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Insekten Wunderwelt 1st Edition

Michael Schmitt
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Michael Schmitt
Insekten-
wunderwelt -
Einstieg in
die Entomologie
Insektenwunderwelt - Einstieg in die Entomologie
Michael Schmitt

Insektenwunder-
welt - Einstieg
in die Entomologie
Michael Schmitt
Allgemeine & Systematische Zoologie
Universität Greifswald
Greifswald, Deutschland

ISBN 978-3-662-64076-0    ISBN 978-3-662-64077-7 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-662-64077-7

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Planung/Lektorat: Stefanie Wolf


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V

Vorwort

Es mag Menschen geben, die als Entomolog*innen geboren werden. Ich bin keiner
davon. Mein Interesse und meine Begeisterung für Insekten wurden erst geweckt, als
ich an der Freien Universität Berlin in den 1970er-Jahren Biologie studierte und
unter der Leitung von Professor Ekkehard Wachmann an einem Standortpraktikum
in Eschwege in Nordhessen teilnahm. Er konnte buchstäblich zu allen Kerbtieren,
die wir Studierende fanden, eine spannende Geschichte erzählen, über Besonder-
heiten ihres Baus oder ihres Lebens, ihrer systematischen Stellung oder ihrer öko-
logischen Bedeutung. In meiner Diplomarbeit untersuchte ich spezielle Aspekte des
Soziallebens von Totenkopfaffen in einer gefangen gehaltenen Gruppe. Formal be-
treut wurde ich von Ekkehard Wachmann. Er bot mir im Anschluss an mein Diplom
eine Doktorarbeit über die Evolution einer Teilgruppe der Blattkäfer an. Zu Beginn
meiner Studien wusste ich lediglich, dass zu den Blattkäfern auch die Kartoffelkäfer
und die Spargelkäfer gehören. Je mehr ich aber über Bau und Leben dieser Tiere er-
fuhr, desto faszinierender wurden für mich die Fragen ihrer Stammesgeschichte, ihrer
Ökologie, ihrer Kommunikation, ihrer Physiologie, ihres Körperbaus und ihrer
Körperfunktionen. Als ich auf einer Tagung die Ergebnisse meiner Doktorarbeit
vorstellte, fragte mich in einer Kaffeepause Manfred Döberl, ein Flohkäferspezialist,
mit dem mich später bis zu seinem Tod im Jahr 2016 eine tiefe Freundschaft verband:
„Sagen Sie mal, machen Sie eigentlich bloß Phylogenetik oder auch Taxonomie?“
Aus diesem Gespräch erwuchsen eine engere Beschäftigung mit den Problemen des
Einordnens und Beschreibens von Arten und die Erkenntnis, dass die Taxonomie das
Rückgrat jeder wissenschaftlichen Bearbeitung von Organismen ist.
Meine Begeisterung für das Verhalten und die Lebensweisen von Insekten in ihrer
natürlichen Umwelt, die Befriedigung durch das Verstehen ihrer Körperfunktionen
sowie die Faszination der Vielzahl ihrer Arten und der Vielfalt ihrer Formen bilden
die Grundlagen, auf denen dieses Buch beruht. Ich wünsche mir, dass ich möglichst
viel Interesse für die Wunderwelt der Insekten wecken, möglichst viele Fragen be-
antworten und zu möglichst vielen neuen Fragen anregen kann.
Zahlreiche Menschen haben mir geholfen, dieses Buch zu dem werden zu lassen,
das es nun ist. Mein Doktorvater, Ekkehard Wachmann, beriet mich vom Anfang
des Buchprojekts an und überließ mir die Fotos zu den . Abb. 9.54 und 9.55. Heidi
Land, Greifswald, erstellte mit viel Enthusiasmus, Können und Ausdauer die Fotos
und die Zeichnungen zu den . Abb. 2.21, 2.65 und 6.4. Mehrere Mitglieder der
iNaturalist-­Community und das Ehepaar Ulrike und Horst Aspöck, Wien, unter-
stützten mich durch die korrekte Bestimmung von Insekten auf meinen Fotos, etliche
Verlage und Institutionen überließen mir Abbildungen aus ihren Beständen zur Ver-
wendung. Die Mitarbeiter*innen im Springer-Verlag, allen voran Dr. Meike Barth
und Stefanie Wolf, begleiteten die Planung, die Entstehung und die Fertigung des
Buches einfühlsam, konstruktiv und mit viel Geduld. Andreas Held (Eberbach)
führte das Copy Editing mit herausragender Sorgfalt durch. Ihnen allen danke ich
herzlich.
VI Vorwort

In besonderem Maße hat meine Familie, Gabriele, Veronika und Helene Uhl,
mich unterstützt. Meine Frau Gabriele, selbst Zoologin, hat das Buchmanuskript
kritisch und solidarisch gegengelesen. Ohne sie wäre nicht nur mein Leben ärmer,
sondern auch dieses Buch. Danke.

„Theo“ Michael Schmitt


Greifswald
Juli 2021
VII

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.............................................................................................................................. �������������������  1
1.1 Insekten und Menschen......................................................................................................................  2
1.2 Die zoologische Nomenklatur..........................................................................................................  5
1.3 Verwendete Literatur...........................................................................................................................  8
Literatur....................................................................................................................................................  8

2 Der Insektenkörper......................................................................................................................  11


2.1 Insekten als Gliederfüßer................................................................................................................... 12
2.2 Das Integument..................................................................................................................................... 24
2.3 Färbung.................................................................................................................................................... 27
2.4 Muskulatur.............................................................................................................................................. 30
2.5 Kreislaufsystem.......................................................................................................................  33
2.6 Atemsystem............................................................................................................................................ 36
2.7 Nahrungsaufnahme und Verdauung............................................................................................. 40
2.8 Drüsen....................................................................................................................................................... 49
2.9 Exkretion.................................................................................................................................................. 51
2.10 Sinnesorgane.......................................................................................................................................... 52
2.11 Nervensystem und Gehirn................................................................................................................. 68
Literatur.................................................................................................................................................... 76

3 Fortpflanzung und Entwicklung..........................................................................................  79


3.1 Fortpflanzung......................................................................................................................................... 80
3.2 Entwicklung............................................................................................................................................ 86
Literatur.................................................................................................................................................... 97

4 Physiologie und Abwehr...........................................................................................................  99


4.1 Stoffwechsel............................................................................................................................................100
4.2 Abwehrmechanismen und Immunbiologie.................................................................................102
4.3 Neuro- und Sinnesphysiologie.........................................................................................................106
Literatur....................................................................................................................................................108

5 Fortbewegung................................................................................................................................. 109
5.1 Kriechen und Laufen............................................................................................................................110
5.2 Springen...................................................................................................................................................110
5.3 Schwimmen.............................................................................................................................................111
5.4 Fliegen......................................................................................................................................................114
Literatur....................................................................................................................................................117

6 Verhalten............................................................................................................................................. 119
6.1 Orientierung...........................................................................................................................................120
6.2 Kommunikation.....................................................................................................................................123
6.3 Lernen.......................................................................................................................................................128
6.4 Sozialleben..............................................................................................................................................129
Literatur....................................................................................................................................................140
VIII Inhaltsverzeichnis

7 Ökologie............................................................................................................................................... 143
7.1 Lebensräume der Insekten................................................................................................................144
7.2 Die Nahrung der Insekten..................................................................................................................150
7.3 Insekten als Nahrung...........................................................................................................................157
7.4 Insekten und Menschen......................................................................................................................159
Literatur....................................................................................................................................................161

8 Insekten in Kunst und Literatur............................................................................................ 163


Literatur....................................................................................................................................................173

9 Die Vielfalt der Insekten............................................................................................................ 175


9.1 Prinzipien der Systematik...................................................................................................................177
9.2 Das System der Insekten.....................................................................................................................180
9.2.1 Collembola (Springschwänze).................................................................................................................180
9.2.2 Protura (Beintastler)....................................................................................................................................183
9.2.3 Diplura (Doppelschwänze).......................................................................................................................184
9.2.4 Archaeognatha (Felsenspringer)............................................................................................................187
9.2.5 Zygentoma (Fischchen).............................................................................................................................189
9.2.6 Ephemeroptera (Eintagsfliegen).............................................................................................................191
9.2.7 Odonata (Libellen).......................................................................................................................................194
9.2.8 Plecoptera (Steinfliegen)...........................................................................................................................197
9.2.9 Dermaptera (Ohrwürmer).........................................................................................................................200
9.2.10 Embioptera (Tarsenspinner).....................................................................................................................202
9.2.11 Phasmatoptera (Phasmida, Phasmatodea, Gespenstschrecken)................................................204
9.2.12 Orthoptera (Geradflügler, Saltatoria: Springschrecken).................................................................206
9.2.13 Zoraptera (Bodenläuse).............................................................................................................................211
9.2.14 Grylloblattodea (Notoptera, Grillenschaben)....................................................................................212
9.2.15 Mantophasmatodea (Gladiatoren, Fersenläufer)..............................................................................214
9.2.16 Mantoptera (Mantodea, Fangschrecken)............................................................................................216
9.2.17 Blattoptera (Blattodea, Schabenverwandte)......................................................................................219
9.2.18 Isoptera (Termiten)......................................................................................................................................223
9.2.19 Psocoptera (Staub-, Rinden- oder Bücherläuse, Flechtlinge).......................................................226
9.2.20 Phthiraptera (Tierläuse).............................................................................................................................228
9.2.21 Thysanoptera (Fransenflügler)................................................................................................................232
9.2.22 Hemiptera: Heteropterida (Heteroptera: Wanzen und Coleorrhyncha – Mooswanzen)....236
9.2.23 Hemiptera: Auchenorrhyncha (Zikadenverwandte).......................................................................241
9.2.24 Hemiptera: Sternorrhyncha (Pflanzenläuse)......................................................................................246
9.2.25 Hymenoptera (Hautflügler)......................................................................................................................255
9.2.26 Neuroptera (Netzflügler)...........................................................................................................................261
9.2.27 Megaloptera (Schlammfliegen)..............................................................................................................265
9.2.28 Raphidioptera (Kamelhalsfliegen).........................................................................................................269
9.2.29 Coleoptera (Käfer)........................................................................................................................................271
9.2.30 Strepsiptera (Fächerflügler)......................................................................................................................279
9.2.31 Trichoptera (Köcherfliegen).....................................................................................................................282
9.2.32 Lepidoptera (Schmetterlinge).................................................................................................................285
9.2.33 Siphonaptera (Flöhe)..................................................................................................................................294
9.2.34 Mecoptera (Schnabelfliegen)..................................................................................................................298
9.2.35 Diptera (Zweiflügler)...................................................................................................................................301
IX
Inhaltsverzeichnis

9.3 
Der Stammbaum der Insekten..........................................................................................................310
Literatur....................................................................................................................................................317

Serviceteil
Glossar...................................................................................................................................................... 322
Stichwortverzeichnis........................................................................................................................... 331
1 1

Einleitung
Inhaltsverzeichnis

1.1 Insekten und Menschen – 2

1.2 Die zoologische Nomenklatur – 5

1.3 Verwendete Literatur – 8

Literatur – 8

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Schmitt, Insektenwunderwelt - Einstieg in die Entomologie,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-64077-7_1
2 Kapitel 1 · Einleitung

1.1 Insekten und Menschen


1
„Sagen Sie mal – Sie sind doch der für die
Käfer –, ich hab da in meiner Küche so
kleine braune Käfer – was ist das, was tun
die, was kann ich dagegen tun?“ Solcherlei
Anrufe erhält man oft, wenn man an einem
zoologischen Museum für die Käfer-
sammlung zuständig ist. Es dreht sich nicht
immer um kleine braune Käfer (wie z. B.
den Speckkäfer in . Abb. 1.1), aber regel-
mäßig um die drei Fragen „was ist das, was
..      Abb. 1.1 Ein Gemeiner Speckkäfer, Dermestes
tut das, was kann ich dagegen tun?“. Insek- lardarius Linnaeus, 1758 (Coleoptera: Dermestidae),
ten werden von vielen Menschen als Läst- auf Millimeterpapier, Bonn, Deutschland. Foto
linge oder sogar als Schädlinge wahr- M. Schmitt
genommen, gegen die man etwas
unternehmen muss.
Küchenschaben erregen Ekel, Wespen
und Hornissen lösen Ängste aus. Anderer-
seits finden die meisten Menschen einige In-
sekten auch niedlich, Marienkäfer zum Bei-
spiel. Die meisten Schmetterlinge gelten als
schön (. Abb. 1.2), ihr Erscheinen im Früh-
ling wird begeistert begrüßt. Um uns herum
und mit uns Menschen leben Millionen von
Insekten, von denen wir die meisten gar
nicht wahrnehmen. Sie sind so klein oder sie
leben so verborgen, dass wir sie nicht sehen
..      Abb. 1.2 Kaisermantel, Argynnis paphia (Linna-
(wie z. B. die Staublaus in . Abb. 1.3). eus, 1758) (Lepidoptera: Nymphalidae), Gugny,
Doch auch gut sichtbare Insekten geben Polen. Foto M. Schmitt
häufig Anlass zur Verwirrung. Vorhersagbar
berichten Spaziergänger im Frühling, sie
hätten große Anzahlen „schwarzroter
Käfer“ gesichtet. Wenn sie dann erfahren,
dass es sich nicht um Käfer, sondern um
Wanzen handelt (Feuerwanzen – Pyrrhoco-
ris apterus, . Abb. 1.4), reagieren sie im
Allgemeinen entsetzt, mindestens aber er-
staunt. Mit „Wanze“ verbinden die meisten
Menschen etwas Unangenehmes, Schäd-
liches, Gefährliches oder auch Peinliches,
nämlich die Bettwanze (Cimex lectularius).
Kaum jemand weiß, dass auf unserem Pla-
neten ungefähr 40.500 Wanzenarten leben, ..      Abb. 1.3 Eine zu den Staubläusen gehörende
wovon nur 75 Arten# zu den Bettwanzen Bücherlaus der Gattung Liposcelis (Liposcelis sp.)
zählen, in Mitteleuropa nur zwei. (Psocoptera: Liposcelididae), Greifswald, Deutsch-
land. Foto M. Schmitt
1.1 · Insekten und Menschen
3 1
Eine besondere Rolle spielen für uns
Menschen solche Insekten, die als Vektoren
Krankheiten – genauer gesagt, Krankheits-
erreger – übertragen können. Zu den be-
kanntesten unter ihnen zählen die 40 Arten
von Fiebermücken der Gattung Anopheles.
Männchen und Weibchen dieser Mücken er-
nähren sich von Pflanzensäften, aber die
Weibchen müssen darüber hinaus Blut von
Tieren aufnehmen, um ihre Eier mit Protei-
nen versorgen zu können. Deshalb stechen
..      Abb. 1.4 Gemeine Feuerwanzen, Pyrrhocoris ap- sie mit ihren Stechrüsseln Tiere an – so auch
terus (Linnaeus, 1758) (Heteroptera: Pyrrhocoridae), uns Menschen – und saugen eine kleine
Greifswald, Deutschland. Foto M. Schmitt Menge Blut auf. Dabei injizieren sie etwas
Speichel, der gerinnungshemmende Stoffe
Insekten sind aber nicht nur schön oder enthält. Wenn sie selbst Wirte von Einzellern
hässlich, harmlos oder gefährlich, lästig der Gattung Plasmodium sind, gelangen mit
oder erfreulich, sie sind vor allem auch wich- ihrem Speichel auch solche Zellen in den
tig – für uns Menschen und für die gesamten Körper der gestochenen Tiere. Im mensch-
Ökosysteme auf der Erde. Insekten be- lichen Körper verursachen die Plasmodien
stäuben ungefähr neun von zehn Pflanzen- eine Krankheit, die als Malaria bezeichnet
arten weltweit (Nabu). Zu den von Insekten wird (vom Italienischen mal’aria = schlechte
bestäubten Pflanzenarten gehören die meis- Luft, weil man früher glaubte, aus Sümpfen
ten Kulturpflanzen – z. B. alle Obstbaum- aufsteigende schlechte Luft verursache die
arten, Raps, Beeren wie die Erdbeere, Kaffee Krankheit). Tatsächlich gibt es verschiedene
und die Baumwollpflanzen (Gossypium Arten von Plasmodien, die verschiedene
spp.). Ohne Insekten also könnten wir weder Formen von Malaria hervorrufen. Die ge-
Obst ernten noch Kaffee trinken, noch fährlichste Form, die Malaria tropica, ist
T-Shirts tragen. Die wichtigsten Bestäuber lebensbedrohlich – alljährlich sterben mehr
unter den Insekten sind die Bienen, wobei als 1 Mio. Menschen daran. Daneben gibt es
die Honigbienen (Apis mellifera) nur einen auch das sogenannte Drei-Tage-Fieber (Ma-
Teil der Bestäubungsleistung erbringen. Die laria tertiana) und das Vier-Tage-Fieber
meisten Blüten werden von Wildbienen, (Malaria quartana), die typische Fieber-
z. B. Hummeln, bestäubt. Die Honigbienen schübe im Drei- bzw. Vier-Tages-Abstand
sind für uns Menschen eben auch als Honig- hervorrufen. Doch übertragen neben den
lieferanten von großer wirtschaftlicher und Anopheles-­ Mücken noch viele andere
gesundheitlicher Bedeutung. Andererseits Insektenarten beim Kontakt mit Menschen
ernähren sich viele Insekten von Pflanzen, durch Stich oder Biss Erreger verschiedener
die wir Menschen nutzen wollen. Solche In- Krankheiten. So können Tsetsefliegen der
sekten bezeichnen wir als „Schädlinge“ und Gattung Glossina Protozoen der Gattung
bekämpfen sie. Das ist wirtschaftlich ge- Trypanosoma übertragen, die Erreger der
sehen vielleicht notwendig, führt aber auch Afrikanischen Schlafkrankheit. Eine andere
zu unerwünschten Folgen, wenn durch die Trypanosoma-Art, T. cruzi, wird in Süd-
Bekämpfung von Schädlingen auch andere, amerika von blutsaugenden Raubwanzen
erwünschte oder erfreuliche, Tiere oder (Familie Reduviidae) der Gattungen Tria-
Pflanzen geschädigt werden oder wenn die toma, Rhodnius, Dipetalogaster und Pans-
Gifte in unsere Nahrung oder Atemluft ge- trongylus aus der Unterfamilie Triatominae
langen. auf Affen und Menschen übertragen. Diese
4 Kapitel 1 · Einleitung

