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Honey Hill Ranch 13: Schmetterlinge im

Bauch (German Edition) Elea Meyer


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Honey Hill Ranch
Schmetterlinge im Bauch
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 1
An diesem Morgen im März herrschten überraschend milde
Temperaturen, sodass es für Sophie möglich war, in einer lockeren
Bluse und mit dicker Strickjacke an der Bushaltestelle zu stehen,
ohne zu frieren. Die Frühlingsferien standen fast vor der Tür und das
Wetter versprach eine tolle Zeit fernab der Schule.
Von ihrem Standort aus konnte Sophie die Bauarbeiten, die seit
Monatsanfang auf der Honey Hill Ranch zugange waren,
beobachten. Wie geplant hatten sie die verpachteten Felder auf der
anderen Straßenseite von dem Farmer zurückgenommen. Dort
wurden im Moment Baugruben für einen großen Stall und eine
größere, modernere Reithalle ausgehoben. Die Felder dahinter, auf
denen bislang Getreide angebaut wurde, sollten später einmal zu
saftigen Wiesen für die Pferde werden. Auch an einen beleuchteten
Parkplatz wurde gedacht.
Nicht nur auf den Feldern waren bereits Veränderungen sichtbar.
Der schmale Trampelpfad, der Sophie jeden Tag von der Ranch
durch den Wald bis zur Straße und der Bushaltestelle führte, war
gerodet worden. Es dauerte nicht mehr lang, bis dort eine richtige,
asphaltierte Straße entstehen würde. Auf diese Weise musste man
mit dem Auto nicht mehr den Umweg über die matschigen
Waldwege fahren, sondern konnte direkt von der Straße zum alten
oder neuen Teil der Ranch gelangen.
Sophie atmete die Morgenluft tief ein.
Die Veränderungen der letzten Wochen und Monate lagen wie ein
schweres Parfüm in der Luft. Es war nicht nur die Ranch selbst, die
wachsen und gedeihen konnte, sondern auch im privaten Umfeld
hatte sich einiges getan.
William war über die Weihnachtsferien bei ihnen eingezogen und
obwohl er sich bemühte, ein guter Mitbewohner zu sein, fühlte
Sophie sich von Zeit zu Zeit etwas fehl am Platz.
Erst heute Morgen beim Frühstück stand auf einmal William, nur
in seiner karierten Pyjamahose bekleidet, in der Küche. Das peinliche
Schweigen war schier unerträglich gewesen. Sophie freute sich zwar
für Carolin und ihren Freund, aber es war dennoch seltsam, auf
einmal einen Mann im Haus zu haben. Zwar war William schon davor
oft bei ihnen, aber nur als Gast. Es war schon etwas anderes, ihm
nun täglich zu jeder Tages- und Nachtzeit über den Weg laufen zu
können.
Sophie seufzte, als der gelbe Schulbus um die Kurve bog und vor
ihrer Bushaltestelle langsamer wurde, um schließlich anzuhalten. In
fünf Monaten kehrten ihre Eltern aus Europa zurück und sie musste
sowieso auf der Ranch ausziehen – und bis dahin bemühten sich
einfach alle Parteien, das gemeinsame Zusammenleben möglichst
rücksichtsvoll zu gestalten.

***

„Wir haben schon wieder zwei Neuanmeldungen für die Ranch“,


erzählte Sophie beiläufig, während sie mit Anna, Brian und Theresa
beim Mittagessen saß.
Sarah, die den Nachbartisch gemeinsam mit ihren Freundinnen
Jasmine, Melody und Cara belegte, drehte sich mit der Gabel in der
Hand zu ihr um. „Wundert dich das wirklich?“ Sie zog die fein
geschwungenen Augenbrauen in die Höhe. „Seit fast der gesamte
Stallkomplex auf der Sky Ranch abgebrannt ist, müssen unzählige
Reiter überlegen, wo sie ihre Pferde untergestellt bekommen. Viele
wandern noch immer von Notlösung zu Notlösung. Ihr müsst
zusehen, dass ihr bis zum Sommer mit den Bauarbeiten durch seid,
damit ihr dem Ansturm gerecht werden könnt.“
Jasmine riss die Augen auf. „Mensch, Sarah, musst du über die
Sky Ranch reden? Es ist so eine Tragödie!“
„Ja, wir reden nicht darüber“, fügte Cara flüsternd hinzu.
Anna rollte mit den Augen. „Kommt schon, das ist jetzt drei
Monate her. Wir alle wissen, wie schlimm dieser Brand war. Das
Haupthaus der Ranch hat zwar nichts abbekommen, aber die
Scheune und ein Großteil des Stalls sind komplett abgebrannt. Die
Reithalle kann ebenfalls nicht mehr benutzt werden. Es wird Zeit,
dass wir alle zurück in die Normalität finden.“
„Das mag für euch so leicht sein, weil ihr eure Pferde nicht auf
der Sky Ranch hattet“, konterte Jasmine. „Aber uns hat es wirklich
das Herz gebrochen. Ich habe dort reiten gelernt. Es hängen so viele
schöne Erinnerungen an der Sky Ranch.“ Sie schniefte.
