung entdecken:
Sie agiert eine fragile Weiblichkeit aus, identifiziert sich jedoch auf
symbolischer Ebene mit dem väterlichen Blick, dem sie als liebens-
wert erscheinen will.
Beim Zwangsneurotiker wird diese Lücke bis zum Äußersten
getrieben: Auf der „konstituierten", imaginären, phänomenalen
Ebene ist er selbstverständlich in der masochistischen Logik seiner
Zwangshandlungen gefangen. Er erniedrigt sich, vereitelt seinen
eigenen Erfolg, organisiert sein Scheitern und so weiter. Die ent-
scheidende Frage lautet jedoch erneut, wo sich der grausame Blick
des Über-Ichs verorten lässt, für den er sich selbst erniedrigt und
dem die zwanghafte Organisation seines Scheiterns Lust bereitet.
Diese Lücke kann man am besten mithilfe des Hegel'schen Paare
"für den Anderen/für sich" artikulieren: Der Hysteriker erlebt ich
selbst als jemanden, der seine Rolle für den Anderen aufführt, eine
imaginäre Identifizierung ist sein „S~in-für-den-Anderen . Der ent-
scheidende Durchbruch, zu dem es 1m Rahmen der P choanal e
kommen muss ist ihn davon zu überzeugen das r elb t derj ni
is für den e; i~e Rolle aufführt - da al o in in-für-d n-
A~d ren igentlich sein Fürsichs in ist, w il r h mboli h b -
1
'ts ·t d m Bli k id ntifizi rt hat, fü1 d n r 1n Roll auffüh t.
B mt ht n wir in paar nicht-khn1 • • l1 B 1• p1• l , um d n n 1-
i ~azwi h n im ginä und ymboli h 1 Id ntifizi 1 un • zu
. . h t scharfsinnig analysiert, dass Chapi·
• h n 1 n t in a . . h d . ins
u 1i • . amen sad1s t1sc en un erniedrigend
u l1c ....,....,non „ 1n rK~radusn gekennzeichnet sind: In Chaplins F~ln
.....
1 eg nuber m er 1•
a tun . d . ht wie sonst, liebevoll behandelt. Sie werd
rd n Kin er nie , h en
m n 1
t wegen ihrer Fehler ausge ac t, Essen wird vo
hän lt er potte , . .. d . . r
seien sie Hubner, un so weiter. Hier mü
ihn n au e treut, a 1s . l h BI. k s-
. . d 1 d. Frage stellen mit we c em ic uns Kinde
en ir Je oc 1 1e ' d r
. k heinen die gehänselt un verspottet werden sollen
al Ob e te ersc , . · d •
.
un d keine zar e t n schutzbedürft1gen . . Kreaturen . s1n . Die Antwort
.
l lb tverständlich: Mit dem kindlichen Blick selbst - nur Kinder
,1autet e . · d. · h ·
b e11and e1n einander auf diese Weise; eine
d
sa 1stisc
.f ..
e Distanz zu
Kindern impliziert also eine symbolische I ent1 iz1erung mit dem
kindlichen Blick.
Da genaue Gegenteil dieser Perspektive findet sich in Dickens'
Bewunderung der „guten, einfachen Leute", diese imaginäre Iden-
tifizierung mit ihrer armen, aber fröhlichen, vertrauten und unver-
dorbenen Welt, in der es keinen grausamen Kampf um Macht und
Geld gibt. Doch von wo aus (und hierin liegt sein Fehler) betrach-
tet der Dickens'sche Blick die „guten, einfachen Leute", sodass sie
ihm als liebenswert erscheinen - von wo aus, wenn nicht gerade aus
der Perspektive der korrupten, von Geld und Macht regierten Welt?
Eine ähnliche Lücke können wir auch in Bruegels späten idyllischen
Gemälden beobachten, die Szenen aus dem Bauernleben darstel-
len (ländliche Feste, Kornmäher beim Mittagsschlaf und so weiter!:
Arnold Hauser hat gezeigt, dass diese Gemälde kaum etwas ID1t
eine~ wirklich plebejischen Haltung oder einer Annäherung an die
•~nden Klassen zu tun haben. Ihr Blick ist, im Gegenteil, der
a. ßerhche ~nd aristokratische Blick auf die bäuerliche Idylle und
ht _d r Bh~kder Bauern auf ihr eigenes Leben. 31
.1 gilt selbstverständlich auch für die Überhöhung der
~; ti_ n „gemeinen Arbeiter" durch den Stalinismus: Die·
1
eal 1 r nd Bild der Arbeiterklasse wird für den Blickder
•1 1• 1. nd n Par i-Bu··"" ..okrat1e
• 1nszen1ert
• . - es soll ihre
. Herr h,ft.
- ~- Au di. 8 m Grund waren Milos Formans t eh bi·
,~..........11 ub~ r 1v I 1·1 . .. 1·h n
. • n in n werden die kleinen, g wohn 1
po , l d m g z • t . d . . . h verba 1•
-•A~ wi •innlo il r „ ig ~Ir , wie würdelos sie s1_ fäbr·
, J i J.-,....... rauin sind ... Di s G st wa1 v1 1g
h nd Bü 0 k . rat1 zu v rspott
n wol1t
n. For1na
nicht die imaginäre Identifizierung des Bürokraten zerstören; er
zog es klugerweise vor, dessen symbolische Identifizierung zu un-
tergraben, i~dem er das Spektakel demaskierte, das für seinen Blick
aufgeführt wurde.

Voni(a) zu l(A)

Wir können diesen Unterschied zwischen i(a) und I(A) - zwischen


Ideal-Ich und Ichideal - noch besser veranschaulichen, indem
wir die Funktion von Spitznamen in der US-amerikanischen und
sowjetischen Kultur miteinander vergleichen. Betrachten wir zwei
Individuen, die jeweils die höchste Errungenschaft dieser bei-
den Kulturen repräsentieren: Charles „Lucky" Luciano und Josef
Wissarionowitsch Dschughaschwili „Stalin". Im ersten Fall ersetzt
der Spitzname den Vornamen (wir sprechen normalerweise ein-
fach von „Lucky Luciano"), während er im zweiten den Nachnamen
ersetzt (,,Josef Wissarionowitsch Stalin"). Im ersten Fall spielt der
Spitzname auf ein außerordentliches Ereignis an, welches das Indi-
viduum gezeichnet hat (Charles Luciano war „lucky", weil er ein
Attentat von verfeindeten Gangstern überlebte) - also auf eine posi-
tive, deskriptive Eigenschaft, die uns fasziniert; der Spitzname mar-
kiert etwas, das an diesem Individuum hervorsticht, sich unserem
Blick darbietet, das gesehen wird, und nicht den Punkt, von dem
aus wir das Individuum betrachten.
Im Falle von Josef Wissarionowitsch hingegen wäre es vollkom-
men falsch auf ähnliche Weise abzuleiten, dass „Stalin" (Russisch
'
für „der Stählerne") auf irgendeine stählerne, unerbittliche Eigen-
schaft Stalins anspielt: In Wirklichkeit sind die Gesetze des histori-
schen Fortschritts unerbittlich und stählern, es ist die eiserne Not-
wendigkeit, durch die der Kapitalismus zerfallen und der Übergang
zum Sozialismus stattfinden wird, in deren Namen Stalin (die e
empirische Individuum) handelt - dies ist die Per pekti e, au der
er sich selbst beobachtet und sein Handeln beurteilt. Wir könnten
also sagen, dass es sich bei ,,~tali~," u1~ den Pun~t. h ndelt, . '?11d m
aus sich „Josef Wissarionow1tsch - _dieses en~J 1r1 he Ind1v1duum,
diese Person aus Fleisch und Blut - 1dealer-we1e betra htet, u1n i h
s lbst liebenswert zu ersch in n.

19
. .. . "hnliche Spaltung auch in einer Spätschrift
Wir konnen eine a . . h • h . Von
n (aus der Zeit seines psyc otisc en Dehriurn )
ou au b eob acht e . d } s,
die fol ·endermaßen betitelt ist: Rous~:au;ug~ e ean_Jacques (Rrn1s-
eau ri~htetüberJeanjacques).s2Man konnte dies als e~nen Entwurf
•e des Vor- und Nachnamens begreifen: Der Vior
von Lacans Theorl d · · .. •
name b eze1c • hnet das Ideal-Ich ' den Punkt er 1maginaren Identi'f•
1-
.
z1erung, wa r"h end der Nachname vom Vater stammt
. - als Name-des
. -
ater bezeichnet er den Punkt der symbolischen Identifizierung,
. 1 tanz durch die wir uns selbst beobachten und beurteilen.
d 1e n , .1 ) • d'
Dabei ollte man nicht übersehen, dass Z\ a 1n 1eser U nterschei-
dung immer schon I(A) untergeordnet ist: Die symbolische Identifi-
zierung (der Punkt, von dem aus wir beobacht~t werden) beherrscht
und bestimmt das Bild, die imaginäre Form, 1n welcher wir uns als
liebenswert erscheinen. Auf der Ebene der formalen Funktions-
,veise wird diese Unterordnung dadurch bestätigt, dass der Spitz-
name der i(a) markiert, auch als starrer Bezeichnungsausdruck und
nicht bloß als Beschreibung fungiert.
Betrachten wir einen weiteren Fall aus der Welt der Gangster:
enn ein bestimmtes Individuum den Spitznamen „Scarface"
trägt, dann bedeutet das nicht einfach, dass sein Gesicht voller
arben ist; es bedeutet auch, dass wir es mit jemandem zu tun
haben, der selbst dann noch „Scarface" genannt werden würde,
enn man seine Narben, beispielsweise durch einen chirurgischen
~ngriff, entfernen würde. Ideologische Bezeichnungen f unktio-
nieren ähnlich: ,,Kommunismus" bedeutet (selbstverständlich
au der Perspektive eines Kommunisten) einen Fortschritt von
emokratie und Freiheit, selbst wenn - auf der Ebene der Tat-
ach n un~ ~esc~rei~~n~en - das politische Regime, das sic_hals
" mun 1st1sch leg1t1m1ert, extrem repressive und tyrannische
Phä~om n pro~uzie~~-Um erneut in Kripkes Begriffen zu spre·
n. " o~mun 1s11:1us?ezeichnet in allen möglichen Welten und
0
a~k ischen_ Situationen „Demokratie und Freiheit". Daher
.. r? 1ndung nicht empirisch und unter Bezugnahn 1e
1

\dhh h Geg b nheiten zurückgewiesen werden. Di:


r . ologi muss ihre Aufmerksamkeit also auf diejeni-
r eh an d d. .ti e
i ~-
_,. __j""~

·1 ' . n n 1 Namen (die prima Jacie post


1
)
,_....,~\k, z 1 hn n) b r its als „starr B z i hnungsau •

0
Doch"arum genau entspricht diese Unterscheidung zwi chen
d . Art, " ie wir uns selbst sehen, und dein Punkt, von dem aus wir
b;:bachtetwerden, der Unterscheidung zwischen Imaginärem und
mbo1ischem? Zunächst ließe sich behaupten, dass wir bei der ima-
ginärenIde~t~izie~~~ den ande~en auf ~bene der Ähnli~hkeiten
inutieren:Wrr1dentif1z1eren uns rmt dem Bild des anderen, insofern
"~rso sind „wie er". Bei der symbolischen Identifizierung hinge-
genidentifizieren wir uns mit dem anderen genau an dem Punkt,
an dem er unnachahmbar ist und sich der Ähnlichkeit entzieht.
Schauenwir uns, um diesen zentralen Unterschied zu erklären,
Woody Allens Film Mach's noch einmal, Sam an. Der Film beginnt mit
der berühmten Schlussszene aus Casablanca. Bald jedoch bemerkt
man,dass es sich dabei nur um einen „Film-im-Film" handelt. Die
Geschichtedreht sich in Wirklichkeit um einen hysterischen New
YorkerIntellektuellen, dessen Sexualleben ein Schlamassel ist: Seine
Frauhat ihn gerade erst verlassen; den ganzen Film hindurch er-
scheintihm Humphrey Bogart und erteilt ihm Ratschläge, macht
ironischeBemerkungen über sein Verhalten und so weiter.
AmEnde des Films wird seine Beziehung mit der Figur Bogarts
aufgelöst:Nachdem er eine Nacht mit der Frau seines besten Freun-
des verbracht hat, hat der Held ein dramatisches Treffen mit bei-
den am Flughafen; er verzichtet auf sie, lässt sie mit ihrem Mann
davonziehen und wiederholt so im echten Leben die Schlussszene
aus Casablanca,mit der der Film begann. Als die Frau über seine
Abschiedsworte sagt: ,,Das ist wunderschön", antwortet er: ,,E~ ist
aus Casablanca.Ich habe mein ganzes Leben darauf gewartet, diese
Wortezu sagen." Nach dieser Auflösung erscheint ihm Bogart ein
l~tztesMal und sagt, dass unser Held endlich „etwas Stil hat", da er
eine Frau zugunsten einer Freundschaft aufgegeben hat - und das
er ihn daher nicht länger braucht. .
Wie sollen wir diesen Rückzug der Figur Bogarts deuten? D1
naheliegendste Lesart deutet der Held ~n.seinen le~zten Wort n ~n,
die er an Bogart richtet: ,,Das Geheimnis 1 t , ohl n1cht, Du zu 1n,
sondern ich selbst zu sein." Anders gesagt, olange r H ld in
s hwa 11 r, zer b 1 chlich r Hysteriker ist, . brauF' ht d.
r 1n. Id al-1. h,
mit d m r si h id ntifizi r n kann, also .1n 1g~1r, 1 111n an 1 1t t;
obald b dl'ch rwa h n und„ ulvoll wird, brau ht r d n
ra r n 1 . . • l lä ·1 •
xt rn n Punkt für s in Jdentif 1z1rung n1 1t , ng r, \7 1 r mit

11
'd • h geworden ist - er ist „er selbst geworden" .
ich selbst i enusc . . d h d' d ' eine
autonome Perso
"nlichkeit. Die Worte Je oc , ie em
.
eben zitierten
r tergraben eine solche Lesart unmittelbar: ,,Sich
Satz io 1gen, un d . h" 1· h b er,
. . ht
du b ist nie a llzu groß und irgen wie ass ic , a er was soll's, 1ch

. kl • d hässlich genug, um auch selbst klarzukommen."
bin ein un d Id 'f' •
ld
Der H e ,, wächst also nicht aus er ent1 izierung mit Bogart
. d . kl.
"
h eraus , sondern identifiziert sich erst ann wir ich mit Bogan
. hk . " . d ,
sobald er eine „autonome Persönhc eit wir - genauer: Durch
seine Identifizierung mit Bogart wird er eine „autonome Persön-
lichkeit". Der einzige Unterschied ist, dass die Identifizierung nun
nicht mehr imaginär ist (Bogart als Modell, das nachgeahmt wird),
sondern,jedenfalls in ihrer fundamentalen Dimension, symbolisch-
also strukturell: Der Held verwirklicht seine Identifizierung, indem
er Bogarts Rolle aus Casablancain der Wirklichkeit aufführt - indem
er ein gewisses „Mandat" übernimmt, einen gewissen Platz iminter-
subjektiven symbolischen Netzwerk einnimmt (und eine Fraufür
eine Freundschaft opfert ... ). Diese symbolische Identifizierung löst
die imaginäre auf (lässt die Figur Bogarts verschwinden) - genauer:
~ie ändert ihren Inhalt radikal. Auf der imaginären Ebene kann
s1~hder Held ~un mit Bogart durch Eigenschaften identifizieren,
die abstoßend sind: dass er klein und hässlich ist.

Jenseitsder Identifizierung(ObereEtage des Graphen des Begehrens)

,,Chevuoi?"

DiesesWechseJspie
• 1 der imaginären
• • ••
und symbolischen Idenufizie·
rung unter der Herr h f d . .. • • kon·
tit · d ~c a t er symbolischen Ident1f1z1erung
u:~ en Me~hamsmus, durch den das Subjekt in ein gegebe:
" an::.;:s~mbbol_1schesFeld integriert wird - wie es ein be tin1n1te
ern1mmt • Das war f"ur L acan ganz klar:

~n hat au Fr uds Text den . .d alextra·


luert -1 zeichn t • . nLers h1ed zwischen Id al-lch und Ichi e, ·11e
mu z und I A f d bl mee1
g H hafllich Di'm . • . u er Eb n von I könn n Si ohn Pro e . tind
n 10n fül 1e1·
, g1umrw j e al ge ell I f 11 1r n. Das I des Id al k nn üb r 1 get
11 • •
.1 •dell•
Auße d c 1a t hch d• • rt wei
r m hat Laca11d' un tdeologis h Funktion kon tnue 11
voll
Pol· • k
111 am Grund der p Je seibs L •
1 • r.- • Fort
~ 8 111 n ncrits getan: Er 11't in g Wl e h 1 gie
1
sy 10Iog·1 stt • 1• 11 p ,c o0
u rt, o la inan di Th , a e

2
. e el1 cl1aftlich ' als eine. lacanianische
.
These ansehen kann _ wenn h •h
sc on nie t
e1g b ne auf der wlf i untersuchen, so doch zumindest auf der Ebene, au f
der .c.
17 e
~uf •r I fix1ere
. • 11•ss
der"1
inzige Problem ist nun, dass diese „Quadratur des Kreises"
Da e
derAnfU!~~g, d'1ese. • ku 1„
are . Bewegu_ng zw1sc~en
• symbolischer
d unaginarer Identifizierung immer einen gewissen Rest mit sich
~;ingt•Jedes Mal, we~ ~ie S_ig_nifik~ntenke~te,,_gesteppt"und so
ihreBedeutung nachtra~h~h f DUert :wird, bleibt eine gewisse Lücke
zurück,eine Öffnung, die in der dritten Form des Graphen durch
dasberühmte „Che vuoi ?" ausgedrückt wird: ,,Sie sagen mir das so,
aberwaswollen Sie damit sagen, worauf zielen Sie ab?"

Graph III

I(A) S

st
~iesesFragezeichen über der gebogenen Pfeillinie, die. " e~_Pt',
impliziert,dass zwischen Aussage und Äußerungsprozess eine Luc~e
beStehen bleibt: Auf der Ebene des Ausgesagten behaupten _Sie
dies,doch was wollen Sie mir eigentlich damit sa~en? etablier-
tenVokabular der Sprechakttheorie können wir di~se Lu~ke el~aft-
verstädl' . k • und 11lokut1er I<.1 t
n ich als Differenz zwischen Lo uuon

16
bezeichnen. 34 ) Genau an diesem Punk
. g benen Aussage . . d ;>" ••b d t, an
1ner g W . sagen Sie mir as. - u er er Aussag
• Frag _ arum
d 1n d ie . d. G e auf
". d Beg·ehren(das kleine 1m raphen) im U •
tau~11t
müs en Wlf as
d
. .
[demand]35lokalisieren:
s·ie r1ordern etwasnter.
c~u d zur For elrlun\ie wirklich, worauf zielen Sie mit Ihrer Forvdon
irur aber was wo en d d B e.
. S ltung zwischen For erung un egehren d r·
rung ab? Diese pa . k D kl . e I·
. .• . . des hysterischen SubJe ts. er ass1schen Form
mert die Position . d h . u.
. L ufolge lautet die Logik er yster1schen Forderun
herung acans z . h d h . g
c1 d aßen. Ich fordere dies von I nen, oc was ich wirklich
10 gen erm •" . . d .. .
von Ih nen 10
c rdere
,
ist, dass sie
.
meine For
. h ,"
erung zuruckwe1sen, denn
diese Forderung ... die ist es einfach n1c t. .. . . .
Diese Intuition liegt der verrufenen, ma_nnl,~ch-~hauv1n1~tischen
Weisheit zugrunde, dass „Frauen Hure_n sin? : D~e Frau 1steine
Hure, weil wir nie wirklich wissen, was sie meint - sie sagt beispiels-
weise „Nein!" zu unseren Avancen, wir können jedoch nie sicher
sein, dass dieses „Nein!" nicht in Wirklichkeit ein doppeltes „Ja!"be-
deutet - eine Aufforderung, noch offensiver vorzugehen; in diesem
Fall ist ihr Begehren genau das Gegenteil ihrer Forderung. In ande-
ren Worten ist der Spruch „Frauen sind Huren" die vulgäre Version
einer unbeantworteten Frage von Freud: Was will das Weib~ 36
Dieselbe Intuition liegt wohl auch einer weiteren Alltagsweisheit
zugrunde, der zufolge auch die Pali tik eine Hure ist: Nicht nurist
sie korrupt, heimtückisch und so weiter; vielmehr ist jede politi-
sche Forderung immer einer Dialektik verhaftet, die bewirkt, da
sie auf etwas anderes abzielt als auf das was sie buchstäblich be-
sagt: Eine Forderung kann beispielsweise 'eine Provokation sein,die
?arauf abzielt, zurückgewiesen zu werden (dann ist es am besten
ihr ohne Rückhalt nachzukommen). Das war auch, wie man' eiß,
L~cans_Vorwurf an die Studierendenrevolten im Mai 1968:Diee
eien einfach eine hysterische Rebellion, die sich nach einem neuen
Herrn sehne.
faDie vielle!chtbeste Veranschaulichung dieses Chevuoi?i t d r . n:
ng von Hitchcocks Der unsichtbareDritte Um die ru i eh n g n
t n von der richt•
•gen s pur abzubringen
. • erf 1ndet
. . CI ein n
die
Ag n n namens Geo · 1 ,i ti rt.
Man b I H . rge Kap 1an, der überhaupt
' 111 1t e r
uc 1t otelz1mm f" ·i . nnue,
kauet
11 Flugt· ke er ur 11n, tätigt in seine1n Namen ,1•.
1c t und • d' n1
h A so weiter - all das wird g· tan un 1 1 . .
n g nt n davon üb . . 1 ,i o i ti
zu rz ugen, da J{aplan w1rkh 1

164
11 r in Witkli l1k it 11ur in L rstell . .
i_ Zu B ginn d
ob~~o Films b find t sich der eH1sltd,
d1n Name ohne
'11·ag
1. • e er G h. h
'.' . wöhnli h r Am nkan I namens Rog r 0. Thorn . es . ic _te-
c111gllobbdi von d n Russen überwacht wird ·1 ~1ll-1n einer
Bot ... l aplan ang
bl' h d
1c ort aufhält. Ein Hotel
' we1 sich der my
s-
t ri d A f f .. angestellter betritt
. Lobbyun sagt: " nru ur Mr Kaplan. Befind t . h h' .
dI " b d' M e s1c ier ein
, . J{aplan? In ..e .en 1esem
~,11 · • oment macht Th orn h'll 1 d emselben
gestellten zufa 11igerwe1se ein Handzeichen um 1·h b d
An . ' m zu e euten
daSs er seiner Mutter ein Telegramm . .. senden
. will· n·1e Russen, d''1e
dieSzenebeobachten, halten ihn f alschhcherweise für K 1 Al
.. f ..h . 'h ap an. s
erdasH~te1ver 1ass t, ent u ren sie n, schlepp:n ihn in eine abge-
legeneVilla und verlangen, dass er ihnen von seiner Spionage b •t
erzählt.Natürlich weiß Thornhill davon nichts, seine Unschul;~i;~
jedochal~doppelte~ Spiel auf g~fas~t.
Worinhegt der, wie 1?-an es vielle1c~t nennen kann, psychologisch
überzeugendeKern dieser Szene, die doch auf einem nahezu un-
glaublichenZufall basiert? Thornhills Situation entspricht der
grundlegenden Situation Ales menschlichen Wesens als Sprach-
wesen[being-oflanguage](parletre, um Lacans kondensierte Worte
zunutzen37). Das Subjekt ist immer an einen Signifikanten gebun-
denund geheftet, der das Subjekt für einen anderen Signifikanten
repräsentiert.38 Dadurch wird ihm ein symbolisches Mandat ver-
liehenund bekommt einen Platz im intersubjektiven Netzwerk der
symbolischenBeziehungen zugewiesen. Der Punkt ist, dass dieses
Mandatletztlich arbiträr ist: Da es wesentlich performativ ist, kann
manes nicht durch einen Verweis auf die „wahren" Eigenschaften
undFähigkeiten des Subjekts begründen. Das Subjekt, das mi~ die-
semMandat beauftragt ist, wird so automatisch mi~ einem gewissen
Chevu:n?, mit einer Frage des Anderen konfrontl~rt. Der Andere
adressiertes, als besitze es selbst die Antwort auf die Frage, war~m
diesesMandat innehat, doch die Frage kann selbSt verSt än?bch
Oichtbeantwortet werden. Das Subjekt weiß nicht, warum ~s die en
Platzim • symbolischen
• Netzwerk einnimmt.• • Dah er kann seine nt- . .
Wortauf das Che vuoi? des Anderen nur die hYst eri~che ~rage ein.
,,Waru b' • . .
m 1n ich das was ich sein so , warum
ll habe ich die e
. d G
an-
·e
dat' W ' • K" 1g O r eor
Ka• arum bin ich (ein Lehrer, ein Herr, em on ,~· d re) ag t
;j>
1~n)?"Kurz:,,Warumbin ich das, wovonDu (derg;ro.f'en e
s ichessei?"
des psyc h oanalytischen . d
Prozesses befreit .
. sichd
zuin Ab hl us~ _ er akzeptiert, ass sein Sein nicht er
die er Frage db vorn,
I al a1 d on . d Aus diesem Grun egann die Psy h gro.
b .,,ündetwiri • . . c oan
ßenAndereneg . d hysterischen Symptoms, aus diesem G a.
1 1nit d r D utudng es.blichen Hysterie ihre „Heimat": De rund
. E r hrung· er we1 . . nnwa
i t d1 ria . d „ als Effekt und Zeugnis einer gesche't s
. d' H ster1e an er es d 1 enen
1 t 1e Y . d' hysterische Frage an eres als die Art'k
? Was 1st ie . • 1 ula
Anru f ung . k . des Sub 1ekts die symbolische Identifi 21• •
. d U11fähig e1t J ' erung
t1on e~ d . symbolisches Mandat vollkommen und h
11 ehen un sein . . o ne
zu vo zi "b hmen~ Lacan formuliert die hysterische F
Vorbehalt zu u erne • . . rage
o· Warum bin ic
. • h das
'
wovon Du
.
mir
.
sagst,
.
dass ich es bin~" W
• as
al ist das Mehrobjekt [surfl1:'5-obyect] m mir, das den Anderendazu
erleitet hat, mich als ... (I{b°:ig, Herr, Ehef:.au ... ) a~zu~~fen undzu
üß " [hain?39 Die hysterische Frage eroffnet die Lucke dessen
' gr •enSub ekt mehr als das SubJe • " , was d as Ob.
• k t ist ktim
7Je • Subjektist'
1
,.vas„lffi :J b' k d . ,
das der Anrufung/Unterordnung des Su e ts un seiner Inklusion
ins symbolische Netzwerk widerst_eht. .
Die vielleicht stärkste künstlerische Darstellung dieses Moments
der Hysterisierung ist Rossettis berühmtes Gemälde EcceAnc-illa
Domini,auf dem Maria just im Moment der Anrufung dargestellt
wird, in dem ihr der Erzengel Gabriel ihre Mis ion verkündet: unbe-
fleckt zu empfangen und den Sohn Gottes zu gebären. Wie rea~ert
Maria auf diese verblüffende Nachricht, auf dieses ursprüngliche
"Gegrüßet seist Du, Maria" [Hail Mary]? Das Gemälde zeigt,dass
sie sich ängstigt, ein schlechtes Gewissen hat und sich vor dem Erz·
~ngel in e_ineEcke zurückzieht, so als fragte sie sich: ,,Warum wurde
ich für diese dämliche Mission auserwählt? Warum ich? Waswill
dieser abstoßende Geist eigentlich von mir?" Das erschöpfte, blei•
ehe_Gesic~t un~ die dunklen Augenringe sind verräterisch: Voruns
b~find et sich eine Frau, die ein turbulentes Sexualleben hat uud
eine unzüchtige Sünderin ist - kurz eine Figur die Eva ähnelt;das
. . e ste11
Gemäld t dar, wie • „Eva angerufen ' wird Maria ' zu werden , 1111d
wie d1~sehysterisch darauf reagiert. '
MJ~rtin ~corseses Film Die letzte Versuchung Christi geht nocheinen
1r1ttweiter- Thern d F'l1 . . · · lot
· •. a es ms ist die Hysterisierung,}esuChnsttse '
r z 1gt uns einen g "h 1· f 1·h n
M d ewo n ichen, fleischlicl1en leiden cha t lC
ann, r nach und n h f: . . ' d ckt.
s
dass r d r 0 I G ac - asz1n1ert und voller Grauen - nt
1
in ottes und Träger der fürchterlichen, ab r auci

166
Iorr ichen Aufgabe ist, die Menschhe't1 d .
~. n. Da Problem ist, dass er mit di'e Aurch sein Opfer zu er-
1o ser nruf •h
ornmt: Seine „Versuchungen" bedeut ung nie t zurecht-
k • en gerade den h •
\,Viderstand gegen sein Mandat, in den Zweifeln . ysterischen
und den Versuchen, ihm auszuweichen, auch d an diesem Mandat
bereits ans Kreuz genagelt ist.40 ann noch, wenn er

DerJude und Antigone

In der Politik begegnet uns dieses Che vuoi "b 11 S .


. 'k . h • u era . o zum Bei-
spiel als d 1e ameri amsc e Presse nach den erst E .c 1
41 "h
kson wa ren d d en r10 gen von
Jesse Jac . . . es" Wahlkampfes 1988 a 1ng zu fragen:
nf'
"Was will . Jackson wirklich?
. Man konnte die rassi'st·1sch en Unter-
töne d1es~r Frage leicht heraushören, da diese Frage nie bei ande-
ren Kand1dat~n gestellt wurde. Dass wir es hier mit Rassismus zu
tun haben, w~d auc~ durch die Tatsache bestätigt, dass dieses Che
vuoi?am heftigsten 1n dem hervorbricht, was gewissermaßen die
destillierte Reinform des Rassismus ist, nämlich im Antisemitismus:
AusPerspektive des Antisemiten ist der Jude ein Mensch, von dem
mannie ganz genau weiß, ,,was er wirklich will" - der Antisemit geht
immer davon aus, dass geheime Motive seine Handlungen leiten
(beispielsweiseeine jüdische Verschwörung, die Weltherrschaft, die
moralischeKorruption der Nicht-Juden und so weiter). Der Fall des
Antisemitismus veranschaulicht auch, warum Lacan die Formel des
Phantasmas ans Ende der gebogenen Pfeillinie gesetzt hat, die
die Frage Che vuoi? bezeichnet: Das Phantasma ist eine Antwort auf
das Chevuoi? Es ist ein Versuch, die Lücke der Frage mit einer Ant-
wortauszufüllen. Im Falle des Antisemitismus ist das Phantasma der
,,jüdischen Verschwörung" - eine geheimnisvolle Kraf~ der J ud~n,
Ereignissezu manipulieren und im Hintergrund die Strippen zu zi~-
hen - die Antwort auf die Frage: ,,Was will der Jude?" Auf theoreti-
scherEbene muss man feststellen, dass das Phantasma als KonStruk-
tion und imaginäre Szene fungiert, die die Leerstelle und Öffnung
desBegehrensdes Anderen ausfüllt: In dem es uns die F~age, wa„ d;
Anderewill endgu··Jtig beantwortet, erlaubt es uns, einer unub
w·indbaren Sackgasse
' zu entgehen: Der A n d ere will etwa
. . on un ,
gleic
• hzeitig
• . können wir sein Begehren nie• h t in
• • e positl
in
ntwort
. . 'd t'f ieren können.
oder ein Mandat übersetzen, mit dem wir uns 1 en 1 12

167
Dadurch wird auch klar, we~halb die _Juden ~um. rassistischen
• kt schlechthin geworden sind: Verkorpert sich nn J.üdish
Ob~e . • F d' c en
Gott nicht dieses Che vuoi? in reinster orm, ieser furchtbare Ab
d des Begehrens des Anderen? Wird dies nicht auch durchd •
grun . ß'ld • G as
formale Verbot bezeugt sich „kein 1 nis _vo~ ott zu inachen"
also die Lücke ün Begehren des Anderen mit einem positivenphan.
tasmatischen Szenario auszufüllen? Selbst wenn Gott, wie es bei
Abraham der Fall ist, eine konkrete Forderu11g stellt (dass Abraham
seinen Sohn opfere), bleibt offen, was er wirklich damit beabsich.
tigt: Es wäre bereits eine unzulässige Vereinfachung zu behaupten 1

dass Abraham durch diesen scheußlichen Akt sein unendliches Ver-


trauen und seine Hingabe zu Gott unter Beweis stellen muss.Die
Grundhaltung eines jüdischen Gläubigen ist somit diejenige Hiobs:
Anstelle der Klage über all die Katastrophen, die der Andere (Gott)
über uns bringen will, tritt Unverständnis, Ratlosigkeit oder sogar
Entsetzen.
Diese entsetzte Ratlosigkeit markiert die ursprüngliche Bezie-
hung des jüdischen Gläubigen zu Gott und den Pakt, den Gottmi!
dem jüdischen Volk geschlossen hat. Dass Juden sich selbst als„aus-
erwähltes Volk" begreifen, hat nichts mit einem Glauben an i11Je
eigene Überlegenheit zu tun; sie besitzen keine besonderen Qua·
li~ten; vor dem Pakt mit Gott waren sie ein gewöhnliches Volk 1

n_ichtmehr oder weniger korrumpiert als die andere, und lebten


e~n normales Leben - plötzlich, traumatisch aufblitzend erfuhren
sie (durch Moses ••.), dass der Andere sie auserwählt hatte. Diese
Wahl.. sta. n d somit• nicht
• am Anfang, noch bestimmte sie · den „ur·
sprunghc_henCharakter" der Juden - um Kripkes Worte erneutzu
nutzen, sie hatte nichts mit ihrer deskriptiven Eigenschaft zu tu~i.
Warum wurden sie ··hl · h l"tzlichin
der Po .. . . auserwa t, warum fanden sie sic p O tt
• kl' hs1t1on ~1eder, in Gottes Schuld zu stehen? Was wollteGo
WJr IC von ihn ? n· elde
Inzesttab ~n •e Antwort ist - um die paradoxe Forn1
, duszu wiederholen - unmöglich und zugleich verboten. 1
M•.t an eren W r · l auel
als Gottesn 0,"·t. ~rten ieße sich die jüdische Position a so ' 11~c1
„zion Jenseit 0d . I en t
zwar j in G s - er vor - dem H eilig·en beze1c 1n ' . }it'
r1

d n Götteeg nsatz„ zur liei·ctn Ischen


• ·r
Überzet1gu11g das H et 1gege de·
J n voraus o· ' . ·on
Heilig n verde kt : 1~ser seltsame Gott, der die D1men\ 1. ein
181
1ationaJ 1, Man· ' nicht der „Gott der Pl1ilosophen oc al·
ager d 8 U •
niversums, der die heilige Eks'ta '

168
I{oinmunikationsmittel unmöglich macht· E . .
ägliche Punkt des Begehrens, der Lück • rdiSl einfach der uner-
tr · · e un Leere des An d eren,
d er von der f aszin1erenden Präsenz des H . .
. .. . ei 1igen verdeckt w· d J
den bestehen au f d ie Ratselhaftigkeit des B h ir • u-
. • h p ege rens des Anderen
auf diesen traumat1sc en unkt des reinen Ch - . .. . '
. h A d e vuoi · 0 ieser lost eine
unerträg 11c e ngst aus, a er weder durch e· 0 f
. b b 1· · in P er noch durch
liebevolle H inga e sym o is1ert und gentrifi·z'i·ert" d k
· b " wer en ann
Genau auf dieser E ene . sollten . wir den Bruch zwisch en Chns. ten-
· •
tum und Judentum 1okahsieren - im Gegensatz zu ···d· h R .
. d Ch . r JU isc en e1i-
gion der Angst 1st as ristentum die Religion der L • b M II
.ff L. b " d b . . ze e. an so te
den Begr1 „ 1e e. a ei. Jedoch so verstehen , wi·e er von Lacan
theoretisch beschrieben wird - man muss also di·e ni·men sion • einer

fundamentale Täuschung. verstehen: . .. Wir versuchen , die unert rag •· _
liehe Lücke d es Che vuoi ?, die Offnung im Begehren des Anderen
auszufüllen, indem wir uns dem Anderen als Objekt seines Be-
gehre?s anbieten. In diesem Sinne ist die Liebe, wie Lacan gezeigt
hat, eine Deutung des Begehrens des Anderen. Die Liebe antwor-
tet: ,,Ich bin der Mangel .in Dir; durch meine Hingabe und mein
Opfer werde ich Dich ausfüllen und vervollständigen." Die Liebe
ist also eine doppelte Operation: Das Subjekt füllt seinen eigenen
Mangel aus, indem es sich dem Anderen als Objekt darbietet, das
seineLücke ausfüllt - die Liebe täuscht uns dadurch, indem sie uns
vorspiegelt, dass zwei Mängel, die sich überschneiden, den Mangel
alssolchen durch gegenseitige Vervollständigung aufheben.
Man muss das Christentum also als einen Versuch begreifen, das
jüdische Che vuoi? durch den Akt der Liebe und des Opfers zu
„gentrifizieren". Das größtmögliche Opfer (die Kreuzigung, der
Tod von Gottes Sohn) ist der endgültige Beweis dafür, dass Gott-
vater uns mit einer allumfassenden, unendlichen Liebe liebt und
uns so die Angst des Che vuoi? nimmt. Die Passion Chri_sti- dieses
faszinierende Bild, das alle anderen Bilder überdeckt~ dieses phan-
tasmatische Szenario in dem die gesamte libidinöse Ökonomie der
christlichen Religio~ kondensiert ist - erhält ihre Bedeutung nur
vordem Hintergrund des unerträglichen Rätsels des Begehren
desAnderen (Gott). . .

E8 Iiegt uns natürlich fern zu e au pten, b h das Chr1stentun1
.
e1
h
eine Art Ruckkehr
.. . . h
zur he1dn1sc en ezie B • hung zwischen Men
.. . d
uod Gott: Dass dem nicht so ist, wird schon dadurch be taugt, a

169
. _ entgegen dem oberflächlichen Anschein _ d
da Chr1 tentum . . . er
'üdi chen Religion darin folgt~ die D1mensio? des Heiligen zu
Jv r d ecken. w·r1 treffen im Christentum ..
allerdings
. d auf etwas, das
.
einer ganz anderen Ordnung angehort: Die.. I ee des Heiligen . , der
. . t am Heiligen das exakte Gegenstuck zum Priesterist. D
nn 0 1en .. " 'b . er
Prie ter ist ein ,,Funktionär d~s H~i 1igen _; es gi t nic?ts Heiliges
oh ne eine Amtsträger und die burokrat1sche . . Maschine,
. die das
Heilige stützen und seine Rituale organisieren, seien es die azteki.
chen Opferrituale oder die modernen Staats-. oder. Armeerituale.
Der Heilige hingegen besetzt den Platz des obyetpetzt a, des reinen
Objekts, einer Person, die eine radikale subjektive Destitution4
durchläuft. Er führt kein Ritual aus und beschwört auch nichts
herauf. Er beharrt einfach in seiner trägen Präsenz.
un können wir auch verstehen, warum Lacan Antigone für eine
Vorreiterin der Opferung Christi hielt: Ihre Hartnäckigkeit macht
ie zu einer Heiligen und eindeutig nicht zu einer Priesterin. Aus
die em Grund müssen wir alle Versuche abblocken, sie zu domes-
tizieren und dadurch zu zähmen, dass man die furchterregende
Fremdheit und „Unmenschlichkeit", den apathischenCharakter ihrer
Figur verdeckt und sie zu einer zärtlichen Hüterin ihrer Familieund
ihres Haushalts macht, die Mitleid in uns hervorruft und sichals
~de?-tifi~ationsobjektanbietet. In Sophokles' Antigone ist Ismene die-
Jemge Figur, mit der wir uns identifizieren können: Sie ist liebevoll,
rücksichtsvoll, sensibel, bereit nachzugeben und Kompromisse ein-
z~gehen,_rührend und „menschlich" - im Gegensatz zu Antig~ne:
die an die. Gre~en geht, die „nicht in ihrem Begehren nachgibt
(Lacan). Sie wird - durch dieses hartnäckige Beharren auf den
" ode..trieb" u n d da s sein-zum-Tode
· - erschreckend rücks1c · htslos
un? fallt so aus dem Kreis alltäglicher Gef üble Rücksichtnahmen,
Leid n hafi d .. '
..sc ~en un Angste heraus. Anders gesagt, Antigone ru t in
f •
uns• (ruhrsel1gen
!W~J/ t~ . ' alltä'g1·ic h m1tfühlsamen
• Kreaturen) notwend'ger·
:rage hervor: ,,Was will sie wirklich?" Und diese frage
l I t Je e Identifizierung mit ihr aus
1

In d r u~ ... 1 . • . .
Jm • dopaisc ien Literatur wiederholt sich das Paar Anugon
u
n in
tin ... Hi'
Sades W k
• er , und zwar in Fortn des Paares
Ju}iette·
.
J • 1 1st Jus tin b r . f r 1111
G ·g n atz zu Juli ll (d~ e en,alls ~10 bedauernswerte~ O_P in
ß g „hr n ni ht na h il ~,sem apathischen Wüstling), die ,,111 h
110
g )t • Und waru1n sollten wir nicht auch

170
. dritt r ion d l aar Antig I
t1n . . bl . . . n - stn n •
... r~ 1~hn Die e1erneZeit ausn 1a 1 . ? in Margar th v
1rot(\ 1 . . 1cn Dort 'h . on
i h au in i l -1 r1 r1 tin (d1' f G g t s um in Paar
d d au udr E . c. '
ihr r b u rn w rt-mitf ühl d un ns hn ba i rt)
und · n n Schw
zt di r u 1lt ' 1 zu v rst hen" u d st r zusamm n-
t hi ht rzählt wird. (Der B itragn aus d rcn P rsp ktiv di
G . f'l1 n1 Deut chland i?n Herbvon
d in o111n1bu t43 bVolker SchI·· d
on orff aus
ntigon und udrun Ensslin miteina~der z~ubt eb n_f~llsdarauf,
Drei auf den ersten Blick unvereinba F' paralle.hs1eren.)
. . h f re iguren. D1 •• d
An tig·one, die s1c ür das Andenken ihr B d • • e wur evolle
. d' . h es ru ers opfe t· ct·
111i ke Juh~tte, ie sie dem Genuss jenseits aller Gre r' I~ p:o-
(al oJ·ense1ts
.
der Grenze, an dem der Genuss
·
h F nzen hingibt
noc reude be •t )·
diefanatisch-asketische Gudrun, die mit ihre ,,-, ~ei et,
n .1errorakten die Welt
au ihren All tags f reu d en und -routinen aufwe k .
. d' d . . c en wi11- Lacan er-
laubtes uns, . 1n. 1esen • reien dieselbe ethische p os1t1on • . zu erken-
nen' nämlich „1n seinem . Begehren nicht nachzugeb en ". Aus d.iesem
Gru~dr~fe~ al\~,drei _dasselb~ ~he vuoi? hervor, dasselbe: ,,Waswol-
lensie wirklich. Ant1gone mit ihrer starrsinnigen Hart ·· k. k ·
. . 'h h' h . . nac ig eit,
Juhette mit i rer apat isc en Prom1sku1tät und Gudrun mit ih
. " .,..., k 11 . ren
„sinnlosen .1errora ten: A e drei stellen das Gute, das durch den
Staatund die gewöhnlichen Moralvorstellungen verkörpert wird,
infrage.

DasPhantasma als Schirm für das Begehren des Anderen

DasPhantasma erscheint also als Antwort auf das Chevuoi ?,auf die-
sesunerträgliche Rätsel des Begehrens das Anderen, des Mangels
imAnderen. Zugleich steckt das Phantasma sozusagen auch die Ko-
ordinaten~nseres Begehrens ab - es konstruiert den Rahmen, der
esuns ermöglicht, etwas zu begehren. Die übliche Definition des
Phantasmas- ,,ein imaginiertes Szenario, das die Verwirklichung
~~eres Begehrens repräsentiert" - ist daher gewisse~maßen irre-
fuhrendoder zumindest ambivalent: In der phantasmauschen Szene
wi_rddas Begehren nicht erfüllt oder „befriedigt", sondern kon ti-
tuiert(es erhält seine Objekte und so weiter) - durch das Pha~tas"!a
~nenwir,"wie wir begehren".Das Paradox des Phantasma hegt m
diesr vermittelnden Rolle: Es ist der Rahmen, der unser Bege~r n
00rdiniert, und zugleich eine Verteidigung gegen da Chevuoi?

171
. . h' 44 der die Lücke und den Abgrund im Begehrend
1 t 1n 1rm
,,-,reibt man
.
dieses
p ara d ox au f d 1e
• Spitze
. es
d r n er d ckt · .1J • d - a1so
bi zur Tautologie -, so könnt~n wir sagen, ass das Begehren eine
Verteidigung gegendas Begehrenist: Das durch das Phantasma struk.
turierte Begehren verteidigt uns gegen _das Begehren des Anderen,
egen dieses ,reine" t:ans-p~antasmatische Begehren (also gegen
den Todestrieb" in seiner Reinform). . .
un können wir sehen, warum die Maxime der psychoana.
lyti chen Ethik, wie sie von Laca~, for~uliert wurde (,,nicht
im eigenen Begehren nachzugeben ), mit dem Abschluss des
p choanalytischen Prozesses - dem ,,~urchqueren d~s Phantas-
ma " - zusammenfällt: Das Begehren, 1n dem man nicht „nach-
geben" darf, ist nicht das vom Phantasma gestützte Begehren,
ondern das Begehren des Anderen, das jenseits des Phantasmas
liegt. ,,Nicht im Begehren nachzugeben" impliziert die radikale
Zurückweisung aller Begehrensvielfalt, die auf phantasmatischen
Szenarien beruht. Im psychoanalytischen Prozess nimmt dieses
Begehren des Anderen die Form des Begehrens des Analytikers
~_n: Der Analysand versucht seinem Abgrund zunächst durch die
Ubertragung zu entkommen - also indem er sich dem Analytiker
als Liebesobjekt anbietet. Die „Auflösung der Übertragung" fin-
det dann statt, wenn der Analysand es ablehnt, die Leere und den
Mangel im Anderen auszufüllen. (Wir finden eine Logik, die dem
Paradox d~s ~egehrens ähnelt, das eine Verteidigung gegen d~s
Begehren 1st, in Lacans These wieder, dass die Ursache immer die
~sache von etwas ist, das schiefgeht, das fehlt - im Französischen
d~s: fa cloche, etwas hapert. Man könnte sagen, dass Kausa·
itat - d~e „normale" und lineare Kausalkette - eine Verteidigung
r ren di~ Ursache ist, mit der wir es in der Psychoanalyse zutu~
> n. ~• e Ursache erscheint dort wo die normale" Kausah·
tät h 1t r t un d zusammenbricht. Wenn ' wir " uns beispielswei •e
P h n, w nn wir• etwas anderes als das sagen was wu • , sagen.
woJJ n - w nn also d. K ' d' un et
01 mal ie ausalkette zusammenbricht, ie 11
"
al 1
pr c 1 n
f 1• .
r gu iert -, so drängt sicl1 uns die Frage nac
n l ;u : ,,Warum ist das passiert?")

1
· n ur h Rü kgriff auf Kants Kritik der reinen Vernitnftr·
' ." ""nr,,.a, ____Phantasma funktioni rt· Die Rolle d s Phanta Jll~
1
d B g hr ns ntspricht d r Roll d s trau z n·

7'2
I 11 t i ..n l u „ i 111 r
d,nt, ~1ntni 1roz 1-
• nd nt h n1ati n1u r •• l_ i I ,·1nt1• t cl
ffaI1..7
>
. . . in r111i ttl r
\ "tlt 7 ·1 h 11 d n1 in1111 h n lnl l ( . in v r1nitt Incl r
.'.h . tnl iri h rf hrun • obi kt iadt I onting nt inn rw lt-
l1 1... . J un d in
nd ntal n at o11 n: r b z i 11 d tzw· rk d r tran ·-
7 •• 1 0. nt nM l.
d 11di 1np1r1 1 n bJ kt in da , 1an1 mu , lur h
. • b tz"' rk d -r tra d
rat o-or1 n 111 . ; • (n v\ rd n da b tim1nt wi .n ... n ntal n
n1 n und b T 111n al ub tanz n m't1 E' wir ie wahrneh-
au alk tt unt r, orfi n sind und so
1, . igen haf t n, die iner
. . weiter) Ei
M han1 111u , 1rkt auch im Phantasma· w· • . n ~ntsprechender
• . b Ob. • ie wird ein em • • l
iUY • ff ne ~ekt zu einem Ob' k d p1r1sc1es,
P · · ~e t es Begehre ? w·
färHrte an in X eine unbekannte Qual't"t ns. ie
· 1 i a zu enthalten etw
da 1nehr 1st a es selbst' und es begehre h ' as,
. l d . . nswert mac t? Indem es
111den Ra1men es Phantasmas eintritt inde · .
. S . b . ' m es in eine phantas-
mau ehe zene ein ezogen wird die dem Begeh d S b'
Koni tenz verleiht. ren es u ~ekts
Betrachten · 1wir etwa Hitchcocks Film Das Fenster zu m 1.10J.
u,~ D
er
Held gesp1e t von James Stewart, sitzt im Rollstuhl und blickt fort-
während durch ein Fenster, das offensichtlich ein phantasmatisches
Fen ter ist - sein Begehren wird von dem gefesselt, was er durch das
Fenster sehen kann. Das Problem der unglücklichen Grace Kelly
ist dass ihr Heiratsantrag für ihn ein Hindernis, einen Fleck dar-
tellt, der seinen Blick durch das Fenster stört, statt ihn mit ihrer
Schönheit zu betören. Wie gelingt es ihr schließlich, sich in sein
Begehren einzufügen? Indem sie buchstäblich den Rahmen sei-
nes Phantasmas betritt; indem sie den Hof überquert und „auf der
anderen Seite" erscheint, wo er sie durch das Fenster beobachten
kann. Als Stewart sie in der Wohnung des Mörders erblickt, ist sein
Blick sofort gefesselt, er ist auf sie versessen und begehrt si~: ~ie
hat ihren Ort in seinem phantasmatischen Raum ge~u?den."D~es ist
die Lehre, die man aus Lacans „männlichem Cha~vinismus zi~h~n
kann: Ein Mann kann sich nur auf eine Frau beziehen, wenn sie in
einen phantasmatischen Rahmen tritt. . .
Dies ist auch der psychoanalytischen Doxa auf em~r gan~ naiv~n
Eb ne bekannt wenn sie nämlich behauptet, dass Jed~r aEnnitn
' • auswählt, einen r a z
d r Frau, die er als seine Sexua 1partnerin . . . F
für . . Mann verliebt sich in eine rau, w nn
. 1ne Mutter sucht: Ein . . Mutter erinn 1t. Da
irg nd in ihrer Eigenschaften ihn an seine

173
. er traditionellen Überzeugung hinzu['·
• • e was Lacan d ies d' 1 Ugt
e1nz1g . . t· Dimension betont, ie norma erweise üb '
• t da r die nega ive . f . er.
I . Ph tasma wird die Mutter au eine beschränk
ehen wird: Im an d . b ld . te
. h r) Eigenschaften re uzzert, so a ein Obi k
Menge (symb o 11sc e . d d Je t
. . hen Rahmen erscheint, as em Mutter-Di
im phantasmausc ..
1. h D• •h ng
o mit dem mutter ic en 1ng n1c t nur durch
zu nahe kommt - als d ·
be timmte reduzierte Eigenschaften ve~bun en ist, sondern sich
unmittelbar mit diesem verknüpft -, wird das ~ege~ren erstickt
und verwandelt sich in inzestuöse Klaustrophobie. Hier begegnen
wir wieder der paradoxen Vermittlerrolle __ des ~hantasma~: Es ist
eine Konstruktion, die es uns erlaubt, mutterhche Substitute zu
suchen, uns gleichzeitig aber auch davor beschützt,_ dem mütter-
lichen Ding zu nahe zu kommen - es erlaubt u~s, Distanz zu wah-
ren. Deshalb wäre es falsch zu folgern, dass irgendein empirisches,
positiv gegebenes Objekt den Platz des mütterlichen Objekts im
phantasmatischen Rahmen übernehmen und so anfangen könnte,
Objekt des Begehrens zu sein: Einige Objekte (diejenigen, die dem
traumatischen Ding zu ähnlich sind) sind definitiv davon ausge-
schlossen; sollten sie den phantasmatischen Raum zufälligerweise
betreten, so ist die Wirkung extrem verstörend und ekelerregend:
Das Phantasma verliert seine faszinierende Kraft und wird zu
einem widerlichen Objekt.
Bei Hitchcock finden wir ein weiteres Beispiel für solch eine
Transformation, diesmal in ¼rtigo: Der Held - wieder gespielt
von James Stewart - liebt Madeleine leidenschaftlich und folgt
ihr in ein Museum. Dort bewundert sie das Portrait von Carlotta,
d~e bereits lange tot ist und mit der sich Madeleine identifiziert.
1
.?e Fre~n.din des Helden, die an seine Mutter erinnert und
~un st ~erm ist, ~ereitet eine unangenehme Überraschung vor,u!ll
hm emen Strei~h zu spielen: Sie fertigt eine exakte Kopie von
d arlotta Portrait an, inklusive Spitzenkleid, roten Blumen a'.11
f ~?.
1
08
uo d ,80 weiter. Doch sie ersetzt Carlottas verhängni:
ßo'fi• c onD~Ge~1chtdurch ihr eigenes, gewöhnliches Gesichtnudt
11
a g • • •1 1 Wirkung i8 t verstorend:
.. depressiv, gebroc l1en un
.
t nnt t wart d ( . f. d t ic1i
i Hi l o k R.ebeccaMrtdvonW..Eme ähnl~che Szene 1~ :tain '
ä 'h • e inter gespielt vonJoan 1' 0
- mJI t m. Mann ein Freud: zu bereiten und da sie d,.
a lt, r häng h , frai1
noc immer an seiner ver torbenen
R b a - b i in m E1npfang in G wa d d
. 1 D. . n ' as Reh cca zu e.
ähnh h n n a trug. 1 Wirkung ist aber 1 in_ m
Mannjagt i wüt nd davon ...) ma s grot sk, und 1hr
E i t dah r klar, warum Lacan seinen Gr h d
f Sh k ap en es Begehrens
mit Bezugd au . h adespeares H~mlet entwickelt hat: Ist Hamlet
letzten En es n1c. tA as Drama. einer
. gescheitertenAnr½ung.
,i ;>4G
m
Anfang ste h t d 1e nruf ung 1n ihrer reinsten Form· D G ·
/
K.. . f d . er e1st
des Vaters on1g~ ru t as Individuum Hamlet als Subjekt an _
Han1let erkennt .sich ( als Adressat des ihm auferlegten Man _
. also
dats oder d er M1ss1on den Tod seines Vaters zu rächen) an; der
Geist des Vaters fügt seinem Befehl jedoch rätselhafterweise die
Bitte hinzu, dass Hamlet seiner Mutter kein Leid zufügen solle.
Aber Hamlet wird durch die Konfrontation mit dem Che vuoi?
des Begehrens des Anderen davon abgehalten, zu handeln und
die befohlene Rache durchzuführen: Ein langer Dialog zwischen
Hamlet und seiner Mutter steht im Zentrum des Stückes. In dieser
Szene fängt Hamlet an, am Begehren seiner Mutter zu zweifeln.
Was will sie wirklich? Was, wenn sie die obszöne, promiske Bezie-
hung mit seinem Onkel genießt? Hamlet wird nicht etwa durch Un-
schlüssigkeit in Bezug auf sein eigenes Begeh:en daran gehi_nd~rt
zu handeln; es ist nicht so, als „wüsste er nicht, was er wirklich
will" - das weiß er sehr genau: Er will seinen Vater räch~n. Was
ihn hindert, ist sein Zweifel am Begehren des Anderenund die ~on-
frontation mit einem gewissen Che vuoi ?, das vom Abgrund eine
furchtbaren, ekelhaften Genießens kündet. We~n der Nam~-?~ -
Vaters als Akteur der Anrufung und der symbolischen l~enu~izie-
rung fungiert so markiert das Begehren der Mutter mit ein m
' . . der J"ede nrufun
unergründlichen Che vuoz? eine Grenze, an
notwendigerweise scheitert.

Derinkonsistente Andere der jouissance


. . . . . 1 tzt n und oll ,·1 li n
Wir sind somit bereits bei der viert n, D in di r
Form des Graph n des Beg hrens ang langt. .. dm~ ·ou•· an e l r
l . • 1 u r ktot tJ
tz n orm hinzukommt, 1 st 10 ~ B g hr n k1 uz:
11
d O ktor d symbolis h stt uktun rt

17
Graph IV

Kastration
Jouissance
4 '-

i(a)

I(A) S

Der vollständige Graph ist in zwei Etagen unterteilt, von den~ndie


eine als Ebene der Bedeutung und die andere als Ebene des Gemeß~ns
bezeichnet werden kann. Das Problem der ersten (unteren) Etage1st ,
wie der Schnitt der Signifikantenkette und der mythischen Inte_ntion
{t\) den Bedeutungseffekt mit all seinen internen Artikulauo~en
produziert: mit der N achträglichkeit der Bedeutung, insofern diese
die Funktion des großen Anderen ist - insofern sie also durch de~ 4
Platz des Anderen bedingt ist, durch die Batterie der Signifikante~'
(s(A))!~~rch das Imaginäre (i(a)) und das Symbolische (I(A))-, di~
ldentif izierung des Sub 1ekts die auf dieser nachträglichen Prod\tk
h
tion von Bedeutung basiert, und so weiter. Das Problem, das ~1\
• J '

auf der zweiten (oberen) Etage stellt, betrifft die Frage, was pass1er i
w nn ~s F~ld der Signifikantenordnung (des großen Aocleren)
p rfor1ert
. wird , wenn es vom Fluss eines . . h en (realen
vorsymbo 11sc -
G n1 ß ns p netrie r t wir • d • was passiert,
. wenn s1cl1 . die• vor )'tnbo
. •
11

h . „Substanz'
. . ' d r K··orp r a ls 1nater1ahs1ertes
. . . un d vei,Jeibh ht
n1 ß nun igni 'f'k 1 antennetz verstrickt? .b
Da allg m in R 8ti l • d 1

d s. 1gn1.f.'k
1 ant n g f'lt
tat 1st klar: Indem der Körper du1eh a ·f 11
. 01
1 rt w1
4

rd, wird er der Kastrationuntei


L ,

176
d eines G ni ß ns entl rt [evacuat dJ48
•• k lt
ull
. li h zerstuc e un d inort1fiziert
· e • Der K „
n· . orper überlebt
1d1g ) • 1e S1 •f1k
. große Andere und die Ordnung d G . gni antenordnung
(det • d es en1eße (
. g) ind also, 1n an eren Worten rad'k1 1h ns verkörpert im
0111 •• • • ' a eterog d.
. J.
ede Ubereins timmung zwischen ih . en un 1nkonsis-
ten't . d s· . . nen ist strukt II
. 11 Daher hegt er 1gn1fikant des Mang 1 ure unmög-
l1c • • e s und der I k •
Anderen auf der linken Seite der ober E n ons1stenz
de . en tage des G h
d r ersten Schnittstelle des Genießens und d s· .. rap en - an
ebalddas Signifikantenfeld vom Genieße eds ighn1f1kantenS~A):
So . n urc drungen w d
ird es inkons1s tent, porös und perforiert _ d G . ir ,
' 1· · d . as en1eßen kann
luchtsymbo 1siert wer . en .. und seme Anwesenheit· im s· 'f'k
igru 1 anten-
reld
1
1
kann nur d urc h d 1e Locher und Inkonsistenze n 1n
•• • • •
• d'1esem Feld
aufgespurtwerden. Daher 1st der einzig mögliche s· 'f'k d
. ·r·k 1gn1 1 ant es
Genießensd er Sign1 . 1 ant des Mangels im Anderen , d er s·1gru 'f·1-
kantseiner Inkons1s tenz.
Esist mittlerweil~ ein Gemei~platz, dass das Subjekt bei Lacan ge-
spalt~n,d~rch~estr1~hen ~nd mit d.em Mangel in einer Signifikanten-
kette1de~t1sch1s_t.D1~ rad1kals te Dimension von Lacans Theorie liegt
jedochnicht darin, diese Tatsache anzuerkennen, sondern darin, dass
dergroßeAndere, also die symbolische Ordnung selbst, ebenfalls von
einerfundamentalen Unmöglichkeit barre(durchgestrichen) ist, dass
erum einen unmöglichen/ traumatischen Kern, um einen zentralen
Mangelherum strukturiert ist. Ohne diesen Mangel im Anderen
wäredieser eine geschlossene Struktur, und die einzige Moglichkeit,
diedem Subjekt bliebe, wäre die radikale Entfremdung im Anderen.
Esist also gerade dieser Mangel im Anderen, der es dem Subjekt
erlaubt, eine Art „Ent-Entfremdung" zu vollziehen, die Lacan „T~en-
nung"49 nennt: Dabei handelt es sich nicht darum, dass das Subjekt
nunwahrnimmt dass es immer durch eine Sprachbarriere vom Ob-
jektgetrennt sei~ wird sondern dass das ObjektvomAnderengetrennti t,
dassauch der Andere 'es nicht hat", dass er keine endgültige ~two_rt
• der Andere ist also
weiß- " · und er b egehrt.• E gi bt .ein
selber blockiert
Begehrendes Anderen Dieser Mangel im Anderen gibt dem SubJ~kt
1
sozusagenein wenig R~um zum Atmen. Er erlaubt dem S~bje~t, h
nichtvollständig im Signifikanten zu entfremden, aber nicht inb~emkt
erd M d • den1 er den1 u
en angel des Subjekts ausfüllt, son ern 10 . M . 11·m
gestatt · selbst also seinen
et, sich . .
eigenen
Man gel 1n1 t dein ang
Anderen zu identifizieren.

177
. d absteigenden Vektors auf der linken S .
D1• d 1 Eb nen
es •k . eite
r „ n also in Anbetracht der Logi , die ihre Abt 1
d G~~aphenk?f~newerden. Zunächst haben wir es mit S(A)zu~ge
reguliert begr1 ien d' I k . Un·
. k' d Mangel im Anderen, ie n ons1stenz der s •
Di e mar 1ert en . . Yrn-
. d . wenn diese von der ;ouzssance penetriert w·d
boh chen 0 r nung, . 1r .
Dann 11ab en wir • , die Formel des .Phantasmas: .Die Funktion des
Phanta ma ist es, als Schirm zu ~ienen, der diese Inkonsistenz
nd schließlich haben wir s(A), der Bedeutungseffekt
er deckt • U . d D Ph '
d er vom Phantasma beherrscht wir : as antasma fungiert als
. . d R h
ab olute Bedeutung" (Lacan); es konstituiert en a men, durch
den ,.virdie Welt als konsistent und sinnvoll erfahren - den Rauma
priori in dem sich bestimmte Bedeutungseffek~e ab~pielen.
Der letzte Punkt, den wir klären müssen, betrifft die Frage, warum
die Formel des Triebs auf der anderen, auf der rechten Seite
de chnittpunkts des Genießens und des Signifikanten steht. Wir
agten bereits, dass der Signifikant der Körper zerstückelt, dasser
ihn seines Genießens entleert, doch diese „Entleerung" (Jacques-
Alain Miller) wird nie gänzlich vollbracht. Es gibt immer irgend-
welche Überreste, die in der Wüste des symbolischen Anderen zer-
treut sind, Oasen des Genießens, sogenannte „erogene Zonen",
Fragmente, die noch vom Genießen durchdrungen sind. Freuds
Trieb ist genau an diese Überreste gebunden: Er kreist und pulsiert
um sie herum. Diese erogenen Zonen werden mit D (symbolische
Forderung) bezeichnet, weil nichts „Natürliches" oder „Biolo~-
sc~es".an ihnen ist. Nicht die Physiologie bestimmt, welche Körper-
teile die "Entleerung des Genießens" überstehen, sondern die Zer-
tüc~elung des Körpers durch den Signifikanten (dies wird auch
~n Jenen h!s.terischen Symptomen bestätigt, bei denen Körperteile
.ieder erotisiert werden, die „normalerweise" frei vom Genießen
1nd - der acken, die Nase ... ) .
ie~J icht sollten wir es riskieren, S0D nachträglich aus der Per·
P k 1 von Lacans späteren theoretischen Entwicklungen zulesen
u d. zwar al~ F~r~el des Sinthoms: Dabei handelt es sich um eine
ll timmt 1gn1f1ka t c • • • ßn
du hd un . n eniormat1on, die unmittelbar vom Genie
•ß g 1st - also um eine unmögliche Verbindung de
un ru · n mit d m s·igni·r·k 1 anten. Solch eine Lesart erlaubt
, 1 o 1) tag d Ob B geh·
Jl •
11n n r l1i d
' as r Quadrat des Graphen des e dr
zum unteren Quadrat zu verstehen: Statt
. aginären Identifizierung (bei d
1
111 . .. er es um d Vi
d in ünag1naren Ich und seinem k . . as erhältnis zwisch
. h' onstitutive B'ld en
1 h geht ) 11egt ier das Begehren (d) n i , seinem Ideal-
estützt wird. Das Phantasma dient dvor,da~ vom Phantasma goa
g . azu die Kl f •
zu füllen un. d .seine Inkonsistenz zu ver b er' gen du• t f im .Anderen .
Anwesenh e1t eines sexuellen Szenar· k - ie aszin1erende
. hk . d ios ann etwa d d'
unrnöghc eit es Geschlechterverh··i . azu ienen, die
. a tnisses zu b
Phantasma verbirgt, dass der Ander d . ver ergen. Das
. . e, ass die symbO l' h
nung um eine traumatische Unmöglichk . h isc e Ord-
. eit erum strukt • .
also um etwas, d as nicht symbolisiert w d k uriert 1st,
. . er en ann - da h 'ß
das Reale der youzssance: Durch das Pha t . . s ei t um
. • d . . . n asma wird die • •
domestiziert un „gentrif iziert". Was also . d d Jouzssance
. d Ph wir aus em Begehre
nachdem wir as antasma „durchquert" h b ;i L n,
· a en. acans Antwort
auf den Ietzten Seiten von Seminar XI lautet· D ~. b
,,...,d · • er .1.rze, und letzt-
lich sogar d• er .10 estrieb. ,,Jenseits des Phant asmas " gi'b t es kein .
Sehnen, kein" 1verwandtes
· und erhabenes
. Phäno men. ,,Jensei.ts des
Phantasmas 1egt nur das Pulsieren des Triebs um das Sinthom
,,DasPhantasma zu durchqueren" bedeutet also sich 't • •
·d ·f · · , mi einem
Sinthomzu 1 ent1 1z1eren.