Einzeller lösen im menschlichen Körper die Grillen (Heimchen, Acheta domesticus) be-
1 gefürchtete Chagas-Krankheit aus (mit der stehen. Seit Mai 2021 sind in der EU Mehl-
wahrscheinlich Charles Darwin während würmer, die Larven des Mehlkäfers Tene-
seines Aufenthalts in Südamerika infiziert brio molitor, offiziell als Lebensmittel
wurde). Zahllose weitere Erreger werden zugelassen (Burger 2021). Die Produktion
durch Insekten verbreitet. In den letzten von 100 g Eiweiß aus Mehlwürmern ver-
Jahren wurde vor allem das Denguefieber ursacht weniger als 2 kg CO2-­Äquivalent.
bekannt. Es wird durch Viren verursacht, Für Protein aus Hühnern sind es 6 kg, für
die durch verschiedene Stechmückenarten Eiweiß aus Rindern 24 kg (Burger 2021).
übertragen werden können, vor allem die Seit Jahren ist bei uns in Mitteleuropa,
Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). aber auch in anderen Regionen der Erde, zu
In Europa haben Rattenflöhe (Xenopsylla beobachten, dass Insektenarten seltener
cheopis) die Erreger der Beulenpest – Bakte- werden und sogar ganz verschwinden. Wel-
rien der Art Yersinia pestis – verbreitet, und chen Anteil der Einsatz von Schädlings-
Bettwanzen übertragen mit ihrem Stich Er- bekämpfungsmitteln (Pestiziden) daran hat,
reger von Hepatitis B und C sowie anderer wird unter Fachleuten vehement diskutiert.
Krankheiten. Durch Verbesserung der hygi- Ebenso ist der Einfluss des Klimawandels
enischen Wohn- und Lebensbedingungen auf den Rückgang der Häufigkeit von In-
sind diese Übertragungswege in Mittel- sekten in unseren Ökosystemen wissen-
europa so gut wie verschwunden, in anderen schaftlich umstritten. Die seit der „Krefel-
Gegenden der Welt aber nach wie vor höchst der Studie“ von Hallmann et al. 2017 lebhaft
aktuell. geführte öffentliche Diskussion um dieses
Die Biomasse aller Insekten auf der Erde Insektensterben hat aber fraglos mehr Men-
beträgt ca. 400 Mio. t. Dagegen stellen sämt- schen dazu gebracht, sich mit dem Thema
liche Nutztiere mit 78 Mio. t nur ungefähr zu beschäftigen und möglicherweise auch
ein Fünftel davon (Focus Wissen). Die Frage sich für das Leben von Insekten zu interes-
ist durchaus berechtigt, weshalb wir nicht sieren. Das vorliegende Buch soll den
Insekten statt Nutztiere essen. Tatsächlich Körperbau, das Leben und die Stammes-
werden Insekten in vielen Regionen der geschichte der Insekten wissenschaftlich,
Erde gegessen. In China z. B. gilt eine Suppe aber nach Möglichkeit allgemein verständ-
als Delikatesse, in der Raupen von lich darstellen. Es wendet sich an alle Inter-
Schmetterlingen der Gattung Thitarodes essierten, an Laien wie Vorgebildete, und
(bat moths) gekocht wurden. Auf vielen versucht in kompakter Form, eine Ein-
Märkten in Mexiko werden geröstete, scharf führung in die Insektenkunde, die Entomo-
gewürzte Heuschrecken angeboten, die man logie, zu bieten. Die Entomologie besitzt,
wie Kartoffelchips knabbert, mit oder ohne wie alle Wissenschaftszweige, eine eigene
Limonensaft. Unsere europäischen Vorbe- Terminologie, einen reichhaltigen Satz eige-
halte dagegen, Insekten als Nahrung zu nut- ner Fachbegriffe, die nicht vermieden, son-
zen, sind ausschließlich kulturell bedingt. dern erklärt werden. Eine Auswahl solcher
Schon 1885 fragte der Engländer Vincent Fachbegriffe, die im Buch mehrmals auf-
M. Holt „Why not eat insects?“ und schrieb tauchen, ist im Glossar am Ende des Buches
ein ganzes Büchlein darüber, in dem er auch mit ihren Definitionen aufgelistet. Entomo-
Rezepte für Gerichte mit Insekten vorstellte logie ist eine vielfältige Wissenschaft, die
(Holdt 1885). Vielleicht wandeln sich auch von vielen Wissenschaftler*innen auf der
unsere abendländischen Vorlieben allmäh- ganzen Welt betrieben wird. Es ist daher bei-
lich. Immerhin werden seit einiger Zeit in nahe unvermeidlich, dass die entomo-
Supermärkten „Insektenriegel“ angeboten, logischen Fachbegriffe nicht immer und
die tatsächlich zu 17 % aus gemahlenen überall genau gleich verwendet werden. Die
1.2 · Die zoologische Nomenklatur
5 1
Fachbegriffe, die im Glossar stehen, sind im hoben 1761, seit 1762: Carl von Linné)
Lauftext mit einem hochgestellten Doppel- zurückgehen. Er führte das Prinzip der bi-
kreuz (#) markiert. Das Glossar soll dar- nominalen Benennung der Arten konse-
legen, wie die Begriffe hier in diesem Buch quent für alle Pflanzen und Tiere durch:
definiert sind. Dort ist auch für möglicher- Jeder Artname besteht aus einem Gattungs-
weise unvertraute Fremdwörter die Plural- namen und einem Art-­Epitheton (wörtlich:
form angegeben. Im vorliegenden Buch das Dazugestellte), z. B. Musca domestica
bilde ich den Genitiv nach dem Muster für die Stubenfliege. In der Zeit vor Linna-
deutscher Wörter nur von solchen Begriffen, eus waren viele Namen von Pflanzen oder
deren Plural wir deutsch bilden (zum Bei- Tieren lang und umständlich. So hieß ein
spiel Rhabdom – Rhabdome, Genitiv: des Käfer bei August Johann Rösel von Rosen-
Rhabdoms). Wenn wir in der Fachsprache hof (1705–1759) „der runde hoch-rothe Ma-
den Plural eines Begriffs fremdsprachlich rien-Kefer mit schwarzen Puncten“. Linna-
bilden, dann dekliniere ich die Singularform eus nannte ihn Coccinella septempunctata.
nicht (Beispiel: Taxon# – Taxa, Genitiv: des Der wesentliche Unterschied ist, dass vor
Taxon). Linnaeus die Namen gleichzeitig Be-
Eine ganz besondere Rolle spielen be- schreibungen waren, während seine zwei-
stimmte Fachbegriffe der Taxonomie, das ist teiligen Namen nur als Etiketten und Merk-
der Zweig der Biologie, der sich dem Be- hilfen dienten und die eigentliche
stimmen, Beschreiben und Einordnen von Beschreibung davon völlig unabhängig war.
Individuen in Arten und andere Ordnungs- Linnaeus führte 1758 in der 10. Auflage sei-
einheiten widmet, und der Nomenklatur, nes grundlegenden Werkes Systema Naturae
welche die wissenschaftlichen Namen von 4326 Tierarten auf, heute sind ca. 1,4 Mio.
Organismen regelt. Tierarten beschrieben, davon annähernd
1 Mio. Insekten (Beutel et al. 2014, S. VII).
Die Regeln für die korrekte Vergabe von
1.2 Die zoologische Nomenklatur wissenschaftlichen Namen für Tiere sind im
International Code of Zoological Nomencla-
Im vorstehenden Text wurden verschiedene ture (I.C.Z.N.) festgelegt (International Com-
Insekten erwähnt, mit einem deutschen um- mission on Zoological Nomenclature 1999).
gangssprachlichen und einem wissenschaft- In diesem Code werden ausschließlich die
lichen Namen. Die umgangssprachlichen wissenschaftlichen Namen geregelt. Um-
Namen sind zwar meist einprägsamer bzw. gangssprachliche Namen, sogenannte Trivial-
weiter bekannt als die wissenschaftlichen, namen, sind von diesen Regeln unberührt.
aber sie sind häufig mehrdeutig. So werden Die Namen müssen innerhalb der zoo-
z. B. verschiedene Arten# umgangssprach- logischen Nomenklatur eindeutig sein. Es
lich als „Junikäfer“ bezeichnet, z. B. Amphi- dürfen also nicht zwei Tiere denselben Namen
mallon solstitiale und Rhizotrogus margini- tragen, wohl aber dürfen eine Pflanze und ein
pes), aber auch der Gartenlaubkäfer Tier gleich heißen. Im I.C.Z.N. werden nur
(Phyllopertha horticola). In der Wissenschaft die Namen dreier Gruppen von Rangstufen
ist eine eindeutige Benennung der der Klassifikation behandelt: Namen der
Forschungsgegenstände eine unabdingbare Familiengruppe, der Gattungsgruppe und der
Voraussetzung für Verständigung und Ver- Artgruppe. Zur Familiengruppe gehören die
lässlichkeit. Die Benennung und die Namen Rangstufen Überfamilie, Familie, Unter-
von Tieren werden innerhalb der Zoologie familie, Tribus (grammatisch weiblich!) und
durch einen Satz von Bestimmungen ge- Subtribus. Namen der Gattungsgruppe sind
regelt, die letztlich auf das Werk von Carl Gattungen und Untergattungen, Namen der
Linnaeus (1707–1778, in den Adelsstand er- Artgruppe sind Arten und Unterarten.
6 Kapitel 1 · Einleitung

Namen für höhere Ränge der Klassifikation,


1 z. B. von Klassen oder Ordnungen, werden
..      Tab. 1.1 Endungen der wissenschaftlichen
Tiernamen in der Zoologie
ebenso wenig geregelt wie Namen für Ränge
unterhalb der Unterart, sogenannte infrasub- Rang Endung
spezifische Namen, wie z. B. Formen, Varie-
täten oder Aberrationen. Abteilung, Reich, Keine bestimmte
Stamm, Klasse Endung
Gattungen tragen einen einteiligen
Unterklasse
Namen, Artnamen sind aus Gattungsnamen
und Art-Epitheton (Mehrzahl: Epitheta) zu- Ordnung Keine bestimmte, für
geflügelte Insekten
sammengesetzt (binominale, binomiale oder
häufig -ptera
binäre Nomenklatur). Fakultativ werden
Autor oder Autor und Jahr der Erst- Überfamilie -oidea
beschreibung genannt, in bzw. ohne Klam- Familie -idae
mern, z. B. Oulema melanopus (Linnaeus,
Unterfamilie -inae
1758) oder Cassida vibex Linnaeus, 1758
(die Regel für die Setzung von Klammern Tribus -ini
wird weiter unten erklärt). Dieselben Subtribus -ina
Art-Epitheta dürfen beliebig oft vergeben
Gattung (Genus), Art Keine bestimmte
werden, solange nicht dieselbe Kombination (Species), Unterart Endung
mit einem Gattungsnamen entsteht. Wurde (Subspecies)
ein Name mehrmals vergeben (Hom-
onymie), gilt die älteste Bezeichnung. Falls
ein Taxon# (eine Ordnungseinheit beliebigen
Umfangs und Rangs, Plural: Taxa) mehr- Taxon muss von einer Beschreibung dieses
fach und verschieden benannt wurde, gilt Taxon begleitet sein. Ein Einzelindividuum,
der älteste Name, der den Vorschriften ent- mit dem der Name verbunden ist, wird
spricht, alle jüngeren sind ungültige Syno- Holotypus genannt. Liegen der Be-
nyme. Namen der Gattungsgruppe sind schreibung darüber hinaus noch andere Ex-
Substantive im Singular, das lateinische emplare zugrunde, werden diese als Para-
(und englische) Wort für Gattung ist genus typen bezeichnet. Diese Typusexemplare
(grammatisches Geschlecht Neutrum, Plu- sind für die systematische Biologie ungemein
ral: genera). Namen der Familiengruppe wichtig, es sind sozusagen die „Urmeter“
sind Substantive im Plural, die aus dem eines Namens. In der Vergangenheit wurden
Wortstamm der Typusgattung mit einer an- als Referenz für einen Artnamen manchmal
gehängten Endung bestehen. Die Endung mehrere Exemplare angegeben, die eine so-
gibt die Rangstufe an (. Tab. 1.1). genannte Syntypen-Serie darstellen. Das ist
Damit eindeutig zu klären ist, für wel- zwar auch heute noch erlaubt, allerdings
ches Taxon# ein vergebener Name gelten bergen solche Syntypenserien das Risiko,
soll, muss für jeden Namen ein sogenannter dass sie aus Exemplaren verschiedener
Typus festgelegt werden. Für einen Namen Arten bestehen.
der Familiengruppe ist dies eine Gattung, Im I.C.Z.N. ist festgelegt, dass ein
für einen Gattungsnamen ist dies eine Art#. wissenschaftlicher Name nicht inhaltlich zu-
Für Taxa vom Artrang oder darunter treffen muss, damit ein Name gültig ist. Ein
(Arten, Unterarten, Formen etc.) sind es Käfer, der Chrysolina americana genannt
Einzelexemplare. Diese müssen in wissen- wurde, muss also nicht unbedingt in Ame-
schaftlichen Sammlungen allgemein zu- rika vorkommen. Ein wissenschaftlicher
gänglich aufbewahrt werden, meistens in Name muss nicht einmal irgendetwas be-
konserviertem Zustand. Jeder Name für ein deuten, er kann auch eine willkürliche Buch-
1.2 · Die zoologische Nomenklatur
7 1
stabenkombination sein. Es spielt auch Spinnen), tatsächlich schon 1757 veröffent-
keine Rolle, ob er sprachlich korrekt gebildet licht (Clerck 1757), wurde durch Beschluss
ist. Der wissenschaftliche Name des Acht- der ­Internationalen Kommission für zoo-
zehnfleckigen Marienkäfers lautet Myrrha logische Nomenklatur auf 1758 festgesetzt,
octodecimguttata (Linnaeus, 1758), obwohl letzteres Werk erhielt Priorität über ersteres.
„achtzehn“ im klassischen Latein duodevi- Das heißt, im Konfliktfall sind die Namen
ginti heißt und nicht octodecim. Ein einmal aus den Svenska Spindlar gültig und die ent-
vergebener Name darf auch nicht nachträg- sprechenden anderslautenden aus der zehn-
lich verändert werden (bzw. nur unter ganz ten Auflage des Systema Naturae sind un-
bestimmten, genau festgelegten Be- gültig. Dieses Verfahren wurde von der
dingungen). Carl Linnaeus nannte 1758 die Internationalen Kommission für zoo-
Honigbiene Apis mellifera, die „honig- logische Nomenklatur 1999 gewählt, weil
tragende“. Später entdeckte er, dass die einerseits das Werk des Linnaeus sämtliche
Honigbienen nicht Honig eintragen, son- Tiere behandelte und damit deutlich um-
dern Nektar und Pollen, und den Honig erst fangreicher war als das Buch über die schwe-
im Stock herstellen. Also taufte er diese Art dischen Spinnen, andererseits enthält
um und nannte sie 1761 Apis mellifica, die Clercks Werk wesentlich mehr Namen von
„honigmachende“. Diese Umbenennung Spinnen als das von Linnaeus, und viele die-
gilt jedoch als ungerechtfertigte Emendation ser Namen waren bereits allgemein an-
(Verbesserung, Berichtigung), und der erkannt und in Benutzung.
Name ist ungültig, er ist lediglich ein jünge- Eine Bestimmung, die immer wieder für
res Synonym von A. mellifera. Diskussion sorgt, enthält der Artikel 32.2
Wenn ein Art-Epitheton aus einer Kom- des I.C.Z.N.: „Handelt es sich bei einem
bination mit einem Gattungsnamen, z. B. Namen der Artgruppe um ein lateinisches
Chrysomela melanopus, in eine andere Gat- oder latinisiertes Adjektiv oder Partizip im
tung überführt wird, dann wird dies in der Nominativ Singular oder endet ein solcher
Zoologie dadurch angezeigt, dass der Name Name entsprechend, so muss er im Ge-
des Erstbeschreibers der Art in Klammern schlecht mit dem Gattungsnamen überein-
gesetzt wird, z. B. Oulema melanopus (Lin- stimmen, mit dem er jeweils kombiniert ist.“
naeus). Der Name einer Unterart wird ohne Diese Bestimmung bedeutet, dass bei der
Zusatz an das Art-Epitheton angeschlossen Vergabe und Verwendung vieler Art-­
(Artikel 5.2.), z. B. Mus musculus domesticus Epitheta geklärt sein muss, welches gramma-
(die Hausmaus). In der Zoologie dürfen tische Geschlecht der zugehörige Gattungs-
Gattungsname, Art-Epitheton und Unter- name hat, nämlich immer dann, wenn diese
artname gleich lauten (Artikel 18 und Art-Epitheta lateinische Adjektive oder Par-
23.3.7). So eine Tautonymie findet man z. B. tizipien sind oder so behandelt werden kön-
beim Flachlandgorilla, Gorilla gorilla go- nen. Da tun sich mancherlei Fallstricke auf.
rilla. Damit nicht nach beliebig alten Namen Das Heimchen beispielsweise trägt den
recherchiert werden muss, enthält der wissenschaftlichen Namen Acheta domesti-
I.C.Z.N. ein Startdatum. Die zoologische cus und nicht etwa domestica, weil Acheta
Nomenklatur beginnt mit dem (willkürlich aus dem Griechischen kommt, dort „der
festgesetzten) 1. Januar 1758. In diesem Jahr Sänger“ bedeutet und grammatisch männ-
erschien die zehnte Auflage des Systema Na- lich ist. Auch muss das Getreidehähnchen
turae (der ersten, in der Linnaeus die bi- (ein Blattkäfer) wissenschaftlich Oulema me-
nominale Nomenklatur für das gesamte lanopus heißen und nicht etwa melanopa,
Tierreich konsequent durchführte). Das Er- denn melanopus ist kein lateinisches Ad-
scheinungsjahr von Carl Clercks Svenska jektiv, sondern ein latinisiertes griechisches
Spindlar/Aranei suecici (die schwedischen Substantiv (das „Schwarzfuß“ bedeutet).
8 Kapitel 1 · Einleitung