„Für euch könnte es jedenfalls nicht besser laufen“,
schlussfolgerte Sarah ungerührt. „Alle anderen profitieren davon,
dass die Sky Ranch abgebrannt ist. Trotzdem … ist es schade. Es ist
wirklich eine Katastrophe.“
Sophie tauschte einen verunsicherten Blick mit Anna aus.
Natürlich war es gut für die Honey Hill Ranch, auf einmal so viele
Anmeldungen für Plätze im Stall und bei den Reitstunden zu haben.
Emily und Ethan hatten bereits alle Hände voll zu tun und sobald der
neue Stall fertiggestellt war, konnten sie viel Geld mit den
monatlichen Gebühren verdienen. Sie wollte allerdings nicht wie
jemand wirken, der sich am Unglück anderer bereicherte. „Was auf
der Sky Ranch passiert ist, ist furchtbar“, sagte sie langsam. „Da
sind wir uns alle einig. Aber es muss weitergehen. Wir blicken nach
vorn und hätten unsere Ranch so oder so vergrößert.“
„Das wissen wir doch, Sophie“, beschwichtigte Sarah sie. „Hier
macht dir niemand einen Vorwurf. Wir stehen alle voll hinter dir.“
Sarah gehörte sogar zu einer der ersten Personen, die ihre Pferde
nach dem Brand auf der Honey Hill Ranch angemeldet hatten. Da sie
sich so früh darum gekümmert hatte, war es kein Problem gewesen,
Molly, Santos und Sandro unterzustellen. Mittlerweile kam Carolin
gar nicht mehr mit den Absagen hinterher. Es war wirklich wichtig,
dass sie den neuen Stall bald einweihen konnten.
„Gibt es eigentlich schon etwas Neues zu der Brandursache?“ Es
war das erste Mal, dass Theresa sich heute an dem Gespräch
beteiligte.
Anna drehte sich zu ihr. „Bei den Renovierungsarbeiten ist es wohl
zu einem Kabelbrand gekommen, habe ich gehört.“
„Soweit ich weiß, war ein Kurzschluss die Ursache“, fügte Sarah
hinzu. „Glücklicherweise wurde kein Pferd ernsthaft verletzt. Auch
Molly und Sandro haben sich schnell wieder erholt. Alle Menschen
und Tiere konnten rechtzeitig evakuiert werden.“ Nachdem sie das
gesagt hatte, ruhte ihr Blick für einige Sekunden auf Sophie.
Es war nur Sophie zu verdanken, dass Sarah, Molly und Sandro es
in letzter Sekunde rechtzeitig aus dem brennenden Stall geschafft
hatten.
Sophie rutschte auf ihren Pobacken hin und her. „Na ja, das ist
jetzt alles Vergangenheit.“
„Genau“, stimmte Melody zu. „Lasst uns über etwas anderes
reden.“ Sie warf die Haare über die Schultern nach hinten. „Wie
sieht es mit dem Aufsatz in Biologie aus? Ich sterbe, wenn ich mich
noch länger mit dem Thema DNA und Vererbungslehre beschäftigen
muss.“

***

Nach der Schule trafen sich Sophie, Sarah und Anna wie so oft am
Stall, um sich gemeinsam um ihre Pferde zu kümmern, zu trainieren
oder auszureiten.
Seit Sarah von Sophie bei dem Brand der Sky Ranch gerettet
wurde, hatte sie ihr Wort gehalten und kein einziges schlechtes Wort
mehr über Sophie oder die Honey Hill Ranch verloren. Mit der Zeit
hatte sich sogar eine echte Freundschaft zwischen Sophie und ihr
entwickelt.
Sarah parkte ihren sportlichen, hellblauen Kleinwagen am Rand
des Hofs. Er glänzte frisch gewaschen und im Inneren roch er nach
fruchtigen Duftsteckern, die Sarah am Gebläse befestigt hatte. Ihr
altes Auto, das sie erst im November zu ihrem sechzehnten
Geburtstag geschenkt bekommen hatte, war von den flüchtenden
Menschen beim Brand der Sky Ranch beschädigt worden, sodass
ihre Eltern ihr zu Weihnachten ein neues Auto spendiert hatten.
Anna parkte ihr Auto, den silbernen Pick-up von Anthony, direkt
daneben. Im Gegensatz zu Sarah war sie jedoch noch nicht in den
Stall vorgegangen, sondern wartete auf Sophie, die brav mit dem
Bus gefahren war. „Wir hätten dich auch mitnehmen können“, raunte
sie.
Sophie zuckte mit den Schultern. „Das ist doch gar nicht erlaubt.“
„Da hält sich sowieso keiner dran.“
„Aber was ist, wenn wir von der Polizei kontrolliert werden?“
Annas Augenbraue zuckte. „Dein Ernst? Hier in Honey Hill?“ Sie
kicherte. „Ab morgen fährst du mit Sarah oder mir mit, verstanden?