Dasgesellschaftliche Phantasma „durchqueren"

So betrachtet l_ieße sich also die gesamte obere (zweite) Etage des
Graphen als eine Darstellung der Dimension „jenseits der Anru-
fung" verstehen: Die unmögliche „Quadratur des Kreises" der sym-
bolischen und/ oder imaginären Identifizierung kann niemals dazu
führen, dass kein Rest mehr bleibt. Es bleibt immer ein Überrest,
der den Raum für das Begehren öffnet und den Anderen (die sym-
bolischeOrdnung) inkonsistent werden lässt. Das Phantasma ist der
Versuch,diese Inkonsistenz und Lücke im Anderen zu überwinden
undzu verdecken. Damit können wir nun endlich zu den Problema-
tiken der Ideologie zurückkehren: Die entscheidende Schwäche der
an Althussers Theorie der Anrufung anknüpfenden ,,(post-)struk-
turalistischen" Ideologietheorien liegt darin, sich auf die untere
Etage,auf das untere Quadrat von Lacans Graph des Begehr
zu beschränken. Sie versuchen, die Wirksamkeit von Ideologie
lediglich anhand der Mechanismen der imaginären u nd . mbo-
lischenIdentifizierung zu begreifen. Die Dimension ,jenselt d r

179
" . omit ausgelassen wird, hat nichts mit irgencte·
1
nrufung 'dies der Pluralität des Bezeichnungspr ner
irreduziblen Shtreu~~f Jarum, dass das metonymische Glei~zess~s
zu tun - es ge t nie l S "d I . en die
. . B deutung und das " teppen es g e1tenden s· .
Fixierung von e"bt (wie es die . post-stru kt ura 11s • t'1sch e " Persp 1kgn1.
.
fikanten untergra " " . d Q d e live
•ts der Anrufung hegt as ua rat aus Begeh
dar te 11t ). ,Jens el d r-r, • b d . ren,
Phantasma, Mang el im Anderen un
. 1.r1e , er um irgend .
eine
.. l'che Mehrlust herum pulsiert.
unertrag 1 . • h • z ·· h
Was bedeutet das für die Ideo 1?giet eorie. .unac ~t könnte es
. dass man nur analysieren muss, wie der 1deologish
O Ch einen, . . d s· . . C e
Diskurs funktioniert und wie d~e gleite? en 1gn1fikanten tota-
lisiert und durch die Intervention gewisser „Knotenpunkte" in
ein einheitliches Feld transformiert werden. Kurz: wie diskursive
Mechanismen das Feld ideologischer Bedeutung konstituieren. Aus
dieser Perspektive wäre das Genießen-im-Signifikanten [enjoyment
in-signifier]schlicht vorideologisch und für di: I~eolo~~e als soziales
Band irrelevant. Doch der sogenannte „Totahtar1smus macht deut-
lich, was für jede Ideologie, ja, für die Ideologie als solche gilt:Der
ideologische Effekt (also wie ein ideologisches Signifikantennetz
uns "festhält") wird letztlich durch den sinnlosen, vorideologischen
Kern des Genießens gestützt. In der Ideologie „ist nicht alles Ideo-
logie (also ideologische Bedeutung)", sondern genau dieses Mehr
ist die wichtigste Stütze der Ideologie. Aus diesem Grund können
wir behaupten, dass es zwei „ideologiekritische" Vorgehensweisen
gibt, die einander ergänzen:

- Die erste ist diskursiv. Die „symptomale Lektüre" eines ideo-


logischen Textes „dekonstruiert" die spontane Erfahrung seiner
~edeutung - sie zeigt, wie ein gegebenes ideologisches Feld aus
einer ~ontage het_erogener „gleitender Signifikanten" hervor~
geht, die durch die Intervention bestimmter Knotenpunkte
totalisiert werden. "
- Die zweite zielt darauf ab, den Kern des Genießens zu extrahieren
uod ~rzulegen, wie eine Ideologie - zugleich jenseits und in~er·
emes Bedeutungsfelds- ein vorideologisches Genießenun·
phziert, manipuliert und produziert das durch das Phantasma
trukturiert wird. '

180
zu veranschaulichen warum es nöt·1 . .
0111 die Log1·k d es G en1eßens• zu ergänz g 1st, die n·iskursanaly e
durch en, wenden •
Spezialfall unter den Ideologien zu 1- d . wir uns erneut
delll . , n em sich Id l ·
··glichin reinster Form verkörpert: der A . . . eo ogie wo-
1110 . • ntiserrutismus u
anzdeutlich zu sagen: ,,Die Gesellschaft existiert n. h " • m es
Judeist ihr Sympto~. . ic t , und der
Auf Ebene
•· d
der D1skursanalyse 1st es leicht d N
· · , as etzwerk ymbo-
lischer Uber eternumerung zu beschreiben das i·n d p·
. . h h d . ' er igur des
uden steckt. Z. unac. . st anb elt es sich um eine Ve rsc ebung.. Der
hi
JTrickdes Antisemitismus esteht einfach .
. . . . darin , den gese11sch aft-
lichenAntagonismus in einen Antagorusmus zu versch• b d
. h d f k . . 1e en, er
angeblichzwisc en er un tlon1erenden gesellschaftlichen Struk-
tur (dem Gesellschaftskörper) und dem Juden herrscht, der diese
alszersetzende Kraft unterhöhlt. Es ist also nicht die Gesellschaft
selbst,die „unmöglich" ist und auf einem Antagonismus beruht_
die Quelle allen Zerfalls wird in einer bestimmten Entität lokali-
siert,nämlich im Juden. Diese Verschiebung wird dadurch ermög-
licht,dass Juden mit dem Geldmarkt assoziiert werden: Der Quell
der Ausbeutung und des Klassenantagonismus wird nicht in der
Beziehung zwischen der Arbeiterklasse und der herrschenden
Klasselokalisiert, sondern in der Beziehung zwischen den „produk-
tiven"Elementen (den Arbeitern, den Organisatoren der Produk-
tion...) und den Kaufleuten, die die produktivenKlassen ausbeuten
und so die organische Kooperation durch Klassenkampf ersetzen.
Diese Verschiebung wird selbstverständlich durch eine Ver-
dichtung gestützt. Die Figur des Juden verdichtet gegensätzliche
Eigenschaften, die man sonst mit den unteren oder den oberen
Klassenassoziiert: Angeblich sind sie schmutzig u~d intellekt~ell
wollüstigund impotent und so weiter. Die Verschiebung bezieht
ihre Energie gewissermaßen daraus, dass die Figur de J~den

eine Reihe heterogener Antagonismen ver d'1chtet: 0„k ono m1 ehe
Antagonismen (der Jude als Profiteur), politische (der Ju~e ..~1
8trippenzieher und Träger geheimer Kräfte), moralisch-rehg(io e
(derJude als hinterlistiger Feind des Cl1risten • t um ) uelle der
Jude als Verführer unschuldiger Mä'dcl1en ) ••• Kurz ' man. .kann •
• zeigen dass die Figur des Ju d en ei·n Sy1nptom 1 t. in
gan2 leicht •
d• ' 11 R prä ntauon
/ ierte achricht, eine Chiffre, eii:ie entst~ te. erdi htun ..
es ges llschaf tlichen Antagonismus; indem wir di

11
. bungsa1~beit aufschlüsseln, können wir ihre B d
und er h ie e eu.
tung entziff~rn. horisch-metonymischen Verdichtung
D'1 Logik der metap kl" . und
.. • doch nicht um zu er aren, wie die p·
r hi bung genugt Je . ' . f . igur
ehren vereinnahmt; um seine aszinierend
de Jud n un er Beg k . h . . e
üssen wir berüc sic t1gen, wie „der Jude'' .
Kraft zu er te l1en, m . . 1n
antasmas eintritt, das unser Genießen strukt
d n Rahmen d es Ph . S d' . U-
. I G de ist das Phantasma eine zene, ie die Leerstell
ne1 t. m run . k . f" 11 E . . e
. dl den unmöghch ei t aus u t. s ist ein Schirm
emer_ gruLn egmenaskiert Es gibt kein Geschlechterverhältnis" und'
der eme eere • ,, . . ,
di e e Unm öglichkei t wird von der faszinierenden
h
phantasmatischen
1 1· h .
efüllt. Deshalb ist das P antasma etzt 1c immer ein
zene ausg . . d d'
Phantasma des Geschlechterverhältnisse~, 1n em ieses inszeniert
wird. Das Phantasma selbst kann daher nicht_gedeutet, sondern nur
durchquert"so werden: Wir müssen bloß die Erfahr_ung machen,
dass nichts „dahinter" liegt und dass das Phantasma dieses „ ichts"
maskiert. (Hinter einem Symptom liegt jedoc~ eine ganze Menge,
nämlich ein ganzes Netzwerk symbolischer Uberdeterminierung.
Aus diesem Grund ist die Deutung Teil des Symptoms.)
un ist klar, warum wir den Begriff des Phantasmas auf den
Bereich der Ideologie anwenden können: Auch hier „gibt es kein
Klassenverhältnis", die Gesellschaft ist immer von einer antagonis-
tischen Spaltung durchzogen, die nicht in die symbolische Ord-
nung integriert werden kann. Im Zentrum des gesellschaftlich-
ideologischen Phantasmas steht dagegen die Vorstellung, dass die
Gesellschaft existiertund nicht von einem Antagonismus gespalten
wird, dass eine Gesellschaft existiert, deren Teile einander orga-
nisch ergänzen. Dies wird beispielsweise an einer korporatistischen
Vorstellu~g deutlich erkennbar. Diese begreift die Gesellscha~t
al orga~1Sc~es Ganzes, als einen Gesellschaftskörper, in dem die
un~erschiedhchen Klassen wie Körperteile fungieren und ihren
eil zum ~anzen beitragen - man könnte behaupten, dass die Voi~-
tellung einer ,,~esellschaft als Körper" das fundamentale ideologi-
.he Phantasma ist. Aber wie bekommen wir die Distanz zwischen
di ser ko_rporatistischenVorstellung und der tatsächlichen Ge eil·
ch.aft-;' d1
BI' . vom anta gonisttsc • den
• • h en Kampf gespalten wir• d , 1n ,
1
_k.~ie Antwort lautet selbstverständlich: durch den Juden. Di •
xt rn s Element, ein Fremdkörper, der korrumpier nd
1st 10
r

182
. ge unde Sozialgefüge eindringt K
1n d. k • urz gesagt d J ".
feti h, der 1e stru turelle Unmöglichk . . , er„ ude 1st ein
1 ich verbietet und verkörpert· Es sch _eitemer „Gesellschaft"zu-
g . . d F. d • eint, als habe d. U „
'cl1ke1t
l1 in er igur es Juden eine p ·t·
os1 1ve greif b
. iese
E ·
nmog-
.
langt- aus diesem Grund markiert sie d A b are x1stenz er-
irngesellschaftlichen Feld. en us ruch des Genießens
Der Begriff des gesellschaftlichen Phant .
. G .. k asmas ist daher ein t
wendiges egenstuc zum Begriff des A t . no -
. d d n agon1smus· Durch d
Phantasma wir er antagonistische Riss ma k. D• as
. d W . . s iert. as Phantasma
ist,1n an eren orten, ezn Mittel, durch das eine 11,d z . .h .
TT, h · • eo ogzez r eigenes
Scheiternvon vorn erezn mzt . einbezieht• Die These von Lac1au und
Mouffe - der zufolge „die Gesellschaft nicht existiert" d d
· •
soziale immer .ein 1n • • k •
onsistentes Feld bildet das um • un k as

. , eine onstI-
tutive Unmöglichkeit herum strukturiert ist und von einem _
. " d . zen
trale~ :'A. ntagonismus urchque 7t wird - impliziert, dass jeder
Identif1z1~rungsprozess: der uns eine feste sozio-symbolische Iden-
tität verleiht, zum Scheitern verurteilt ist. Das ideologische Phan-
tasmadient dazu, diese Inkonsistenz - dass die „Gesellschaft nicht
existiert" - zu maskieren und unsere gescheiterte Identifizierung
zu kompensieren.
Für den Faschismus ist „der Jude" das Mittel, seine eigene
Unmöglichkeit zu berücksichtigen und zu repräsentieren: In seiner
positivenPräsenz ist er lediglich die Verkörperung der Unmöglich-
keitdes totalitären Projekts und dessen immanenter Schranke. Aus
diesem Grund reicht es nicht aus zu zeigen, dass das totalitäre Pro-
jekt (eine vollkommen transparente und homogene Gesellschaft zu
etablieren) unmöglich und utopisch ist - das Problem ist, dass die
totalitäre Ideologie das gewissermaßen schon weißund es v?n ~orn-
herein anerkennt: Durch die Figur des „Juden" ma~ht_sie diese
Wissenzu einem Teil ihres Gefüges. Die gesamte faschistische Ideo-
logieist als Kampf gegen das Element st~~turiert, d~s den Plat~
derimmanenten Unmöglichkeit des fasc~1st1~c~enProJek~~b _etzt.
„DerJude" ist nichts anderes als die fet1sch1st1scheVerkorpeiun
einer fundamentalen Blockierung. .. . • om
Die „Ideologiekritik" muss also das Kausalverbaltm ' wi d .
totalitären Blick wahrgenommen wird, umkehren: D r „Ju t
k• 11 l ftl' eh n nt on1 -
eineswegs die positive Ursache des gese sc 1a "n li h
11 1
lllus,sondern bloß die Verkörperung einer Bloclo rung -

1
Phänornn di_ d m g wöhnl~chen bürgerlichen Bewusstsein als
cinfah. b 1 hungen, l o~tmgen~e Deformierungen und De-
g 11erauon n d ,,normal Funk~ionsweise der Gesellschaft er-
eh in n ( twa Wirt haftsknsen, Knege und so weiter) _ und daher
auchdurch in v; rbe erung des Systems abgeschafft werden kön-
nen _ tat ä hli h notwendige Erzeugnisse dieses Systems sind. Sie
ind die Punkte, an denen die „Wahrheit" - nämlich der immanente
antagonistische Charakter dieses Systems - hervorbricht. Wenn man
ich 1nit inem Symptom identifiziert", so erkennt man an, dass in
den Exzessen" und Störungen der „normalen" Ordnung der Dinge
der chlüssel zu ihrer wahren Funktionsweise liegt. Diese Perspek-
tiveähnelt derjenigen Freuds, der behauptet hat, dass sich in den
Träumen, Fehlleistungen und ähnlich „abnormalen" Phänomenen
der Schlüssel verbirgt, der uns den Zugang zur Funktionsweise des
menschlichen Geistes eröffnen kann.
ti b

zwichenzweiToden

In einer Lehre verbindet


· ·
Lacan Todestrieb und
. sym
b .
o11sche Ord-
nungdurchge h d
en m1te1nander. Wir können die unt h' dl' h
. h . d h ersc ie ic en
Pha en seiner Le re Je oc dadurch. unterscheiden , in
• we1ch en ver-
chiedenenFormen
. er den Todestneb und den Signifi'kan t en zuein-
.
anderin Beziehung gesetzt hat:

_ Die erste Phase (zum Zeitpunkt von Seminar I und Funktion


undFelddes Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse ...) ist
von Hegels phänomenologischer Vorstellung gekennzeichnet,
dass das Wort der Tod und der Mord einer Sache 1 ist: Sobald
die Realität symbolisiert und vom symbolischen Netzwerk ver-
einnahmt wird, ist das Ding eher in einem Wort - in seinem
Begriff- anwesend als in seiner unmittelbar physischen Realität.
Wirkönnen, um ganz genau zu sein, nicht einfach zur unmit-
telbaren Realität zurückkehren: Selbst, wenn wir vom Wort zur
Sacheübergehen - etwa vom Wort „Tisch" zum physisch vorhan-
denen Tisch-, ist die Erscheinung des Tisches bereits von einem
gewissenMangel gekennzeichnet. Um zu erfahren, was ein Tisch
wirklichist und was er bedeutet, müssen wir uns auf das Wort
beziehen das wiederum die Abwesenheit der Sache impliziert.
- In der ;eiten Phase (in der Lacan etwa Poes Der entwendeteBrief
liest)2 wird der Schwerpunkt verschoben. Es geht nicht mehr 0
sehrum das Wort und das Sprechen, sondern um Sprac~e al
synchrone Struktur und sinnloser, autonomer Mecham mt~ '
de B d . ..h d L ns Sprachkonzept 1n
r e eutung produziert. Wa ren aca . . (Lacan
der ersten Phase im Grunde noch phänomenologisch i t l
wurde nicht

müde zu betonen, dass das e
F Id der p choana e

17
ld d r B d utung, la si,gnificatior:, ist), wird Sprache ind
da !e Pl trukturalistisch" als differentiell s Sy tem verst er
z,\ 1t n 1a , . d b 1. h an•
d 11. un, u . ·d der Todestrieb 1nit
. er sym o isc en Ordnung a1s
'de11tifiziert: Dieser ist, in Lacans Worten, ,,nur die Mask
ol 11 r 1 • d d' • . e
d r ,1nboli chen Ordnung". s 1:ier wer en _1ennagi~äre Ebene
(auf d r Bedeutung erfahren wird~ und der sinnlose Signifikant/
• •fikationsinechanis1nus (der die . Bedeutung
1gn1 .. . d produziert) ein.
ander gegenübergestellt. Das -~maginar~. wir vo~ Lustprinzip
. leitet und strebt nach Homoostase, wahrend die symbolische
ge · • d d'
Ordnung ein blinde~ Aut?mat~smus ist, er . i~se "~om?ostase
tört: Sie befindet sich „Jenseits des Lustprinzips . Wird ein
Mensch vom Netz des Signifikanten vereinnahmt, so hat dies eine
mortif zierende Wirkung auf ihn; er wird Teil einer eigenartigen
autoinatischen Ordnung, die sein natürliches ho1nöostatisches
Gleichgewicht stört (etwa durch zwanghafte Wiederholung).
- In der dritten Phase, in der Lacan den Schwerpunkt seiner Lehre
auf die Unmöglichkeit des Realen legt, erlangt auch der Todes-
trieb eine völlig neue Bedeutung. Diesen Wechsel kann man am
besten anhand der Beziehung von Lustprinzip und symbolischer
Ordnung veranschaulichen.
- Bis in die späten 1950er hatte Lacan das Lustprinzip mit dem
Imaginären identifiziert: Die symbolische Ordnung wurde als
Bereich „jenseits des Lustprinzips" begriffen. Doch ab den spä-
ten 1950ern (seit dem Seminar über Die Ethik der Psychoanalyse
fängt er an, die symbolische Ordnung selbst mit dem Lust-
prinzip zu identifizieren: Das Unbewusste ist strukturiert wie
. "
eine Sprache" 5 und sein „Primärprozess" - die metonyrnisch-
metaphor~sche_ Verschiebung - wird vom Lustprinzip geleitet:
Was n~n Jenseits ~iegt, ist nicht die symbolische Ordnung, so.n·
<lern ein realer, ein traumatischer Kern. Lacan bezeichnet die-
n rn mit einem Begriff von Freud: das Din~. 6 Das Din~
v. rkorpert die unmögliche jouissance (bei dem Ausdruck „Ding
sind all die Konnot a t'ionen mit• einzubeziehen
. . . inan un
die • Kon·
t xt d S • ' • '
s i~nce-Fiction-Horrors da1nit verbindet: Der „Ahen
aus. d m gl 1 hnam1·gen F'li m 1st • das vorsymbolische 1nut .. tei·liche
D~ng par x 11n ) . '
- D1 ymbolis h O d • hn
• .
GJ 1 11g w1 ht d 0 l • • r nung str bt na h ein 1n ho1nöo tatl
. ·g n·
' 1 in ihr r Mi tt liegt ein l(ern, 111 1

188
tiges traumatisches Element das . h
ar d . , nie t syml 1..
111bolishe Or nung integriert werd k ~o 1s1ertund in die
.. d'1 ses n·ing d en Neoloo-is en ann
rägte f ur ' .- d. as n·ing. Lacan
P . .. d' l f .. .
Jntim1tat, ie auc 1 ur eines vonJacqu
t, ... mus l extzmzt, d'
Al . e - 1e externe
„ 7 w · . . es- ain Mill sem1naren

titelgeben d war. as 1st 1n dieser Ph d ers
·1d ase er Tod st 1• b
da Gegente1 er symbolischen Ordn . n· .: : e ? Genau
r--r.d " d' ung. Ie Mogh hk • •
zweiten 1.0 es , ie radikale Auslo" h c e1t eines
,, . . sc ung der s b 1• h
Textur, die die sogenannte Realität ko t· . . ym o 1sc en
. ns itu1ert Die bl ß E .
tenz der symbo 1ischen Ordnung impliziert d' M... . o _e. x1s-
. 1 A 1·· h d
rad1kaen us osc ung, es „symbolischen r-r d "
ie oghchke1t ihrer
.
· h • h d .1 ° es - dabei han
delt es s1c n1c t um en Tod des sogenannt . -
. b 1 en „rea1en Objekts"
in seinem Sym o , sondern um die Auslösch d
Signifikantennetzes. ung es gesamten

Die Unterscheidung
. . hzwischen den unterschiedlichen Ph asen von
LacansLe h re 1st n1~ t von bloß theoretischem Interesse; sie wirkt
sichauch sehr deutlich darauf aus, wie der Abschluss einer psycho-
analytischenBehandlung gedacht wird:

- In der ersten Phase, in der der Schwerpunkt auf dem Wort als
Medium intersubjektiver Anerkennung des Begehrens liegt, wer-
den Symptome als weiße Flecken begriffen, als imaginäre Ele-
mente aus der Geschichte des Subjekts, die nicht symbolisiert
wurden. Im psychoanalytischen Prozess werden diese Elemente
symbolisiert und ins symbolische Universum des Subjekts inte-
griert. Die Analyse verleiht dem, was zu Beginn bloß eine bedeu-
tungslose Spur war, nachträglich eine Bedeutung. Die Analyse ist
also dann abgeschlossen, wenn das Subjekt dem Anderen seine
eigene Geschichte zusammenhängend erzählen kann; wenn e
sein Begehren integriert und im „vollen Sprechen (parolepleine)'
anerkennt.
- In der zweiten Phase begreift Lacan die ~ymb~lische Ordn~ng al
etwas,das das Subjekt mortifziert und ihm emen traumatl -~1en
Verlust zufügt - der Name dieses Verlustes lautet selbst er tand-
lich:symbolische Kastration. Die Analyse ist dann abge chlo en,
wenndas Sub1ekt bereit ist diesen fundamentalen Ve:ludtf~.~
.
akzept1eren und die symbolische Kastration a s
'J : • 1 den Pre1 a u1
anzunehmen, Zugang zu seinem Begehren zu erlangen.

19
. Phase schließlich liegt ein traumatisches EI
_ In d r dntt n ßen Anderen, der symbolischen Ürd elllent
im Z ntru1:1de growird das Phantasma als ein Konstrukntubng; in
l ori Lacans . eg .
d rT 1 S bjekt erlaubt, diesen traumatischen K t1f.
n da es dHe~ wu1'rdder Abschluss der Analyse als Du ehrn zu
• en 1er " rc q
akz ptd1r Ph. tasmas (la traversee du fantasme)" begriffen: D ube~
rung . htanum eine symbo 1isc • h e D eutung, sondern urna e1 .
eht mc • h ob· k d die
:.....i.. dass das phantasmat1sc e ~e t urch seine f .
r f:aurung, l • L . as21.
.
rueren e as d rr·· enz bloß einen
. Mange , eine eerstelle im And
. eren
au f u .
··Ilt Nichts liegt „hinter"
.
dem Phantasma;
h d.
es 1st ein K on.
trukt, dessen Funktion dann beste t, 1ese Leerstelle, dieses
ichts" _ den Mangel im Anderen - zu verbergen.

Entscheidend an dieser dritten Phase von Lacans Lehre ist alsodie


chwerpunktverschiebung v.om ~ymbolischen zu_mRealen. Betrach.
ten wir, um das zu veranschaulichen, den Begriff des „Wissensim
Realen".9 Diesem Begriff liegt die Vorstellung zugrunde, dassdie
atur ihre eigenen Gesetze kenne und sich dementsprechend ver-
halte. Wir alle kennen die klassische, archetypische Cartoon-Szene:
Eine Katze rennt auf einen Abgrund zu, über die Kante hinweg,ein-
fach weiter, und obwohl sie keinen Boden mehr unter ihren Füßen
hat und frei in der Luft hängt, fällt sie einfach nicht herab. Siefällt
erst in dem Augenblick, in dem sie hinunterschaut und sich derTat-
sache bewusst wird, dass sie in der Luft schwebt. Der Punkt an die-
em sinnlosen Missgeschick ist, dass es fast so scheint, als hättedas
Reale für einen Moment sein Wissen vergessen, während die Katze
n~h mu~ter_durch die Luft spaziert: Erst, wenn sie herabschaut,
_nnnert sie sich daran, dass auch sie den Gesetzen der Natur unter·
h gt, u nd ~ällt. Das entspricht im Grunde der Logik jenes Trau~'
d n__reud m der Traumdeutungbeschreibt und den wir oben bereit
ah":t haben. Dort geht es um einen Vater der nicht weiß da"
• h 1 . tot 1• t.• Auch hier • geht es darum, dass ' er weiterlebtwei
·1r
iß, dass r tot ist - er muss an seinen Tod erinnert werd n,
1
r ituation eine komische Pointe zu verleihen, r 1~1
v g n hat zu sterben. So sollt n wir den pru
to mori l
. n: Virgi s nicht zu sterben! i
·~•·• .. ~•.,~11 w1 • d d n Z'
r wi r zum Unt rschied z isch n l bt
---•·&... V: in uds Traum an Wi n f, blt
'ter obwohl er bereits tot ist Gew·
r, e1 ' S f k . . • issermaße „
e ·rnalsterben. o un t1oniert auch H 1 n rnussen wir all
zi1t ng in der Geschichte: Als Napoleonege s Theorie der Wieder~
)lou und auf Elba verbannt wurde wus tzum e_r sten Mal verloren
}latte • h' . ' s e er nicht d
nd dass seine istorische Rolle an ihr E d , ass er bereit
tot u • • • n e gekoni
te durch seine zweite Niederlage bei W men war. Er
inus S . ater 1oo da .
~den_ erst als er an diesem Punkt zum zw . ran erinnert
wet e1ten Mal starb
, klichtot. , war er
\,ir 1 d .
DieVorstel ung es zweiten Todes geht auf d M .
. r·· h • "'r.
rück:Dieser u rt seine vorstellung eines rad'k 1
en arqu1s de Sade
zu d d' N kräf• . I a en, absoluten
Verbrechens, as ie atur te befreit und die Unt h 'd
• T. d • 1· · • ersc e1 ung
'l\vischenzwei 1. o en 1m . p 1z1ert, 1n der langen Rede d es p apstes 1m .
fwu'-'tenBand von julzette. aus: Dort unterscheidet er LvvlSCh en d em
!! ... „T'U.,·

natürlichenTod (der Ted de~ n~tü~lichen Kreislaufs von Entstehen


undVergehen, also der kont1nu1erhchen Transformation der Natur
ist)und d~m abs?lutei:i Tod (der di~ Zerstörung, die Auslöschung
diesesKreislaufs 1st, die Natur von ihren eigenen Gesetzen befreit
undsoPlatz für die Erzeugung neuer Lebensf armen ex nihiloschafft).
DieUnterscheidung zwischen zwei Toden lässt sich auf das Sade'sche
Phantasma beziehen, das sich in seinem Werk daran erkennen lässt,
dass dasOpfer gewissermaßen unzerstörbar ist: Es kann endlos gefol-
tertwerdenund überlebt dennoch; es kann alle möglichen Peinigun-
genertragen und wahrt trotzdem seine Schönheit. Es ist fast so, als
besitze es jenseits seines (im Kreislauf von Entstehen und Vergehen
in?egriffenen)natürlichen Körpers und über diesen hi~aus u~d o-
nutauchjenseits seines natürlichen Todes und über diesen hinau
einenweiteren Körper der aus einer anderen Substanz besteht ulld
10
vom '
Lebenszyklus ausgenommen ist - einen erha enen or~er. b K"
Dasgleiche Phantasma begegnet uns heute in einer Reihe von
1>-..1 kt • kfilm~n. Denken
'~uuu en der „Massenkultur", etwa in Zeichentric
WIJ' be' •I .
1Sp1eswe1se an Tom und Jerry, Katz un
d Mau s.•Beiden du1 h h- •
leben d'
ie fürchterlichsten
· K
Strapazen: Die atze w1 .
rd erdolc t, in
D f-
ihrerTash . • d von einer a1np
""'' c e geht Dynamit in die Luft, sie wir d , d 0
"4Jle übe · • • e Fl un e1 , un
. rrollt, sodass ihr Körper platt ist wie ein . d ·t ·1r n1
e1 d . s1• wie r 1111 1 1
no un so fort; in der näcl1sten Szene tritt e .. _ rhält

rnia1n K·· .
orper auf und das Spie
. l begi·nnt von ..o1bn , örp r.
al b · . . zer tor ai n .
' esäße sie noch einen anderen, u~ b 1 täbli h nut
11r U l
n wir an Videospiele, in d en n "'

lJl
. h den zwei Toden zu tun haben: Für gew"
0
d r Differenz zwi~clen( der um genau zu sein, die Figuren ct·~-
. b • der Spie er o , . , 1e1h
h h itzt . ) mehrere Leben, oft drei; er wird von . n
• iel repräsentieren d 'h einer
nn p .. t a von einem Monster, as i n zu fressend h
Gefahr bedrangt - e w • f •• D h ro t
. • Leben sobald es ihn angt. oc wenn er einz·
und er ver1iert ein E
1'
, b . 1e
. d' t eines oder mehrere xtra 1e en. Die ganze Lo'k
erreicht ver ien er h' d . gi
die. er s'pie. le basiert also auf. dem .Uhntersc . ie . zwischen den L.,vve1
7lu •

Toden: zwisc . h en dem Tod ' 1n .dem 1c . eines meiner .Leben verli'e re,
und dem endgültigen Tod, bei dem 1~h das ganze Sp~el verliere.
Lacan begreift diese Differenz zwischen den zwei Toden alsdie
(b. 1 . h )
Differenz zwischen dem wirklichen 10 og1sc ~n Tod und seiner
ymbolisierung, durch ~ie „die ~echr.mng begh~hen _wird",durch
die das symbolische Schicksal erfullt wird (etwa die Beichte aufdem
Totenbett im Katholizismus). Diese Lücke kann unterschiedlich ge-
füllt werden; sie kann entweder eine erhabene Schönheit oderein
furchteinflößendes Ungeheuer enthalten: Antigones symbolischer
Tod, der Ausschluss aus der symbolischen Gemeinschaft der Stadt,
geht ihrem tatsächlichen Tod voraus und erfüllt ihren Charakter
mit einer erhabenen Schönheit, während der Geist von Hamlets
Vater den entgegengesetzten Fall darstellt. Sein tatsächlicher Tod
wurde nicht von einem symbolischen Tod begleitet, die Rechnung
wurde nicht beglichen, und deshalb kehrt er als f urchteinflößende
Ers~heinung zurück, bis die Schuld abgegolten ist.
Dieser Ort „zwischen zwei Toden" an dem sich erhabene Schön-
heit und schreckliche Monster befidden ist der Ort desDings\des
real-trau~tischen Kerns inmitten der s;mbolischen Ordnung. Die·
er Ort wird durch die Symbolisierung/Historisierung eröf~net:
~er Pr~zess_der Historisierung impliziert einen leeren Platz,emen
mcht-h1 tonschen Kern, um den herum das symbolische Netzwerk
ang

ordnet wird • o·Ie menschliche . Geschichte untersc h ei'det sich, .
n anderen Worten, von d er tierischen . .
Evolution gerade ur - d ehd1
zugna hme auf d • • h • h mbo11•
1• w rd n kan iesen nie t-historischen Platz der nie t sy
b h ' • syn1bo
Ji ·i n h n, 0 wo l er erst nachträglich durch die . ehe
ali ätg·ymrbvol~~ebrachtwird. Sobald die „rohe'' vorsymbol'.dat1
h. J lat2 d o 1s1ert/hist
. ••
or1s1ert .
wird, .
wird der leere, ,,unvet
s Dings 180 • 1· 1 rt und „abgesondert
is B ' . . in
zug auf d n l kl'' t wie
al d global „ r n Platz des Dings er ar , !1lögli h
Auslos hung d s Signifikantenn tz

( '
. .D r z it d di r di I u 1.. l
t t. • 1 h o l ung d
lall fr· t 1 1 1 ur
. •• r
. t n in ofi rn d'1 s r s n. türli h n Kre1. -
I• i rt/lu tor1 1 rt 1n mb li h r 1s1auf b r it
b • tzwerk 1• Ym-
di 1n v r inna 11mt wurd : D r b ng s hri ben u d
,n . ' • • . a so 1ut Tod d' n
d n1 r um 1 t 1mm l d1 z rstö ' l „Z r törung
n. B ün Fr ud h n „Todestri b" hrubngd . symbolischen niver-
u1 k h a n wn e • .
. 111al d m a t n t eoretisch n Begr'ff f" s mit nichts and _
I • d ' . I ur de Sade "r
d z-v 1t n o zu tun - die Möglichk . . s vorstellung
: he Tradition ,ausgelöscht" wird wird eit, da s die ganze histo-
11 • • • ' vom Prozess d s b
li i rung/H1stons1erung als seine eigene d"k er ym o-
ri eheSchranke eröffnet. ra i ale, selbstzerstöre-
In der gesamten Geschichte des Marxism 'b . .
.
einen Pun kt, an d em d'ieser nicht-historische
. . us gi t es. vielleicht
" nur
. b ''h d , ,ex-time l{ern der
Gechichte eru rt wur e, an dem die Gesch · ht fl .
• b" 1 •h ic sre ex1on zum
Todestr1e a s i rem Nullpunkt gebracht wurd . · d
• h h ·z . e. in en soge-
nanntenGeschic tsp z osophischenThesen dem letzten ---r t W
. . ' 1.ex von a1ter
Benjamin,dem „Reisegefährten" der Frankfurter Schule D .
. . . . . . as 1iegt
daran,dass BenJam1n - und dies 1st 1n der Geschichte der M · _
. • • d. G h. h arxis
muse1nz1gart1g- 1e esc 1c te als Text begreift, als eine Reihe von
E~ei~issen, ~ie „g~wesen sei1: werd~n ', deren Bedeutung, deren
histonsche D1mens1on durch ihre Einschreibung ins symbolische
etzrückblickend bestimmt wird.

Revolution
als Wiederholung

DieseThesenwiederum besetzen einen „ex-timen" Platz; sie glei-


~heneinem eigenartigen Körper, der nicht nur der Eingliederung
mden Rahmen der Frankfurter Schule widersteht, sondern sogar
derEingliederung in die Kontinuität von Benjamins Denken. Da
heißt,dass Beajamins Entwicklung für gewöhnlich als allmäh_liche
~näherung an den Marxismus dargestellt wird; die Thesenbilden
einenganz deutlichen Einschnitt in diese Kontinuität: Am End e
seinertheoretischen (und physischen) Aktivität t~uc_htplötzli h da
P:Oblem der Theologie auf. Der historische Matenahs~us ka~ nur
~umphieren, wenn er „die Theologie in seinen Dien t nnnmt •
senwirdie berühmte erste These:

19„
. Autoinat n gegeben haben, der so konstr .
}' 1 11 eu en . . Uiert
B 1 1t 1 . • s Schach IJi lers 1n1l einem Gegenzuge . ge,vese
. d ß 1 • d n Zug in . . erw1d n
1 a J . d r Parti icherte. Eine Pu PI e 1n türkischer ,,..,ert habe
d r 1·111n d. 11 . w1nn f .
M d aß or dein Brett, das au einem geräumig
irach ,
. t, eine
rpfi ifi un i un ' d' 11 • en T1sh
a . t m von Spiegeln wurde 1e I us1on erweckt, die : auf.
ruht Du "'Ch in . ß • b kl' ser Tisch .
• . d h 1·chtig In Wahrheit sa ein uc iger Zwerg d . se
all n I. n ur • arin, der . 1
. . hach pi 1war und die Hand der Puppe an Schnüren lenkt ein
M i t nn „ k • d Ph'l h' e. 2u d'
,.. k man sich ein Gegenstuc in er 1 osop 1evorstell ie.
r 1 pa1atur ann . . _ . . . , en. Gewj
. . die Puppe die man ,h1stonscher Matenahsmus nennt s· n.
n 11 o1111nm 1 , . . . . . 1ekan
o11n w I
• t r mit J.
edem auf nehmen,

wenn sie
d h „ ßl. h •
die Theologie
d .
in ihre n· n
n ienst
.
nnnmt d'1 h ute bekanntlich klein un a ic 1st un sich ohnehin n·1cht darf
blick n la n.11

a in diesem Fragment sofort auffällt, ist der Widerspruch zwisch


der Allegorie, die den ersten Teil der These ausmacht, und ihr:~
Deutung im zweiten Teil. Die Deutung besagt, dass der historische
Materialismus „die Theologie in seinen Dienst nimmt"; in der Alle-
gorie lenkt die Theologie (,,ein buckliger Zwerg") die Puppe - den
historischen Materialismus" - mithilfe von Schnüren. DieserWider-
pruch ist selbstverständlich der Widerspruch zwischen der Allego-
rie und ihrer Bedeutung überhaupt, letztlich also der Widerspruch
nvischen Signifikant und Signifikat. Das Signifikat scheint sichdes
ignifikanten zu qedienen, ihn „in seinen Dienst" zu nehmen,ver-
fängt sich jedoch umgehend in seinem Netz. Die beiden Ebenen
durchqueren einander also: Die formale Struktur von Benjamins
Allegorie verhält sich genau wie ihr „Inhalt", wie die Theologieim
Verhältnis zum historischen Materialismus: Jener tut so, als nehme
er diese in seinen Dienst, doch verfängt er sich zunehmend in ihren
chnüren, weil - wenn uns diese Vorlus~ gestattet ist - die „Theo-
logie" hier das Drängen des Signifikanten bezeichnet.
Doch gehen wir Schritt für Schritt vor: Wie können wir die rbe~-
1ogisc• h e o·1mens1on
. begreifen, von der Benjamin spnc. h?t. Die
"Theologie" kündet hier von einer einzigartigen Erfahrung, auf
die• BenJamin
• • in • einem Fragment aus dem posthum vero ··ffent·
.
r icht en Russagen-Werkanspielt: Im Eingedenken machen wir• eine
( h d' ,, • h theo·
r rung, ie es uns verbietet, die Geschichte grundsätzhc fach
logisch
. zu begreifen [•••] . "12 M an k ann E.zngeden,i1 en* nicht ..ein
~tliche
mit
·· " r m mbran " d . . .
o r „rem1n1scence" ü hersetzen, 1 . i t d'e woi
lb z~ng, ,,to transpose ones lf in thoughts/into sometlnng'
J nfalls inadäquat.

194
, , t. äclilic.h darum geht si'cl d'
. 11l es 1' 1 . . ' " 1 ie Vi
()b''o ., kcjnncn ,v1r das E,ngeclenken* n· ergangcnheit
• ncn , . . -.. ic11t ange an-
/tie1g gc ,,·1 r 1111 1~c 1(1 c1er Hermeneutik bl . messen verst -
olan . . ver e1be . e
1ie11. l 111 h rn1cncu t1schen schlicht ent n - Beiljamins
•·t c c gegeng
/ic1 1 'k ver•ucht, den zu deutenden Text • esetzt (die 1-Ier-
cutl ) . 1 Tot r ..
In Cer
,ncn 1 vcrortcn . Vielmehr schwebt ihm v . a Itat seiner
0 ehe Zl . or, einen b .
tp tand der Vergangenl1e1t innerhalb der K . . est1mmten
Gegen, . . ( [ ] ontinuitätder G
·chtezu isolieren " •.. so sprengt er [der historisch . . e-
'~l11b timmtesLeben aus der Epoche, so ein best' e Materialist]
ein es k "i·~) I G immtes Werkau
Lebensv\'er. • : m egensatz zur Hermeneut'k l" . s
del11 • lb 1 asst dieses
ngsverfahren unm1tte ar an Freuds Gegenu"b
oeutl l , . erste11 ung von
oeutu
ng en detail und
[
Deutung en masse denken· D u,
• ,, as vvesenthche
.

andiesem . Verfahren
. der Deutung en detail]ist nun, daß d'ie Deu-
tu1lgsarbei . t nicht ..auf das Ganze. des Traumes . gerichtet wir • d, son-
dernaufJedes Stuck des Trauminhalts für sich [...]."14
Dassd_erher1:1e~eutische Ansatz ztir~ick~ewiesenwird, hat gam
ge,riss nIChtsmit einer bloßen ,,~e8:ession auf eine vorhermeneu-
tieheNaivitätzu tun: Der Punkt 1st nicht, dass wir „unsin die Vergan-
enheithineinversetzen' sollen, indem wir von unserer tatsächlichen
historischen Position abstrahieren und den Platz vergessen,vondem
auswirsprechen. Das Eingedenken* ist eine von „Interesse"geleitete
Aneignung des Vergangenen, die für die unterdrückten Klassenein-
teht:,,Vergangeneshistorisch artikulieren heißt nicht, es erkennen
,wie esdenn eigentlich gewesen ist'. "15 ... ,,Das Subjekt historischer
Erkenntnis ist die kämpfende, unterdrückte Klasseselbst. 16
Diese Zeilen dürfen jedocl1 nicht falsch gedeutet werd~n,indem
mansieim Sinne einer nietzscheanischen Geschichtsschreibungauf-
fasst, nämlichals „Wille zur Macht in der Deutung", als da Recht
d~s Sieg~rs, ,,seine eigene Geschichte zu schreiben" ~nd den anderen
eme„Sicht"aufzuerlegen - als handelten diese Zeilen Kamrf
zwischen zweiKlassen (der herrschenden und der unter<lruc~ten~, in
de 'b ·d" Vielleicht
mesdarum geht wer die Geschichte schrei en " 11 • . f"

\erh··1 · ' " • • doch ru 1t ur 1


. a t es sich für die herrschende Klasse so, ge,VlSJe
,11e . 1 • den a yn1n1 -
. unterdrückte· die beiden verhalten sich entsc ue . • • 1 ·eh
ttJ\ch, • ' • l t BcnJanunou1
iwe·zueinander, und diese Asymmetrie beze1c1ne e kontinuicr-
1 1
lic}iv'/er~ hiedene Zeitlicl1keiten: die leere, hoH~og~! n't1 ) und die
e ~en(d ff' • 11n istoti 1 -
jlftillt" _es hcrrscl1enden und o 1z_1ee_ hen ,tatcriali n1u).'
e 'diskontinuierliche Zeit (des h1storisc •
. Blick des Historismus sich darauf beschränk
Da d r kla 15. h r
h ewescn ist", und die Geschichte als 1•
..,vie e d nn eigent ic g adlinige und kontinuierliche Reihe ge.
l omogene, ger • • Yon
" hlo ene, 1 'f . t di'eser Blick a priori und formal der BI·L
• • n begrei t, is . . 1 1c~
rei~gn~ ". Die Geschichte erschen1:t a s ge~chlossener Und
„de1 . S1~gel~.h Fortschritt", der dieJenigen, die aktuell herr
konunuier ic . M er "ht gebracht hat. Da b ei• f'in d et d as S cheitern
· in d •
eh n an d ie ac . h er
'. k • Beachtung. Man muss es missac ten, um die Kon
Ge chic11te eine . . . " •
. 't'"t dessen herzustellen, was „eigenthch gewesen ist . Während
t1nu1a 'b • •• " G
die herr chende Geschichtsschre~ ung eine „pos1t1ve eschichte
über Siege und Kulturgüter schreibe, habe man

un hi tori eben Ylaterialisten mit einem distanzierten


Betrachter zu rechnen [...].
Denn was er an Kulturgütern überblickt, das ist samt und _sonder~ vo? einer Ab-
kunft. die er nicht ohne Grauen bedenken kann. Es dankt sein Dasein nicht nur der
~1ühe der großen Genien, die es geschaffen haben, sondern auch der namenlosen
Fron ihrer Zeitgenossen. Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich
ein olches der Bar b are1• zu sein.
• 18

Im Gegensatz zum Triumphzug, den der Historismus für die Sieger


ausrichtet, eignet sich die unterdrückte Klasse die Vergangenheit
an, insofern diese „offen" ist und sich „nach Erlösung sehnt". Sie
eignet sich die Vergangenheit also nur an, da die Vergangenheit -
in Form dessen, was gescheitert ist und ausgerottet wurde - die
Dimension der Zukunft bereits in sich enthält: ,,Die Vergangenheit
führt einen heimlichen Index mit, durch den sie auf Erlösung ver-
wiesen wird." 19
Wenn uns die Aneignung dieser unterdrückten Dimension der
Ve~gangenheit gelingen soll, die die Zukunft (unseres eigenen revo-
l~~io~ären Aktes, der die Vergangenheit qua Wiederholung nach·
traghch erlöst - es „besteht eine geheime Verabredung zwischen
~en gewesenen Geschlechtern und unserem. Dann sind wir aufder
Erd e ~rwartet worden. "W)in sich enthält, so müssen wir sie ausdeID
,,Kontin~um der Geschichte" heraussprengen und einen „Tiger·
~prung 1n Vergan gene "21 mac h en. Hieran. • fun damen·
lässt sich die
tal Asym~etrie begreifen, die zwischen der evolutionären Vo tel·
Jung des H1storism
. . us, d er d'1e Geschichte
. .
als l{ont1nuum besch~ibt
1
\,4

un d d m h1stor1sch M • •
n ater1ahsmus herrscht:

J9ß
\tl f d 11 ß griff iner•11G genwart, die nicht Üb ergang •
, . , ht und zu1n t1 tand gekommen ist k ist sondern in de d' Z .
c1t1t d. ,.. . . . ' ann der hi t . r ie e1t
7i ht n. D nn ie I Begnff definiert eben d' G s onsche Materialist nicht
,, 1 11 hi ht chreibt. 22 ze egenwart, in der er fu"rs .
pero eine

D nk n g hört nicht nur die Bewegung d G


7;tll11 W d D k . er edanken d
·11
11
t llung. o as en en in einer von Sp
. .. . annungen '.. • ern ebenso ihre
son .
l"tzli h 1nhalt da erteilt es derselben einen Ch k d gesattigte~ Konstellation
pk· ralli iert. D r historische Materialist geht an ~c ' urch den es sich als Monade
·n . einen gesch1• htl' h
• zi . und all 1n da heran, wo er ihm als Monad ~ Ic en Gegenstand
n1 • . e entgegentritt In d • s
erkennt r da Ze1c~en einer messianischen Stillstellun des G ieser truktur
·eagt in r revolutionären Chance im Kampfe f" d' g e_~chehens,anders
. 23 ur ie unterdruckte Vergangen-
heit.

Hierbegegnet
. uns. die erste Überraschung: Der historisch e Mat er1a-
·
li~mu_s sei -. ga?-z 1~ Gegensatz zur ~~rxistischen Doxa, der zufolge
11Ir die_Ere1gmsse m der Gesa~the1t ihrer Verbindungen und ihrer
dialektischen _Be~egu~g begreifen müssen - dadurch gekennzeich-
net, dass er die h1stor1sche Bewegung stillstellenund ein Detail der
geschichtlichen Gesamtheit isolierenkann.
Die Bewegung dieserart in einer Monade zu kristallisieren und
„einzufrieren", kündet von der Aneignung der Vergangenheit: Die
Monade ist ein Moment, dem die Vergangenheit unmittelbar an-
hängt - so wird das Kontinuum der Evolution umgangen: Die ge-
genwärtigerevolutionäre Situation versteht sich durch ihren Erfolg
alsWiederholung vergangenen Scheiterns, als nachträgliche "Erlö-
sung". Die Vergangenheit wird „von Jetztzeit erfüllt". Die revolu-
tionäreChance entscheidet nicht nur das Schicksal der Revolution,
sondern auch das Schicksal vergangener revolutionärer Versuche,
diegescheitert sind:
Dem lustonschen
· • . .
Matenahsmus geht es d arum, ein
• B'ld
1 der Vergangenheit
.
fe t-
zuhalten.wie es sich im Augenblick der Gefahr dem historischen.~ubJek~u_~ver-
ehenseinstellt. Die Gefahr droht sowohl dem Bestand der Tradition wie 1 ren
Empfängern. 24

D1. G fahr die der Revolution droht, d roh t ~uch d r Vergan nn-
b 1•t d · ' • k • e Verdichtung r an
, a d1 revolutionäre KonJun tur ein . luti
r~v0 I • • d~ s1• h in der heutig n
. Utionär r Situationen 1st, 1e c
W1d ~rhol n:

17
. . d einer Kon truktion, deren Ort nicht die horn
1 i... T
.
1
. .
~ene
hi ht_c t eg nd~an,011 }etztzei~ erfüllte bildet. So war für Rol..-.:
z 1t ondern 1e \ ucsp1erre
un d 1c _1 . 't Jetztzeit geladene Vergangenheit, die er aus demKo .
da annl R01n ine 1n1 . f .. • h R 1 . nt1.
c . 1
1 erau prengte. Die ranzo 1 c e evo ution verstand .
nuu1n der 1 e 11111te R · . ••eh
.d k 1 te Rotn Sie zitierte da alte om genau so wie die Mode e1·
al wie erg ·e 1r . • . •2; ne
vergangene Tracht z1t1 1t.

Für diejenig n die mit Freuds ~eha~ptung vertraut si_nd,dass „das


l ...nb ,vu te zeitlo i t" 26 , ist h1erm1t alles gesagt: Diese "erfüllte
Zeit'', die er „Tigersprung ins Vergangene",. von dem die revo}u.
tionäre Gegenwart erfüllt ist, kündet vom Wie~rholungszwang. Der
till tand der geschichtlichen Bewegung und die von Benjamin pro-
pagierte Au setzung des zeitlichen Kontinuu~s entsprechen dem
, Kurz chluss' zwischen aktuellem und ehemaligem Sprechen, das
die Übertragung kennzeichnet:

\-\'arum verändert sich die Analyse in dem Augenblick, wo die Übertragungs-


nuation durch die Evokation der ehemaligen Situation analysiert ist, in der sich
da ubjekt in Gegenwart eines ganz anderen, mit dem gegenwärtigen nichtver-
gleichbaren Objekts befand? Weil das aktuelle Sprechen, wie das ehemalige Spre-
chen. in eine Zeitparenthese, in eine Zeitform, wenn ich mich so ausdrückendarf,
e etzt worden ist. Da die Zeitmodulation identisch ist, findet es sich, daß dasSpre-
chen des Analytikers [oder, in Benjamins Worten: des historischen Materialisten,
. Z.] denselben Wert hat wie das ehemalige Sprechen. 27

In der Monade „kristallisiert die Zeit", insofern die gegenwärtige


Konstellation unmittelbar mit der vergangenen auf geladen ist -
in ofern wir es also, in anderen Worten, mit einer reinen Wieder·
holung zu tun haben. Die Wiederholung ist nicht im Sinne eines
\Or-logi chen Archaismus „zeitlos", sondern einfach im Sinne der
S. nchronizität des reinen Signifikanten: Wir müssen nicht auf dem
diachronen Zeitstrahl nach einer Verbindung zwischen vergange-
nen und gegenwärtigen Konstellationen suchen· diese Verbindung
äuß rt sich in Form eines unmittelbar parad,igmatischen Kurz·
ch1uss s.
Di Monad ist somit ein Moment der Diskontinuität des Bruch •
In der Monade wird der lineare Fluss der Zeit" aufiehoben, till·
g . st llt' r "g rin n t" , wei•1 1n • "die unterdrückte Vergangen h t'
• 1hr
d 1 von d r G • } • l •
_ .. s lI He der Herrscher aus dem Kontinuum hera .
;J)

g ·drangt wu1d ' direkt widerhallt - also den linearen Fort chntt

198
de Kontinuums umgeht. Sie ist buchsr·bi· h . .
"•) • . . a ic eine Di 1 k •k .
Stillstancl .. , eine reine Wiederholung b . d . " a e t1 1m
, • 1 ' ei er die ges h. h 1• h
Be'" gung 1n K ammern gesetzt wird D . . 1c t 1c e
. . • as einzige Feld in dem wir
ron „ olch einer Aneignung des Vergange '
. d' G nen sprechen können
durch cl1c 1e egenwart das Vergangene nacht .. 1. h .. " . '
· ,, h · 1 • . rag ic „erlost (1n
deinehe vergangen eit a so in die Gegenwart einb •r'C • ) .
. ·f·k . egn 1en wird , 1st
da Feld d es S1gni 1 anten: Die Aussetzung der B .
. . .. d s· .f. ewegung 1st nur
e synch rorus1e-
al
, S ·nc l1ron1z1tat es .ign1 . 1kanten möglich , als ei·n ••
rung der Vergangenheit mit der Gegenwart.
~un ,vird
. . klar, womit
K .wir es zu tun haben, wenn die Monad e aus
dein l11stor1sc11en ont1nuum herausgesprengt wird: Wir isolieren
den Signifikanten, indem wir ihn innerhalb der Gesamtheit der Bedeu-
tungin Klatnmern setzen. Die Bedeutung in Klammern zu setzen ist
die conditio sine qua non des Kurzschlusses zwischen Vergangenheit
und Gegen,vart: Sie werden auf der Ebene der Autonomie des Sig-
nifikanten synchronisiert - dabei werden nicht zwei Bedeutungen,
ondern Z'1veiSignifikantennetze synchronisiert und überlagert. Es
ollte also nicht überraschen, dass dieser Einschlus~ eines Teils der
Vergangenheit in der Textur der Gegenwart von der Metapher der
Geschichte als Text gestützt wird:

\\'ill man die Geschichte als einen Text betrachten, dann gilt von ihr, was ein
neuerer Autor von literarischen sagt: die Vergangenheit habe i~ ihnen B_ilde~nie-
dergelegt. die man denen vergleichen könne, die von einer hchtempfi nclliche_n
Plattefe tgehalten werden. ,,Xur die Zukunft hat Entwickle_r zur Verfügung, die
lark genug sind, um das Bild mit allen Details zum Vorschein ~omm~n zu la en.
•\1anche e1te
· bei• Manvaux
. oder bei• Rousseau weis
• t ei·nen geheimen Sinn auf. den
29
diezeitgenössischen Leser nicht voll haben entziffern können."

H1• B ehmen der Wiene


er müssen wir wieder auf Lacan ezug O d: w·ect
1
kehr
~fetapher der umgekehrten Zeitlichkeit nutzt, ui~ ie ehr .
J . 1 • da V1 reck e c m•
< e~ Vi>rdrängtcn zu erklären: Wir seien, wie
d t, h ~vorwir es sehen:
Ma . . derkehr de Verdrängten eh. n
d ,1 kann auch ( ... J sagen, daß das, was wir als Wie . der Zukunft, durch ein
d~ g ·tiJg1cSignal von etwas sei, das einen Wer_ter t 1111. 1 te de ubjeit be on1•
\1nl)oJ"1 • 1•n die Ge c uc 1 • • m
~' 11 ) R alisierung s in Jncegrauon • 1 etwa da , in ein
in( 11
11
, . dere ein a '
~<· \\ d · l·.\ wird, bu hst äbJich, nie etwa an . ·rrJSD
g<•b • )11 Aug nbli k der ErfUllung, gewe tti ein u>a •
11

1
. . • f u.. 1r n den Eindruck, . den
1 .. man. zunächst
. havqi
L
g n <l 111 111 . l 1• der revoluttonaren S1tuat1on urn ,_~
\ dlt s 11 1 ) • t1e171t
könnt , han 'Vi d "ngten". Vielmehr sind das Verdrän
.,,vicd rk hr d .s d' r mptome", vergangene und gescheit gte,
d a "1r'ed .
rk hrt, ie "
. ehe di vergessen un
d aus d em Ra hmen erte d
1
Revolution v u ,. 11tsschreibung ausgeschlossen wurden Di~
l1 11. . h nden
1
Ge c uc . • • e
. t' onäre Situation hingegen ist der Versuch ,t._
ecr nwaruge revo1u 1 h . "'r h , ucq
g t, r lt n" also die gesc eiterten versuc e zu erJJ<.
·mptom zu ,entia e ' 1· . . ,, \1-
" . d b lischen Ordnung zu rea 1sieren -, die durchihr
n - in r m o " d d d h e
. d h 1 g gewesen sein werden un a urc nachträglich
,v1e er o un " M' B
zu d ein werd en, Was sie immer schon
. waren. 1t ezug . auf Benia :1 •

min . Thesenko"nnen wir daher eine Formel von . Lacan wiederholen••


Der Re o lution g·elingt der „Tigersprung d' ins Vergangene" nicht
. h . "'
·1 • ·n der Vergangenheit und Tra ition nac einer Stütze
,ve1 1e 1 . d' . h . d
ucht sondern weil die Vergangenheit, ie sie in er Revolution
,fiederholt, ,,aus der Zukunft kommt" - sie trug die Öffnung der
Zukunft bereits in sich.

Die PerspektivedesJüngsten Gerichts"

Gerade hier stoßen wir auf eine unerwartete Übereinstimmung zwi.


eben den Geschichtsbegriffen von Benjamin und Stalin: Sobaldwir
die Geschichte als Text, als „ihre eigene Geschichte" und ihre eigene
Erzählung begreifen - da sie ihre Bedeutung nachträglich erhält und
in jedes Ereignis eine Verzögerung, eine gewisse Nachträglichkeitein-
ge chrieben ist, das also buchstäblich nicht „ist", sondern "gewesen
ein wird"-, müssen wir den geschichtlichen Prozess zumindest im-
plizit aus der Perspektive des „Jüngsten Gerichts" betrachten: ~~er
\.\'erden_alle Rechnungen beglichen, die Symbolisierung/HistorJSle-
run? wird vollzogen und das „Ende der Geschichte" erreicht. Jedelll
~r ignis nachträglich eine endgültige Bedeutung zugeteilt~
in e~dgultige Stelle innerhalb der vollendeten Erzählung zugewie-
.n.• D1 tat-~ac
„ hl 1
•che Geschichte
• geschieht gewissermaßen auf
d It, etSt ~patere Entwicklungen werden nachträglich entscheid
o 1> twa d1 gcg .. • . d1
. enwartige revolutionäre Gewalt vergeben un
m1 rt werd n kan d Ob s1• 1·
h ld f d
u au
°
n er e als Verbindlichkeit und unbeg 1
n S hult rn k"un f t1ger
• • d•
Generationen lasten wir

200
.
Frinn rn ,v1r uns etwa an Merleau-P .
· onty, der die t r · ·
• d s a 1n1st1schen
S,·haU])rozc e 111 Humanismus und T-.er~o·-~
, ( • r 1 m1t er Be „ d
, 1

tcidigt1_1at, dass die Opfer_ zwar zweifelsfrei unschuldi grun ung ver-
crinögl~hte gesel_lschafthche Fortschritt die Schau g waren,_der so
lcgitiin1cr . Dabei handelt es sich im Grund pd~ozesseJedoch
l k • d J •· e um 1e Vorstellung
einer ,,Per pe ttve es ungsten Gerichts" (d A d
S . ..b . er us ruck stammt
aus La an eminar u er Die Ethik der P~choan l st; _,2), K .
• • • h • L .· ~J a Y • ein Akt
kein E1e1gn1s ge t ins eere, 1n der Geschichte 'bt k . . '
• gt es eine reinen
\u gaben o d er reinen Verluste· alles was wi·r t ·d •
• . ' un, wir irgendwo
niedergeschrieben und aufgezeichnet
. und ist eines pur, d.ie einst- .
weilenbedeutungs 1os bl e1bt, doch ihren Platz zugewiesen b k
. o·1nge en d gu··1t1g
,,·ennd 1e • b eg 1·1chen werden. e ommt,
Dieser Idealismus . . verbirgt sich hinter der stalinistischen Logi ·k.
Ohwohlder Sta 1in_1smusG?tt leugnet, impliziert er doch einen pla-
tonischen Ideenhimmel (in Form des großen Anderen), der die
en1pirischeund faktische Geschichte verdoppelt und Buch führt_
er bestimmt also die „objektive Bedeutung" eines jeden Ereignisses
und einer jeden Handlung. Gäbe es diese Buchführung nicht und
"·ären die Ereignisse und Handlungen nicht im Buch des großen
Anderen verzeichnet, so wäre es unmöglich, einige der zentralen
Begriffe des stalinistischen Diskurses zu verstehen, wie etwa den
Begriffder „objektiven Schuld". Objektiv schuldig ist man nämlich
in den Augen des großen Anderen der Geschichte.
Auf den ersten Blick stimmt Benjamin also mit dem Stalinismus
inder „Perspektive des Jüngsten Gerichts" vollkommen überein; wi~
ollten hier jedoch demselben Ratschlag folgen~ den ~an auch ~ei
der „Liebe auf den ersten Blick" gibt: Schau ein zweites Mal hin.
\Vennwir das tun merken wir schnell, dass diese scheinbare ähe
bloßbedeutet, da~s Benjamin den wahren Nerv im sy~b?li eben
G.ebäudedes Stalinismus getroffen hat - er war der Einzige, der
die Idee des Fortschritts" die die Buchführung durch den gro-
ß n Anderen 'der Geschichte mit sich bringt, ra~ikal in Frag~ ge-
stellthat. Außerdem hat Benjamin gezeigt, dass eme ungebroc dene
Y.hl •
1 )Jndung zwischen Fortschritt• un d H errsc h aft be teht - •un kl ° g
• 1
1 La ans berühmte Formel vorweggenom_m~~: .
da Entw1c un
<tu~ t Uun
0 0
,,~11chts als eine Hypothese der Herrschaft ist •G" 1 l . ht i t ,an
<·1n • 1
<&
11 l t in dzr • durchlaufi
hri tts des Menschengesc 1 ec 1 s
cu
nd n
(1<·1y, d l er e1t
<>rstllun g ihres ein homogene un •

201
. b .. cn "'1<1 Diese ho1nogene und leere Zeit. .
Fortgangs n1 ht a zu 1o • l Istdie
Z itli hkcit d r herr chcnden as~e. . .
• . . . . Per pekti e 1st ehe Pers pekt1ve des Siegersd
D1c tahn1 u 11 d. b' k • ' essen
.. . . . g on ornherein durch ie „o ~e t1ve Notwendig•- .
en d gu 1t1ge1 1e . d' G d. ~eu
.G . t " icherges tellt wird; aus 1esem run 1st der sta]i' •
d i .,.cc1u 1l e . b hl B .. h llJs.
ti he Bli kauf di Vergangenheit, o wo er . e, Sprünge Und
.
Revo1uuonen betont , durch .und. durch evolutionar.
. Er .versteht die
Ge hichte al einen kontinu1erhchen Prozess, in de~ die alten Her.
ren inltn r \vieder durch neue ersetzt werden: Jeder Sieger spielt-in
ein r Zeit _ eine „progressive Rolle" und büßt s_chließlich seinen
z,\Teck in, " eil die Entwicklung unaufha~tbar weitergeht: Gestern
hat der Kapitalist in Übereinst~mmu?g mit der Notwendigkeit des
Fort chritt gehandelt; heute sind wir am Zug ... In der stalinisti.
chen Buchführung wird die „objektive Schuld" (oder der objektive
Beitrag) an den Gesetzen der historischen Entwicklung gemessen-
an der kontinuierlichen Evolution, die auf ein höchstes Gut (den
Kommunismus) zuführt. Bei Benjamin hingegen ist die "Perspektive
de Jüngsten Gerichts" die Perspektive derer, die den Preisfüreine
Reihe großer historischer Siege gezahlt haben; die Perspektivederer,
die scheiternund ihr Ziel verfehlen mussten, damit die Reihe großer
hi torischer Errungenschaften verwirklicht werden konnte; die Per-
pektive der enttäuschten Hoffnungen und all derer, die im Text
der Geschichte nichts als verstreute, anonyme und bedeutungslose
Spuren am Rande jener Taten hinterlassen haben, deren „histori-
sche Bedeutung" der „objektive" Blick der offiziellen Geschichts-
schreibung verbürgt hat.
Aus diesem Grund war die Revolution für Benjamin nicht Teil
eine historischen Kontinuums, sondern ganz im Gegenteil ein
.\fome~t des „Stillstands", in dem das Kontinuum aufgebrochen
und die Textur der vorangegangenen Geschichte der Sieger aus·
gelö~cht wird. Alle erfolglosen Handlungen, Fehlschläge und
:heiterten Revolutionsversuche, die im herrschenden Text ledig·
r
lieh leere und bedeutungslose Spuren hinterlassen haben, werrlen
?urch den Erfolg der Revolution nachträglich erlöst" und erhalten
1hr B. ed eu~ung. In diesem
• . " ..,t.lflfS•
Sinne ist die Revolution ein Schö/JJ.,,."
~7t, ~:;a~ikaler Eingr~f~des „Todestriebs": Der alte Text wircl
10
Vif ucr ex nzhzloerschaffen, durch den die unterdrli
gang nhc1t „g wes n sein wird".