Immer wieder haben Taxonomen die Be- 1.3 Verwendete Literatur


1 nennung ihrer Gegenstände dazu genutzt,
mehr oder weniger geistreiche Scherze zu Die meisten in diesem Buch vermittelten In-
treiben. Einige Beispiele mögen das illustrie- formationen stammen aus gängigen Lehr-
ren (eine ausführliche Sammlung solcher büchern der Entomologie, der Wissenschaft
kurioser Namen findet sich auf 7 http:// von den Insekten oder Kerbtieren. Diese
www.­curioustaxonomy.­net/, weitere Infor- verwendeten Lehrbücher werden nicht jedes
mation in Ohl 2015). George Willis Kirkaldy Mal eigens angegeben, wenn aus ihnen zi-
nannte 1904 eine Gattung von Buckelzirpen tiert wird. Es sind dies Entomologisches
(Membracidae) Elachisme (Kirkaldy 1904). Praktikum von Gerhard Seifert (Seifert
Dieser Name könnte den Eindruck er- 1995), das von Konrad Dettner und Werner
wecken, aus dem Altgriechischen zu stam- Peters herausgegebene Lehrbuch der
men, denn „Öl“ heißt dort elaion, und chi ist Entomologie (Dettner und Peters 2003), das
der 22. Buchstabe des griechischen Alpha- von Reginald F. Chapman begründete und
bets. Wird der Name jedoch Englisch aus- von Stephen J. Simpson und Angela E. Dou-
gesprochen, ergibt sich „Ella, kiss me!“. In glas herausgegebene Lehrbuch The Insects –
derselben Publikation veröffentlichte der Structure and Function (Simpson und Doug-
Autor auch noch die Namen Dolichisme, las 2013) und das Werk Insect Morphology
Florichisme, Nanichisme, Polychisme, and Phylogeny von Rolf Georg Beutel und
Ochisme und Alchisme. Franz Werner be- Co-­Autor*innen. Eine weitere wichtige all-
schrieb 1912 eine australische Gespenst- gemeine Quelle ist das 15-bändige Lexikon
schrecke als Denhama aussa (Werner 1912). der Biologie (Sauermost und Freudig 1999–
Da diese Insekten in der Nähe der Ortschaft 2004). Auf darüber hinaus benutzte Quellen
Denham in Westaustralien gesammelt wur- wird im Lauftext mit Autor und Jahr ver-
den und „Aussi“ eine scherzhafte Be- wiesen, die entsprechenden bibliografischen
zeichnung für Australier ist, könnte der Art- Angaben stehen in den Literaturverzeich-
name so erklärt werden. Franz Werner war nissen am Ende der Kapitel.
aber Österreicher, und wer mit dem austro-
bajuwarischen Zungenschlag vertraut ist, zz Quellen
erkennt leicht, dass „Denhama aussa“ be- Internetseiten
deutet „den haben wir heraus(gefunden)“. Focus wissen: 7 https://www.­focus.­de/
Vielleicht neigt man in der österreichischen wissen/natur/gute-­f rage-­w ie-­verteilt-­s ich-­
taxonomischen Tradition mehr als anderswo die-­biomasse_aid_501798.­html, zuletzt be-
zu augenzwinkernden Namensgebungen. sucht 6.5.2020.
Jedenfalls hat Ulrike Aspöck , Wienerin, Nabu: 7 https://www.­nabu.­de/tiere-­
1982 drei Kamelhalsfliegen-Unterarten und-­p f lanz en/insekten-­u nd-­s pinnen/
vordergründig klassisch altgriechisch, tat- info/22683.­html, zuletzt besucht 6.5.2020.
sächlich aber österreichisch benannt: Agulla
modesta adryte, A. m. aphyrte, und A. m.
aphynfte (Aspöck 1982). Schon 1966 nann- Literatur
ten sie und ihr Mann Horst (Aspöck und
Aspöck 1966) eine Kamelhalsfliege Raphi- Aspöck H, Aspöck U (1966) Studien an europäischen
dia noane (= „noch eine“) und 1974 eine wei- und kleinasiatischen Arten des Genus Raphidia
L. Mitt Schweiz Entomol Ges 39:33–48
tere Art Parvoraphidia aphaphlyxte (Aspöck Aspöck H, Aspöck U (1974) Raphidia (Parvoraphi-
und Aspöck 1974). Die Liste ließe sich be- dia) aphaphlyxte n. sp. – eine neue Kamelhals-
liebig verlängern. Die Beispiele sollen nur fliege aus Griechenland (Neuropt., Raphidiop-
zeigen, dass Taxonomie nicht notwendiger- tera, Raphidiidae). Nachrichtenbl bayer Entomol
weise eine humorlose Beschäftigung ist. 23:94–96
Literatur
9 1
Aspöck U (1982) Polymorphismus und Polytypie bei menclature, International Trust for Zoological
nearktischen Raphidiiden: Agulla (Glavia) mode- Nomenclature, London. Online version https://
sta Carpenter, Agulla (Glavia) unicolor Carpenter www.­iczn.­org/the-­code/the-­international-­code-­of-­
und Agulla (Glavia) paramerica n. sp. (Neuropte- zoological-­n omenclature/the-­c ode-­o nline/.
roidea: Raphidioptera). Z Arbeitsgemeinschaft deutsch: Kraus O (Bearb.) Internationale Regeln
österr Entomol 33:95–112 für die zoologische Nomenklatur. Goecke &
Beutel RG, Friedrich F, Ge S-Q, Yang X-K (2014) In- Evers, Keltern, 2000
sect morphology and phylogeny. De Gruyter, Ber- Kirkaldy GW (1904) Bibliographical and nomenclato-
lin rial notes of the Hemiptera – no. 3. Entomologist
Burger K (2021) Grünes Licht für Mehlwürmer. (London) 37:279–283
Tageszeitung (taz) vom 7. Mai, S 18 Linnaeus C (1758) Systema Naturae per regna tria na-
Clerck CA (1757) Svenska Spindlar uti sina hufvud-­ turae, secundum classes, ordines, genera, species
slågter indelte samt under några och sextio särs- cum characteribus, differentiis, synonymis. locis.
kildte arter beskrefne och med illuminerade fi- Tom. I, Ed. decima, reformata. Laurentius Sal-
gurer uplyste. – Aranei Svecici, descriptionibus et vius, Stockholm (Reprint London, BMNH, 1964)
figuris æneis illustrati, ad genera subalterna re- Ohl M (2015) Die Kunst der Benennung. Matthes &
dacti, speciebus ultra LX determinati. Laurentius Seitz, Berlin
Salvius, Stockholm Sauermost R, Freudig D (Hrsg) (1999–2004) Lexikon
Dettner K, Peters W (Hrsg) (2003) Lehrbuch der der Biologie in 15 Bänden. Spektrum, Heidelberg
Entomologie, 2. Aufl. Spektrum, Heidelberg Seifert G (1995) Entomologisches Praktikum, 3. Aufl.
Hallmann CA, Sorg M, Jongejans E, Siepel H, Hof- Georg Thieme, Stuttgart/New York
land N, Schwan H, Stenmans W, Müller A, Sum- Simpson SJ, Douglas AE (Hrsg) (2013) The insects –
ser H, Hörren T, Goulson D, de Kroon H (2017) structure and function, 5. Aufl. Cambridge
More than 75 percent decline over 27 years in ­University Press, Cambridge, UK
total flying insect biomass in protected areas. Werner F (1912) Mantodea und Phasmodea. In: Mi-
PLoS ONE 12:10: e0185809, 1–21. https://doi. chaelsen W, Hartmeyer R (Hrsg) Die Fauna Süd-
org/10.1371/journal.pone.0185809 west-Australiens. Ergebnisse der Hamburger süd-
Holdt VM (1885) Why not eat insects? Classey, Fa- west-australischen Forschungsreise 1905.
ringdon (Reprint 1978) Lieferung 3, Bd 4. Gustav Fischer, Jena, S 45–56
International Commission on Zoological Nomencla-
ture (1999) International Code of Zoological No-
11 2

Der Insektenkörper
Inhaltsverzeichnis

2.1 Insekten als Gliederfüßer – 12

2.2 Das Integument – 24

2.3 Färbung – 27

2.4 Muskulatur – 30

2.5 Kreislaufsystem – 33

2.6 Atemsystem – 36

2.7 Nahrungsaufnahme und Verdauung – 40

2.8 Drüsen – 49

2.9 Exkretion – 51

2.10 Sinnesorgane – 52

2.11 Nervensystem und Gehirn – 68

Literatur – 76

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022


M. Schmitt, Insektenwunderwelt - Einstieg in die Entomologie,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-64077-7_2
12 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

2.1 Insekten als Gliederfüßer ihr abgeschiedenen Cuticula. Diese Cuticula


ist aus mehreren Schichten zusammen-
Insekten sind Arthropoda (Gliederfüßer) gesetzt, die hauptsächlich Proteine und dar-
2 mit einem in Kopf (Caput), Brust (Thorax) über hinaus Chitin enthalten. Die Cuticula
und Hinterleib (Abdomen) gegliederten wird von den Zellen der Epidermis gebildet
Körper (. Abb. 2.1). Diese drei Körper- und als zunächst weiches Sekret nach außen
abschnitte (Tagmata#, Singular Tagma) sind abgegeben, das an der Luft aushärtet und
mehr oder weniger deutlich voneinander ab- einen festen, meist elastischen, manchmal
gesetzt. Der deutsche Name Kerbtiere be- auch starren Panzer bildet. Die namens-
zieht sich auf diesen allgemeinen Körperbau gebenden Gliederbeine bestehen aus mehre-
und bedeutet dasselbe wie lateinisch insecta ren röhrenförmigen, gelenkig verbundenen
und griechisch entoma (daher Entomologie Abschnitten.
für Insektenkunde), d. h. „Eingeschnittene“ Zu den Arthropoda gehören außer den
oder „Eingekerbte“. Arthropoda sind in Insekten auch die Krebstiere (Crustacea),
Segmente gegliederte wirbellose Tiere mit die Spinnentiere (Arachnida) und die
einem Außenskelett und gegliederten Tausendfüßer (Myriapoda). Manche Ver-
Extremitäten. In ihrem Körperinneren sind treter dieser Gruppen werden manchmal
die Gewebe von einer Blutflüssigkeit, der von Laien für Insekten gehalten, z, B. die zu
Hämolymphe, umspült, die meistenteils frei den Krebsen zählenden Asseln (. Abb. 2.2),
flottiert und nur in bestimmten Körper- bestimmte Tausendfüßer der Gattung Scuti-
abschnitten durch Gefäße strömt. Die gera (Spinnenläufer, . Abb. 2.3) oder die zu
Körperdecke (das Integument) besteht aus den Spinnentieren gehörenden Zecken
einer einschichtigen Epidermis und der von (. Abb. 2.4).

..      Abb. 2.1 Schema des Körperbaus eines idealisier- häutet wird. Nach Wehner und Gehring (2007)
ten geflügelten Insekts. Die Strukturen mit orange ge- © Thieme Gruppe, mit freundlicher Genehmigung
zeichneten Konturen bestehen aus Cuticula, die ge-
2.1 · Insekten als Gliederfüßer
13 2
Insekten tragen an ihrem dreigegliederten
Körper nur am mittleren Abschnitt, dem
Thorax, Gliederbeine. Der Thorax besteht
seinerseits aus drei Segmenten, der Vorder-
brust oder dem Prothorax, der Mittelbrust
oder Mesothorax, und der Hinterbrust oder
Metathorax. Jedes der drei Thoraxsegmente
trägt ein Beinpaar, daher auch die wissen-
schaftliche Bezeichnung Hexapoda – Sechs-
beiner – für die Insekten.
Nicht alle Insekten besitzen Flügel, aber
..      Abb. 2.2 Eine Gewöhnliche Rollassel, Armadilli-
sämtliche geflügelten Insekten tragen ihre
dium vulgare Latreille, 1804, Bonn, Deutschland.
Foto: M. Schmitt Flügel nur am Meso- und/oder am Meta-
thorax (. Abb. 2.1). Die Insektenflügel
sind nicht in gegeneinander bewegliche
Abschnitte gegliedert, lassen aber im All-
gemeinen verschiedene Regionen erkennen
und können bei den meisten Insekten-
gruppen auf die ein oder andere Weise ge-
faltet werden.
Der gesamte Körper der Insekten ist aus
Segmenten aufgebaut, die prinzipiell alle
dieselbe Ausstattung an inneren Organen
aufweisen: einen Satz Längs- und einen Satz
Ringmuskeln, ein Paar Ganglien (Nerven-
knoten), einen Abschnitt paariger Längs-
..      Abb. 2.3 Ein Spinnenläufer, Scutigera coleoptrata
nerven, je zwei Stigmen (Singular: Stigma –
(Linnaeus, 1758), der Kopf ist links, Südfrankreich.
Foto: M. Schmitt Atemöffnungen) und ein Paar Extremitäten.
Allerdings sind die Segmente der einzelnen
Tagmata der Insekten sehr stark modifiziert.
So wird der Kopf zwar ontogenetisch aus
sechs Segmenten gebildet, lässt aber weder
äußerlich sechs Abschnitte erkennen noch
entspricht die Gliederung des Gehirns
einer solchen Einteilung. Die Längsnerven
sind bei den meisten Insekten zu einem un-
paaren Bauchmark verschmolzen, und das
Abdomen weist bei Insekten nie Glieder-
­
beine auf.
Der Kopf besteht aus der Kopfkapsel
(dem Cranium), deren Cuticula meist stark
sklerotisiert (gehärtet) ist. Die Kopfkapsel
ist aus mehreren Skelettelementen zu-
..      Abb. 2.4 Zecke oder Holzbock, Ixodes sp., Bonn, sammengesetzt, die mit wissenschaftlichen
Deutschland. Foto: M. Schmitt
14 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

oder deutschen Namen bezeichnet werden. sind, nennt man sie ektognath#, sind sie von
Diese Namen sind der Sprache der Wirbel- Duplikaturen der Kopfkapselwand um-
tieranatomie entnommen, das bedeutet schlossen, sodass nur ihre Spitzen heraus-
2 aber nicht, dass außer einer oberflächlichen schauen, nennt man sie entognath#.
Ähnlichkeit der Lagebeziehungen und der Diese Mundwerkzeuge sind beim bei-
Funktion ein Zusammenhang zwischen ßend-kauenden Typ deutlich getrennt und
den Teilen des Insektenkopfs und denen leicht zu unterscheiden, z. B. bei Heu-
des Wirbeltierschädels besteht. Zwischen schrecken und Käfern. In einigen Gruppen
diesen Kopfskelettelementen verlaufen so- sind sie stark abgewandelt und nur bei ge-
genannte Nähte, die als feine Furchen oder nauer Untersuchung zu unterscheiden, so
erhabene Leisten zu erkennen sind. Der bei den Insekten mit stechend-saugenden
Kopf setzt mit dem Occiput# (dem Hinter- Mundwerkzeugen (z. B. Mücken und Wan-
haupt) am Prothorax an, mit dem er durch zen) oder solchen mit leckend-saugenden,
eine ringförmige Membran verbunden ist. z. B. Schmetterlingen.
Dieser Hals (die Cervix#) trägt lediglich bei Wenn die Achse zwischen Occiput und
manchen Arten kleinere Skelettelemente, Labrum ungefähr wie die Körperachse aus-
sogenannte Cervicalsklerite, ansonsten ist gerichtet ist, der Kopf also nach vorne zeigt,
er nicht sklerotisert. Auf das Occiput folgt spricht man von einem prognathen# Kopf
nach vorne der Vertex (Scheitel), an den sich (z. B. bei Ohrwürmern und vielen Käfern).
die Frons (Stirn) anschließt. Die seitlichen, Weist diese Achse in etwa in einem rechten
unter den Augen liegenden Teile der Kopf- Winkel nach unten (wie bei Heuschrecken
kapsel werden Genae (Wangen, Singular und Libellen), bezeichnet man diese Kopf-
Gena#) genannt. Die Frons setzt sich nach form als orthognath# (im Englischen hypog-
vorne in den Clypeus# (Kopfschild) fort, an nathous). Eine Kopfform mit nach hinten
den sich das Labrum# (die Oberlippe) an- gerichteten Mundwerkzeugen und nach
schließt (. Abb. 2.5). vorn gerichteter Frons (wie z. B. bei Scha-
Das Labrum ist schon Teil der Mund- ben, Zikaden und einigen Käfern) nennt
werkzeuge. Es entsteht in der Individualent- man hypognath# (im Englischen opisthog-
wicklung, der Ontogenese, aus paarigen An- nathous). Bei einigen Insektengruppen,
lagen, die zu einer unpaaren Platte z. B. Coleoptera, Neuroptera und Trichop-
zusammenwachsen. Insekten besitzen ein tera, ist der Kopf ventral von einer skleroti-
Paar Mandibeln# (Oberkiefer), ein Paar sierten Platte, der Gula#, verschlossen, die
Maxillen# (Unterkiefer) und ein unpaares zwischen Hinterhauptsloch und Labium
Labium# (die Unterlippe). Letzteres wird in liegt.
der Ontogenese paarig angelegt und be- Der Kopf trägt ein Paar Antennen (Füh-
grenzt die Mundhöhle nach unten. Maxillen ler), die aus mehreren Antennomeren
und Labium tragen – in der Regel mehr- (Antennengliedern) aufgebaut sind, die
gliedrige – Taster, die Maxillar- bzw. Labial- Augen und die Mundwerkzeuge. So gut wie
palpen (Singular: Palpus#). Die Mandibeln alle Insekten haben als adulte Tiere paarige
der Zygentoma (Fischchen) und aller pri- Komplexaugen. Diese sind aus einzelnen
mär geflügelten Insekten sind über zwei Ge- Elementen zusammengesetzt und werden
lenke mit der Kopfkapsel verbunden (dicon- daher auch als Facettenaugen bezeichnet.
dyl#), können also nur über eine Drehachse Darüber hinaus besitzen viele Insekten ein
bewegt werden. Die übrigen, primär un- bis drei Einzelaugen, sogenannte Ocellen.
geflügelten Insekten besitzen Mandibeln mit Es gibt zwei verschiedene Typen von Anten-
nur einem Gelenk (monocondyl#). Wenn die nen bei Insekten (. Abb. 2.6). Bei den
Mundwerkzeuge frei beweglich und von Gliederantennen sind alle Antennomere
außen sichtbar an der Kopfkapsel eingelenkt außer dem äußersten mit Muskeln versehen,
2.1 · Insekten als Gliederfüßer
15 2