Ich kann doch nicht zulassen, dass meine beste Freundin mit dem
stinkenden Bus fährt, wenn Sarah und ich eigene Autos besitzen.“
Dankbar seufzte Sophie. „Ihr habt es wirklich gut. Ich muss noch
bis August warten, bis ich selbst fahren darf – und ein eigenes Auto
habe ich überhaupt nicht in Aussicht.“ Ihre Eltern hatten ihr letztes
Jahr mit Goldstern bereits ein sehr teures und außergewöhnliches
Geburtstagsgeschenk gemacht. Sie erwartete nicht, nun ein Auto
geschenkt zu bekommen. Viel mehr plante sie, sobald sie sechzehn
Jahre alt war, zusätzlich zu der Arbeit auf der Ranch einen Nebenjob
anzunehmen, um Geld für ein Auto zu sparen. „Wieso bist du
eigentlich noch nicht im Stall?“
„Ich wollte auf dich warten. Hier. Schau mal.“ Anna öffnete die
Beifahrertür ihres Autos und holte ein eisblaues, personalisiertes
Halfter, auf das sie Alaskas Namen sticken ließ, hervor.
„Wow, Anna, das sieht total schön aus!“
„Habe ich in der Stadt gekauft. Zur Feier des Tages braucht
Alaska ein neues Halfter.“
„Wieso zur Feier des Tages?“ Sophie machte große Augen. „Oh
Mann, bedeutet das etwa …?“
Anna begann über das gesamte Gesicht zu strahlen, als sie die
Tür zuschlug und ihr Auto per Knopfdruck verriegelte. „Genau das!
Meine Eltern haben die Papiere endlich unterschrieben und Alaska
offiziell gekauft!“
Sophie stieß einen Freudenschrei aus. „Herzlichen Glückwunsch!“
Sie fiel Anna um den Hals. „Das freut mich so für dich!“
„Danke“, sagte Anna. „Ich habe Carolin gebeten, dir extra nichts
zu verraten. Ich wollte es dir persönlich sagen.“
„Die Überraschung ist dir auf jeden Fall geglückt!“ Sophie ließ sie
wieder los. „Ich wusste von Anfang an, dass ihr zusammengehört.“
Anna nickte. „Das haben wir nur dir zu verdanken. Ab jetzt kann
sich niemand mehr zwischen Alaska und mich drängen. Meine Eltern
haben zum Glück eingesehen, dass das Reiten einfach ein wichtiger
Teil von mir ist. Es mir zu verbieten oder mich von Alaska
fernzuhalten, hätte sowieso keinen Sinn.“
„Was hat deine Eltern am Ende überzeugt?“
„Als meine Mutter mich letztes Wochenende von der Ranch
abgeholt hat, hat sie gesehen, wie ich Alaska in der Reithalle
geritten habe. Sie sagt, es hat sie irgendwie an Blue erinnert.
Innerhalb von ein paar Monaten habe ich Alaskas Vertrauen
gewinnen können. Wir sind zwar beide noch sehr unsicher, wenn wir
außerhalb der Halle unterwegs sind, aber das wird sich auch noch
geben. Ich …“ Sie senkte ihre Stimme. „Manchmal überkommt es
mich noch und dann werde ich so nervös. Der Wald macht mir keine
Angst, aber ich muss an den Sturz und Blues Unfall denken. Das
spürt Alaska und dann wird er ebenfalls nervös. Ich weiß nicht, was
er alles bei seinen Vorbesitzern erlebt hat, aber ich muss ihm ein
gutes Vorbild sein.“
Sofort griff Sophie nach Annas Händen und drückte sie sanft.
„Dafür hast du Sarah und mich. Du musst nicht allein mit Alaska
ausreiten. Einer von uns kann immer mitkommen.“
„Ich weiß. Das weiß ich wirklich zu schätzen. Ich kann mich
immer auf euch verlassen. Auf dich sowieso.“ Anna streckte die
Schultern gerade durch. „Aber genug davon. Wollen wir das Halfter
einweihen?“
„Natürlich! Ich gehe mich nur schnell umziehen und dann bin ich
für alle Schandtaten bereit.“

***

„Es war eine gute Idee, spazieren zu gehen“, meinte Anna zufrieden.
Sie führte Alaska samt neuem Halfter an einem Strick neben sich her
durch den Wald.
Sarah saß entspannt ohne Sattel auf Mollys Rücken und ließ ihre
fuchsbraune Stute auf Annas rechter Seite laufen.
Sophie führte Goldstern auf der linken Seite. Seit die schöne
Cremellostute trächtig war, schonte Sophie sie, doch gegen einen
Spaziergang war selbstverständlich nichts einzuwenden.
„Auf diese Weise kann er sich an den Wald und die Umgebung
gewöhnen, ohne durch das Reiten gestresst zu sein“, erklärte Sarah.
„Ich hätte dich gleich um Rat fragen sollen“, scherzte Anna
halbherzig, denn ein Fünkchen Wahrheit war in dieser Aussage
enthalten.
Sarah warf grinsend die blonden Haare nach hinten. „Natürlich.
Ich bin schließlich allwissend. Kommt alle zu mir und fragt mich.“
„Sarah die Weise wird antworten“, ergänzte Sophie.