202
v\ ,11d n wir uns Lacans Lesart von A t ·
. d' n zgonezu· Wenn d' t 1· •
. h P-r pe ktive ie Perspektive Kreo . ( • . ie s a inis-
tl • . ns ist a 1so die d h „ h
Gut n da die Form des Gemeinwohls im St . es oc sten
• • d• p aat annimmt) da
nün1ntBenJ_amin_ ie erspektive Antigones ein - für Ben· ' . ~n
di R voluuon eine Sache von Leben und d d ~amin ist
. . S h L b o , o er, um genau
zu. ein eine. ac e von . e en und .zweitem , symb o1isc . h em Tod. 33_
Di R voluuon . . .schafft
h eine Alternative zwischen Er1osung,
„ d'ie (um
diesen sta 1inistisc en Ausdruck zu nutzen) dem Ab h
·h " 1 d " sc aum der
Gescluc te - a so em, was .. . vom . Kontinuum des r sch r1tts
vort
1
• aus-
creschlossenwar - nachtraghch eine Bedeutung geben • d d
. d ) . wir , un
der Af okalypse (d er N i~ erlage : in der sogar die Toten erneut verlo-
ren sein werden un? einen zweiten Tod erleiden: ,,[A]uch die Toten
werdenvor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein. "36
\t\Tirkönnen den Gege~satz zwischen Stalinismus und Benjamin
alsoals den G:e~ensatz zwis:hen evolutionäremIdealismusund schöpfe-
rische1n Materialismus begreifen. Lacan hat in seinem Seminar über
DieEthik der Psychoanalysegezeigt, dass die Ideologie des Evolutio-
nismusimmer den Glauben an ein höchstes Gut, an ein Endziel der
Evolutionin sich birgt, der sie von Anbeginn leitet. Diese Ideologie
impliziert also immer eine verdeckte, verleugnete Teleologie. Der
Materialismus hingegen ist immer schöpferisch - er verfährt immer
nachträglich: Das endgültige Ziel ist ihm nicht von Anfang an ein-
geschrieben; die Dinge erhalten erst nachträglich ihre Bedeutung;
die plötzliche Schaffung einer Ordnung verleiht dem vorherge-
gangenen Chaos rückwirkend eine Bedeutung.
Auf den ersten Blick ist Benjamins Position radikal anti-hegelia-
nisch:Handelt es sich bei der Dialektik nicht um die feinste und
listigste Variante von Evolutionismus, schließt sie nicht jedweden
Bruchin das Kontinuum und die unvermeidliche Logik des Fort-
schrittsein? Benjamin hat seine eigene Position w~h~sche~nlic? ge-
nauso verstanden: Er bestimmte die Bruchstelle, die ins hi st~risc?e
Kontinuum einschneidet, als „Dialektik im Stillstand", als Eins:riff
einerreinen Wiederholung, die die durch Aufhebun~ gekenn~~•ch-
nete Fortschrittsbewegung einklammert. An dieser Stelle mu ~n
wirjedoch Hegels radikalen Anti-Evolutionismus hervorheb_en: ~•:
absoluteNegativität die die dialektische Bewegung ,,ans~öalßt'h.
• ' • b " d radtk a 1 -
nichts anderes als der Eingriff des „Tode st rie s ' . er h. h . h
Lorish den „Nullpunkt" der Geschichte bildet - die gesc ic t ic e
1

20
.. in ihrcin innersten Kern eine ahistori
B ,regung 11thalt · •t"t" Die Still tellung der ß sehe
· · l olut r gattvi a • ewegu
1)1111 n, ion ,,a) .. t de dialekti eben Prozesses· n· ng
. t al o ein hlu ehno1n n
1
• te soge.
. k. Entwi klung" besteht aus der unaufhörlich
nannt „d1a1 u •c1ic Anfang ex nz'h'l d A l"
z o, aus er us oschung
en
1
,\ i d rho 1ung 1ne '- Und
. R trukturierung vorausgesetzter Inhalte. Die VUI
nachtt ag 11c11cn
A„

. • kl " · -
gäre Vor t llung der „dialekuschen Ent~1c ung als ~1ner konti.
nu1cr . 11. 11en Rei'lie von Veränderungen,
. . 1n der . Altes stirbt ' Neues
nt te llt un d alle Unaufhörlich changiert - diese Vorstellung der
• A

1 d ·narnischer Veränderungsprozess, als Entstehen Und


atui a
cn die inan von de Sade b'
1s S ta 1·
1n u"b era 11vor f'1ndet _ hat
verge 11 ,
,1
. ,
111
·cht rnit dem ,dialektischen Prozess" bei Hegel zu tun.
• d l •1 •
Der talinisrnus erschöpft sich Je oc 1 nie 1t 1n dieser quasi-
dialekti chen" Vorstellung der Natur als ewiger Kreislauf von
\Teränderungen: Was dabei noch ausgespart wird, ist die subjek.
tiYePo i tion des Kommunisten selbst. Der Platz des stalinistischen
Kommunisten befindet sich, kurz gesagt, genau zwischen den zwei
Toden. Die etwas poetischen Definitionen der Figur des Kommu-
ni ten, die vlir in Stalins Werk finden können; müssen wörtlich ver-
tanden ,verden. Stalin sagt in seiner Rede anlässlich Lenins Beer-
digung en,va: ,,Wir Kommunisten sind Menschen von besonderem
chlag. Wir sind aus besonderem Material geformt. "37 Man kann
den lacanianischen Namen für diesen besonderen Stoff leichter-
raten: objetpetit a, das erhabene Objekt, das in dem Raum zwischen
den zv;ei Toden liegt.
Au der stalinistischen Perspektive sind die Kommunisten alle-
amt ,,~änner mit eisernem Willen", die vom alltäglichen Gang
der ge¾·öhn]ichen 1nenschlichen Leidenschaften und Schwächen
au genommen sind. Es ist fast so, als seien sie „lebendige Tote",
z¾·arnoch am Leben, doch schon vom gewöhnlichen Kreislaufder
•aturkräfte ausgeschlossen - als besäßen sie einen anderen, einen
.rhabenen Kö~per, der jenseits ihres normalen physischen K~rpers
hegt. <In Lub1tschs Ninotschka wird die Rolle des hochrangin~
ApjJaratschichs :on Bcla Lugosi gespielt, der auch Dracula, einen.wei·
t. ren „l bendigen Toten" gespielt hat. Handelt es sich hierbei.UJll
i~e ~orahnung des beschriebenen Zustands oder bloß um einen
gluckhch~n Zufall?) Das Phantasma, das die Figur des stalini ti cheJl
Kommunist n s t"utzt, 1st •
also dasselbe Phantas1na, das auch 1·nden
d Terr - artoon zum Trage k
1o!ll
an .F
d un t r bl'i h en Kom n • oinmt· • D1·e p·1gur d
l ~rnun mun1sten d es unzerstör-
. ,tänd I trag n und unversehrt . , er auch die schlim
L01, . d lb , Ja sogar .. . msten
1 vr1rd on r e en phantasmat' h gestarkt übersteh
k~n1 f . isc en L 'k en
, tz d I n I op mit Dynamit in die L f og1 geleitet wie die
Ia l S . u t gespre .
. d r nä 1 ten zene wieder unverseh 'h ngt wird und die
111 rt 1 ren KI .
, au , rfolgen kam1. assenfe1nd, die
.1

10
,uHerrn zum Führer

Da Problem
.
ist nur, dass wir die Vorstellung e·
. .
h b
ines er a enen Kör-
per der sich
..
zwischen den zwei Toden befind t
1· h .
h . .
e ' auc un klass1-
chen vorburger ic en Herrn finden können· etw b • K·· .
. . .. . . . • a e1m orug.
E 1 t fast. so, als besitze de: Ko~1g Jenseits seines gewöhnlichen
Körperseinen erhabenen, himmlisch-mystischen Körper der d
. · 38 'l Ar • , en
taatperson if iz1ert. vvorin a 1so unterscheiden sich der klassische
Herrund der totalitäre Führer? Der transsubstantiierte Körper des
klassischenHerrn ist der Effekt eines performativen Mechanismus,
derbereits von La Boetie, Pascal und Marx beschrieben wurde:
\\ir, die Subjekte, glauben, dass wir den König wie einen König
behandeln,weil er ein König ist. Doch in Wirklichkeit ist der König
einKönig, weil wir ihn wie einen König behandeln. Die Tatsache,
dassdie charismatische Herrschaft eines Königs durch das symbo-
lischeRitual erzeugt wird, das seine Untertanen ausführen, muss
dabeiverborgen bleiben: Als Untertanen erliegen w~rnotwen~ger-
,,eiseder Illusion, dass der König an sich König 1st. A~s di~sem
Grundmuss der klassische Herr seine Herrschaft durch eine nicht-
gesellschaftliche externe Autorität rechtfertigen (Gott, die Natur,
einmythischesEreignis in der Vergangenheit ...) - sobald der per-
formative Mechanismus der ihm seine charismatische Herrschaft
verleiht, enttarnt wird ~erliert der Herr seine Ma<;ht· . H „
D ' • d dieser seine rr
as Problem beim totalitären Führer 1st, ass •• · r n
Schaft nicht länger durch einen externen Bezugspunk~ ~~umi i1 1
mussE . • h . Ihr müsst mir 10 g '
•·} • r sagt seinen Untertanen nie t. " h lb t bin ni h
icl Eu F •1 agt· Ic efübru
i 1 . r ührer bin." Im Gegentei , er s • ". ur
cl h1n nur d r Ausdruck die
\H•l
. 'ver
7: k..
orp erung ' d1 us gt h 1.
vvi l s. ' . .k " Kurz g a ,
n , Eur Stärke ist meine Stär e •••
. d t tali täre Führer seine Untertanen und 1 .
f~ t: al ad.res M1crel te\n~em er sich auf das oben genannte Ar?·
tnn1erc eine I ac l '
d Marx bezieht - a
1so in• d em er seinen

Subjekt
o"·
inent von Pasca 1un h" II I G en
. . d klassischen Herrn ent u t. m runde sagt
da Gehe1mn1s es . h . . er
. b. E Herr weil Ihr mic wie einen Herrn beha
ihnen: ,,lc11 1n uer ' . n.
ndlungen macht Ihr mich zu Eurem Herrn!"
delt; d urc 11 Eure Ha . .. ..h
. .. · h die Position des totahtaren Fu rers untergraben
Wie 1a t s1c d M . ,
\\renn das klassische Argument von Pasca un 1 ~rx nicht länger
greift? Die grundlegende Tä:iisc~ung bes~_eht darn~., der Bezugs„
punkt und die Instanz, auf die sich der F~hrer bezieh~, um seine
Herrschaft zu legitimieren (das Volk, die Klasse, die Nation),
nicht existieren _ genauer, sie existieren nur ~urch u?d in ihren
fetischistischen Repräsentanten, also durch die Partei und ihren
Führer. Die Verkennung der performativen Dimension verläuft
hier in entgegengesetzter Richtung: Der klassische Herr ist nur
insofern Herr, als ihn seine Subjekte als Herrn behandeln; hier
jedoch ist das Volk nur dann das „wahre Volk", wenn es durch ihren
Repräsentanten, die Partei und ihren Führer, verkörpert wird.
Die Formel der totalitären Verkennung dieser performativen
Dimension lautet also wie folgt: Die Partei glaubt, dass sie die Partei
ist, weil sie die wahren Interessen des Volks repräsentiert, im Volk
verwurzelt ist und dessen Willen ausdrückt; in Wirklichkeitjedoch
ist das Volk das Volk, weil - oder, genauer, insofern - es durchdie
Partei verkörpert wird. Natürlich wollen wir durch die Behauptung,
das Volk sei keine Stütze der Partei, nichts feststellen, was sowieso
offensichtlich ist, nämlich dass die Mehrheit des Volkes die Herr-
schaft der Partei nicht wirklich befürwortet; der Mechanismus ist
doch etwas komplexer. Die paradoxe Funktion des „Volkes" im
1ota1itarismus kann man am leichtesten verstehen wenn man Sätze
w~: diesen analy~iert: ,,Das Volk steht geschlosse~ hinter der _Par-
t~I : Man kan? diese Aussage nicht einfach widerlegen, weilhinter
dieser Form einer bloßen Feststellung eine zirkuläre Definition
~olkes st eckt: Im stalinistischen Universum ist der Begriff • :
in „sr:rrer ~ezeichnungsausdruck", der den Satz „Hinter d r .
st h n bestimmt _ letzt E d • . . . . • 1.AIIil
• l, _ .. . en n es 1st dies die einzige Eigensc,..,,,:
in a ien mooüchen v¼lt das , ,.z . . . d •t
ö. . e en vo k defznzert. Aus diesem Grun
nu d ann wirklich rt 'l d '\T l •
I)'1 . . . . ci es vo kes, wenn man hinter der Part
n1g n, d1 s1 h g d'
gen 1 se Herrschaft stellen, sind auto

20,
. 11\ olk au. gc hlossen - sie werden z ,r lks .
1

,01
. es • l
1111t c 1 etwas grausameren , r u •"vo . fe1nden "• H'1er haben
,, tt • . vers1on eines b k .
tun: w~,f1ne Verlobte versetzt mich n· . . annten W1tzes
,u . . l . ie, wei1 sie in dem M
. dein . 1c 1n1c1 versetzt, nicht länger m . ,r oment,
111 • eine verlobte • t " D
·tcht in11ncrlunter der Partei, weilJ'eder d d' p . is • as Volk
, er 1e artie ab) h •h
autoinati eh selbst vom Volk ausschließt. e nt, sie
Ein Iacanianische Definition der Demokrat' II
. D' D . . . ie so te a1so folgender-
maßenlauten. ie. emokrat1e . ist. eine
. sozio-pol't•
1 isch e O r d nung, m .
<lerda Volk (a lseine von ihrem einzigartigen Re .. ..
. ·) · h • . prasentanten verkor-
lJetteEinheit .n1c t ex1st1ert. Daher ist es eine der Gru n d e1gensc
· hafiten
der demokratischen Ordnung, dass der Ort ihrer Macht t k
. l · 39 . s ru ture 11
und notvven d 1g eer ist. In einer demokratischen Ordn
.. . .. b . ung 1· 1egt
dieSouveran1tat e1m Volk - doch was ist das Volk anderes als eine
Ana1n1nlung von Subjekten der Macht? Hier liegt dasselbe Paradox
ror wie bei der natür~ichen _Sprache, die zugleich die endgültige und
oberte Metasprache ist. Weil das Volk sich nicht unmittelbar selbst re-
~eren kann, muss der Ort der Macht immer leer bleiben; jede Person,
die ihn besetzt, kann dies nur zeitweilig tun, gewissermaßen als Er-
atz,als Substitut des real-unmöglichen Souveräns - schon Saint-Just
hatge agt: ,,Niemand kann schuldlos herrschen. "40 Im Totalitarismus
wirddie Partei genau das Subjekt, das als unmittelbare Verkörperung
de Volkesschuldlos herrschen kann. Es ist kein Zufall, dass die real-
ozialistischenStaaten sich selbst als „Volksdemokratien" bezeichnen-
hierexistiert „das Volk" endlich wieder.
Vordiesem Hintergrund - der Entleerung des Ortes der Macht -
können wir den Bruch beurteilen, der durch die -"Erfindung der
Demokratie" (Lefort) in der Geschichte der Institutionen verur-
sachtwurde: Man könnte die demokratische Gesellschaft" als eine
Geell chaft bestimmen dere; institutionelle Struktur als Teil ihrer
,,normalen" und, gewöhnlichen" Reproduktion jenes Moment ent-
hält,an dem sich das sozio-symbolische B~nd auflöS t ~nd da Real
hereinbricht: die Wahlen. Lefort deutet die Wahlen (in ,,fort?alen
und„bürgerlichen" Demokratien) als einen Akt, du~ch ?en. ich _da
Gesclishaftsgebäude symbolisch auflöst: Für g~~öhnhch t d~e
G1undig ns haft Gegenstand marxistischer ~nt1ken an k r „8~1.
in· 1 . l da wir al ab tra t ur
a "n l) rnokratie" - also die Tatsac ie,
v. 1 . f • Ein n ohn "' it• r
1')~ und atomisiert Individuen, die au r •~ ..
hg
, (•n~ 11aften r duziert werden, an 1•1ir paruz1p1 r n.

207
. d d W lilen wird das gesamte hierarchische Net,...u
\Vahrcn et a • ..."erk
. . 1 n g wissermaßen ausgesetzt, in Klammern
ozial r B z1 1ung • 1 E' . ge.
. G
tzt· d1 „ y e 11c
haft" hört auf,
.
als organisc 1e inheit zu .
exu.
. ' d . ~azt1 einer konungenten Ansamm 1ung atomisi,aw
u ren un wn . .. "''Let
. •a
In d 1 1 u n, a b trakter Einheiten. „
Das Resultat hangt . vom retn
.
. .
quantitativen M cllanismus des Zahlens
. ab, a 1so 1etzthch von ei'nelll
toc l1a u• c11 n Prozess.• Ein völlig unvorhergesehenes . .
(oder man· 1-
• ~te ) Ereignis _ etwa ein Skandal, der sich wenige Tage vor
pu 11e1 . h 1 " . d. .
der Wahl ereignet - kann die "~aagsc a e in ~e eine oder andere
Richtung kippen lassen, was die generelle ~usrichtung der Politik
eine Staates für die kommenden Jahre bestimmt ... Es wäre vergeb-
lich, den durch und durch „irrationalen" Charakter dessen zu ver-
chleiern, \Vas wir „formale Demokratie" nennen: Während einer
,vahl ,vird die Gesellschaft einem stochastischen Prozess überant-
·wortet. ur indem wir solch ein Risiko eingehen, nur durch die
Bereitschaft, unser Schicksal dem „irrationalen" Zufall zu über-
las en, wird „Demokratie" möglich: So müssen wir auch Winston
Churchills Ausspruch verstehen, den wir bereits oben erwähnt
haben: ,,Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen; das
einzige Problem ist, dass es keine bessere gibt."
E stimmt, dass die Demokratie alle möglichen Formen von Mani-
pulation, Korruption, Demagogie und so weiter ermöglicht. Doch
obald ·wir die Möglichkeit solcher Entstellungen eliminieren, ver-
lieren wir auch die Demokratie - sie ist ein perfektes Beispiel für
eine Hegel'sche Allgemeinheit, die sich nur in unreinen, deformier-
ten, korrumpierten Formen verwirklichen kann. Wollen wir diese
Ent tellungen entfernen und die Allgemeinheit in ihrer intakten
Reinheit begreifen, so kommt das Gegenteil heraus. Die sogenannte
,,echte Demokratie" ist bloß ein anderer Name für die Nicht-Demo-
k~tie: Wo.Ilen_wir die Möglichkeit von Manipulation ausschließen,
rnu. sen w~r die Kandidaten im Vorfeld „prüfen" und den Unter·
schied zwischen den „wahren Interessen des Volkes" und dessen
k~~ti?gent n und schwankenden Meinungen einführen, die allen
~ogh h n Formen von Demagogie und Verwirrung unterworfen
~?d, u n <lso weiter. Dann haben wir es mit etwas zu tun, da man
. g wöhnli h ,,organ1s1erte
fur •• Demokratie" nennt, in der die • tat ·eh·
:\ hß n Wa~il~nvor den Wahlen stattfinden und der Wahlzettelein,~
) o pi b1sz1tär n Wert hat • Kur z, d'1e „organ1s1 . . r t e Oemokratl

20
,·crhindcrt_cl n ~in_~ru~h des Realen, der die „formale" Demokra-
tie kcnn1.c'..·lmet._ na~hch. den Mo~ent der Auflösung des Gesell-
~c!1,l• f'tscrchau
,n
le m eme rem numerische Ansammlung atomisierter
I1idi, iducn.
\uch wenn e „in Wi~klichkeit" nur „Ausnahmen" und .Entstel-
• ·cn" gibt, i•kt der
Jung • "umversale
. bBegriff
1· h der „Demokratie" doch eine
11
tll'cnclig f 1 t1on , eme sym o 1sc e Tatsache, deren Abwesenheit
" °iiind rn , ürde, dass sich die tatsächliche Demokratie in all ihren
10
't·mcn reproduzieren kann. Hegel bewegt sich hier paradoxerweise
~cr Nähe von Jeremy Benthams Theorieder Fiktimum41, auf die sich
11
i1l andauernd bezieht: Eine hegelianische Allgemeinheit ist eine
:·a1calc Fiktion", die „nirgends in der Wirklichkeit existiert" (in der
,. ·kl'chkeit gibt es bloß Ausna h men ). Nie
Q(l" 1 'h tsd estotrotz wir
'd. sie von
\\ n vorausgesetzt, d er I.hr eme
. sym-
de1• „Wirklichkeit" als Bezugspunkt
l .h
boliehe Konsistenz ver e1 t.

209
III. Das Subjekt
5. Welches Sublekt d R
J es ealen?

,KgibtkeineMetasprache"

Ordnet man Lacan dem „Poststrukturalismus" zu ..b . h


.k , so u ers1e t man
zun1eist den ra d 1 alen Bruch, der ihn vom Feld de p k
. " . S lb G s „ oststru tu-
rahsmus trennt. e st rundannahmen, die beiden F ld
• · d h 1 • • .. . e ern ge-
meins1n , er. a ten 1m d. Jewe1hgen Feld eine völlig andere Qua1•tä
1
..t .
Betrachtenw1_retwa ~e Aussage, dass es „keine Metasprache gibt"1:
Dies~nGemeinplatz ~1ndet man ~icht nur in Lacans Psychoanalyse
und1IIl Poststrukturahsmus (Derrida), sondern auch in der zeitgenös-
ischenHermeneutik (Gadamer) - dabei entgeht uns üblicherweise,
dassLacans Theorie diese Aussage auf eine Weise behandelt, die mit
Poststrukturalismus und Hermeneutik vollkommen unvereinbar ist.
Der Poststrukturalismus behauptet, dass ein Text immer von
einem eigenen Kommentar „gerahmt" wird: Die Deutung eines
literarischen Textes befindet sich auf derselben Ebene wie ihr „Ob-
jekt". Daher ist die Deutung in den Textkörper mit eingeschlos-
en: Es gibt kein „reines" literarisches Objekt, das nicht auch ein
Elementseiner Deutung und eine Distanz zu seiner unmittelbaren
Bedeutung enthielte. Die klassische Gegenüberstell~ng v?n dem
Objekt„Text" und dessen externer, deutender Lekture _wird v?m
Poststrukturalismus durch das Kontinuum eines unendlichen h~e-

ranschen .
Textes ersetzt der immer sch on seine
• eigene Lektüre 1 t
. . ' . lb
und somit eine Distanz zu sich se st einni
• ·mmt • Deshalb. b teht
das paradigmatische poststruktura 1i.susc • h Verfahren nicht nur
e h d.1
dann, • 1n • literarischen Texten nac h Aussagen zu uc n,d n
• rein
• k· •se enthalten, on 1
in Th orie über ihre eigene Fun uonswei
auh h .
.
" lesen - ihr n a ir
w l h it -
, t or tische Texte als „Literatur zu . M chani m n
ar1 , 1
d • t xt 11c1 n
f_~Pruh also einzuklammern, um ie e d , n Wi h n
, izul g n, di ihr n „Wahrheitseffekt" pro uz1 r •

1
. h t handelt es sich beim Poststrukturalismus
Hab r1na ~cz igtl. .a :te Ä thetisierung, durch die „Wahrheit" leturn
in Art uni er a I 1e1 . 'k 1 • d . zt.
. S .1 fr kt diskursiver Artl u at1onen re uziert wird2
h h auf einen t1 ie • d p ·
. cm Nietzschean1smus es oststrukturalisrn
hnGeg n atz zu d 1e „ N' h Us
. . . L 11 Werk kaum Bezuge zu 1etzsc e. Lacanbe
finden , ic1l in aca . h l . •
~. d f d die Psychoanalyse eine Wa r 1e1tserfahrung ist·
hat 1 t arau , as • d• S k • F'k · •
eine The e der zufolge Wahrheit ie tru tur e~ner I tlon habe,
. •t der poststrukturalistischen Reduktion zu tun, durch
11at nie 11t 1n1 Ef'.Ck " d . .
d1 i. d' w a
hrheit auf einen
.
textuellen
1 Md
„ 1e t re
••
uz1ert
"
wird. Ob-
,\·ohl er den Poststrukturahsmus a s.,, o estromu~g scharf kriti-
. t h t war es gerade Claude Levi-Strauss, der die „dekonstruk.
1er a , d' h . h
tive" Poetik ermöglicht hat, indem er 1e t eoret1sc e Deutung von
Mythen als neue Versionen derselb_en Mythen gelesen hat: So be-
griff er etwa Freuds Theorie des Ödipuskomplexes als eine neue
Variante des Ödipus-Mythos. 3
Die Metonymie hat im „Poststrukturalismus" eindeutig den
logischen Vorrang gegenüber der Metapher. Der metaphorische
Schnitt" wird als ein zum Scheitern verurteilter Versuch betrach-
'
tet, die metonymische Streuung des Textflusses zu stabilisieren,
zu kanalisieren oder zu dominieren. Dass Lacan der Metaphervor
der Metonymie den Vorzug gibt und die These verteidigt, dassdas
metonymische Gleiten immer von einem metaphorischen Schnitt
gestützt werden muss, kann Poststrukturalisten nur als Hinweisda-
für gelten, dass seine Theorie immer noch von der „Metaphysikder
Präsenz" gezeichnet ist. Für sie stellt Lacans Theorie des pointde
capiton,der Phallus als Signifikant des Mangels, einen Versuchdar,
die "Dissemination" 4 des textuellen Prozesses zu beherrschen und
einzuschrä~ken. Handelt es sich dabei nicht, so fragen sie, um einen
V~rsuch, einen ~angel in einem einzelnen Signifikanten - dem
~inen - zu ~okahsieren, obwohl dieser der Signifikant des Mangels
u,berhaupt ist? Derrida hat Lacan wiederholt für diese parad
G st e. gescholten, den Mangel durch seine Selbstaffirmation zu
1
~du~i r n. Der Mangel wird am Punkt einer Ausnahme Iokalisi
di di . Konsi st enz aller anderen Elemente durch die bloße TattACJll'f
g~ranti rt, dass sie als „symbolische Kastration" bestimmt,
f r Phallus als ihr Signifikant definiert
1
wird.~
fällt l t w, nn man eine naive und „unmittelbare" Lektür
s sc lw r, ni ht auf d n Gedanken zu v rfallen, d

214
·tstrukturali tischen Position irgend
pos~in, da. c ich diese Kritik an L etwas fehlt - oder, um genau
'1,u ·,strukturali mus wiederholt unau;hc~nl_ethwas z.u leichtmacht.Der
o. • h . or ic dass k • ,...
, 1111111cn un1nctap ys1sch sein kann E' '. . ein 1ext voll-
"c i d h • inerseits sei es „ 1· h
:eh cinfa h ca urc von der metaphysis h . . unmog 1c ,
,1 • l .h d' c en 11radition zu b f •
fas. inan ic l von i r istanziert und sich ß h .e re1en,
c, . d a· S h d' . au er alb von ihr posi-
tioniert a ie prac e, ie wir zu nutze .
'k d hd . n gezwungen sind von
\teraph._1 urc rungen 1st. Andererseits pr d . . '
• l . h h . . o uz1ere Jeder Text
'"ir111etap 1 1 c er auc sei, immer eine Lücke d' B '
.. l Z. k 1 k.. .. . ' ie vom ruch des
metaph 1 c 1en 1r es unde: namhch .. an den p un kten, an denen
der textu lle Prozess das untergrabt, was sein Aut " .
· 1l · p . . . " or sagen w111.
~facht ich so c 1 eine osit1on die Sache nicht etwas z 1 • h ";)U
1· l . .. u e1c t. m
e ga~zcleut 1~ 1 zu sagen: Die Pos1t1on, von der aus der Dekonstruk-
tiri t n~mer sichergehen kann, dass „es keine Metasprache gibt",
da keine Aus age genau das ausdrückt, was sie ausdrücken sollte
und_da _d_erProzess der Äu~e~ung di~ Aussage immer untergräbt'.
1 t dzePo ztzonder Metasprachein ihrer reinsten und radikalsten Form.
\\ ie kann man nicht im leidenschaftlichen Eifer, mit dem der
Pot trukturalist darauf beharrt, dass jeder Text (auch sein eige-
ner) fundamental ambivalent und von der „Dissemination" des
intertextuellen Prozesses durchflutet sei, die Zeichen einer stu-
ren Verneinun~ (im Freud'schen Sinne 6) erkennen; also ein kaum
rerborgenes Eingeständnis, dass man aus einer sicheren Position
pricht, die nicht vom dezentrierten textuellen Prozess bedroht
wird?Daher ist die poststrukturalistische Poetik letztlich affektiert.
Derganze Aufwand poetisch" zu schreiben und uns spüren zu la -
en,dass unser eigener ' " Text bereits im dezentrierten et_zwerkplu-
ralerProzesse gefangen ist und dieser textuelle Prozess immer da
untergräbt, was wir „sagen wollten", dieser gesamte Aufwand al o,
denman macht um eine rein theoretische Darstellungsform un ~-
rer Ideen zu ve;meiden und rhetorische Mittel zu ge~rauchen, die
sonst der Literatur vorbehalten sind, maskiert • d ie • 1"a t ige. Tat eh .'
dassdein Poststrukturalismus eine klar definierte theoreu ~hf;ePhoi-
• • nd ein a en
tion zugrunde liegt, die problemlos in einer reinen u
M·ta~pra •l1c art1•kuhert • wer d en k"onn te • d di tra-
l~ie(;rundannahmc cles Poststruktural~smu laubtltß ä:ßerli h n
<1llH)n 11 H 1 • her M1tt 1 zu f~ no illu ionär i t:
M· " " rabsetzung r 1etor1sc . b
• llt ·In, di di b zei hneten Inhalt nt ht etr '

21
.lmittel bestimmten bereits den „begrifflich
Di ogcnannt n St 1 .
1 • • d en"
.. . ·'ff Doch 5 scheint, a s existiere er poetisch S.
Gehalt d Bcgi 1 • . U 1 · . e hl
d p 0 t tru ktura l1·smus (der . sich .ohne nter ass ..1ron1sch se)bs t
ko1n1nenue1 . ·t , 1'cli von sich d1stanz1ert . und untergrabt,
. f; was angeb.
lieh ,\rörtlich gemeint ist) nur, um _eine ganz ein ~~he theoretische
Annalune auszuschmücken. Aus diesem Grund f uhr~n poststruk.
turali ti ehe l(ommentare oftmals zu dem, ~as man mit Hegel eine
11 hte unendlichkeit" 7 nennen kann: eine endlose, quasi-poe.
,, c 1 ec . h A h .
ti ehe Variation derselben theoreusc en nna me, eine Variation,
die nichts Neues produziert. D~s Problem d~r Dekonstruktion ist
al O nicht dass sie strikt theoretische Formulierungen ablehnt und
ich mit :aberndem Poetizis1nus begnügt. Vielmehr ist diese Posi-
tion zu „theoretisch" (im Sinne einer Theorie, die die Wahrheits-
dimension ausschließt und somit den Ort, von dem aus wir spre-
chen, nicht betrifft).

DerphallischeSignifikant

,,vie also entkommen wir dieser Sackgasse? Hierin unterscheidet


sich Lacan radikal vom Poststrukturalismus. In Seminar XI be-
ginnt er einen seiner Sätze folgendermaßen: ,,Genau das würde
ich auch sagen, und sage es auch - was ich sagen will, sage ich tat-
sächlich [... ]. "8 Für eine poststrukturalistische Lesart liegt hierin
der Beweis, dass Lacan die Position des Herrn wahren will: ,,Zusa-
gen, was man sagen will" behauptet, dass es eine Übereinstimmung
zwischen dem gibt, was man sagen will, und was man tatsächlich
s~gt - liegt die Illusion des Herrn nicht gerade in dieser Überein-
st ~_mmun~?Tut Lacan nicht so, als wäre sein eigener Text von der
Luc~e zwischen Ge_sagtemund Intention ausgenommen? Behauptet
er ni:ht, dass er die Bedeutungseffekte dieses Textes beherrschen
kannt Aus lacanianischer Perspektive sind es im Gegenteil gera~e
olche „unm~gliche~" Aussagen - die derselben paradoxen. Logt~
gehorchen, die auch in der Aussage „Ich lüge' steckt -, die diefun
dam . ntal L"u k im • B zeichnungsprozess offenhalten und dadurch
v rh1ndern • metasprachli he Position einne lunen•
t . '
das 8 wir
• ine
f: d1 s !'Hinsi ht ähn lt La an ßre ht. Es s i nur an das Grundvr·
a u n rinn rt, das Br ht in d n 1930 rn in s in n ,,Lehrstii k n

21()
, g. " nd t hat. Darin machen d • d .
at1 L ••b .h . i e ramatisp . .
I n11nentar u er i re eigenen Handl ers_onae „unmögliche"
tritt di Bühne und sagt so etwas w· . ulnhge~.E~n Schauspielerbe-
Zi l i ~t d ie• A r b eiter
• auszubeuten i e. N" c bin ein. Kap1ta • 1ist.
· Mein
) 111nein r Arbeiter von der Wahrh •. udnwer tle ich versuchen ei-
11 • . e1t er b •• 1• '
Z,
u überzeugen, die die Ausbeutung . . . urger
1egitim1ert " D ichen Ideologie
. . fh.
r auf einen Arbeiter zu und tut ge d ••• arau 1n geht
at Wird bei solch einem Vorgehen °.auS has,w~s er angekündigt
ll • - ein c ausp1el k ·
ine Taten aus der „objektiven" Posi·ti'o . er ommentiert
. n reiner Metasp h •h
auf fast schon greifbare Weise die schiere U „ r h r~c e - n~c t
olch eine Position tatsächlich einzunehme ~mlogdic k~1tdeutlich,
• Ab · .. . n. st as nicht gerade
aufgrund seiner surd1tat weitaus subversiver 1 • p ..
· d' k d · a s ein oetizismus
derJede 1re . te un einfache Aussage verbietet un d sic· h verpflich-. '
tet fühlt, immer neue Kommentare, Rückzüge Ab • h
..h . h , weic ungen
Klammern, A n f u rungszeic en hinzuzufügen •·· also immer • •'
wie-
der zu beteuern,
. dass. das, .was. wir sagen, nicht ernst oder wor ·· tl'ich
zunehmen 1st, a 1s sei es mit sich selbst identisch?
Die Metasprache ist nicht einfach imaginär. Vielmehr ist sie im
~aca?'sch~n Sinn~ ~es ~ortes, das Reale - ~as heißt, dass es u~ög-
hch 1st, diese Position einzunehmen. Allerdings ergänzt Lacan, dass
esnoch weitaus schwieriger ist, sie zu umgehen.Weder kann man sie
erlangen, noch ihr entrinnen. Deshalb kann man das Reale nur um-
gehen,inde1n man Aussagen einer reinen Metasprache hervorbringt,
diedurch ihre schlichte Absurdität ihre eigene Unmöglichkeit mate-
rialisiert:also als paradoxes Element, das durch seine Identität das
absolutAndere verkörpert, die irreparable Lücke, die es unmöglich
macht,die metasprachliche Position einzunehmen.
Für Derrida soll die Lokalisierung des Mangels die „Dissemina-
tion"des Schreibprozesses zähmen, während ?ie Pr~senz s~lch ei?es
paradoxen „mindestens eines" 9 für Lacan die radikale Dimension
der Lücke aufrechterhält. Lacans Name für dieses paradoxe_Ele-
mentist selbstverständlich der Phallus als Signifikant, der gewis er-
maßendie negative Version des Ausspruch~s i~t'. dass ."da ~ahre
Indexseiner selbst ist" .10 Der Phallus als S1gnifikant I~t g wi . ~-
maßen der Index seiner eigenen Unmog •• 1·ichk ei•t • In seiner
. .Po 1t1-
vitätist er der Signifikant der „Kastration" -. also sei~ ige~
Mangels.Die sogenannten präphallischen ObJekt (Br~~' •m h
1
mnt ) ind v rlorene Objekte, während der Phallu 01 t

17
n in Objekt ist, das dem Körper durch seine Pr··
,·c1for n, 0n <lcrl Vi 1 51einschreibt. Im Phallus erlangt der Vi
finen (unda1~P.ntaEen_
1 an
t er u:Darin unterscheidet sich Lacan voenrJUJt
· l ·nepo51troe i. enz.
v , ,b Ung
.·,ci e1 . • . l Unrecht, aber se non e vero, e en trovato - d r ,
dein _ 1elle1c1t zu h . b • d· W . er10).
"l A s pruch zugesc r1e en wir • " as ist ein .
gende beru unte u. b 1?" enis
andere al in phallisches Sym o •
. . s an Otto Fenichels Deutung der obszönen G
Ennncrn wir un . este
die. au f Deu t sch die lange Nasr genannt. wird. • d Man hebt eine ge. '
.
preizte H an d vors Gesicht und setzt . . sie mit. . em Daumen aufd'1e
a e - ange bli.ch deutet man damit einen erigierten . Phallus an•Die
Bot chaft dieser Geste wäre dann, _dass ~an ~or einem Gegner an.
gibt: Schau rnal, wi~ groß meiner ist~ er 1st vie!. größer_ als D~iner.
An tatt diese etwas simple Deutung e1nfac~ zuru_ckzuwe1sen, nunnu
Fenichel eine leichte Verschiebung vor: Die Logik hinter der Belei-
digung eines Gegners impliziere immer, dass_man ei1;1eseiner/ihrer
Eigenschaften imitiert. Aber wenn das wahr ist, was 1st dann so be-
leidigend an einer Imitiation, die zeigt, dass man ein großes und
mächtiges Glied hat? Fenichels Lösung lautet, dass man die Geste
als den ersten Teil eines Satzes lesen muss, dessen zweiter Teilaus-
gelassen wurde. Der gesamte Satz lautet: ,,So einen langen Penis
hast du! [...] und bisttrotzdemmachtlos!"11
Der Gegner muss somit eine erzwungene Wahl treffen. Diesedefi-
niert Lacan zufolge die Kastrationserfahrung: Wenn er nicht kann,
dann kann er nicht; doch auch, wenn er kann, ist jede Bezeugung
seiner Macht dazu verdammt, wie eine Verleugnung zu f unktionie-
ren - als maskiere sie seine fundamentale Impotenz, als bestätige
seine Angeberei auf negative Weise seine Ohnmacht. 12 Je stärker
er_reagiert, je mehr er seine Macht zeigt, desto mehr bestätigt dies
seine Impotenz.
~er Ph~llus ist in genau diesem Sinne der Signifikant der Kast·
ration. _DieLogik der phallischen Umkehrung tritt dann in Kraft,
:wenn ein_~_Mach~demonstration lediglich die fundamentale Imp<>-
ten~ _be5t:atigt. Dieselbe Logik findet sich auch in der sogenannten
~ohtischen Provokation, die sich gegen totalitäre Machtstrukturen
r~chtet: Man darf den Punk, der das sadomasochistische" Macht·
ritual 1mitiert
. ' nie • h t (wie• es sonst geschieht)
" . . Op 1cer verste-
als ein
~in, das sich mit seinem Angreifer idcntifiziert.1~ Die Bot eh~!an
Ma htstruktur liegt vielmehr in der Negation, die vom PoiU eil

218
Akt det. ImitationD impliziert wird· D b.
k . • u ist so mä h •
:
ln.t Du unpotent. u annst mzr nicht w· kl' h c ttg, und trotzdem
. d. M h zr zc etwasa h b
Veie sitzt 1e ac tstruktur in de lb n a en! Auf diese
• f··11 d . . • Je gewaItvoller
rse .en Falle
'1•11r Reaktion aus a t, esto stärker be 8 t··atigt sie 1h f d
Jmpotenz. re un amentale

Leninin Warschau" als Objekt

Uingenauer beschreiben zu können inwiefern d h . h . .


• · L d. U .. . '. er P a11
1sc e Signi-
fikant bei. acan ie hnmoghchke1t
. einer Metaspra c e bed.1ngt
h
"ollen wir. uns nun noc einmal . . der Frage zuwenden , w·1e d.1e Id ee,'
dasses keine Metasprache gibt, 1m Kontext des Poststrukturalism
aufgefasstwird. Der Poststrukturalismus geht davon aus, dass d~;
Nullpunkt aller_Metasprachen - die natürliche Sprache, die Alltags-
sprache- zugleich der letzte Deutungsrahmen all dieser Sprachen
ist:die ultimative Metasprache. Die Alltagssprache ist ihre eigene
~etasprache. Sie ist selbstreferentiell; sie ist der Ort einer unauf-
hörlichenselbstref1exiven Bewegung. In diesem begrifflichen Rah-
menspielt das Objekt keine allzu große Rolle. Man entledigt sich
desObjekts gewöhnlicherweise einfach dadurch, dass man darauf
hinweist,dass die „Wirklichkeit" durch das Medium der Sprache
strukturiert ist. Auf diese Weise können sich die Poststrukturalis-
tenin Ruhe dem unendlichen Spiel der Sprache hingeben, die sich
selbstdeutet. Man sollte die Aussage, dass „es keine Metasprache
gibt",genau umgekehrt verstehen: Es gibt keine reine Objektsprache, d~s
• keine Sprache die ein transparentes Med.ium b··t
heißt O e, u m die
.
gegebeneRealität zu' bezeichnen. Jede „obJekti~e
• • " .A_ussageu··ber ein
Dingenthält eine gewisse Selbstdistanz, der Sigmfikant prall! on
seiner „wörtlichen Bedeutung" ab. Kurz, Sprac~lel sagt g 1 r-
maßen immer
• • sagen w1 •
etwas anderes als das, was sie h "bt
d h d keine Meta prac gt ,
. Je O muss man die Aussage, ass „es
t d
La ans Lehre buchstäblich v~rstehen. Si~ ~e1 u\~' k:ne Jpra-
, Pa h g wissermaßen eine ObJektsprach 1 . t. fn i m tz

~heohneObjekt. Selbst wenn die Sprach~ sch mb~r i h I


, ll~str:Cr nti 11 r Bew gung g fang n 1 t und n
~pi 1 ht ~·b . . . , b i hn nd ,,
ß ' g1 t S lll obJ kt1ve, nie 11t- z . dr1 h } ob}t p t-ita.
wgung. L n marki rt di s , s lb st v r tän '
l)i s lb tr
r
rcn t.1cllc B wegung· des
. . Signifikanten
. ist kein geschJos-
. z··ke 1, ondern v rläuft elliptisch umb • eine
11
Leere herum. D
n 1 k d . as
• b. t t t •t a da ur prünglich verlorene 0
Jn

o ~e Jei , k „ ~e t, das
• immer mit se·1-
. , 'et~Itit zu <-ammenfällt, ver orpert 1ese Leere •
11 1n 1g nen v, .
Die, er .,innere Aus chluss" des Objekts aus de~ ~nderen (des
·1nboli eben etzwerks) erlaubt es uns auch, mit einem Irrturn
aufzuräu1nen, auf dem Derridas Ann~hme ~~°:1 „Titel des Buch-
tab 11" (/e titre de /a lettre)beruht: Derr1da kr1t1s1ert an Lacan, dass
der Brief [lettre]in1 mer eine Adresse [title-address]habe und immer
einen Bestitnmungsort erreiche. Dies best~tige die „geschlossene
Ökonomie" von Lacans Begriff des Symbohschen: Der wesentliche
Referenzpunkt (der Signifikant des Mangels) schließt angeblich die
Möglichkeit aus, dass ein Brief [ letter] ~erloren gehen könnte, dass
er von seinem zirkulären und teleologischen Pfad abkommen und
nicht bei der richtigen Anschrift [address]ankommen könnte. 14
vVorin liegt das Missverständnis diese Kritik? Es ist wahr, dass
in Lacans Theorie „jeder Brief einen Titel hat", jedoch ist die-
er eindeutig nicht das telos seiner Laufbahn. Lacans Vorstellung
vom „Titel eines Briefes" ähnelt eher dem Titel eines Gemäldes.
Betrachten wir etwa den bekannten Witz über „Lenin in War-
chau". Auf einer Kunstausstellung in Moskau wird ein Gemälde
von Nadeschda Krupskaja (Lenins Frau) ausgestellt, auf dem sie mit
einem jungen Mitglied des Komsomol schläft. Der Titel des Gemäl-
des lautet „Lenin in Warschau". Ein verstörter Besucher fragt einen
!\1useumsführer: ,,Aber wo ist denn Lenin?" Der Museumsführer
ant\,rortet ruhig und würdevoll: ,,Lenin ist in Warschau."
,venn wir von Lenins Position als abwesendem Dritten (der Träger
des Verbots des Geschlechterverhältnisses) absehen, dann könnte
man sagen, dass „Lenin in Warschau" in einem streng lacaniani-
chen Sinne das Objekt dieses Gemäldes ist. Der Titel benennt das
Objekt, das im Feld des Dargestellten fehlt. In diesem Witz ist der
Be su her ~]so in die Falle getappt, die man als die metasprachliche
alle bezeichn~n kann. Er begeht den Fehler, zunächst davon au~zu·
g. h n,_dass zwischen dem Bild und dem Titel dieselbe Distanz be~
'"'1e zwi cl~en dem Zeichen und dein bezeichneten Objekt, al prä·
h d r Titel aus einer Art „objektiver Distanz" über das Gemälde,
und. sodann na J1 in • • •
r pos1t1ven Entspre hung 1n1 • G:1en1äld . zu
1
uch n. D r B su h r stellt dah r ine Frag : ,,Wo ist das ObJ
darg t llt das der Titel andeutet?" D .
b r Jbstverständlich, dass es sich . :. entscheidende Punkt ist

l and lt. Der Titel entspricht nicht 'nf t


~ungzwi hen Gemälde und Titel ni~~t ~:e~ :an_ bei der Bezie-
1
e ubhche Beziehung
/.Lands haft", ,,Selbstporträt"). Hier b:~in~:t ?em Dar~estellten
agen auf derselben Oberfläche, er ist Teil des::~h der T1t_elsozu-
S in Distanz vom Gemälde ist rein intern bhen~ontinuums.
··1d . ' er mac t einen Schnitt
innerhalb d es G ema es. Aus diesem Gru d
. )f 11 . • h . n muss etwas aus dem
Bild(heraus- a e~. nic t der Titel, sondern das Ob•ekt
denTitel ersetzt wird. , das durch
DerTi tel dieses Gemälde funktioniert also wie F d 1 r. ll
.. *15. d. R .. reu s vorsteungs-
reprasent~nz• ie eprasentanz,_ das Substitut einer Vorstellung,
dasbezeichnende .. (. Element,
. das die Leerstelle einer fiehlen d en "'r
vor-
stellungausf ullt in diesem Fall, dass Lenin nicht dargestellt • d)
d 1 r, ll . wir .
DasFeld. e~ vorste ung! i~t das Feld des positiv Dargestellten. Das
Problem1stJedoch, dass nicht alles dargestellt werden kann. Etwas
muss notwendigerweise herausfallen, ,,Lenin muss in Warschau
sein".Der Titel übernimmt den Platz dieser Leere, dieser fehlen-
denund „ursprünglich verdrängten" 16 Vorstellung: Ihr Ausschluss
bildet eine positive Bedingung für die Entstehung des Darge-
stellten (wäre Lenin nicht in Warschau, dann könnte Nadeschda
Krupskaja,um es ·ganz klar zu sagen, nicht ...). Wenn wir das Wort
„Subjekt"hier im Sinne von „Sujet", also „Inhalt" verstehen, so liegt
eineDifferenzzwischen Subjekt und Objektvor. ,,Nadeschda Krupskaja
schläftmit einem jungen Mitglied des Komsomol" ist das Subjekt
desGemäldes; ,,Lenin in Warschau" sein Objekt.
Wirkönnen den Witz als einen Witz über die Vorstellungsrepräsen-
tanz*verstehen und nun auch begreifen, aus welchem Grund der
Signifikantbei Lacan den Status der Vorstellungsrepräsentanz* hat.
Saussurehatte sich noch vorgestellt, dass er der materiell.e Reprä-
sentant des Signifikats und der mentalen Repräsentauon/~dee
sei.Bei Lacan hingegen ist er das Substitut, das die Leere .~1~er
ursprünglich fehlenden Vorstellung ausfüllt: Er vergegen~artlgt
keineVorstellung sondern repräsentiert ihr Fehlen. D~s Mi ~r-
ständnis • ' . .
der poststrukturahst1schen
K • ·k
riu an Lacan 1st letztlich „
• t 7.: t ll reJwase'n-
e1nMissverst·· d • b •• l'ch des Wesens der vorse„ ungtanz*
an n1s ezug 1
t"
(d r
ta~z* · Dies Kritik ü hersieht dass die Vorlellungsrepras~n , d
5
r:.i ' k.• rt) d1 L 1
in ' reflexive Signifikant, der die Lücke ver orpe

1
. f" llt. Sobald die Vorstellungsrepräsentanz .
Ycrlor n ~1o.bJ kt aLu lu im Anderen verknüpft ist, mit demIlltht
.. 1. nu t d.i m o r··i1t
lang i 1 T. l" ' was
fängt es an, a s „ 1te zu funaier
d in ObJ kt 1i rau a ' . . . o· en:
au . - hl.1 he Bezeichnung, als ein Einschnitt, der d'
a 1, 111 1n ta p ra . h b 1e
.. . S ng der Beze1c nungs textur egrenzt, tota)'
ur prungh 11 tr uu . . k J„
. k 1. • ~t kurz wir sind 1n ein „poststru turalistisch,.. ..
i rt und an a I 1 r .. • ' "'~
Dur h inander geraten. . .
,,venn d er W1·t Z u"ber Lenin in Warschau .
die • Logik des .
Herren"
i nifikanten v ranschaulicht, dann .gibt es einen weiter~n Witz,
der in iner gewissermaßen symmet:1sc~en Umkehrung d.ie Logik
d Objekt veranschaulicht: Der Witz uber den We~rpfhchtigen,
der ver ucht, um den Wehrdienst herumzukom~en, indem er vor-
'bt errückt zu sein. Sein Symptom besteht darin, dass er zwang-
faft J.ede Stück Papier überprüft, das er in die Finger kriegt, und
dabei unaufhörlich wiederholt: ,,Das ist • es nie • h t.'" E r wird
• zum
Militärpsychiater geschickt, in dessen Büro er alle herumliegenden
Papierfetzen - sogar die im Mülleimer - untersucht und fortwäh-
rend wiederholt: ,,Das ist es nicht!" Der Psychiater, schließlich da-
Yonüberzeugt, dass er verrückt ist, gibt dem Wehrpflichtigen einen
Be cheid, der ihn vom Militärdienst entlässt. Der Wehrpflichtige
·wirft einen Blick auf das Papier und sagt freudig: ,,Das ist es!"
Es ließe sich behaupten, dass dieser kleine, endlich gefundene Fet-
zen Papier - der Entlassungsbescheid - den Status eines Objekts im
Lacan' chen Sinne hat. Warum? Weil er ein Objekt ist, das von der
Signifikantentextur selbst produziert wurde. Er ist eine Art Objekt,
da erst durch den Wirbel entstanden ist, der darum gemacht wurde.
Der „verrückte" Wehrpflichtige tut so, als suche er etwas. Durchdie
uche und ihr wiederholtes Scheitern (,,Das ist es nicht!") produziert
er da , wonach er sucht. Das Paradox ist also dass der Prozessdes
uchen das Objekt produziert,das ihn verursacht: ' Hierin bestehteine
Parallele zum _Lacan'schen Begehren, das seine eigene Objektursache
erzeugt. All di~ Leut~, die mit dem Wehrpflichtigen zu tun ha~ •
au h der Psychiater - irren sich weil sie übersehen dass sie bereits1Jl
da Spiel verwickelt sind, das d;r „verrückte" Weh;pflichte spielt. •
glaub n, d ass sie• 1'h n aus einer
• objektiven metasprachlichen Di•
unt 1. u_h n, ganz wie der verstörte Bc~rachter der da Gemäl
„L nin in ~ar hau" betra htet und den Titel fälschlicherwei
m ta pra hh h Inhaltsb sehr ibung begr ift.

222
1 tzieren?" Johnson erklärt, dass der Wu
<lcn \\Türfcl al o do<lrtp aPodest verschwinden und in seiner I.J rfe)
d 1• Ul1r on em CJand
un1 r de odass er ihn wieder auf der Maschine platzier
auftau hen wcrd t 'tt ein. Der zweite l{ollege fragte ihn daraufh~
könne Genau a r1 . h E h • in
• . .. d wenn er es sich - nac rsc einen des Wür" ,
"Ta pa 1eren wur e, d 1 . ,es
1
„ f Minuten bevor er ort p atziert wurde) _
auf d 111 Po d e t (fun . h · d an.
"b 1 d ihn nicht um drei U r wie er auf dem Pod
d r u er egt un . h . . est
.
p 1atz1ert. utw·· ·de so nicht ein Paradox entste en.
•h . ,,Eine interessant e
Id " erwidert der Professor. ,,Daran habe ic nicht gedacht, Und
e ~\'ird icherlich spannend :ein, es zu versuch~~- Gut, ~ehWerde
a1 o nie. ht . . ." Doch es gibt kein Paradox.
. Der. Wurfei bleibt an sei·.
nem Platz. Aber das restliche Un1versum, mit Professor und allem
Drum und Dran, verschwindet.
Auch wenn sich die symbolische Realität vollständig auflöst und
in Nichts verschwindet, kehrt das Reale - der kleine Würfel _ an
einen Platz zurück. Das meint Lacan, wenn er sagt, der ethische
Imperativ sei der Modus der Anwesenheit des Realen im Symboli-
chen: Fiat iustitia, pereatmundus!18 Der Würfel muss an seinen Platz
zurückkehren, auch wenn die ganze Welt, wenn die gesamte symbo-
lische Realität daran zugrunde geht.
Doch das ist nur eine Seite des Lacan'schen Realen; die Seite,die
in den 1950ern vorherrschend ist. Zunächst gibt es das Reale- die
rohe, präsymbolische Realität, die immer an ihren Platz zurück-
kehrt -, dann die symbolischeOrdnung, die unsere Wahrnehmung
der Realität strukturiert, und schließlich das Imaginäre, die Ebene
illu ionärer Entitäten, deren Konsistenz sich nur einer Artspiegel·
bildlichen Effekts verdankt - sie existieren also nicht wirklich, son-
dern sind bloß ein Struktureffekt. Durch die Entwicklungen von
Lacans Lehre in den 1960ern und 1970ern nähert sich das, waser
„das Reale" nennt, mehr und mehr dem an was er noch in den
1950crn ~ls das Imaginäre bezeichnet hatte.' Betrachten wir etwa
den Begriff des Traumas: In seinem ersten Seminar in den 1950erD
h~t er das traumatische Ereignis als imaginäre Entität definiJI,
~i n?h nicht voll symbolisiert werden konnte die noch keind'
19;t0zim ~ymbol~schenUniversum des Subjekts e;langt hat.19JndP
rn Jedoch 1st das 1;
,..Y·'nl 1• •
. .
rauma real - es 1st ein l1arter Kern, ,...
d rd11.
L) " )o 1 1 ru n g w1•d l l 1""-
g ü Jtig is
1 rSre lt. D r Punkt ist j doch, dass g ..g,
, 0 ) s stattg fu d
n en, o b s 1n• der sog nannten R

221
1,,~
ri·rklih passiert ist". Wesentli·ch 1st • l edi r h
,011 trukturellen Effekten produz· ( g ic , _dass es eine Reihe
' d . iert Versch b
110 1ungen un so weiter). Das Reale .t . i~ ungen, Wieder-
. is eine Ent1t" d'
}ichkonst1u1ert werden muss, damit . d' at, ie nachträg-
,inbolischen Struktur erklären könn;ir ie Verzerrungen in der
Fr uds berühmtestes Beispiel für sol nh•.
c eine reale E t' •· •
, er tändlich der Mord am Urvater· Es w·· . . n ltat 1stselbst-
. . . • are sinn 1os in der "h' .
sehenW1rkhchkeit nach dessen Spuren h ' . pra 1ston-
.h zu suc en. Nichtsdestotrotz
mussman 1 n voraussetzen, wenn man erk1·· . . . .
• G aren wi11, wie die Dinge
beute hegen. enauso verhält es sich mit d K f
· h em amp um Leben
und Tod zw1sc en Herr und Knecht in Hegels Ph„ l .
. E .. ··11· . . 1 . anomenoogie des
Geistes:s ware vo ig sinn os datieren zu wollen , warm d.1esesEre1g- .
nis stattgefunden haben könnte· . ' der Punkt ist , dass m an es voraus-
setzenmuss und dass es ein P?antasmatisches Szenario bildet, das
von Tatsac~e ~er me~schhchen Arbeit vorausgesetzt wird_ es
istdie intersubjektive Bedingung des sogenannten instrumentellen
Verhältnisses zur gegenständlichen Welt.
Das Paradox des Realen bei Lacan besteht also darin, dass es sich
dabei um eine Entität handelt, die eine Reihe von Eigenschaften
aufweist,obwohl sie nicht existiert (im Sinne von „wirklich existie-
ren", sich in der Welt befinden). Das Reale übt eine gewisse struk-
turale Kausalität aus und kann eine Reihe von Effekten in der sym-
bolischenRealität der Subjekte produzieren. Deshalb kann es durch
eine Vielfalt bekannter Witze veranschaulicht werden, die alle auf
derselben Matrix beruhen: ,,Ist dies der Ort, an dem der Duke of
Wellington seine berühmten Worte gesprochen hat?" - ,,Ja, aber er
hat diese Worte niemals ausgesprochen." Diese ungesprochene~
Wortesind das Lacan'sche Reale. Es ließen sich ad infinitum Bei-
spieleanführen: ,,Smith glaubt nicht nur nicht an Geister, er hat
auchkeine Angst vor ihnen!" ... sogar bis zu Gott, der, Lacan zufolge,
demRealen angehört: ,,Gott hat alle vollkomm~nen ~igenschafte~,
bisauf eine - er existiert nicht!" In diesem Sinne 1st Lacan u1et
supposi savoir(das Subiekt dem Wissen unterS t ellt wi~d) au h ohlc?
• 'J ' • d • t aber einen nt c 1-
einereale Entität· Es existiert nicht, pro uzier K
d nd n Wandel i~ der Entwicklung der psychoanalytisch n u";fin
B • • 1 d b rühmten a '
etr~ hten wir ein letztes Be1spie_: en d d~~~cn inzi
das Bit hcock' sehe Objekt, den remen Vmwan
1oll darin besteht eine Geschichte anzuS t08 n, 0 n
h da r lb t

'
. " 0 •e einzige Bedeutung des MacGuffins liegt d
irgcndetwa ist • I • B d h d a„
„ f" d' Charaktere eine e eutung at - as heißt d
rin da er ur 1e
bl' h wichtig erscheinen
.
muss.
n·ie ursprüng]', assh
er ihnen ung 1au ic . • • ic e
. b kannt· Z\vei Männer sitzen 1n einem Zug. Der ei'
Anek d ote ist e • .. . p k d ne
. Was ist das f ur ein a et, as dort oben auf
fragt d en an d eren • " • • M G ff·
der Gepäckablage liegt?" - ,,O_h,d~s ist ein ac. u in." - "Wasist
ein. MacGu ff'in.?" _ ,,Naia :., , das ist ein Apparat, " mit dem . man Lö,nen "'
. hottischen Hochland fangen kann. - ,,Aber es gibt gar keine
11n c d" G d •
L ... ren im schottischen Hochlan . - " ut, ann ist es wohl kein
Moa:Guffin." Es gibt eine weitere Version, di~ den Punkt noch bes.
er trifft: Sie gleicht der ersten haargen~u, mit dem ~ntscheidenden
Unterschied dass die letzte Antwort eine andere ist: ,,Sehen Sie
"·ie erfolgreich er ist?" Das ist ein MacGuffin, ein reines Nichts, da;
nichtsdestotrotz wirksam ist. Man muss wohl kaum darauf hinwei-
sen, dass der MacGuffin die reinste Form dessen ist, was Lacan das
objetpetit a nennt: Er ist eine reine Leere, die als Objektursache des
Begehrens fungiert.
Das also wäre die genaue Definition des realen Objekts: Eine
Ursache, die an sich nicht existiert - die nur in einer Reihe von Wir-
kungen anwesend ist, jedoch immer auf entstellte und verschobene
Weise. Wenn das Reale unmöglich ist, so ist es gerade diese Unmög-
lichkeit, die man anhand ihrer Effekte begreifen muss. Laclau und
Mouffe waren die ersten, die mit ihrem Begriff des Antagonismusdie
Bedeutung dieser Logik des Realen für das sozio-ideologische Feld
entwickelt haben: Der Antagonismus ist ein ebensolcher unmög-
licher Kern, eine gewisse Schranke, die an sich nichts ist; er kann
lediglich nachträglich aus der Menge seiner Effekte als der trauma·
tische Punkt konstruiert werden, der sich ihnen entzieht; er verhin-
dert die Schließung des gesellschaftlichen Feldes. Auf diese Weise
lässt sich sogar der klassische Begriff des „Klassenkampfes" neu
lesen: Der ~ntagonismus ist nicht der letzte Signifikant, der allen
gesellscha~thchen Phänomenen eine Bedeutung verleiht (,,allege-
seJl chaf th chen Prozesse sind letzten Endes Ausdruck des Kla en·
ka_mpfes''). ~r _i~~- g~nz im Gegenteil - eine gewisse Schranke, eine
reine „Nega~i:itat, eine traumatische Schranke, die die vollkolJl•
m ne fotahs1erung d es s0210-1 • 'd eolog1schen
. Feldes verh1n • d er t• l)er
,,K]a nkampf" erscl1e· t • · · d rn t ache,
da s • d r in nur 1n seinen Effekten, 1n er la d
J e s
r u h, das gesells haftliche Feld zu totalisieren un

226
Ihr Irrtum ist daher symmetrisch I F
h find t ic • h d er T'itel auf derselb • mEha 1le von. ,,L eninin
• • Warschau"
halt d Gemäldes, er ist keine ment ene ':ie der dargestellte In-
z,, 1.t n ße1spie
· · 1 ist
· das Papier. als Ob' e asprachhche B • h
k . ezeic nung. Im
z ; es ist sein Produkt und ke' ~e t Teil des Bezeichnungspro-
, . d l . ine externe R fi
ß i p1elhan e t es sich um das Parad 0 . . e ~~enz. Im ersten
d r Repräsentation der Wirklichkeit ist ( x. efi~lelsS~gnifzkanten,der Teil
• er u t eine L •
darin aus ) . Im zweiten findet sich d eere, ein Loch
Objekte ' das in die Signifikantentextuts ufmgekehrte Paradox eines
. 'b . au genommen werd
Vi 1le1chtg1 t uns dieses doppelte Par d . en muss.
· a ox einen letzte tt· •
darauf,wie man Lacans Diktum Es gibt k . M n inwe1s
·c h t " eine etasprache" zu be-
gre11en a .