..      Abb. 2.5 Schema des Insektenkopfes. a: äußere OccN: Occipitalnaht, ON: Okularnaht, Pg: Postgena,
Morphologie; b: geöffnete Kopfkapsel ohne weiche Ge- Po: Postocciput, PoL: Postoccipitalleiste, PoN: Post-
webe; c: paramedian sagittal# aufgeschnittener occipitalnaht, SaN: Subantennalnaht, Sg: Subgena,
Insektenkopf mit einigen Muskeln. AN: Antennen- Sgl: Subgenalleiste außen an der Kopfkapsel, SgL: Sub-
naht, Bsk: Basalsklerit, Cb: Cibarium, Cerv: Cervix, Cl: genalleiste im Inneren der Kopfkapsel, SgN: Subgenal-
Clypeus (Kopfschild), ClN: Clypeolabralnaht, naht, SoN: Subokularnaht, Spag: Speicheldrüsenaus-
CorN:Coronalnaht, CT: Corpotentorium, Dil: führgang, Stap: Stirnapodem, Sus: Suspensorium, Sv:
Dilatatormuskel, Eph: Epipharynx, EpL: Epistomal- Salivarium, Tad: dorsaler Tentorialarm, Tah: hinterer
leiste, EpN: Epistomalnaht, FrN: Frontalnaht, Frs: Tentorialarm, Tav: vorderer Tentorialarm, Th: Mün-
Frons (Stirn), Gen: Gena (Wange), Hph: Hypopharynx, dung des hinteren Tentorialarms, To: Torma (kleiner
Lb: Labium (Unterlippe), Lbr: Labrum (Oberlippe), Sklerit am Epipharynx), Tv: Mündung des vorderen
Md: Mandibel (Oberkiefer), Mö: Mundöffnung, Mx: Tentorialarms, Vtx: Vertex (Scheitel). Aus Seifert (1995)
Maxille (Unterkiefer), Occ: Occiput (Hinterkopf), © Thieme Gruppe, mit freundlicher Genehmigung
16 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

durch welche die Glieder gegeneinander be- (s. 7 Abschn. 2.10). Es finden sich ganz ver-
wegt werden können (. Abb. 2.6a). Bei den schiedene Formen von Antennengeißeln, die
Geißelantennen (. Abb. 2.6b) befinden sich häufigsten sind in . Abb. 2.7 dargestellt.
2 Muskeln nur in den beiden Grundgliedern, Die Antennen sind mit einer Vielzahl ver-
dem Scapus und dem Pedicellus, während schiedener Sinnesorgane ausgestattet, die
die übrigen Glieder die Geißel bilden, die mechanische, thermische, flüssig-chemische
nur durch die Muskeln der Grundglieder be- oder flüchtig-chemische Reize aufnehmen.
wegt wird. Im Pedicellus befindet sich ein Ins Innere der Kopfkapsel stülpen sich
spezielles Sinnesorgan, das Johnston-Organ im Lauf der Ontogenese Äste der Cuticula
ein. Aus ihnen bildet sich ein chitiniges
Innenskelett, das Tentorium# (. Abb. 2.5b).
An den Ästen oder Fortsätzen dieses Innen-
skeletts setzen Muskeln an, die die Mund-
werkzeuge bewegen.
Das Außenskelett der Segmente des Tho-
rax und des Abdomen besteht grundsätzlich
aus einem Rückenschild, dem Tergum, mit
einer sklerotisierten Rückenplatte, dem Ter-
git und einem Bauchschild, dem Sternum,
mit einer Bauchplatte, dem Sternit. Diese
beiden Platten sind durch eine Membran,
die Pleura, verbunden. In diese Pleura sind
..      Abb. 2.6 Die beiden Haupttypen von Antennen häufig cuticulare Versteifungen eingebaut,
der Insekten. Aus Weber und Weidner (1974) die als Pleurite oder Pleura (Singular: Pleu-

..      Abb. 2.7 Die wichtigsten Formen von Geißel- (pectinat); g: keulenförmig (clavat) mit großer und h:
antennen. a: borstenförmig (setiform); b: fadenförmig mit beschränkter Zahl von Antennomeren; i: gekniet;
(filiform); c: perlschnurförmig (moniliform); d: einseitig k: blätterförmig (lamellat); l: pfriemenförmig mit un-
gezähnt (serrat); e: einseitig und f: beidseitig gekämmt gegliederter Endgeißel. Aus Weber und Weidner (1974)
2.1 · Insekten als Gliederfüßer
17 2
griffe deutlich macht: Im Griechischen ist
eine Stadt eine polis, der Bürger einer sol-
chen Stadt ein polites, und der war männlich
Stigma (Frauen wurden nicht als Bürger gerechnet).
Pleurum
Die Endung „-ites“ bedeutet also ein männ-
liches Substantiv (siehe den Eintrag „Tergit“
Coxa
im Entomologischen Wörterbuch von Ste-
fan von Kéler (1963).
Der Prothorax der Insekten wird in den
Laterosternit Spinasternum
meisten Gruppen von einer einheitlichen
a Primärsternum
Rückenplatte bedeckt. Dieser Tergit wird oft
auch einfach „Tergum“ genannt, auf
Flügel Deutsch: Rücken. Ein anderer Begriff dafür,
Fulcrum der allgemein den Rücken bezeichnet, un-
Basalare Subalare
Episternum Pleuralnaht Epimeron geachtet der Konsistenz der Rückendecke,
pleurales ist Notum#. Im Sternit# liegen die Hüft-
Trochantinus
Coxagelenk höhlen der Vorderbeine. Die Seiten des Pro-
Präcoxal-
Postcoxal- thorax sind meist stark sklerotisiert, sodass
brücke
brücke
der gesamte Prothorax zusammen mit der
b Laterosternit Apophysenmündung Kopfkapsel der härteste Abschnitt des
Insektenkörpers ist.
..      Abb. 2.8 a: Bildung der Sternopleuralregion. b: Meso- und Metathorax werden zu-
Schema der Pleura. Aus Seifert (2003) © Thieme
sammen auch als Pterothorax bezeichnet,
Gruppe, mit freundlicher Genehmigung
von griech. pteron = Flügel, weil Flügel bei
Insekten nur an einem dieser Thorax-
rum) bezeichnet werden (. Abb. 2.8). Für segmente oder an beiden ansetzen. Die Sei-
die Bauchplatten wird häufig der Begriff ten – Pleuren (Singular: Pleura) – dieser bei-
Ventrit verwendet, vor allem dann, wenn den Segmente sind bei den meisten
die äußerlich erkennbare Gliederung der Insektengruppen stark sklerotisiert. In der
Skelettplatten nicht der ursprünglichen seg- mebranösen Außenhaut der Segmente lieg
mentalen Anordnung entspricht. Im Lauf ein Pleurum, das meist in einen vorderen
der Ontogenese vieler Insekten fusionieren Abschnitt, das Episternum, und einen hinte-
manchmal Skelettplatten oder teilen sich, ren, das Epimeron, gegliedert ist
sodass die von außen sichtbaren Gren- (. Abb. 2.8). Das Pleurum umschließt zu-
zen zwischen den Platten nicht mehr die sammen mit einigen kleineren Elementen,
Segmentgrenzen widerspiegeln. Oft sind die unter ihnen der sichelförmige Trochanti-
Skelettplatten der Bauchseite ins Körper- nus#, die Coxalhöhle (Hüfthöhle). Die
innere verlagert, sodass die äußerlich sicht- Rückenplatten der Pterothoraxsegmente
baren Skelettelemente von den Pleuren ge- sind abweichend von den ursprünglichen
bildet werden. Daher bezeichnet man häufig Segmenten gegliedert: Der jeweils vordere
die sklerotisierten ventralen Elemente von Teil der Rückenplatte, das Mesonotum bzw.
Thorax und Abdomen als Ventrite. das Metanotum, ist mit einem Abschnitt der
In vielen gängigen deutschsprachigen dahinter liegenden Platte, dem Postnotum,
entomologischen Werken werden die auf verschmolzen, sodass die äußerlich sicht-
„-it“ endenden Bezeichnungen solcher baren Nähte nicht die Lage der ursprüng-
Skelettelemente grammatisch als Neutra lichen Segmentgrenzen markieren. Man
verwendet. Das ist aber sprachlich falsch, spricht hier von „sekundärer Segmentie-
wie ein Blick auf die Herkunft dieser Be- rung“. Nach innen ragen Einstülpungen des
18 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

Pronotum Mesonotum Metanotum


Post- Post-
Cervix Acrotergit Post-
notum notum
tergit
2

Phragma 1
dorsaler Phragma 2 Phragma 3
Längsmuskel

..      Abb. 2.9 Schema der Dorsalregion des Thorax. Aus Seifert (2003) © Thieme Gruppe, mit freundlicher
Genehmigung

Außenskeletts, die Phragmata (oder Phrag- odium# (. Abb. 2.10b, c). Die einzelnen
men, Singular: Phragma), an denen die vor Beinabschnitte sind durch Scharniergelenke
allem bei den flügeltragenden Insekten verbunden, d. h. Gelenke mit nur einer Be-
mächtigen dorsalen Längsmuskeln ansetzen wegungsachse. Diese Achsen sind von der
(. Abb. 2.9). Außerdem liegen im Thorax Coxa bis zur Tibia jeweils aufeinander-
auch die beinbewegenden Muskeln. folgend gegeneinander um bis zu 90° ver-
Die gegliederten Beine der Insekten sind setzt ausgerichtet. Durch diese kardanische
grundsätzlich alle gleich gebaut. Sie be- Gelenkung können Insekten ihre Beine so
stehen aus gelenkig verbundenen, mehr oder bewegen, als seien sie mit dem Körper über
weniger röhrenförmigen Abschnitten, die ein Kugelgelenk verbunden wie unsere
durch Muskelzug gegeneinander bewegt menschlichen Arme.
werden können (. Abb. 2.10). Insekten be- Ursprünglich dienten die Beine der In-
sitzen Strecker- und Beugermuskeln in den sekten sicher nur der Fortbewegung, waren
Beinen, im Gegensatz zu Spinnen, die ihre also einfache Laufbeine. In ihrer Evolution
Beine durch Hämolymphdruck strecken haben verschiedene Insektengruppen ganz
und nur Beuger besitzen. unterschiedliche Beinformen ausgebildet,
Die Abschnitte der Beine sind – von pro- die verschiedenste biologische Rollen er-
ximal (körpernah) nach distal (körperfern) – füllen. Eine Auswahl ist in . Abb. 2.11. dar-
die Coxa (Hüfte, Plural: Coxae), der – gestellt.
manchmal zweigeteilte – Trochanter Die Flügel von Insekten sind membra-
(Schenkelring), das Femur (der Schenkel, nöse (häutige) Flächen und durch feine stab-
Plural: Femora), die Tibia (die Schiene, Plu- oder röhrenförmige Adern versteift. Die
ral: Tibiae oder Tibien) und der Tarsus (der Längsadern der Flügel verzweigen sich bei
Fuß, Plural: Tarsi oder Tarsen). Der Tarsus den meisten Insekten und bilden Queradern,
ist seinerseits gegliedert in maximal fünf wodurch ein charakteristisches Äderungs-
Tarsomere (Tarsenglieder). Das äußerste muster entsteht. Die Flächen, vor allem die
Tarsenglied trägt einen sogenannten Oberseite, und die Kanten sind mit Härchen
­Prätarsus, der meist als einfache oder paa- besetzt, die eine wichtige aerodynamische
rige Kralle vorliegt. An diesem Prätarsus Rolle spielen und zudem Bestandteile von
setzen in manchen Insektengruppen weitere Sinnesorganen sind. Die Flügelflächen be-
paarige oder unpaare Strukturen an, die stehen aus zwei Lagen dünner Cuticula, die
meist einem besseren Halt auf dem Unter- in der Ontogenese als Ausstülpungen der
grund dienen: z. B. paarige Pulvillen#, ein Körperwand entstehen. Die Adern sind von
unpaares Arolium# oder ein unpaares Emp- einem einschichtigen Epithel ausgekleidet,
2.1 · Insekten als Gliederfüßer
19 2

..      Abb. 2.10 a: Querschnitt durch ein geflügeltes m.fl.ta: Flexor-(Beuge-)muskel des Tarsus, m.fl.ti: Fle-
Thoraxsegment; b: letztes Tarsenglied mit Klauen und xor-(Beuge-)muskel der Tibia, m.flp: Flexor-(Beuge-)
Arolium, von oben; c: idealisierte Tarsenspitze mit muskel des Prätarsus, Pl: Pleura, plFGK: pleuraler
verschiedenen Haftvorrichtungen, von der Sohlen- Flügelgelenkkopf, pm3: Pleuralmuskel 3, PTa: Prä-
seite. Ar: Arolium, bm1, bm2, bm3: sternale Bein- tarsus, Pv: Pulville, ret.fem.: Remotor (Rückziehmus-
muskeln, Cx: Coxa, dlm2, dlm1: dorsale Längs- kel) des Femur, St: Sternum, T: Tergum, Ta: Tarsus,
muskeln, d-plHG: , dvm5: Dorsoventralmuskel 5, Tr: Trochanter (Schenkelring), TrS: Trochantersehne,
Emp: Empodium, Fl: Flügel, Fu: Furca, Kr: Kralle, Utr: Unguitractor (Zugplatte, die am Krallenbeuge-
KrS: Krallensehne, m.cox1, m.cox2: Coxalmuskeln 1 muskel ansetzt), zm: Zwischenmuskel. Aus Weber und
und 2, m.ext.ta: Extensor-(Strecker-)muskel des Tar- Weidner (1974)
sus, m.ext.ti: Extensor-(Strecker-)muskel der Tibia,

dessen Zellen nach außen eine erhärtende zweigen (. Abb. 2.12). Zahlreiche Sinnes-
Cuticula abscheiden. Im Innern der Adern organe befinden sich in den Aderwänden,
fließt Hämolymphe aus dem Körperinneren die Härchen sind ihre reizaufnehmenden
hinaus und zurück. Außerdem verlaufen in Strukturen.
den Adern Tracheen (Atemröhren), die von Die Adern der Insektenflügel tragen tra-
den Tracheenhauptstämmen des Thorax ab- ditionell lateinische oder lateinischstämmige
20 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

..      Abb. 2.11 Verschiedene Beinformen von Insek- dae); e: Klammerbein (Vorderbein) einer weiblichen
ten. a: Sprungbein des Flohkäfers Psylliodes affinis Kleiderlaus (Pediculus sp., Anoplura); f: Putzbein
(Paykull, 1799) (Coleoptera: Chrysomelidae: Galeru- (Vorderbein) einer Honigbiene (Apis mellifera Linna-
cinae: Alticini); b: Grabbein einer Zikadenlarve, Ma- eus, 1758) (Hymenoptera: Apidae); g, h: Schwimm-
gicicada septendecim (Linnaeus, 1758) (Homoptera: bein (Hinterbein) eines Taumelkäfers, Gyrinus natator
Auchenorrhyncha: Cicadidae); c: Fangbein des Fang- (Linnaeus, 1758) (Coleoptera: Gyrinidae) mit ab-
hafts Mantispa styriaca (Poda, 1751) (Planipennia: gespreizten (g) und mit angezogenen (h) Ruderplätt-
Mantispidae); d: Duftbein eines Weibchens von He- chen. Aus Klausnitzer (1996)
pialus hecta (Linnaeus, 1758) (Lepidoptera: Hepiali-

Namen (. Abb. 2.13). Die meist massive Feld wird Remigium genannt. Auf dieses
Ader an der Flügelvorderkante heißt Costa, folgt das Analfeld oder der Vannus mit meh-
die zweite Ader Subcosta. Die dahinter lie- reren Analadern. Der verbleibende kleinste
genden Adern Radius, Media und Cubitus Teil des Flügels ist das Jugum mit den Juga-
verzweigen sich gewöhnlich zum körper- ladern. Zwischen Remigium und Vannus
abgewandten Ende der Flügel, sodass dort verläuft eine Sollknickstelle, die Plica van-
am Rand die Äste dieser Adern nummeriert nalis, zwischen Vannus und Jugum die Plica
werden. Der Postcubitus begrenzt den größ- jugalis. An diesen Plicae werden bei vielen
ten Teil der Flügelfläche nach hinten. Dieses Insekten die häutigen Flügel gefaltet. Darü-
2.1 · Insekten als Gliederfüßer
21 2
ber hinaus finden sich in etlichen Insekten- Boden oder der Wasseroberfläche nach
gruppen besondere Flügelfaltmechanismen oben starteten, oder sie entstanden bei In-
mit zusätzlichen Plicae. sekten, die von Bäumen, Büschen, Felsen
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, wie oder anderen Erhebungen nach unten fielen
die Flügel der Insekten in der Evolution oder schwebten. Das erste Szenario geht
entstanden sind. Grundsätzlich werden davon aus, dass die Insektenflügel aus be-
zwei Möglichkeiten diskutiert: Entweder weglich am Thorax eingelenkten Kiemen-
entstanden die Flügel bei Insekten, die vom fächern hervorgegangen sind, wie sie heute
noch am Abdomen von wasserlebenden
Eintagsfliegenlarven vorhanden sind. Im
zweiten Szenario wird angenommen, die
Flügel seien aus seitlichen Auswüchsen der
Körperwand des Thorax entstanden, den
sogenannten Paranota, wie sie bei heuti-
gen Silberfischchen noch zu sehen sind. Die
erste Annahme hätte den Vorteil, dass die
Flügelausgangsstufen schon von Anfang
an ein Grundgelenk besaßen und damit
ein Flügelschlag möglich war. Die zweite
..      Abb. 2.12 Schematisierter Querschnitt durch die
Idee erklärt zwanglos das Vorhandensein
Flügelader eines Insekts. E: Epithel, H: Hämolymphe, von hämolymphgefüllten Adern und von
N: Nerv, SN: Sinnesneuron, T: Trachee. Aus Pass Tracheenzweigen in den Flügeln, denn bei-
(2018) des finden wir auch in den Paranota heute

..      Abb. 2.13 Grundschema der Flügeläderung und PN: Postnotum, Pps: Parapsidalleisten (Außennähte),
des Flügelgelenks der Insekten. 1P, 2P, 3P, 4P: Pterale Psc: Postscutum, r: Radialquerader, R: Radius, Rs:
1 bis 4, An: Analadern, C: Costa, Cu: Cubitus mit Sector Radii, s: Sectorquerader, Sc: Subcosta, Scl:
Postcubitus (PCu), h: Humeralquerader, Hum: Hu- Scutellum, Sct: Scutum, TA: Tergalarm, Tg: Tegula,
meralsklerit, Ju: Jugaladern, lPN: Lateropostnotum THa: vorderer Tergalhebel, Thb: hinterer Tergalhebel,,
(seitlicher Teil des Postnotum), Ligament am Anal- TSp: Tergalspalt. Die einzelnen Zweige der Längs-
winkel, M: Media, m: Medialquerader, mcu: Medicu- adern sind am Flügelrand durchnummeriert. Aus
bitalader, MPl: Vermittlungsplatte, Phr: Phragma, Weber und Weidner (1974)
22 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