Alle drei begannen zu lachen. Es fühlte sich gut an, so
ungezwungen miteinander umgehen zu können. Ihre Freundschaft
hatte einen schweren Start, doch schlussendlich hatten sie
zueinander gefunden.
Sarah streckte den rechten Arm vor sich in die Höhe und spreizte
die Finger ab. Dann schaute sie in die Sonnenstrahlen, die durch das
noch kaum vorhandene Blätterdach des Waldes bis zum Boden
drang. „Es ist wirklich ungewöhnlich warm, findet ihr nicht? Ich habe
es im Gefühl, dass uns ein großartiger Sommer bevorsteht.“ Sie ließ
ihre Hand wieder sinken und blinzelte.
Sophie seufzte. „Ich hoffe, dass es der beste Sommer aller Zeiten
wird.“
Anna stupste sie sanft an. „Natürlich wird es der beste Sommer
aller Zeiten. Dieses Mal steht immerhin fest, dass deine Eltern nicht
schon wieder rein zufällig ein weiteres Jahr in Europa bleiben. Mach
dir keine Sorgen, okay? Die anderen und ich werden alles dafür
geben, dass dir Honey Hill in bester Erinnerung bleibt. Du wirst uns
gar nicht mehr verlassen wollen.“
„Das will ich doch sowieso nicht!“, konterte Sophie augenblicklich.
Im Gegensatz zu letztem Jahr wurde sie jedoch nicht von tiefem
Trübsal ergriffen, sondern freute sich auf die gemeinsame Zeit, die
ihr mit ihren Freunden noch blieb.
„Du weißt noch immer nicht, wohin es deine Eltern verschlägt,
sobald sie zurück sind, oder?“, hakte Sarah nachdenklich nach.
Sophie schüttelte den Kopf. „Nein, leider nicht. Mein Vater hat
sich an mehreren Colleges und Universitäten beworben. Durch seine
Auslandserfahrung dürften ihm überall die Türen offenstehen. Ich
glaube, er wartet noch alle Rückmeldungen ab. Meine Eltern halten
sich bei diesem Thema sehr bedeckt, aber beim letzten Mal haben
sie mich auch erst kurz vor knapp informiert.“ Sie zuckte mit den
Schultern. „Manchmal ärgert es mich schon, dass sie mich so wenig
in den Entscheidungsprozess mit einbinden, aber vermutlich wollen
sie nicht, dass ich mich auf etwas einlasse, wenn die Pläne noch im
letzten Moment geändert werden können.“
„Oh Mann, das klingt total nervig. Aber wenigstens haben deine
Eltern den Mut, etwas zu wagen. Meine Mutter würde niemals aus
ihrem gewohnten Umfeld ausbrechen“, kicherte Anna vor sich hin.
„Ist ja auch egal, wohin es dich am Ende verschlägt. Du kommst uns
einfach immer in den Ferien besuchen. Carolin wird dein Zimmer
doch für dich als Gästezimmer lassen?“
„Na das hoffe ich doch!“, lachte Sophie. „Und wenn nicht,
bekommt sie Ärger mit mir, darauf könnt ihr euch verlassen.“
„Die Schule wird ohne dich so langweilig sein.“ Sarah zog die
Mundwinkel nach unten. „Mit wem sollen wir sonst ständig über
Pferde und das Reiten fachsimpeln? Es gibt nicht viele, die so
pferdeverrückt sind wie wir.“
„Du hast doch noch deine Clique. Jasmine, Melody und Cara. Die
hatten ihre Pferde doch auch auf der Sky Ranch stehen, oder nicht?“
Sarah winkte ab, als sie Sophies Anmerkung hörte. „Schon, aber
die reiten nicht auf Turnieren, sondern nur hin und wieder in ihrer
Freizeit. In der letzten Zeit interessieren sie sich sowieso viel mehr
für Jungs und vernachlässigen ihre Pferde total. Von daher bin ich
wirklich froh, euch beide zu haben.“ Ihr Lächeln war ehrlich und
voller Dankbarkeit.