DerAntagonismus als das Reale

U1ndie L?gik e~_nesOb~ektes zu verstehen, das Teil der Signifikan-


tentextur 1st, mussen wir den paradoxen Charakter des Realen bei
Lacan bedenken. Gewöhnlicherweise wird es als harter Kern ver-
stand~n, der der Symbolisierung und Dialektisierung widersteht,
aufseinem ~latz beharrt und immer wieder zu diesem zurückkehrt.
Eine bekannte Science-Fiction-Geschichte (Das Experiment17von
Frederic Brown) kann diesen Punkt wunderbar veranschaulichen:
ProfessorJohnson hat versuchsweise ein Miniaturmodell einer Zeit-
maschine entwickelt. Kleine Gegenstände können damit in die Ver-
gangenheit oder die Zukunft geschickt werden. Er führt seinen bei-
denKollegen eine fünf minütige Zeitreise in die Zukunft vor, indem
er die Maschine auf ,,Zukunft" stellt und einen kleinen Messing-
würfe!auf dem Podest der Zeitmaschine platziert. Der Würfel ver-
schwindetumgehend und taucht fünf Minuten später wieder ~uf.
~as nächste Experiment - fünf Minuten in die Vergangenheit -
1stetwas komplizierter. Johnson erklärt, das~ e~ - nachdem er das
Gerätauf fünf Minuten in die Vergangenheit eingeSt ellt hat - d~n
Würfelum Punkt drei Uhr auf dem Podest platzieren werde. J?a die
Zeitnun rückwärtslauf e, werde er aus seiner Ha nd ver~chwmden
uu<lfünf Minuten vor Drei wieder auf dem Pode st e~scheu~en- also
fünfMinuten be·u:orer den Würfel dort platziert. Emer emer KSo_
1 ' V' d 1· w· könn n 1e
eg n stellt ihm eine Frage, die auf der Han iegt: " ie

22
d 11 g· 11 haf tlichen Phänomenen einen · end ··1 • .
Oz ial n Struktur zuzuweisen zum S h . gu ttgen Platz 1n der
. ' c eitern v ·1 •
D fini ren wir das Reale als solch . erurte1 t ist.
. .. d' . . eine paradoxe und h' ...
h Entitat, ie eine Reihe von Eigenschaften h . c 1m~r1-
,on Effi kten hervorbringen kann _ obw hl . ~t und _ei?e Reihe
. . . o sie nicht exis tlert s
,rird klar d ass d 1e;ouzssancedas Reale schl h h' . . . . . -, 0
. . · h · · .. . ec t in 1st. Die JOUzssance
x1u rt_nh1ct, sf1;k1stunmoghch, und doch bringt sie eine Reihe
traumausc er E 1.e te hervor. Diese parado N d . .
· • . oce atur er JOUzssance
ibt uns auc h einen H1nwe1s darauf wie sich d f d
.. }" d • ' as un amentale
Paradox er kl aren ass t, as die Präsenz des Realen 1.. • b
tätigt: die Tatsache, dass etwas verboten ist das sch zuver as~1hge-
. . , on von s1c aus
uninöghch ist._ Das Grundmodell für diese Form von Verbot ist
elb t:erständhch das I~zestverbot; doch es gibt noch viele weitere
B_eisp:ele - betrac?~~n ~1r etw~ d!e konservative Haltung bezüglich
kindlicher Sexuahtat: Diese ex1st1ere angeblich nicht, Kinder seien
unschuldige Wesen, und aus genau diesem Grund muss man sie
treng kontrollieren und die kindliche Sexualität bekämpfen - um
gar nicht erst davon zu sprechen, dass der berühmteste Satz der
analytischen Philosophie (der letzte Satz in Wittgensteins Tractatw)
dasselbe Paradox impliziert: ,,Wovon man nicht sprechen kann,
darüber muss man schweigen. "20 Da stellt sich sofort die dumme
Frage:Warum muss man, wenn bereits klar ist, dass es unmöglich
ist, etwas über das auszusagen, worüber man nicht sprechen kann,
noch hinzufügen, dass wir darüber nicht sprechendürfen?Dasselbe
Paradoxfindet sich auch bei Kant: Während er die Frage nach dem
Ursprung legitimer staatlicher Herrschaft behandelt, sagt er ganz
direkt, dass wir die obskuren Ursprünge der Macht nicht durch-
dringen können, weil wir es nicht sollen (täten wir es, s~ellten _u~
außerhalb ihres Herrschaftsbereiches und würden so ihre Legitum-
tät untergraben) - eine eigenartige Variante seines grundlegenden
21
ethischenImperativs: Du kannst, denn du sollst!* •
DiesesParadox - warum etwas verbieten, das bereits u~öghch
ist? - lässt sich auflösen, wenn wir berücksich~gen, d~ss eh
nmöglichkeit auf die Ebene der Existenz bezt ht (es 1 t u~~'U'l"~""-
li h, das heißt es existiert nicht), während sich das r . t
!~igns haften' bezieht, die es prädiziert (die jouissance1
ihr r Eig ns haften verboten).
J);eerzwungenelVahlder Freiheit
. . können wir sagen, dass der Status der Freih.
In di ein 1nn . " .. d hl b ett
_ . D . (Po t-)Strukturahsmus
1 ca 1 1 t. e1 ,,
wur e wo
• d· f ,1
ehaupten
'
daSS
.
Ft e111 t 't'' eine imaginäre Erfahrung 1st, 1e au verkennung Und
11 K 1• .. b
Blindheit gegenüb r der trukt~re en ausa 1tat eruht, die die
Handlungen der Subjekte bestimmt ... Doch a~f Grundlage der
Laca n , chen Lehre der 1970er-Jahre h konnen . d
wir uns der Freihei't
.
au einer anderen Perspektive annä ern: 1n em wir Freiheit und
freie Wahl" als real-unmöglich betrachten.
,, Vor einigen Monaten wurde ein jugoslawisc~er St~dent in den
regulären Militärdienst ein~erufen_. In Jugoslawien wird zu Beginn
de Ylilitärdienstes ein gewisses Ritual vollzogen: Jeder neue Sol-
dat mu s hoch und heilig schwören, seinem Land zu dienen undes
zu verteidigen, selbst wenn dies den Verlust seines eigenen Lebens
bedeutet und so weiter - der übliche patriotische Kram. Nachder
öffentlichen Zeremonie müssen alle Soldaten ein eidesstattliches
Dokument unterzeichnen. Ein junger Soldat weigerte sich, dies zu
tun. Er behauptete, dass ein Eid auf einer freien Wahl beruhe und
e ich dabei um eine Angelegenheit freier Entscheidung handele.
Er jedoch wolle sich nicht frei dazu entscheiden, den Eid zu unter-
zeichnen. Er fügte aber schnell hinzu, dass er, wenn irgendeiner der
anwe enden Offiziere ihm einen offiziellen Befehl zu unterzeichnen
geben wolle, ge°"illt sei, dies auch zu tun. Die verwirrten Offiziere
1

erklärten ihm, dass sie ihm einen solchen Befehl nicht geben könn-
ten, da der Eid auf seiner freien Entscheidung beruhe (ein erzwun-
gener Eid ist wertlos). Wenn er sich jedoch weiterhin weigere zu
unterzeichnen, werde er strafrechtlich verfolgt und ins Gefängnis
ge teckt, da er seine Pflicht nicht erfülle. Wie sich denken lässt,ist
genau das passiert; doch bevor er ins Gefängnis gesteckt wurde,
d_erStudent tatsächlich erfolgreich und erwirkte am Militärgencht
eine paradoxe Entscheidung: ein offizielles Dokument, das ihm den
B fehl erteilte, einen freien Eid zu unterzeichnen ...
In__der_ Bez_iehung des Subjekts zu der Gemeinschaft, der e an·
gehort, 1st ein solch paradoxer Punkt eines choixforce immer vor·
h~n <le~ - an diesem sagt die Gemeinschaft zum Subjekt: Du ~t
di frei . _Wahl,aber nur unter der Bedingung, dass Du die richUf
Wahl tnff st·' es stel 1t o·1r be1sp1elswe1se
• • . f re1. zu wählen, ob Du den

228
l. id unter, --ichnest oder nicht aber
. • W l . ' nur unter de B d.
nudie richtige a 11triff t _ und ih
1
e 1ngung, dass
<
lic !ethch .. \ \ ahl,

verlierst Du die Wnahalfso _uhn~erzc1~hnest.
re1 eit E 1 k •
Triffst Du
/.ttfalLda. s ehe e Paradox auf der Ebene de; s ~t e1neswegs ein
ckts ,u der c; 1neinschaft auftaucht d Beziehung des Sub-
l ' er es angehört· o· s· ·
dct cr1,fungenen Wahl besteht darin d d . • ie 1tuat1on
ehe(~c1ncin chaft entscheiden muss
. h"
d ass as Sub!ekt_sich frei ftir
' er es, unabhang1g v •
\\' 1h1 b r 1t ange ort - es muss das ..hl . on seiner
, , wa en, was zhm b ·t b .
l· geht darum, dass sich das Subiekt n· . kl~rez:gege en ist.
l • .. J 1ema1s wir ich 1n der p 0s1• #

iion bcfindet wahlen zu können: Es wird • b -


. hl b . immer so ehandelt als
l,ätlf r. e1ne Wa ereits gefällt. Entgegen dem erst E' d k '
,• . en 1n ruc , dass
olch 1ne erzwungene
. . Wahl . eme Falle ist , urc h d'1e d'1e totali-.
d
täre ~lacht ihre Subjekte einfängt muss man auß d b
.. b h · ' er em etonen,
da daran u er aupt nichts „totalitär" ist. Das Subiekt d d
• k·· d' J , as avon
übcrz t.1gt1 t, es onne_ 1esem Paradox entgehen und eine wirk-
1i~hfreie v\Tahl tref~en, 1st ein psychotischesSubjekt, das eine gewisse
D1 tanz zur mbohschen Ordnung wahrt - es wird nicht wirklich
ro1n ignifikantennetz vereinnahmt. Das „totalitäre" Subjekt ähnelt
die em psychotischen Subjekt noch mehr: Der Status des „Feindes"
im totali tärcn Diskurs (der Jude im Faschismus, der Verräter im
talini mus) ist Beweis genug - es ist gerade das Subjekt, das angeb-
licheine freie Wahl getroffen hat, sich also frei für die falsche Seite
ent chieden hat.
Da i t aber auch das Grundparadox der Liebe: und zwar nicht
nur der Liebe fürs eigene Land, sondern auch der Liebe zu einer
Frauoder einem Mann. Wenn man mir direkt befiehlt, eine Frau
1u lieben, ist es klar, dass das nicht funktionieren wird: Die Liebe
mu auf gewisse Weise frei sein. Andererseits ist auch klar, dass es
nicht funktioniert, wenn ich so tue, als stünde mir das einfach völ-
lig frei - denn dann fange ich an, mich umzuschauen und mir zu
agcn: ,,1\'un, wie entscheide ich mich jetzt, in welche dieser Frauen
\erliebe ich mich?" Das ist nicht die „echte Liebe". Das Paradox der
Liebeist, da s sie eine freie Wahl ist, die doch nie in der Gege~wart
~tattfindct - die Entscheidung ist immer schon gefallen. An ein~m
KewisscnZeitpunkt kann ich bloß nachträglich feststellen, das ' th
dtP Wahlbereitsgetroffen habe. . . .
An w Ich r Stelle in der Philosophiegescluchte Wtfcl ehe Para-
dox1 u rst ausformuliert? Gegen Ende seines Leben b griff Kant

229
.d um Bösen als einen transzendentalen Ak
cf1 che1 ung z . k kl" d . t a
. ucht den Eindruc zu er aren, en wir hab
Prwn _ 0. hat. et erbösen ,M nschen gegenu..b erste 11en: dass des en'
.J

,\T 1111 "v1r einem .. bl .. (d' . sen


. k •
Bö„ artig 1t 111c1
• l t von den Umstanden
. .
a 1angt ie
.
per.
Def tnt't•
ton
1n1
'ld e1.n d 1n
• d) , ondern ein integraler . Bestandteil seines ewigen
,.7
\ •" e en 1• t • Di'e ,, Bö artigkeit" erscheint
. .
uns, anders gesagt ' als et•
T d nwiderruflich gegeben1st: Die besagte Person kann sich
a ' a u 1• h E
niemal ändern und durch ihre mora isc e ntwic ung aus dem
• kl
Bö en herauswachsen.
Andererseits haben wir auch eine widersprüchliche Empfin.
dung, nämlich dass der böse Mensc_h :ollk~mmen für. seine Bös-
artigkeit •verantwortlichist, obwohl sie in sein Wesen e1ngeschrie.
ben ist _ obwohl er „als böser Mensch geboren wurde". Das ist
nicht dasselbe wie eine psychische Eigenschaft zu besitzen, etwa
dumm, jähzornig oder Ähnliches zu sein. Das Böse wird immer
al etwas empfunden, das sich auf eine freie Wahl bezieht, für die
das Subjekt die ganze Verantwortung übernehmen muss. Wie kön-
nen wir diesen Widerspruch auflösen, der darin besteht, dass das
Böse einerseits ein „wesenhaftes" und gegebenes Merkmal eines
~enschen ist, aber andererseits etwas, für das er sich frei entschei-
det? Kants Lösung ist, die Wahl und Entscheidung zum Bösen als
einen zeitlosen, transzendentalen Akt a priori zu begreifen: also als
einen Akt, der in der zeitlichen Wirklichkeit niemals stattgefunden
hat und dennoch die Entwicklung des Subjekts und seines prakti-
schen Handelns bestimmt. 22
Lacan hat den Anfangspunkt der „Bewegung der Ideen", die in
Freuds Entdeckung gipfelt, zurecht in Kants Philosophie verortet,
und zwar in dessen Kritik der praktischen Vernunft.23 Eine der Folgen
d~r Kant:schen ~evolution im Bereich der „praktischen Vern~~"
sei oft sttllschwe1gend übergangen worden, dass nämlich das Bos_e
selbsterstmals bei Kant einen ethischenRang erlangt hat. Das soll hei·
~en, dass .das Böse durch die Idee eines „ursprünglichen Bösen",_das
111 den zeitlo~en _Charakter einer Person eingeschrieben ist, zu einer
Sa~he d~s P,:1n~1ps u~d zu einem ethischen Standpunkt wird~ wo-
b 1 ,, dusch .hier ~eint, dass es sich um den Impetus eines Wille~
ha n<le!t, Je~se'.ts des Lustprinzips liegt (und damit auchje°!e~ts
R _ahtatsp_rmzips,das dessen Verlängerung ist). Das „Böse ~•
1
ht längerem opportunistis he Handlung, bei der man bloß die

230
ath logi hen" Motive berücksicht·
••l • • igen mus (L
,, n ...). E i t ganz im Gegenteil Sache d _s ust, Profit Nut-
,, · ' es ewi '
,barakt r iner Person und betrifft d gen und autonomen
'd eren ursprü 1·
lo Ent h e1 ung. Das bestätigt sowohl Laca ng iche und zeit-
dung on l(ant und Sade", als auch d' rr. ns paradoxe Verbin-
. d f ie 1.atsache d • .
z it da Wie •
erau leben einer Reih . ,. ass wir in Kants
e von musikahs h d •
ri h n Figuren erleben die das Bo·· d h . c en un htera-
' se urc ihre th' h .
luno-, rkörpern (von Mozarts Don Gi . b. e isc e E1nstel-
H Id n bei. Lord Byron). ovannz 1s zum .
romantischen
Schelling - ,,der Gipfel der Metaphysik d d h .
• )24 h . es eutsc en Idealismus"
(He1degger - at Kants Theorie in seiner p L ·z ithh. h 1

"b d txr nz osor zsc en Unter-


uchungu er as vvesen der menschlichenFreihez·t(1809) d.k 1. •
• d. 1· . ra 1 a isiert,
111dem er ie wesent iche Unterscheidung zwisch
. . en re ih ei·t (freier
F •
\ ahl) und Bewusstsein
· k eingeführt hat: Die zeitlose wahl , d urc h d'1e
ich ~as S„u b~e t zu~ ,,Guten" oder „Bösen" entscheidet, ist bewusst-
los(wie konnte uns diese . Unterscheidung Schellings nicht an Freu d s
These ü.b er d en ~eit 1osen Charakter des Unbewussten erinnern?).
Fassenwir Schelhngs Argumentation zusammen. Die Freiheit wird
alsUrsache des Bösen gesetzt - es geht also aus der freien Wahl des
Subjektshervor, dieses entscheidet sich zum Bösen. Wenn die Frei-
heit jedoch Ursache des Bösen ist, wie können wir dann die zahl-
losen bösen Taten (moralische oder physische) erklären, die nicht
von unserem bewussten Willen abzuhängen scheinen? Die einzig
mögliche Lösung ist, dass man eine fundamentale Entscheidung
voraussetzen muss, die unseren bewussten Entscheidungen voraus-
geht- also, in anderen Worten, eine unbewusste Entscheidung.
Diese Lösung Schellings richtet sich primär gegen den subjekti-
ven Idealismus Fichtes, der eine ganze Reihe freier Handlungen
auf die Selbstreflexion des Bewusstseins reduziert hatte. Schellings
wesentliches Gegenargument beruht auf einer feinen psyc?olo~-
schen Beobachtung: Wir fühlen uns manc~mal verantworthc~ fu~
etwas,ohne dass wir bewusst eine Entscheidung getr?ffen hatten,
wirfühlen uns, als hätten wir gesündigt, ohne gesündigt zu ha~en;
wirfühlen uns schuldig, ohne eine Tat begang~n z~ habe~; Dieses
Gefühl ist selbstverständlich das Gefühl der »irrationalen '. un~~-
gründeten Schuld das auch der Psychoanalyse wohlble~anhntR1st:l_t1
.
,,exzessive" '
und unerklarl1che.. . " Sch u ld , d.1e die psyc 11sc e ea 1
ein s unbewusst;n Begehrens maskiert.

231
. d t •e auf die gleiche Weise: Die „irrationale" Schuld
hclhng cutc s1 • b
. nbewussten Wahl, einer un ewussten Entsch .
zeuge von einer u . d . . e1.
• f ... d B .. e Es i t fast so, als sei as Spiel bereits vorb •
d ung u1 a o . G e1,
··r zu Bewusstsein ko1nmen: Der rundcharakterJ'ede s
110 11 be11or ,\ 1 .. . .
inen chlichen Wesens - sei er gut oder bose - ist das Ergebrus einer
ur prünglichen, e\vigen, immer s~hon ve_rgangenen, transzendenta.
len Wahl a priori _ einer Wa~l,_die also zmme:,sc~on getroffe~-~rde,
ohwohl ie nieinals in der zeitlichen und alltaghchen Reahtat statt.
gef undcn hat. Solch eine freie, ..unbewusste_ Wahl muss vorausgesetzt
·werden,utn das Gefühl zu er klaren, dass wir sogar Schuld an den
Dingen tragen, die nicht von unseren bewussten Entscheidungen
abhängen:

0 unfaßlich diese Idee der ge1neinen Denkweise vorkommen mag, so ist doch in
jedem ~1en eben ein 1nit derselben übereinst~mmende~ Gefühl, _als sei er, was er
i t. Yon aller Ewigkeit schon gewesen und keineswegs 1n der Zelt erst geworden.
Daher. ohnerachtet der unleugbaren "Xotwendigkei t aller Handlungen, und ob-
gleich jeder, ·wenn er auf sich aufmerksam ist, sich gestehen muß, daß er keines-
weg zufällig oder willkürlich böse oder gut ist, der Böse z. B. sich doch nichts
weniger als gezwungen vorkommt (weil Zwang nur im Werden, nicht im Sein emp-
f unden werden kann), sondern seine Handlungen mit Willen, nicht gegen seinen
\Villen tut. Daß Judas ein Verräter Christi wurde, konnte weder er selbst noch eine
Kreatur ändern, und dennoch verriet er Christum nicht gezwungen, sondern wil-
lig und mit völliger Freiheit. [...] indem de1jenige, welcher etwa, um eine unrechte
Handlung zu entschuldigen, sagt: So bin ich nun einmal, doch sich wohl bewußt ist,
daß er durch seine Schuld so ist, so sehr er auch Recht hat, daß es ihm unmöglich
ge\\'esen, anders zu handeln. \,Vie oft geschieht es, daß ein Mensch von Kindheit
an. zu einer Zeit. da wir ihm, e1npirisch betrachtet, kaum Freiheit und Überlegung
zutrauen können, einen Hang zum Bösen zeigt, von dem vorauszusehen ist, daß er
keiner Zucht und Lehre weichen werde, und der in der Folge wirklich die argen
Früchte zur Reife bringt, die wir im Keime vorausgesehen hatten, und daß gleich-
w~hl niemand die Zurechnungsfähigkeit derselben bezweifelt, und von der Schuld
dieses ~enschen so überzeugt ist, als er es nur im1ner sein könnte, wenn jede
einzel~e Handlung in seiner Gewalt gestanden hätte. Diese allgemeine Beurtei-
lung emes sei~em Crsp_rung nach ganz bewußtlosen und sogar unwiderstehlich~n
Hangs zum Bösen als eines Aktus der Freiheit weist auf eine Tat, und also auf em
Leben vor diesem [irdischen, S. Z.] Leben hin [... ] .25

Mu_~s~an noch_ betonen, dass Schellings Bestimmung einer ur·


pru~ghchen, zeitlosen Entscheidung sich vollkommen mit Lacans
Begriff des Realen als Akt deckt der nie in der Realität stattge·
f u n <len hat, jedoch nachträgli h 'vorausgesetzt und „konstruiert"

232
, 1·dcn n1u,. u1n den Stand de n·
,,, r 1nge k ..
un ,u un crem unglücklichen S d zu er laren? Wir können
n • 1• S tu enten .. k
"-1( kgas, .. i. t c ie ackgassc des Sch 11· , zuruc kehren: Seine
,.,, , •1 • d . e tng sch Ak
()b,,ohl r 1c 1 1n er zeitlichen R . .. . en tus der Freiheit.
1
• l en h at, wurde er sea bt tat
1ancl cnt. c luec h seines L ebens nie
. für sein
• ·1,r ue gesc h woren _ fast so
I 11ul ehe o e andelth·· ' als h"atte er seinem
.
' , • , a 1s atte er • h · ·
!o,cn. auf immer vergangenen Akt zu de sic. m emem zeit-
\'On.\nb ginn auferlegt war. m entschieden, was ihm

oppositorum
Comridn1tia

Da Reale i t omi t zugleich der harte undurchd · . h


1
der y1nboI1• 1erung
• w1'd ersteht, und eine
' reine nngt 11c e• Kern
h . 'kder
• ..
,i centc Cl111nare. D as R ea le 1st
• der Stein über ' den
O n o ogisc in on-
· d S bo .
icrung ver uc l1 sto lpern muss, der harte, Kern der Je er ·t ym
K · kh-
• 11 .. • , , m1 r1p e
c J)rochen, 1n a en moghchen Welten (symboli·schen u · )
• • . .. . n1versen
Jeichblc1bt;aber gle1chze1t1g I~t sein Status zutiefst prekär; es hat
nur Be tand, so!ange es scheitert, verfehlt wird und verborgen
bleibt,und löst s1~h a~f, sobald wir sein positives Wesen zu begrei-
fenver uchcn. Wie wir gesehen haben, wird auch der Begriff des
traurnatieben Ereignisses auf genau diese Weise definiert: An ihm
cheitertdie Symbolisierung, und es ist doch nie in seiner Positivi-
tätgegeben - es kann nur nachträglich aus seinen Struktureffekten
kontruicrt ,verden. All seine Wirksamkeit folgt aus den Verzerrun-
en die e im sy1nbolischen Universum des Subjekts erzeugt: Das
traumatiehe Ereignis ist letzten Endes nur eine phantasmatische
Kontruktion, die eine Leerstelle in einer symbolischen Struktur
aufüIJt.E i t somit der nachträgliche Effekt dieser Struktur.
Lacan Begriff des Realen ist durch eine Reihe von gegensätz-
lichenBe timmungen definiert:

- Da Reale als Ausgangspunkt, als Basis, als Grund des Sym~li-


sierungsprozesses (deshalb spricht Lacan von der "Sym~h ie-
rung des Realen") Das heißt dass das Reale der symbohsc~en
0t( 1nung gewissermaßen
• • '
vorausgeht un d von dieser
. struktunert
. . d
111
•rc,1 sobald es von ihrem Netz veremna
• h m_t .wird·• Die it a
. Proze
Kroß~otiv Lacans, dem zufolge die Symboh5ierung ein
l
. d . d' F""lle cl Realen iin lebenden Körper abtötet, auf.
t u . h . d h .
l
1 11
·t
l lC
ntl rt und au höhlt. Zugle1c Je oc ist das Reale
~: Produkt, der Re t, das Überbleibsel und d~r Abfall dieses
.;nboli ierung prozesses. Es ist der Rest un~ Überschuss, der
d 1n .tnbolisierungsprozess entgeht • und somit von der Symho-
d . H 1
li ierung erzeugt wird. Das Reale wir , mit ege gesprochen,
voin s ,1nbolischen zugleich gesetzt und vor~usgesetzt. Insofern die
joui, ance der I{ern des Realen ist, ?i~mt diese Dualit~t die Form
de Unter chiedes zwischen der youzssance, dem Genießen, und
dein plus-dejouir, der Mehrlust, an: D~ejo~issance ist die Basis, auf
d r die S mbolisierung aufbaut. Es ist die entleerte, körperlose
Ba i , die von der Symbolisierung trukturiert wird. Dieser Pro-
ze produziert jedoch zugleich ein Überbleibsel, einen Rest: die
Mehrlust.
- Da Reale als Fülle der trägen Präsenz und Positivität; nichts
mangelt im Realen - das heißt, der Mangel wird erst von der
S mboli ierung eingeführt; er ist ein Signifikant, der eine Leer-
telle und Abwesenheit ins Reale einschreibt. Zugleich ist das
Reale jedoch auch selbst ein Loch, eine Lücke, eine Öffnung in-
mitten der symbolischen Ordnung - es ist der Mangel, um den
herum die symbolische Ordnung strukturiert ist. Das Reale als
Anfangspunkt und Basis ist eine positive Fülle ohne Mangel;
al Produkt und Überrest der Symbolisierung bildet es jedoch
die Leere, die Leerstelle, die von der symbolischen Strukturge-
chaffen und umkreist wird. Wir können dasselbe Gegensatzpaar
auch au Perspektive der Negativität beschreiben: Das Reale kann
~icht ~egiert :"erden, es ist ein positives, träges Gegebenes, das
ich nicht negieren lässt. Es lässt sich nicht von der Dialektik der
~-egativität vereinnahmen. Man muss jedoch unmittelbar hinzu-
f ug~~'. dass das daran liegt, dass es sich beim Realen in seiner
Positi_vität nur ~m die Verkörperung einer Leere, eines M~-
gcls, Ja, der radikalen Negativität handelt. Es kann nicht negatrl
werde~,-~~ es in seiner Positivität nur die Verkörperung einer rtintn
N_egativztat und Leereist. Aus diesem Grund ist das reale Objekt
in e~habcnes Objekt in einem streng Lacan'schen Sinne - esi t
nur
. die Vcrkörperung eines • Mangels im Anderen in der sym bo-
lis. h n Ordnung • I) as er l1al)cne Objekt
. . ein
1st . Objekt,
'. dem~an
u•
01
ht allru nahekommen kann: Sobald wir ilun zu nahekommen,

234
,crlicrt s eine erhabenen E'
··1 1• l „ igenschaften d .
g-cwo 111 1c 1cn, vulgaren Obiekt E k . un wird zu einem
cinc1n Z,v1 h enraum und zw· h s ann s1ch a ls solches nur in
1
, • J •

· . isc enzus tand h l


nur au 1ner ge\v1ssen Perspekt' b er a ten und kann
• ive etracht t d
bloß halb- 1chtbar ist. Wollen w· b . e wer en, aus der es
, o ycr,\'anclelt es sich in einen Allt
Ir es e1 Ta rh
ges 1c t betrachten,
auf. ,,·eil e für sich gesehen überh agsge~ehnst.and und löst sich
• b aupt nie ts 1st Bet h •
en\'a eine ekannte Szene aus Felli· . R • . rac ten wir
n1s oma· Arbe 1t d. .
C-Bahn-Tunnel graben stoßen auf d' Üb • er, ie einen
.., l „ d s· r • .' ie erreste alter römischer
C,c)au e. 1e ru1en e1n1ge Archäologen h b . . . .
„ d b D er ei, mit denen sie die
Gebau e etreten. ort erwartet sie ein fab lh f A . .
• d "b e a ter nbhck· Die
~lauern 1n u erzogen von wunderschönen F k • •
. res en mit Dar-
tellung n un b eweghcher und melancholischer F' d h
· I · · 1guren - oc
ehe >rfa.ere1en sind zu fragil und halten der Luft nicht stand. Sie
lö en ich ofort auf, sodass die Betrachter nur noch auf blanke
\ Väncle tarren ...
- \\ ie Jacques~Alain ~iller (in seinem unveröffentlichten Seminar)
bere1ts gezeigt hat, 1st das Reale zugleich körperlich kontingent
und logisch konsistent. 26 Zunächst löst es die Erschütterung einer
zufälligen Begegnung aus, die die automatische Zirkulation des
y1nbolischen Mechanismus unterbricht; es ist ein Sandkorn, das
in Getriebe gerät; es ist eine traumatische Begegnung, durch die
da Gleichge,vicht des symbolischen Universums des Subjekts ins
\Vanken gerät. Doch wie wir sehen konnten, ist das traumatische
Ereigni gerade als Unterbrechung einer totalen Kontingenz nir-
gends in seiner Positivität gegeben. Es kann nur im Nachhinein
logischals derjenige Punkt konstruiert werden,der sich der Symbo-
li ierung entzieht. . .
- Versuchen wir, das Reale durch die U ntersche1dung zwischen
quidund quod zu begreifen, also zwischen_den einem ~bjekt zuge-
chriebenen Eigenschaften der symbohsch-al_lgemen~en atur
und dem Objekt selbst in seiner Gegebenheit,. als Über~chuss
eines X, der sich dem Netzwerk der allgemein-sy~bohschen
27
I>>e~tlJn1nungen
• •
in seiner • • • ..
Pos1uv1tat en t z1•eht • Wenn. .
wir uns.. dem
Realenso durch das Feld nähern, das Kripke mit seiner _Krittk
, . • •
<1er f hcoric des Deskr1pt1v1smus ero n
··ff et hat ' dann mü od en \\ ir
"be
1.unächstfeststellen dass das Reale der Über~chus~ de~ qu Ru.hr
' • • • ät
<las quid ist. Es ist eine reine Pos1ttv1t , c 1
r
e Jense1t einer et e

235
,. f und einer Menge an Beschreibungen 1.
11 11a t 11 , legt
,on , , . : la B i pi 1 de 1 rauma c1ass das Reale •
Cl ·1i,1ttg) 1 1egtc · 1 d auch
T ci
1
t il i t: E. xi tiert nie 1t un besitzt doch .
("' '.'
da, g nauc 7 g n eine
Rcih von Eigen haft n. . .
..
\ Vcnn \\'11 c11 i
r
ßli h ver uch n, da Reale in seiner Beziehu
d 1 .,. . d . ng
~ k • 11 cl r Schrift ( er tan en a ecrzt un nicht als po
zur 1 uo . . d .. . st.
. • t'
tru ktut a 11 1 lic e'criture)zu def1n1eren,.
ann
.
mussen
.
wir natU r.
li h zucr t fe thalten da s das l_leale nicht.e1ngeschr1eben werden
1 da ich der Einschreibung entzieht (etwa das Reale de
1'.ann . 1 . . . d R s
Ge hl cht rverhältnisses). Gle1~ 1z_e~ugist as .eale aber auch
di chrift iin Gegensatz zum Signi~ikanten - bei Lacan hat das
icrit den tatu eines Objekts und nicht den Status eines Signifi.
kant n.

Die er Zu ammenfall der Gegensätze 2 , ja, diese widersprüch.


liehen Be tim1nungen definieren das Reale bei Lacan. Wir können
al o z"·i chen dem imaginären, dem symbolischen und dem rea.
len tatu die er Gegensatzpaare unterscheiden. Im imaginären
\'erhältni ergänzen sich die beiden Pole des Gegensatzes; zu-
ammen ergeben sie eine harmonische Totalität; das eine bringt
da ein, \, as dem anderen mangelt - beide füllen den Mangel im
1

je anderen aus (wie etwa beim Phantasma des vollkommen reali-


ierten Ge chlechterverhältnisses, in dem Mann und Frau ein har-
rnoni ehe Ganzes bilden). Das symbolischeVerhältnis hingegen ist
differentiell: Die Identität der beiden Momente besteht aus der
Differenz zum je gegensätzlichen Moment. Ein gegebenes Element
füllt den Mangel im anderen weder aus noch ergänzt es dieses, son-
dern e~.übernimmt vielmehr den Platz des Mangels im ander~n,
e ver~orpert das, was im anderen fehlt: Seine positive Präsenz 1 t
bloß die Ve:gegenständlichung des Mangels im entgegengeset~en
Element. Die Gegensätze, die Pole des symbolischen Verhältnt es
g >b_n_dem je anderen seinen Mangel gewissermaßen zurück; auf
!
Ba ·i 1 1r s geteilten Mangels bilden sie eine Einheit. .
Da i t au h d i·e Der·1n1t1on
•• symbolischer Kommunikauon. • . zw1-.
th n den • k
. SubJ'ekt >n zir •
u 11ert .
vor allein eine gewisse L eere·' 1e
g > ) n 1nand r i •i . p rsnek·
• ' >. •• nen g tc1 tcn Mangel weiter. Aus dieser e r-

tt l ganlt d1 Frau d M . .. ·t d en
„ ( n ann n1 ht sond rn vcrkorpet
Mang 1 <1 shalb ko
>
nnt
r„acan b ha 1pt ' n, dass eine hon •· fraU
lic pcrf kt ~--rkfrpcrung d r .. .
• • l
<
f'ralr· ,, 11 c ll 1·ic f>J
J i
• Il al Punkt dmannJichcn
r· . Kastrat1on • ist) D
' p 1 • lb e iniert an d d' • a
]i( 1tcn o_ unm1tte ar zusammenfallen· ' em ie gegen ~itz-
h,1rin s '111 n Gcg n atz über· J·ed . •.Jec~er Pol geht unmittel-
~ . , er ist in sich lb .
cig•cncr ( „ g n atz. Das einzige phil h' se st bereits sein
fi;1dct ·i h in der Hegel'schen n· loskopk· isc~e Gegenstück hierzu
. . 1 . f ia e tI . Sein u d N. h
,cn sJCh111c 1t 1n ach am Anfang d u,· n 1c ts ergän-
. • h
punkt 1, t auc 11 nic t, dass beide ihr ld er n issenschart
... JJJ r ogi'k. H egels
I de L
. • • e entitat dadu h 1
ctlss sie 1 11 voneinander unterscheid D ~c er angen,
. l S • en. er Punkt ist d •h
"cnn "·1r ca ein o begreifen wolle . . " . ; ass s1c ,
. d n, ,,wie es ist (In sein •
.\b, traktion un Unbestimmtheit ohne 11 . .er reinen
. ' a e weitere Bestimmung)
hcrausst 11t, d ass d as Sein das Nichts ist. '
Ein w iteres Beispiel, das dem Realen be' L • .
. • . . i acan vie11eicht noch
nahcrko1nmt, ist Hegels Kritik an Kants Ding · h* H
. d d .. . an sie . ege 1 ver-
ucht zu zeigen,. kass . . ..as beruhmte Ding an sich_ d'ieser reine · Über _
chu d er Ob ~e .t1v1tat, der transzendent ist und d en man d urc h
den G danken nicht erfassen kann - letztlich ein reines G da k _
. . . G d k e n en
din<Peine reine e an enform ist: Die Transzendenz des Din s an
ich fällt unmittelbar mit der reinen Immanenz des Gedanken~ zu-
a~111nen. :"ie_ nämlich gelangen ~ir zur Idee des Dings an sich, wie
bnngen wir sie hervor? Indem wir abstrahieren, indem wir von der
Objektivität alle besonderen und konkreten Bestimmungen abzie-
hen die angeblich von unserer Subjektivität abhängen - nach dieser
Ab traktion von all den besonderen und bestimmten Inhalten bleibt
eine reine und leere Gedankenform zurück.
Lacan gibt uns in seinem Seminar Encoreeinen Hinweis darauf, wie
ich dieser paradoxe Zusammenfall der Gegensätze verstehen lässt.
Dort schreibt er: ,,Das Reale kann sich nur durch eine Sackgasse der
Formalisierung einschreiben [peut s'inscrire,S. 2.]. "29 Selbstverständ-
lich ist das Reale zunächst das, was nicht eingeschrieben werden
30
kann und das „nicht aufhört, sich nicht zu !chreiben" cessejJasde
nepass'icrire)- es ist der Fels, über den Jede Formahs1erung tol-
pert. Gerade dieses Scheitern erlaubt uns jedoch, den leeren P_latz
desRealen einzukreisen und zu verorten. Das Reale kann al ?nic~t

einge chneben. werden. Wir. Je • d oc h k"onn en di'ese . . U nmöghchke1t.
inschreiben und ihren Ort bestimmen: Es 1st ein trauma~t ~er
01t, der eine Reihe des Scheiterns verursacht. Lacan ~nk~ 1 t ~•n-
facb,dass das Reale nichts anderesist als diese Uninögh hk it iner

237
,.
Ein, . . Da Reale ist keine transzendente und positive Ent·1-
11re11)ung. .
.. d' . . ld,vo J.en eit der symbolischen Ordnung als harter
tat, 1c n gen . • h" .. .
K rn bc tcht und ihr, wie l ants ,,~1ng an .sie ' unzuganghch ist -
• • t e überhaupt nichts, es 1st nur eine Leerstelle und Leere
an , 1 11 1 1· h
·111 d r ,,inboli chen Struktur, die eine wesent ic e Unmöglichkeit
, A d. d .
inarkicrt. Man inu Lacans rätselhafte ussage, 1e as Subjekt als
,,..\nt\\,ort de Realen" 31 definiert, in diesem Si~ne verstehen: Die
Leer telle de Subjekt lässt sich d':rch das Sche1te~n sei~er Symbo-
li ierung ein chreiben und einkreisen, da. das SubJek~ nichts ande-
re i t al der Punkt, an dem der Prozess seiner symbolischen Reprä-
entation cheitert.
Au Lacan Perspektive ist das Objekt als Reales letztlich also bloß
eine Schranke: Wir können es überholen, es hinter uns lassen, es
jedoch nie erreichen.Auf diese Weise liest Lacan auch das klassische
Paradox von Achilles und der Schildkröte: Natürlich kann Achilles
ie überholen, doch er kann sie nie erreichen, er kann sie nie einho-
len. 32 E ist wie mit dem alten Paradox des Glücks, das Brecht in der
Dreigroschenoper beschreibt: Man darf dem Glück nicht zu verbissen
hinterherrennen, weil man es überholen könnte und es dann auf
der Strecke bleibt ... Genau das ist das Reale bei Lacan: Eine gewisse
chranke, die man immer verfehlt - wir sind immer zu früh oder
zu pät. Dasselbe gilt auch, wie der verstorbene Michel Silvestre
hervorgehoben hat, für die sogenannte „freie Assoziation" in der
Psychoanalyse: Man kann sie nie ganz erreichen, wir können uns
ihr nie vollkommen unmittelbar überlassen, sondern manipulie-
ren sie immer, wir haben immer gewisse Intentionen und so weiter;
andererseits können wir ihr auch nicht entkommen; was immer wir im
Rahmen der Analyse sagen, hat bereits den Status der freien Asso-
ziation. 33 Ich kann mich beispielsweise nicht mitten in einer psycho-
analytischen Sitzung zum Analytiker drehen und sagen: ,,Na, jetzt
warten Sie mal, ich will jetzt mal ganz direkt mit Ihnen sprechen,
von Angesicht zu Angesicht ... " Auch wenn wir das täten, wäre die
performative Kraft dieses Aktes bereits aufgehoben - er hätte so-
fort d~n Status einer ,,freien Assoziation", die gedeutet werden muss
und nicht für bare Münze genommen werden kann.

238
fin 1ueitererhegeliani eher Witz

,~rclh r Subjektbegriff lässt sich . d'


mit 1esem d
d . l a 1c1: zusammenbringen? Die Gru . para oxen Charakter
l ci La an ist selbstverständlich se1· E fnde1genschaft des Sub1ekts
. ne nt remdu • s· . . 'J
s bald .
das Su b~ekt vom radikal ä ß 1. h
h . d .
ng im 1gnif1kanten:
u er IC en Netz d s· ..
, r 1nna mt wir , wird es morti'fi' z' . es 1gn1f1kanten
. iert, zerrissen d
111 an 1ne Vorstellung davon bekom un gespalten. Will
b i La an bedeuten soll, muss man ~enh, was das ?espaltene Subjekt
• sic nur an ein b k
do on Lew1s Carroll erinnern· h b' e anntes Para-
• ,,,1c 1n so froh d
T
•h S
ni ht ausstehen kann,, sagte das kleine M" d h , a~s ic pargel
denn wenn ich es täte, müsste ich ihn esse: _c end~uhek1nem Freund,
·1 h f '"34 D b • 1
un c ann das Zeug
nic1t ausste en. as ringt das Problem d R fl • • ..
·L er e ex1v1 tat des Be-
ehrens b e1 acan genau auf. den Punkt· • Das Bege h ren 1st · immer
• .
ein
Begehren zu b egehren - die Frage lautet nicht •nf h· W
. h b h - ;i" s· 1 . . e1 ac • " as sollte
1c ege· 1 en. 1e autet vielmehr: ,,Es gibt viele D'1nge, di e 1c
• h be-
h b ·
el~re,ich a e viele B~gehren - welches davon verdient es, Objekt
me1_nes Begehrens z~ se~n? Welches Begehren sollte ich begehren?"
D1e~esParadox ~rrd 1n den stalinistischen Schauprozessen wort-
'\örthch reproduziert. Das angeklagte Opfer soll seine Liebe zum
Spargel (zur Bourgeoisie und zur Konterrevolution) gestehen und
zugleich seinen Ekel gegenüber seinen eigenen Taten bekunden,
ja sogar die Todesstrafe für sich einfordern. Deshalb lässt sich die
Unterscheidung zwischen dem sujet d'enonce(Subjekt der Aussage)
und sujet d'enonciation (Subjekt der Äußerung) anhand des stalinis-
tischenOpfers am anschaulichsten erläutern. Die Partei richtet sich
mit der folgenden Forderung an dieses: ,,Die Partei braucht diesen
Prozessgerade, um die Errungenschaften der Revolution zu festigen.
ei also ein guter Kommunist, erweise der Part~i ein~n !etzten J?ienst
und gestehe!" Hier liegt die Spaltung des Subjekts in ihrer reinsten
F?rmvor: Der Angeklagte kann auf Ebene des suj~td'inonciati<m nur
einguter Kommunist sein, indem er gesteht - und ~ichalso auf Ebene
des sujet d 'inonci als Verräter bezeichnet. Vielleicht ~atte ErneSlo
Ladaurecht als er einmal (in einem Privatgespräch) meinte, dass der
. . ' . . • • h Ph" omen sei sondern da
•Sta11n1smus nicht nur ein hngu1st1sc es an '
di Sprache ein stalinistisches Phänomen ist • B 'ff d
• .
Dabe1 muss man Jedoch sehr genau zw ischen Lacans egri e
. . riff der
g spaltenen Subjekts und dem „poststrukturahsttschen B g

239
. k .• unt r hcid n. D r „Poststrukturalismus" redu
ubJ tpo. 1t1on n . . . -
. . <l b' kt für ge1vvöhnltchauf die sogenannte SubJektivie-
11c1t a u J • 1 b'~ek tiven

,i~ci'ft s al Effekt eine nie 1t-su Prozesses· Es
rung un <lbcg ( . •
"·ircl itniner von in 1n vor ubjektiven Prozess des „Schreibens", des
n "und O weiter) vereinnahmt und durchquert. Die ßeto-
" B g 1ir • d. I d' ·
o- li gt auf d n unterschiedlichen Arten, wie ie n ividuen ihre
nunr, " d
Po i~ionen al „Subjekte", ,,Akteure", ,,Agenten . es historischen
Proz , rfahr n" und „erleben". Der Autor eines Kunstwerkes
(ein bildender Kiln tler oder Schriftsteller) etwa fing erst zu einem
b timinten Punkt in der europäischen Geschichte damit an, sich
lb t al kreative Individuum zu begreifen, das seinen inneren,
ubjekti en Reichtum in seinem Werk zum A~~dru_ckbrachte. Der
große :Mei ter olcher Analysen war selbstverst~ndhc~. Foucault: So
ließe ich behaupten, dass der zentrale Punkt seines Spatwerks darin
liegt, die verschiedenen Arten zu artikulieren, wie Individuen ihre
ubjektposi tionen einnehmen.
Bei Lacan jedoch liegt ein ganz anderer Subjektbegriff vor. Ein-
fach ausgedrückt: Wenn wir abstrahieren, wenn wir den Reich-
tum der unterschiedlichen Subjektivierungsmodi und die Fülle
an Erfahrung abziehen, die in den jeweiligen individuellen
"Lebens"'reisen" der Subjektpositionen liegt, so bleibt eine Leer-
telle zurück, die von diesem Reichtum ausgefüllt worden ist; das
ubjekt ist diese ursprüngliche Leerstelle und dieser Mangel der
mbolischen Struktur. Das Subjekt ist dem Subjektivierungseffekt
also strikt entgegengesetzt: Die Subjektivierung maskiert keinen
vor- oder transsubjektiven Prozess der Niederschrift, sondern einen
Mangel in der Struktur, und dieser Mangel ist das Subjekt.
Unsere geläufige Vorstellung vom Subjekt ist, mit Lacans Wor-
ten, das „Subjekt des Signifikats", es ist der aktive Akteur, der eine
Bedeutung trägt und sich in Sprache auszudrücken versucht. Lacans
Ausgangspunkt ist, wie man weiß, dass die symbolische Reprä-
en~tion das Subjekt immer verzerrt und entstellt, dass sie immer
cheite~n ~uss - das Subjekt kann also keinen Signifikanten finden,
der:' ein eigener" wäre. Es sagt immer etwas zu viel oder etwas zu
~·enig:.kurz, etwas anderesals das, was es sagen wollte oder zu sagen
1nt nd1 rt .
rormalerweis könnte man daraus den Schluss ziehen dass da
ubj kt irg ndein n Bedeutungsreichtum in sich trägt,' der tet

240
~eine s\ 1nboli ehe Artikulation „ b .
.' u ersteigt· D'1 s
lach 111cganz da ausdrücken w . h • " ~ prache kann ein-
• d 1 ' as ic sagen w1II " L
ist dc1n JC oc 1 genau entgegen •·· acans These
• • . . gesetzt: Die B d
~chus. ina k1ert einen fundament l M ser e eutungsüber-
Signifikanten ist dieser Mangel e a_end' angel. Das Subjekt des
\
Sirrnifikanten zu finden der sei'n e·
' s Ist lese
"
u r
„ h .
nmog ic ke1t, einen
.. h • • . ' " 1gener wär • D
RrjJrä,Pntat1onist die positive Bedingun d S b. k e. as c itern seiner
s he · .
ein "r ignifizierenden Repräsentat·g es u ryed t~:Es versucht, sich in
. ( . ion auszu rucken. d. R ..
. cntatton che1 tert, statt eines Reichtu h b . ' ies~ epra-
• ms a en wir es mit ein
\lange 1zu tun, un d die Leerstelle die durch d S h . .. em
• d s b' k
wurd , 1st as u ~e t des S1gnif 1kanten. . . ' u as c eitern
d eroff net
b • . . . • m es para ox auszudrü-
ckcn:. l)as Su •~ekt des . S1gnif ikanten ist ein nacht rag 1ekt des
·· 1·1ch er Ef1:
che1.terns seiner
. eigenen
.. Repräsentation·
. . , aus d'iesem Grun d 1st · das
che1tern .. einer. Reprasentation die einzige Möglichkei't , es ad"aquat
zu reprasent1eren.
Hi~rbei ~1and:lt e~ sich g~wissermaßen um eine dialogische Öko-
n~1n1e:Wir art1kuh~ren eine Aussage, die das Subjekt definiert.
Dieser Versu~h scheitert. Dadurch machen wir die Erfahrung des
absoluten Widerspruches und des extrem negativen Verhältnisses
zwischen Subjekt und Prädikat - und gerade diese absolute Nicht-
übereinstimmung ist das Subjekt als absolute Negativität. Das ähnelt
einem bekannten sowjetischen Witz über Rabinowitsch, einen
Juden, der auswandern will. Der Bürokrat in der Auswanderungs-
behörde fragt ihn, warum er auswandern will, und er antwortet:
,,E gibt zwei Gründe. Der erste ist, dass ich Angst habe, dass die
Kommunisten in der Sowjetunion ihre Macht einbüßen werden, es
eine Konterrevolution geben wird und diejenigen, die dann an der
~lacht sein werden, uns Juden die Schuld an den kommunistischen
Gräueln geben - es wird wieder antisemitische Pogrome ?eben_..." -
,,Aber," antwortet der Bürokrat, ,,das ist reinster Unsinn, nichts
kann sich in der Sowjetunion ändern, die Kommunisten wer?en
für immer an der Macht bleiben!" - ,,Naja," entgegn_et Ra~in_o-
witschdaraufhin ruhig, ,,das ist mein zweiter Gru~d." Die ~ogik 1.st
die gleiche wie bei Hegels Aussage, dass das "Sem d~s GetSles~;:
Knochen"35 sei: Erst das Scheitern der ersten Lesart liefert uns
wahre Bedeutung. . · Lo ik der
Der Witz über Rabinowitsch veranschauhcht aucGhd1ed f'; eine
verrufi nen hegehan1schen
. • • d e.. Wenn der erste run u
.....-:
.1r1a

241
. . d' l'h , e" und cl r Einspruch des Bürokraten d'
Au ·,randc-1ung 1 ,, " • • 1e
.. 'tl c" i ·t dann i t di „Synthc e ke1nesw gs eine Rückkehr
\ nt l l .. ' • •1 l Antit• h ese zuge

j
.
7ll1" 1 1lC
1•
' (LlC (ll
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eh 1 1r von c er
. . . . •
..
f ug1 wur<LC 1
- d'ze ,, ,nthe e". ist _Ei
a-enau da . Gleiche wze clze• Antithese:.
,
der
. . lTn t 1. 111• d liegt 111 1n m gew1 en P rspekt1vwechsel und
c111z1g
. . \r\7 1ung durch die ich das, was kurz zuvor noch als eine
111 1 no , • • B d'
Hürde und in Hind rni er chien, als po~1t1ve .e _1n~ng heraus.
t llt: Di Tat a h da die Macht der SowJets ewig ist, die zunächst
al ,\r uinent gecrendie Aus, anderung vorgebracht wurde, enthüllt
ich al d r ,vahre Grund für die Auswanderung.
In komprimierter Form veran~chaulicht dies auch die Logik der
„ Tegation der egation": Auf dies~ doppe~te und s_e!bstbezügliche
Tegation folgt keine Rückkehr zu 1rgende1ner positiven Identität.
Auch chafft ie die zerstörerische l{raft der Negativität nicht ab
oder reduziert ie auf ein flüchtiges Moment im sich selbst vermit.
telnden Identitätsprozess. In der „Negation der Negation" wahrt die
~egativität all ihre zerstörerische Kraft. Der Punkt ist, dass wir die
Erfahrung machen, dass diese negative und zerstörerische Kraft, die
un ere Identität bedroht, zugleich ihre po itive Bedingung ist. Die
., ·egation der Negation'' schafft den Antagonis1nus keineswegs ab.
ie cnt pricht einzig der Erfahrung, dass die im1nanente Schranke,
die mich davon abhält, vollko1nmen rnit mir selbst identisch zu wer•
den, e mir zugleich erlaubt, ein Minimum positiver Konsistenz zu
erlangen - wie verstümmelt diese auch sei. Betrachten wir ein ganz
grundlegendes Beispiel: Der Antisemit erfährt den Juden als die
Verkörperung der Negativität, als eine Kraft, die die stabile soziale
Identität zerstört - die „Wahrheit" des Antise1nitismus liegt jedoch
darin, dass die ganze Identität unserer Position durch ein negati-
ve \ 1erhältnis zur traumatischen Figur des Juden strukturiert wird.
Ohne Verweis auf den Juden, der das soziale Gefüge angeblich zer-
etz_t,_ würde ~ich eben dieses soziale Gefüge auflösen. All meine
po 1t1veKonsistenz ist also, in anderen Worten, eine Art „Reaktions-
bildung' auf einen gewissen traumatischen und antagonistischen
~ern: vyenn ich diesen „unmöglichen" Bezugspunkt verliere, lö t
ich 1n 1n Identität auf.
Das also ist die „ gation der Negation": Sie ist keine „Überwin-
dung" de~ ·eg~t~vitä:, so~dern die Erfahrung, dass die Nega.tivität
al olche nnP posztlvPfunlltton hat, dass sie unser positive Konst tenz

212
011 ö ·Ii ht und strukturiert. Auch i d .
. . n er einfachen N • •
di ,org ge b ne positive Identität d' . . egauon gibt es
. . , ie negiert wrrd d d' B
gung d r N gat1vität wird als die Beschr" k . , un ie ewe-
Po iti, ität begriffen; in der Negati'on danNung ~iner vorgegebenen
• " er egation" h di
tivität gewissermaßen dem voraus was . . ge t e Nega-
' negiert wird und d • •
Bewegung eröffnet den Raum in dem . .' . ie negative
. ~d k ' eine positive Identität situ-
iert '" e1 en ann.
Wenn der Antagonismus somit immer eine Art Öff
. h nung und Loch
ün Feld d es sym b o 1isc en..Anderen ist ' wenn erd' ie Leere einer • un-
beantworteten und ungelosten Frage ist so bietet di N •
· " k · • ' e „ egat1on der
Tegation e1neswegs eine endgültige Antwort, die die Leere all
dieser Fragen ausfüllen würde . • Vielmehr muss ma n sie • aIs para-
doxe_Wendung v~rs~~hen: Die Fr~gebeginnt, als ihre eigeneAntwortzu
fiingieren_-w~s wir fälschhcherwe1se für eine Frage gehalten haben,
,\ar bereits_eine _A11:twort.Betrachten wir, um das etwas genauer zu
erklären, ein Beispiel von Adorno über den antagonistischen Cha-
rakter der Gesellschaft. 36 Adorno geht davon aus, dass es heute nicht
mehr möglich ist, eine zutreffende Definition für die Gesellschaft
zu geben. Sobald wir uns an die Sache machen, taucht eine Reihe
entgegengesetzter und sich gegenseitig ausschließender Bestim-
mungen auf: Einerseits gibt es die Bestimmungen, die betonen, dass
die Gesellschaft ein organisches Ganzes sei, das alle Individuen um-
fasst;auf der anderen Seite finden sich Bestimmungen, durch die
die Gesellschaft als eine Art Band oder Vertrag zwischen atomisier-
ten Individuen begriffen wird - kurz, wir befinden uns inmitten des
Gegensatzes von „Organizismus" und „Individualismus".
Zunächst stellt sich dieser Gegensatz als epistemologisches Hin-
dernis dar das uns davon abhält, die Gesellschaft so zu begreifen,
wiesie ist~ er macht aus der Gesellschaft eine Art kantisches Ding-
an-sich dem man sich so nur noch durch partielle und entstellte
Einsichten nähern kann: Ihr wahres Wesen entgeht uns immer· Dia-
lektisch gefasst ist dieser Widerspruch, der zun~chSt als ungel?s.te
Frage erschien die Lösung: Der Gegensatz zwischen „Orgaruzt -
mus"und Individualismus" versperrt uns keineswegs de? Zu~ang
zumwahr;n Wesen der Gesellschaft. Er ist nic?t blo~ ein e~t hte-
• k b •ts m Ding-an- 1c •
mologischer Gegensatz sondern wir t eret 1 " . . h
D ' G 11 h ft als korporattstt c e
r Antagonismus zwischen der ese sc a
. . . . • d der Ge e
IIsch aft a1
Ganz s, das seine M1tgheder ubersteigt, un

24
. h d mechanisches" Netz, das die ato1nisierten lncli.
äußerhc . es. un d " ,erbindet, 1·st d er f un d an1ent al e Antagorus· VJ„
duen ID1te1nan er ' . . . Inus
.. . Gesellschaft, er 1s t gew1sser1na 8en ihre De'in.,.
der gegenwarugen . . ,;,, i um
. h b • der hegelianischen Strategie rm Grunde auf d •
Dies ste t e1 . ke. (d em
S .e1. D. Disl<ordanzund Unvereinbar it er gegensätzlich
pi : ie en der Gesellschaft) als solche lässt das Geheimnis·en
Bestnn1nung ver.
schwind.en - es St ellt sich heraus, dass . das, was uns zunächst als
epistemologisches Hindernis_ e~·sch1en, Index der T~tsa:he ist, dass
\vn- bereits .,init der Wahrheit 111 I(ontakt getreten sind und durch
das Merkmal, das uns den Zugang dazu zu versperren schien, ins Herz
des „Dings an sieb" getreten sind. Daraus folgt natürl~ch, dass dieses
,,Ding an sich" bereits verstümmelt und gespalten 1st, von ein~
radikalen Mangel markiert wird und um einen antagonistischen
Kern heru1n sn'll.kturiert ist.
Die hegelianische Strategie, eine epistemologische Ohnmacht (wir
verstricken uns notivendigerweise in einen Widerspruch, wennwir
versuchen, Gesellschaft zu definieren) zu einer ontologischen Un-
möglichkeit zu erheben (zu einen1 An.tagonismus, der das Objekt
definiert), deutet auf die gleiche Pointe hin wie der Witz über Rabi-
no,V"itsch: Es stellt sich heraus, dass das, was zunächst als Hindernis
erschien, die Lösung ist - wir ergreifen die Wahrheit in derselben
Bewegung, durch die sie uns entgeht: ,,[in1 Mißgtiff envischt) •
v\Tahrheit[...] den Irrtum beim !(ragen. '' 37 Man kann solch einen
p~radoxen - in dem das Zentru1n eines ge,vissen Feldes „
mittelbar sein Außeres berührt - am besten durch einen bekantJMP
Aussp~uch Hegels 38 veranschaulichen, dem zufolge die Rätsel
:"ten Agypter auch für sie selbst Rätsel waren: Des Rätsels Lö
1st, es zu verdoppeln.
Wenn das Su b~e • kt einem
• rätselhaften und undurchdring • t
And eren ge
genu"b ersteht, so 1nuss es begreifen dass seme •
an d en. hk Anderen
. di e Frage d es Anderen selbst ist ' - die• UDd
]
drin g ic eit des sub t 11 •
• k d
Sub~e t avon abhäl d s antie en Anderen das HinderrusJ
' eh •
ist unmittelb . t, en Anderen vollkommen zu dur .
selbst ei·n Hinadrei°: 1nd ex der Tatsache, dass dieser Andere ,
ern1s t •• d
Fels heruin st k _ragt_und u1n einen gewissen „unver a
lischen lntegr 7 tun~rt 1st, der der Symbolisierung und
100
nicht als o-eschal wider st eht. Das Subjekt ka.1u1 die GeS
o ossenes Gan b . .
zes egre1f en, aber diese 0

244
. ,d r1naßen einen unmittelb
• aren ontolo • h
b z ugt da die Gesellschaft selbst . h gis_c_enStatus: denn sie
ra lil al n Unmöglichkeit markiert ist~ t existiert und von einer
li hk it, 1nit sich selbst identisch zu : ~gen eben dieser Unmög-
sein Ist der And .
haft er tan d en als Substanz bere't1 s' b' ere, die Gesell-
' s u ~ekt.

Da ubjektals „Antwort des Realen"

Wa i t a!so der Status dieses Subjekts, das der Sub· ek • .


geht? Mit Lacan lautet die Antwort grob g d tivierungv~raus-
vor de1 Subjektivierung als Identifizierungesagt, dass _ddas ISu~Jekt-
d d •• . , vor er 1 eo ogischen
Anrufung un vor er Ubernahme einer gewissen Sub' kt • .
b' k • F • ~e pos1t1on-
das S~ t emer :age i st • ~uf den ersten Blick befinden wir uns
hier mmitten klassischer philosophischer Problemstellungen: Das
Subjekt kann als Kraft der Negativitätjeden gegebenen und ob· kt'-
• 'nf ~e I
,en Stand d er Dinge 1 rage stellen und in die Positivität die Offen-
heit des Fragens hineintragen ... in einem Wort, das Subjekt ist eine
Frage. Lacan vertritt demgegenüber jedoch genau die entgegenge-
setzte Position: Das Subjekt ist keine Frage, sondern eine Antwort,
und zwar die Antwort des Realen auf die Frage des großen Anderen,
der symbolischen Ordnung. 39 Das Subjekt stellt keine Frage, sondern
ist die Leere der Unmöglichkeit, auf die Frage des Anderen zu ant-
worten.
Beziehen wir uns, um das zu erklären, auf ein interessantes Buch
40
vonAron Bodenheimer: Warum? Vonder ObszönitätdesFragens. Die
Grundthese des Buches lautet, dass im Akt des Fragens - ganz un-
abhängig vom Inhalt - etwas Obszönes st~ckt: D~e Fr~ge s~elltih~en
Adressaten bloß, exponiert und entblößt ihn, dringt in ~eine lnt~m-
sphäre ein; daher ist die erste und unmittelbare Reaktion auf ei~_e
Frageeine auf körperlicher Ebene empfundene Scham. Ma: er;-
tet und senkt die Augen wie ein Kind, das man f~agt: "Wasl haS t. u
f; h • en wir dass so c eine
getan?" Aus unserer Alltagser a rung wi~s d '. S h ldgefühl
Befragung ein Kind unmittelbar beschuldigt un em Was hat
in diesem hervorruft: ,,Was hast du getan? ~oh ~~~~wort habe,
ct· • b d
'.eserweiße Fleck zu e eut~n.
?" Auch wenn ic ei
. S h ld freispricht ( t a·
die objektiv wahr ist und mich von }.)e~:;di: ;chuld auf d r Eben
,,Ichhabe mit einem Freund gelernt ,
•t eingestanden - jede Antwort ist eine Ausr d
d Begehren b erc1 . I hh b . . ee
. 1 1· kt mit einer Antwort wie " c a e mit einem Freund.
V/ nn 1c1 c 1re d d •h d •
" f
g 1 rnt au , ar t , b stätige ich gera e, ass
h ic as nicht wirk]•
1c
h
c. ll d dass es mein Begehren war, erumzustreunen (od
tun wo te un er
ir end etwas Vergleichbares) ••• .
bie Befragung ist die grundlegende Pr~zedu~ des totalitären inter.
. k. rerhältnisses • Man muss nicht einmal solch beispiel
u b~e t1ven v, •. . .. d d' . . .. •
wie das polizeiliche Verhor o er ie re 1igiose Beichte
lia ft Fa 11e

· d. ..b l' h D. f'C •
heranziehen; es reicht schon, sich an ie u ic en i i_am1erungen
• nern denen der Feind in der Presse des Realsoztalismus aus.
zu er1n , . . h . kl. h h.
ge etzt war: Die Frage (,,Wer verbirgt s1c wi~ . ic in~er ... [der For-
derung nach Pressefreiheit und D~mokratie]? Wer zieht die Strip-
pen in den sogenannten ne~en sozial~n Bew~gung~n? Wer spricht
durch sie?") ist viel bedrohlicher als die vulgare, direkte und posi-
tive Behauptung (,,Diejenigen, die Pressefreiheit verlangen, wollen
einen Raum für die Tätigkeiten anti-sozialistischer Mächte eröff-
nen und so die Hegemonie der Arbeiterklasse schmälern ..."). Die
totalitäre Macht ist kein Dogmatismus, der auf alles eine Antwon
hat; sie ist, im Gegenteil, die Instanz, die für alles eine-Ffage hat.
Eine Frage ist fundamental unanständig, weil sie uns dazu treibt,
et\\'as in Worte zu fassen, was unausgesprochen bleiben sollte - wie
et,.vain einem gewöhnlichen Dialog, der folgendermaßen abläuft:
,,\Vas hast Du getan?" - ,,Du weißt schon." - ,,Ja, aber ich will,dass
Du es mir sagst!" An welche Instanz im anderen, im Adressaten,
richtet sich die Frage? Sie richtet sich an den Punkt, an dem keine
Antwort möglich ist, das Wort fehlt und das Subjekt in seiner Ohn·
macht entblößt wird. Das lässt sich durch den umgekehrten Frage-
typus veranschaulichen, durch eine Frage, die nicht die Frage einer
~utorit_ät i~t, die sich an ihre Subjekte richtet, sondern die Frage
eines kindlichen Subjekts, das sich an den Vater wendet: Bei solch
einer Frage geht es darum, den anderen - der die Autorität ver·
körpert - bei seiner Impotenz, Unfähigkeit und seinem Mangel zu
ertappen.
Bodenheimer veranschaulicht dies anhand der kindlichen .
a~ den _Vat~r:,,Papa, warum ist der Himmel blau?" Das Kin t
n1 ht w1rkhch am H'1
da 1 .
1• . . .
mme interessiert; bei dieser Frage g
h
. ~ ?1zu zeigen, dass der Vater impotent und hilflos ist, W
d 1 1at~a 11 kl „ d ...aa.nw
r aren soll, warum der Himmel blau ist, un
citcrt die e einfache Tatsach
~(11 .. .. e zu erkläre .
(~ründcn c!afur anzuf uhren. Dass der H' n und eine_Reihe von
,icht nur c1n Problem für den Vat tmmel blau 1st, ist also
1 • . er, sondern ·
Schulei:,,Der Himmel ist blau und D ~ew1ssermaßen seine
, . J d , u starrst ihn • . .
ohne irgcnc~ctwa~ aran ändern zu können!" Se wie ein I~1ot an,
Frag-cauf cme einfache Gegebenheit bezieht zibst, ~enn sich ~ne
itnincr zur Verantwortung, wenn auch f ' _eht 51~ das Subjekt
.. . I au negative Weise 'r
antwortung f ur seine mpotenz angesichts dieser - z~r ver-
\ \1a i t also der Punkt im anderen an d d' Gegebenheit.
· · ' em ie Worte scheitern
an de111er impotent 1st und an den sich di F •h . '
. . e rage r1c tet? Die Frage
elb t ru ft Sch am h ervor, weil sie sich an mein i . .
. . d en nnersten, 1nt1msten
kcrn.
nchtet, en. Freud ~ 41 .
Kern. unseres
.
Wese~ genannt h at und der
b,~~ Lac~n das.Dzng heißt: Sie ri~htet_ sich an diesen eigenartigen
J\or~)er1n meinem I?neren, der „1n mir mehr ist als ich", der radi-
kal innen und zugleich außen liegt und für den Lacan einen Neo-
logis1n~sgeprägt _hat: extime. Das reale Objekt der Frage ist das, was
Platon 11n Symposion- durch den Mund von Alkibiades - agalmage-
nannt hat, der verborgene Schatz, das wesentliche Objekt in mir, das
nicht objektiviert und beherrscht werden kann. (Lacan entwickelt
diesen Begriff in Seminar VIII zur Übertragung 42). Lacans Formel
für dieses Objekt ist das objetpetit a, dieser Punkt des Realen, der
im Herzen des Subjekts liegt und nicht symbolisiert werden kann,
der ein Überrest, ein Relikt, ein Überbleibsel jeder Singifikanten-
operation ist und als harter Kern die furchterregende jou'Msance
(dasGenießen) verkörpert. Es ist somit ein Objekt, das uns zugleich
anzieht und abstößt - es spaltet unser Begehren und löst dadurch
Schamaus.
Cnsere These lautet, dass genau diese obszöne Dimensio~ der
Frage konstitutiv ist für das Subjekt, insofern si~ auf den ex-ti?1en
Kernabzielt, also auf das, was im Subjekt mehr ist als d~s SubJ~kt,
auf das Obiekt im Subjekt. Es oibt, in anderen Worten, kein S~bJe~t
• h f" d Ob1ekt 1n
0
J -
ohne Schuld und es existiert nur, insofern es sic ur as T~h
.· ' . • h der Sinn von Lacan e e,
seinem Inneren schämt. Dies 1st auc . E · · B
. . d espalten 1st: s 1st 1n e-
dass das Subjekt ursprünglich_ getei 1t un g zu }eich anzieht
lug auf das Objekt, auf das Ding gespalten, das es g
un? abstößt:
1'assenwir zusammen: Das Subjekt •~
0bj kts, des traumatischen
1~e
. . . Antwort de Realen (de
F ge de nderen. Die
Kerns) au ie ra

247
. f S ham und S huld im Adressaten hervor 8.
F1·aer 1b, t 1 u t d d• H . . • JeSJ>a)
t'I • .• • t da Subjekt, un 1ese yster1s1erung k . •
tct und h • t 11 I 1 • h . h on llt
. . b' kt tatus al solcher 1st yster1sc . Das Subi k .u.
i rt :D I u • ' r. h" l • Je t \VJtd
. Ti ·iung und Spaltung 1m ver a tn1s zu dem Ob' k .
dur 1l 111 I . d. . ~e t in
ihn1 kon tituicrt; die . Objekt, i~se: traumatische Kern ist die
. • die wir bereits „Todestrieb genannt haben und d'1eein .
Dnn n 1011, . .
trauma t1. 11 ungleichgew1cht und eine Entwurzelung .
bedeUtet
D r ~1 11 eh i t ein _,,~esen, ~as _krank z_um Tode _ist", er ist durch
· e Fa zination mit einem todhchen . Ding
111 .
entgleist.
.
Der Proze s der Anruf ung/Subjekti~ierung 1st d~r Versuch,sich
die ein traumatischen .l{ern zu entwinden 1:nd s~ch ihm durch
Identifizierung zu entziehen: Indem das Subjekt ein symbolisches
Mandat übernimmt und sich in der Anrufung anerkennt, entzieht
e ich der Dimension des Dings. (Selbstverständlich gibt es auch
andere Möglichkeiten, dieser hysterischen Sackgasse zu entgehen:
en\Tadie perverse Position, in der sich das Subjekt unmittelbar mit
dem Objekt identifiziert und sich so von der Bürde der Fragebe.
freit. Die Psychoanalyse enthysterisiert das Subjekt noch auf eine
,,Teitere Weise: Gegen Ende der Psychoanalyse wird die Frageso-
zu agen wieder an den Anderen gerichtet, und die Ohnmacht des
ubjekts verschiebt sich in die Unmöglichkeit des Anderen: Das
Subjekt erfährt diesen als blockiert, gescheitert und von einer zen-
tralen Unmöglichkeit markiert - kurz, als „antagonistisch".)
Das Subjekt ist also eine unmögliche Antwort, und es ist mit einer
gewis en Schuld wesensgleich - die naheliegendste literarische
A soziation, die einem sofort in den Sinn kommt ist das Werkvon
'
Kafka. Wir können tatsächlich sagen, dass Kafkas Leistung d~
.
be teht, ?ies_en paradoxen Status des Subjekts vor der SubjekUVlC-
r~ng artikuliert zu haben - wir haben von Scham gesprochen, und
? 1 1
e „ tzten Worte im Prozesslauten: ,,[ ... ] es war, als sollte die SchaJD
ihn ub rleben. "43
KAus ~i sem Grund finden wir in Kafkas Werk die beunruhigende
. lu 1t d~s komis hen Effekts der Anrufung: Die der Anrufung
1
.g _Illusion - dass sie „immer schon" da ist - z igt hier ihr n ·
t~v S Ite. 1nd em das Subjekt b schuldigt wird wird es in di
tion r tzt dass 1·1
I a , . .'
• ' · B .-:41'
im unterstelltwird zu wissen (utn diesen eg,.....•
1
~n ~ d in ~m.and r n Kontext zu nutz n). ltn Prozes.be
wn Jos ~{ K • • ht 11
• • an in m Sonntagtnorg n vor • ric
D r g nau Z itpunkt .
der Anh·· .
orung ist n· h
(.,1 ri htssaal
• ..
endlich findet sagt d
• ,
. Ic t angegeben Al
er Richt .
d
• s er en
znI .: S!e_hatten vor emer Stunde und fü;;r ~lt erhobener Stimme
l n. 44 E1n1ge von uns können sich . ~1nuten erscheinen sol-
. . gewiss an ahn!· h .
~1ilitärd 1enst erinnern: Der Korpor 1b . ic e Situationen im
• d'
c
lil it Ausru1en wie 1esen· Warum at eschuldigt uns von Anbeo--inn
•" s arrt Ihr • . t)
4

ni ht was Ihr tun müsst? Immer m wie Idioten? Wisst Ihr


uss man Eu h 11
nur um uns dann Anweisungen zu b c. a e_serklären!" _
und als sollten wir sie bereits kenne!e Den, ~ls ~eien_Sie überflüssig
ideologischen Illusion des „immer schon~~~::s~~~he K~hrseite der
digt,indem es in eine Situation geworfen . d . Jek~ wird beschul-
wird zu wissen [presumed to know] was vonw1.1hr 'in er ihm _unterstellt
' m erwartet wird.