Thermoregulation Aerodynamik

Flügellänge

..      Abb. 2.14 Prinzip des Funktionswechsels, dar- wird, als beim Zurückfließen in den Thorax wieder ab-
gestellt am Beispiel des Insektenflügels: Am Anfang gestrahlt wird. An diesem Punkt (Kreuzung von roter
dient der Flügel dem Aufwärmen des Körpers, das und blauer Kurve) sind die Flügel lang genug, um aero-
umso effektiver ist, je länger der Flügel ist (blaue dynamisch wirksam zu sein, d. h., das Fliegen zu er-
Kurve), bis bei einer bestimmten Flügellänge nicht möglichen (Original)
mehr Wärme von der Hämolymphe aufgenommen

lebender primär flügelloser Insekten. Al- gibt. Dann waren die Flächen sicher groß
lerdings ergibt sich die Schwierigkeit zu genug, um aerodynamisch effektiv zu sein,
erklären, welchen Selektionsvorteil starre d. h., als Tragflächen zu wirken. Einen sol-
seitliche Ausstülpungen der Körperwand chen Vorgang nennt man Funktionswechsel
gehabt haben sollten, wenn sie noch nicht (. Abb. 2.14). Er ist in der Evolution der
als Tragflächen, geschweige denn gleich Organismen sicher häufig vorgekommen.
als bewegliche Flügel fungieren konnten. Das Flügelgrundgelenk wäre unter dieser
Dieser Einwand wird durch die Befunde Annahme erst später entstanden. Es ist
entkräftet, dass selbst kurze und starre auch ganz anders gebaut als die Gelenke
seitliche Erweiterungen der Körperfläche der Beine und der anderen Körperanhänge.
aerodynamisch so wirksam sind, dass sie Insektenflügel können mehr oder weni-
die Überlebenswahrscheinlichkeit von In- ger transparent sein, häufig zeigen sie aber
sekten erhöhen, wenn diese von Bäumen Farbmuster, die entweder durch Pigment-
fallen (Dudley und Yanoviak 2011). Zu- einlagerung in die Cuticula oder durch
dem konnten Kingsolver und Koehl (1985) strukturelle Modifikationen ihrer Ober-
zeigen, dass Insektenflügel auch zum Auf- fläche erzeugt werden. Bei vielen Schmetter-
wärmen des Körpers dienen können, weil lingen beispielsweise tragen die Flügel
die in ihnen strömende Hämolymphe sich Schuppen, die einfallendes Licht so reflek-
im Sonnenschein erwärmt und dann mit er- tieren, dass durch Interferenz Schillerfarben
höhter Temperatur in den Thorax zurück- entstehen. Bei Käfern sind die Flügel des
strömt. Die Flügel der Insekten könnten Mesothorax, die Vorderflügel, kräftig skle-
also durchaus zunächst im Funktionskreis rotisiert und dunkel oder farbig. Sie wirken
der Thermoregulation optimiert – d. h. als mechanischer Schutz der häutigen
verlängert – worden sein. Ab einer be- Hinterflügel, die in Ruhe unter den Vorder-
stimmten Flügellänge nimmt die Hämo- flügeln gefaltet getragen und nur zum Flug
lymphe nicht mehr Wärme auf, als sie entfaltet werden. Solche harten Vorderflügel
während des Zurückfließens wieder ab- nennt man Elytren (Singular: Elytre#), wir
2.1 · Insekten als Gliederfüßer
23 2
II III IV V VI
I VII
T3
VIII Tergum
IX
X
Cer cus
Epiprokt
After
Laminae anales
Paraprokt

IX Sternum

..      Abb. 2.15 Schema des Abdomen. Aus Seifert (2003) © Thieme Gruppe, mit freundlicher Genehmigung

finden sie auch bei Ohrwürmern (Dermap- ten dienen modifizierte Cerci der Fort-
tera) und einigen anderen Insektengruppen. bewegung, z. B. die Sprunggabeln der
Das Abdomen besteht aus einem Schluss- Springschwänze. Am Telson setzt bei eini-
stück, dem Telson#, und maximal elf Seg- gen Insektengruppen ein medianes Termin-
menten (. Abb. 2.15), die embryonal an- alfilum# (ein Schwanzfaden) an.
gelegt werden, aber nur bei einigen Larven Die Ausführgänge der Gonaden münden
äußerlich erkennbar bleiben. Das Abdomen im Allgemeinen am Abdomenende. Die
adulter Insekten weist – außer bei den Pro- Weibchen vieler Gruppen besitzen als äu-
tura (Beintastler) – stets weniger als elf ßere Geschlechtsorgane einen Eilablage-
sichtbare Segmente auf, weil im Lauf der apparat, den Ovipositor#, der von basalen
Individualentwicklung Segmente ver- Abschnitten abdominaler Beine gebildet
schmelzen oder rückgebildet werden. Im wird. Der Ovipositor ist eine aus mehreren
Abdomen befinden sich Verdauungs-, Spei- stark sklerotisierten Elementen, Gonapo-
cher- und Reproduktionsorgane sowie ver- physen#, Valven# und Valviferen, zu-
schiedene Drüsen. Der After wird seitlich sammengesetzte Röhre, durch die bei der
und dorsal von Skleriten eingefasst, die vom Ablage die Eier gepresst werden. Oviposito-
abdominalen Segment XI gebildet werden. ren, wenn vorhanden, können verschiedene
Die dorsale Abdeckung ist der Epiproct# Form haben, unterschiedlich lang und aus
(oder Epiprokt), die seitlichen Begrenzungen unterschiedlichen Elementen aufgebaut
sind die Paraprocten (oder Paraprokten) sein. Bei Insekten mit innerer Besamung ist
(. Abb. 2.15). In den membranösen Pleu- im weiblichen Abdomen meist eine
ren liegen die abdominalen Stigmen#. Kopulationskammer, die Bursa copulatrix#,
Während der Embryonalentwicklung ausgebildet. Sperma wird oft in einem meist
entstehen an allen Segmenten des Thorax von Drüsen begleiteten Hohlkörper ge-
und des Abdomen Beinanlagen. Am Ab- speichert. Dieser wird als Receptaculum se-
domen entwickeln sich aus ihnen jedoch minis# oder Spermathek# (Spermatheca)
keine Gliederbeine, lediglich bei einigen pri- bezeichnet und ist meist mehr oder weniger
mär flügellosen Insekten werden Bein- sklerotisiert.
hüften – Coxae# – ausgebildet, die in An- Bis auf die Collembola (Spring-
passung an verschiedene Funktionen auf schwänze), die Protura (Beintastler) und
unterschiedliche Weise modifiziert sind. Aus die Diplura (Doppelschwänze) besitzen
den Beinanlagen des elften Segments ent- die Männchen aller Insekten äußere
wickeln sich in vielen Insektengruppen paa- Geschlechtsorgane, die als Kopulations-
rige Schwanzanhänge, die Cerci (Singular: apparate ausgebildet sind. Grundsätzlich
Cercus#). Diese tragen wie die Antennen besteht dieser Kopulationsapparat aus einer
zahlreiche Sinnesorgane. Bei einigen Insek- sklerotisierten Röhre, durch die der Sper-
24 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

mienausführgang verläuft. Dazu treten ver-


schiedenste meist paarige Strukturen, die Pa-
rameren, mit denen die Männchen während
2 der Kopulation die Paarungspartnerinnen
betrillern oder betasten oder sich an sie an-
klammern. Der Spermienausführgang, der
Ductus ejaculatorius#, ist meist terminal zu
einem Endophallus (internal sac) erweitert,
der in Ruhe innerhalb des mittleren Teils des
Kopulationsapparats liegt und bei der Ko-
pulation ausgestülpt wird, im Allgemeinen
innerhalb des weiblichen Abdomen. Nur
die Eintagsfliegen (Ephemeroptera) haben
paarige männliche Kopulationsorgane, alle
anderen geflügelten Insekten (Fluginsekten,
..      Abb. 2.16 Bau der Cuticula. Nach Weber und
Pterygota) besitzen ein komplexes unpaares
Weidner (1974)
Organ, den Aedeagus#, bestehend aus der
medianen Röhre (häufig „Penis“ genannt),
den Parameren und – in etlichen Insekten- auch Pharynx, Enddarm und Tracheen mit-
gruppen – weiteren Anhängen. Wenn diese gehäutet werden.
Anhänge ontogenetisch aus Beinanlagen Die Cuticula besteht aus zahlreichen
entstehen, nennt man sie Gonopoden# (ihre regelhaft angeordneten Platten und Röhren,
Hüften Gonocoxiten), wenn sie aus ande- die durch Membranen verbunden sind
ren Skelettelementen hervorgehen, Gona- (Abb. 2.16). Sie bedeckt lückenlos den gan-
pophysen#. zen Körper und wird nur von eigens ge-
bildeten Öffnungen durchbrochen. Ins
Körperinnere ragen von der Cuticula ge-
2.2 Das Integument bildete Leisten und Vorsprünge, an denen
Muskeln ansetzen. Derlei Einstülpungen
Die vom äußeren Keimblatt, dem Ekto- des Integuments nennt man Apophysen#,
derm, gebildete Epidermis der Insekten be- wenn sie hohl sind, und Apodeme#, wenn sie
steht, wie die aller Arthropoda, aus einem komplett mit Cuticula ausgefüllt sind.
einschichtigen Epithel, dessen Zellen zum Form und Anzahl der Epithelzellen sind
Körperinneren hin einer Basallamina auf- häufig in der Musterung der Körperober-
liegen. Diese ist wie die Cuticula ein fläche zu erkennen (vgl. z. B. . Abb. 2.41).
Sekretionsprodukt der Epithelzellen, in das Die von den Zellen abgeschiedenen Sekret-
Kollagenfibrillen eingelagert sind. Das zur portionen härten oft zu schuppen- oder
Cuticula erhärtende Sekret der Epithelzellen plattenförmigen Strukturen aus, die meist
wird zur körperabgewandten Seite ab- am Hinterrand Zähnchen (Dentikel#) oder
gegeben. Bezeichnenderweise sind auch die andere Modifikationen aufweisen, wie in
vom Ektoderm gebildeten Abschnitte des . Abb. 2.17 zu sehen ist. Solche Zähnchen
Verdauungstrakts, der Pharynx# und der können zu längeren Härchen (Mikrotri-
Enddarm, sowie die ebenfalls ektodermalen chien# oder Trichome#) ausgezogen sein, die
Tracheen mit Cuticula ausgekleidet im Verbund eine samtartige Oberfläche er-
(s. 7 Abschn. 2.6). Da die ausgehärtete Cu- zeugen. Diese Zähnchen und Härchen
ticula sich nicht mehr dehnen kann, müssen haben keine Verbindung zur Epidermis, sind
Insekten sich häuten, um wachsen zu kön- also reine Cuticulastrukturen, und eine ein-
nen (7 Abschn. 3.2). Das bedeutet, dass zige Epithelzelle kann mehrere dieser so-
2.2 · Das Integument
25 2

..      Abb. 2.17 Mögliche (und wahrscheinliche) Trans- einheiten; d: Hinterränder der Cuticulaeinheiten mit
formationswege cuticularer Oberflächen hin zu Zir- mehreren Dentikeln, der mittlere länger als die seit-
pfeilen. a: Das wahrscheinlich ursprüngliche Sechs- lichen; e: jede Zelle bildet nur einen Dentikel, dieses
eckmuster, das die maximal dichte Anordnung von Muster erscheint makroskopisch als samtartige Be-
Epithelzellen widerspiegelt; b: ein regelmäßiges haarung; as, bs, cs, ds, es: aus einem Cuticulamuster der
Rechteckmuster mit leicht eingesenkten Grenzen zwi- jeweiligen Form entstandene Zirpfeilen (partes stri-
schen den darunterliegenden Epithelzellen; c: an den dentes). Aus Schmitt (1994)
Zellhinterrändern leicht erhöhte Ränder der Cuticula-

genannten Mikrostrukturen ausbilden. Mi- aus speziellen Öffnungen nach außen ab-
krotrichien oder Dentikel erfüllen am gegeben. Andere Drüsen sondern über
Insektenkörper eine Vielzahl von funktio- eigene Öffnungen Kohlenwasserstoffe ab,
nellen Rollen. Sie können dafür sorgen, dass die sich über die Körperoberfläche verteilen
die Oberflächenreibung in einer Richtung und als Duft- und Botenstoffe fungieren
stärker ist als in der entgegengesetzten, und (s. 7 Abschn. 2.8, 4.2, und 6.2).
damit z. B. Gleiten in der einen und Arretie- Anders als die Mikrotrichien werden
ren in der anderen Richtung ermöglichen. die echten Haare oder Borsten, die Setae
Sie können die Benetzbarkeit mit Wasser (Singular: Seta), von zwei Epidermiszellen
und anderen Flüssigkeiten verhindern, oder aufgebaut. Die trichogene Zelle bildet eine
sie können durch Oberflächenvergrößerung cuticulare, im einfachsten Fall haarförmige
Haftung auf glatten Substraten erzeugen. Struktur, die tormogene Zelle einen ring-
Die Insektencuticula ist von einer förmigen Sockel, in dem die Seta über eine
Wachsschicht bedeckt. Das Wachs wird elastische Membran gelenkig mit dem Kör-
von unter der Cuticula liegenden Drü- per verbunden ist. Solche Haare können
sen erzeugt und durch cuticulare Kanäle außerordentlich vielgestaltig sein und unter-
26 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

a b

..      Abb. 2.18 Tarsalborsten des Blattkäfers Clythra- im unteren Bildteil sind zugespitzt und gebogen, sie
xeloma cyanipennis Kraatz, 1879 (Coleoptera: Mega- wirken wie die Haken in einem Klettverschluss. Die
lopodidae). a: rechter Hintertarsus, Tarsomere 2 Borsten im oberen Bildteil sind an der Spitze spatel-
und 3 von unten; b: Tarsalborsten des dritten Tarso- förmig verbreitert, sie erhöhen die Adhäsion auf dem
mers bei zehnmal höherer Vergrößerung. Die Borsten Substrat. SEM#-Fotos: M. Schmitt

schiedliche funktionelle Rollen erfüllen. Sie


können abgeflacht sein und eng aneinander-
gestellt wie ein Ruder wirken (an den Hinter-
beinen von Schwimmkäfern, Dytiscidae), sie
können auf den Unterseiten der Tarsen als
adhäsive Setae fungieren (. Abb. 2.18), sie
können gefiedert sein und dem Festhalten
von Pollenkörnern dienen (z. B. bei den
Honigbienen), sie können lang und dünn
sein und leicht abbrechen und so mögliche
Fressfeinde irritieren und vieles mehr. Eine
sehr auffällige Form solcher Haare sind die
Schuppen auf den Flügeln von Schmetter- ..      Abb. 2.19 Schuppenförmige Haare auf dem Pro-
lingen oder der Körperoberfläche vieler notum des Reseda-Rüsselsamenkäfers, Urodon rufipes
(Olivier, 1790) (Coleoptera: Anthribidae). SEM#-
Käfer, z. B. Curculionidae (Rüsselkäfer).
Foto: M. Schmitt
Schuppen sind nichts anderes als stark ver-
breiterte Haare mit mehr oder weniger stark
skulpturierter Oberfläche (. Abb. 2.19). ren auf der Außenseite des Integuments lie-
Solche Skulpturierungen, z. B. Rillen, spielen gen. Diese Sensillen sind modifizierte echte
eine maßgebliche Rolle bei der Erzeugung Haare, zu deren beiden Bildungszellen eine
von Strukturfarben (s. 7 Abschn. 2.3). weitere, die thecogene Zelle, und mindestens
Alle Tiere mit einem festen Außenskelett eine Sinneszelle treten. Die thecogene Zelle
haben – bildlich gesprochen – das Problem, bildet eine Hülle um die Ausläufer der
dass sie mechanische Reize aus ihrer Um- Sinneszelle(n), diese entsenden Fortsätze,
welt nicht direkt mithilfe von Sinnesorganen Dendriten, ins Lumen der Seta
wahrnehmen können, die in der Epidermis (. Abb. 2.20). Nach diesem Grundmuster
liegen (denn über dieser liegt ja die Cuti- gebaute Sensillen sind außerordentlich viel-
cula). In der Evolution der Arthropoda sind gestaltig. Man teilt sie nach Form und
in diesem Funktionskreis Sinnesorgane ent- Funktion in mehrere Gruppen ein, die im
standen, sogenannte Sensillen (Singular: Allgemeinen lateinisch benannt sind. Sie
Sensillum), deren reizaufnehmende Struktu- werden in 7 Abschn. 2.10 besprochen.
2.3 · Färbung
27 2

a b

..      Abb. 2.20 Schema eines a einzelligen mechano- Scheide, La: äußerer Liquorraum, Li: innerer Liquor-
rezeptiven und eines b mehrzelligen chemorezeptiven raum, Perin: Perineurium (Raum um Zellkerne), Sh:
Haarsensillums. Ax: Axone#, Bm: Basalmembran, Sinneshaar, Sz: Sinneszelle(n), Toz: tormogene Zelle,
Cu: Cuticula, Dt: Dendrit(en), Epid: Epidermis, H: Triz: trichogene Zelle. Aus Seifert (1995) © Thieme
Häutungskanal, Hz: thecogene Zelle, Ks: cuticulare Gruppe, mit freundlicher Genehmigung