„Da kannst du wirklich froh sein, dass dein Freund selten Zeit für
dich hat“, meinte Anna. „Ihr seht euch nur an den Wochenenden,
nicht wahr?“
Sarah nickte. „Aber auch nicht immer. Wie ihr wisst, geht Collin
auf eine unglaublich teure Privatschule und muss sehr viel lernen,
damit er immer gute Noten hat. Das erwartet seine Familie von ihm.“
„Wie lästig“, kommentierte Anna und raunte Sophie anschließend
zu: „Und ich dachte schon, meine Mutter sei schlimm.“
„Die Ferien und die meisten Wochenenden verbringt er bei seiner
Großmutter“, fuhr Sarah fort. „Seit einigen Jahren lebt sie
zurückgezogen auf dem Landsitz der Familie Fitzgerald. Sie liebt die
Ruhe und die Natur. Ich habe sie ein paar Mal getroffen. Sie ist
wirklich nett. Seine Eltern sind sowieso die meiste Zeit über beruflich
unterwegs, daher passt das für alle so am besten. Collin leistet
seiner Großmutter Gesellschaft und seit dem Brand auf der Sky
Ranch hat er seinen Wallach King auch im Stall auf dem Gelände des
Landhauses untergebracht.“
Anna stieß einen Pfiff aus. „Okay, ich bin neidisch. Seine Oma hat
einen eigenen Stall im Garten?“
Sarah lachte. „Wenn du das so sagst, klingt es viel zu simpel, aber
ja, so in etwa. Unter der Woche verbringe ich so viel Zeit auf der
Honey Hill Ranch wie möglich, damit Molly, Santos und Sandro nicht
zu kurz kommen. An den Wochenenden besuche ich Collin oder er
kommt zu mir. Wenn man es will, kann man die Zeit also bequem
zwischen Stall und Liebesleben aufteilen.“ Sie schnaubte. „Jasmine,
Melody und Cara geben sich nur nicht genug Mühe.“
„Manchmal lebt man sich einfach auseinander“, sagte Sophie
nachdenklich. „Als ich noch in Kalifornien gelebt habe, hatte ich zwei
beste Freundinnen, Chiara und Lara. Mit Lara habe ich immer noch
guten Kontakt, aber Chiara hat mich sofort links liegen gelassen, als
ich nach Honey Hill gezogen bin. Zu der Zeit hatte sie auch ihren
ersten Freund.“ Es fühlte sich an, als wäre es erst gestern gewesen.
„Chiara war schon immer etwas frühreif, hat sich geschminkt, den
Jungs hinterhergeguckt und ist auf Partys gegangen. Lara hat auch
schon lange keinen Kontakt mehr mit ihr.“
„Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sehr dich das
damals verletzt hat“, meinte Anna. „Aber so jemanden braucht man
auch nicht als Freundin.“
„Stimmt“, sagte Sarah. „Mir ist klar, dass ich nicht für immer mit
Jasmine, Melody und Cara befreundet sein werde. In zwei Jahren
machen wir unseren Schulabschluss und danach trennen sich unsere
Wege sowieso. Wenn ich ehrlich bin, habe ich Anna all die Jahre
über als Freundin vermisst. Ich hoffe, wir werden für immer
befreundet bleiben und Kontakt halten.“
Sophie hob mahnend die Hand. „Nun reicht es aber. Eigentlich
müsste ich diejenige sein, die hier so eine Abschiedsstimmung
verbreitet.“
„Tut mir leid“, entschuldigte Sarah sich. „Ich wollte die Stimmung
nicht ruinieren.“
„Ach Quatsch, das hast du nicht.“ Anna setzte ihr breites,
fröhliches Grinsen auf, das beinahe so etwas wie ihr Markenzeichen
war. „Jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen, nicht wahr? Geben
wir einfach immer unser Bestes, dann kann unserer Freundschaft
auch nichts passieren.“
„Genau“, stimmte Sophie ihr zu. „Freunde für immer.“
„Freunde für immer – und kein Junge der Welt wird sich jemals
zwischen uns drängen“, sprach Anna mit feierlicher Stimme.
„Freunde für immer“, wiederholte Sarah lächelnd.
Sophie lächelte ebenfalls. Sie konnte sich glücklich schätzen,
Freundinnen wie Anna und Sarah an ihrer Seite zu haben – und das
Gefühl, eine so tiefe und unverwundbare Freundschaft zu haben,
gab ihr die innere Stärke, sich allem zu stellen, was die Zukunft für
sie bereithielt.
Kapitel 2
In der Reithalle herrschte absolute Stille, als Anna mit Alaska den
zuverlässigen Wechsel der Gangarten trainierte.
Sophie schaute zwischendurch immer wieder auf ihr Handy und
schrieb Nachrichten mit Theresa hin und her. Sie waren gemeinsam
für ein Schulprojekt in Chemie eingeteilt worden und Theresa
entpuppte sich als unverbesserliche Perfektionistin. Sophie störte
sich nicht daran, dass Theresa das bestmögliche Ergebnis abliefern
wollte, denn so langsam hatten alle das Ziel, in zwei Jahren einen
ausgezeichneten Schulabschluss abzuliefern, vor Augen. Es fiel
Sophie allerdings schwer, sich zeitgleich auf Anna und die
Nachrichten mit Theresa zu konzentrieren.
„Du musst nicht die ganze Zeit hier sitzen und mir zuschauen.“
Erschrocken schaute Sophie hoch. Sie hatte gar nicht bemerkt,
dass Alaska vor ihr zum Stehen gekommen war und sie aus seinen
blassblauen Augen musterte. „Tut mir leid. Natürlich bin ich hier. Du
hast mich doch darum gebeten, damit ich dir sagen kann, an
welchen Stellen es noch hakt. Also … eh …“
Anna seufzte. „Ich weiß doch, wie wichtig das Projekt für Theresa
und dich ist. Wenn du lieber daran arbeiten willst, ist das total okay
für mich. Wirklich. Ich frage einfach Ethan, ob er ein paar Minuten
Zeit für mich hat.“
Sophie fühlte sich wie eine schlechte Freundin, aber Annas
Angebot klang zu verlockend, um es auszuschlagen. „Na schön, ich
telefoniere schnell mit Theresa und wir klären alle offenen Fragen.