,,vielässt sich die Di~ension dieses „Objekts im Subjekt", das die


Unt~rstellun? des W1s~ens [presumption of knowledge]hervorruft,
präziser bestimmen? Will sagen: Es gibt Objekte und Objekte_ in
Lacans Lehre müssen mindestens drei Objekttypen auseinander-
gehalten werden. Wenden wir uns erneut dem MacGuffin zu, um
diese Unterscheidungen genauer zu erläutern. Wir dürfen nicht
vergessen, dass der MacGuffin in Hitchcocks Filmen auch nur eines
vondrei Objekten ist:

- Erstens der MacGuffin selbst, der überhaupt nichts ist, ein leerer
Platz und bloßer Vorwand um die Handlung ins Rollen zu brin-
gen: Die Geheimformel fü~ einen lautlosen Flugzeugmotor in Die
neununddreißig Stufen, die Geheimklausel im Marine~bko~men
in Der Auslandskorrespondent, die verschlüsselte N~chncht m der
Melod1e . Eine Dame verschwzn
. 1n . det, d"ie Fla sehen '.die Uran
. Senthal-
h • .
ten, in Berüchtigt und so weiter. Der MacGuffin 1st rem~r c ~m)
Erist an sich völlig belanglos und (strukturell -~ol~whend1gdebrw:1 ~t
• • lbstbezug 1c un
abwesend· seine Bedeutung 1st rein se h kter ) on
. ' .
dar1n, dass er für die anderen (fü die Haupte ara
r
B _deutung ist. .h n Hitchco k Film n
--Wir sto ßen Jedoch
· • •
1n einer ga
nzen Ret e. vo ,;chtb Ianglo un d
f . .
au ein n anderen ObJekttyp, d ganz sie11er n"
er

2
. . . Hierbei kommt es gerade auf die Präse .
ab,v 11(1 i t. 1· .. f nz Ja
r~n1 ·i 11 Prä nz eines R a itats ragmentes an - es ist' . '
~•c n1atc1 . u··b r·bleibsel das sich nicht auf das Netz de rein
l"'b rr t ein ' d d' r1or
' . 11 g 11 reduzieren lässt, as 1e symbolische St ..
1nalen Bcz1c un . d • tuk„
. 1 t Vielmehr bildet es para oxerweise zugleich d'
t ur au ze1 1ne • . r
. . B d' gting dafür dass die 1orma 1e Struktur wirksam
.
.
1e
po„ 1ttve u1 ' . . . . 1st,
\Vir können die es Objekt_ als ~1n Tausch_obJekt definieren, das
z,v1. c11en d n SubJ1ekten zirkuliert .und eine Art Garantie oder
U ntei _pfand ihrer symbolischen Beziehung
.. . B darstellt.
.. h .
Ein Beisp· 1
1e
1
dafür i t enva die Rolle des Schlusse s 1n . eruc tigt und Bei Anruf
AJord,des Eherings in Im Schatten d~s Zweifels und Das Fensterzum
Hof, des Feuerzeugs in Der Fremde ~m Zug und s?gar des Kinds,
da in Der Mann, der zuviel wusste zwischen den beiden Paaren zir„
kuliert. Es ist einzigartig und lässt sich nicht spiegeln: Es hat kein
Ebenbild und entgeht dem dualen Spiegelverhältnis - aus die„
em Grund spielt es eine so entscheidende Rolle in jenen Filmen,
die auf einer ganzen Reihe von Zweierbeziehungen basieren, in
denen jedes Element sein spiegelbildliches Gegenstück hat (etwa
in Der Fremde im Zug oder Im Schatten des Zweifels; im zweiten Fall
,,rurde sogar der Name des Hauptcharakters verdoppelt - Onkel
Charlie und Nichte Charlie). Dieses Objekt hat kein Gegenstück
und muss aus diesem Grund zwischen den entgegengesetzten
Elementen zirkulieren. Seine paradoxe Rolle besteht darin, dass
es - obwohl es ein Überrest des Realen, ein „Exkrement" ist -
die positive Bedingung für die Wiederherstellung einer sym-
bolischen Struktur ist: Die Struktur des symbolischen Tausches
zwischen den Subjekten kann nur entstehen, wenn sie in diesem
reinen materiellen Element verkörpert ist, das sie garantiert_-
der mörderische Pakt zwischen Bruno und Guy in Der Fremde im
Zu? gilt beispielsweise nur, solange das Objekt (das Feuerzeug)
zwischen den beiden zirkuliert.

Die Ausgangssituation vieler Hitchcock-Filme besteht in folgender


K~nSlell~tion: Zu Beginn befinden sich die Dinge in einem un·
~tl ~kturi rten, präsymbolischen, imaginär homöostatischen un?
1nd1fi r nte n Gl e 1•c11
1
gew1• htszustand in dem die Beziehungen zwt·
h n den Subi kt l · . '. . . 1 durch
_1 • .. •J en no 1 nicht 1m e1genthchen Sinne - a 0
ü1 Lu k die zw1· 1
'
.h . .
• s ien 1 nen zirkuliert - strukturiert st •
·nd Das

250
paradoxbesteht darin, dass sich dieser s .
sesstru~tur~lle Beziehungsnetz nur dannr;:~~lisc~e Pakt und die-
essich 1n einem vollkommen zufälli us?ilden kann, wenn
einem kleinen Stück des Realen verk ?.en matenell~n Element, in
S
ein plötzliches Eindringen die hom~:pert,_ das wiederum durch
. oostatische lndiffi
eziehungen
B • zwischen den Subiekten t b . erenz der
. un er ncht Da • · ..
Gleichgew1cl1tverwandelt sich, anders gesagt d h. s imagmare
n1ngdes Realen in ein symbolisch strukturidt uNr~ '!!eAErsc~ütte-
. H. h k ( . es etz. us diesem
Grund ist 1tc coc genau wie Lacan) kein St k. 1. "
" ru tura 1st mehr
Diegrondlegen d e Geste des „Strukturalismus" besteh d • .•
• •· F··11 f •• .c: aI
imaginare u e au em 1orm es Netz symbolischer B • h t ann,die
· D b • ezie ungen
zu reduzieren: a e1 entgeht der strukturalistischen Pers ektiv
dassdiese for1nale Struktur wie durch eine Nabelschnur mif eine~
radikalkontingenten materiellen Element verbunden ist, das in sei-
ner ganzen Besonderheit eine Struktm~ ,,ist" und diese verkörpert.
\Varum?Weil der große Andere (die symbolische Ordnung) immer
barreist. Der große Andere ist gescheitert, durchgestrichen, ver-
stümmelt, und das kontingente materielle Element verkörpert diese
imn1anente Blockieru11g und Schranke der symbolischen Struktur.
Die symbolische Struktur muss ein Element einbeziehen, das
ihren „Fleck" verkörpert, also den Punkt ihrer Unmöglichkeit, u~n
denherum sie artikuliert ist: Es handelt sich gewissermaßen um die
Strukturierung ihrer eigenen Unmöglichkeit. Der einzige philo~o-
phischeKontrapunkt zu dieser Logik ist erneut Hegels Dialekt1k:
Dasgrößte spekulative Mysterium der dialektischen Bewe~? be-
steht nicht darin dass sich der vielfältige Reichtum der Reahtat auf
einedialektisch-begriffliche Vermittlung reduzieren läs5l, sondern
dass d'1ese dialektische Strukturierung

nur
stattfinden kann, wenn
.. · t _ das
s1• • • . EI ent verkorpert 1s
, e m e1ne1nvollko1nmen kontmgenten em . der Rolle des
!St etwa der Punkt um den es bei Hegels Able1tu~g cern als ver-
K" , ' ··eh). h nur 1nso11
orugsgeht: Der Staat existiert tatsa JC .. d königlichen
nü f • d • •• Prascnz es
L tige Totalität, als er durc~ ie trage ünfti en und biologisch
be1~sverkörpert wird: In all semer_unvern gl seinem Körper
estinunten p .. • t" der König der Staat. n
erl rasenz „1s .
:gt der Staat erst seine Wirksamkeit.M uffe entwickelteUnter•
1 O
8
h ~r können wir die von Ladau uutl d dem Kontingent~n
c e1dung zwischen dem Akzidentelle~ un c malen srruktur ist
auf!))-,• t einer ior
ö' eifen: Ein gewöhnliches Elemen

251
. 11 d •ndifferent - es ist also austauschbar. Es D'ibt.
·lkndcnt un 1 d • d' o• J
: _ . Eleinent das para oxerwe1se 1ese formale S
11111111 c1 n ' . . d. . d . tr11L..._•
lb t verk01
.. ·p rt
-
e 1 t nicht notwen
.
1g, Je och 1n seiner :...._.

d . 0 itive Bedingung der Wiederherstellung der stru1th._,~
g nz i p d' k • h'' ~ura.
111 on\· ndigkeit: Die e N otwen ig ei t angt von ebendiesem
n1 nt ab und i t mit ihm verbunden.

_ chli ßlich gibt es noch ~.ine dritte Art :o~ Objekt: Etwadie
Vögel aus Die Vögel(man konnte auch das r1es1ge Schiff inM
erwähnen, das am Ende ~er Straß_e liegt, in der MarniesM:
lebt). Dieses Objekt hat eine massive bekle~mende mat.eri-
elle Präsenz. And~rs als ?er ~acGuff ~n 1st e~ keine indifferente
Leere. Darüb~r hinaus zi~kuhert es nicht z~1sch~n den Subjet.
ten und ist kein Tauschobjekt, sondern schlicht die stum~
körperung einer unmöglichen jouissance.

\'\:ie können wir die Logik und Konsistenz dieser drei Objekte:
tellen? In seinem Serninar Encore46 schlägt Lacan dazu folg
chema vor:

Das Imaginäre

Wahrheit Realität
S(A) <I>

Das Symbolische --------~ Das Reale


Schein
a

Die Vektoren w •
( da
h' .
. .. eisen icr nicht auf ein Bes timmungsverh
ä1
1
1..,. s magina.r bestimmt das Symbolische" und so weiter).
ig n twa d1 Sy l10 l'1 .
s1erung des Imaginären" an. Da
4

" m
- I) r Ma Guf f'1 1st
·
C'hc-r st d ~ klarerweise das objet petit a, der
s al n. Er stößt die symbolische BAU7•••n•
l)cutung an. Er ist eine Leere im Zent d
• . rum ersymb r h
nung, d r rcme Schem eines „Rätsels" das erk „ o isc en Ord-
"·crdcn n1u s. ' lart und gedeutet
nie Vög I ind <l>,die teilnahmslose und ima • .. Vi
üindli hung des Realen, ein Bild das d1·e1·ou·gtnare ke~gegen-
• .. • . ,. . issancever orpen.
Da. lll kuherende Tauschobjekt schheßhch ist S(M) E · d
• b• k d . /"\ • s 1st as sym-
boh c)1e O ~e t, as man mc?t auf ein imaginäres Spiegelspiel
rcduz1.ren ka~~ ~nd d~s zugle~ch den Mangel im Anderen verkör-
pert (d1~ Un~oghch~e1t, um d1~ herum die symbolische Ordnung
truktur1ert 1st). Es ist das radikal zufällige Element, durch das
di s mbolische Notwendigkeit entsteht. Dies ist das größte Rät-
el der sy1nbolischen Ordnung: Wie geht ihre Notwendigkeit aus
der r chütternden und gänzlich zufälligen Begegnung mit dem
Realen hervor? Das erinnert an den bekannten Zufall aus Tausend-
undeineNacht: Der Held hat sich in der Wüste verlaufen und stößt
wie durch Zufall auf eine Höhle. Dort trifft er auf drei weise alte
. Iänner, die durch sein Eintreten aufgeweckt wurden und ihn mit
den folgenden Worten begrüßen: ,,Endlich bist Du angekommen!
\Vir haben die letzten dreihundert Jahre auf Dich gewartet."

DasSubjekt, dem unterstellt wird ...

Beidem Rätsel handelt es sich also letzten Endes um d as Rätse1der d.


..
Cbertragung: Um eine . neue Be d eu t u ng zu erzeuuen,
b
muss. man
. d.ie
. . • anderen voraussetzen. Dies ist ie
Existenz dieser Bedeutung _im • d" Lacan hat die e
Logikdes „Subjekts, dem Wissen unt~rste~;ir 11 d~s Übertragungs-
Subjekt als die zentrale Achse u nd ~n d e~nalytiker von vorn-
phänomens isoliert: M~n unter st ellt: ;ss ~r me des Anal anden
herein weiß ... Was weiß er? Was _die WY°:1Peon ei·ne bloße Illu ion,
• h • t dieses iss
bedeuten. Selbstverstän dl 1c is_ t s Wissen nur dadurch
11
sie i t J.edoch notwendig: Letz t bch kan~ edc e ob n darge t llt n
• . t llt wir • 1in l
entst hen dass Wissen unters e d. ·cli um d n z nn, en,
'
~ehln1a finden sich drei
• oh·~ektarten ' 1eerttm
SI l
anordn n, a O un 1
ek l] rr genden Auswuchs d er JO'l'-l• ·ssance11 · der lb n latr• <\ r 1•
1 • M 1•st v rsuc 1lt, n1 . be . h n
'a~ un rreichbare Ding. an . ich auf da ubJ kt zt '
\\
11
)r t ) Begriffe anzuor~nen, dt
den1Wiss n unt rstellt wird.
. . •t dem Subjelä, dein unterstellt wird zu gla 1.
B g1nn n , ir m1 1 . Uuen1'1
- . d' Bu h der aus J ugos awien stammt _ al •
1) :.r utoi i ' • } . . SO aus
. •ali ti eben Land -, ist versuc 1t, sich einem t .
Inen1 rea 1 OZlc • • d S · , Yp1„
.
h n B 1 pie 1
• aus dem " real existieren
. en oziahsmus" zuzu„
d Wie inan weiß, mangelt es in den Geschäften imm
,\en n.
1
. 1h h . h
es
erzu
.
an 1rgen detwa • Nehmen wir e1nma . ypot etisc
. an,
. dass auf
d in Markt einen Überfluss an hd Toilettenpapier gibt. Plötzli h
G ··h c
und unerwarteterweise jedoch ge t as eruc um, es herrsche
Knappheit. Wegen die~es Gerüchts fangen die ~~nschen an,
fieb rhaft Toilettenpapier zu kaufen. Das Ergebnis ist klar: Die
Knappheit tritt wirklich ~in. Au~ den ersten Blick scheint es sich
einfach um den Mechanismus einer sogenannten selbsterfüllen„
den Prophezeiung zu handeln. Die Sache ist jedoch etwas kom„
plexer. Alle Teilnehmer haben den folgen?en Gedankengang:
Ich bin doch nicht naiv und dumm. Ich weiß schon, dass in den
Geschäften genug Toilettenpapier vorhanden ist. Aber bestimmt
gibt es genug naive und dumme Menschen, die den Gerüchten
Glauben schenken, sie ernst nehmen und dementsprechend han-
deln werden - sie werden sich fieberhaft auf das Toilettenpapier
türzen, und dann wird es tatsächlich eine Knappheit geben.
Auch w·enn ich "'eiß, dass es genug Toilettenpapier gibt, wäre
e vernünftig, loszuziehen und viel davon zu kaufen!" Der ent-
cheidende Punkt ist, dass dieser andere, dem unterstellt wird,
er glaube naiverweise an die Gerüchte, nicht wirklich existie-
ren muss: Es reicht, dass andere unterstellen, er existierte,um
in der Wirklichkeit Effekte zu erzeugen. In einer bestimmten
und geschlossenen Menge von Subjekten kannjede Persondiese
Rolle für die anderen übernehmen - der Effekt wird immerder
gleiche sein: eine reale Toilettenpapierknappheit. Derjenige,der
auf die Wahrheit besteht, ist der Einzige, der am Ende leer aus·
gehen _wird;nämlich der, der sich sagt: ,,Ich weiß schon, dass~
alle. ein Gerücht ist, es gibt doch genügend Toilettenpapier ...
und dementsprechend handelt.

~- r ~egriff des Subjekts, dem Glauben unterstellt wird, i t auch


fur die Klinik von Bedeutung: Dadurch können wir nämlich d n
'"n~~rs!Ii~d zwischen einer echten freudianischen Analyse u~dd r
visioni st is h n Kur bestimmen. Während der Analytiker 111

254
fr udiani h n Analyse die Rolle d S 1.
• es ub ekts ··b •
n unt I ste 11t wird, ähnelt seine R0 11 . J u ernimmt, dem Wis-
• e 1n der •• • .
diti n her d em Subjekt, dem GI b revisionistischen Tra-
Fallhat der Patient in anderen "~u en ~nterstellt wird. In diesem
. vvorten 1olgend G d
"
r h habe psyc h 1sche Probleme 1·ch b'
. . ,
.
1n ein Ne
en e ankengang:
•k
h i h einen Analytiker, der mich h . uroti er, also brau-
1
da ich weder an den mütterlichen Ph e:lt. Das Probl~m ist jedoch,
I a tration und den ganzen andern Sahuißs nolch an die symbolische
c e g aube F •• • h •
da chlicht und ergreifend Unsinn GI·· kl' h ..... ur m1c 1st
• • uc ic erweise gibt • d h
inen Analytiker, der daran glaubt und • II . h esJ_e oc
. h . . . ' v1e e1c t - warum nicht~
kann er mic Ja mit seinem Glauben heilen!" K · W d •-
. f d. . h ein un er dass
diverse neo- reu 1an1sc e Schulen versuche h . '
· · b · d , n, sc aman1sche Ele-
1nente mit einzu in en.

- Der. d zweite •Begriff


? n 48 in •
dieser Reihe ist das Subiekt
J ,
dem un-terstellt
wiri zu genz~Jen. Dieses üb~rnimmt in der Zwangsneurose eine
z_entr~leR?lle: Der traumat1~che Punkt für den Zwangsneuro-
t1ker 1st die unterstellte Existenz einer unerträglichen, gren-
zenlosen und entsetzlichen jouissance im anderen. In all seiner
fieberhaften Aktivität geht es darum, den Anderen vor seiner
jouissancezu bewahren, selbst wenn es ihn oder sie zerstört (etwa
indem er eine Frau vor ihrer Verderbnis bewahrt). Dieses Subjekt
muss auch dieses Mal nicht wirklich existieren: Es genügt, wenn
andere annehmen, es existierte, damit es Auswirkungen hat.
Diese unterstellte jouissance ist eine der zentralen Komponenten
des Rassismus: Dem Anderen (dem Juden, dem Araber, dem
Schwarzen) wird immer unterstellt, er habe Zugang zu einem be-
stimmten Genießen und das ist es, was uns stört.
- Der letzte Begriff ist selbstverständlich der des Subjekts, dem
unterstellt wird zu begehren.49 Wenn das Subjekt, dem unterSl~llt
wird zu genießen eine zentrale Rolle in der Zwangsneurose em-
nimmt, so spielt das Subjekt, dem _unterstellt wir~ zu begehre;,
eine ähnliche Rolle für die Hysterie. Man m~ss sichhnuf~Fr~uht
Analyse von Dora 50 ins . Ge d''ac h tn1s
• ru cen·
11

Es ist rec t o ien

ic
( •
-
. Ob. kt des Begehrens 1 t ie
lieh, dass Frau K. nicht Doras ~e d · fu··r Dora
. . .
Fr ud 1rrtümhcherwe1se anna m ' h ) sondern ass sie
h dem 1 unt r-
das Sub1ekt ist dem sie unterstellt zu hege re~, • t und in r
stellt zu'J wissen,' wie man d as Begehren organ1s1er
D shalb dürfen wir, wenn wir es mit ein
a kga ent komm t • . . . eni
H t rik r zu tun haben, nicht f ra~en: ,,Was ist das Objekt seines
?" Staude sen müssen wir fragen: ,,Von wo aus hegehn
Beg luen • h d' • B
r?( Wer i t die andere Person, d~rc ie er _sein . egehren orga.
. • ?" Das Problem des hysterischen Subjekts ist, dass es sich
n1 1ert. b . h .
itnn1er auf ein anderes Subjekt ezie ~n muss, um sein eigenes
Begehren zu organisieren - das steckt hinter Lacans For_mel,dass
da hy t rische Begehren das Begehren des anderen sei.

Das unterstellteWissen

Die e Begriff squ~rtett ist für ?ie A1:1alyseideolog_is~her Me~hanis-


men äußerst nützlich: In der or1entahschen Despotie dreht sich das
rre amte System um den zentralen Punkt der Figur des Despoten,
dem unterstellt wird zu genießen; im klassischen Stalinismus wird
der Führungsriege unterstellt zu wissen; und so weiter. Man muss
jedoch im Kopf behalten, dass sich die vier Subjekte, denen unter-
tellt ·wird zu ... , nicht auf derselben Ebene befinden: Das Subjekt,
dem unterstellt wird zu wissen, bildet die Grundlage und Matrix,
während die anderen drei Subjekte dazu dienen, dessen beunruhi-
gendes Paradox zu verschleiern.
Man kann die Verbindung zwischen diesem unterstellten Wis-
sen und dem Unbewussten am besten an einer kleinen Szene aus
Hitchcocks Der Auslandskorrespondentveranschaulichen. Der Held
(gespielt von Joel McCrea) entwirft mit seinem Freund einenge-
witzten Plan, um einen Naziagenten (Herbert Marshall), der sich als
„Pazifist" ausgibt, dazu zu bringen, seinen Betrug zu gestehen. Der
Held, der sich bereits halb in die wunderschöne Tochter des Verrä-
ter~ verlieb~ hat, lockt sie für einen Tagesausflug aufs Land; in der
Zw1schenze1tstattet sein Freund dem Verräter einen Besuch ab und
teilt diesem mit, er und der Held hätten seine Tochter entführt -
s~e seie~ bereit, sie freizulassen, wenn er ihnen schriftlich geste~t,
ein aziag~nt zu sein. Der Vater stimmt der Forderung zu, schreibt
~tas auf -~mSt~ck Papier - offensichtlich das geforderte Ge ~d·
8
und uberre1cht es dem Erpresser. Als dieser jedoch einen Bli
-
~uf das BJatt wirft, liest er Folgendes: ,,Entschuldigen Sie bitt ,
1 h hab soeb n
ge l1ort,
.. wie • d as Auto meiner Tochter in die
·

256
-'ngcfahrcn ist." Die Galanterie d V:
tt ( d es aters (d
ein Gentleman er alten Schule ist) hält die er trotz seines Verrats
• Rage zu geraten, als er das ank sen davon ab einfach
111 ( ommende A .. '
\\'ci.c d" kt er den Bluff des Erpr uto hort. Auf diese
. essers auf· E f„h .
~eine1\u~ga b e zu erledigen, und gibt dem Er· r a _rt ruhig fort,
Grständnzs es zu verstehen, dass er ihn d h presser in der F(JTmdes
, . 1• d' l'b'd' .. urc schaut hat
\\onn 1egt ie 1 i inose Besetzung d' •
. V D A ieser Geste? Der v ..
n eh atcr aus er uslandskorrespondet 1st • 0 . errate-
churken bei Hitchcock, die das Wissen\ .hur e_inervon vielen
1
· ff ·• · U b
heit au 11 st. n ewusst begehren sie enttar t
m re eigene Verderbt-
d .
•• · ' n zu wer en und sich
elb t zu zerstoren. Diese Wahrheit entsteht u d 'k . . .
.. •• d · . n arti u 11ert sich 1n
rann de Ges tan nisses und bleibt sogar bestehen na hd · h di
„ l d h· , c em stc e
Be,reggrunc e a inter als unzureichend erwiesen habe So k
". . n. ann
U b
mandas ,,. n ewusste_ im_~1nne L~ca~s verstehen: Es ist ein Begeh-
ren da sich durch die Lucke art1kuhert, die die Form von ihrem
Inhalt trennt, also in der Autonomie der Form. Hinter der ironisch-
galanten Geste des Vaters, die sich an den Erpresser richtet (und
etwa da Folgende bedeutet: ,,Hier haben Sie das Geständnis, das
ie wollten! Ich schlage Sie mit Ihren eigenen Waffen!"), bricht ein
verm'eifeltes Begehren heraus, sich selbst zu reinigen. Es realisiert
ich gegen Ende des Filmes durch den Selbstmord des Vaters.
\\ ir haben das Wort „Galanterie" nicht unbedacht gebraucht:
~1anmuss es in der Bedeutung auffassen, die vom Rokoko, der Vor-
romantik und Mozart beeinflusst wurde. Eine der subversivsten
Eigenschaften von Mozarts Opern liegt darin, die Lücke Z\\; ehe~
Form und Inhalt, durch die die Form die „verdrängte" Wa~rheu
de Inhalts artikuliert, geschickt zu ma?1pu • 1ieren.
• Lassen
.. "·1r. Don.
Giovanni,der diese Lücke von Anfang bis ~nde v~rkorp_ert,
(aufder Ebene des Inhalts" stolpert Don Giovanni vo~ eine~h h .
. " . . h v •ne Siege 1c r e1t
ms nächste während die mus1kahsc e rorm sei . h •h
, .. k b t t) Es reicht c on, ic
und mythische Macht immer star er e on • . . g n-
. L nozze d, Figarozu rg
ein kleines Detail gegen Ende von -~ • h n Figaround
.. . f d. ,, sohnung zw1
wan1gen: die Arie die au ie ver . h t 11 ·mm n Form
'-1usanna folgt (Pace' pace mio . dOlce tesoro)• Zunäc d i tänd-
Une
. . '
1 Inhalt m1te1nander .. o·
• .
uberein. ie .
Aufklärung e .
arb ni ht d1 :,1 -
,.
n. d. F u d1 er umw , kl •
IS\e~ ( Figaro wusste dass 1e ra ' . · h 1 räfin v r 1-
f111 , . S nna d1 i a .1h
war, sondern seine geliebte u. a. ' Du tt unt r1nalt da r
dc·tliatt ) wird durch ein harmont rt 1

2 7
„t'gt Di Du tt wird sodann zu einem,.,
V r. "hnung b c t a I • . .. d S. leJ'lett,
·11tergrund rklingt die wut n e umme des Grafen d •
,\ u d cnl Hl •h • R d , er
.
u. anna 1111 Pai·k u ht ( ie hatte i m ein en ezvous verspro h
c en
un1 ilnn in Falle zu tellen)_. . . . '
In d in Mo1nent, in dein di ?ritte Stimme erklingt, trennen sich
F~or1n un d Inllalt und gehen eigene . Wege: .Auf . Ebene des lnba) ts
find 11 \\·ir An pannung. und Zwietracht, die einen KontrastZlllll
G i t der Ver öhnung bilden, der eben noch ?eh_errscht hat(der
Graf fragt ärgerlich, ,,vas Susa~na vorhat). Es 1~t Jed.och entschei-
dend, da der Graf seine Wut in derselben Melodie artikuliert, in dtr
Ficraround usanna ihre Versöhnungausgedrückt haben - auf Ebeneder
Form gibt e also keine Diskontinuität, keinen Bruch, und dieselbe
~1elodie läuft einfach weiter ... Auf diese Weise ist alles gesagt:Dil
Ver.öhnung hat bereitsstattgefunden, die Anspannung des Grafen ist
bereit be chwichtigt, er hat bereits verloren und weiß es bloß noch
nicht, oder, um genau zu sein - und das ist der eigentlich entschei-
dende Punkt - er weiß noch nicht, dass er es bereitsweiß, weil er es un-
be\\·u t chon weiß, schon beschwichtigt ist und sich den Verlust
u annas bereits eingestanden hat. Sein unbewusstes Wissen bricht
in der Lücke zwischen Form und Inhalt hervor - in der Form,die
die Ver öhnung bereits ankündigt, obwohl der Graf noch erbostist
Gerade aufgrund dieser Lücke ist Mozart noch kein romantischer
Komponist: Denn solch eine Lücke wird per Definition von der
„Romantik" ausgeschlossen. Aus Perspektive der Romantik erscheint
Mozarts Vorgehen „mechanisch", es überzeugt psychologisch nicht
Die elbe Melodie wiederholt sich einfach und schert sich nicht um
die veränderte psychologische Konstellation: Es ist, als hätte Mo7,311
,,vergessen, die Tonalität zu wechseln", und mechanisch mit der·
sel~en M,~Iodie weitergemacht, obwohl die psychologische Wahr·
h lt der Situation einen klaren Bruch erfordert (den Ausbruch der
Zwietra ht). Dabei ist ihm nicht einfach ein Fehler unterlaufen.
r Eindr~ k eines „Wiederholungszwanges", der sich ohn~ Rü .;
si ht auf ,die „psychologische Wahrheit" durchsetzt, muss hi r 1111
La~ans 1 hesc g deutet werden, dass der Status des unb t
,,Wi d rholungszwangs" ni ht psy hologis h ist: Die e tern
d r M lodi d s Grafi n, di ni ht mit ihrc1n Inhalt (den g
n . n . Wort
. n) .ül>crc1•nst11n1nt,
• artikuliert di unb ,vusst ab.
d 1 dun 1n s 1n 1 • ä gb
• r psy ns hcn Erfahrung no h ni ht zug n
Bei Mozart. ist das " Unbew usste" •
ncr. ,.nicht-psychologischer" ;m.mer noch ein Netzw k
\Vahrhcit" der Subiekte b s~m ohscher Beziehungen erd.extde~-
,, . J estimmen d' d . , 1e 1e
tnd ·111 der . ubJektiv-psychol og1sc . h e Inh
' te b ann gefangen s1n • d:
halten, indem er daran gehind . 1
a_t eschränkt, zurück _
.. k " ert wird sich ge
" au zu <l
. ruc en und diese all d'
zu 1rekt ' d zu stark
. in der Form
al o Z" 1schen Inhalt und Form .
1
. zu urchdr1ngen - indem
. d .. "W eine Distanz gew h •d
ehe " er rangte ahrheit des I h 1 . a rt wir -, findet
In dem Moment, in dem die extn a ts Raum, Sich zu artikulieren.
" h erne und mechan· h " v
„bloße Form o ne Inhalt erfahren wird k:. ~sc e corm als
tik" sprechen: Hier wird die Wah h . ' on~en wir von "Roman-
. • r e1t ausschheßl • h d
en, ob sie die psychologische Subiekt' . .. . ic aran gemes-
. h J ivitat in der Form a d •• k
Bei Beet oven begegnen wir einem S b. k d
„ k . H. . . '
J
Fülle innerlichen Inhalts ist der dazu .~e t, .ahs~ine unendhche
. us ~c t.
rangt, sie in der Form aus-
zu"ff d ruc en. 1ermit 1st der Weg zu einem • h en "Gen1ekult"
.
. . romant1sc
ero net, mitsamt seiner "titanischen" Pers"on 1· 1chk eiten
• und all den
anderen abstoßenden Phantomen , die daraus h ervorge h en.

,Diefurcht zu irren ist schon der Irrtum selbst"

~ntgegen der üblichen Parallelisierung von Kant-Mozart auf der


einen und Hegel-Beethoven auf der anderen Seite sollten wir
betonen, dass Hegel hierin Mozartianer ist. Das bedeutet, dass die
Mozart'sche Praxis, die Wahrheit durch die Distanz zwischen Form
und Inhalt zu artikulieren, ihr exaktes Gegenstück in Hegels Be-
griff des Formellen*52 hat, der die Wahrheit eines gegebenen Phäno-
mens artikuliert. Selbstverständlich wird so die dialektische Bezie-
hung zwischen Wahrheit und Schein eingeführt: Die „Wahrheit"
ist gewiss kein Überschuss, der uns wieder und wieder entgeht, ie
erscheint, ganz im Gegenteil, in Form t~aumatis~he~ Begegnungen.-
das heißt, wir stoßen dort zufällig auf sie, wo wir die nwe enheit
eines „bloßen Scheins" unterstellen: Die „Erschütterung der Wahr-
heit" ntsteht, wenn sie plötzlich inmitten ei~es B~reich au_ftaucht,
in dem sich Phänomene befinden, die uns eigentlich b rulug n•.
.
S0 I }1 eine • p kt an den1 der „ h in
Begegnung solc 11 ein un , ' . ..h
~11 ' • di \Vahrh 1t b ru rt
'. >stparadoxerweise und ohne es zu wis en ,ö • hä
i~t für Kant „undenkbar": In Kants „zwanghafter konmm n

29
all : daran, da die traurnati he Beg:,gnung mit de_rWahrheit ver.
. l 11·1·dSc1·11c tran z ndentale Methode, die unsere rn··
1111~< n " • " og.
li h Et fahrung auf die ph~nomcn~le Welt be~ren~t und das .Ding
an s~. " , die er au chhcßt, druckt . angeblich
1 11 , 011 . d
einen Wahrhe·Its.
„inlich die Furcht zu irren, 1n em man das Pha··
an pru ll all - na . .. . . .. . no.
inen unrccht1näßiger\ve1se fur das„D1ng an s~ch halt. _Diese Furcht
Yor dein Irrtum, die Furcht, das Phanome1: mit dem Ding an sichzu
" r\\·ech eln, verbirgt jedoch, wie Hegel ~ich a~sdrückt, ihr Gegen.
teil näinlich die Furcht vor der Wahrhe1 t - diese Furch zeugt von
d 111 Begehren, einer Begegnung mit der Wahrheit in jedem Fallzu
ntgehen:

Inzwi chen, wenn die Besorgnis, in Irrtu1n zu geraten, ein Mißtrauen in die
\Vi en chaft setzt, welche ohne dergleichen Bedenklichkeiten ans Werk selbst
eht und wirklich erkennt, so i t nicht abzu eben. warum nicht umgekehrt ein
~fißtrauen gesetzt und besorgt werden soll, daß diese Furcht zu irren schon der
Irrtum elb t i t. 53

~1an mu das Verhältnis zwischen Schein und Wahrheit also dia-


lekti eh und reflexiv begreifen: Die radikalste Illusion besteht nicht
darin, da , was bloß eine täuschende Illusion ist, als Wahrheit,
al „Ding an sich" zu betrachten, sondern in der Weigerung, die
An,,4,•esenheitder Wahrheit anzuerkennen - also darin, so zu tun, als
hätten wir es mit einem fiktiven Schein zu tun, wenn die Wahrheit
bereits anwesend ist.
ydney Pollacks Die drei Tagedes Condorveranschaulicht diese para-
doxe und selbstreflexive Beschaffenheit der Illusion hervorragend.
Eine kleine Abteilung der CIA beschäftigt sich damit, alle Spionage·
un? Detektivromane daraufhin zu prüfen, was in der wirklichen
Spionagetätigkeit angewendet werden könnte. Eines Tages ermord~t
e~ne Spezial:in?eit alle Mitglieder dieser Abteilung. Warum? ~etl
ines d r Mitglieder in einem obskuren Roman über eine geheime
„O:ganisation inner~alb einer Organisation" gelesen hat, _de~en
txi t ·n1:unb kannt 1st und die den übrigen Teil der Orgam a~•o~
kontiolh r~. Anschließend hat r seinen Vorg etzen davon bend •
t t. ~olch in Organ1·sat·10n exis . docIi l'Jeretts
• t.1ertye . 11111
. r h alb der Cl •.
E1 hat also t
. was a Js 1~·k •
•1 tJon ausgeg b n, ahn zu ahnen, da et
dan1Jt
, • g. )ru.. 1H't hat. Jetzt wir. 1 klar, ,voran f Lacan
an di ) Wali r l 1 1t . .
ab1,H·lt,w~nn r .r 1 . . •F1kt10ll
sagt,< ass <h „Wahrheit die Struktur e1ne1
}lat".Da wird auch aus Lacans M . .
• " • . atrix der v1 D. k
li h: Wah r h e1t ist ein leerer Plat d er ts urse54ersieht-
. z, un der W h h .
dann rz ugt, wenn ein Stück Fi.kt' " (d " a r e1tseffekt"wird
. ) " Ion es sy b 1• h
t n W1 ens ganz zufällig diesen Plat b m _oisc strukturier-
Filtn in dem ein unglückseliger und z be~etzt, wie etwa in Pollacks
ter unab ichtlich einen explosiven .;nh eh ~utender Büroangestell-
„ a r e1tseffekt" he f
Die Furc l1t vor d em Irrtum verdeckt ihr Ge . . rvorru t„
derWahrheit: In dieser Hegel'schen F ~ednt~Il,di~ Furcht vor
. d Z . . 1
arme wir die subjektive Posi
uon es wangsneurot1kers (mit seiner unaufh·· 1. h . -
or 1c en Prokrast1na
tion un d d en en dl osen Vorkehrungen , di·e sein • H d .. -
an e1n pragen)
perfekt zusammengefasst. Wenn wir uns auf den z •k
· ( lb •• • . wangsneuroti er
beziehen se stverstandl1ch nicht als klinische Kat · d
b . k · p · · b . egorie, son ern
alssu ~e t1ve os1t1on ez1e~un?~weise als das, was Hegel die "Stel-
lung des Gedankens zur ObJekt1v1tät"55 nennen würde), können wir
auch Lacans Beobachtung besser einordnen, der zufolge Hegel der
„erhabenste aller Hysteriker': 5~ ist. Indem wir den Übergang von
Kant zu Hegel als die Hysteris1erung der zwanghaften Position be-
stimn1en, befinden wir uns bereits inmitten des Hegel'schen Ver-
hältnisses von Gattung und Art: Die Hysterie und die Zwangsneu-
rosesind nicht einfach zwei Arten der Neurose, hier verstanden als
neutrale und allgemeine Gattung; ihre Beziehung ist dialektisch.
Freud selbst hat einmal gesagt, dass die Zwangsneurose eine Art
„Dialektder Hysterie" 57 sei: Die Hysterie enthält als grundlegende
Bestimmung der neurotischen Position zwei Arten, die Zwangsneu-
roseund sich selbst als ihre eigeneArt. .
Selbstverständlich gibt es eine Reihe vo!1 U~terscheidun~merk-
malen, die es uns erlauben, das Verhältrus zwischen ~Ystene u nd
Zwangsneurose als symmetrischen Gegensatz zu begreifen:

•k 1• t und inszeniert ein r-


- Das hysterische Symptom arti u ier d' B
d
drängtes Begehren, währen d a~ ~a nghaf te Symptom ie es
• ses Be ehren ol
Jungaufführt die auf die Verwirklichung die g
. ' . k 1
nicht ausha ten zu ,
- E_inhysterischer Neurou_ker ann,~s d erfehlt dabei d b
eilthindurch überholt sich selb st un vd ld w 11
'" d'
s ines Begehrens durch eben iese
Unge u -
h fft in •M-1 1.... ~-

hatt . D r Zwangsneurotiker hingegen er~cda m Obj mn~n,


t m, das s ihm erlaubt, die Begegnung m!~t ni in
turn,auf zus hieben: Der rechte Moment tri
.· licn N urotiker verschafft das Objekt zu we .
_ Dein l1 . tet 1 • f h nig
...,
(Tcnu . 1JC. B • • d m Ob]..
ekt 1nacht er die Er a rung, ,,dass es d
. • h. . as
.
c1n1a
r • t •
11 111 11 1 • t'' Deshalb eilt er dem
.
ric tigen Objekt
.
hint er.
l1 1.. l) a Probl m des Zwangsneuroukers D.
besteht darin, dass ihrn
• lb
d a ObJC • kt zu viel Genuss bereitet. 1e unm1tte are Begegnun
. d . . .. g
init dem Objekt v äre ihm aufgrun seiner exzessiven Fulle uner.
träglich. Daher schiebt er die Be~egnu~g auf ...
_ ,vährend der h tcrische Neurotiker sich so fuhlt, als „wisse er
nicht, wa er wirklich will", und die Frage über sein eigenes Be-
gehren an den anderenrichtet - ~lso an d~n, d;r für_ihn das Subjekt
verkörpert, ,,dem unterstellt wird zu w1sse1: -, :wird der Zwangs-
neurotiker von Zweifeln geplagt und kann sich nicht entscheiden_
oll heißen, er richtet diese Frage an sich selbstund so weiter.

Kehinen wir das Ganze jedoch einmal genauer in den Blick, so stellt
ich heraus, dass der Gegensatz keinesfalls symmetrisch ist: Einer
der Gegensatzpole (der hysterische) ist stets „unmarkiert" - das
heißt, er bildet zugleich das neutrale und allgemeine Medium des
Gegen atze ; der andere (der zwanghafte) hingegen ist „markiert"
und führt eine spezifische Differenz ein. Es ist daher ein Leich-
te zu zeigen, dass es sich bei der zwangsneurotischen Inszenierung
der Bestrafung für die Verwirklichung des Begehrens nur um eine
verkehrte beziehungsweise „vermittelte" Inszenierung der Verwirk-
lichung des Begehrens handelt. Ebenso ist es ein Leichtes zu zeigen,
dass die Frage, die das Subjekt zwanghaft an sich selbst richtet (der
berühmte „zwanghafte Zweifel"), nur die maskierte Form der For-
derung an den anderen ist; dass das zwanghafte Aufschieben der
Begegnung mit dem Objekt (aus Furcht, ein solch exzessives Genie-
ßen könnte unerträglich sein) nur geschickt vermeidet, vom Objekt
enttäuscht zu werden - es überdeckt die Ahnung, dass das Objekt
,,es einfach nicht ist".
Kel~ren wir zum Übergang von Kant zu Hegel zurück: Das Glei-
che gilt auch, wenn Kant die Begegnung mit dem Ding auf schiebt-
also für die Kant'sche Lücke, die das noumenale Ding für im-
mer von der phänomenalen Welt trennt: Die Lücke überdeckt die
Ahnung, dass das Ding vie1leicht nichts anderes ist als ein Mangel
und :ine Lee_rstclle; dass jenseits der phänomenalen Erschein~~g
nur ein negative Selbstverhältnis liegt, aufgrund dessen die posttl\'

262
. g b n phänomenale Welt 1
•d 11h ei•ß en, dass a s "bloße Ersc h e1nung"

11111 wir - so ···
h
wa rgenom-

da Über innliche also d,jeEr h .


••• ' " sc e1nung azs Erscheinung ist"
hn I{apitel Kraft und Verstand •
.. B seiner Phänome l . .
Ub rgang vom ewusstsein zu Selbstbe n? ogze- in dem der
cl1lägt Hegel folgende Formel v d. w1_1sS t sein vollzogen wird _
.. d. . . or, ie die zwangh f Ök
I ants voIIstan ig in die Luft spr . .. _ate onomie
Sinnliche und Wahrgenommene engt. ,,Da~ Ubersmnliche ist das
. d s. z· ' gesetzt ' Wle es in mahrhezt• 1st; • die .
Wahr hezt es .. inn ichcn und Wahrge nommenen aber. t E he"
zu sein. Das Ubersinnliche ist also die E h . is , rsc znung
• h · · . . rsc eznungals Erschei "5B
Die Ersc e1nung im phz1ert also dass t h. . nung.
· · E h • ' e was inter 1hr liegt d
durch sie 1n rsc einung tritt· die Erschei d . ' as
. d 1·· . . ' nung ver eckt die Wahr-
heit un asst• sie zugleich . erahnen
. • Sie verb·ir gt un d of'C 1enbart das
,i\Tesen zug 1
.. eich, das hinter ihrem
. Vorhang 11·egt • Doch was 1s • t h.inter
der
.
phanomenalen Erscheinung
.
verborgen';)• ni·e T.at h d ass es
.1. sac e,

ruchts zu :7erberge°: gibt. Es wird verborgen, dass der Akt des Ver-
bergens nichts verbirgt.
Aber ist das Übersinnliche demnach einfach eine reine Bewusst-
seinsillusion, ein trompe-l'mil?Können „wir" sehen, dass nichts hinter
dem Vorhang liegt, während sich das „naive" Bewusstsein im Netz
der Täuschungen verfangen hat? Man sollte, mit Hegel gesprochen,
nieunmittelbar „unsere korrekte" Perspektive auf die Dinge der Per-
spektivedes Bewusstseins gegenüberstellen, das sich irrt: Liegt eine
Täuschung vor, so könneri wir diese nicht einfach vom Ding lösen, da
siees wesentlich konstituiert. Liegt nichts hinter dem phänomenalen
Vorhang, so konstituiert sich das Subjekt in seinem Verkennungsakt
durch die Vermittlung dieses „Nichts". Die Illusion, dass etwas ~inter
demVorhang liegen könnte, ist also refl~v: Hin~er der Erschemung
~erbirgt sich die Möglichkeit dieser Illusion - ~~ter dem V?rhang
hegtdie Tatsache, dass das Subjekt denkt, dort musse et~s sem. Tat-
sächlichbefindet sich die Illusion (so „falsch" sie auch sem mag) _an
d • h t einen Raum und eine
er Leerstelle hinter dem Vorhang - si_e a . . füllt Dort
L erstelle eröffnet an der sie möglich ist und di~ sie ausd f k. h
kanndie „illusionire Wirklichkeit"' die die äußerliche un a u c e
Wirklihk it verdoppelt, ihren Platz fiod en:

26
. . l L en welche zwar erst als Leerheit von gegen tä d
l ... l d ai n1t do h m cd m b r al' . h f" d' .
Leerheit an ich, auc ur 1e Leerheit aller g .
n•
1• 1 lY gen gcwor n, a er, . eis-
te ,cn m.. . d 1 . r. nter chiede des Bewußtseins als Bewußtseins geno
t i 'n Verhalt rn sc u n c e1 V 1h rn-
g ß d 't al O in die em o ganz Leeren, we c es auch das Heil'
mcn wc1·den mu , - am1 '" . E I . d' ige
. d d 11 1 , ei e mit Träumereien, rsc ieinungen, ie das Bewußt
genannt wir , o c "a ' . •
. . lb t zu erfüllen· e müßte sich gefallen lassen, daß so schlecht
cm~tch e t rzeug, ' . .. d' .
' . .1 ngegangen wird. denn e wäre keines besseren wur 1g, indem Träume-
rn 1t 1 11n u 1 L • •
59
reien elb t no h be er incl al eme Leerheit.

Da u··ber innliche Heilige ist also zunächst. eine


. dLeerstelle,
. ein Raum
barjed n positiven Inhalts. Diese Leerheit wir rm_Nachhinein
111it irgend inem Inhalt ausgefüllt (der_~elbs~ver~tandhch der sinn-
lichen vVeltentnommen wird, die das Ubersinnhche angeblich ne-
giert und hinter sich lässt). Die entsp~eche?den _Inhalte ?er über-
innlichen und der sinnlichen Welt sind die gleichen; ein Objekt
wird einfach durch den Wechsel seines Platzes „heilig" - indem es
die Leer telle des Heiligen besetzt und ausfüllt.
Die i t auch, was die Logik des Objekts bei Lacan im Wesent-
lichen auszeichnet: Der Platz geht den Objektenvoraus, die ihn besetzen.
Die Objekte maskieren in ihrer gegebenen Positivität keine andere,
we entlichere Objektordnung, sondern einfach die Gehaltlosigkeit
und Leere, die sie ausfüllen. Wir müssen bedenken, dass in einem
erhabenen Objekt nichts intrinsisch Erhabenes liegt - Lacan zufolge
i t ein erhabenes Objekt ein gewöhnliches Alltagsobjekt, das nur
durch Zufall den Platz dessen besetzt, was er das Ding" nennt, also
den Platz des unmöglich-realen Objekts des Begehrens. Das erha-
60
bene Objekt ist „ein auf die Ebene des Ding~ erhobenes Objekt".
Keine seiner intrinsischen Eigenschaften überträgt ihm die Eigen-
schaft, erhaben zu sein, sondern der Platz, den es in der Struktur
einnimmt (es besetzt den heiligen/verbotenen Platz der jouissance).
Dieser Punkt wird in einer Reihe von Filmen Bufiuels deutlich,
die ich allesamt um dasselbe Motiv drehen: die, um Bufiuels eigene
Worte zu nutzen, ,,unerklärliche Unmöglichkeit, ein einfaches Begeh·
ren zu erfüllen". In Das goldene Zeitalter möchte ein Pärchen mitein·
ander schlafen, wird jedoch wieder und wieder durch etwaige zufälle
davon abgehalten; in Das verbrecherischeLeben des Archibaldode la 01'%
wiJI?er He_Jdein n einfachen Mord begehen, aber all seine Ve uch
h ite~n; in f)er Würgeengelkann eine Gruppe reicher Menschen
nach in 1 Fei r ni ht m hr üb r di Schwelle treten, um dasH
zu , rla en· in Der diskreteCha der
. . d rme Bour. ..
n11tinan er zu Abend essen werd . d geozsze wollen zwei Paare
• • ' enJe och vo
i likation n immer wieder davon ab h une~arteten Korn-
,, un h zu erfüllen; in Diesesobsk geObja~ten, sich diesen einfachen
. ure ekt der B • de
ine Frau, d 1e den Moment der Vereini n . . egzeri geht es um
b r durch eine Reihe von Tricks im gu_ gdmit ihrem alten Liebha-
. . mer wie er auf schiebt
Was h a b en a 11 diese Filme gerne· "'\E. •
.
handlung wird unmöglich sobald si·e d
inr me gew··h r h
..0 .n ic e Alltags-
' en unmoghchen PI d
Ding~ besetzt und das erhabene Obiekt d B h atz es
· D · . J es ege rens zu verkör-
pern b eginnt. ieses Objekt oder dieser Akts lb t k'· ..
• ( • .. . e s onnen außerst
bana1 sein ein gewohnhches
. Abendessen , das u"bert re ten d er T··ur-
cln"ell e. . nach
n/ einer Party). Wenn das Obiekt oder d' H dl
b J ie an ung
den 1.1ei11ge ver o~enen leeren Platz im Anderen besetzt, entsteht
in seinem Umfeld eine ganze Reihe unüberwindbarer Hindernisse·
das Objekt_ oder die Handlung können in ihrer bloßen Vulgaritä~
,\eder erreicht noch ausgeführt werden.
Durch seine 1nassive und faszinierende Präsenz maskiert und
verbirgt das Objekt jedoch keine andere Positivität, sondern seinen
eigenenPlatz, die Leere und den Mangel, den es mit seiner Präsenz
füllt - den Mangel im Anderen. Das, was Lacan die „Durchquerung
des Phantasmas" nennt, ist durch eben solch eine Erfahrung der
Umkehrung des phantasmatischen Objekts gekennzeichnet: Das
Subjekt muss die Erfahrung machen, dass die immerzu mang~lhafte
Objektursache des Begehrens lediglich die Vergegen~tändlic~~g
und Verkörperung eines gewissen Mangels ist; dass ihre fas.zrme-
rende Präsenz nur dazu dient, die Leere des Platzes zu maskiere~,
den sie besetzt. Diese Leere ist der Mangel im Anderen - ~urch sie
¼ird der große Andere (die symbolische Ordnung) perfonert u nd
inkonsistent b ") k'"
w· " (d'1e•wir. „d as Phantasma bereits durchquert
,, 1r .
ha en on-
• te etwas gese-
B uss tse1n verme1n
nen also sehen, dass dort, wo d as . ew . . d h bereits durch die e
0
henzu haben, nichts ist. Unser Wi~sen is(~- ~eerstelle richtet, di
„Illusion" vermittelt, insofern es sich aud ie •u,orten die Illu ion
d1e . . • •n an eren vv 1
,
Illusion ermöglicht. Wenn wir, i .. Inllalt) bleibt nicht
. ( 1 •hren pos1uven , . .
von d r Illusion abziehen a so i . t s Ni'chts nämlich d1
1•nfa h nichts
. . . d • bes umm e ' ..
ubr1g, son ern ein . d' Illusion' r t eroffn t
L r in der Struktur, die. den Raum .
für ie ,,
. t das dahint r n1 it
•l
l1at. ,,Di Illusion auf zudec ken " 11e1ßt nie 11 , "

26
licn g1).1t"·• Wir inü n dazu in der• Lage sein, diesesNichtsselbt
7U ht·,nt· .
,u , 11cn - 111 1 ·nt • cl 11 Phänomenen hegt .
aussc Zf!J„
.
ich dieses N,,,.h'·
"" ...,
sclb t da , ic1i , • t " dn,
l.AA
da
,
ubielll
J
i t. V m die

Erscheinung
• .. •
als ,,
bloße
L . • " zu begreifen, mu das Subjekt sich tatsachhch dahin-
i:..1, 11c1nung • f' d . d
t r bcg b n und ie „übertreten". Dabei in et es Je och nur seinen
ig n n • bergang. . .
, orinalerwei e werden chese Aussagen Hegels darauf reduziert
da da, Subjekt ontologisch i1:den Sta~_usdes substantielle? Wese~
iner in totalität erhoben wird: Zunachst denkt das Subjekt, hin-
t r d m phänoinenalen Vo~!1angbefinde sich ein an~eres transzen-
d nte \Ve en; durch den Ubergang vom Bewusstsein zum Selbst-
b wu t ein erfährt es odann, dass das Subjekt selbst dieses Wesen
hinter den Phänomenen - diese Kraft, die sie belebt - ist. Solch eine
Le art, die das Subjekt un1nittelbar mit dem Wesen hinter dem Vor-
hang gleichsetzt, übersieht jedoch den entscheidenden Punkt, dass
der Cbergang vom Bewusstsein zum Selbstbewusstsein bei Hegel
die Erfahrung eines radikalen Scheiterns bedeutet: Das Subjekt (das
Bewu t ein) will das Geheiinnis hinter dem Vorhang durchdrin-
gen; eine Versuche cheitern, weil hinter dem Vorhang nichts liegt,
und ebendiees ichts „ist" das Subjekt. In genau diesem Sinne ent-
prechen ich auch da Lacan'sche Subjekt (des Signifikanten) und
da (phantasmati ehe) Objekt oder sind gar identisch: Das Subjekt
i t die Leere, das Loch im Anderen, und das Objekt ist der träge
Inhalt, der diese Leere füllt; das phantasmatische Objekt, das diese
Leere ausfüllt, ist das, was das „Wesen" des Subjekts ausmacht. Aus
die em Grund erinnern diese Formeln Hegels haargenau an die
Ge chichte, die Lacan in Seminar XI erzählt:

In jen~m ~lassis~hen Apolog von Zeuxis und Parrhasios gelingt es Zeuxis, Trauben
lU \'er~ertigen, die selbst Vögel zu täuschen vermögen. Wichtig dabei ist aber nicht,

d~ß diese_Tr~u~en perfekte ?\ achahmungen von wirklichen Trauben dargestellt


hane~. wichtig 1st, daß sogar Vogelaugen sich täuschen ließen. Das zeigt sich, al
z_eux1 ' Gef~hrte Parrhasios über ihn den Sieg davonträgt, weil er auf eine Mauer
em n ~chleier malt, so täuschend, daß Zeuxis sich mit der Bitte an ihn wendet,
n mog, zhm doch zeigen, was dahinter gemalt sei. Es geht also eigentlich um die Täu-
ch ung des Auge (tromperl'miD. Über das Auge triumphiert der Blick. 61

Wir können die Tiere durch eine Erscheinung täuschen die die
R ~aJität imitiert und su l)st1tu1ert.
• • • spez1f1sch
Die · · inensc hl?1che na•,
A..t
in n and ren Menschen zu täusch b .
. 1 ]lung d r Realität zu imitieren _e~~r:~:~ Jedoch darin, die Ver-
un g rad dadurch, dass er vor 'b es Verbergens täuscht
g a t hinter dem Vorhang liegt g1 td etwas ~u verbergen. Anders
ihn treten ist: nur as Subjekt, das bereits hinter

E z i t ich daß hinter dem sogenannte Vi h


olL nicht zu sehen ist, wenn wir nich;seolbr andghie:
welcher das Innere verdecken
st a ntergehe b
cre hen werde als daß etwas dahinter sei d h n, e ensosehr damit
, as gese en werden kann. 62

0 ollten wir die •grundlegende . U ntersche'di ung H ege1s zwischen



ub tanz un d Su b~ekt begreifen:
. Die Substanz is• t d as positive
· • und
tran zen d en~~ Wesen. Es wird vorausgesetzt, dass es hinter dem Vor-
hang der Phanomene verborgen liegt. Die Substanz als s b' kt
" l 'ß b . " u ~e zu
erfahren .1ei tdzu egreifen,. dass der Vorhang der Phänomen e vor
al_le1n b
ver. irgt," a~s es nichts zu verbergen gibt und dass das Subjekt
dieses „Nichts hinter dem Vorhang ist. Anders gesagt, auf Ebene
der Substanz täuscht uns die Erscheinung und gibt uns ein falsches
Bild des Wesens; auf Ebene des Subjekts jedoch täuscht sie uns, in-
dein sie vorgibt, uns zu täuschen - indem sie vorgibt, es gebe etwas
zu verbergen. Die Erscheinung verbirgt die Tatsache, dass es nichts
zu verbergen gibt: Sie gibt nicht vor, die Wahrheit zu sagen, wäh-
rend sie lügt, sondern zu lügen, während sie die Wahrheit sagt - sie
täuscht also, indem sie vorgibt zu täuschen.
Ein Phänomen kann also gerade dadurch die Wahrheit ausdrü-
cken, dass es sich als Lüge darstellt, wie es etwa der Jude in einem
v\itz tut den Freud erzählt und der oft von Lacan zitiert wird. Der
Jude fährt seinen Freund an: ,,Warum erzählst Du mir, ~ass ~u n~ch
Krakau und nicht nach Lemberg fährst, während Du in Wirk~ich-
keit doch nach Krakau fährst? 63 (Die Wahrheit zu sagen stellt einen
Bruch mit dem impliziten Code der ·gegenseitigen Täuschungr··dhar,
d · · · h • W nn einer nach Krakau a rt,
er ihre Beziehung bestimmt at. e d k h t)
sollteer die Lüge erzählen, sein Ziel sei Lemb~rg, un umhge.e rbe~
0 1 zeuxis und Parr asios
In seinem Kommentar zum A~ . og von . n der Malerei:
zieht sich Lacan auf Platons Kr1t1k an der Illusio
d Platon gegen die Illu ion
A d. . A l aus welchem Grun . M1 •
n 1 er telle zeigt uns der po og, . h darauf an daß die a erei
d °'rMaler i Einspruch erhebt. Es kommt n1chbtso se r Platon sich so ausdrückt, e
; I . 1 • k l'efert sel st wenn
ein 1lus1onsäquivalent des O DJe ts l '

267
_ f d ß d •c ugentäu chu ng der Malerei ich für etwas andere a
kommt da1au an. a 1 . . l S h • • . . Us-
. . . l ] D Bild rivali iert nicht mit c em c ein, es nvahs1ert mit d,._
g1bt.aL sic1..t. ... a 11 W 'ld B'ld' ......,
,,,a Plat nJcn
. ·eit.. d c c11 in un al Idee vor te t. ei as 1 Jener Schein.lSt,
•b t"t er ci da wa den chein gibt, teht Platon auf gegen die Malerei'
d e1 e11:-mp ....• ' . . . . u4
aL eine ktivität. die mit der emen nvah iert.