2.3 Färbung von Melanin in die Cuticula. Melanine sind


chemisch Copolymere, die durch Oxidation
Die wenigsten Insekten sind farblos bzw. der Aminosäure Tyrosin entstehen. Sie wir-
durchsichtig, zumindest im Adultstadium. ken als Pigmente, das sind Stoffe, die spe-
Ein prominentes Beispiel eines vollkommen zielle Anteile des sichtbaren Lichts ab-
durchsichtigen Insekts sind die Larven der sorbieren, andere reflektieren und dadurch
Büschelhornmücken der Gattung Chaobo- farbig erscheinen. Melanine erscheinen dun-
rus, z. B. Chaoborus crystallinus (De Geer, kel. Es gibt sie nicht nur bei Insekten und
1776), die sogenannten Corethra-Larven. anderen Wirbellosen, sondern auch bei
Diese Larven leben aquatisch und werden Wirbeltieren, unter anderem bei uns Men-
unter der Bezeichnung „Weiße Mücken- schen. Unsere dunklen Haar- und Haut-
larven“ im Tierfachhandel als Futter für farben entstehen durch Melanineinlagerung.
beutegreifende Aquarienfische angeboten. Für Insekten spielen die Melanine eine
Diese Corethra-Larven sind hervorragende wichtige Rolle – nicht nur als Pigment, son-
Studienobjekte in der zoologischen Lehre, dern auch durch ihre Rolle bei der Immun-
weil ihre inneren Organe im lebenden Tier reaktion auf eingedrungene Fremdkörper
­sichtbar sind (. Abb. 2.21). bzw. -organismen (s. 7 Abschn. 4.2) und
Die weitaus meisten Insekten sind ent- durch ihren Anteil an der Sklerotisierung,
weder einfarbig braun bis schwarz oder das ist die Härtung oder Gerbung, der Cuti-
bunt. Die hellbraune bis tiefschwarze cula. Man kann als Faustregel sagen, dass
Körperfarbe entsteht durch Einlagerung eine Cuticula umso härter ist, je dunkler sie
28 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

c d e

f g h

..      Abb. 2.21 Corethra-Larve der Büschelhornmücke licht, c: Kopf, d: Abdominalsegmente II, III und IV, e:
Chaoborus crystallinus (De Geer, 1776) (Diptera: Abdominalsegmente VII, VIII und IX; f–h: Halb-
Chaoboridae). a: Halbschematische Zeichnung der schematische Zeichnungen der Fotos c–e. Fotos und
Fotografie in b; b: Makrofoto eines ganzen lebenden Zeichnungen: © Heidi Land, Greifswald
Tiers; c–e: Mikrofotos des lebenden Tiers im Durch-
2.3 · Färbung
29 2
ist. So kennzeichnen beispielsweise die
dunklen Muster auf der Kopfkapsel von
Kartoffelkäfern, Leptinotarsa decemlineata
(Say, 1824), die Bereiche der Kopfkapsel, an
denen im Innern Muskeln ansetzen, welche
die Mundwerkzeuge bewegen.
Farbige Pigmente können in die Cuticula
und deren Bildungen, wie z. B. Schuppen,
eingelagert sein. Sie können aber auch in der
Epidermis, in der Hämolymphe oder in in-
neren Organen vorliegen und durch eine
transparente Cuticula sichtbar sein und ein ..      Abb. 2.22 Schuppen eines tropischen Schmetter-
Farbmuster erzeugen. Solche Pigmente kön- lings auf der Flügeldecke eines Schildkäfers. SEM#-
nen die Insekten entweder selbst erzeugen, Foto: M. Schmitt
z. B. Pteridine, Ommochrome und Porphy-
rine, oder mit der Nahrung aufnehmen und ten Wellen entsteht. Dies führt zu Inter-
unverändert im Integument einlagern, wie ferenzfarben, wie sie auch durch einen dün-
z. B. Carotine und Chlorophylle. nen Benzinfilm auf einer Wasserpfütze
Zu den Pteridinen gehören beispielsweise hervorgerufen werden. Während Pigmente
Leukopterin und Isoxanthopterin, die weiß, unter dem Einfluss von Licht oder Chemi-
gelb oder orange aussehen, sowie Xantho- kalien im Lauf der Zeit ausbleichen, bleiben
pterin und Sepiapterin, die gelb erscheinen. Strukturfarben auf unbestimmte Zeit be-
Ommochrome bewirken eine gelbliche bis stehen. So glänzen beispielsweise 50 Mio.
rotbraune Farbe, Porphyrine erzeugen grüne Jahre alte in Bernstein eingeschlossene
Farbtöne. Carotine sind rötliche, orange Käferflügeldecken, als seien sie von heute.
oder rote Pigmente, Chlorophylle erscheinen Viele farbige Insekten verändern ihre
meist grün. Farbe im Lauf ihres Lebens, indem sie z. B.
Manche Insekten, wie einige Libellen, farbige Schuppen verlieren oder Wachs-
manche Schmeißfliegen sowie die Motten- plättchen abgeschabt werden. Ein solcher
schildläuse und Schildläuse, sondern wachs- Farbwechsel ist irreversibel. Eine Besonder-
artige Sekrete ab, die auf der Körperober- heit ist der sogenannte reversible physio-
fläche aufliegen und meist eine hellblaue, logische Farbwechsel. Er ist unter Insekten
weiße oder graue Färbung bewirken. sehr selten, nur von knapp über 50 Arten ist
Völlig anders entstehen die sogenannten bekannt, dass sie ihre Färbung reversibel
Strukturfarben, die charakteristischer Weise wechseln können (Umbers et al. 2014). Man
metallisch glänzen und changieren. Dafür kennt drei verschiedene Mechanismen, die
sind Modifikationen der Cuticula ver- einen solchen Farbwechsel verursachen kön-
antwortlich, die im Prinzip ein Dünnschicht- nen: Pigmentwanderung, amöboide Be-
phänomen darstellen. Das heißt, sie reflek- wegung von Chromatophoren (Farbpigment
tieren einfallendes Licht so, dass die enthaltende Zellen), und hydraulische Pro-
reflektierten Wellen Interferenzfarben er- zesse in der Cuticula.
zeugen. Das können z. B. feine Rillen auf Bei der Stabschrecke Carausius morosus
der Oberfläche der Schuppen von Schmetter- Sinety, 1901 und etlichen weiteren Stab-
lingen und Rüsselkäfern sein (. Abb. 2.22) schrecken (s. 7 Abschn. 9.2.11), der
oder auch Cuticulaschichten, die Licht auf Chamäleon-Heuschrecke, Kosciuscola tristis
der Oberseite und auf der Unterseite reflek- Sjösted, 1933, und bei vielen Libellen wech-
tieren, sodass ein Gangunterschied zwischen selt die Körperfarbe, indem Pigmentkörn-
den oberseits und den unterseits reflektier- chen innerhalb der Epidermiszellen von der
30 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

a b c

..      Abb. 2.23 Aspidimorpha sanctaecrucis (Fabricius, viduum aus Abb. a als trockenes Sammlungsexemplar.
1792) (Coleoptera: Chrysomelidae: Cassidinae). a: Fotos a und c: M. Schmitt, b: © Howard F. Cunning-
Lebendaufnahme eines Käfers aus Südindien; b: ham, 7 www.­travelswithhoward.­comimagesbug164.­
Käfer derselben Art, in rubinrotem Zustand, d. h. jpg, mit freundlicher Genehmigung
nach Aufenthalt im Kühlen und Dunklen; c: das Indi-

Basis zu apikalen Bereichen wandern. Die Hämolymphe getrennt und fungieren als
Stabschrecke wechselt ihre Färbung in einem Mehrschichtreflektoren. Die Dicke der Hä-
tagesperiodischen Rhythmus von tagsüber molymphzwischenschichten kann durch
grün zu grau bei Nacht. Viele Libellen (nicht den Ein- bzw. Abfluss von Wasser modi-
alle) ändern ihre Farbe unter Temperatur- fiziert werden. Dadurch entstehen metal-
einfluss: Sie sind auffallend blau bei Tempe- lisch glänzende Reflexionsfarben, die von
raturen über 20 °C und braun bei unter Golden nach Rubinrot wechseln können
12 °C. Bei einigen Arten betrifft das nur die (. Abb. 2.23). Bei Tageslicht glänzen die
Männchen. Käfer wie goldene Edelsteine, in Dunkelheit
Die Tracheenblasen der oben erwähnten werden sie rot. Tote, trockene Sammlungs-
transparenten aquatischen Larven der exemplare sind unscheinbar bräunlich.
Büschelhornmücken erscheinen tagsüber
von oben gesehen dunkel und bei Dunkel-
heit von unten gesehen hell. Diese Tiere sind 2.4 Muskulatur
dadurch für Beutegreifer von oben gegen
den dunklen Gewässerboden und nachts Die Muskeln der Insekten sind aus quer
gegen den helleren Himmel weniger gut gestreiften Muskelfasern aufgebaut, die
sichtbar. Der Farbwechsel wird erzeugt, in- jeweils ein Syncytium bilden, d. h., die sie
dem melaninhaltige Zellen in der Membran bildenden Zellen sind zu einem vielkernigen
der Tracheenblasen wie Amöben auf die Plasmakörper verschmolzen. Mehrere bis
Oberseite der Tracheenblasen wandern und viele solcher Fasern legen sich zu Bündeln
sich ausdehnen oder sich verteilen und kon- zusammen, die wiederum zu mehreren
trahieren. einzelne Muskeln formen. Die Muskelfasern
Manche tropische Schildkäfer (Chryso- bestehen aus dem Sarkoplasma, das ist ein
melidae: Cassidinae; s. Jolivet 1994), z. B. körnige Substanz, die im Wesentlichen dem
der Gattungen Aspidimorpha und Charido- Stoffwechsel dienende Bestandteile ent-
tella, und einige wenige andere Käfer kön- hält, z. B. Glykogen, und dem Sarkolemm,
nen ihre Farbe durch einen völlig anderen das ist eine Hülle aus einer dreischichtigen
Mechanismus ändern. In ihrer Cuticula Plasmamembran und der aus der Basal-
liegen mehrere Schichten von Membra- membran bestehenden Außendecke. Im
nen in Stapeln. Diese Schichten sind durch Sarkoplasma liegen die in Längsrichtung
2.4 · Muskulatur
31 2
der Fasern ausgerichteten Myofibrillen, die grenzen markieren. Allerdings entsprechen
aus kontraktilen Proteinfäden, den Myo- die äußerlich sichtbaren beweglichen
filamenten, ­aufgebaut sind, und zahleiche Körperabschnitte nicht diesen ursprüng-
Mitochondrien. Die Querstreifung entsteht lichen Segmenten. Die Membranen, durch
durch die in den Muskelfasern stets regel- welche die sekundären Segmente beweglich
mäßige Anordnung der Actin- und Myosin- verbunden sind, liegen jeweils kurz vor oder
elemente. Sie ist bei den Skelettmuskeln gut hinter den primären Segmentgrenzen. Die
im Lichtmikroskop zu erkennen, bei den durch diese Membranen von den primären
Visceralmuskeln nur im Phasenkontrast. Skleriten abgetrennten Abschnitte nennt
Die Muskulatur entsteht ontogenetisch man Prä- oder Posttergite# bzw. -sternite#.
aus dem dritten Keimblatt, dem Mesoderm. In der Kopfkapsel befinden sich die Mus-
Dieses bildet in der frühen Embryonalent- keln der Mundwerkzeuge und der Anten-
wicklung segmental angeordnete paarige nen. Insekten mit monocondylen Mandi-
Bläschen mit einer zur Körperwand weisen- beln besitzen hier deutlich mehr Muskeln
den und einer zum Körperinneren weisen- als Insekten mit dicondylen ­ Mandibeln.
den Schicht. Erstere nennt man das somati- Archaeognatha (Felsenspringer) beispiels-
sche Blatt, zweitere das viscerale Blatt. Aus weise haben über 100 Kopfmuskeln, eine
dem somatischen Blatt entsteht die Skelett- Fliege der Gattung Heliophilus dagegen
muskulatur, welche die Körperabschnitte nur 15. Der Thorax enthält Muskeln, die
gegeneinander, die Mundwerkzeuge, die mit den Beinen in Verbindung stehen, und
Körperanhänge und die Extremitäten be- bei flügeltragenden Insekten die Flug-
wegt. Die Visceralmuskualtur bewegt die muskulatur. Dazu kommen die Muskeln,
inneren Organe, sie erzeugt z. B. die Peristal- die den Kopf gegen den Thorax und die
tik des Darms und des Herzens. Thoraxsegmente gegeneinander und gegen
Zur primären Ausstattung eines das Abdomen bewegen (. Abb. 2.26). Die
Arthropodensegments, und damit auch jedes Skelettmuskeln des Abdomen bewegen
Insektensegments, gehören je ein Satz Ring- die Segmente gegeneinander und die Ele-
und ein Satz Längsmuskeln (. Abb. 2.24a). mente des Kopulations- bzw. Eiablage-
Im Lauf der Evolution der Insekten ent- apparats. Die zahlreichen Skelettmuskeln
standen aus dieser Segmentgrundaus- wurden in der Geschichte der Entomologie
stattung Muskeln verschiedener Form und verschiedentlich nach diversen Gesichts-
Funktion. Segmente ohne Extremitäten, punkten benannt. Eine gründlich über-
wie die des Abdomen und die vieler Larven, arbeitete Nomenklatur der Muskeln des
enthalten in erster Linie Längsmuskeln, die Kopfes und des Thorax bieten Beutel et al.
die Segmente gegeneinander bewegen, und (2014, dort Tabellen I und II).
Dorsoventralmuskeln, die bei Kontraktion Die Abschnitte der Antennen und Beine
eine Verformung der Segmente bewirken, der Insekten werden durch Beuger- und
indem sie Terga# und Sterna# gegen- Streckermuskeln bewegt (s. . Abb. 2.10).
einander ziehen (. Abb. 2.24b). Extremi- Allerdings tragen nur die Antennen der Col-
tätentragende Segmente besitzen zahlreiche lembola (Springschwänze) und Diplura
Muskeln, die aus den Dorsoventralmuskeln (Doppelschwänze) Muskeln in allen Glie-
hervorgegangen sind und die Extremitäten- dern außer dem terminalen (die Protura –
grundglieder gegen den Körper bewegen Beintastler – besitzen gar keine Antennen,
(. Abb. 2.24c und 2.25). Die Längsmuskeln s. Abschn. 9.2.2). Bei allen anderen Insekten
setzen im Inneren der Segmente an nach finden sich Muskeln nur in den beiden basa-
innen ragenden Cuticulaleisten (Apodemen) len Gliedern, dem Scapus und dem Pedicel-
an, deren Lage die ursprünglichen Segment- lus (s. . Abb. 2.6).
32 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

..      Abb. 2.24 Schema der a primären und b, c sekun- prSt, prT: Praesternit bzw. -tergit, RM: Ringmuskeln,
dären gliedmaßenlosen (b) und gliedmaßentragenden Scx: Subcoxa, St: Sternum, T: Tergum, TP: Telopodit,
(c) Segmente. Dargestellt ist die Sicht in die rechte w und f SGr: wahre und falsche Segmentgrenze, 1–7:
Körperhälfte. Sklerite sind weiß gezeichnet, Membra- Muskeln der Gliedmaßen, 1, 2: dorsale, 3, 4: ventrale
nen punktiert, Schnittflächen von Skleriten schwarz, Pro- und Remotoren des Coxopoditen bzw. der Coxa,
von Membranen weiß, Gelenkstellen als kleine Kreise, 5: dorsoventraler Abduktor des Trochanterofemur
Muskeln sind längsschraffiert. Ac: Antecosta und ihre bzw. Telopoditen, 6: ventraler adduktor derselben, 7:
ontogenetische Vorstufe (Ac), Cx: Coxa, CxP: Coxo- Abduktor des Telopoditen bzw. des Trochanterofe-
podit, dvm: Dorsoventralmuskel, FlH: Flankenhaut, mur. Aus Weber und Weidner (1974)
iSt, iT: Intersternit bzw. -tergit, LM: Längsmuskel,
2.5 · Kreislaufsystem
33 2

..      Abb. 2.25 Schematische Darstellung der Muskel- Coxa, CxP: Coxopodit, dlm: dorsale Längsmuskeln,
versorgung verschiedener Beinformen von Arthropoden. dvm: Dorsoventralmuskeln, Fe: Femur, FlH: Flanken-
a: Hypothetisches Ausgangsstadium der Extremitäten- haut, HG: Hüftgelenk, KG: Kniegelenk, Pta: Prätarsus,
evolution der Arthropoden (Lobopodium); b: Oncopo- RG: Rückengefäß (Herzschlauch bzw. Aorta), RM:
dium der Stummelfüßer (Onychophora) und Bärtierchen Ringmuskel, St: Sternum, Scx: Subcoxa, T: Tergum, Ta:
(Tardigrada); c: Grundschema eines beintragenden Seg- Tarsus, Ti: Tibia, Tita: Tibiotarsus, TP: Telopodit, Tr:
ments der Arthropoden, links mit der ganz ursprüng- Trochanter, Trf: Trochanterofemur, vlm: ventrale Längs-
lichen Gliederung in Coxo- und Telopodit, rechts nach muskeln, 8, 9: Beuger und Strecker des Tibiotarsus bzw.
Ausbildung aller primären Gelenke; d: Arthropodium der Tibia, 10: Beuger des Prätarsus, 11, 12: Beuger und
mit sekundären und durch gestrichelte Linien an- Strecker des Tarsus, 13: Muskeln im Trochanter (Beuger
gedeuteten tertiären Gelenken. BM: Bauchmark, Cx: des Femur). Aus Weber und Weidner (1974)

2.5 Kreislaufsystem Wesentlichen nicht durch geschlossene Ge-


fäße, sondern flottiert frei im Körper zwi-
Das Körperinnere der Insekten ist ausgefüllt schen den inneren Organen. Der Kreislauf
mit einer Flüssigkeit, der Hämolymphe. der Hämolymphe in diesem offenen System
Dieses Wort setzt sich zusammen aus dem wird von einem Herzen angetrieben, das
griechischen Wort für Blut (haima -> häm) dorsal im Abdomen liegt (. Abb. 2.27).
und Lymphe (von lat. lympha = klares Was- Dieses Herz ist grundsätzlich ein Schlauch,
ser), womit die Interzellularflüssigkeit be- der durch seitlich ansetzende Muskeln
zeichnet wird. Damit ist gemeint, dass die rhythmisch erweitert und durch spiralig
Körperflüssigkeit der Insekten weder Blut in der Schlauchwand verlaufende Muskel-
noch Lymphe ist, sondern eine Mischung fibrillen kontrahiert wird. Der Herzschlauch
aus beidem. Das kommt daher, dass in ist vom Lumen des Abdomen durch eine
der Embryonalentwicklung der Insekten Membran, das dorsale Diaphragma, ab-
(wie bei allen Arthropoden) die primäre getrennt. Den dadurch entstehenden Hohl-
Leibeshöhle, aus deren Lumen die Zell- raum über diesem Diaphragma nennt man
zwischenräume werden, und die sekundäre Pericardialsinus#, den darunter liegenden
Leibeshöhle – das Coelom – verschmelzen Perivisceralsinus# (ein entsprechend ab-
(s. 7 Kap. 3) und ein Mixocoel# bilden. getrennter Bereich auf der Ventralseite heißt
Das Blut der Wirbeltiere fließt in Adern, Perineuralsinus#).
deren Lumen aus dem Coelom hervorgeht. Der Herzschlauch weist ursprünglich
Die Hämolymphe der Insekten strömt im in jedem Segment ein Paar seitliche schlitz-
34 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