Danach bin ich wieder ganz für dich da.“
Anna lachte. „Lass dir Zeit. Das Telefonat dauert bestimmt
länger.“
„Und in der Zwischenzeit springe ich für Sophie ein und halte hier
die Stellung.“ Connor spazierte genau im richtigen Augenblick durch
die angelehnte Tür der Reithalle hinein. Sein breites Grinsen
verbreitete sofort gute Laune und seine roten Haare standen in
einem starken Kontrast zu der neongrünen Jacke, die er trug.
„Meine Güte, Connor, wen willst du damit blenden?“, witzelte
Sophie, stand auf und ging von der Tribüne runter, um ihm Platz zu
machen. Jeder auf der Ranch wusste, dass Connor schon lange
Gefühle für Anna hegte, sodass es niemanden überraschte, wie oft
er bei ihren Reitstunden als stiller Zuschauer in den hinteren Rängen
saß und sie still anfeuerte.
Annas Wangen färbten sich rosa. „Das musst du nicht tun,
Connor. Du hast doch bestimmt viel zu tun.“
Connor zückte sein Handy. „Nein, keineswegs. Ich filme dich und
dann kannst du dir das Video anschauen, um daraus zu lernen,
einverstanden?“
„Okay, danke.“
Sophie huschte nach draußen. Sie wollte Anna und Connor etwas
Privatsphäre geben, aber der Anruf bei Theresa war ebenfalls
wichtig. Schnell wählte sie die Nummer ihrer Freundin und wartete,
bis Theresa das Telefonat annahm.
„Puh, gut, dass du Zeit hast“, sagte Theresa sogleich am anderen
Ende der Leitung. „Hast du dir die Anmerkungen schon
durchgelesen?“
„Ich bin gerade nicht am Laptop, deshalb kann ich die
Präsentation nicht öffnen. Worum genau geht es denn?“
Theresas Seufzen klang viel zu genervt. „Wir müssen das
Experiment umgestalten. Du und ich wissen, worum es geht, aber
die anderen können uns vielleicht nicht folgen und dann kriegen wir
am Ende noch eine schlechte Note, weil unsere Mitschüler zu dumm
oder faul sind, um sich den Stoff zu merken.“
„Es ist nicht unsere Schuld, wenn die anderen den Stoff aus
unserer Präsentation und dem Experiment nicht nacharbeiten“,
merkte Sophie an. Theresa und sie mussten eine Schulstunde
gestalten und stellten dabei ein Thema vor, das für die
Abschlussprüfung des Kurses relevant war. „Wir sollten es einfach so
lassen, meinst du nicht?“ Insgeheim hatte sie gar keine Lust, die
Präsentation und das geplante Experiment schon wieder
umzugestalten, denn es war nicht das erste Mal, dass Theresa sich
in etwas hineinsteigerte und alle Pläne über den Haufen warf.
„Sophie“, sagte Theresa streng. „Wir müssen es so gut machen,
dass wir am Schuljahresende auf jeden Fall die beste Note in Chemie
bekommen. Ich will dich nicht unter Druck setzen, aber ich brauche
später ein Stipendium, wenn ich an einer guten Universität studieren
will.“
Das versetzte Sophie einen Stich. Hatte Theresa etwa das Gefühl,
Sophie würde sich nicht genug Mühe geben und ihren Ambitionen im
Weg stehen? „Ich will doch auch ein A in Chemie.“
„Gut, dann sind wir uns einig. Überarbeiten wir die Präsentation
zusammen?“
Kurz zögerte Sophie. „In Ordnung. Ich gehe hoch an den Laptop
und dann kannst du mir deine Anmerkungen erläutern.“
„Du bist die Beste, Sophie! Danke. Ich weiß, dass es anstrengend
ist, mit mir zusammenzuarbeiten. Danke, danke, danke.“
Sophie schaute flüchtig zur Reithalle zurück, während sie über
den Hof zum Wohnhaus der Ranch ging. Anna würde es auch ohne
sie schaffen, denn mit Connor hatte sie tatkräftige Unterstützung
erhalten. „Kein Problem. Wir überarbeiten alles ein letztes Mal,
bekommen eine super Note und schließen den Chemiekurs sehr gut
ab.“

***

Als Sophie eine Stunde später zur Reithalle zurückkehrte, war Ethan
bereits mit seinen Reitschülern dabei, die Hindernisse für die Stunde
im Springreiten aufzubauen. „Na toll, ich habe Anna verpasst“,
murmelte Sophie und ging weiter zum Stall, wo sie Anna und Alaska
vermutete.
Anna war gerade in den letzten Zügen dabei, Alaskas Mähne in
kleine Zöpfe zu flechten. „Da bist du ja wieder!“ Sie lachte. „Hat
Theresa dich so sehr in Beschlag genommen?“
„Es war furchtbar. Sie wollte alles ändern. Alles!“
„Seid ihr wenigstens fertig geworden?“
„Ja, zum Glück. Ich hoffe, es war dieses Mal auch wirklich der
letzte Durchgang. Ich kriege schon Alpträume, wenn ich nur daran
denke, dass sie mich am Abend vor der Präsentation anrufen
könnte.“
„Ich hätte dich wohl warnen sollen“, kicherte Anna. „Theresa ist
berüchtigt dafür, dass sie in den Naturwissenschaften total
übertreibt.“
„Sie möchte später ein Stipendium bekommen und gibt dafür ihr
Bestes, was ist daran verkehrt?“, verteidigte Sophie sie.