Für Platon liegt di vlahre Gefahr in dieser ~rscheinung, die vorgibt,


eine Er cheinung und aus diesem Grund nichts Anderes i_stals die
Ide elb t zu ein. Hegel hat das genau erkannt (,,Das Übersinn-
liche" die Idee, ,,i t al o die Erscheinung als Erscheinung."). Das ist
da Geheimnis, das die Philosophie verbergen muss, um ihre Kon-
i tenz zu wahren - und Hegel lässt uns, am Höhepunkt der meta-
ph • i chen Tradition, genau dieses C?ehe_i_mn_is begreife~. Deshalb
lä t ich Hegels fundamentales Motiv, namhch dass „die Erschei-
nung [appearance] selbst wesentlich ist", nicht ohne die Hypothese
de großen Anderen begreifen (sprich der autonomen symbolischen
Ordnung, die die Täuschung in ihrer genuin menschlichen Dimen-
ion ermöglicht).
Betrachten,, ir zur Erläuterung dieses Zusammenhangs den Stali-
ni mu - oder genauer: wie dieser zwanghaft darauf besteht, um jeden
Preis den Schein [appearance] zu wahren: Allen ist bekannt, dass hinter
den Kuli sen wilde Richtungskämpfe toben, jedoch gilt es um je-
den Prei den Schein der Parteieinheit zu wahren; niemand glaubt
,,·irklich an die herr chende Ideologie, jedes Individuum wahrt
eine zrni ehe Distanz zu ihr und weiß, dass niemand daran glaubt;
trotzdem mus u1n jeden Preis der Schein gewahrt werden, dass
die ~1enschen enthusiastisch den Sozialismus aufbauen, die Partei
unter tützen und so weiter.
Die er Schein ist wesentlich: Würde man ihn auflösen - indem etwa
jemand öffentlich die offensichtliche Wahrheit ausspräche, dass der
„König nackt ist" (dass niemand die herrschende Ideologie ernst
nimmt ...) -, so würde gewissermaßen das gesamte System zusam·
menbrechen. Warum? Oder anders: Wenn alle wissen, dass „der
König nackt ist", und alle wissen, dass auch die anderen es wissen,
für ':el~cl~eI~stanz wahrt man dann eigentlich um jeden Preis den
h ~int Es gibt selhstver tändlich nur eine konsistente Antwort:für
dPn f!(0ßen And_eren- man muss dafür sorgen, dass der große ndere
~~wissend h_le1bt. Das gibt uns au h die Möglichkeit, den Statu. der
1auschung in der Ideologien u zu denken: Durch die ideologt eh

268
,,Jll1 ion" oll n nicht primär d. k
•1 ie onkreten I d. .
w rd n on d ern v1e
. . mehr der gro ß e And . n 1viduen geta··
uscht
d
]laupt n, er Stalinismus habe . ere, man könnte also b
. zumindest d "lr e-
E'l t nz des großen Anderen unter B . en vorzug, dass er die
And rerseits hatte der Stali·n· eweis stellt.
Ismus erst •t d
n altung J ugoslawiens65 die im . . mi er Arbeiterselbst-
..
Eb n d er Tauschung erreicht I G
e1genthchen s·
. inne menschliche
.
· h • m runde ist di T·· h
Stalin1s1nusnoc recht simpel: Die Macht (d" e.. ausc ung im
li h Bürokratie) täuscht vor im N die parteiliche und staat-
, amen es Volk ·
währ nd alle wissen, dass sie ihre e. es zu regieren,
.. . l d I . igenen 1nteressen verE0 1
nan1h 1 as nteresse, ihre Macht zu wah .• d . . gt -
. lb 1 . ren, in er Jugoslawischen
Arbe1terse stverwa tung hingegen regiert d. • .
· d 1· .. . zwar ie g1eiche partei-
liche un staat 1che Burokratie J·edoch tut 81 ·e d. · N .
• • ' ies im amen emer
Ideologie, . die behauptet,
.. . dass eben diese "entfremdet e " parte1·1· 1ch e
und staatliche Burokratie das größte Hindernis für die volle Entfal-
tung der Selbstverwaltung sei.
Die grundlegende semantische Achse, die die Parteiherrschaft
legitiiniert, ist der Gegensatz zwischen einem selbstverwalteten
Sozialismus und einem „bürokratischen" Sozialismus, der aus Staat
und Partei besteht - anders gesagt, diese Bürokratie legitimiert
ihre Herrschaft durch eine Ideologie, die sich selbstals Hauptfeind
bezeichnet. Ein gewöhnliches jugoslawisches Subjekt könnte also
die gleiche Frage an die herrschende Bürokratie richten, die der
Jude in dem oben erzählten Witz an einen anderen Juden gerichtet
hat: ,Warum erzählst Du mir, dass die parteiliche und staatliche
Bürokratie der größte Feind der ~elbs~ver~altung.~er Arbeiter ist,
wenn der größte Feind in Wirklichkeit die parteiliche und staat-
liche Bürokratie ist?" . . · h
Nun wird auch ersichtlich, warum die These, die Jugos awisc e 1
Arbe1.tersel bs tverwal tung sei. 1m • G nsatz zum gewohnten ,,Real-
ege . " k .
. . . . . • nschlichem Anth tz ' eine
soz1ahsmus" ein Soz1ahsmus mit me J
" . • wörtlichnehmen: In ugo-
bloß Propagandamasche 1st. Man muss ~ie . . s" selb t-
. ..b 11im Rea 1sozia11smu ,
slawien werden Menschen, wie u era . " f s ezifisch men eh-
verständlich auch getäuscht, aber wenigSren~ a~·beprdie Hegel' eh
]' h d m was wir u
1 h W, ise. Wir sollten nac e 'ub"ekt esagt haben, nicht d -
nt rs heidung von Substanz u nd S g·schen dem g wohnt n
.. . • h d • Differenz zw1
vonub rrascht sein, dass s1c ie . h Arbeiterselbst r a1tun
„R al ozialismus" und der jugoslawisc en

29
init di er unt -r cheidung d~ckt. Ein b~kannter politischer w·
au J ugo lawi n drückt die Quintessenz dieser U nterscheidun Itz
,,Im Stalini mu fahren die Volksvertreter Jl.:1ercedes, währen~::
Volk in Jugoslawien stellvertretend durch seine Vertreter Mer d s

fährt." Soll heißen, • A r beiterse
die • l b stverwa ltung 1st
• der Punkt
ce es
dein das Subjekt in jener Figur, die die „entfremdete" subs;an
ticlle Macht vertritt (also im Mercedes fahrenden Bürokrat) .ahn„
• freu~de ~acht er kennt, d'~e i'h_mgeg~nübersteht _ die 01
' also
C t
n~r eine
ein anderer 1st; vielmehr muss es 1n dieser Figur sich selbstin •
Ander. heit erkennen und sich so damit „versöhnen". seiner

270
6. ,,Nicht nur als S b
• u stanz,sondern
ebensosehr als Subjekt"

DieLogik der Erhabenheit

In seinem Essay über „Die Religion d Eh b ." .


. • h ,r l f . er r a enheit weist
Yirm1ya u iove au eine Inkonsistenz in H l s ..
• •
der Re11g1onen 1n.
h. n· ege s ystematis1erung
1ese Inkonsistenz verdankt sic
• h nie
· ht unmit-

.. .
telbar
. den grundsatzhchen
. .. . Annahmen seiner Phi"losoph· 1e,sondern
1 t Ausdruck eines zufalhgen und empirischen Vorurteils des Indi-
, iduums Hegel. Aus diesem Grund lässt sie sich auch durch konse-
quente Anwendung von Hegels dialektischer Methode korrigieren.1
Sie betrifft den Platz, den das Judentum und die Religion des an-
tiken Griechenland einnehmen: In Hegels Vorlesungen überdie Phi-
losophieder Religion gehen dem Christentum drei Formen der „Re-
ligion der geistigen Individualität" 2 voraus: die jüdische Religion
der Erhabenhei~, die griechische Religion der Schönheit und die
rö1nische Religion des Verstands:fc.In dieser Reihenfol?e b~set~ die
jüdische Religion den ersten und niedrigste~ ~latz - die ~1ech1sche
Religion wird also als höhere Stufe der geistigen En~ickl~n~ be-
griffenals die jüdische. Yovelbehauptet, dass Hegel hierbei semen
.
, persönlichen . . . h en ,vorur
ant1sem1t1sc r. t eilen freien Lauf
. . gelassen
. hat.
.
• ••·d • he Religion auf die gne-
Dennes steht außer Zweifel, dass d te JU isc . d dialektischen
t
chischefolgen muss, wenn die logische KonSISenz es
Prozessesgewahrt bleiben soll. h"edlicher D tail-
Trotz einiger Bedenken hinsichtli~h un~ergrsc u~dlegend .
frag n in Yovels Argumentation schemt sei~ bild n dt •
ffen. Gemeinsam
Wandgenau ins Schwarze zu tre : . ·ne Art 11i , 1
chishe jüdische und christliche Rehg1on e~ be tim........ "'.~
...--.
'I • d ' ( de äußere un ... n9"~,. ...
ria d r Reflexion setzen ' d' 1 ktisch n Pro~ze!1se~
x·'.(m,1), d1• s r Elemen~ar~a t r 1·x des. ion
ta everkörp t Mtc.·1114~·.n
...
...
nau ntspri ht. Die gnech1sche Rehg

7
1 fl ion": Die Pluralität geistiger Individuen (G··
ctzcn d cn 1,c b · · Otter)
.,,. ·d, 1·11 ihr unrnittclbar als das gege ene geistige Wesen der luel
" 11
" o· • • f u„ h r t d as Moment d er a··uße YVI t
1 ehe Religion
1•t„1c11·
g-c.·ct1t . 1c . • • '' ren
"( fl . ,. ·n- ,111e Gesctztsein wird durch die Bezugnahrn
Rc c '1 o n 'l - ' • . . e auf
.
c1n en u n ci·i·ci· lll)aren
' und transzendenten Gott beseitigt
. . ' der der
te Herr und das Eine der absoluten Negat1v1tät ist. Das Chn'
al). 0 lu d. .d 1• .. d M s-
t en tu 111.chlicßlich begreift die In ivi ua itat es . enschen nicht als
en,·a , da Gott äußerl_ich ist, sondern als „Re~lexionsbestimmung"
Gotte (in Chri tus „w1rd Gott zum Menschen ).
1

E i t etwa rätselhaft, warum Yovel das zentrale Argument nicht


er"·ähnt, das zu seinen Gunsten spricht: den begrifflichen Zusam.
111enhang de „Schönen" und der „Erh_aben~e~t". Wenn die griechi-
che Religion, ·wie Hegel behauptet, die Rehg1on der Schönheit ist
und die jüdische Religion die Religion der Erhabenheit, so müssen
,,·ir au der Logik des dialektischen Prozesses zwangsläufig schließen,
da die Erhabenheit auf das Schöne folgt: Die Erhabenheit ist derZu-
ammenbruch, die Vermittlung, die selbstbezügliche Negativität des
chönen. 11it dem Begriffspaar des Schönen und der Erhabenheit
bezieht ich Hegel klarerweise auf Kants Kritik der Urteilskraft. 4
Dort
ind da Schöne und das Erhabene einander entgegengesetzt, und
7,,·ar entlang der semantischen Achsen Qualität-Quantität, Form-
formlos, begrenzt-unbegrenzt: Das Schöne beruhigt und tröstet; das
Erhabene stimuliert und regt an. Das „Schöne" ist das Gefühl, das
hervorgerufen wird, wenn die übersinnliche Idee in einem materi-
ellen und sinnlichen Medium, in harmonischer Form erscheint - es
i t das Gefühl einer unmittelbaren Harmonie zwischen der Idee
und dem sinnlichen Material, in dem sie sich ausdrückt; das Gefühl
des Erhabenen hingegen ist mit chaotischen, furchterregenden und
grenzenlosen Phänomenen verbunden (mit der rauen See oder den
teinigen Bergen).
\'or allem jedoch stehen sich Schönes und Erhabenes entlang der
Achse Lu st -Unlust gegenüber: Während es uns Lust bereitet, da
hbn zus hen, wird der „Gegenstand als erhaben mit einer Lu t
auf g noinmen, die nur vermittelst einer Unlust möglich ist". 5 Kurz,
das Erhah . n Jiegt ,,J• nsc1ts . • d es Lustpr1nz1ps", . . • parad e
• eine
es 1st
l~USl, di durch di nlust bewirkt wird (das entspricht einer d r
tVJcJen1„a an' scJien D eun1t1onen ,.. · .
<l s G nicßcns/ der jo1assarice . ) oas
• h
1
)<'< ·ut t, dass da. l, . d s Schön n zu1n Erha bene n au
s vi 111a „
1tn1s

27'2.
init d n1 rl1ältnis der Unm·
··11 • . Ittelbarke· t
in nfa t - e~n weiterer Beweis d f" 1 zur Vermittlun z
1i··n al eine Form der Verm'ttal ur, _dassdas Erhabeneg ufsadm-
• b I ung ihr U au as
inu . Worin esteht diese ,,ernu· l er nmittelbarkei'tfi l
. . v' tt ung d • d o gen
i t ,~ nn wir sie näher betrachten? Zitie;e:e . em Erhabenen eigen
Erhab n n: wir Kants Definition des

~dankann da Erhabene so beschreib . . .


,, da G .. . en. es ist ein Gege st d (
1or.tel!uncr s e1nuthbestimmt sich d' U . n an der atur) L--en
.,011Ideen u denken.
6 ' ze nerreichb ke•t de 'ue.)"S
ar i r Natur als Darstellun~

Die Definition a11tizipiert sozusagen L B •


Ob . k . n· acans est1mmung des er
habenen ~e ts 1n ze Ethik der Psychoanalyse·Es· t · Ob' k -
auf die Ebene des (unmöglich-realen) Dings. hisbein ~det, d~s
er o en wur e. Mit
anderen Worten: Das Erhabene bezeichnet bei Kant d ·u h"I
· · h · • as ver a t-
111s . zw1sc en einem 1nnerweltlichen, empirischen und sinnlichen
Objekt und dem transzendenten, transphänomenalen und uner-
reichbaren Ding an sich*. Das Paradox des Erhabenen ist folgendes:
Die Lücke, die die phänomenalen und empirischen Erfahrungs-
objekte vom Ding an sich trennt, ist prinzipiell unüberwindbar -
oll heißen, kein empirisches Objekt und keine Vorstellunt< dessel-
ben kann das Ding (die übersinnliche Idee) angemessen darstellen*.
Das Erhabene jedoch ist ein Objekt, in dem diese Unmöglichkeit,
dieses permanente Scheitern der Vorstellung, die das Ding zu grei-
fen versucht, erfahrbar wird. Die wahre Dimension des Dings lässt
sich somit durch das Scheitern der Vorstellung erahnen. Aus die-
sem Grund bereitet uns das Objekt, das das Gefühl des Erhabenen
in uns hervorruft, zugleich Lust und Unlust: Es.bereitet uns Unlu st'
,,eil es dem Ding/der Idee nicht angemessen ist, doch gerade da-
• d nämlich die wahre und
durch bereitet es uns auch Lust, in em es . . .. liehe hä-
unvergleichliche Größe des Dings andeutet, die lede mog P
nomenale und emp1r1sc r. hrung überschreitet:
. . h e E r1a

. . fühl der Unlust, aus der Unan em .•


DasGefühl des Erhabenen 1st also e~n Ge_ G ößenschätzung zu d r h t-
senheitder Einbildungskraft in der äSlb~ttsc~e? h r rweckte Lu t u d r
zungdurch die Vernunft und eine dabei zug etc e heit de größt n i nli n
einstimmungeben dieses Urtheils der Unangemebssenzu den lb n d h f un
Vi .. . c die Bestre ung
rinogens mit Vernunfudeen, soiern
G s tz ist.7

7
. l • i htig ,varum gerade die chaotische gren,lh..
'un w1rc au 11 10 ' . • h ' ~•1•
,.J f . litcinflöß ndc Set te der Natur sic am besten da
lo, c unu u1 „ h ZU
. . da G fühl de Erhabenen ervorzurufen: Das Sch .
"1gn t 1n un . . .. . Cl·
t rn er 11 1n
1. • t loi~t in einer rein ten Form,
. wo die
. asthetische Ei'
n-
bi ldung kraft am tärk ten angespannt 1st und sich alle endlichen
B tinunung n auflö en. . . . .
D Erhaben i t al O paradoxerweise ein Objekt, das innerhalb
d ld der Vorstellung auf negative Weise einen Blick auf das Un.
vor tellbare eröffnet. Dies ist ein einzigartiger Punkt im Kant'schen
y tem ein Punkt, an dem der Riss und die Lücke zwischen Phäno-
i~en und Ding an sich auf negative Weis.e abgeschafft werden, weil
di c nfähigkei t des Phänomens, das Ding angemessen vorzustel-
len, ;11 da Phäno1nenselbsteingeschriebenist - Kant drückt das folgen-
derinaßen aus: Die Ideen der Vernunft werden, ,,obgleich keine ih-
nen ang 1nessene Darstellung [in der sinnlich-phänomenalen Welt,
S. 2.] möglich ist, eben durch die U nangemessenheit, welche sich
innlich darstellen läßt, rege ge1nacht und ins Gemüth gerufen''.8
Die Ver1nittlung dieser Unfähigkeit - die erfolgreiche Darstellung
durch da Scheitern und die Unangemessenheit - ist das, was den
vom Erhabenen hervorgerufenen Enthusiasmus von der phantasti-
chen Schwärmerei*unterscheidet: Schwärmerei bezeichnet die ver-
rückte und phantastische Illusion, dass wir das, was jenseits der
Schranken der Erfahrung liegt, unmittelbar sehen oder begreifen
können, während der Enthusiasmus von vornherein jedwede posi-
tive Dars tel1ung ausschließt. Der Enthusiasmus ist eine rein nega-
tive Darstellung - soll heißen, das erhabene Objekt bereitet auf rein
negative Weise Lust: Der Platz des Dings wird durch das Scheitern
einer Vorstellung angezeigt. Kant selbst hat auf den begrifflichen
Zu ammenhang zwischen dem Erhabenen und der jüdischen Reli-
gion hingewiesen:

\fan darf nicht besorgen, daß das Gefühl des Erhabenen durch eine dergleichen
at~gezoge~e Darstellungsart, die in Ansehung des Sinnlichen gänzlich n~UY
w_Jrd,ve~Jieren.werde; denn die Einbildungskraft, ob sie zwar über das Sinnliche
~~nau nicht fmdet, woran ie ich halten kann, fühlt sich doch auch ebendurch
.
1
W .g chaff ung der Schranken derselben unbegränzt: und jene Absooderunl
11
also eme Dar st ellung des nendlichen welche zwar eben darum niemal an
al~ blo~ n gativ Dar lellung sein kann,' die aber doch die Seele erweitert,
I Kh t g1b1 k.ej n e 1•I13 IJ nere ste 1I 1m
• Ge ctzbuch der Juden, als da Ge

274
ILt dir k in Bildniß machen n h .
' oc irgend • .
iminel
I-l no h auf d r Erden no ein Gle1chniß wed d
. ' c11 unter d E ' er essen •
kann d n En~h_u ia m erklären, den d . "d'er rden ist usw. Dieses G b, was I~
für in Religion fühlte wenn es sichas J.u ische Volk in seiner gesittete oEtallem
mit andern Völk . en poche
ern verglich [...].o
,~ rin besteht nun Hegels Kritik K .
. an ants Begr 1ff d E
Au I(ants Pe~spe k t1ve erscheint die He , . es . rhabenen?
al Rückfall, Ja, als Rückkehr zu S h g_~lsch~ Dialektik natürlich
M taphysik, die den Abgrund n: htc bwa~r:ier~z*
~er traditionellen
c erucksichtigt d d' Ph··
no1nene von d er Idee trennt und st ttd . , er ie a-
.. ' a essen vorgibt d • Id .
d n Phanomenen zu vermitteln (wie die "üdisch : .ie ee mit
Christentum als Rückkehr zum heidnisch p le Rhe~igion,der das
k .. G • . en ° yt e1smusund zur
Ver orperung ottes 1n einer Vielzahl mensch •·h 1· h •

ersch eint . ) ena n 1c er Figuren
Zu Hegels. Verteidigung muss man ganz deutli'ch sagen, d ass keines
·
der bestimmten und besonderen Phänomene in seiner n· 1 kt'k d'
· 1• h d ia e i 1e
übers1nn 1c. e I ,Fhee angemessen vorstellt - sondern dass diese Id ee
vielmeh r d 1e Au1 ,t,ebu~gsbewegun~ (das berühmte FlüssigwerdenIO)
aller besonderen Bestimmungen ist. Hegels Kritik ist noch weit-
aus radikaler: Im Gegensatz zu Kant behauptet sie keineswegs die
Möglichkeit einer „Versöhnung"/Vermittlung zwischen Idee und
Phänomenen oder die Möglichkeit, die Lücke, die beide voneinan-
der trennt, zu überwinden und dadurch die radikale „Andersheit"
und die negative Beziehung zwischen Idee/Ding und Phänomen
abzuschaffen. Hegel wirft Kant (und zugleich der jüdischen Reli-
gion) vielmehr vor, dass Kant derjenigeist, der im Feldde~.Vorstellung
gefangenbleibt. Wenn wir das Ding als transzendente~ Ubersc~uss
bestimmen, der jenseits des Vorstellbaren liegt, so best~mmen wir es
auf Basis des Felds der Vorstellung [Jieldof representatzon], von dem
wir ausgehen und an dessen Horizont wir, als negative Schr~nke,
gebunden bleiben: Der Güdische) Gottesbegriff bleibt ~ls ra~kale
Andersheit und als Unvorstellbares das Extrem der Reprasentauons-
11
logik [logicof representation]• •
• .. d •
Missverstan n1ssen
fu··hren
,
Hegels Ansatz kann auc h h ier zu . d Ding in der pe-
wenn wir ihn nämlich so verstehen, dass. wh1r absgreifen haben, o
.
ku]at1ven . . • h" d durch s1c zu e
D1alekt1k „an sie un . .h und sei e auch nur
• • • 0 hne Jeg11c en -
wie es in seinem Jenseits 1st, Cm Gegensatz zu Kant,
n gativen - Bezug zum Feld der Vorste11
1
ung

275
1. Ding durch d n Zusammenbruch des phänorn
d 'T ver. uc 1lt, (lcl, ( . d' R .. . e-
--,ld ll) t zu rr i hen, 1n lern er 1e eprasentationsloaik
na lcn 1 c • • • •• H 1 o&

'f d' S •rzc tr ibt). Da ist nicht ehe Po 1t1on ege s: Kants Kritik
au i .._pi • W" d' H
. . .... •t ganze Arbeit gele1 tet. are 1es
hat l11 1 1)Cl c1 , . . . d. d. . 1egels Position '
, .. ·d inc Dialektik ,v1rkhch 1n 1e tra 1t1one le Metaphysik
O \\ Ul • • • U ' 1
zurü kfall n, die ver ucht, das Ding in ~einer nm1tte barkeit zu
c1·f:a en. Hcg 1 Po ition istJ'edoch „kanuscher . . als Kant selbst"_ sie
fügt Kant Begriff de Erhabenen nichts hinzu, sondern versteht
ihn bloß buch:täblicherals Kant selbst.
H gcl b hält natürlich das grundlegend dialektische Moment des
Erhaben n bei, nämlich die Vorstellung, dass man durch eine rein
11 o-ativeDar tellung zur Idee gelangt und dass die Unangemessen-
he~ der Phänomenalität gegenüber dem Ding die einzig angemes-
ene \Vei e i t, dieses darzustellen. Das Problem liegt an anderer
telle: Kant setzt noch immer voraus, dass das Ding an sich etwas
po itiv Gegebenes ist, das jenseits des Felds der Vorstellung und der
Phänomenalität existiert. Der Zusammenbruch der Phänomenalität
und die Erfahrung der Phänomene ist für ihn bloß eine "äußere
Reflexion·', bloß eine Weise, diese transzendente Dimension des
Ding da elbst jenseits der Phänomenalität liegt, innerhalb des
Bereich der Phänomenalität anzudeuten.
Demgegenüber vertritt Hegel die Position, dass nichtsjenseits der
Phänomenalität und jenseits des Felds der Vorstellung liegt. Die
Erfahrung der radikalen Negativi tät und U nangemessenheit aller
Phänomene gegenüber der Idee sowie die Erfahrung des radikalen
Ri es zwischen beiden - diese Erfahrung selbst ist bereits die Ideeals
"reine", radikaleNegativität. Während Kant noch annimmt, er habe
e bloß mit der negativen Darstellung des Dings zu tun, befinden
wir uns bereits inmitten des Dings an sich - denn das Ding an sichist
nichts_ Anderesals dieseradikale Negativität. Mit anderen Worten (und
um eine etwas häufig gebrauchte spekulative Pointe Hegels zu nut-
zen), ~ie negati.ve Erfahrung des Dings muss sich in die Erfahrung
de Dings an sich als radikale Negativi tät verwandeln. Die Erf~-
rung des Erhabenen bleibt so die gleiche: Wir müssen lediglich die
ti anszendente Voraussetzung abziehen - die Voraussetzung, dass
?ies . ~rfahrung auf negative Weise ein transzendentes Ding an sich
imphzi rt, das jenseits der Erfahrung weiterhin als Positivität bete-
h :on bl ibt • Kurz~, wir • muss
•• n uns auf das beschranken, .. was d1' r

276
Erfahrung rein immanent ist· f .
11 gativ Selbstbezüglichkeit d•
er
die reine Negativitä"t f .
vorstellu , au die
In Anle h nung an Hegels Best"1 ng.
d rn Tod des heidnischen Gottes :~~ng des Unterschieds zwische
tirbt lediglich eine irdische Verko"n em Tod Christi (im ersten Fa~
• rperung Repr.. ·
Gottes,wä h ren d 1m Fall Christi Gott 1 ' . . asentat1onund Figur
unerre1c • hb ares l vvesen
Ar
stirbt) kann a s positives
b h ' tra nszendentes und
Achtlässt, dass die Erfahrung der mN~nh_eka~pten, dass Kant außer
. h.. ic t1g e1t und Un
be1tder p anomenalen und vorstellbare ln 1 d" an?emessen-
.. b k n vve t, ie uns beim Gef„ hI
des Er h a b enen u er ommt, zugleich die N" ht" k . . u
. .
d enten Dings an sich als positi·veslu Ic ig e1t und Inexistenz
des transzen. . vvesenbedeutet.
Das heißt, die Grenze der Repräsentationslogik r gt · h d •
. . 1• h h ie ruc t ann
dass sie „Jeg 1c .en) In alt auf Vorstellungen. reduziert" (also auf das,'
wasvorste. llb ar 1st. ,. sondern ganz 1m Gegenteil in der bloßen VoraUS_
setzung eines pos1 t1ven _'Vesens(Ding an sich)jenseitsderphänomenalen
Vorstellung. Man kann die Phänomenalität nicht dadurch überwinden
dass man zu greifen versucht, was jenseits ihrer liegt, sondern nur'
durch die Erfahrung, dass es jenseits ihrer nichts gibt - dass dieses
Jenseits gerade das Nichts der absoluten Negativität und der schie-
ren Unangemessenheit der Erscheinung gegenüber ihrem Begriff
ist. Das übersinnliche Wesen ist die „Erscheinung alsErscheinung"-
soll heißen es reicht nicht zu behaupten, dass die Erscheinung
ihrem Wes:n niemals angemessen ist. Wir müssen hinzufügen, dass
dieses Wesen"selbst nichts anderesals die Unangemessenheit der Ers~hei-
"
nunggegenüber . selbst,gegenu•·ber 1"hrem Begriff ist (und
zhr . eben ") diese
Unangemessenheit macht sie zu einer "bloßen Erschemung h. b
• kt wird so kaum wahrne m ar,
Der Status des erhabenen Ob~e s b • t ·cht länger
• h Ob . Das Erha ene is n1
Jedoch entscheidend versc en. . U messenheit die
ein (empirisches) Objekt, das du~ch seine_ hn(ad:~eldee)andeut .
D.1mens1on . des transzen d en ten Dings an dsie Dings besetzt, rs tzt
Es ist ein Objekt, das den leeren p 1atz es_ Nichts d r .....,__l •
d 1 L ere als das reine . .
un ausfüllt, und zwar a s e . ' in Ob' ekt, dessen po itt . . •
ten e~ativität .. Das Er~~bene 1st ~es Nrchts ist. Hegel u ~l r
P r lediglich eine Verkorperung h . e Unang m n it
ct·
1 s Logik eines ObJe • kts, d as durc
.
sein .
Körp r gibt , 1n ° .
. 1uten Negat1v1tat
abso , ,, „di m Urt 1·1 1·
• • .. d er Idee einen ub1
1
sog nannten „unendlichen yrteds ·d :nv rgl ichb r.,, ·n
UndPrädikat radikal unvereinbar un

77
G i t i t in Knochen", ,,da Selbst i t der Reichtum", "der Staat ist
d r !\fonarch", und „Gott i t Christu "• .
B i I ant, ird da G fühl de Erhabenen durc?. ein grenzenloses,
f ur ht inflöß nd und b ein druckendes Pha~omen hervorge-
r (di wilde Natur und so weiter), während wir es bei Hegel mit
1 u1 n " h b
1

in m lä herlieh n „kleinen Stück des _Re~1en zu t~n _a en - der


G i t ist d r träg tote Schädel; das subjektive Selbst ist dieses kleine
tück M tall, da ich in meiner Hand halte; der Staat als vernünf.
tig Organi ation des Gesellschaftslebens ist der dä~liche Kö~per
d Monarchen; Gott, der die Welt geschaffen hat, ist Jesus, dieses
lä h rliche Individuum, das neben zwei Verbrechern am Kreuz
hänot ... Hierin liegt das „letzte Geheimnis" der spekulativen Dia-
lektik: also nicht in der dialektischen Vermittlung/Sublimierung
aller kontingenten und empirischen Wirklichkeit, auch nicht in der
Deduktion aller Wirklichkeit aus der vermittelnden Bewegung der
ab oluten Negativität, sondern in der Tatsache, dass diese Negativi-
tät ich in einem lächerlichen und radikal kontingenten leiblichen
Re t verkörpern muss, um ihr „Fürsichsein" zu erlangen.

"Das Sein des Geistesist ein Knochen"

Auf der Ebene von „Verstand" und „ Vorstellung+=" wirkt diese Aus-
sage unmittelbar wie eine Extremform von Vulgärmaterialismus;
der Geist, das Subjekt, die reine Negativität, das mobilste und sub-
tilste Element, ein sich immerzu entziehender „Fuchs", wird auf
ein starres, fixiertes und totes Objekt, auf die totale Trägheit und
absolut undialektische Präsenz reduziert. Daher reagieren wir wie
der chockierte sowjetische Bürokrat in dem Rabinowitsch-Witz:
Wir sind völlig entsetzt, es erscheint uns absurd und unsinnig; die
Aussage, dass „das Sein des Geistes ein Knochen" sei, ruft in uns
das Gefühl eines radikalen und unerträglichen Widerspruchs her-
vor; dadurch _entsteht das Bild eines grotesken Zwiespalts und eines
extr m negativen Verhältnisses.
Wi~ bei Rabin~witsch jedoch produzieren wir genau so die
kulat1v~ Wa~rhe1t, denn diese Negativität, dieser unerträgliche Z'UM'
~alt, fallt mit der Subjektivität zusammen. Nur so kann man di uf
di Spitz getriebene (also selbstbezügliche) Negativität, di di

278
"'ulj kti ität d s Geistes
• h ausmacht
b r' g ma t werden. Dur h d , vergegenwärt·
c as S h • Igt und if
rnang m nheit und das b c eitern, also durch d' ,,~e -
dikat und Subjekt gelingt es a sod~uteMissverhältnis z _1ehrad1kale
. 1 . uns, ie Di . w1sc en Prä-
üb r1n1tte n. Aus diesem Gr d . . mens1on der Subi k • ...
. • K un 1st die A Je t1v1tatzu
, 1 t in nochen ist" parad· . ussage, dass das S • d
p kulativen Satz" nenn~· ein S1gmatisch für das, was„Hegef~ es
1 • • atz, dessen 11 einen
hn gemeinsames Maß sind H . . erme unvereinbar und
· d c · · ege 1weist 1n d , ,
menologie es ezstesdarauf hin d . er vorrede der Phäno-
.h ' ass wir zu solch •
k hren un d 1 n erneut lesen mü . einem Satz zurück-
d . ssen, um seine wahr B d
rfa en, enn seine wahre Bedeut h e e eutung zu
er ten und „unmittelbaren" Lektu··runhgge t 1a2 us dem Scheitern der
. . e ervor.
Handelt es sich bei dieser Aussa e d . . .
Knochen" - also die Gleichsetzungg ~e ~s „Sbe1nl des Ge1st_es ist ein
d · . ier a so ut unvere1nbarerer
Terme, Te~ rhe1~n~gat1ven Bewegung des Subjekts und der vollkom-
rnenen rag e1t eines starren Obiekts J _, nicht um H ege1s Version •
,on Lacans .. Formel des . Phantasmas· • • Um uns d avon zu u··berzeu-
gen,_genugt es bere1~s, den Satz in seinem Kontext zu betrachten,
also 11:1 I{ontext des Ubergangs von der Physiognomik zur Schädel-
lehre 1n der Phänomenologi,edes Geistes.
Die Physiognomik - die Körpersprache, der Ausdruck des sub-
jektiven Innenlebens in seinen spontanen Gesten und Gesichtsaus-
drücken - gehört noch zur Ebene der Sprache und der bezeichnen-
den Repräsentation: Ein gewisses körperliches Element (eine Geste,
ein Gesichtsausdruck) stellt das unkörperliche Innenleben des Sub-
jekts dar und bezeichnet es. Das endgültige Resultat der Physio-
gnomik ist ihr vollkommenes Scheitern:Jede bezeichnende Reprä-
~ntation „betrügt" das Subjekt; sie ~erv~rti~~ ~erzerrt ~• was
sie enthüllen soll; es gibt keinen „ncht1gen S1?°1f1kante~ fur das
Subjekt. Beim Übergang von der Physiognomik zu~ Schadel~e
handelt es sich um den Wechsel von der Repräsentat!or,,dzur Präs
Im Gegensatz zu Gesten un d Gesic • ht ausdrücken 1st er
s .
k· d •• kt er stellt nichtsvor,m
ein Zeichen, das ein Innen aus ruc ' . .
Trägheit ist der Geist unmittelbar gegenwärug:

In d 11 [der Geist,S. z.] in


, . r Phy iogno1nik dagegen so er d, • htb
al 111 in m S in welches die Sprache• ie ic chteniao,~
Beatiml"1\Ul8
Ws 11 s i, rkann~ werden. [...] In der noch zu
„ ß in ganz ruhende Wirkli hk it welche nicht an ihr
ist cn d 1i h da u• r
. ] nd rn g tr nnt on d r e lb st b wußten Beweg 8e1hst
.
r ...d "'nd s Z i h n [i l . , ung s1 h
für, i h dar t llt und al bloße Ding 1 l.u c

. Kn O li 11, d r s häd 1 i t demnach


.. .ein Objekt,
.. . das durchs
. .
eine
D 1
1u. I Ge ·enwart li Leere ausfullt,b' die
k
Unmoghchkeit einer b
M' e-
z i hn nd 11 RejJräsentatio~ des Su ~e . 1t Laca~ gesprochen
band lt i h hier um die Vergegenstandhchung eines gewisse
fang 1 : Ein D~ng bese~zt de~ Ort, an dem d~r Signifikant fehl~
da phanta 1nat 1 ehe Objekt fullt den Mangel 1m Anderen (in de
i ·nifikant nordnung) aus. Das träge Objekt der Schädellehre (de;
häd lknoch n) ist nur die positive Form eines Scheiterns: Es ver-
körp rt (i 1n ,,vörtlichen Sinne von „einen Körper geben") das end-
ültige Scheit rn der Signifikantenrepräsentation des Subjekts. Es
nt pricht ~edenfalls in der Theorie Lacans) dem Subjekt, insofern
die e nicht anderes als die Möglichkeit seiner eigenen Signifikanten-
reprä entation ist - der leere Platz, der im großen Anderen durch
da Scheitern dieser Repräsentation eröffnet wurde. Nun wird auch
er ichtlich, dass der übliche Vorwurf haltlos ist, demzufolge Hegels
Dialektik alle trägen, gegenständlichen Überreste „aufhebt" und in
den Krei der dialektischen Vermittlung integriert: Die dialektische
Be\\egung impliziert, ganz im Gegenteil, dass es immer ein gewisses
Cberbleibsel, einen ge,,vissen Überrest gibt, der dem Kreis der Sub-
jektivierung und der subjektiven Aneignung/Vermittlung entgeht.
Das ubjekt entspricht eben diesem Überrest: Jener Überrest, der
der ,Subjektivierung" widersteht, verkörpert die Unmöglichkeit,
die da Subjekt „ist": Anders gesagt, das Subjekt entspricht ganz ein-
deutig einer eigenen Unmöglichkeit; seine Grenze ist seine posi-
ti e Bedingung.
Die „idealistische Wette" Hegels besteht eher darin, diesen Man-
gel d Signifikanten in den Signifikanten des Mangels umzuwan-
deln. Au der Theorie Lacans wissen wir, dass der Signifikant dieser
,,,rnwandlu~g,durch den der Mangel als solcher symbolisiert wi~d,
d r Phallus 1 t. Am Ende des Abschnitts über die Schädellehre (hier
b g gn n wir .d r letzten Überraschung in Hegels Text) besc~wö~t
H g l lbst d1 phalli he Metapher herauf um das Verhältnis zwi-
h n d n b id n Eben n zu bestimmen a~f denen inan den Satz
'Da in d G ist s ist in I{nochen" iesen kann, also zwischen

2 0
ci r ü l li h n Interpretation . .
11n " und d r spekulativen L un Sinne des ~or II
esart·. " ste ens"/ ,,,,verste-
Da Tie.fe a d• ra·G i t von innen 11eraus abe
tr ibt und m i m tehen[äßt - d. r nur bis in sein vorstllend
da i t wa agt i t dieselbe Verk die Unwissenheit dieses~ Be~tsein
dctn L b ndig n die Natur in der ~upk des Hohen und ied ~wu tsems, was
d er nupfung d O ngen, welchean
ndun ·, d O rgan er Zeugung und d es rgans seiner h" h
·i ' es Organs d p· oc sten Voll-
un ndli h u rte1 a 1s unendliches wa" d'
• T
es issens naiv ausdrü k
T

• d re ie Vollend d . c t. - Das
Lelen • da in er Vorstellung bleibend B u_ng es sich selbst erfassend
t-1 e ewußtse1n d lb en
al Pi n. esse en aber verhält sich

DasSelbst ist der Reichtum"

Mit einer gewissen „Bewusstseinsgestalt" in der Phä· l .


Geistes •
kon f ront1ert, muss man sich immer folgend F nomeno ogzedes
• • . e rage ste11en:
v\o wiederholt sich diese Gestalt - sprich, wo finden wir eine spä-
tere, komplexere, ,,konkretere" Gestalt, die uns, indem sie die ur-
sprüngliche Gestalt wiederholt, vielleicht den Schlüssel zu ihrer
wahren Bedeutung liefert? Wir müssen nicht lange suchen, wenn
esum den Übergang von der Physiognomik zur Schädellehre geht:
Dieser kehrt im Kapitel über den „sich entfremdeten Geist" wie-
der, und zwar in Form des Übergangs von der „Schmeichelei"zum
Reichtum.15
Die Schmeichelei" ist der mittlere Term in der Triade edelmüti-
" . .
gesBewusstsein - Schmeichelei - Reichtum. Das edel~ütige Bewussts~in
nimmt dabei den Platz extremer Entfremdung ein: Es setzt all seme
Inhalte als das allgemeine Beste, das durch den Staa~v~rkörpert
¼ird- das edelmütige Bewusstsein dient dem Staat mit einer : 0h11-
• b an seinen Taten ersic t-
kommenen und ehrlichen H~nga e, was b h "nkt sich darauf,
liehist. Es spricht nicht: Seine Sprac?e Besc rbatreffen 16 Die e
Ratschläge zu erteilen, • d" d
ie as a
llgeme1ne este e
.

Status während e
• einen
Beste hat hier • llk n substanue 11 en ' .
vo omme d d" ktischen Entwicklung
• ••
be1m .. h Stufe er ia1e
Ubergang zur nac sten . d ubstantiellen Staate

d1e • mt· Statt es s , ' t
Form der Subiektivität annim • kl.. en kann· L'Etat ce
llaben wir nun einen 'J h der er ar • ,, d .
Monarc en, ..ndert ich au h 1
•" . . . des Staates vera . ,11
. ·d
moi.Durch die SubJektiv1erung . d s stuinm n D1 n t
n·1 nst am Staat radikal: ,,Der H e ro1smus e

21
lS dnr clzmeichelei." 11 Da Medium der. Bewusstse1·n
7 un1
rJ
ner01 •
m1 s-
tätigk it liegt ni ht läng --rin de _nTaten, sondern 1n der Sprache,
. S 1 n • 1
• 1
111 (l 11.. 11 1 1 1 i , di , i h an die Per on des Monarchen richtet,
d r d n Staat erkörpert. .
E 1 t ni ht chwierig, den historischen ~1ntergru?d dieses Über-
gang au zumach n: Der Wandel des m1tt~lalterhchen Feudalis-
nlu (init einem Begriff de ehrenvollen Dienstes und so weiter)
7 ur ab oluten Monarchie. Hierbei handelt es sich jedoch nicht im
G ring t n darum, da s der still~ und hin~ebungsvolle Dienst ein-
fa h zerfällt und zu Schmeichelei degeneriert. Man darf das para-
dox yntagma „Heroismu der Schmeichelei" nicht als ironische
\ 7 rbindung zweier entgegengesetzter Begriffe verstehen; wir haben
e hier buch täblich 1nit Heroismus zu tun. Der Begriff des „Hero-
i 1nu der Schmeichelei' mu s genauso gedeutet werden wie der Be-
2Tiff der „freiwilligen Knecht chaft"; e geht um die gleiche theore-
ti ehe Sackga se: Wie kann die „Schmeichelei" (die für gewöhnlich
al die unethi ehe Tätigk it par excellence wahrgenommen wird,
die jeden ethi chen Standpunkt aufgibt, um den „pathologischen"
Profit- und Lustintere sen hinterherzujagen) den wahrlich ethi-
chen Statu einer Pflicht erlangen, deren Erfüllung uns „jenseits
de Lu tprinzips" lockt?
Hegel zufolge liegt des Rätsels Lösung in der Rolle, die die Spra-
che dabei spielt. In der Phänomenologie ist die Sprache selbstver-
tändlich das Medium der „Bewusstseinsreise", und zwar so sehr,
da es möglich wäre, jede Stufe dieser Reise, jede „Gestalt des
Bewusstseins" durch eine bestimmte Sprachmodalität zu definieren.
Schon zu Beginn (bei der „sinnlichen Gewissheit") wird die dialekti-
che Bewegung dadurch angestoßen, dass das, was das Bewusstsein
„sagen will" nicht mit dem übereinstimmt, was es sagt. Innerhalb
di er Reihe bildet die „Schmeichelei" jedoch eine Ausnahme: Erst
hier wird die Sprache nicht darauf reduziert, bloß ein Medium des
dialektischen Prozesses zu sein, vielmehr wird sie selbst durch ihre
ror~ z~ de1:31, was bei diesem Kampf auf dem Spiel steht: ,,hier aber
erhalt sie die Form, welche sie ist, selbst zum Inhalte und gilt al
Sfirachp;es ist die Kraft des Sprechens als eines solchen, welche da
ausführt, was auszuführen ist." 18
Aus dies m Grund sollte inan die Schmeichelei" nicht auf einer
P ·ychologis hen Eben verstehen, e'~wa im Sinne einer heuchleri·

282
eben und habgierigen Lobhud 1 .. .
die Diinension einer Ent'riemd e e1. Vielmehr kündigt s1'chh'
1' ung an di d 1er
for1n der Sprache selbst führt . ' . e er Sprache eigen -ist_ d'
.. . . eine radikal E f ie
edeln1ut1ge Bewusstsein betrügt d' A . e .nt remdung ein· das
..
berzeugung, sobald es zu sJweche ie b .
ufrichtigk eit• seiner
• . '
inneren
. r'
1 n egznnt Das h iß
sprechen beginnen, befindet sich d' W h. . e t, sobald wir zu
ie a rheit auf • d
1neinen, d essen, .
was wir tatsa"chl' h
" ic sagen" u d d'1
seiten es Allge-
. .
keit" unserer innersten Gefühle wird im Ka~t' n ~ ,,Aufrichtig-
tes „pathologisch": also zu etwas das r d'k sche1:1Sinne des Wor-
. • . ' 1
a i a unethisch ist d d
Bereich des Lustprinzips angehört. un em
Das Subjekt kann so tun, als handele es sich b . d S h . .
• bl ß „ ei er c me1chelei
u1n eine . h o . vorgetauschte
. . Anpassung an ein • au.. ßer lich es Ritual
.
das nie ts rmt seinen innersten und ehrliche n Überzeugungen zu'
tun hat. Doch . sobald
. es so tut ' als täusche es etwas vor, 1st · es beretts
·
Opfer seiner eigenen Täuschung: Sein wahrer Ort ist d rt dr _
• d' 1 o au
ßen, 1n 1esem .. eeren äußerlichen Ritual , und das , was es fu"rseme •
innersten Uberzeugungen hält, ist nur die narzisstische Eitelkeit sei-
ner nichtigen Subjektivität - oder, modern gesprochen: Die „Wahr-
heit" dessen, was wir sagen, hängt nicht etwa von der psychologischen
„Aufrichtigkeit" unserer Intention ab, sondern von der Funktion
unseres Sprechens und von der Art und Weise, wie dieses Sprechen
ein soziales Band konstituiert. Der „Heroismus der Schmeichelei"
treibt dieses Paradox auf die Spitze. Die Botschaft lautet: ,,Obwohl
das, was ich sage, meiner innersten Überzeugung widerstrebt, weiß
ich, dass diese von meiner gesamten Aufrichtigkeit entleerte Form
wahrer ist als meine Überzeugungen, und in diesem Sinne bin ich
auch dann ehrlich, wenn ich meine Überzeugungen eifrig aufgebe."
So kann es ein ethischer Akt sein, ,,dem Monarchen entgegen der
eigenen Überzeugung zu schmeich~~n": Indem wir le~re Phrasen
dreschen die unseren innersten Uberzeugungen widerSlreben,
unterbrechen ' wir. zwangha f t unsere narzis• sti'sche . Homöostase und
,,entäußern" uns völlig - wir geben heroisch erweise da~ auf, was u~
f"hl" nsere moralische Kon 1s-
am wichtigsten ist, unser „Eh.rge u : u . edin eine radikale
tenz, unsere Selbstachtung. Die Schmeichel~i bl gtF de Sub-
Entleerung unserer Person „ 1·ichk et't"·, nur die eere arm
•k „ b' k 1 diese leere Form.
Je ts b]eibt zurück - das Su ~e t a s . . . 1en zum po trevo-
Im Ubergang· vom revo 1uuonar
„ • .. en len1nist1sc 1
. • • begegnen w1·r ei'ner Looik o- '
lutionären stalinistischen Bewusstsein

2
,.J. ,.J • t g ,, is ermaßn übereinstimmt: Auch hier, nacli d
u1c uan11
1
' • . er
R vo1uuon, • ei·,vandelt
, ich der. treue Dienst
. . .und die Hingabe
. zur
r volutionär --n Sache notwendigerweise in e1_nen „Heroismus der
chineichclei ,,, der sich an ?as Ober~au_1~t richtet, an jenes Sub-
. kt dein unterstellt wird, die revoluuonare Macht zu verkörpe
Je ' ersonifizieren. Auch • b es te h t d ie
luer • wa h rhch
• heroischrn
un d Zu P . . e
Diinen ion dieser Schmeichelei darin, dass wir, um der Sache treu
zu bleiben dazu bereit sind, unsere elementare Aufrichtigkeit, Ehr-
lichkeit und unseren menschlichen Anstand aufzugeben - inklusive
de zu ätzlichen „ Turn of the Screw", dass wir dazu bereit sind, diese
Unehrlichkeitzuzugebenund uns als „Verräter" zu bezeichnen.
Erne to Laclau hat 1nit Recht bebau ptet, dass Spracheauf beispiellose
Heise ein „stalinistischesPhänomen" ist. Das stalinistische Ritual, die
leere Schmeichelei, die die Gemeinschaft „zusammenhält", die neu-
trale Stimme, die vollkommen von allen „psychologischen" Über-
resten befreit ist und die „Geständnisse" im Rahmen der Schau-
prozesse ausspricht - all das verwirklicht in der bis dato reinsten
Form eine Dimension, die der Sprache als solcher wahrscheinlich
we entlieh ist. Es ist nicht nötig, zu den vorsokratischen Grundlagen
zurückzukehren, wenn wir „die Ursprünge der Sprache auf spüren"
wollen; die Geschichteder KPdSU (B)19 ist mehr als ausreichend.
'\\10findet das solchermaßen „entleerte" Subjekt seine gegenständ-
liche Entsprechung? Hegels Antwort lautet: Im Reichtum, im Geld,
da es im Tausch für die Schmeichelei erhält. Der Satz, dass das
Selbst der Reichtum sei, wiederholt auf dieser Stufe den Satz, dass
das Sein des Geistes ein Knochen sei: In beiden Fällen haben wir es
mit einem Satz zu tun, der zunächst absurd und unsinnig erscheint,
mit einer Gleichung von Termen, die unvereinbar sind; in beiden
Fällen begegnen wir derselben logischen Struktur des Übergangs:
Das Subjekt, das sich vollkommen im Medium der Sprache verloren
hat (in der Sprache der Gesten und Gesichtszüge, der Sprache d~r
S~hmei_chelei), findet sein objektives Gegenstück in der Trägheit
eines n1chtsprachlichen Objekts (Schädel, Geld).
Das Paradox und den offenkundigen Unsinn zu akzepti~re~,
dass das G~Jd - di scs träge, äußerliche, passive Objekt, das w~r•~
unseren Handen halten und beeinflussen können - als uninitte
b~r rkörperung des Selbst di nt, fällt nicht schw rer, als den Satz
lunLun hm n, dass d r S häd 1 die un1nittelbare Wirksa1nkeit de

284
i rkörp rt. Der Unt h'
r • • d ersc Ied zw·
wird inz1~ urch den Unterschied I~chen diesen beiden „
d r dial kt1schen Bewegungen b . der Jeweiligen Aus Satzen
da die Sprache auf die Gestestimmt: Wenn wir dav!nanagspuhnkte
. •d d . " en und G • h usge en
r duz1 rt wir , ann ist das obiekt' es1c tszüge des K"
. J 1veGegen t.. k orpers
ni • was au f d 1eser Ebene die vollk s uc zum Sub1ektd . _
ommene „ h . asJe
Schädlk no~ h en; wenn wir jedoch die S r 17rag ett darstellt _ der
;J

geell chaf thchen Herrschaftsbezieh P ache al~ das Medium der


• kuves
obje • G egenstuc•• k se Ibstverständl'ungen
h d begreifen
. , dann 1st
· sein
Ic er Re1chtu I ,r
rungun d M atena• 1· ·
1s1erung der gesells h f . h m a s verkörpe-
c a t1ic en Macht.

Setzende)
äußere und bestimmendeReflexion

v\arum entgeh_t Kant dieses P~radox des „unendlichen Urteils"?Mit


Hegellautet die Antwort: Weil Kants Philosophie eine Philoso hie
der „äußeren Reflexion" ist - weil er noch nicht dazu imstandf ist,
,on der „äußeren" zur „bestimmenden" Reflexion überzugehen.
AusKants Perspektive betrifft die gesamte Bewegung,die das Gefühl
desErhabenen bewirkt, einzig die dem Ding äußerliche subjektive
Reflexion und somit nicht das Ding an sich. Sie stellt also nur die
Weisedar, wie wir als endliche Subjekte in den Grenzen unserer
phänomenalen Erfahrung die Dimension des tr?nsphän?menal~n
Dingsauf negative Weise markieren können. Bei Hegel Jedoc~ ist
dieseBewegung eine immanente Reflexio.nsbestimm~ngdes Dings
ansich- das Ding ist also nichtsanderesalsdiese Reflexi?nsbewegung.
Wendenwir uns zur Veranschaulichung dieser Reflexions~e~~
(derTriade der setzenden, äußeren und be stimmeodenlRe ~onoi·e
d • ein Text zu esen sei.
er alten hermeneutischen Frage zu, wi~ L kt"re die einen un-
,,setzendeReflexion" entspricht einer na1vend e T.ut 'für sich bean-
• B d utung es 1exes
mittelbaren Zugang zur wahren e e . rr gt (oder g b n or,
sp h . lb was ein .iext sa .
•.ruc t: Wir wissen unm1tte ar, .. dl' h tritt dann 1n •
1h • •.c ) Selbstverstan ic ••
n unmittelbar zu begre11en • ibt, die sich gegen 1t1
hlemauf, sobald es mehrere Lesarten g h Bedeutun d
s·Chl'1 ßen und jeweils den Zugang zur wa ren
. zwieh n di n _&_..I"~ .......

t~sfür sich beanspruchen: Wie t~ef~en w~rhauptung n? i ,


in Wahl und wie beurteilen wir ihrke e 11 rau : i
s
Rf'1 xion"' führt uns aus dieser ac gass
,v n" und di , \\'ahre Bedeutung'.' eines Textes in ein unerreich.
1;ar Jen i t und ma ht sie .so zu einem trans~endenten „Ding an
i h". Wir, die endli hen Subjekte, haben bloß e_inen Zugang zu ent.
telltcn Refle ionen und partie!len A~pekten, d~e dur~h unsere sub-
jektiv 11 Per pekti en verzerrt .sind; die Wahrheit an sich, die wahre
·Bedeutung des T~xtes, ist für 1mme~ verloren. " .
Uin von der „äußeren" zur „bestimmenden Reflexion überzu.
gehen, inü en wir ledigli_cheinsehen, dass ge~~de_die der
Ä7:ßerlichkeit
äußerenund reflexivenBestz1nrnungendes„Wesens (die Reihe entstellter
und partieller Reflexionen der wahren Bedeutung des Textes) die•
. em bereit i1n1nanentist, dass dieses immanente „Wesen" selbst bereits
.,d zentriert'· ist und dass das „Wesen" dieses Wesens in jener Reihe
äußerer Bestimmungen liegt.
Betrachten wir, um diese etvvas spekulative Formulierung deut-
licher zu machen, einen Fall, bei dem verschiedene Deutungen eines
großartigen klassischen Textes aufeinandertreffen - beispielsweise
Antigone. Die „setzende Reflexion" behauptet, über einen direkten
Zugang zu der wahren Bedeutung des Stücks zu verfügen: ,,Bei
Antigonehandelt es sich de facto um ein Drama, in dem es darum geht,
da ...''; die „äußere Reflexion" schlägt uns eine ganze Bandbreite
hi tori eher Deutungen vor, die von verschiedenen sozialen und
anderen Kontexten bedingt sind: ,,Wir wissen nicht, was Sophokles
wirklich agen wollte, und die unmittelbare Wahrheit von Antig<me
ist uns unerreichbar, da sie durch die historische Distanz gefiltert
wurde. Wir können lediglich die Rezeptionsgeschichte des Textesin
den Blick nehmen: also das, was Antigone in der Renaissance bedeu-
tet hat, was sie für Hölderlin und Goethe bedeutet hat, was im 19.
Jahrhundert, für Heidegger, für Lacan ... ". Um die „bestimmende
Reflexion" zu erreichen, bedarf es lediglich der Erfahrung, dass
das. Problem der „wahren" und „ursprünglichen" Bedeutung der
Antzgone- also der Status der Antigone„an sich", unabhängig von den
Strängen _ihre: h~storischen Wirkmächtigkeit - letztlich ein Pseudo-
prob!em 1st: Es hegt, um das Grundprinzip von Gadamers Herme-
n_uti~ .zusamme~fassen, mehr Wahrheit in den späteren Effekt~n
1
. ~ s Iextes ~nd 1n der Reihe aufeinanderfolgender Lektüren al in
sein r angebhch „ursprünglichen" Bedeutung. .
Man sollte die „wahr " Bedeutung der Antigone daher nicht.in
d n obskur n U rsprüng n dessen su hcn, was „Sophokles wirklich

28G
g . 11, ollt ". i wird durch ct·
<l • • Ie R 'h
•··r 11 ko11 t1tu1 rt - das heißt . e~ e aufeina d
ttl 1,. .. ' sie w1 d n erfolg d
wn dig .verzogerung nachtra"z· h
g ic k r
• durch e· en er Lek-
Ine str k
d r 'b t1mmenden Reflexio 0 " d onstituiert. Wir h bu tu~ell not.
da di Verzögerung dem 0 . ann ~rreicht, we a ~n ~ie Stufe
. " ing ans h" . nn wir ein h
• t' ]?n Verlust einer Unmittelbark . i;- Ic unmanent d . e en,
1 • eitJ ind · un Inn }' h
ich.Anders gesagt ist das, was d e~ wirdie WahrheitdesDier ic
dernis. h • t t t .. hl.
ersc ein , a sac ich eine p . .
er „außere R f
n e lexion" l H·
ngsan
• . ositiveBed• a s in-
zur,Nahr h e1t: Die Wahrheit ein n· ingungunseres Zu
. S lb . . es ings ers h • . gangs
unrn1ttel?are e stidentität unzugän lieh . c emt, wet]uns dessen
,~as wir soeben ausgeführt hab g . 1~t.
• en, 1st Jedo h 1•
nügend, a 1s d a b ei noch ein gewisse M' -~ ?sofern unge-
• d. v· 1c. s issverstandrus „ 1· h .
,iVennwir ie 1e 1alt der phänom al . mog ic ist:
unseren Zugang zum „Wesen" zunächst
en en Bestimm
bl ki u~gen, 1e

· zu oc eren schie I
die Selbst b est1mmungen dieses „Wesens" b ·c n~n, a s
. d. E h . egre1.ten- wenn wir den
Riss,der ie rsc einung vom Wesen trennt , zum inner · . h en Riss
1ic .
desWesens selbst 1nachen -, dann ließe sich immer hbh
. h . noc e aup-
ten,d~ss d 1e Ersc _e1nung so (durch die „bestimmende Reflexion")
auf die Selbstbestimmung des Wesens reduziert wird, dass sie in
dessen Selbstbewegung „aufgehoben", internalisiert und als unter-
geordnetes Moment seiner Selbstvermittlung begriffen wird. Aber
~ir müssen noch einen entscheidenden Aspekt herausstellen: Die
Erscheinung, der Riss zwischen Erscheinung und Wesen ist nicht
nur ein Riss der dem Wesen innerlich ist; die entscheidende Pointe
lautetumgekehrt, ' dass das „Wesen"nur die Selbstspaltung, dieSelbstent-
zweiungder Erscheinung ist.
In anderen Worten: Der Riss zwischen Erscheinung und ~esen
• . . . h • Bereich der Erscheinung
1stder Erscheinung 1nnerl1c ; er muss im fl .
• bestimmende Re exion •
reflektiert werden - dasnennt H ege1die " . . d h di
. l' h Reflexion
D1eGrundeigenschaft der Hege sc e_n . 'h verdopplu~ i ht ist emnac
strukturelle und begriffliche Notweoclig~eit_irere Wahrheit in d r
. nd seine inner .
nurmuss das Wesen erscheinen u . (d s i·stauch in m m
V' ielfaltseiner Bestimmungen arti•kuheren . t anur so tief, i b 1•
platzder Hegelkommentare: ,,Das ~esen ::lbster chein n mu : l
1st ");der Punkt ist, dass es d~rErsche.;u;feinung, in d
1
~
Wesn in seinem Unterschied z~rd rs Ph ·nom n p aut."". t
Ph··
. anomens, das der Nie h tlg • ke1t er g z i hn t 1•
1
ein n Körper gibt. Diese Verd0 PPun

7
u . wir begegn n ihr auf allen Stufen des Geiste
b c,,rcgun g a ' . . . . s, vorn
taat bi zur R.elig1?11.Die W~lt, _das niv:rsum ist _selbstverständ.
. 11 d'l Manife tation der Gotthchkeit,
1lC .
die. Reflexion von Gottes
endlicher Schöpfung; doch damit Gott wirken kann, muss er . h
un b d . . . sie
iner Schöpfung erneut offen aren un sic 11 in einer besonde
Per on verkörpern (Christus). Der Staat ist selbstverständlich e~en
„ d •h • d h ine
vernünftige Totalität; er begrun et sic Je oc nur als wirksam
Aufhebung/Ver1ni ttl un? aller b~s_onde_r~_nInhalte, indem er sie~
wiederum in der zufälligen Ind1viduahtat des Monarchen verkör-
pert. Diese Verdoppl un_gsbeweg_ung de~~niert .die „bestimmende
Reflexion". Als „Reflex1onsbest1mmung bezeichnet Hegel jenes
Element, das der Aufhebung alles Gesetzen eine positive Form gibt
und diese erneut verkörpert.
,\ ir müssen die innige Verbindung, ja Identität zwischen dieser
Reflexionslogik (setzende, äußere und bestimmende Reflexion)und
Hegels Begriff des „absoluten" Subjekts begreifen. Das „absolute"
Subjekt ist ein Subjekt, das nicht länger irgendwelchen vorausge-
etzten substantiellen Inhalten anhängt, sondern seine eigenen sub-
tantiellen Voraussetzungen setzt. Unsere These lautet, grob gesagt,
da s diese Verdopplung der Reflexion (also die Geste, durch diedas
Subjekt das substantielle „Wesen" setzt, das in der äußeren Reflexion
vorausgesetzt wird) bei Hegel für das Subjekt konstitutiv ist.

Das Setzen der Voraussetzungen

Betrachten wir, um diese Logik des „Setzens der Voraussetzun·


gen' zu veranschaulichen, eine der berühmtesten „Bewusstseins•
ge_stalten" in Hegels Phänomenologiedes Geistes:die „schöne Seele".21
Wie unterläuft Hegel die Position der „schönen Seele", dieser zar·
ten, fragilen, sensiblen Subjektivitätsform die das Böse in der Welt
a~s ~er siche:cn Position einer unschuldi~en Beobachteri~ bekla.~?
1
~ Fals hl~ 1~ der „schönen Seele" liegt nicht darin, dass sie ~ntä~g
1
,t und I_digh h über die Unsittlichkeit der Welt klagt; siehe~.~
g nt il gerad in jener Art von Tätigkeit die von der Po itl~
i Jn r r. • k • . . . '
. _natig cJt 1mpliz1ert wird - darin dass die „schöne ee .
S 1 die
,,obJ
. .~kt1ve_' sozia• Ic W lt 1m
• Voraus strukturiert,
' sodass es 1·1lf mög·
hch 1st' d1 R.olle d s frag1len,. uns huldigen und passiven • Op~

288
_ll spi l r . D al o i t die g
1 • <l d . . rundleg d
ätig
t( 111 un 1nit einer best· en e Lehre H .
. .l 1· 1 immten --n • ege1s Wen .
tchl eh wir i 1e Tat nicht . . iat in die Welt . • . n wir
f~kti. h n Eingriff (oder Nic1hn~1ese_mbesonderen e1~gr~1~en,be-
1 d . te1ngriff)· . . , mp1r1schen
ind b t it arin, dass wir d' , sie ist strikt b . '
t • 1e Welt u d sym ohsch
d -r \ \ lt 1m Voraus auf eine b . n unsere Wahr h
. . 'ff estimmte W. ne mung
un r n. E(1ngri zu ermögli'ch en und d • eise strukturier en, um
Tätio-kit oder Untätigkeit) zu er"ff ar1? den Raum für unse
o nen Di • kl. re
d r (b son d eren und faktischen) T·· . k.. e wir iche Tat gehtalso
• attg e1t vori • b
\ or truktur1erung unseres symbol' h . aus;sie esteht in der
. l b d ) isc en U n1vers •
(fakuc ie, ~son ere Tat eingeschrieben u~s, in das unsere
vVenden wir uns, um diesen Punkt werd en ~1rd.
· d zu verdeutlich d
einer leiden en Mutter zu die die St" 'h en, er Sorge
.. . ' " utze I rer Famil. " •
anderen Fam1henmitglieder _ ihr Ehe 'h . ie ist: Alle
. . mann, I re Kmder
sie rücksichtslos aus; sie erledigt alle Ha b . - nutzen
• usar e1t und beklagt • h
selbstverständbch fortwährend darüber da 1'h b sie
·d ' ss r 1 e en nur aus
stu1n1nen1
.. Lei .und .Aufopferung . . besteht , ohne d ass sie · Je
· daf•• ur ent-
lohntwurde. Die Pointe ist Jedoch, dass sie sich imaoinär · di
· 1 0 r " 'd 'f' • rmt esem
,,sulen p1er i enti 1z1ert: Es verleiht ihrer Selbstidentität K _
öA

. 'h on
sist~nz ne h 1:°-en wir 1 .: ~iese endlose Aufopferung, bleibt nichts
übng; sie verliert buchstabhch „den Boden unter ihren Füßen".
Wir haben es hier mit einem Musterfall von lacanianischer Kom-
munikation zu tun (der Sprecher erhält vom Empfänger seine
eigene Botschaft in ihrer umgekehrten - also wahren - Bedeutung
zurück). Die andauernde Klage der Mutter ist eine Forderung:
„Nutzt mich weiter aus! Mein Opfer ist alles, was meinem Leben
Bedeutung verleiht!'' Indem die anderen Familienmitglieder sie
weiterrücksichtslos ausnutzen, senden sie ihr die wahre Bedeutung
ihrer eigenen Botschaft zurück. Anders gesagt, die wa~e Bedeu-
tung der mütterlichen Klage lautet: ,,Ich bin ~azu bereit, alles_zu
opfern ... alles, außer das opfer selbst!"Möchte die ~rme Mutte~es:
wirklichvon dieser häuslichen Versklavung befreaf1enl~ mhuNssst1(der
0~1erselbstopfern- sie muss au fh oren,
1r. • •• das gesellsch t 1c e e z
fers überträgt,
Familie),welches ihr die Rolle des ausgebeuteten P 0

h1nzunehmen k • f htzuerhalten.
oder gar a t1v au re~ . d U tätigkeit' , mit d r
DerFehler der Mutter liegt also nicht in . er "tra·~gtsondern darin,
• d' Opfers stl 11er ' .
sie 1 Rolle des ausgebeuteten h h"lt das sie auf di
dasssie· das sozio-symbohsc• h e Netz auf rec ter a ,

29
Rolle reduziert. Wir könnten uns hier a~c~ auf den Unterschied
Z\\'l
. 11en dei~ "konstitutiven" und „konstituierten" . Identifizierun g
l)CZlC· 11c 11 _ zwi chen dem Ideal-Ich
. •
und dem Icludeal. Auf Ebene
• h" s "
de ideal-iinaginären Ichs sieht sich die ,,~c ?ne eele als fragiles
und pa ive Opfer; sie identifizi~rt s~ch 1n1t ~1eser Rolle; s~e„gefällt
ich" in die er Rolle und erscheint sich als liebenswert; diese Rolle
b r itet ihr eine narzisstische Lust; doch in Wirklichkeit hat sie sich
init der formalen Struktur des intersubjektiven Felds identifiziert
. '
da es ihr erlaubt, diese Rolle zu über~e_hmen. D_1es~Strukturierung
de inter ubjektiven Raumes (das Fam1hennetz) 1st, 1n anderen Wor-
t 11, der Punkt ihrer symbolischen Identifizierung, von dem aus sie
ich selb t beobachtet, um sich in ihrer ünaginären Rolle als liebens-
wert zu erscheinen.
All dies ließe sich auch in Begriffen der Hegel'schen Dialektik
zwi chen Fonn und Inhalt ausbuchstabieren. Dort liegt die Wahr-
heit elbstverständlich in der Form: Die „schöne Seele" strukturiert
ihre gesellschaftliche Wirklichkeit durch einen rein formellen Akt
im Voraus, sodass sie die Rolle des passiven Opfers übernehmen
kann; das Subjekt, das vom faszinierenden Inhalt geblendet wird
(Yon der Schönheit der Rolle des „leidenden Opfers"), übersieht
dabei seine oder ihre formelle Verantwortung für den gegebenen
Stand der Dinge. Betrachten wir ein historisches Beispiel, um die-
en Begriff der Form zu erklären: die Debatte zwischen Sartre und
den französischen Kommunisten unmittelbar nach dem Zweiten
\Veltkrieg (die sogenannte „Existentialismusdebatte"). Die Kom-
munisten machten Sartre vor allem folgenden Vorwurf: Er würde
z,"·ar allen bürgerlichen Inhalt zurückweisen, indem er das Subjekt
als reine Negativität begreift. Es ist leer, entleert von allen posi-
ti:en, substantiellen Inhalten und Bestimmungen eines irgend-
wie_ge?ebenen „Wesens". Die bürgerliche Form der Subjektivität
bleibe Jedoch erhalten. Deshalb müsse Sartre auch noch die letzte
und schwierigste Aufgabe meistern: diese For1n der bürgerlichen,
individualistischen Subjektivität fallen zu lassen und sich selbst der
~rbeite~klasse zu überlassen ... Obwohl dieses Argument simplifi-
zierend ist, steckt darin doch ein Körnchen Wahrheit: Besteht der
b~i~de Fleck des ~ogenanntcn ,,bürgerlich-libertären Radikalis?1~ ."
nicht gerade d~nn,. dass er die Form der bürgerlichen Subjektivität
dur h <l n rbarmh h n Vcrsu h, jcglich n bürg rlichen Inhalt iu

290
opfern, gerade bes tätigt? Also darin ..
Grsprung des Bösen" nicht im . ~u ubersehen, das d
"or1nse lb st 1iegt.
• ' Diese
• pos1t1venInh alt, sondern
s er
• wahre
di
F .. von For in eser
Hintergrund f ur unsere Deutung de n tn llnd Inhalt bildet den
chnitts aus Hegels Phiinomenologie:s olgenden, rätselhaften Ab.