..      Abb. 2.26 Grundschema des Thorax und des Labialmuskeln, 1 Max: Maxillarmuskel, basa: Basa-
Kopfes. Dargestellt ist die Sicht in die rechte Seite lare (Element des Flügelgelenks), bs: Basisternum (der
nach Entfernung des Darms. Membranen sind punk- vor der Furca liegende Teil des Sternum, Cerv: Cervi-
tiert gezeichnet, Sklerite im Thorax weiß, Innen- calsklerit, dlm: dorsaler Längsmuskel, Epm: Epime-
flächen des Kopfes und der Coxen schwarz, Teile des ron, Eps: Episternum, fs: Furcasternum (der hinter
Innenskeletts quer schraffiert, Skleritanschnitte der Furca liegende Teil des Sternum), Fu: Furca (Ein-
schwarz, Segmentgrenzen gestrichelt. Im Mesothorax stülpung der Körperwand, an der Muskeln ansetzen)
bezeichnen 1 und 2 die Pleuralmuskeln pm1 und pm2, Lbvlm: ventraler Längsmuskel des Labium, M: Meron
im Metathorax weisen die Ziffern auf die Dorso- (Element der Coxabasis), M ab, M ad: Ab- und Ad-
ventralmuskeln, die Kürzel b1, b2 und b3 auf die ster- duktor der Mandibel, O1, O2: Labral-(Oberlippen-)
nalen Beinmuskeln. Die römischen Ziffern I, II und III muskeln, Phr: Phragma, PN: Postnotum, Pocc: Post-
bezeichnen bei Muskeln die Zugehörigkeit zu den drei occiput, Pps: Parapsidalleiste (Außennaht), Psc: Prä-
Thoraxsegmenten, Ia zum ersten Abdominalsegment, scutum, Scl: Sctellum, Sct: Scutum, Sp: Spinasternum
Lb zum Labialsegment des Kopfes. Die arabischen (der die Spina tragende Intersternit, dies ist eine
Indexzahlen ordnen die Sklerite den entsprechenden knopfförmige Einstülpung der Körperwand, die als
Thoraxsegmenten zu, also z. B. N1: Pronotum, Scl2: Muskelansatzstelle dient), Stg: Stigma, suba: Sub-
Mesoscutellum, Ia dlm: dorsaler Längsmuskel des ers- alare, Vl: V-Leiste (Cuticulaleiste an der Grenze von
ten Abdominalsegments Iavlm: ventraler Längs- Scutum und Scutellum), vlm: ventraler Längsmuskel.
muskel des ersten Abdominalsegments. 1, 2, Lb und x: Aus Weber und Weidner (1974)

förmige Öffnungen auf, sogenannte Ostien Kontrahieren sich die Flügelmuskeln, er-
(Singular: Ostium#). Bei vielen Insekten- weitert sich das Lumen des Herzschlauchs,
gruppen ist die Anzahl der Ostien redu- und es entsteht ein Druckgefälle zwischen
ziert. Durch die Ostien strömt Hämo- innerhalb und außerhalb des Herzens. In
lymphe in den Schlauch hinein, wenn der Folge strömt Hämolymphe aus dem
dieser durch die seitlich ansetzenden Mus- Körper ins Herz und drängt dabei die La-
keln erweitert wird. Diese Muskeln sehen mellen auseinander. Wenn sich daraufhin
in der Aufsicht bei den meisten Insekten die Ringmuskeln kontrahieren, kehrt sich
ungefähr dreieckig aus (. Abb. 2.28) und das Druckgefälle um, die Hämolymphe im
werden daher Flügelmuskeln# oder Alar- Herzschlauch drückt gegen die Lippen
muskeln# genannt (nicht zu verwechseln und presst sie gegeneinander. Dadurch
mit den Flugmuskeln, welche die Flügel werden die Ostien verschlossen, die Hämo-
der Pterygota bewegen, s. 7 Abschn. 2.4). lymphe kann nicht zurückfließen, sondern
An den Ostien sind die Wände des Herz- wird, da der Herzschlauch hinten funktio-
schlauchs nach innen lippenartig erweitert. nal verschlossen ist, nach vorne bewegt.
2.5 · Kreislaufsystem
35 2

..      Abb. 2.27 Pumporgane und Hämolymph- zum Kopf, und das ventrale Diaphragma saugt die
strömungen im offenen Kreislauf einer Biene. Bei den Hämolymphe über den Perineuralsinus ins Abdomen.
Hymenopteren mit enger Taille pumpt das Herz stets Aus Wasserthal (2003b)

a b

..      Abb. 2.28 Grundschema von Herz und dorsalem b: Vorderer Abschnitt des Herzens einer Schmeiß-
Diaphragma. a: Ansicht des von dorsal und hinten an- fliege, Calliphora sp., mit rechts-links versetzt an-
geschnittenen Herzens mit Alar-(Flügel-)muskeln und geordneten polyploiden Herzzellen und Einströmos-
der Bindegewebsmembran des dorsalen Diaphragmas. tien. Aus Wasserthal (2003b)
36 Kapitel 2 · Der Insektenkörper

Die abwechselnden Kontraktionen von Larven von Zuckmücken (Chironomidae),


Flügel- und Spiralmuskeln verlaufen deren Hämolymphe durch das enthaltene
wellenartig von hinten nach vorn, man Hämoglobin rot erscheint. Dieses rote
2 nennt dies Herzperistaltik. Bei vielen In- Atmungspigment ermöglicht den Zuck-
sekten kehrt sich die Schlagrichtung des mückenlarven das Leben in sauerstoffarmen
Herzens in Abständen um, sodass Hämo- Gewässern (diese Larven werden im Zoo-
lymphe von vorn nach hinten pulsiert. In fachhandel als „Rote Mückenlarven“ an-
solchen Fällen wird die caudale Öffnung geboten). In der Hämolymphe ist nur wenig
des Herzschlauchs bei der Schlagrichtung Sauerstoff physikalisch gelöst, jedoch grö-
nach vorne wie die Ostien durch einen ßere Mengen von Kohlendioxid (CO2), das
Ventilmechanismus geschlossen und bei bei der Zellatmung der inneren Organe an-
umgekehrter Schlagrichtung durch eigene fällt. Die Hämolymphe transportiert also
Muskeln geöffnet. Dieser Vorgang spielt nicht in erster Linie Sauerstoff, aber eine
vor allem eine Rolle für die Versorgung der Vielzahl verschiedenster Proteine und
Cerci# mit Hämolymphe. Aminosäuren. Das sind zum einen Bau-
Der Herzschlauch setzt sich nach vorne steine für den Aufbau von Zellen wie Lipid-
in eine Aorta fort, die durch den Thorax transportproteine, zum anderen Abbau-
bis in den Kopf reicht. Die Hämolymphe produkte, die von den Verbrauchsorganen
wird also aus dem Abdomen nach vorne zu den Exkretionsorganen transportiert
gepumpt, flottiert dann frei durch das werden. Einige Insekten besitzen orange-
Körperinnere und strömt wegen der Saug- farbene oder rote Hämolymphe, die bei Stö-
wirkung der Herzperistaltik zurück ins Ab- rung in Tropfen aus Gelenkhäuten ab-
domen und durch die Ostien ins Herz. Das gegeben wird, bitter schmeckt oder giftig ist
heißt, Insekten haben ein offenes Kreis- und Beutegreifer irritieren oder abschrecken
laufsystem, die Hämolymphe umspült die kann.
Organe frei und erreicht sie nicht wie das Ein weiterer wichtiger Bestandteil der
Blut bei Wirbeltieren durch geschlossene Hämolymphe sind in ihr flottierende Zellen,
Blutgefäße und letztlich ein Netz von Kapil- sogenannte Hämocyten. Einige dieser Zellen
laren. Lediglich dort, wo die Hämolymphe können Pigmentkörnchen enthalten (Gra-
Strukturen mit geringem Querschnitt durch- nulocyten), andere sich zu Klumpen ballen
strömen soll, besitzen Insekten zusätzliche (Koagulocyten), wieder andere enthalten
Pumporgane. An der Basis der Antennen Speicherstoffe (Oenocyten). Die Granulocy-
befinden sich die sogenannten Antennen- ten spielen eine wichtige Rolle beim Wund-
herzen oder Antennalampullen, die Hämo- verschluss und in der Immunabwehr
lymphe in spezielle Antennengefäße pres- (s. 7 Abschn. 4.2).
sen. Im Thorax der geflügelten Insekten
pumpen sogenannte Dorsalampullen, auch
Meso- bzw. Metascutellarorgan genannt, 2.6 Atemsystem
mit kontraktilen Wänden die Hämolymphe
in die Flügeladern, und auch die Cerci# – Insekten atmen auf eine grundsätzlich an-
wo vorhanden – werden durch Gefäße mit dere Weise als wir (Land-)Wirbeltiere. At-
Hämolymphe versorgt. mosphärischer Sauerstoff tritt nicht durch
Die Hämolymphe der Insekten ist eine Membran über in eine Flüssigkeit (das
eine meist gelbliche oder grünliche Blut), in der er an bestimmte Moleküle ge-
wässrige Flüssigkeit und enthält im All-
­ bunden und an die Verbrauchsorgane trans-
gemeinen keine respiratorischen Pigmente. portiert wird, wo er abermals eine Membran
­Ausnahmen sind z. B. die wasserlebenden passiert und an einer Folge von chemischen
2.6 · Atemsystem
37 2
a

..      Abb. 2.29 Tracheensystem. a: Grundschema des Ast, dKSt: dorsaler Kopfstamm, dSt: dorsaler Längs-
primär einfachen, segmental isolierten Tracheen- stamm, FlTr: Flügeltrachee, Lb: Labium, lLSt: latera-
systems wie z. B. bei den Machilidae ler Längsstamm, Mand: Mandibel, Max: Maxille,
(s. 7 Abschn. 9.2.4), b: des sekundär komplizierten – OL: Labrum (Oberlippe), RG: Rückengefäß, Stg:
durchlaufenden – Tracheensystems (Seitenansichten). Stigma, Sub: Subösophagealganglion (Unterschlund-
Alle eingezeichneten Teile des Tracheensystems sind ganglion), vA: ventraler Ast, V.Komm: Ventral-
paarig. Das Nervensystem und Rückengefäß, in (a) kommissur, vKSt: ventraler Kopfstamm, viscA: visce-
auch der Darm, sind punktiert angedeutet. BTr: Bein- raler Ast, viscSt: visceraler Längsstamm. Aus Weber
trachee, Cer: Cerebralganglion (Gehirn), dA: dorsaler und Weidner (1974)

Reaktionen teilnimmt. Alle landlebenden brauchenden Gewebe eng auf, der Luft-
und viele wasserlebende Insekten nehmen sauerstoff diffundiert durch die Membran
über segmental angeordnete seitliche in die Gewebszellen und wird dort von den
Körperöffnungen, die Stigmen (Singular: Mitochondrien aufgenommen.
Stigma#) Luft in den Körper auf und leiten Die Stigmen sind häufig durch Klap-
diese über ein sich fein verzweigendes pen und Muskeln verschließbar. In den
Röhrensystem zu den Verbrauchsorganen meisten Insektengruppen sind die Öffnun-
(. Abb. 2.29). Diese Röhren nennt man gen mit Reusensystemen versehen, die ver-
Tracheen#, ihre feinen Verzweigungen Tra- hindern, dass Fremdkörper in die Tracheen
cheolen#. Die Tracheolen haben einen eindringen (. Abb. 2.30). Es gibt nur in
Innendurchmesser von 1 μm bis weniger als einigen Insektengruppen spezialisierte
0,17 μm. Ihre Wände sind ca. 0,05 μm dick Ventilationsorgane, bei den meisten wird die
und liegen den Zellmembranen der ver- atmosphärische Luft durch die allgemeine
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Mr. Lok, an Englishman much interested in geographical discovery,
obtained an account of his adventures many years after they took
place. According to De Fuca, he made a voyage in 1592 through the
long-sought Straits of Anian, situated between the 47th and 48th
parallels of north latitude, beyond which his vessel entered the North
Sea. That a voyage was made in this direction, though not with this
result, seems proved by the exact correspondence of Queen
Charlotte’s Sound, between Vancouver Island and the mainland, with
De Fuca’s description of the channel turning, now west, now north-
west. For the North Sea read the North Pacific, and the experience
of many a future mariner is anticipated. The naming of the straits
dividing the southern portion of Vancouver Island from what is now
Washington Territory after De Fuca is a conclusive expression of the
verdict of geographers on the matter.

Another voyage from the South was that of Admiral de Fonte,


who is thought by some authorities to have penetrated as far north
as the 53d degree, where his vessel was in great danger, owing to
the multitude of islands impeding its progress. Captain Barnardo, the
second in command to De Fonte, carefully explored the winding of
this archipelago, while De Fonte entered a large river leading into a
vast lake also dotted with islands, in a bay of which he found an
English ship lying at anchor, the first, according to the Indians, ever
seen in these high latitudes.

On the latter portion of this story great doubt has been thrown;
but again we are almost compelled to accept the truth of a visit
having been paid to the labyrinth of islands, channels, etc., now
bearing the names of Graham, Moresby, and other modern
explorers, from the correspondence between their appearance and
the description of his archipelago given by De Fonte.

Leaving the work of Behring, Spangberg, Meares, Vancouver,


Kotzebue, and other successors of De Fuca and De Fonte in the
hyperborean regions, we return to the Spanish in the South, to find
our next hero of discovery in an old Jesuit priest named Eusebius
Francis Kino, who, in 1658, went forth alone from his Mexican
monastery to try and win over the wild tribes of the North to the faith
of which he was a minister. With no weapon but the cross, and no
food but such as he was able to beg by the way, the father pressed
on through the present province of Sonora till he came to a river
supposed to have been the Santa Cruz. Following its course, he
entered Arizona, and arrived at the junction of the Santa Cruz with
the Gila, which in its turn joins the Colorado some miles above its
mouth.

Crossing the Gila, Kino ascended its northern bank, and came to
a country which he characterizes as the most wonderful ever seen
by the eye of man. Its people, who were “kind, generous, and
hospitable,” dwelt in well-built villages clustering on the banks of
streams, and employed their time in the manufacture of a kind of
cotton cloth and of very beautiful feather-work. They were also
skillful picture-writers, and on the walls of their public buildings was
preserved a pictorial record of their history. Mines of gold and silver
—which they understood how to work with considerable skill, though
they set but small value on the ore when excavated—promised to
yield a splendid return to the emigrant, while immense flocks of
sheep and herds of cattle constituted another source of almost
inexhaustible wealth.

Worshiping the sun as the one supreme God, these simple yet
intelligent natives kept a fire ever burning on their altars in his honor.
With its undying flame they connected their own prosperity, and they
therefore showed little readiness to substitute for it any less material
guarantee of well-being. Father Kino made few converts to the belief
in the spiritual God, whose altar is the heart, and whose chief
purifying agent is adversity; and, passing on among the fire-
worshipers, he trod his weary way in a north-westerly direction till he
came to the so-called Fire Mountain, supposed to have been the
San Francisco Mountain. Here he altered his course for the East,
and after a long tramp through the forest, he reached the head-
waters of the Mimbres, the course of which he followed till its waters
suddenly sunk away in the earth, a phenomenon often since
commented upon by modern travelers.
Many months were spent by the missionary in the wild districts on
either side of the eccentric Mimbres, with little or no result so far as
his main object was concerned, the native tribes being then, as now,
peculiarly averse to the reception of religious teaching. Finding it
useless to remain longer among them, our hero therefore at last
resolved to return to Mexico, and there obtain recruits for the further
prosecution of missionary work in the more hospitable Arizona. After
no less than seven years of fruitless effort, he at last accomplished
his purpose, and toward the end of 1670 we find him starting with
three other Jesuits for the Gila, on the banks of which he established
a mission for the conversion of the Yaquis in 1672. Between that
date and 1679, no less than five missions were founded among
these and others of the New Mexican tribes, the Pueblos, Opotoes,
etc., themselves aiding in erecting the beautiful buildings, the ruins of
which, especially that of San Xavier del Bac, in the beautiful Santa
Cruz valley, still bear witness to the religious zeal and architectural
skill of these early teachers in the West.

Had the Jesuit Fathers been content with the gradual but sure
growth of their influence in fair Arizona and New Mexico, the
conclusion of our story might have been different. As it was,
however, their eagerness to extend their spiritual influence, and—
alas, that we should have to say it!—to appropriate for the use of
their order the gold and silver abounding in the mountains on the
north of their new homes, led to the sending out of expeditions
beyond the limits occupied by the tribes friendly to their interests.
The wrath of the terrible Apaches, dwelling in the now desolated
plains and mountain fastnesses on the north-west, was aroused; and
in 1680 they swept down upon the Spanish settlements in such
numbers as to carry all before them, compelling the missionaries to
flee for their lives into Mexico. Again and again they returned with
the same result, until at last the missions were finally abandoned,
having wrought nothing but evil to those for whose benefit they were
primarily established.

After the expulsion of the Jesuits by the Apaches, the districts to


the north-west of Mexico were for many years left unvisited by any
Europeans, with the exception of a few venturesome miners, who,
working at the risk of their lives in the north of the present province of
Arizona, won for it its name, originally Arizuma, or the silver-bearing
country. To atone for this pause in inland exploration, however, the
coasts of both Upper and Lower California became thoroughly well
known to Spanish pearl-fishers, who were followed, as the French
coureurs de bois had been in the North, by Roman Catholic
missionaries, eager to be the first Christian teachers to win the ears
of the natives. In the course of about half a century, many missions
had been established in Lower California; and though, owing to the
law forbidding priests to marry, no permanent root was taken in the
country by them, and no homes gathered about their chapels, they
paved the way for the advent of the settler, and exercised a refining
influence, alike on the wild Spanish fishermen and the fierce and
degraded Californian Indians.

The beginning of the 18th century witnessed the first chapter of


the thrilling drama of the fall of the Jesuits from the lofty position they
had held throughout the world for two centuries. Expelled from
Portugal in 1759, and from France in 1764, they flocked to Spain,
hoping to find a refuge in the first home of their order. They were
disappointed. In 1767, the edict for their banishment, alike from the
mother country and her colonies, was issued by Charles III. of Spain,
and the Jesuits both at home and abroad found themselves involved
in one common ruin.

Rallying as best they could from the blow which deprived them of
all their property, and exiled them from the land of their adoption,
those members of the disgraced order who had settled in Lower
California resolved to begin a new crusade in the north of the same
country.

Under the leadership of Father Junipero Serra, appointed


president of all the missions to be established in Upper California,
the Fathers went forth to set up the cross among the Ahwashtes,
Altahmos, Romanans, Klamaths, Modoes, Shastas, Eurocs, and
others of the almost countless tribes forming the two great families of
the Central and Northern Californians.

Dividing into two parties, the first expedition started for Northern
California by land in 1768. The first division, under Captain Rivera of
Moncado, after a terrible journey across country, arrived at the site of
the present San Diego (N. lat. 32° 47′, W. long. 117° 8′) on the 14th
of May, 1768, and there founded the first settlement of white men in
Upper California. The second party, under Father Junipero himself,
arrived at the new colony on the 1st of July, and the first North
Californian convert was baptized on the 16th of December of the
same year.

Early in January, 1769, a second detachment of Jesuits started in


three vessels—the San Carlos, the San Antonio, and the San José—
to reach San Diego by sea. The first arrived on the 1st May, having
lost all her crew, except two or three officers, from scurvy and
famine; the second put into port at San Diego on the 10th April, with
eight men missing; and the third was never again heard of.

THE GOLDEN GATE, SAN FRANCISCO.


After a rest of a few weeks, the survivors of the unfortunate fleet,
their numbers augmented by a party of emigrants from Sonora and
an escort of Lower Californian Indians, started, under the command
of Don Gaspar de ♦ Portola, who had been appointed military
governor of the new country, for the North, intending to find the Bay
of Monterey, and there found a second branch of the mission. The
pioneers failed to find Monterey, but on the 25th October, 1769, they
discovered the now famous harbor of San Francisco, justly named
the gem of the Pacific, its Golden Gate, the outlet connecting it with
the ocean, forming the entry to the finest seaport on the western
seaboard of America. Land-locked as it was, the noble bay had
escaped the notice of previous explorers, and even now its great
importance seems scarcely to have been recognized. Naming it San
Francisco, after the titular saint of the Jesuits, Portola led his party
back to San Diego, and for six long years the site of the present
capital of California was left to the undisturbed possession of the
natives.