„Nein, so meinte ich das nicht“, beschwichtigte Anna sie sofort.
„Wir alle haben das Ziel, in zwei Jahren mit einem sehr guten
Abschluss die High School zu verlassen. Brian wird bestimmt ein
Sportstipendium erhalten, so wie Anthony. Für Theresa und mich
sind die Naturwissenschaften ausschlaggebend, wenn wir unser
Wunschstudium erreichen wollen. Aus diesem Grund bin ich dem
Naturwissenschaftsclub beigetreten und aus demselben Grund
steigert Theresa sich in jedes einzelne Projekt mit Herzblut rein. Es
liegen noch über zwei Schuljahre vor uns, aber die Zeit vergeht
schneller, als man denkt.“
„Ja, ich weiß. Trotzdem sollte man auch mal an etwas anderes
denken. Wo wir auch gerade beim Thema sind: Was ist jetzt
eigentlich mit Connor und dir?“
Anna wurde schlagartig rot im Gesicht. „Was soll mit Connor und
mir sein? Er hat gefilmt, wie ich auf Alaska geritten bin. Das hilft mir,
um die Gangarten zu verbessern.“
„Das meinte ich nicht und das weißt du“, bohrte Sophie süffisant
lächelnd nach. „In letzter Zeit treibt er sich ständig in deiner Nähe
herum und schaut bei jeder einzelnen deiner Reitstunden zu.“
„Bestimmt nicht bei jeder einzelnen Reitstunde …“, nuschelte
Anna verlegen.
„Doch, Anna. Er mag dich und lässt keine Gelegenheit aus, um
Zeit mit dir zu verbringen. Das muss dir doch aufgefallen sein.“
„Na ja … Also … Ich mag ihn auch sehr“, gestand Anna
schließlich, ohne Sophie dabei in die Augen zu schauen.
„Das ist doch schön!“
Ein schüchternes Lächeln legte sich auf Annas Lippen. „Als ich
nach dem Unfall aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat er mich
ein paar Mal zuhause besucht, wie du weißt. Seither muntert er mich
immer auf und unterstützt mich, wo er nur kann. Wir schreiben auch
privat miteinander und er macht mir überhaupt keinen Druck, auch
wenn ich weiß, dass er sich wünscht, dass wir mal zusammen
ausgehen.“
Sophie drückte aufgeregt Annas Unterarm. „Das klingt doch
großartig! Wo ist das Problem?“
„Ich kann mich nicht mit ihm treffen.“
„Wieso nicht?“
„Was ist denn, wenn aus uns mehr wird?“
„Ich verstehe nicht, was so schlimm daran sein sollte?“ Sophie
schürzte die Lippen. Sie verstand beim besten Willen nicht, was das
Problem war. Connor war schon lange in Anna verknallt und sie
schien ihm gegenüber ganz und gar nicht abgeneigt zu sein, obwohl
sie immer beteuert hatte, Jungs und Liebeskram nervig zu finden.
„Ist das nicht offensichtlich?“ Verwirrt blinzelnd drehte Anna
Sophie den Rücken zu, um das letzte Stück von Alaskas Mähne zu
flechten und ihn anschließend in seine Box zu entlassen.
Sophie wartete, bis Anna die Tür der Box fest verriegelt hatte und
sich den Sattel schnappte, um ihn in die Sattelkammer zu bringen.
Dann folgte sie Anna. „Ich finde es nicht offensichtlich. Du musst mir
erklären, wieso du nicht auf Connors Avancen eingehen willst,
obwohl du … in ihn verknallt bist. Bist du doch, oder?“
„Ja, bin ich“, seufzte Anna, während sie den Sattel auf Blues
ehemaligen Platz hievte. „Aber Connor ist in der Abschlussklasse.
Nach den Sommerferien will er vermutlich studieren – und was
dann? Eine Fernbeziehung war genau der Grund, weshalb es
zwischen dir und meinem Bruder nicht geklappt hat.“
„Stopp!“, unterbrach Sophie sie. „Zwischen Anthony und mir hat
es nicht funktioniert, weil er mit meinen Gefühlen gespielt hat und
die Fernbeziehung als Grund vorgeschoben hat“, sagte sie fest
entschlossen.
„Trotzdem“, beharrte Anna. „Wie soll ich meine Gefühle für
Connor zulassen, wenn er in ein paar Monaten sowieso aus meinem
Leben verschwindet? Unsere Beziehung hätte gar keine Zukunft. Da
ist es mir lieber, wenn wir einfach nur Freunde bleiben.“
Sophie schob die Unterlippe vor. Das konnte sie nicht mit
ansehen. „Ich werde Connor auf den Zahn fühlen.“
„Was? Sophie, nein!“ Anna griff nach Sophie, doch Sophie war
schneller und schraubte sich zwischen Annas Händen hindurch.