DasHandeln al die Vet""\\1


irklichung ist hierd h . .
bloßel .mkehrung der Wirklichkeit als em·es u~c,J~•ereine Fonn des Willens·die
. seienu.en
Falle • , •
keit,der bloßen Weise des gegenständUchen wi·s . d. s 1~ eme getant\Virklid1•
• sens m 1eWe1sed w·
ifirkhchke1taL einem vom Be,vußtsein Hervorgebrachten.22 es issens.vonder

Bevorvnr durch eine besondereHandlung in die Wirkl· hk · • .


.. . d" . . 1c ea emgre1-
fen,111ussenv,.r1r 1e Wirklichkeit durch eine reinJonuell.e Handlun
Yonetwas, das uns gegenständlich gegeben ist, in eine \Virklichke~
rerwandeln, die„ Wirksamkeit'' ist, die vom Subjekt geschaffenund
..ge etzt~ ist. Das Interessante an der „schönen Seeleuist hierbei,
dasssie uns die Lücke nvischen diesen beiden Handlungen aufzeigt
(odervieln1ehr zwei Aspekte derselben Handlung): Auf Ebenedes
positiven Inhalts ist sie ein untätiges Opfer. Diese Untätigkeit ist
Jedochbereits in einem Wirksamkeitsfeld vero11et, Fe]?"e~ner
gesellchaftlichen Wirklichkeit, die „eine getaneW1rklichk~t 1st -
1
alsoin einem Feld, das durch eine „Umwandl~ng" ~co_nve7! on]Wikonk~
• . .. dli h « ·unkbchkett 1n eme ir
st1tu1ertist die die gegenstan c e vv1 ld
. ' " . d~ w· klichkeit als Fe LU1Serer
samken ver,vandelt. Darmt uns ~e ir . k miissenwir
eigenenTätigkeit (oder Untätigkeit) erschein~ aruw1'•r 11iü.sseriwns
, d lt" begre11en- •
sie bereits im Voraus als „umgewan e
alsformellverantwortlich/schuldig begreifen. d esetzten Vorausset-
H1er treffen wir endhc. h auf d a s Problem d er. gn und emp1ns .• eh
en
. besoo e1e.
zungen: Das Subiekt ;_, setzt in seiner . • ..t . d er es t'1·u·g
ro , wird, selbstvei:·
1ät1gkei t die Welt" die Objekttv1ta ' eben und eine pos1-
sr • " ' d •in Voraus geg d irische
andlich als etwas voraus, as 1 . e positiveun emp h
t1v B · . .. • k •t ist. 0 1es . • Wahrne -
e ed1ngung seiner Taug et das Subiekt seine . !c. n
t·· • .• li ]1 wenn • E1ngreue
atig·keitist jedocl1 nur mog c ' rrukturiert, das selDda Subjekt
llJung der Welt im Voraus als et~ s r möglich, wenn s " nacb-
errn0•• . s 1st nu . Setzens
ghcht - anders gesagt, e ... k 't und seines "d sub1ektdie
dIe \1, • Taug e1 eh den as :., •
.. oraussetzunge11 seiner Akt" du.r 1., er ist eine
tnlgl'
,r
h
ic setzt. Dieser "Akt vor
delll. ' •
t ist rein
forroa
vor T .. 'gke1t setz '
aussetzungen seiner att
291
andlung" die die Wirklichkeit in etwas verw
rein fonn II " U lllWc ' .. • k . h an.
<lclt, da a 1 la
Erg· bnis un erer Taug elt wa rgenommen un
d
vorau. gesetzt wird. . .
. t heidende Moment hegt darin, dass der formell
1) a 11
d „ hl. h E. e
li 1nwan u1
1 dl 1 gsakt den positiven un tatsac . 1c en
. ingriffen ge-
gcnüber vorgängig ist._Dad:1rch ~nterscheidet sie~ Hegel radikal
. I\tfar , eben Dialektik: Bei Marx transformiert das (kollek-
von d e1 b' k .... d
tive) Subjekt zunächst die ~egebene O ~e u_vitat urc~ de_n_tatsäch-
lichcn inateriellen Produktionsprozess; es gibt der Objektivität eine
111cn chliche Forin" und begreift sich sodann formell als „Autor
,,ein r \i\Telt'',indem es sich in den Resultaten dieser Tätigkeit reflek-
tiert. Bei Hegel ist die Reihenfolge umgekehrt: Bevor das Subjekt
tat ächlich' in die Welt eingreift, muss es sich formell als verant-
"
wortlich für diese begreifen.
C1no-angssprachlich ausgedrückt „tut" das Subjekt „nicht wirklich
en•ra '', ondern übernimmt nur die Schuld und die Verantwor-
tung für den Stand der Dinge - es akzeptiert diesen durch einen
rein fonnellen Akt als „sein eigenes Werk": Was zuvor noch eine
ub tantielle Positivität war (die Wirklichkeit als „seienderFall") wird
plötzlich als Resultat der Tätigkeit des Subjekts begriffen (,,Wirk-
lichkeit als ein vom Bewusstsein Hervorgebrachtes"). ,,Im Anfang"
liegt daher kein aktiver Eingriff, sondern die paradoxe Handlung
des „Imitierens" und „Vortäuschens": Das Subjekt täuscht vor, dass
die ihm in ihrer Positivität gegebene Wirklichkeit - die ihm als fak-
tische Substantialität begegnet - sein eigenes Werk sei. Der erste
„Akt" dieser Art (der die Entstehung des Menschen definiert) ist
das Begräbnisritual; Hegel entwickelt dies auf formelle und expli-
zite Weise anhand des Begräbnisses von Polyneikes in Antigone:

Die e ~llgemeinhe~t, zu der der Einzelne als solchergelangt, ist das reine Sein,
Tod;es ist das unmittelbarenatürliche Gewordensein,nicht das Tun eines Bewußtseins.
Die Pfli_chtdes Familienmitgliedes ist deswegen, diese Seite hinzuzufügen, damit
auch sem letztes Sein, dies allgemeine Sein, nicht allein der atur angehöre UDd
etwas Cnvernünftiges bleibe, sondern daß es ein Getanesund das Recht des Bewußt-
ei~_si~ ihm behauptet sei. [...] Die Blutsverwandtschaft ergänzt also die ahstrakte
nalurhche Bewegung dadurch, daß sie die Bewegung des Bewußtseins hinzufügt,
da_ Werk der l 'atur unterbricht und den Blutsverwandten der Zerstörung e~t-
:eißt, oder _besser, weil die Zerstörung, sein Werden zum reinen Sein, notwend•g
i t, elb t die Tat der Zerstörung über sich nim1nt.2:i

292
pi nt h idende Dimension d
• p es Begr··b .
atzd1 er assage angedeutet· D a n1srituals . .
"l;o<lzur natürlichen Auflo··s • as Werden zum ~ 1rd 1m letzten
i
1
ung p • ••reinen s ·
liehr und natürlicher Notwe d. kas~1ertS<>wieso tnit ein, z_um
d S b• k d
nünmt as u e t en Prozess d
n ig eit· d h unauswe1ch
' urc das Begr"b . . -
,,i der holt ihn symbolisch und ta~rnahtürlichenAuflösu:g ~u1sfn~uha
R ultat .seiner • fre1en
• Entscheid usc t. vor, dass dieser .
Proz
sie
. ung sei ess das'
Au einer he1deggerianischen p • .
.. dl' h . erspektive k"
elb tverstan 1c widersprechen . d onnte man Hegel
. S • •b , in em man de S b' k .
aufdie p1tze tre1 t: Das Sub1ekt will n u ~e t1vismus
• J sogar den Tod d' b
zende Be d 1ngung der menschlichen E . . , iese egren-
. • • x1stenz frei regel . ·11
ihn 1n seine eigene Tat verwandeln M't 1
L ' . . n, es wi
• acan wird Jed h •
andere, entgegengesetzte Lesart möglich· Das B "b . . oc eine
••
b o 11s1erungsa k • egra n1sntualstellt
denSym .. .
t par excellence dar- du h ·
. , rc eine erzwungene
Wahlubern1mmt . und . wiederholt
. das Sub1ektseine eigene r--n t also
.1a ,
das,w~s sowies? passie~t ist. Im Begräbnisritual überträgt das Sub-
jekt d~e Form -~1~er freien Handlung auf einen "unvernünftigen",
zufälligen naturhchen Prozess.
Hegel artikuliert den gleichen Gedankengang auf etwas allge-
meinere Weise in seinen VorlesungenüberdiePhilosophie derReligion.
Dort bespricht er den Status des Sündenfalls im Christentum -
genauer, das Verhältnis zwischen dem Bösen und der mensc~-
lichen Natur. Selbstverständlich ist sein Ausgangspunkt, dass die
menschliche Natur an sich unschuldig ist und sich in einem Zu-
stand vor dem Sündenfall" befindet - dass die Schuld und das
Böse existieren wenn es Freiheit, die freie W~hl u nd das Shu~-
' d d' t der entsc e1-
jekt gibt. Es wäre jedoch ein Irr~um .- un c~~l~: en Natur de
dende Punkt -, aus dieser u~s~runghc!:;~ den n!türlichen Teil
Menschen zu folgern, dass wir im Men k . Verantwortungtr"gt)
(derihm gegeben wurde und für den er eh1n~d könn n (d r
. G • t untersc e1 en . . )
vondem Teil des freien eis es b ·s seiner Täti 1t 1
Resultat seiner freien Wah 1 un d das. Erge ni • h" (al o b t 1•
n· 1e menschliche
.
Natur 1st tatsa
..
chhch „an SlC
b Id di Form

'"~ci,.,""""
vonder Kultur) unschuldig. Doc~ ~o da. Kultur i t L .. "'~"J

1'h b ld wir in t
r Herrschaft beginnt, so a J' h für in ig
d r M nsch sozusagen nachträg ic nd In tin t _c,,...,,rr ..•i.t1~ren
s in natürl1' chsten" Leidenschaf~ ndui tu zut 'au~u..,..
1·1 '' darin
h. ,,Kultur" besteht nicht nur '
• . ,· r- crci tig Forn1 zu verleihen: Di m nschlich ,
1 <.111
uno1 111 r, • . • • • .. . cllur
n/t ,·,·r/1in ihr (;eo·rrntezl,
nd< •
i. '<'r-um b
obalcl • 1 in in rhaltnis mi't der
l ultur ~c. ct1t wird - wa,_cbc1:. no h ein spontan Unsch~Id war,
"inl na hträgli h d~s r 1n -~o. e. Ander gesagt, soba!d die allge-
incine Forni de. G 1 t naturhch Inhalte umf~sst, wird das Sub.
jck.t forincll dafür verant1.u~rtlich,auch wenn es sich dabei materiell
·unl etwa. handelt, da es c11:1facl~ vorgefun~en_hat: Das Su?jekt wird
. 0 behandelt, aL hätte es seine eigene naturhch-substantielle Basis
durch einen in 11ner chon vergangenen, ursprünglichen Akt frei
gewählt. Die e for1nellc Verantwortung und diese~ Riss zwischen
der (T i.~tigcn For1n und dem gegebenen Inhalt treibt das Subjekt
in eine unablä ige Tätigkeit. 14
l. i t daher nicht schwierig, die Verbindung zwischen der Geste,
.Ju wählen, ,,·a gegeben ist" (diese Tat der formellen Umwandlung,
durch die das Subjekt die gegebene Objektivität annimmt und als
ei ene \Verk bestin1mt), und dem Übergang von der äußeren zur
L

be ti1nmenden Reflexion zu bemerken, den das Subjekt vollendet,


wenn e die Voraussetzungen seiner Tätigkeit und seines „Setzens"
etzt: ,va i t das „Setzen der Voraussetzungen" anderes als diese
Ge te der for1nellen Umwandlung, durch die wir dasjenige als eige-
ne \Verk „ etzen", was uns gegeben ist?
E bereitet zudem keine große Schwierigkeit zu erkennen, wie
all da mit Hegels Grundthese zusammenhängt, dass man die Sub-
tanz al Subjekt begreifen muss. Soll uns der entscheidende Punkt
an Hegels These von der Substanz als Subjekt nicht entgehen, so
mü en wir den Bruch berücksichtigen ' der das " absolute" Subiekt
Hegels von dem immer noch „endlichen" Subjekt bei Kant und
f ichte trennt: Letzteres ist das Subjekt praktischer Tätigkeit, das
,,setzende'· Subjekt, das aktiv in die Welt eingreift und die gege-
bene Objektivität transformiert und vermittelt· es ist demzufolge an
di „se\:orau~gesetzte Wirklichkeit „gebunden".' Das Subjekt bei Kant
und richt 1?t, anders gesagt, das Subjekt d s Arbeitsproze se_und
<l_ produktiv n y; rhältnisses zur Wirklichk it. Au g nau die c~n
(.,-rund kann s di g geh n Obj ktivität ni vollko1nm n ,,vernut-
t „ln", ~ond~·1n 1st ·, 1m1n
• r an 1n · • transz >nd nt Vorau s tzung (la c'
l)ing an ~i(h) g hun<l n, dies in >m I land In s lb t dann Lugruotle
1i gt '. w „nn d1·..•s ''vo1 auss
, tzung auf · 111
• ~n bloß ~n „Anstoy"\{(,¼:
1
u 11serer

p1akt1~cl1„n ·1ätigk „it r :.duzi rt wird.
D<l ubj kt bei H gel hi .
dl • h " S ngegen
ein " n i • e bubjekt, das a n gegistb„absolut''·• Es 1st .
• h t länger
en , n d 1 en egrenzt und d e ene Vorau nie
d urch d' ssetzun
Vorau tzungen elbst. Doch . tese bedingt. gen gebun-
W1e?Eb ist· es s t .
11 11
1 11 n , a vorhanden ist" en durchJ'en r-r.' e zt diese
• - a 1so d h e .1at n
boli h n Akt einer rein form II urc den oben '.." ur auf zu-
. . e en U erwahnten
diegeg b ne Wirklichkeit se1· . mwandlung· inde sym-
( "b . sein We k· • ' m es voro-ibt
,,ortung u ernimmt. r , indem es fu·· . o"' ,
. r sie Verant
..blicherweise geht man d -
. k . " . avon aus d d
we1tau a t1ver sei als das 1eni·g F' h' ass as Subiekt H 1
'' • • 'J e 1c tes d . J ege s
ficht Subjekt scheitert (indem e d' ' ass ihm gelinge, woran
• " · S Ie gesamt W' k]'
lo 'ersc 11 1 ingt , vermittelt, internalisiert) . e ir ichkeit rest-
01
dochvollkommen falsch: Um vom dl' h. ,~seV?rstellung ist je-
abso1uten " Su b'~e k t Hegels zu gelan „en ic en .. Sub~ekt F'1ch tes zum
". 11 gen, mussen w· 1 di 1· .
rein forme e und leere Geste hinzuf" . Ir e g ich eine
· ugen - einfach a d „ k
einenAkt reiner Vortäuschung durch d d . usge ruc t,
' en as Subjekt 'b
ei für das verantwortlich, was sowieso passiert hn d vorgi t, es
·11 A if d. , o e ass es daran
iese vveise„wzrd die Substanzzum s bj kt"·
Txr. • • .
te1 1at. u .. .
· d · u e • wenn namhch
dasSubjekt urch eine leere Geste den Rest auf sich • d
· k · E' ·c mmmt, er
einem
. .a t1ven ingre11.en entgeht. . Lacan hat dieser ,,leeren Geste"
eineneigenen Namen verliehen: Signifikant. Der Signifikant trägt
denelementaren und konstitutiven Symbolisierungsakt in sich.
Sowird auch klar, wie sich Hegels Begriff der „Substanz als Sub-
jekt"zur Grundeigenschaft des dialektischen Prozesses verhält: Es
ließesich behaupten, dass in diesem Prozess gewissermaßen allesbe-
reits stattgefundenhat, alles, was jetzt tatsächlich passiert, ist ein reiner
Formwandel. Dadurch gelangen wir zu der Einsicht, dass das Ergeb-
nisimmerschon gewesen ist. Der Riss wi~d beis.pielsweiseim dialek\~~
sehenProzess nicht durch eine aktive Überwindung „aufgehoben:
Esgilt bloß formell festzustellen, dass er nie ex~tier~hat. Da.sgl~i-
chegeschieht auch im Rahinowitsch-Witz. Rabmowitsch weist„dik~
Gegenargumente nicht . . d h kl ere Argumente zuruc ,
einfach urc ar . •
. te durch einen rein
vielmehr verwandelt er diese Gegenargumen
E . . inen Gunsten.
ormellen Akt in ein Argument zu s~ d. m fatalistischen
Es besteht kein W!ders~ruch zwisch;:rst:~::ng,"dass wir Iedig-
~spektvon Hegels D1alekt1k - also deren hat_ und seiner Behaup·
liehfeststellen was bereits stattgefuo<l b ·cen mü en. B id
' S b.ekt egre111
tung,dass wir die Substanz als u

29
. f' . lb Verknüpfung ab, da das „Subjekt" ebenJ·ene 1
11c lt au c11 , · · h eere
~,.,., 1 • hnct di auf Eb ne c1es po 1tiven 1n alts nichts v~-
(,.cstc ) zc1 ' • 11 f "•CIJI
• r Eben hat bereits a es tattge unden) und d
dcrt (au f cl 1 .
1t seine volle WirksOCh
" •
.
l11n1ug ul
f" gt "·erden 1nu '
damit der „Inha ilß.
kcit ntfalt n kann.
Di sc Parado cnt pri ht de?1 ~es letzten Sandkorns, das noch
l11•n1ug ft"igt ,.•erden
"' . 1nus ' dam1 t ein Sandhaufen . . •.Wi'rkön-
. entsteht·
nen ni „ i h r ein, \\'elch~s Korn d~s letzte ist; die einzig gültige
D finition ine Haufen 1st, dass diese~ selbst dann noch ein Hau-
fen i,t wenn wir ein Sandlt_ornentfernen. Dieses ,,~etzte Sandkorn" ist
per D finition überflü_ssig _und ~?c~1 n~t~~n~ig - es konstituiert
den „Haufen'' durch eine Überfluss1gkeit. • Dieses paradoxe Korn
1nat rial i iert da Drängen des Signifikanten - mit Blick auf Lacans
Definition de Signifikanten (das, was „das Subjekt für einen ande-
ren ignifikanten repräsentiert"), sind wir fast versucht zu sagen,
die e letzt , überzählige Korn repräsentiere das Subjekt für alle
andere Körner im Haufen. Hegels Monarch verkörpert diese para-
doxe Funktion in Reinform. Ohne den Monarchen wäre der Staat
imrner noch eine substantielleOrdnung - der Monarch repräsentiert
den Punkt seiner Subjektivierung -, doch worin genau besteht seine
Funktion? Nur darin, ,,den Punkt auf das I zu setzen", indem er die
von einen Ministern und Beratern vorgeschlagenen Erlasse durch
eine formelle Geste auf sich nimmt (indem er sie unterschreibt)-da-
durch macht er sie zum Ausdruck seines persönlichen Willens und
fügt dein objektiven Inhalt der Erlasse und Gesetze die reine Form
der Subjektivität hinzu: ,,Es ist unser Wille, dass ... ".26 Der Monarch
i t omit das Subjekt par excellence, aber nur insofern er sich.auf
den rein formellen Akt des subjektiven Entscheidens beschränlt
Sobald er danach strebt, mehr zu sein, und anfängt, sich mit Fragte
de positiven Inhalts auseinanderzusetzen übertritt er die Schwell
die ihn von seinen Beratern trennt, und d~r Staat regrediert aufdie
~tufe der Substantialität.

Wir~.können nun zu1n Paradox des phallischen Signifi,,.:- •.=~


11

1.~ruckkehren: Insofern der Phallus Lacan zufolge ein „reiner 1


f ikant" i t, ist er ein Signifikant dieses formellen Akts der Um--:=~
Ju~g, dui. h d. n das Su~jckt die gegebene substantielle Wi!kli
k als s in eigene 'Iat annimmt. Aus diesem Grund läsSl ich
)lt
run<ll ••nd phallis h E f
( • II l •• r ahrun " .
in n. . iangt on mir ab, ab g gew1sserrnaßen .
\ ran hauli h n wir die er daran kann ich . 0 bestim-
unter R•• k . nichts änd ,,
zu.anun nl n ollt : die Th _uc griff auf zwei F"II . ern.
\u Tl tint1 find n kann und ~one des Phallus wiea e, dH:man
• • . ' einen b k ' man sie bei
ugu t1nu l1at seine Sexu 1. ..
•d h •
e annten vulgären
a itatstheor· • .
w·Itz.
halb J o nicht minder wicht' Ie in einem kleinen d
• • 21 igen Text . , es-
oncupi ntia. Der Argument . entwickelt: De NuJJt..
. • ationsgang • t „ ß r zzset
r n1 ht von Jenen Prämissen au h d is au erst spannend da
. sge t enen f" '
zu amn1enhang mit dem christl' h ' ~an ur gewöhnlich im
• .. • . ic en Sexuaht"t b if
Di S xua 11tat 1st rncht die Sünde die den „a s egr f begegnet:
hat ondern ganz im Gegenteil d1·'e St ,r, Sundenfall verursacht
r°'.Jeund B ill f" d •
Arroganz und Stolz des Menschen sind d' E b „Uyeur te Sünde.
• 1 e1 vom Baum der Erkenntnis aß ie r- sunde;
1e a . h Adam beging •
••
Hohen er h e b en und selbst Herr der Schöpfu ' wei1 er sicd auf göttliche
ng wer en wo1lte. Gott
be trafte den Menschen (Adam) daher indem er 'h · r-n · b
. . , 1 m einen 1.ne
(den Sexualtne~) empflanzte, der aus dem Rahmen fällt und nicht
'.11it~nde~en Trieben (~unger, ~urst und so weiter) vergleichbar
1 t· em Tneb also, der seme orgamsche Funktion (die Reproduktion
der menschlichen Gattung) radikal überschreitet und der aufgrund
dieser nichtfunktionalen Eigenart nicht beherrscht oder gezähmt
"\\erdenkann. Wären Adam und Eva, anders gesagt, im Garten Eden
geblieben, so würden sie den Sexualakt genauso vollziehen wie all
die anderen instrumentellen Akte (das Pflügen, die Aussaat ...).
Mit dieser exzessiven, nichtfunktionalen und konstitutiv perversen
Eigenart der menschlichen Sexualität bestraft Gott den Menschen
für seinen Stolz und Machthunger. . ..
vvo k''onnen wir
ur • d'iese u nkontrollierbare Eigenart der Sexuahtat . .
aufspüren und verorten? An diesem • p un kt schlägt. Auguskt1nus seine
W'll
,u d Mensch einen star en 1 en
Theorie des Phallus vor: vvenn er h k di'e Bewegung
• .. S lb st k trolle at ann er .
und eme ausgepragte e on A ;.1 us evoziert sodann eme
allseiner Körperteile beher_rsche~ ( . uguhs ;akir der seinen Herz-
Re1•he von Extrem f.a•11en.. einen indisc ennd so weiter); ' ..
alle Korp r-
schlag für eine Minute anhalten kann, u schlichen Will n unt r-
. . • • • 11dem men . h
teile smd demzufolge prmzi~ie keit hängt einzig vom Jakt c en
Warfen, und ihre Unkontrolher~r menschlichen Will n b - . 11
Gradder Schwäche oder Macht d~s E ektion d Phallu ntz1 ht
,. . . m· ie r
B 11 mit Ausnahme von eine '

7
. • - · ll d m m nschli hen Willen. Augustinus zufolge liegt
st 11 jJnnz11ne • d · ·
_. d' B deutung d s Phallus" 28 : Er ist asJen1ge menschliche
d a11n 1 ,, • h d
1 örp rt il, da i h der K.ontrolle entzie t un .. an dem s~ch der
Körper ain M n chen für dessen fal_schen St~lz r~cht. ~enn Jemand
in 11 tarken Will n hat, kann er sich auch inmitten eines Raumes
voll kö tli her Spei en zu Tode hungern. Doch wenn eine nackte
Jungfrau an ihm vor~berge~t, dan~. hängt die Erektion seines Phal-
lu k ine ·wegsvon seiner Willensstarke ab ...
Di i t jedoch nur eine Seite des Paradoxes des Phallus; ein
bekannte Rät el beziehungsweise ein bekannter Witz deutet <les-
en Kehr eite an: ,,Was ist das leichteste Objekt auf der Welt? - Der
Phallu denn man kann ihn durch bloße Gedankenkraft anheben."
Cm zur ,vahren „Bedeutung des Phallus" zu gelangen, muss man
die e beiden Beispiele zusammenlesen: Der „Phallus" bezeichnet
den Verbindungspunkt, an dem die radikale Äußerlichkeit des Kör-
per der von unsere1n Willen unabhängig ist und diesem wider-
teht, sich mit der reinen Innerlichkeit unseres Denkens verbindet.
Der „Phallus" ist der Signifikant eines Kurzschlusses, durch den die
unkontrollierbare Äußerlichkeit des Körpers unmittelbar in etwas
übergeht, das mit der reinen Innerlichkeit des „Gedanken" verbun-
den ist, und der zugleich den Punkt darstellt, an dem der innerste
,,Gedanke" die Eigenschaften einer eigenartigen Entität annimmt,
die sich unserem „freien Willen" entzieht. Der „Phallus" ist, um in
traditionell Hegel'schen Begriffen zu sprechen, die „Einheit der
Gegensätze": Er ist keine „dialektische Synthese" (im Sinne einer
wechselseitigen Ergänzung), sondern der unmittelbare Übergangvon
eine1:1:Extrem in sein Gegenteil - so etwa in Hegels Beispiel, in dem
der Ubergang zwischen der niedrigsten und vulgärsten Funktion
des Pissens zur erhabensten Funktion der Zeugung fließend ist.
Genau dieser „Widerspruch" konstituiert die „phallische Erfah-
rung': ALLES hängt von mir ab- das ist die Pointe des Rätsels-, aber
daran ~ann ich NICHTS ändern - das ist die Pointe von Augustinu '
Theone. Ausgehend von diesem Punkt (von diesem Begriff de
Phall~s, de~ zw_ische~,,allem" und „nichts" pulsiert) können wir die
„phall_isch D1mens1on des formellen Akts begreifen, durch den
1 1
. ~ di gegebene Wirklichkeit in eine gesetzteverwandelt. Dieser kt
1st 111
• ot rn „phallisch", als er den Punkt marki rt an dein Umacht
(,,A)] 8 hängt von mir ab": Das Subjekt setzt die ge;amte Wirklichk it

298
1 in W rk) und Impote (
tlpa ubjekt kann formellnz „Aber daran ka .
nur da 8 ..b nn ich • h
rird)
,,
1 zu ammenfallen.
. In d'Iesem S. u ernehlh
41.1enwanie •1h ts ändern"·.
1nne ist der Ph 8
z nd ntaler Signifikant'' zu . m_gegeben
· A hl ' nundest d 1 1
tal" 1n1 nsc. uss .an Adorn o a1s d • Uann, wenn wir .a us ein ,,trans-
tra
d i da Subjekt
.
seine radikal B
e egre
ie mkehrung d r·". nszenden-
e 1nieren d
di Grenzen dieser Welt besch „ k ~zung (die Tatsach d , urch
rfährt (das apriorische Kategra~ t ist) als seine konsti~u't'assMeauf
or1ennetz d ive acht
wahrnehmung strukturiert) ' as unsere Wirkli'hk .
• C e1ts-

Da Voraussetzender Setzung

Waswir soeben erläutert haben wei'st • d h .


' Je oc eine e t h "d
Schwäche auf: Unsere Darstellung des R fl . n sc ei ende
. h .d e ex1onsprozesseswar
an einem entsc e1 enden Punkt vereinfacht , nam •· 1· 1ch am ü her-
gang . von der setzenden d. ..zur äußeren Reflexion• Es gi'bt eme ·
ver-
bre1tete Deutung. ieses Ubergangs, die wir automatisch übernom-
menhaben und die folgendermaßen lautet: Die setzende Reflexion
istder Akt des Wesens (die reine Vermittlungsbewegung),das die
Erscheinung setzt - sie ist eine negative Bewegung, die jede gege-
beneUnmittelbarkeit aufhebt und sie als „bloße Erscheinung"setzt.
Diesereflexive Aufhebung der Unmittelbarkeit, durch die dieseals
„bloßeErscheinung" gesetzt wird, ist jedoch selbst an die Weltder
Erscheinung gebunden; sie benötigtdie Erscheinu~g _als d~
bereitsgegeben ist und das die Basis ist, auf der sie 1~reTaug~ett
dernegativen Vermittlung durchführen kann. Kurz, ehe ~eflexion
. h • 1 Ausgangspunkt ihrer er-
setzt die positive Welt der Ersc einung a s h .
. . . d' ,u lt als bloße Er c ein
mittlungstätigkeit (durch die sie ie vve "
setzt)voraus. deutlich n •
Betrachten wir um dieses Voraussetze~ zu ver ed t.......,,...-
•h , . krit'k"·
1 • Diese Proz ur
sisce Prozedur der „Ideologie . d ind m i AW'IYJn_~

theoretisc • h es re 11g1oses
• •.• o d er anderes Gebd e, bloß ('1u, .-i t01lo21Lscne,

l'ICht, ,,dieses ' zu durchsc h auen " und s a1 "kt 1 rQw-li.nrarenc~u


d k/Effi
Erscheinung" zu erkennen, als Aus .ruc •
Mh 1 •n einer r in
c anismus· sie besteht a so 1 . 1'd l •Ml\J'"'"'.,..
di
. in „spontane ' " un d ,,unreflektt
lb rtn t mni1JS''·''·
1n1·1
lr r gegebenen und unmt'tte ar
d 11 •• b rgang on d r tzenden zur äußeren Reflexion z_u~ollzie-
h 11 inu di R fl xionsbew gung nur feststellen, dass sie immer
an g b n , äußere Vorauss. tzun~e~ g~bunde~ ist, die erst im
a hhin in durch ihre n gative Taugke1t vermittelt/aufgehoben
,v rd n. Kurz, die Tätigkeit des Setzens muss ihre Voraussetzungen
b acht n - g rade ihre Voraussetzungen sind der Reflexionsbewegung
äuß rli h.
Gegenüber dieser gängigen Ansicht h~t Diete_r Henr~ch in seiner
vorzüglich n Studie zu Hegels Reflex1onslog1k gezeigt, dass die
gesa1nteDialektik des Setzens und Voraussetzensnoch ~eil der Kategorie
der , etzenden Reflexion" ist.29 Hier kann man auf Fichte verweisen,
den Philosophen der setzenden Reflexion par excellence: Durch
eine produktive Tätigkeit „setzt" das Subjekt die gegebene Posi-
tivität der Objekte, hebt sie auf/vermittelt sie und transformiert
ie; es verwandelt sie in eine Manifestation seiner eigenen Schöp-
fungskraft; doch dieses Setzen bleibt immer an seine Vorausset-
zungen gebunden - also an die positiv gegebene Objektivität, auf
die es seine negative Tätigkeit ausübt. Anders gesagt, die Dialektik
des Setzens und Voraussetzens impliziert ein Subjekt im Arbeits-
prozess, das die vorausgesetzte Objektivität durch seine negative
Tätigkeit vermittelt und in eine Vergegenständlichung seiner
selbst transformiert; kurz, sie impliziert das „endliche" und nicht
das „absolute" Subjekt.
Wenn die gesamte Dialektik von Setzen und Voraussetzen im Feld
der setzenden Reflexion stattfindet, worin besteht dann der Über-
gang von der setzenden zur äußeren Reflexion? Hiermit gelangen
wir zu der wesentlichen Unterscheidung, die Henrich hervorhebt:
Es reicht nicht aus, die äußere Reflexion darüber zu bestimmen,
dass das Wesen die objektive Welt als Basis und Ausgangspunkt sei-
ner negativen Vermittlungsbewegung voraussetzt, obwohl sie die-
er Bewegung selbst äußerlich ist; das entscheidende Merkmal der
äußeren Reflexion ist, dass das Wesen sich als sein Anderes voraussetzl,
als Äußerlichkeit,als etwas, das im Vorausobjektiv gegeben ist - in Form
der nmittelbarkeit also. Wir befinden uns in einer äußeren Refle-
x~on, ~enn das Wesen - die Bewegung der absoluten Vermittlung,
die rein s lbstbezügli he Negativität - sich elbst als etwa vorau -
tzt, das ~n. icl~exis~i rt und von d r Vermittlungsbewegung a~ ge-
nomm n 1 t. Wir befinden uns, um Hegels exakte B grifflichke1t zu

300
itz n in in r äuß ren R fl .
i1t (d. b. e ex1on
11d r 1 o ~ektiv-pha··n , Wenn das ,o
. omenal U vvesenn· h
elbt al nd rsheu und fremd e nmittelbark . ) ic t nur sein
, Wollen wir diese entscheid edSub~tanz vorausse:u ' sondern sich
• F 11 en e Point zt.
i h, ein n zu betrachten d e verdeutliche I
mitHege.~ gesprochen „zu ko~;;t~a.st s~ho_nirref ühr:~~\;~t es
,,ir den Ubergang von rein logi hist. r impliziert nämlich daer
• h • • sc en Kate . , ass
hi tor1sc en ge1st1gen Inhalt be . gor1en zum konkret
• re1ts vollzoge h b en
ichum d ie von Feuerbach entwick 1 An n a en. Es handelt
fremdung: D 1ese • „Entfremdung" de te calyse der re1·1g1ösen
· Ent-
• d •• ß R f . , eren iormale Strukt kl
weise er au eren e lex1on entspricht b h . . ur arer-
dassder Mensch - ein schöpferisches Lebeste t rucdhte1~ach darin,
• W 1 d Ob. k ewesen, as sein Potent.1a1
in die e t er ~e te entäußert _ die 0biekt· 't.. .. .
• b. k • .. . J 1v1at "vergotthcht"
und die o ~e t1ven naturl1chen und sozialen Kr"ft d" ß
. a e, 1eau erhalb
seiner Kontro~le hegen, als Manifestationen eines übernatürlichen
Wesensbegre1~t. ,,Entfremdung" bedeutet hier etwas Spezifische-
res: dass ~ämhch der Mensch sich selbst,seine schöpferische Kraft
alsetwas Außeres und Substantielles voraussetzt und begreift, dass
er sein innerstes Wesen auf ein fremdes Wesen (,,Gott"),,projiziert"
und transponiert. ,,Gott" ist also der Mensch selbst, das Wesendes
Menschen, die kreative Vermittlungsbewegung, die transf~rmie-
rende Kraft der Negativität, jedoch wahrgenommen ~ls Auß~r-
lichkeit als etwas das einer fremden Entität angehört, die für s1ch
' ' . .
selbstund unabhängig vom Menschen ex1st1ert. . .
. . h H els Theorie der Reflexion
Diese entscheidende Le re von e~ "b die Differenz
wird oft übersehen: Wir können nur mso~rn -:rs;~einung trennt,
und den Riss sprechen, der das ~esen vonW~:e gespalten ist - al o
alsdas Wesen in der oben beschriebenen e; emdes als ein i
nurinsofern das Wesen sich selbst als~twas ~cht seihst palt
nes Anderes voraussetzt. Wenn _da; e~g einer trL" .........
....- ~-
ist,wenn es sich nicht (durch <lieh ~wemtkann si h di
fremdung) als fremde Entita • ··t wa rnim bild ' n Die elbs,rs,xn
• icht heraus •. bl"R Su1t,s1aim
vonWesen und Erscheinung n S b' kt'' und nicht 01'
de d Wesen u ~e
, s Wesensbedeutet, dass as . 1 Subtanz d· •-n,.,..~~r,
1 ,hälnol1'1ena
ist:Vir infacht ausgedrückt 1st h :~~g n, l
alssi si h in der Welt der ~r~c ed1' B w
l O . k • t· sie ist 1
A.n, bJ ktivität, refle ~ier 'Ob' ektivität.
Ufh bung/ tzung dieser
, . · si·c·her si)alt n i t und si h als eine fremde po ..
Suhstan7, a 1. c s 01 • r, ' Sittv
·c ·eh , 11 Entität crfiihrt. .
g g .. ,· , 1 ß• i h b haupt n, dass das Subjekt ge'lrrl,1- •
Para(lo Tt"
1
L 1
.. 'u-ae in-
..,of('1 .n , u [Jcta
., 11z ist a /s e. ich
. elb t als Substanz erfahrt
. . E . .. d. (also
.. . eine
als
{•r llHl
1
, . fur sich ex·
gcg. l)cn , äuß rhch . und positive f"ntttat,. 1e 1
. . )· . SubJ. kt" i t lediglich der Name ur diese innere Distanz
t1c1 t . 0 a ,, , f" d'
d r , ub tanz" zu i h lb t, der Name ur 1esen 1e~;en Platz, von
d e111 au i h die Sub tanz selbst als etwas k
„Fremdes wahrnimmt
k . •
Ohn di Selbstspaltung des Wesens ann es einen vom Wesen
unt r chi denen Platz geben, an dem es als von sich selbst unter-
hi den_ al O als „bloße Erscheinung" - erscheinenkann: Das Wesen
kann nur in ofern erscheinen, als es sich selbst bereits äußerlich ist.
\'\ a al O i t die Natur des Übergangs von der äußeren zur bestim-
niendenReflexion? Wenn wir uns auf die übliche Interpretation der
Reflexion logik beschränken (dass nämlich ?er Übergang von der
etzenden zur äußeren Reflexion mit dem Ubergang von der Set-
zung zur Voraussetzung zusa1nmenfällt), dann liegt alles auf der
Hand. Um den besagten Übergang zu vollziehen, ist lediglich fest-
zu tellen, dass die Voraussetzungen bereits gesetzt sind - dass wir
un somit bereits bei der bestimmenden Reflexion befinden; alsoin
der Reflexionsbewegung, die ihre eigenen Voraussetzungen nach-
träglich setzt. Kehren wir zum aktiven und produzierenden Sub-
jekt zurück, das die vorausgesetzte Objektivität vermittelt/negiert/
formt: Es muss lediglich die Erfahrung machen, dass der ontolo-
gische Status dieser vorausgesetzten Objektivität nichts anderesist als
die Voraussetzung seiner Tätigkeit und seiner Existenz, dass sie nur
da i t, damit das Subjekt sie nutzen und seine vermittelnde Tätigkeit
an ihr ausüben kann; dass sie schließlich selbst nachträglich durch
seine Tätigkeit „gesetzt" ist. Die „Natur", das vorausgesetzte Objekt
der Tätigkeit, ist sozusagen „ihrer eigenen Natur nach" bereits in
ich selbst Objekt und Material für die Tätigkeit des Subjekts;ihr
ontologischer Status wird vom Horizont des Produktionsprozesses
b stimmt. Kurz, sie ist von vornherein gesetzt - als Voraussetzung des
subjektiven Setzens.
~n die äußere Reflexion jedoch nicht hinreichend dadurch
d fini rt werden kann, dass das Setzen immer an Voraussetzung n
g bund n ist, und wenn das Wesen sich selbst als sein Anderes setz n
mu •, um zur äußeren Reflexion zu gelangen, dann wird da Ganz

302
in " nig komplizierter. Auf d
1!ar g nug· kehren wir no h .en ersten Blick . .
d r rcligiö n Entfremdunc ~Intnal zurück zui~t alles irnrner noch
zur b timmenden Reflex·g. e~teht der ÜberganeuerbachsAnaly e
" . . Ion nicht 'nf g vonder •• ß
in Gott , 1n dieser äußer .. e1 ach darin d au eren
en, uberm·· h . , ass der M h
die umgekehrte Reflexion . ac tigen und fre d ensc
. . seines ei m en Ent·1r·
al o sein eigenes Wesen in -v d genen Wesens erkenn at
. . rorm er And h . en muss _
,,Reflexionsbestimmung" sein ,Ar ers e1t;anders gesagt d'
. 1 b 1 es vvesens?U d ff' . , ie
nicht a ,,a so utes Subjekt"? Was fehlt : a irrn1ert er sich 80
Um diese Fragen zu klären „ i~ dieser Vorstellung?
' mussen wir zum B 'ff
xion se lb st zurückkehren. Der Schi·· egn der Refle-
.• usse1 zum ad··
nisdes Ubergangs von der äußeren b . aquaten Verständ-
"d . zur estimmenden R fl • .
die Zwei eutigkeit von Hegels Refl . b . e exion1st
· · • " exions egriff" - die Reflexion
findet 1n Hegels Reflexionslooik t)...
immer auf zwei· Ehenen statt:

1. Zunächst bezeichnet „Reflexion" das einfache Verhältnis zwi-


schen Wesen und .Erscheinung. Die Erscheinung "reflektiert"
das Wesen - s_oll~eißen, das Wesen ist die negative Vermittlungs-
bewegung, die die Welt des Erscheinens zugleich aufhebt und
setzt. Hier bewegen wir uns immer noch im Kreislauf von Set-
zen und Voraussetzen; das Wesen setzt die Objektivitätals "bloße
Erscheinung" und setzt sie zugleich als Ausgangspunkt seiner
negativen Bewegung.
2. Sobald wir von der setzenden zur äußeren Reflexion übergehen
begegnen wir jedoch einer ganz and~re~ Art von ~ef~exio~.
Hier bezeichnet der Begriff „Reflexion d_a~_yerhältm ZWl-
schen dem Wesen als selbstbezügliche Ne~t1v1tat und_a:- olut
. sowie dem Wesen, msofern es ic m
Vermittlungsbewegung, . bstantiell „

umgekehrten und entfremdeten Form emderst~Entität i


. . t ls eine transzen en
m1ttelbarke1t voraussetz , a . ( s die m n 1t
usgeschlossen
1st au .
der Reflexionsbewegung

a " s·
•st ei·n äuß r
•• ßere • ie 1
1 t -
die Reflexion hier eine „au b • 'fft)
ren, das das Wesen selh st nicht etn •
. einfach von d r '"uß
Auf di ser Ebene gehen wir • di Erfah u
rnnd n Reflexion ü er, .
. ·b

id n B
indem

b
wir

das V.rhältnis zwischen diese\t1ung und d


als ß w gung d r Selbstverm 1
ta , so" ·c dein Wesen als
. • "t , .1
N g-at1,·1 . substantiell-positive
. Entität , di·e
vo1;1 Zittern f trfmor] der Reflexion ausg_enommen ist) das Verhältnis
dfr R<flfxion selbst ist: indem wir _also die Erfahrun~ ~achen, dass
die. es Bild des substantiell-unmittelbaren und pos1t1v gegebenen
\\1c'Cn~ nichts ar1,deresist als die umgekehrt-entfremdete Reflexion
de \Ve en als reine Bewegung selbstbezüglicher Negativität.
Nur diese zweite Reflexion ist strenggenommen die „Reflexion des
,ve en in ich selbst", jene Reflexion, in der sich das Wesen verdop-
pelt und so in sich selbst re~lek~iert (~nd nicht ?loß i_nder Erschei-
nung). Aus diesem Grund is~,die zw~ite ~efle~1on eine verdoppelte-.
Auf Ebene der „eleinentaren Reflexion (tm Sinne von Punkt 1) ist
da Wesen der Erscheinung einfach als Macht absoluter Negativi-
tät entgegengesetzt. Indem es alle positive Unmittelbarkeit vermit-
telt/ aufhebt/ setzt, macht es sie zu einer „bloßen Erscheinung". Auf
Ebene der verdoppelten Reflexion (im Sinne von Punkt 2) reflek-
tiert sich das Wesen selbst als seine eigene Voraussetzung, als ge-
gebene/ unmittelbare Substanz. Die Reflexion des Wesens in sich
selbst ist eine Unmittelbarkeit, die keine „bloße Erscheinung" ist,
sondern ein umgekehrtes/ entfremdetes Bild des Wesens selbst, des
Wesens in Form seiner Andersheit. Diese Reflexion ist, in anderen
Worten, eine Voraussetzung, die nicht einfach vom Wesen gesetzt
wird: In ihr setzt sich das Wesenals setzendesvoraus.
Wie bereits angedeutet, folgen diese beiden Reflexionen nicht
einfach aufeinander. Die zweite, verdoppelte Reflexion (2) folgt
nicht einfach auf die erste, elementare (1). Die zweite Reflexion
ist strenggenommen die Bedingung der ersten - nur die Verdopp-
lung des Wesens, die Reflexion des Wesens in sich selbst, eröffnet
den Raum für die Erscheinung, in der sich das verborgene Wesen
reflektieren kann. Wenn wir diese Notwendigkeit der verdoppelten
Reflexion b~rücksichtigen, können wir zeigen, was in Feuerbachs
Modell der Uberwindung der äußeren Reflexion fehlt.
Dieses Modell (das Subjekt überwindet die Entfremdung, in-
dem es das umgekehrte Bild seines wesentlichen Potentials in der
ent~r~mdeten,_ substantiellen Entität erkennt) impliziert einen
Rehgions_begnff, der der aufklärerischen Darstellung des Juden-
tums gl~icht (der allmächtige Gott ist das umgekehrte Bild der
11:nsc~h hen Ohnma ht und so weit r). Sol h ein Verständnis iiber-
51
ht die Logik, di hint r d m Grundmotiv des Christentu1ns - der

304
, 1 11 hwerdung Gottes
!' - steckt F
da Gott al fremdes We • euerbach G
·· f sen nur d s este (
li h n l iop -ungspotential . ) as entfremd t n·anzuerkennen
. . d . s 1st b .. e e Ild d ,
w'11d ig 1 t ass sich dieses R fl erucksichtigt . es mensch-
~1 n h in Gott elbst ref lekt· e exionsverhältn1·sn1~ht, dass es not-
. 1ert- d • F zw1sch G
di Wahrheit Gottes" und d s' 1.e eststellung d en ott und
. as ub1ekt ct· ' ass der "Mensch
ten ubstant1ellen Entität 1• t . J 1eWahrhe't1 d
. . . s , reicht • h er entfr d
da Subjekt sich in dieser Entit•· l n1: t aus. Es genügt . hem e-
·
refl kuert.
n·1e entscheidend . atpa s. sein umgekehrtes Bildnie kt, dass
. .. . h lb e o1nte ist d . er ennt/
Enutat s1c se st spalten und d . ' ass diese subst • 11
as Sub1ekt antie e
al o „Gott Mensch werden mus ") J „erzeugen" muss (d
. h d s . ass
Bezüg 1c 1 er Dialektik von S t
. . e zen und
diese Notwendigkeit, dass es ung .. . oraussetzen bedeutet
Subjekt setze seine eigenen ~orauenugeo 1st zu behaupten, das d
. ssetzungen n· S
Voraussetzungen ist bereits in der L 'k d • ieses etzen der
. . ogi er setzenden R fl •
enthalten; die bestimmende Reflexion wird . h e exion
. d d S b. . v1e1me r dadurch defi
mert, ass as u ekt . sich selbst. als setzendesvoraussetzen muss.um-
noch genauer
. .
zu sein: Das Sub1ekt J "
setzt sei·ne ,rvoraussetzungen"
tatsächlich, ~ndem es sich in ihnen als setzendes Subjekt voraussetzt
und reflektiert. Betrachten wir, um diese entscheidende Pointe
zu veranschaulichen, die zwei üblichen Beispiele: den Monarchen
und Christus. In der Unmittelbarkeit ihres Lebens sind die Unter-
tanen natürlich dem substantiellen Staat (der das konkrete Netz
ihrer sozialen Beziehungen bestimmt) als Bürger entgegengesetzt.
\Vieüberwinden sie diesen entfremdeten Charakter, diese irredu-
zibleAndersheit des Staats, der die substantielle Voraussetzungder
Tätigkeit/ ,,des Setzens" seiner Untertanen ~st?
• kl assisc
D1e . h marx1s• t'1sche Antwort auf diese Frage lautet selbst- b
,erständlich dass der Staat als entfremdete M~cht. "abster en
' . fl „ n und 1n die Transpa-
muss",dass sich seine Andersheit ~u os; h"ltnisse verwandeln
renznicht-entfremdeter gesellschaf~hcher ru:et dass die Unt r-
muss.Die hegelianische Antwort h~~~:g~:r ~and als "ihr eig n
tanen [subjects]den Staat letzten _E. freie Subjektivität im t t
Werk"begreifen können, wenn s1~ ibre •eh indem i im t t
1•mPunkt des Monarchen re e d
fl kt1eren· spri '
die Wirksamkit rm
• •
s:Jbst- als „Stepppunkt", al~ v;;auss tz n, d n p.un
hcht- den Punkt freier SubJekuv1täht . Di s ist m in dl „
I
eeren/formellen Geste es
d Monarc en. "
r Dial ktik k „ nn n ,vir \! und rbar die Notwendigkeit ab-
wort s ,,s b'~ek t " 1·1egt: (1) eine
J. ',
u, (ll • • d
1 it n, di 111d r Z-vv
icl uugk 1t es
l) 1. on, di l) liti her Herr haft unterworfen . . .. 1st [subject
S . to];(2) ein
f1.c1c1
• . Akt ur , d r in Akti ität . .
lbst . 1n1t11ert.
d . ubJekte
. könne n
i h nur al frei Akt ure erw1r~hc~e_n, 11:1~m sie sich verdoppeln,
·nd 111 i di Rcinform ihrer Fre1he1t 1n die ihnen entgegengesetzte
1 • 1
ub tanz hin in ,,projizieren" und transponieren; a so in die Persön-
li hk it j 11 Subj kt /Mon_arche~, der d~s „Staatsobe_rhaupt" ist.
In and ren ,vorten: Die Subjekte sind nur insofern Subjekte, als sie
\'Orau etzen, da di ihnen in Form des Staates entgegengesetzte
oziale ub tanz in ich selbst bereits ein Subjekt (der Monarch) ist,
dein ie unterworfen [subjected]sind.
Hi r 1nü en wir etwas an unserer vorangegangenen Analyse be-
richtigen - oder, u1n ganz genau zu sein, wir müssen etwas ergän-
zen: Die leere Geste, der formelle Akt der Umwandlung, durch den
,,die Sub tanz Subjekt wird", wird nicht einfach auf die Vielzahl der
Subjekte verteilt und ist somit all diesen Subjekten gleichermaßen
eigen. Vielmehr konzentriert sich diese Geste in einem Ausnahme-
punkt, in dem Einen, in jenem Individuum, das das idiotische Man-
dat auf sich nimmt, die leere Geste der Subjektivierung performativ
au zuführen - also den gegebenen, substantiellen Inhalt durch die
Form des „Dies ist mein Wille" zu ergänzen. Genauso verhält es sich
auch mit Christus: Die Subjekte überwinden die Andersheit und
Fremdheit des jüdischen Gottes nicht, indem sie ihn unmittelbar
als ihre eigene Schöpfung beanspruchen, sondern indem sie in Gott
selbst den Punkt seiner „Menschwerdung" voraussetzen. Dies ist die
Bedeutung der Ankunft Christi und seines Ausspruchs: ,,Es ist voll-
bracht! "30 Damit die Freiheit (als unser Setzen) stattfinden kann,
musssie bereitsstattgefundenhaben, und zwar als Menschwerdung Got-
tes - ohne sie blieben die Subjekte immer an eine fremde Substanz
gebunden und im Netz ihrer Voraussetzungen gefangen.
Die otwendigkeit dieser Verdopplung erklärt sehr gut, warum
gerade der Protestantismus am stärksten zu freier Tätigkeit ange-
regt hat - dabei ist gerade der Protestantismus eine Religion, die
?ie Präd stination betont und hervorgehoben hat, dass „alles bereit
im Voraus b stimmt ist". Hiermit können wir den Übergang von
der ~uß r n zur bestim1nenden Reflexion präzis formulieren: Die
B dingung un rer subjektiv n Fr ihcit (uns res „Setzen '·) i t, da

306
·ic i1n rau in d r Subst
• . ru111nung
· ·' r fl ktiert anz seihst als der .
1 . . • h. . Werden en eigen
d n eh gr I i l1e, die J.üd' h muss. Aus d' e „Reflexions-
• •d isc e u d d. tesem G
R fl ~,r1011.
tria e: In der gr· h'
.
n 1e christl' h
iec isch R . 1c e R 1• •
rund bil-
cinfa h m Form emer Vielheit sch" en ehgion wird die e ~?1o_n eine
,rar i f ÜI Hegel auch eine R 1· ~ner Erscheinunge Gotthchkeit
. . • e ICT1on d K n gesetzt(d h
R hg1on nimmt das Sub· k . 0 : er unst31),• d ... . a er
.. . e t sein eigenes W . ' in er Jud1schen
z nd nt n, außerl1chen und un . esen m Form ein
. ßl' . erreichbare M er trans-
t ntum schl ie ich wird die m hl' n acht wahr· im Ch •
" d' ensc iche Fr 'h . , ns-
b titnmung 1eser fremden Sub t ei eit als „Reflexions-
~1an kann die Bedeutung dieses anzfsedlbst(Gott)begriffen.
•• r au en er8t BI.
kulativen Uberlegungen für die ps choa . en 1ckre~n spe-
1
rie kaum überschätzen. Was ist die ~eer nGayti~;he ldeolog1etheo-
• 1 w· k . . ,, e este ' durch die wir die
rohe, sinn ose 1r l1chke1t als unser eigenes 1n k
· h d . vver voraussetzen und
lunne
. men, . an eres als
. . die elementarste aller ·d 1 · h
1 eo og1sc en 0 pe-
rat1on en: die Symbol1s1erung des Realen, durch die dieses in eine
bedeutungsvolle Totalität transformiert und in den großen Ande-
ren eingeschrieben wird? Wir können buchstäblich behaupten, dass
diese „leere Geste" den großenAnderensetztund in Existenzversetzt: Die
rein formelle Umwandlung, die diese Geste konstituiert, ist nichts
als die Umwandlung des vorsymbolischen Realen in eine symboli-
sierte Wirklichkeit - das Reale wird vom Signifikantennetz verein-
nahmt. Anders gesagt, das Subjekt setztdieExistenzdesgroßen Andern
durch diese leere Geste" voraus.
Nun könn;n wir vielleicht auch den radikalen Wechselve~rt:n,
der Lacan zufolge den letzten Abschni~t d~s psyBch.oad~alyttsc ::
. b. k • Dest1tut1on e1 ieser ,, 0
s
~roz:sses bestimmt: die „ u ~e uve . kt sich nicht längerals Subjekt
t1tut10n" geht es darum, dassdas SubJ~. ozusagen die Effekte
.
voraussetzt.indem ihm ies ge 1 '
. d. r ngt 1ost es s .
f Es unterstellt, 1n and -
'
des formellen Akts der
u mwa
ndlung au •
d di'e Nichtexistenz de gro . 0
ß
renWorten nicht die Exi•st enz, son ..ern . 81·unlosen Schwachinn • h1n·
' R I als vo11 ig b 1• • un
Anderen und nimmt das ea e und dessen Sym O 1 1 h
1
es hält die Lücke zwischen dem Rhealeennmuss, ist, da li h du
d f „ r za · d • tzt „
offen. Den Preis, den es a ul" t denn und da t t 1 b•i t l
d_1• sen Akt selbst als Su bIJ~ • kt aur, os - '
\ Subjekt ist nur 10 0 .
• rn u
b
,
}ut
1
t1on,die Hegel uns erteilt, da do pelt n R fl t 0
8 si h durch die Bewegung der p
Subj kt vorauss tzt.
7
Anmerkungen

Vorwort

1 Siehe Lee SMOLIN, Die Zukunft der Ph .k p .


weitergeht, München: DVA2009. rysi• robleme
der Stnng-Theorie
und wiees
2 Ein Asteriskus bedeutet hier und im Fol enden· Im Ori • .
3 Siehe Georg W F HEGEL Ph .. gl . • gtnal deutsch. (A. d. ü.)
• • ' anor:ienoogie des Geistes,Frankfurt am Main:
Suhrkamp 1986, 36, Hervorhebung 1m Original. (A. d. Ü.)
4 Georg W. F. HEGEL, Phänomenologiedes Geistes,547.
5 Georg W. F. HEGEL, Wissenschaftder Logik II, Frankfurt am Main: Suhrkamp
1969, 287, Hervorhebung im Original.
6 Der Begriff des „einzigen Zuges" geht zurück auf Sigmund FREUD, Massen-
psychologie und Ich-Analyse, Gesammelte Werke, Band 13, Frankfurt am Main:
Fischer 1967, 71-161, hier 117.Lacan greift ihn erstmals in der 24. Sitzung von
Seminar VIII auf, siehe Jacques LACAN, Die Übertragung, Das Seminar, Buch
VIII, 1960-1961, Wien: Passagen 2008, 421-438. (A. d. ü.)
7 Georg W. F. HEGEL, Phänomenologi,e desGeistes,31 f., Hervorhebung im Original.
8 Ebenda, 34.
9 Georg W. F. HEGEL, VorlesungenüberdiePhilosophiederReligion.!eil 3:-~ voll-
endeteReligion, Hamburg: Meiner 1984,62-63, Hervorhebungen_im Ongmal.
10 Theodor W. ADORNO, Negative Dialektik,Frankfurt am Mam: uhrkamp
1966, 32. . 7 H rhebun en im
11 Georg W. F. HEGEL, Wissenschaftder Logik II, 5 0 ervo
Original.
12 Ebenda, 573. .. . d ph .1 ophischenWissenschaften im Gru:nd-
13 Georg W. F. HEGEL, E~zyklopadie er l9~~s 24 §381Zu atz. .
1
risseIII, Frankfurt am Mam: S~hrk:!11Pt Pl:Stici~i,tempuralitidial,ctiqueP :
14 Catherine MALABOU, L'avenir de nege. •.
Vrin 1996, 212 f., Hervorhebun~ i?1 Ong;~°oph~ chen w· enschaftenim Gru?"·
15 Georg W. F. HEGEL, Enzyklopadze ckr p1986 9 2 ' H ih bun
risse 1 Frankfurt am Main: u
• S hrkamp ' ' .•
, h b u1 n in i u 1•
Original. ,f; d . Logik Jl 572,H r or l • h ifi 1 ;,,,
16 G org W. F. HEGEL, Wissenscha1tmklpädieder philosoph·eh n e, c a
17 . H L Enzy o i/7.
1 l org W. F. .___.___ Main: ulu k I p 1970, '
ff'undri se III, Frankfurt am
l · ß DIO Das Sein und das Ereignis,Berlin: Diaphanes 2005.
1 ~1• Lain_ r-rH' ER ,, ··berdieBeziehungvonMarxzuHegel",in:ders
19 1e11c out LJ. .,
Lenin und die Philosophie,Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1974, 47-67, hier 62 f.
(A. d. Ü.)

Einleitung

1 lle eitenangaben beziehen sich auf Jürgen HABERM~S, Der philosophische


Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen,Frankfurt am Main: Suhrkamp 1985.
(A. d. 0.)
2 iehe beispielsweise Michel FOUCAüLT, Power/Knowledge. Selected Interviews
and Other Writings, 1972-1977, ew York: The Harvester Press 1980.
3 iehe Louis ALTHCSSER, Für Marx, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag2011.
4 :\ifichel P:t:.CHEUX, Les virites de la palice. Linguistique, simantique, philosophie.
Paris: Ylaspero 1975.
5 Lacan entwickelt dieses Konzept in der 24. Sitzung von Jacques LACAN, Di.e
Ethik der Psychoanalyse,Das Seminar Buch VII (1959-1960), Weinheim-Berlin:
Quadriga 1996, hier 380. (A. d. 0.)
6 Siehe Herbert MARCCSE, Triebstrukturund Gesellschaft.Ein philosophischerBei•
trag zu Sigmund Freud,Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979.
7 Zizek meint vermutlich Kierkegaards Die Krankheit zum Tode.(A. d. Ü.)
8 Lacan verwendet diese Formel (il ny a pas de ra,pportsexue[) erstmals in der
13. Sitzung in Jacques LACAN, D'un Autre a l'autre. Le siminaire livre XVI, Paris:
Seuil 2006, hier 226. (A. d. Ü.)
9 Ernesto LACLA ·, Chantal MOUFFE, Hegemonie und radikale Demokratie.Zur
DekonstruktiondesMarxismus,Wien: Passagen 2012.
10 Slavoj ZIZEK, ,,Der erhabenste aller Hysteriker", in: ders., Psychoanalyseund
die Philosophiedes deutschenIdealismus, Bande 1/2, Wien: Turia + Kant, 2015.
(A. d. Ü.)

1. Wie hat Marx das Symptom erfunden?

1 Der Traum von Irmas Injektion gilt als der erste Traum, den Freud detailliert
analysiert, siehe Sigmund FREUD, Die Traumdeutung, Gesammelte Werke,
Band 2/3, Frankfurt am Main: Fischer, 110-126. (A. d. 0.)
2 Hans Jürgen EYSE. CK, Erkenntnisgrenzender Psychologie.Vom.Sinn und Unsinn
psychologischerPraktiken,München: Goldmann 1983.
3 Sigmund FRE D, Die Traumdeutung.,603, Hervorhebung im Text.
4 Eb nda, 337, H rvorhebung im Text.
5 Eh nda, 510, Fußnole 2, Hervorhebung im Text.
6 Karl M~RX, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band BuchI: 1)ef
1

Produktionsprozessdes Kapitals, MEW 23, Berlin: Dietz 1962, 89.