♦ ‘Portala’ replaced with ‘Portola’

For sixty years


after their first arrival
at San Diego the
Jesuits carried all
before them in Upper
California, and when
the overthrow of the
Spanish dominion in
Mexico—which has
CITY HALL, SAN FRANCISCO. (1885.) been characterized
as the death-blow of
the mission system—took place in 1822, their settlements along the
coast numbered as many as twenty-one. As in Lower California,
however, the exclusiveness of the missionaries was fatal to the
growth of permanent settlements: the emigration of Europeans to the
districts belonging to them was discouraged; no inland colonies were
founded; and, after living for years in an almost patriarchal state,
more than 18,000 Indians owning no authority but theirs, the Fathers
were deprived, by act of the Mexican Congress, of their plantations,
and forbidden to employ the Indians to work for them. As a result,
they were compelled, one by one, to abandon the country for which
they had done so much. During the latter years of their sway, many
speculators and trappers had, in spite of their opposition, penetrated
into their territories, and the first seeds had been sown of many a
now thriving community; but, before we relate the adventures of
those travelers whose exploits entitle them to rank among our
heroes, we must go back a couple of centuries to trace the further
course of exploration in the Eastern States.
CHAPTER VIII.
THE PEQUOD WAR, AND THE FIRST SETTLEMENTS IN CAROLINA, GEORGIA, AND
PHILADELPHIA.

W
E left the New England colonies on the eve of the first great
Indian war, which originated in the jealousy of the Pequods—
a fierce race living between the Narragansetts and
Mohegans of New England and the Iroquois of the East—at the
sudden influx of foreigners into the fertile districts of Connecticut.
Although, strictly speaking, it is scarcely within our province, we will
give an outline of this terrible struggle, affording, as it does, a typical
example of the general policy pursued toward each other by the
natives and settlers in the New World.

As early as 1634, a Captain Stone had been murdered, with all


his crew, off Fort Good Hope, a Dutch outpost of Connecticut; and in
the two years which followed, aggressions and robberies on the part
of the Pequods were of frequent occurrence. The crisis was not
reached, however, until 1636, when our old friend, Captain Oldham,
fell a victim to the fury of the Indians. The details of this second
tragedy will never be known, and it is more than possible that the
outrage may not have been altogether unprovoked, the captain
having been a man of hasty temper, disposed to carry matters with
the natives with a very high hand.

Oldham was last seen alive starting in a vessel of his own on a


trading excursion up the Connecticut River, and a little later a
fisherman named Gallop, at work on Block Island, caught sight of the
boat drifting out to sea, crowded with Indians, who were evidently at
a total loss how to manage their capture. In a moment Gallop,
accompanied by one man and two boys, started in pursuit; the
vessel was boarded, and, without pausing to inquire into the rights of
the matter, the four newcomers laid about them right and left, till the
Indians were driven off, leaving many of their number dead or dying
on the deck.

This summary vengeance inflicted, Gallop looked about him for


its justification, and found Oldham and his men lying in their own
blood, covered with ghastly wounds. The news of their death spread
like wildfire far and near; and though, to the calm judgment of
lookers-on, reconciliation with the Pequods still seemed possible to
those who were exposed to a fate such as that which had overtaken
the Puritan captain, nothing short of the extermination of the whole
tribe of the offenders appeared to meet the necessities of the case.
The colonial leaders, however, observed the forms of civilized
warfare, and, before a blow was struck, formally demanded the
yielding up of the murderers of Stone and Oldham, with the
restitution of all property stolen from the whites. As we know, those
who had slain Oldham had most of them shared his fate. Evasive
answers were returned as to the murderers of Stone and the stolen
property, and it appeared evident that nothing could be
accomplished by negotiation.

In August, 1636, hostilities commenced by the dispatch to Block


Island of one hundred men, under the command of John Endicott of
Salem, whose orders were that he should kill all the Pequod warriors
he met with, but spare their women and children. A landing was
effected on Block Island in the midst of a shower of arrows, and a
fierce struggle ensued, in which only one Englishman was wounded.
The Indians were hopelessly defeated, and fled into woods and
fields of the island, where they were soon overtaken by the English,
who put them to death without mercy. Not content with this
wholesale slaughter, Endicott also burned two villages of sixty
wigwams each, the stacks of maize in the course of being harvested,
and all the standing corn, so that the unlucky Pequods who had
escaped the sword would be compelled either to starve or to flee
their country.

The massacre of Block Island over, Endicott repaired to the


mainland, where dwelt the warriors who had murdered Stone.
Halting at the mouth of the Pequod River, now the Thames, the
English leader sent a message to the natives, demanding that
Sassacus, their chief, should be sent to him immediately; and when
no answer was returned, the attack was begun. As on Block Island,
the natives fell an easy prey to the well-armed white men; and
having slain all he found, and burned their villages, Endicott set sail
for Boston, where he arrived safely, after an absence of one month
only.

Thanksgivings
were held in all the
churches, in
gratitude for the
“signal mercy” which
had preserved the
little band of
avengers, of whom
two only had been
left behind, in their
terrible work; but
that work had in
reality only begun.
The unhappy
survivors of the
“signal mercy,”
driven to bay, had
joined the inland
members of their
tribe, and the tale of
the two massacres
at which Endicott
had presided roused JOHN ENDICOTT.
a deadly enmity
against the whites throughout the length and breadth of Pequod
land; nay more, even the Narragansetts and the Mohegans, who had
long since sworn allegiance to the English, and were the bitter foes
of the Pequods, began to show signs of making common cause with
the sufferers. Had they done so, the very existence of the colonies
would have been in peril, and the history of the United States of
America might never have begun.

It was our old friend, Roger Williams, who saved from


extermination the brethren who had cast him out from among them.
More familiar than any other emigrant with the ways of the Indian, he
read the signs of the times truly, and determined, at whatever risk to
himself, to prevent the coalition of the Pequods with the Mohegans
and Narragansetts. To quote his own account of the matter—“The
Lord helped me immediately to put my life into my hand, and, scarce
acquainting my wife, to ship myself, all alone, in a poor canoe, and to
cut through a stormy wind with great seas, every minute in hazard of
life, to the sachem’s (the Narragansett chief’s) house. Three days
and nights,” he adds, “my business forced me to lodge and mix with
the bloody Pequod ambassadors (come to agree on the terms of
alliance against the whites), whose hands and arms, methought,
reeked with the blood of my countrymen.”

At the end of the three days Williams had effected his purpose,
and, instead of an alliance with the Pequods, the Narragansetts had
made a new treaty with the English. The Mohegans followed their
example, and, their forces augmented by many a dusky warrior, the
white men of Connecticut, under Captain John Mason, shortly sallied
forth once more against the common foe, their destination this time
being the chief stronghold of the Pequods, a fort near the present
town of Stringbow, on the Pawcatuk River. The fort was surprised at
night, and though the Indians fought with desperate courage, and at
one time seemed likely to be victorious, they were finally
overwhelmed. Their wigwams were then set on fire, and six hundred
men, women, and children perished in the flames. The morning
broke on a scene of terrible misery; yet the cup of Pequod disaster
was not yet full. As the English, who had again lost but two men,
were resting from their horrible night’s work, six hundred native
warriors were seen advancing proudly toward the ruins of their
homes.

Arrived within sight of their desolate village, the unhappy


Pequods are said to have paused for one moment in silent agony,
and then, with a yell of rage and despair, to have swept down upon
the invaders, many of whom were slain in the first onslaught, though
the final result to the Pequods was but a repetition of previous
struggles. All but a little remnant were slain without mercy, and,
returning red-handed to Saybrook, at the mouth of the Connecticut,
the victors were joined by a number of recruits from Massachusetts,
whose arrival had been delayed by the excitement caused in the
parent colony by the expulsion of Anne Hutchinson for heresy.

Thus reënforced, the Connecticut settlers hunted the survivors of


the original owners of the soil down like beasts of prey. Their chief,
Sassacus, fled in his despair to the Mohawks, who betrayed his trust
by murdering him, and sending his scalp to the English; and in July,
1637, five months after the beginning of the war, the last scene of
the long tragedy took place in a swamp where stands the modern
town of Fairfield. Three hundred Pequod warriors were there
surrounded, and while many were slain and some few escaped, two
hundred were taken prisoners alive. In spite of their eager entreaties
for death, the unhappy men were sent, some of them to the
Bermudas as slaves, and the remainder dispersed among the
Mohegans and Narragansetts, to be to them “hewers of wood and
drawers of water.”

While the Pequod war was still in progress, a fresh colony arrived
at Boston from England, including John Davenport and Theophilus
Eaton, men of wealth and social station, whom the Massachusetts
authorities would gladly have retained among them. There were,
however, now no good lands to spare for new-comers near the old
settlements, and it was absolutely necessary for them to seek some
other home. At the close of the war, therefore, Eaton and Davenport
led their little band into Connecticut, where a tract of land, south of
the settlement of Saybrook, had been already purchased for them of
the native chief for “twelve coats of English cloth, twelve alchemy
spoons, twelve hatchets, twelve hoes, two dozen knives, twelve
porringers, and four cases of French knives and scissors.”

Originally called Quinniack, or Quinnepaca, the new settlement


shortly received the name of New Haven, and grew with a rapidity
hitherto unknown in colonial annals. From among its wealthy
members, one after another went forth to found new towns in its
neighborhood, until, in a very short time, Connecticut was colonized
all along the shore and far inland. This great movement was further
supplemented by the constant arrival of new recruits, alike from the
mother country and the elder colonies of Massachusetts, and we
soon find the English pushing their outposts as far south as the
Hudson, gradually displacing the Dutch, and again driving the
Indians to desperation. In 1643, the settlements in Massachusetts,
New Hampshire and Connecticut formed that league, under the title
of the United Colonies of New England, for mutual protection against
the Dutch, French and Indians, which may be looked upon as the
opening of the first chapter of the political history of the United
States; but for the continuation of that history we must refer our
readers to the many volumes on the subject already in existence.
Our task being to trace the gradual opening up of new districts, we
must leave the infant federation to fight out its battles, alike with its
European neighbors, the schismatics within its own borders, and the
true owners of the disputed territories, unwatched by us. We return
once more to the South, to find the districts between Virginia and
Florida occupied under the name of Carolina, so-called in honor of
Charles IX. of France, by a few non-conformists from England and
Virginia, who had gathered about the promontory aptly named Cape
Fear (N. lat. 33° 48′) where they hoped to work out their own
salvation, free from the temptation of the world they had renounced.
Their expectations were, as a matter of course, disappointed. After
the English Restoration, Charles II. re-asserted his claim to that part
of America long known under the general name of South Virginia,
and granted the fertile districts between Albemarle Sound (N. lat. 35°
59′), and the river St. John (N. lat. 30° 23′), to eight of his favorite
noblemen, the terms of concession making them absolute
sovereigns within the limits named.

The result of this arbitrary proceeding was a mighty influx of


emigrants, from every part of Great Britain and its dependencies, to
the fruitful lands which had long been claimed as their exclusive
property by the Spaniards. The original proprietors were literally
crowded out by “gay cavaliers” and rapacious planters, who soon
made the very name of white man hateful in the ears of the
unfortunate Indians. Under the governorship of the terrible Seth
Sothel, a man whose name will live forever as that of the most
infamous of many reckless rulers of Carolina, the natives were
hunted down on every side, and sold as slaves to West Indian
planters, while those among the emigrants who retained any
reverence for the human or divine had their feelings outraged at
every turn.

Not until the 18th century was considerably advanced did the
Carolineans obtain any relief from this terrible state of things. Petition
after petition was sent to the mother country by the unhappy
sufferers, setting forth how the Indians were “assaulted, killed,
destroyed, and taken” under the sanction of the law; how even the
clergy openly led the most dissolute lives, etc., etc. The breaking out
of an Indian war in 1715 seems to have been the first thing to arouse
the home authorities to the dangers threatening their vast
possessions in the West. The revolt was crushed with an iron hand,
the survivors of the natives taking refuge in the swamps of Florida,
and in 1721, George I. consented to take the government of Carolina
into his own hands.

A few years later, the lands granted to the eight noblemen by


Charles II. were bought up by the Crown for some £28,000; and from
that time the colony grew rapidly in prosperity and importance,
extending its settlements as far south as the Savannah river, across
which went forth pioneers into the state afterward called Georgia, in
honor of the English monarch, long before the first body of emigrants
from the mother country landed on its shores. Thus, as New England
and Virginia may be said to have been the parents of Carolina, the
new-born colony became in its turn the founder of the infant
community of Georgia. It was in 1732 that this, the youngest but one
of the original thirteen states of the Union, was first settled by a
colony from England, under the leadership of the now famous
Oglethorpe, who, like John Eliot in the North, made it his chief object
to conciliate the Indians.

Soon after the arrival of the emigrants from Europe, Oglethorpe


succeeded in bringing about a congress between the so-called
Creek Indians and the English, near the site of the modern
Savannah, at which meeting peace was solemnly made between the
dark warriors and their pale-faced guests. This treaty between the
Creek Indians and the whites was succeeded by one with the
Cherokees dwelling on the north of the new settlements, and as a
policy of a similar kind was pursued with regard to religious refugees
from other English settlements, Georgia shortly became a kind of
harbor of refuge for all who were suffering in mind, body or estate. Its
progress in worldly prosperity, though slow, was sure; and, when the
treaty of 1763 concluded a war of triumph for the English, it had
extended its limits far away to the South, the West, and the North-
west, in spite of many a bloody contest, now with the Spanish, and
now with the various Indian tribes in the West.

We have now accounted for the first appearance of the white


man in all the districts of North America bordering on the Atlantic
seaboard, and are free to turn our steps inland, joining, as our first
hero in this new field, the great Quaker, William Penn. He was the
founder of the “Keystone State,” which forms the connecting link
between the first French settlements on the Great Lakes and those
of the Dutch and English in the United States.

It was in 1681, after a stormy career in England, that Penn first


turned his attention to the New World, and obtained from the English
Crown, in lieu of a large sum of money due to him from it, a grant of
an extensive tract of
land, encroaching
alike on the
boundaries of New
York, New Jersey,
and Maryland. It
was included
between the 40th
and 43d degrees of
north latitude, and
was bounded on the
east by the
Delaware, already
connected with so
many thrilling
memories.

Determined, with
that rigid sense of
honesty which
characterized his
sect, to appropriate
nothing unfairly, WILLIAM PENN.
Penn, before he
started himself, sent out agents to purchase from the Indians the
land upon which he proposed settling; and all things being thus
prepared for his advent, he set sail from England, arriving at
Newcastle, on the Delaware, in October, 1682. Here he was most
enthusiastically received, his fame as a sufferer for righteousness’
sake, and as an eager philanthropist, having preceded him.

A day of general rejoicing was succeeded by a solemn leave-


taking of the colonists, and then, embarking on the broad waters of
the Delaware, Penn made what resembled a royal progress from
one station to another, till he came, toward the end of November, to
the borders of his own dominions. His first act on landing in
Pennsylvania, as the new districts had already been christened, was
to hold a solemn meeting with the Indian chiefs, and make with them
that treaty of peace which was followed by such excellent results for
his people. Beneath a large elm tree at Shackamaxon, on the site of
the modern Kensington, the sons of the forest, hitherto accustomed
to very different treatment from the white man, awaited the approach
of him whom they looked upon as a messenger from the Great Spirit
in awe-struck silence. As Penn approached, the oldest sachem rose
and bade him welcome, adding that the nations of the Delaware
were ready to listen to his words.

“We meet,” replied Penn, as he stood a little in advance of the


chief of his colonists, “on the broad pathway of good works and good
will; no advantage shall be taken on either side, but all shall be
openness and love. I will not call you children, for parents sometimes
chide their children too severely; nor brothers only, for brothers differ.
The friendship between you and me I will not compare to a chain, for
that the rains might rust, or a falling tree break. We are the same as
if one man’s body were divided into two parts; we are all one flesh
and blood.”

This speech, which has become historical, and is proudly quoted


in every account of the founding of Philadelphia, appealed direct to
the very hearts of those to whom it was addressed. Here, at last,
was one who owned true fellowship with them, who would feel as
they felt, who would protect them, and, better still, whom they
themselves could aid. Again their spokesman stood forth, and, in the
name of every tribe, from the Schuylkill and the Delaware, the
Susquehanna and the Juniatta, replied, “We will live in love with
Father Onas (the native name given to Penn) and his children, as
long as moon and sun shall endure.” The treaty between the two
parties was then signed, the Indians adding the emblem of their
tribes to the names of the white men; presents were exchanged, and
the solemn scene was at an end. We may add, however, that the
peace thus cemented was, unlike most compacts with the sons of
the soil, preserved inviolate as long as the Quakers ruled in
Pennsylvania, and to it was mainly due the unexampled rapidity of
the growth of the new settlement.
PENN’S TREATY WITH THE INDIANS.

Penn’s next care, after his interview with the Indians, was to call
together the emigrants—the greater number of whom were of his
own religious persuasion—and present them with their constitution,
framed so as to insure alike political and religious freedom; a fact
resulting in the flocking to his settlement of persecuted members of
every sect from the New England and Virginia colonies. In January,
1683, the foundations were laid, on the west bank of the Delaware
and at the mouth of the Schuylkill, of that fair town, now the second
in importance in the Union, called Philadelphia, or the “City of
Brotherly Love,” the streets of which were named after the groves of
chestnut, pine, and walnut trees through which they ran.

Before the end of its first year, the infant city contained eighty
houses, and four years after its foundation it numbered 2,000
inhabitants. As the years rolled on, and the mineral and agricultural
wealth of the western districts of Pennsylvania became more and
more fully revealed, town after town sprang up within its boundaries.
In the beginning of the 18th century, we find John Harris founding the
beautiful Harrisburg, under a grant from Penn, in the midst of the
magnificent scenery on the left bank of the Susquehanna, and
though the French and Indian war which broke out in 1754 checked
for a moment, as it were, the laying out of new cities, the now
flourishing town of Pittsburg rose on the site of Fort Duquesne, at the
junction of the Alleghany and Monongahela Rivers, as soon as the
victory of Forbes in 1758 established the power of the British.

THE TEA IN BOSTON HARBOR.

In 1774, the quarrels between the mother country and her now
mighty American colonies—of which the most thrilling incidents were
the Stamp Act riots of Boston in 1768, and the revolt against the
payment of the tea dues in the same city in 1773, when the boys of
Boston, disguised as Indians, flung the cargoes of tea into the sea to
prevent the payment of the tax—resulted in the War of
Independence, during which, strange to say, took place those first
explorations of Kentucky, Tennessee, and Ohio which were to add so
greatly to the power of the American Union about to be formed. But
before we join the pioneers of the new era of discovery in the West,
we must turn once more to the South, to bring our account of the
work of the French down to the important date we have reached in
the history of their English rivals in the East.
INDIAN ORNAMENTS.

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