310
7 El nd .
( El nd ,
9 ,\lfr d OH -RETH L Int lle
.... 1 ( • • e ctual and M l L
1..' • • m1g . d r on Ziz k zitierten Passa anu~ ab~r London: Macrnillan
b I tzu1 g d1 zu Sohn-Rethel L b . gen finden sich nur in der englisch
• • d• k • e ze1ten von de Sh en
i in in in r der deutschen A b ssen o n angefertigtwurd
d usga en von Geist. nd kör . e.
l n u n mu t n daher au dem En r h .. igeu PerlzcheArbeitenthal-
JO b nda 59. g isc en ubertragen werden. [A. d. ü.])
11 Eb nda 69.
1- lfr d SOHN-RETHEL, Geistige und ko"rperl·h Ab .
abendländi chen Geschichte, Weinheim: VCH ic e r eit· Zur EpIS• tomozogie
• · der
1989 66
13 Si he Louis ALTHUSSER, ,,Vom Kathital zur Ph'·1 • h' ". .
r 1 osop 1e von Marx m: Loms
ALTHUSSER et al. (Hg.), Das Kapital lesen, Münster: WestfälischesD fb
2015 19-103 etwa 54 und 61. (A. d. ü.) amp oot
14 ZiZek spielt auf die hinduistische Formel „Tat 1vam Asi" (Sanskrit:m(qql{ 3Rlfi'
an. die auch für Schopenhauer wichtig war. (A. d. ü.)
l"' Alf red SOHN -RETHEL, Geistige und körperlicheArbeit, 37.
16 Alfred SOH -RETHEL, Intellectual and Manual Labour, 26 f.
17 Althusser entwickelt den Begriff der symptomalen Lektüre ab dem 8. Abschnitt
in ALTHUSSER, ,,Vom Kapital zur Philosophie von Marx" sowiein Louis ALT-
HGSSER, ,,Das Objekt des Kapital", in: Louis ALTHUSSER et al. (Hg.), Das
Kapital lesen 263-439. (A. d. Ü .)
1 Jacques LACAN, ,,Le Seminaire. R.S.I. Annee 1974-1975",in: Ornicar?4(1975),106.
19 I arl MARX, Das Kapital, 86.
90 Ebenda 67, Fußnote 18. . d
- • h J, LACAN Das Spiegelstadium als Gestalter der Funktion es
21 Sie ;rit „ Band 1 Wien-Berlin: Turia + Kant 2016, 109-117.
Ichs"e 1n:
•acques
ders. S ch,T'l_J.en, '
(A. d. Ü.)
22 Ebenda, 72, Fußnote 21. k „ber die psychische Kausalität , in:
23 Siehe Jacques LACAN, ,,Anmer ungen M sch der von sich glaubt, ein
d 1 199· [ ] wenn ein en , . K" .
ders., Schriften, Ban . ' . . • "[:··] ein König, der von sich glaubt, ein on1gzu
König zu sein, wahns1nn1g ist, i_~t
sein, dies nicht minder." (A. d. U .)
24 Karl MARX Das Kapital, 92 ·
... 91 f.'
25 Ebenda, MARX Das Kapital, 88, Hervorl1ebung durch
26 Das Zitat findet sich in Kar 1 ' .h daß der
• .. ) 29· Wenn 1c age,
Z1zek. (A. d. U. D. Ethik der Psychoanalyse, - • " . univer lle Täu-
27 S •
1ehe Jacques LACAN' ze h nicht wie das K'nd
1 ' das eine • der unter d n
v.. • kt ist dann durc aus 1 wie Alphonse 11a1 ' t fo'r ein
n.onzg nac ' • soll sondern e 1er . lauthal \ arnt - • as .
schung zu Fall bnngen f ' rsacht indem er sie ' d in Wahrheit a i h
Pa santen einen Auf lau veru ., Kleidist ie nackt. 11
v. ' Unterz,irem F k
Skandal! Seht diese rrau. ischen Vernunft ran •
ni ht mal das." (A. d. ü.) SLOTERDI]K, Kritik c~\?~ut t: " i d n '·a
28 Da Zitat stammt aus Peter 1983 37. D r gesamte a
f urt am Main: Suhrkamp '

11
.
,1etun.a)
l t. 1• tune<;,\\ . 1·1 'a, hzwänge und lb t rhallungstriebe
.. . auf kurze
Si ht clic clh pra h , pr hcn und ihnen agen. _e mu e em. Andere wür-
den es ohn hin tun. vi llci ht <;hl chtcre." (A. d. Ü.)
9q ( 1, die c I onfrontat ion \'On ,ei tigern mit einer Verwirklichung" iehe
-· n~~~dor \V." DOR~O. ,,Beitrag zur Ideologienlehre", in: ders., Soziologi5che
, rhriftrn J, c amm lte chriften, Band 8, Frankfurt am Mam: uhrkamp 2003,
437-477. (A. d. Ü.) Ö
:10 ,~ichc Karl ~1 R, . Das Kapital. Kritill derpolitischen lwnomie. Dritter Band, Buch
III: Dn Ge amtproi.eßder kapitalistischenProduktion, MEW 25, Berlin: Dietz 1964,
:~ . (A. d. Ü.)
:~1 Karl ~1AR.,.,'{.,,Das Kapital'', 1. Band, Druclifasung 1867, MEGA 2 ll/5, Berlin:
kadcmie 19 3, 634.
:t~ Jacque LAG ): Die Ethill der Psychoan~lyse,3?4. .
3:1 iche etwa Loui ALTHCSSER, Ideolog1eund 1deolog;ische Staatsapparate,1. Halb-
band. Hamburg: V A 2010, 82. (A. d. Ü.)
34 Blai e P C L. Gedanllen.Berlin: uhrkamp 2012, 205.
35 Ebenda. 63.
36 Ebenda. 61 f.
37 Franz K FK . Der Proceß.KritischeAusgabe, Frankfurt am Main: Fi eher 1990,
302 f.
3 PA C L, Gedanken,19 f.
39 Im Französischen incl „lesnoms du pere'· (die X amen de Vaters) und „lesnon-
dupe errenC'homophon, siehe das eminar XXI von Jacque LACA~ ·, ,,Les
non-dupes errent'', Onlinequelle (zuletzt aufgerufen am 08. Juli 2021): http://
taferla.free.fr/S21/S21 %20.. ·ox-DCPE .... pdf. (A. d. Ü.)
40 Hierbei handelt es sich um eine Anspielung auf d n Gleichklang von jouissance
(da Genießen) und joui.s-sense(Genießen im inn), der vom päteren Lacan ge-
braucht wird. (A. d. Ü.)
41 igmund FRECD, Die Traumdeutung,514.
42 Jacque LACA):, Die vier Grundbegriffeder Psychoanalyse,Das Seminar, Buch XI,
\Vien: Turia + Kant 2015,Sitzungen V und VI.
43 Den Begriff des Antagonismus entwickeln Ladau und Mouffe beispiel weise in
Ern to LACLAC, Chantal ~OUFFE, Hegemonieund radikale Demokratie,176-183.
(A. d. Ü.)
44 Jacques LACA. ·, Die vier Grundbegriffeder Psychoanalyse,Sitzung VI.
45 Dieser atz tammt au : Jacques LACA1 ·, Die vier Grundbegriffeder PsychoanalJse,
56. (A. d. Ü.)
46 Freud pricht von einem „gewachsenen Fels" in Sigmund FRE1JD, ,,Die end-
h~he und die unendliche Analyse", Gesammelte chriften 1 Band 16, Frankfurt:
1961,57-1001 hier 99. (A. d. ü.)
47 Hie~·mi_t~erweist Zizck wohl auf die berühmt Pa agc: ,,Die wahre chrcmkeder
kapualistischen Produktion ist das Kapital selb t, ist di : da da Kapital und
s ·m <, lb s rverwer1ung als Ausgangspunkt und Endpunkt, al ~fotiY und Zweck
~j •J Pioduktion rs h int, dass di Produktion nur Produktion für da ~apital
1
l UJld rncht umgek h1 t di Pt odukt ionsmi 11 1 bloß 11i tt I für ine _cet. sich

312
nr it n d taltung d L b
• d , • h e en proze e f „ d.
1 n m • 1 Karl MARX Das K . s_ ur Je Gesellschaft
der Produz
4 i b I arl M RX Zur Kritik derpo'(//,.ztal.
DritterBand, 260. (A. d. Ü.) en-
ischenÖkonomie,MEW 13,8 f. (A. d. Ü.)

2. Vom ymptom zum Sinthom

1 Ja que LACA ' Freuds technischeSchriften Da S .


W inheim-Berlin: Quadriga 19 75 , _ ' s eminar, Buch I (1953-1954)
205
2 Eb nda 204, Hervorhebung im Text.
3 Retroactive wird für gewöhnlich mit retroaktivübersetzt B · t t· ( h
, . e1 re roacive manc -
mal au_ch_apres-coup)h~ndelt es sich jedoch um die französischeÜbersetzungvon
nachtraglzch. Der Begnff der Nachträglichkeitgeht auf Freud zurück. (A. d. ü.)
4 Die beiden Aufsätze finden sich in Michael DUMMETT, Truth and Other
Enigmas Cambridge, MA: Harvard University Press 1978, 319-332und 333-350.
(A. d. Ü.)
"' Lacan spricht über die „Innenacht' etwa in LACAN, Die vier Grundbegriffeder
Psychoanalyse,284 f. (A. d. Ü.) .
6 Die e Ge chichte ist zuerst erschienen in Walter ERNSTING (Hg.), Galaxy5.
Eine Auswahl der besten Stories aus dem amerikanischenScienceFictionMagazin
Galax), München: Heyne 1966. (A. d. Ü.) ..
7 LACAN Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, 26. (Ubersetzung angepasst

~:/ Ü.~ MAUGHAM Sheppey" in: ders., The Collected Playsof W. S(JTflerset
am,.III , Melbour~;-London~Toronto: Heinemann 1952, 183-304, hier
I~hm
M Iaug

298. (A. d. Ü.) .. eutschen Wortes unbewusstin das franzö-


9 Die spielerische Ubertragung des ) t aus Seminar XXIV.Vgl.dazu
,, (d
sische une-bevue eutsc • h· der Schnitzer . Dstamm ··ber die Verzückungder L0 1
Rolf N EMITZ, ,,Hommage an Marguente urash,u on Rolf Ternitz"'Online-
• A kungen verse en v /bl' k/
V. Stein. übersetzt und mit nmer . 2091)·https://lacan-entziffern.de ic
quelle (zuletzt abgerufen am 15.Jun_1 d-ur~s-ueber-die-verzueckung-der-Iol- •
jacques-lacan-hommage-an-marguente-' ·1 ä mourre' wörtlich über etzt: Da
stein/. L'insu que sait de l'une-be_vueswa:i~ flügelt sich zum Knobe~'l, ldaut
• "' • m Schnitzer , , D ~i no e
Gngewusste, das vo~ eine, d l'Unbewu, c'est l'amour - er.
.. • L'insucces e Ü)
gelesen hort man. , . . Liebe'." (A. d. . r b rühmt n t
Cnbewu[ssten], das ist. dh1e . h Zizek auf Rosa Luxembu g·atreFor,noderRev<r
10 In die em Ab satz beZie . t ,sieSiehe Rosa LUXEMBURG ozi ,p
r Halbband, B r m:

Sozialreform oder Revolution· d 1 1893 bi 1905, Er I
1 Werke, Ban ' h· hte
lution ?, Gesamme te Ü) . .d. Philosopllie Mr c -~
Di tz 1970 367-466. (A. d. .EGEL Vorleunge-n übe, te 0· [ ] i d nn u r-
, ' W. F. H ' . 19 6, · ,, ... n ti -
11 Ans pi lung auf Georg Main: uht kamp_ 1 11 1 r 11 h n 1
W k Band 12, Frankfurt arnlei bsa1n itn Dafürha t , in1 1unt rl n, un
' älzung g • pol on z
l aupt in Staatsumw_ . d rholt. o 1 l '
• s1 h wie
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1
,, vertrieb man die Bourbonen. Durch die Wiederholung wird das, was im
.
7
" t
1111 11

.\nfang nur al 7 ufällig und mögli h ers luen, • •
zu einem. w·ir kl..1cl1en und Bestä-
tigten." Die r Ab, hnitt wunl au h von :Marx ~ommenllcrt, s1eh.eKa~·l:MARX,
nr, (l(htuhntr ßrwnain' drs Louis Bonaparte. MEW, Band 8, Berlm: D1etz 1960,
111-207.hier 115:,,Hegel bemerkt irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen
Tat~a hen und Personen ich soZL1agen zweimal ereignen. Er hat vergessen hin-
7 uzufügen: da eine \fal al Tragödie, das andere Mal als Farce." (A. d. Ü.)
12 "'ign1und FRECD. Die 11rmrndeutung,~esa1nmelle Werke Band 2/3, Frankfurt
am \1ain: Fi eher, 432, Hervorhebung 1m Text.
1:1 HEGEL, Vorle1mgrn iibn die Philosophieder Geschichte,377-380. (A. d. Ü.)
14 Die. e tellc findet ich in Georg W. F. HEGEL, Grundlinien der Philosophiedes
Rechts oder Saturrrchl und Staatswissenschaftim Grundrisse, Werke, Band 7, Frank-
furt am \1ain: Suhrkamp 1986, 28. (A. d. Ü.)
13 Fran7 K FI A, Der Prozeß.Kritische Ausgabe, Frankfurt am Main: Fischer 1990,
294 f.
16 Robert A. HEI:\'LEI:\', The Door into Summer, Xew York: Dei Ray 1986, 287.
17 An, pielung auf Berkeleys berühmten und kontrovers diskutierten Satz esseest
percipi ( ein i t, wahrgenommen zu werden), siehe etwa George BERKELEY,
Drei DialogezwischenHJlas und Philonous, Hamburg: Meiner 2005. (A. d. Ü.)
1 iehe L CA:\'. Die vier Grundbegriffeder Psychoanalyse,35. (A. d. Ü.)
19 Die bezieht ich auf FREL'D, Traumdeutung, 50 f.: ,,~iemand hat die Wesens-
Yer chiedenheit von Traum- und Wachleben stärker betont und zu weitgehen-
deren chlü sen verwendet als G. Th. Fechner in einigen Bemerkungen seiner
.Elemente der Psychophysik'. [ ...] Er vermutet [ ...], daß auch der Schauplatz der
Träume ein anderer ist als der des wachen Vorstellungslebens."(A. d. Ü.)
20 \\'alter LORD, A Night to Rernernber,Xew York: Bantam 1983, xi f.
21 o Lacan etwa in1 bislang auf Deutsch unveröffentlichten Seminar XXII,
itzung vom 21.Januar 1975. In der Übersetzung von Rolf ~emitz: ,,Was ist für
denjenigen. der mit dem Phallus belastet ist, eine Frau? Ein Symptom." Siehe
Rolf~ ·EYIITZ, ,,Lacans Sentenzen. ,Eine Frau ist ein Symptom des Mannes"',
Onlinequelle (zuletzt abgerufen am 15. Juni 2021): https://lacan-entziffern.de/
s,mptom/ eine-frau-ist-ein-symptom-des-1nannes/. (A. d. Ü.)
22 iehe Jacques-Alain MILLER, ,,L'orientation lacanienne. Le Cours de Jacques-
Alain Miller. Ce qui fait signe. 1986-1987", Onlinequelle (zuletzt abgerufen am
15. Juni 2021): https://jonathanleroy.be/wp-content/uploads/2016/01/1986-
1987-Ce-qui-fait-insigne-JA-Yliller.pdf, 273. (A. d. ü.)
23 Hier paraphrasiert Zizek Lacans Formel der Psychose aus: Jacque LACAX, Die
P5>cho5en, Das Seminar, Buch III, Wien: Turia + Kant 2016, 104. (A. d. ü.)
24 Jacqu LAi A~, Da5 Sinhtom, Das Seminar, Buch XIII (1975/76), ,vien:
Turia + Kant 2017, 181-192. (Die Assoziation reihe, auf die Zizek an pielt, er-
lärt sich durch ein Reihe von Homophoni n im Französi eh n: synt-homme,
Samt 1hom(as), .sainthomme. [A. d. ü.])
2S han7 KArKA, ,,Ein Landarzt", in: ders., Erzählungen, Frankfurt am ~1ain:
I·isch ~1, l12-117, hi 1 115.
2G tJ> ·uda, 113.
27 La an~ pri ht
.
im oben b .
ereits er ··1
in rau 1 mptom d M Wa1nten s .
F
. e ann ) ern1narXX
in d r 1tzung vom 91 Ja es vom PhaU II On dem
2 Ri hard WAi ER Par. :ular 1975. (A. d. Ü) us als Ex-sistenzdeseRr belhauptet
' S1:Ja Ori • • ea en et
u ik on lrich Drüner" • . . gin~llibretto. Mit . ' wa
·1 z· h nd ' in. Ulri h D . einer Anal
rnu uia isc er u literarischerAnal c RÜNER (H ys~vonText und
tion, Kom,rnentaren, Disko!1'1n,-hh.yse, Dokumentationen g.), Parsijal.Li/nettomit
.. 1 p o. r ze' Auffüh zu Entsteh
Mun en: remOp 1990, 69-151 . rungstabellen, Biblio a . ung und Rezep-
29 Da petit bout de reel kommt b : hier l44. (A. d. ü.) gn:Phie und Zeittafeln,
d M'll e1 Lacan in S •
\ ur e ;n R, 11,;r weiterentwickelt, etwa in ejm1narXXII am Rande vor und
pon u ee Onlinequelle ( 1 acques-AlainMILLER D ,
· 1 1 b / zu etzt abgerufe , ,, es re.
J0nat 1an eroy. e wp-content/upl d/ n am 15.Juni 2021):htt '/ /
20161 19
Reel-JA-Mill er. pdf. (A. d. ü.) oa s Ol/ 83-1984-Des-reponse~~d u-
30 iehe LACA , Die vier Grundbegriffede p h .
31 Willia1n Randolph Hearst (1863-l ) r syc_oanaly~e, SitzungX, 129-141.
951 war ein Medienmogul b ß .
de 20. Ja h rhunderts die größte Zeitungskette der USA ' . esa zu Beginn
für Orson Welles' Citizen Kane. (A. d. Ü.) und diente als Vorlage
32 Der Text auf der . Rückseite der französischen Ausgabe beginnt · folgender-
1naße~: ,,Il f a~t avoir l7:ce recuei~,et"da_ns long,poury sentierquesy poursuitun
son,,.
seul debat, tou;ours le m,em,e,et quz, dut-ilparaztredate1;sereconnaitpouretrededlbat
des lumieres." - ,,Man muss diesen Band vollständig gelesen haben, um festzu.
stellen, dass ihn nur eine einzige und immer gleiche Debatte durchzieht,die
sich - wenn sie auch veraltet zu sein scheint - als Debatte der Aufklärungzu
erkennen gibt." (A. d. Ü.)
33 Descartes entwickelt den Begriff der provisorischen Moral im dritten Abschnitt
des Discours de la Methode siehe Rene DESCARTES,Discours delaMethode. Fran-
zösisch- Deutsch, Hambu:g: Meiner, 2011,40-55. (A. d. Ü.) •
·.., k_sp1e_t
34 Z...1ze · 1 h 1erm1
· ·t ohl auf das Faktum der reinen praktischenVernunft au
w " . .. )
§ 10 von Kants Kritik der praktischenVe_rnunft an.11 ~;tU. Band 2 Wien-Berlin:
35 Jacques LACAN, ,,Kant mit Sade", 1n: ders., c rzpen, '
Turia + Kant 2015, 289-3~4. n lus-de·ouirfällt eine ent cheidende
36 In der der deutschen Übersetzung vo . P 1 das Wort plusim Fran-
rachhch kann man 1l
Doppeldeutigkeit weg: Umgangssp f" icht mehrnutzen. Genau n mm
zösischen sowohl für me~r als au~h ur dnNichtmehrlust. ZiZek elb t r
ist plus-de-jouir also zugleich Mehr_u,:tuWn. e am 10.Juni 2021zufol ) ' r
:t
• J n Ph1hpp e1s
(einem Privatgespräc h mit a
statt Mehrgenießen. (A. d. ü.) Mithode,43-45. . zun
37 Rene DESCARTES, Discours„f lad. Demokratiein Europa,h1 r
38 Alexis de TOCQUEVILLE, uber ie • . . YII ___ ,.,.

'd 01 ll 1
ang passt. bridge: Cambri
39 Jon ELSTER, Sour Grapes,Cam
3. , Che Vuoi?"
1 Erne to L L C, Chantal MO FFE, Hegemonie und radik~/,e Demokratie.
2 Der point de capiton, der sowohl für Lacan als auch für Zizek zentral ist, wird
auf D utsch ent,veder als Polsterstich oder als Stepppunkt übersetzt, entlehnt
ine Bedeutung der 1 Tähtechnik des_,,Steppens" (auch „Q~i~ten" _ge~~nnt) und
b zeichnet grob ge agt, das 1 ähen emer _geraden. aht •.Einig~ S1gnif1kanten _
points de capiton/Stepppunkte - haben die Funktion, eine Reihe verworrener
ignifikate und Bedeutungen nachträglich so anzuordnen, dass sie eine Be-
deutung erhalten. Lacan entwickelt den Begriff des ~tepppunkts etwa in der
21. itzung von Jacques LACAN, Die Psychosen. (A. d. Ü.)
3 LACLAC, MOUFFE Hegemonie und radikale Demokratie, 165. (A. d. 0.)
4 iehe beispielsweise Georg W. F. HEGEL, Wissenschaft der Logik II, 335. (A. d. Ü.)
5 Der Begriff des cluster of desriptions/Bündels von Beschreibungen ist eines der
zentralen Konzepte, das Kripke in Name und Notwendigkeit bespricht, siehe etwa
aul KRIPKE, ame und Notwendigkeit, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981,41:
„Xach dieser Auffassung - und ein locus classicus für diese Auffassung ist Searles
Aufsatz über Eigennamen - ist der Referent eines amens nicht durch eine ein-
zelne Beschreibung bestimmt, sondern durch ein Bündel oder eine Familie von
Beschreibungen." Zizek variiert den Begriff durch dieses Kapitel hindurch und
pricht von einem cluster of (descriptive)features, cluster of descriptions oder clusterof
(descriptive/positive) properties. (A. d. 0.)
6 Ebenda 112.(A. d. Ü.)
7 Siehe etwa ebenda, 38: ,,Wenn ich zum Beispiel den amen ,Napoleon' ver-
wende und jemand fragt ,Auf wen referieren Sie?', werde ich etwa antworten
,~apoleon war zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts Kaiser von Frank-
reich; er wurde schließlich in Waterloo besiegt', und auf diese Weise gebe ich
eine Beschreibung, die einen Gegenstand als einzigen identifiziert [thus giving
a uniquely identifying description], um den Referenten des Namens zu bestim-
men." (A. d. Ü.)
8 Saul KRIPKE, Name und Notwendigkeit, 98-99.
9 Siehe etwa John R. SEARLE, Intentionalität, Frankfurt am Main: Suhrkamp
1983, 320: ,,Da sich jede beliebige Kennzeichnung [definite description] zu einem
starren Designator machen läßt, zeigt der Umstand, daß Kennzeichnungen im
allgemeinen nicht, Eigennamen aber immer (oder fast immer) starre Desig-
natoren_ sind, nicht, ~aß sich die Funktionsweise von Eigennamen und die von
Kennzeichnung voneinander unterscheiden." (A. d. 0.)
10 Saul KRIPKE, Name und Notwendigkeit, 136-137.
11 Ebenda, 33.
12 ieh Keith S. DONNELLAN, ,,Speaking of othing", in: The Philosophital
Review, 1 (Jan. 1974), 3-31. (A. d. 0.)
l3 John R. SEARLE, Intentionalität, 298 f., Hervorh bung im Original.
14 Eb nda, 321.
15 La an ntwickelt da_ Konz pt des „Signifikanten ohne Signifikat" zur Er lä·
rungd P Y ho en m LA! A , Die Psycho en, 217-231. (A. d. Ü.)

31
16 La an hat d n Beg .ff
b 111ar.. 11 .
„ b
un emin arn n·ieder fi
p orclttsion/1r
h verwerju
g n u erg tellt si h syc osenWeit _ng,der auf F
gibt die Möglichke. e ~benda, 98: Irner~?tw1ckelt und do rtedudzurückgeht
. e1t ein " verh··1 • r er ½ d ..
n1 ht ymboli iert ist d ~r ursprüngli h a tn1s des Sub1 k eri rangung
• as sich · c en Ver rFri Je ts zum S b
forclu. zon du Nom du Pere d im Realen mani lV_eT.JUnff", nämlich d ym ol
h r kann Zizek d er Ausgangsp k festiert wird." Fü 1' aß etwas
avon ausgeh un t fur d' Kl' r acan ist d'
k rn be teht. (A. d. Ü) en, dass Searles I~ inik der Psycho ie
J l R SE
1-, . mythischer S sen. Da-
li o m . ARLE, Intention l' .. tamm aus Psychoti
1 Siehe Saul KRIPKE J\r a itat, 313 f. •
. , Hame und N Ot
19 Siehe etwa LACLAU u d M wendigkeit,59. (A d ü)
· n OUFFE R • • •
„Wir versuchen mit allen F ' egemonieund 11 d'k l
jene1n Essentialismus de ?rmhen des EssentialismuszuabzaheDemokratie, 27 f.:
. 1 . ' r in ohem G d . rec en - nicht •
S ozio . ogie und des liberal D
en enkens d h . ra e die Basiskateg •
orten der mod nur mit
I d enti tät im historischen Pr ßd urc zieht und demzufol • d er~en
· d oze er Entfaltun d S . geJe e soziale
1st son ern auch mit seinem d' g es eins vollkommen bestimmt

• . iametralen Ge
zept1on
. .einer Fragmentierung d es Sozialen . digensatz:
• h der . postmodernen Kon-
irg~n dem e Art relationaler Identität zu eb~ e sie _we1~ert, den Fragmenten
sch1ebung statt: politische Pra . b hg. ~- [.••] Hier findet eine zweiteVer-
.h d x1s este t in einer dem0 k • h
nie t arin, die Rechte prä-ko t't1 . . ratisc en Gesellschaft
• ns uierter Ident1täte 'd'
vielmehr jene Identitäten selbst in e· k" n z~ vertei igen, sondern
. 1nem pre aren und Jeder •t n h b
Terrain zu konstituieren." (A. d. Ü.) zei an ec t aren
20 Bei de~ Gesandten handelt es sich um ein 1533entstandenes Gemälde H
Holbe1n d em J ungeren.
„ L acan bespricht Holbeins Gemälde unter anderem
von ans
in
L~CAN, Die vier Grundbeg;riffeder Psychoanalyse,98 f. (A. d. ü.)
21 Sieh~ Jacques LACAN, ,,Subversion des Subjekts und Dialektik des Begeh-
rens 1m Freud'schen Unbewussten", in: ders., Schriften,Band 2. (Es sei zudem
auf die wesentlich früher gehaltenen Seminare V und VI verwiesen,in de-
nen Lacan den Graphen ausführlich entwickelt: Jacques LACAN,DieBildung
des Unbewussten, Das Seminar, Buch V (1957-1958),Wien-Berlin: Turia + Kant
2019; sowie Jacques LACAN, Das Begehrenund seine Deutun~,Das Seminar,
Buch VI (1958-1959) Wien-Berlin: Turia + Kant 2020. [A. d. ü.]) .
22 Che .vuoi ? bedeutet: ' Was willst Du? Lacan bespricht diese Fra~e er tmal m
N v· Obj'ktb iehung Das Semmar, BuchI ,
Seminar IV, siehe Jacques LACA , ie e ez '
Wien: Turia + Kant 2018, 198 f • (A. d. ü.) 9 d ü)
'. • (~~eine~s rachwissechaft,
23 Siehe etwa LACAN, Die Bildung des UnbewusSeen,
nd t
24 Siehe Ferdinand DE SAUSSURE, Gru fragen a;!th r de tapi rbl tt l 4:
Berlin- ew York: de Gruyter_ 200l, 13~ f.: zur Bl:tt Papier: da D nk n i t di
,,Die Sprache ist ferner vergleichbar ~lt ~inem k nn di Vord r it ni ht z r-
Vorderseite und der Laut die Rückse~te, m~:rs:hneid n: ben önn man
hn iden, ohne zugleich die Rückseg;d:~k n noch d n dank n ' m ut
in d r Sprache weder den Laut vom
, Lr nn n [ ... ].' (A. d. ü.) And r n kommt. ( • d. O.)
25 s(A) sl ht für das Signifikat, das vom

7
26 ~iehc e1ninar IX (bislang unveröffentlicht), )~itOzunl~vom 161.D(ezlember 1961,
• L'identification (1961-1962 , n 1neque e zu etzt abgeru-
Ja que L C , , ,, / / 0 2 ,
fen ain 20. März 2021): http://staferla.free.fr S9_ S9 Vo 0~ IDENTIFICATIO~ .
df •. "Der ignifikant i t ' im Gegensatz zum Zeichen, nicht das, was etwas für
p·einanden repräsentiert, sondern das, wo?urc h d as u ~ekt f Ur
S b' • einen
• anderen
J ignifikanten reprä entiert ':ird." (A._d. Ü.)
27 111 teht für moi im ntersch1ed zum Je, (A. d. Ü.)
2 Freud hat die e Begriffe in Zur Einführung des Narzissmusentwickelt und in DOJ
Ich und das Es au gearbeitet, sie dabei jedoch weitestgehend synonym verwen-
det. Lacan hat diese Cnterscheidung ab seinem Aufsatz zum Spiegelstadium
, iederholt auf gegriffen und unterscheidet streng zwischen Ich (moi, ego),Ideal-
Ich (moi idiaD und Ichideal (ideal du moi). Dabei geht es Lacan um verschiedene
elb tverhältnisse, die das Kleinkind in unterschiedlichen Stadien seiner Ent-
wicklung ausbildet. (A. d. Ü.)
29 Die C nterscheidung von „konstituierter" und „konstitutiver" Identifizierung
trifft Jacques-Alain Miller in der 7. Sitzung vom 7. Januar 1987 seines unver-
öffentlichten Seminars „Ce qui fait insigne (1986-1987)". Ein Transkript die-
es eminars ist online abrufbar unter: https:/ /jonathanleroy.be/wp-content/
uploads/2016/01/1986-1987-Ce-qui-fait-insigne-JA-Miller.pdf. Zuletzt abgeru-
fen am 15.Juni 2021. (A. d. Ü.)
30 Kurt Waldheim war als überzeugter ~azi Wehrmachtsoffizier und Mitglied der
A. Direkt nach Ende des Zweiten Weltkriegs trat er in den diplomatischen
Dienst Österreichs ein und hatte eine glanzvolle Karriere: Von 1972 bis 1981war
er C~-Generalsekretär und von 1986 bis 1992 Bundespräsident Österreichs.
(A. d. Ü.)
31 Siehe Arnold HAUSER, Sozialgeschichteder Kunst und Literatur 1, München:
C. H. Beck 1953, 424. (A. d. Ü.)
32 Siehe Jean-Jacques ROUSSEAU, ,,Rousseau richtet über Jean-Jacques", Schrif-
ten, Band 2, Frankfurt am Main-Berlin-Wien: Ullstein 1981, 253-636. (A. d. 0.)
33 Jacques-Alain MILLER, ,,Les reponses du reel", in: Paul-Laurent ASSOUN et
al. (Hg.), Aspectsdu malaisedans la civilisation,Paris: Navarin 1987, 21.
34 Austin, der Begründer der Sprechakttheorie, unterscheidet zwischen Lokutiun
(Akt der Äußerung), Illokution (Absicht des Sprechers) und Perlokution (Wir-
kung). Searle hat dieses Schema noch etwas verkompliziert und behauptet, dass
in jeder Lokution auch eine illokutive/behauptende Kraft auszumachen sei.
iehe das 7. Kapitel von John R. SEARLE, Intentionalität. (A. d. 0.)
35 Da kleine d im Graphen steht für disir (Begehren), während das große D im
Graphen (beziehungsweise in dessen finaler Form) für demande (Forderung,
Anspruch, Bitte) steht. (A. d. ü.)
36 ~ies Formul_ierung findet sich so nicht in Freuds Schriften und geht wohl auf
me Zu chre1bung von Ernest Jones zurück. Siehe Ernest JO rE , Sigmund
Freud.LPbenund Werfl,Band 2, München: drv 1984, 493. (A. d. Ü.)
37 La~an v rwendet den . Teologismus parletre- wörtli h Sprechwesen, zugleichda
P1ech nde und d~s g sprochene Wesen - erstmals in der Sitzung vom 11.Feb-
ruar 1975 von Sem1nar XXII (bislang unveröffi ntlicht). (A. d. Ü.)

318
3 Di D finition des Sig 'f'k
n1 1 ante (
nar IX) l1at Lacan er tm 1 n entwickelt • b'
• l k . a s veröffi 1· un islan .
un d D ia e uk des Begeh . ent icht in LACAN g unubersetzten S .
rens 1m Fr d' , Sub . em1-
ßan d 2 325-368, hier 357.(A . eu sehen Unbewu;st :e~s1ondes Subjekts
39 ieh ~ACA ' Die Psychosen, Ü.) 3;9 en 'in: ders.,Schriften,
40 Der F1hn hat es zudem g h •
d r Ge chichte zu rehabil~tc afft, Judas als den eigentl. h
die m Grund sah Ch . ier_en:Seine Liebe zu Ch . tc tragischen Helden
nstus ihn als k rtstus war am gr"ß
zu erfüllen, ihn zu hinterg h star genug an die fu h b o ten. Aus
.. ) . e en und so d. E .. ' rc t are Aufgabe
Kreuzigung sicherzustellen J d , ie rfullung seines s h' ks .
• u as Tragöd • f: c ic als (die
Sacl1e statt - er war gewillt • h . ie and aus seiner Hin b .
" . , nie t nur sein L b ga e an die
Leben , seinen posthumen Ruf . k' e en, sondern auch sein .
. . . zu ns ieren· E .8 „zweites
die Geschichte eingehen wird d • r wei , dass er als derjenige i
bereit, dies zu ertragen um c'otteeruMn_se~en Erlöser betrogen hat, und ist daznu
' s iss1onzu f" 11
Mittel genutzt, sein Ziel zu erreich d er u en. Jesus hat Judas als ein
· . en, un wusste sehr hl d • .
nes Leiden zu einem Modell werden würd d . ~o , ass sein eige-
iinitiert würde (imitatio Christi) Judas' ;, ha~von Mil_bonenvon Menschen
· 1· l • • 0 P er ingegen 1st ein reiner Vi 1
bar Jeg ic 1en narzisstischen Vorteils. Vielleicht "h 1 d .. . er ust,
. . . h a ne t er en glaub1genOpfern
d er sta 1inist1sc en Schauprozesse die ihre Schuld
.. . ' gestanden und sich• selbstals
schandhchen. Abschaum
. . darstellten , da sie wussten, dass sie • so der sache der
Revolution schheßhch doch dienen würden.
41 Jesse J ackson bewarb sich 1984 und 1988für die Präsidentschaftskandidaturder
Demokratischen Partei. Dabei wurde er 1984 unerwartet Dritter und lag 1988
sogar knapp vor Michael Dukakis. Jacksons Verhältnis zur jüdischen Gemeinde
war seit 1984 wegen einer antisemitischen Bemerkung angespannt. (A. d. ü.)
42 Lacan benutzt den Begriff der „subjektiven Destitution" etwa in Jacques
LACAN, ,,Proposition du 9 octobre 1967 sur le psychanalystede l'Ecole",in:
ders., Autres Ecrits, Paris: Seuil 2001, 243-259. Die subjektiveDestitution steht
am Ende des psychoanalytischen Prozesses. Zize~.kommt auf der letzten Seite
dieses Bandes erneut darauf zu sprechen. (A. d. U.) . .
43 Deutschland im Herbst (1978) ist ein Episodenfilm, in dem sich el~ R~gisseure
(unter anderem Schlöndorff, Fassbinder und Kluge) mit den Ereignissen::~
dem Herbst 1977 (der Ermordung Schleyers,der Entführung der La(ndsdhub)
S heim) auseinandersetzen. A. • •
der sogenannten Todesnac h t von tamm , ) . \71 hältnis zum Bild (tableau)
1
44 Lacan erläutert den Begriff des Schirms (e~m~ ~ erdbegrijfe derPsychoanalyse
in der 8. und 9. Sitzung von LACAN' Die vzer un
(A. d. Ü.) , . " in· Ornicar?43(1987),56-91.(Zizekhat_die-
s
45 Siehe Bernard BAAS, ,,Le de ir pur ' ·d h sgegeben und mit einer klemen
• • Sammelban erau d Kant
sen Artikel später 1n einem BAAS Le desir pur: ä propo .
Einführung versehe~, _siehe B~Tt{tK (Hg.),}acques
Lacan.Oritical
Evalu::,
avec Sade' de Lacan , in: SlavoJ . L don-New York: Routled e, •
. , ,.l II Phzlosophy,on
in Cultural Theory. vo ume ' 9
34 [ d ü ]) minar l von 1
9 - •
-66. A. . • 1 s·eben Vorträgeau 7( d .
46 Siehe Jacques LACA , ,,Harn et. ~" i'n• WoEs war,1986-19 • • •
,Das Begehren und seine • Deutung , •

1
4i Die „Batrcrie der Signifikanten" (batte,_if _dessigniji~nls) isL i~ G_r~mdc der ge-
,amte \Vort"chatz. der in Hinblick auf einen bestimmten S1gnif1kanten eine
Bedeutung cih~llt. und wird \'Ot: Lacan etwa in „ ubversion des Subjekt"
(a. a. 0 .. :t3i) hc~ hrichen. (A. d. Ü.)
48 \'gl. nn- l''1'aruatfon die 16. itzung vom 9. pril 1986 aus:Ja~que -Alain MILLER,
,,Extimire", Onlinequelle (zuletzt abgerufen am 15. Jum 2021): https://jona-
thanlcro},be/wp-conrent/uploads/2016/01/1985-1986-Extimit%c3%a9-JA-Mil-
1er.pdf. (A. d. Ü.)
49 \'gl. zur Trennung (sipamtio11) die Si~zung vom 3. Juni 1964 in LACA~·, Vier
Gnmdbegriffe der P yclwanaly e. (A. d. Ü.)
50 \1iller entwickelt die Gegenüberstellung von ymptom-Phantasma und Deutung-
Durchquerung er tmal in „Du symptöme au fantasma, et retour (1982-1983)".
Zizel bezieht ich unmittelbar auf die e von Y!iller ausgearbeitete Gnterschei-
dung in lavoj ZIZEK, ,,Sur le pouvoir politique et les 1necanismes ideologiques",
m: Ornicar? 34(19 4). 41-60, hier 43. (A. d. Ü.)
51 Hier können wir uns einer Cnterscheidung bedienen, die von Kovel ausge-
arbeitet wurde (in Joel KOVEL, vVhite Racism. A Psychohistory, Kew York:
olumbia Cniversity Pre 1984). Dieser unter cheidet zwischen dominierendem
und aversivem Ra si mu . In der Ideologie der :"\azi formen alle menschlichen
Ra en ein hierarchisches und harmoni ches Ganzes (das „Schicksal" der Arier
i t e , an der Spitze zu führen. während Schwarze, Chinesen und so weiter
dienen mü en) - alle Rassen, mit Ausnahme der Juden: Diese haben keinen eige-
nen Platz: ihre „Identität"' ist künstlich, ie überschreitet die Grenzen, sie führt
Cnruhe und den Antagonismus ein und destabilisiert das Sozialgefüge. Die
Juden verbünden sich mit den anderen Rassen und hindern diese daran, sich
mit ihrem rechten Platz abzufinden - sie fungieren als geheime Herren, die
e auf die ,veltherrschaft abgesehen haben: Sie sind das Gegenbild der Arier,
gewi ermaßen ein negatives und pervertiertes Ebenbild; aus diesem Grund
müs en sie ausgerottet werden, während die anderen Rassen bloß dazu gezwun-
gen werden, den ihnen zugewiesenen Platz einzunehmen.

4. Man stirbt nur zweimal

1 ~iehe Jacques LACA~, ,,Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache
in der Ps}choanalyse", in: ders., Schriften, Band 1, 278-281, hier 377: ,,So zeigt
ich da Symbol zunächst einmal als :Mord an der Sache und dieser Tod bildet
'
~m Subjekt die Verewigung seines Begehrens." Diese Vorstellung geht auf Ko-
Jeves Heg~Jvo~lesungen zurück und fand so Verbreitung in der französischen
Phdosoplue, siehe Alcxandre KOJEVE, Introduction a /a lecture de Hegel, Pari :
Gallimard, 1947, 372 f. (A. d. Ü.)
2 Die Lektu1c \.Oll Poes DPrentwfndete Brigtaucht in Lacans Werk ab den 1950er-
Jah1en (ab ',emmar II) wiederholt auf, am prominentesten wohl in Jacquc
LAGA , ,,Da~ Semina1 über ,,,Der gestohlene Brief"', in: der ., chriften, Band
1, 12-76 (A. d Ü,)
D i r atz find t ich • J
( . d. Ü.) in acques LACA
.
4 D1 Vor tellung da da L . . ThearieFreuds.414
. . s ustprinz1 d .
1n r 1n 1n 1n Gleichgewicht P anach strebt d'
·JM •
de L usty,·inzip • zu bewah , 1eErregu
formuliert u d d ren, wurde von F ng menge im-
T, D n ort K reud erstm I •
F RE v Jen eit des Lustp . . " onstanzprinzip" a s m Jenseit
Main: Fi eher 1967 1-69 ;nzi~s (Gesammelte Werke rn~nnt, iehe Sigmund
5 D r Gedanke geht auf Cl iedr • ,A: d. Ü.) , an 13, Frankfurt am
· au e Lev1-Strau „
1na1 (1n Bezug auf das Symptom) "b ss zuruck und wurde von L
ntwickelt in Jacques LACAN v. uke_rnommenund von dort ausg h adcan~r t-
/ , .L'Untion und p;ld d e en weiter-
der Psyc wanalyse, 316. (A. d. Ü.) e es Sprechens und rkr Sprache in
6 Lacan bespricht das Freud'sche n· ('
II VI ing im Unterschi d S
gen - von Jacques LACAN, Die Ethik der e zur ache) in den Sitzun-
7 Lacan verwendet den Begriff der E t' . .. Psychoanalyse. (A. d. ü.)
'k de x im1tat zu Beginn d XI S.
Ethi r Psychoanalyse,siehe Jacques LACANDie . er • ttzung von Die
ser Begriff wird von Jacques-Alain M'll .' _Ethth Psychoanalyse, 171.Die-
. 1 er 1n seinem bisher "f'l' .
Seminar „Extimite (1985-1986)" 't .k . unvero1ent11chten
we1erentw1c elt Ern Transkri t d. Se .
findet sich auf· https-//' h 1 • P ieses mmars
. . , • . • JOnat _aneroy.be/wp-content/uploads/2016/0l/1985-
1986-E~trm1te-JA-M1ller.pdf. Onlinequelle, zuletzt abgerufen am 15 J ·
(A. d. U.) • um 2021 •
8 Siehe etwa Jacques LACAN, FreudstechnischeSchriften,68: ,,[...] die Opposition
des leeren Sprechens und des vollen Sprechens, volles Sprechen, sofern es die
Wahrheit des Subjekts realisiert, leeres Sprechen in Beziehung auf das, wa
es hie et nunc mit seinem Analytiker zu tun gibt, wo sich das Subjekt in den
Yiachinationen des Sprachsystems, im Labyrinth der Referenzsystemeverirrt,
die ihm die kulturelle Verfassung gibt, an der er mehr oder wenigerteilhat...
Siehe außerdem Jacques LACAN, Funktionund FelddesSprechens undderSprache
in der Psychoanalyse,291-312. (A. d. Ü.) , . . . .. . .
9 Der Begriff des „Wissens im Realen" (savoirdansle ~eeDf1n?et sie~ be1lauf1 10
,,Note italienne", siehe Jacques LACAN, Autresecnts, Pans: Se.ml,2001,.307:
311 hier 308. Eine deutsche Übersetzung, besorgt von Eva MariaJo~ t, ~mde
sich unter: https :/ /lacan-entziffern.de/lacaniana/jacq~es-lacan-note -1tahe~ne-
• • bst/ (Onhnequelle, zu1etzt a e-
italienische-note-uebersetzt-von-eva-mana-JO Al · Miller in einen
. 2021) D B griff wurde von Jacques- a1n
rufen am 15:Juni • er e uf e iffen und ausgearbeitet, iehe un-
frühen Semmar~n. der 1980~r Jah(l; _~ ~)", ,,Du symptömeau fanta m et
81 9
ter anderem "Chn1q ue lacanien,ne u reel (1983-19 4) '.
retour (1982-1983)" und „Des repon~esdd Körper, in· WoE war /6 (l ).
10 · '7 )/-; r
Miran BOLOVh ...,, ,, mmer
Ärger m1 t em ' •
. d . der XV.Sitzung von
DieEth·1t,
111
(Lacan bespricht diese Stelle bei Sa e
1
der Psychoanalyse. [A. d. ü.]) B 'ff der G s hicht , amm_
11 Walt r ßE JAMIN, ,,über den ?~amp Virlag 1991,691-79 'hi d 11 .
5
Band I.2, Frankfurl am Main: u ~~,.·k G a1nm lt hrift n ~nl nd m -
12 D Passagen· 1
n~ ' atz 1 ut t 1'
Walt r BE ]AMI , as 589 (Der g mt 11 lU zu in m
furt am Main: Suhrkamp 19911 • nabg hlo (d
8
ß n: ,,.Das E1'nged nken kann da
l
bg hlo n n und da bge hlo ene (da Leid) zu einem nabgeschlos-
, cn 11 ma h n. Da i t Theologie; aber im Eingedenken machen wir eine
Erfahrung, die e un erbietet, die eschichte g~undsätzlich ~theologisch zu
b gr ifi 11, 0 w nig wir ie in thcologi chen Begriffen zu schreiben versuchen
dürfi n." [A. d. Ü.])
13 \Valt r BE.] MI~, ,,Cber den Begriff der Geschichte", 703.
14 i mund FRECD, Traumdeutung, 103.
15 , alt r BE~J MIX, ,,Cb r den Begriff der Geschichte", 695.
16 Ebenda, 700.
17 om Cnter chied zwi chen der leeren und der erfüllten Zeit spricht Benjamin
ebenda, 701. (A. d. Ü.)
l Ebenda, 696.
19 Ebenda, 693.
20 Ebenda, 694.
21 Ebenda, 701.
22 Ebenda, 702, Hervorhebung im Text.
23 Ebenda, 702 f.
24 Ebenda, 695.
25 Ebenda, 701.
26 Die e Behauptung findet sich in einer Fußnote der Psychopathologi,edes Alltags•
Lebens, iehe Sigmund FREUD, Die Psychopathologi,e desAlltagslebens,Gesammelte
,verke Band 4, London: Imago Publishing 1947, 305: ,,An den verdrängten
Erinnerungsspuren kann man konstatieren, daß sie durch die längste Zeitdauer
keine Veränderungen erfahren haben. Das nbewußte ist überhaupt zeitlos."
(A. d. Ü.)
27 Jacques LACAX, FreudstechnischeSchriften 305.
2 Der Begriff der Dialektik im Stillstand stammt aus Walter BE~JAMI1 , Passagen·
Werk, 595. (A. d. Ü.)
29 Walter BEXJAMIX, Gesammelte Schriften, Band 1.3 (Anmerkungen), 1238.
30 Jacques LACA~, Freuds technische Schriften, 205. (Die Passage lautet: ,,Wiener
nimmt zwei Per onen an, deren jeweilige Zeitdimension in gegenläufiger Rich-
tung zur je anderen liegt. [...] Wenn der eine dem andern eine Botschaft über-
sendet, zum Beispiel ein Viereck, so wird die Person, die in gegenläufige Rich-
tung geht, zunächst sehen, wie das Viereck verschwindet, bevor sie das Viereck
ieht. Das ist es, was auch wir sehen. Das Symptom stellt sich uns zuerst als eine
pur dar, die nie etwas anderes sein wird als eine Spur und die solange unver-
tanden bleiben wird, bis die Analyse weit genug fortgeschritten ist, daß wir
ihren inn realisiert haben. Man kann auch, so wie die Verdrängung;'immer nur
eine Nachdrängung;' ist, sagen, daß das, was wir als Wiederkehr des Verdrängten
ehen [...]."[A. d. ü.])
31 iehe Maurice MERLEAU-PO TY, Humanismus und Terror. Versuch über das
Prob/,emdes Kommunismus, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1966. (A. d. Ü.)
32 iehe Jacques LACA ', Die Ethik der Psychoanalyse,373. (A. d. ü.)
33 Jacques LACA.. , Encore, 72.

322
34 v\alt r B JAMI Ü
3:SZu La an L art " her den Be 'f
. von Ant' gr1 f de G
/,. f, itzung n XIX- 1gone siehe r eschichte''
36 Walt r BE ]AMI X~I. (A. d. ü.) Jacques LACAN' ~Ol.
j
7 J f STALI "Über
,Zu1n '] d en Begriff d ' DieEthikder Psychoana-
C d R 26. Januar 1924"ode Lenins. Re:e Geschichte",695
j Ern t H. KA TORQ:tn' Werke, Band 6 B a~f dern II. S••
. / Th 'VV rcz n· , erhn·• n·Ietz 1952oWJetkongr
t7, ien ,eologie d M· ' ze zwei K" 41 4 ess der
RIHA D . es zttelalter. M" orperdes Kt • '. - 6, hier 41
' ,, as D1nghafte d s, uneben. dt onigs.EzneStud· •
39 i h Claude LEFO er Geldware" . . • v 1990.Siehe a ß zezur floli-
totalitaire Pa .. F RT, L1nvention ,,; in. ~o Es war1 0986) u erdem Rado
ns. ayard 1981 uemocratiqueL . •
40 So Saint-Just in sein ,R • • es Limitesde la domi e·
. H' . er ede vor d na ion
dI inr1chtung von L . em Konvent am 13
DE SAINT-JUST 13 Nou1s XVI. besprochen wu d. No~ember1972,in der
. ' ,, . ovember 1972 Ü r e. Siehe L •
111: PeterFISCHER (H ) R • her die Veru t •1 ouis Antoine
217-925 (A d Ü) g. ' edenderFranzösischen R l r _e1ung LudwigsXVI."
- . . . . evoution,München. '
41 Lacan spricht etwa in S . •dtv 1974,
(Encore) von Benthams ~~ma_r dVII(~i~ Ethik derPsychoanal"'se) und S •
eorie er Fiktionen.(A.d. Ü.) :., emmarXX

5. WelchesSubjekt des Realen?

1 Siehe etwa die sI•t zung vom 27.11.1957in


• Jacques LACAN DieBild des
Unbewussten,75-95. (A. d. Ü.) ' ungen
2 J ~rgen HABERMAS, Der philosophische DiskursderModerne.
3 Siehe Claude-Levi STRAUSS, ,,Die Struktur der Mythen",in: ders., Strukturale
Anthropologie,Frankfurt am Main: Suhrkamp 1967,226-254,hier insbesondere
234-241. (A. d. ü.)
4 Der Begriff der Dissemination wurde von Derrida zu Beginn der 70erJahre
geprägt, siehe Jacques DERRIDA, Dissemination,Wien: Passagen1995.(A. d. Ü.)
5 Jacques DERRIDA, Die Postkartevon Sokratesbis an Freudundjenseits,Berlin:
Brinkmann & Bose 1982.
6 Siehe Sigmund FREUD, ,,Die Verneinung", GesammelteWerke,Band 1~,
Frankfurt am Main: Fischer 1999, 9-15. Der Text wurde u~ter andere~ m
Seminar I nicht nur von Lacan, sondern auch vonJean Hyppoh~ekommentiert,
~->
siehe Jacques LACAN FreudstechnischeSchriften,70- 82• (A. d. 1 Gru d • 1
7 Siehe HEGEL, Enzyk[opiidie der philosop1:i~h:::. ~is:;;:at:1 :m i::ach :e~
§ 93 f. Man könnte die „schlechte I!nen ic( e; ü)
auch als „unendlicher Regress" bez~ichne~ Ah~naiyse,229.(A. d. 0.)
8 Jacques LACA Die vier Grundbegriffeder 3yc . ' die i h t in •Encore
' . r, ln der Sexu1erung, 1•
9 Anspielung auf eine der vier ,,rorme d mind ten in r
finden. Die Formel lautet 3x4>xund besadgt,n~chtvom Phallu • i nifi nt n
.. . Ph'1 18
, t anders: a
f ur das gilt, dass es nicht ,
-~ Si h Ja qu L
hi r 2 9 f. (A. d. Ü) 'Kant tnit Sade" ..
. l M . • in. ders S h
:.4 i l art1n HEIDEGGER . ., c riften, Band 2 289
a1ntau gab II. Abt ·1 „Die Metaph 'k -324
Main: Kl t r mann 199el1 ung: Vorlesungen i9sl19des deutschen ld 1·
· · 1 (A d Ü) -1944 B ea 1smus'
r, Fn dn h W. J. SCHELLINc. Ü: • ' and 49, Frankfurt am
dam1,tzusam.menhängende G ' ber das Wesend
6 D. Th . n egenständ H er menschliche F .
... 1 . wird entwickelt in J e, a~burg: Meiner 2 n reiheitund die
(A. d. Ü.) acques-Ala1n MILLE ' O_ll,_57-59.
_7 Hier geht Zizek wieder v M' R, ,,Extimue0985-1986)".
. ,." d R on iller aus d .
n11t a eale durch den f d' ' er in der 7. und 8 s·
b ·
d,itas ez1ehungsweise die Un au ie Schola t' k • Itzung von E •
h . s I zurückgehenden Be .ff " x~1-
r ucht. (A. d. Ü.) tersc e1dung zwischen quid und q!nd der ~id-
. . . . 0 zu greifen
2 D1 coznczdentiaoppositorum_ d z
f ru..h neuze1thchen . . er usammenfall d G
Theologen N'1. 1 er egensätze - geht auf d
. lKO aus von Kues „ k en
det zwischen Vernunft (intellectus) d zu_ruc• Cusanus unterschei-
ich auf die endlichen Dinge bezie~n d'erstand (ratzo).Während der Verstand
. e, 1e nach den logis h G
net sind, versuche die Vernunft (etwa . d G c en esetzen geord-
zu begreifen, für das die logis~h:n ?-e~:tz:rnic~~t;:~;!;t~~1! i~)sUnendliche
_g Jacques LACAN, Encore. Le Semznazre.LivreXX Paris: s ·1 1975
9
30 Ebenda, 76. ' eui, , 118.
31 L_aca~ v~rwendet ~en Ausdruck „Antwort des Realen" (riponse du reen nur
ein e1nz1ges Mal, siehe: Jacques LACAN, ,,~etourdit", in: ders., Autresicrits,
449-495, hier: 449. Eine kommentierte Übersetzung von Max Kleiner findet
sich auf: https :/ /lacan-entziffern .de/letourdit/jacques-lacan-letourdit-teil-i-ue-
bersetzt-von-max-kleiner/ (Onlinequelle, zuletzt abgerufen am 15.Juni 2021).
J acq ues-Alain Mill er hat dieses hapax legomenonbegrifflich in seinen Semina-
ren weiterentwickelt, siehe dazu insbesondere Jacques-Alain MILLER, ,,Des
reponses du reel (1983-1984)". (A. d. ü.) .
32 Lacan bespricht Achill und die Schildkröte in der ersten Sitzung von Encore.
(A. d. Ü.) · 1993
33 yf' h 1 SILVESTRE Demain la psychanalyse,Paris: Navann, •
ic e ' . C ll B d 2 Oxford· Oxford
34 Siehe Lewis CARROLL, The Diaries of Lewis arro , an ' •
University Press 1954, 539. (~. d. ü.). Auch dort geht es um die icht·
260
35 Siehe HEGEL Phänomenologie des Geistes: ·( d ü)
' S b. kt und Prädikat. A. • • ili 1
übereinstimmung von u ~e h f ,, . . ders SoziologischechnJttn
36 Theodor W. ADORNO, ,,Gesellsckfa t ' imn.Main.'Suhrkamp200 , 1 •
'f B d 8 Fran urt a •
Gesammelte Schr1 ten, an ' . 333
37 Jacques LACA ' Freuds technische Schrift~ber d~ Ästhetik 1,Frankfu
38 s·ie h e G eorg W . F• HEGEL ' Vorlesungen u
Suhrkamp 1986 465. (A. d. ü.) d reel' in: Paul-L ur n
, ER Les reponses u , I·n 1 7
39 Jacq ues-Alain MILL ,. " la civilisation, Pari : a bsiiilli~•,
al. (Hg.), Aspectsdu malaiseda~EIMER, Warum7 Vondir O
40 Si h Aron Ronald BODE Ü)
Stu t gart: R clam 2011. (A. d. •
.... 1 FRECD. Die 1raumdeutung
41 Sie 38: ,,Das Dunkel, in welches der Kern
1c
..1a moz·,\'planchnique • T' ·, f" Kenntnisse
U 11 Cl'C \ C ell , u , wie issie es nennt, ur unsere
.
gehüllt i t, und das Dunkel ~er Traumentstehung e~tspr:chen eman_der z~ g~t,
um ni ht in ßezi hung zuemander gebracht z~ weiden. _Lacan bezieht steh m
der icrten itzung von eminar II direkt auf diesen Satz, siehe Jacques LACAN,
Das Ich in der TheorieFreuds,59 f.: ,,Ich glaube, im Laufe der zurückliegenden
~1onate, ja Jahre hinreichend akzentuiert zu ~abe?, daß das Unbewußte jenes
dem Ich unbekannte, vom ich verkannte Subjekt ist, der Kern unseres Wesens",
chreibt Freud in dem Kapitel der Traumdeutun~ über den Traumvorgang, das
ich ie gebeten habe zur Kenntnis zu nehmen~ wenn Freu~ vom Pr_imärprozeß
handelt, dann will er von etwas sprechen, das emen ontologischen Smn hat und
da er den Kern unseresWesensnennt." (A. d. Ü.)
42 Dort in be ondere in der 10. Sitzung, siehe Jacques LACA , Die Übertragung,
175-190. (A. d. Ü.)
43 Franz KAFKA, Der Proceß,312.
44 Ebenda, 59.
45 iehe ~1laden DOLAR, ,,Hitchocks Objekt", in: Wo Es war 2 (1986).
46 Siehe die 8. Sitzung von Jacques LACAI\, Encore.
47 Rastko MOC~IK,,, Cber die Bedeutung der Chimären für die conditiohumana",
in: Wo Es war 1 (1986).
4 iehe Yiladen DOLAR, ,,Die Einführung in das Serail", in: Wo Es war 3/4
(1987), 132-144.
49 Die in diesem Abschnitt entwickelte Unterscheidung zwischen dem Subjekt,
dem unterstellt wird zu genießen und dem Subjekt, dem unterstellt wird zu be-
gehren, stützt sich auf Überlegungen aus Jacques-Alain Millers Seminar „Exti-
mite". Siehe diesbezüglich insbesondere Sitzung XVIII. vom 23. April 1986.
(A. d. Ü.)
50 Siehe Sigmund FREUD, ,,Bruchstück einer Hysterie-Analyse", Gesammelte
Werke, Band 5: Werke aus den Jahren 1904-1905, Frankfurt am Main: Fischer
1968, 161-286. (A. d. Ü.)
51 Der mittlerweile stark kritisierte Begriff der „orientalischen Despotie" geht
zurück auf Karl A. WITTFOGEL, Die orientalischeDespotie. Eine vergleichende
UntersuchungtotalerMacht, Berlin: Ullstein 1981. (A. d. Ü.)
52 Siehe etwa Georg W. F. HEGEL, Phänomenologiedes Geistes,227: ,,Allein das rein
Formelle ohne Realität ist das Gedankending oder die leere Abstraktion ohne
die Entzweiung an ihr, welche nichts anderes als der Inhalt wäre. (A. d. Ü.)
53 Georg W. F. HEGEL, Phänomenologiedes Geistes,69.
54 Gemeint sind: der Diskurs des Herrn, der Diskurs der Universität, der Diskurs
des Hysterikers und der Diskurs des Analytikers. Lacan hat die vier Diskurse
in e~inar XVII ausgearbeitet. Eine inoffizielle Übersetzung von Gerhard
chmJtz (mit wertvollen Hinweisen zu unterschiedlichen Textherstellungen) fin-
det ich l~ier:Jacques LACAN, ,,Die Kehrseite der Psychoanalyse (1969-1970)",
Das emmar, _BuchXVII, Onlinequelle (zuletzt abgerufen a1n 15. Juni 2021):
https:/ I d .scnbd.com/ doc/290452336/ Jacques-Lacan-Die-Kehrseite-Der-Ps •
choanalys -Seminar-17-1969-1970- b rsetzt-Von-G rhard-Schmitz. (A. d. Ü.)

32
.)J , i h or W. F
h nkfurt am Main·· 1-IEGEL Enz.yklo ...
.)6 Si h di dritt . • uhrkarnp 1986 Pgädze der Philos 011ih·
'7.... k l 1tzung , 3-168 ( r zschenw·
,.,1z 1at ein Buch . von Jacque L • A. d. ü) zssenschajtel
rtation an d r U ~lt demselben ;. ~CAN, Die Keh . n '
,D r rhab n t allniversiteParis VIII hlte verfasst, das a:sezte_derPsychoanab,se
er Hy t . ervorge seiner • .., •
dn,t, eher, Idealismus B enker" in· d gangen ist Si h zweuenDis-
..,,... . l . and 1/2 1 ' • ers., Psych • e e SlavoiZl'7E
')/ i 1 igmund FREUD ' 5-270. (A. d Ü oanalyseund diePhi/ K
G ammelte Werk B ' ,,Bemerkungen ub .)_ osophie des
3 2: Die Mittel ;~ ahnd 7, Frankfurt am eMr ~1nenFall von Zwangsne
, rc welch d. a1n• Fisch 19 urose"
z~m Au druck bringt, die S e ie Zwangsneur~se ihr er 6?, 381-463, hie;
D1al kt der hysterischen S prache der Zwangsneurose. gehe1?1enGedanken
1ung leichter gelingen __
pßrache,aber ein Dialekt in e 11sht gleichsamnur ein
m u te weil d ' we c en uns d. E.
k n verwandter ist als d h ' . er em Ausdrucke ie mfüh-
- Georg W. F. HEGE :r ysterische." (A. d. Ü.) unseres bewußtenDen-
L, Phanomenolouied G .
59 Ebenda,. Hervorhebungen
. i'm ,,.,
.1extöv es eistes,118,Hervorhebungen 1m • T..1ext
60 Die bezieht sich wohl auf d. D • . . . •
• ) • ie ef 1n1t1onder s bl• •
matzon In Jacques LACAN' Die Eth 'k d u un1erung (thesublime-subli-
Fonnel die ich Ihnen von der S bzl. ~r Psychoanalyse, 138:,,Dieallgemeinste
0 b. k u 1m1erunggebe • t d. •
~e t - und hier wehre ich mich nicht e ' is iese - sie erhebt ein
dem Gebrauch des Terms den 1· h b . g gen -~alauerhafteAnklänge,die mit
' c nngen mochte verb d •
zur Dignität des Ding~." (A. d. Ü.) ' un en sem mögen-
6~ Jacques LACAN, Vier GrundbegriffederPsychoanalyse, 109,Hervorhebungenim Text
6_ Georg _W.F. HEGEL, 1:hänomenologie desGeistes,135f., Hervorhebungenim Text~
63 Der Witz stammt aus Sigmund FREUD, DerWitzund seineBeziehung zumUnbewuß·
ten Gesammelte Werke, Band 6, Frankfurt am Main: Fischer1999,127.(A.d. ü.)
64 Jacques LACAN, Die vier Grundbegriffeder Psychoanalyse, 119.
65 Cnter Tito, der zwischen 1945 und 1980 Diktator Jugoslawienswar, wurde ab
1945 der Versuch unternommen, eine von der SowjetunionunabhängigeWirt-
schaftspolitik zu betreiben, die Arbeiterselbstverwaltung. 1948schlossStalinJu-
goslawien aus dem Kominform aus, um ein Exempel zu statuieren. Das La~d
wurde daraufbin Teil der sogenannten Bewe~ngder Blockfreien Staaten.(A.d. Ü.)

6. ,,Nicht nur als Substanz, sondernebensosehr


als Subjekt"
. d Reli ion und die Religionder Erh •
t,
1 Yirmiyahu YOVEL, ,,Hegels ~egnf~ er 1 6 512-537.

2 So die Überschrift des zweit~n


!
benheit", in: Theologie und Phzl?sophze (~'-tts des zweiten Teil in
sc h~:derReligionII, Frankfurt am
or

W. F. HEGEL, Vorlesungenüber die Philosop .


Suhrkamp 1986, 9.
3 Di
d Ersten Kapit I über d n h
nters heidung stammt aus e~ 'k si h eorg W. •H '
t :. en·
t n Ab hnitt der sogenannten Wesens ogi '
s haft de Logik II, 24-32. (A. d. ü.)

7
- - ---- ------------------------------

4 Immanu 1K ·T, Kriti!, der rtheil !nnft, Kant' gesammelte Schriften V, Berlin:
de 1ru t r 196 . 165-4 5.
3 benda, 260, 2i.
6 Eb nda, 26 , 29, H rvorhebung im Text.
i b nda, 257, 27.
b nda. 245, 23.
9 Eb nda, 274, 29.
10 iehe eorg W. F. HEGEL, Phänomenologie des Geistes, 153: ,,D~ese reine all~e-
meine ß w gung, da ab olute Flü sigwerden alles Bestehens, 1st aber das em-
fache \ e en de elb tbewußtseins die absolute :Negativität, das reine Fürsich-
,ein, da hiermit an die em Bewußt ein ist." (A. d. Ü.)
11 Hier und im Folgenden wird representationje nach Kontext als Vorstellung oder
Reprä entation wiedergegeben. (A. d. Ü.)
12 Zum pekulativen atz iehe Georg W. F. HEGEL, Phänomenologie des Geistes, 59
ff .. in be ondere 60: ,,[... ] die Meinung erfährt, daß es anders gemeint ist, als
ie meinte, und diese Korrektion seiner :Meinung nötigt das Wissen, auf den
atz zurückzukommen und ihn nun anders zu fassen." (A. d. Ü.)
13 Ebenda. 244. Hervorhebungen im Text.
14 Ebenda, 262, Hervorhebungen im Text.
15 iehe ebenda, 378-380. (A. d. Ü.)
16 Ebenda. 374: ,,Seine Sprache, wenn es sich zum eigenen Willen der Staatsmacht
Yerhielte, der noch nicht geworden ist, wäre der Rat den es zum allgemeinen
Be ten erteilt."
17 Ebenda, 378.
1 Ebenda 376 Hervorhebung im Text.
19 iehe KO:M:MISSIO~ DES ZENTRALKOMITEES DER KPdSU (Redaktion),
Geschichte der KPdSU (B) - Kurzer Lehrgang, Berlin: Verlag der Sowjetischen
:\1ilitärverwaltung in Deutschland 1946. (A. d. Ü.)
20 Georg W. F. HEGEL, Wissenschaft der Logik
21 iehe Georg W. F. HEGEL, Phänomenologie des Geistes, 483-494. (A. d. Ü.)
22 Georg W. F. HEGEL, Phänomenologie des Geistes, 467, Hervorhebungen 1m
Original.
23 Georg W. F. HEGEL, Phänomenologie des Geistes, 332 f. Hervorhebungen im
Original.
24 iehe Georg W. F. HEGEL, Philosophie der Religion I und II, Frankfurt am Main:
Suhrkamp 1969.
25 Die Paradoxie des Haufens, auch Sorites-Paradox, geht auf die Vorsokratik zu-
rück und wurde vermutlich zuerst von Zenon von Elea formuliert. (A. d. ü.)
26 Georg W. F. HEGEL, Grundlinien der Philosophie des Rechts, 451.
27 Sieh Aurelius AUGUSTIN US, ,,Ehe und Begierlichkeit", in: ders., Schriften
gegen di.e Pe/,agianer, Band 3, Würzburg: Augustinus-Verlag 1977, 75-166, insbe-
ondere 81 f. (A. d. 0.)
28 ieh Jacque LACA. ·, ,,Die BedeuLUng des Phallus", in: ders., Schriften,
Band 2, 192-204. (A. d. 0.)
29 i h Di ter HE. 'RI H, Hegel im Kontext, Frankfurt a1n Main: Suhrkamp 1971.

328
30
J u kurz bevor er am Kreuz stirbt, siehe Job 19:30:.Da nun Jesus den
", r ighied."
genommen
(A. d. ~atte,
Ü.) sprach er: Es ist vollbracht!
. Und neigte das Haupt und
31
i he Georg W. F. HEGEL, Vorlesungen
überdieÄsthetikII, 26. (A. d. 0.)

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