„Du wartest hier im Stall. Ich suche Connor und frage ihn, was er
nach dem Abschluss geplant hat. Dann hast du wenigstens
Gewissheit.“
„Sophie …“
„Zu spät, Anna, bin schon unterwegs!“

***

Es dauerte nur kurz, bis Sophie Connor gefunden hatte. Er kam aus
der Reithalle geschlendert, wo er Ethan beim Aufbau des Parcours
geholfen hatte. „Hey, hast du Anna irgendwo gesehen?“
Auf halber Höhe zwischen Stall und Reithalle trafen sie
aufeinander. Sophie ignorierte seine Frage und wechselte direkt das
Thema. „Du, sag mal, was hast du eigentlich nach deinem Abschluss
vor? Du bist doch in der Abschlussklasse. Hast du schon etwas
Konkretes geplant?“
„Wie kommst du denn jetzt auf einmal darauf?“
„Ach, nur so. Theresa und ich haben doch dieses Projekt für den
Chemieunterricht“, flunkerte Sophie. „Wir reden quasi von nichts
anderem als von Stipendien und sowas. Wie sieht es bei dir aus?“
„Ein Stipendium kriege ich leider nicht, dafür ist mein
Notenschnitt nicht gut genug. Falls es also darum geht, kann ich
euch leider nicht helfen, tut mir leid.“
„Also wirst du nicht irgendwo weit weg studieren gehen?“ Sophie
wusste, dass Connors Familie nicht genügend Geld besaß, um ihm
ein teures Studium zu ermöglichen.
Das bestätigte er ihr auch direkt im Anschluss an ihre Frage.
„Nein, ich bleibe hier. Ich bin nicht so ein Überflieger wie Anthony,
falls du das meinst. Außerdem ist das nichts für mich. Ich will gar
nicht quer durch die Weltgeschichte reisen. Meine Familie ist mir
wichtig. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, von allen getrennt zu
leben.“
„Und was ist dann dein Plan?“
Er verengte die Augen ein wenig, ganz so, als würde er Sophies
Hintergedanken erahnen. „Ich hatte geplant, mich am
nahegelegenen Community College einzuschreiben. Auf diese Weise
kann ich jedes Wochenende nach Hause zurückkehren und Kosten
sparen.“
Sophie brauchte nicht erst nachrechnen, um zufrieden zu lächeln.
Ein Studium am Community College dauerte in der Regel zwei Jahre.
Das war genau der Zeitraum, den Anna bis zu ihrem Schulabschluss
brauchte. Nach dem College hatte Connor immer noch die
Möglichkeit, an eine Universität zu wechseln – und wenn er sich im
Studium Mühe gab, winkte womöglich doch noch ein Stipendium.
Das bedeutete, dass Anna und er zeitgleich an eine Universität
gehen könnten – und da das nächste Community College nicht weit
entfernt lag, konnten sie sich bis dahin jedes Wochenende sehen.
Einer Beziehung stand also nichts im Weg. „Alles klar.“ Schwungvoll
drehte sie sich um, doch Connor hielt sie blitzschnell zurück, indem
er ihren Arm packte.
„Und jetzt verrätst du mir bitte, weshalb du mich über meine
Studienpläne ausgefragt hast. Das hat dich bisher doch auch nicht
interessiert. Was soll das, Sophie?“, fragte er misstrauisch.
„Das sagte ich doch …“
„Das ist meine Schuld, Connor.“ Anna joggte vom Stall zu ihnen.
Es war offensichtlich, dass sie das ganze Gespräch belauscht hatte.
„Sophie wollte mir nur helfen.“
Sofort ließ Connor Sophie wieder los. „Anna … Wieso fragst du
mich nicht einfach selbst?“
„Ich …“ Anna tippelte von einem Fuß auf den anderen. Hilflos
suchte sie Sophies Blick und sah dabei aus wie ein Hundewelpe, den
man im Regen stehen gelassen hatte.
Sophie fasste sich ein Herz und klopfte sowohl Anna als auch
Connor gönnerhaft auf den Rücken. „Ihr zwei solltet euch mal in
Ruhe unterhalten, glaube ich.“
„Das glaube ich auch“, flüsterte Anna und lief dabei im Gesicht
knallrot an.
Connor machte große Augen. „Okay.“ Dafür, dass er sonst kaum
mundtot zu bekommen war, zeigte er sich nun von seiner
wortkargen Seite.
Sophie schaute zwischen den beiden hin und her. „Himmel, ihr
zwei seid echt niedlich zusammen.“ Sie gab beiden einen erneuten
Ruck gegen den Rücken. „Geht eine Runde spazieren und redet
miteinander. Tut mir – und allen anderen – den Gefallen.“
Nervös schaute Anna zu Connor. „Wollen wir?“
Es dauerte einige Sekunden, dann hatte Connor sich wieder
gefangen. Das Lächeln, das er für Anna übrighatte, war nicht wie so
oft schelmisch, sondern voller Zuneigung. „Ein Waldspaziergang?
Klingt gut. Ich bin dabei.“
Sophie schaute den beiden dabei zu, wie sie dicht nebeneinander
zum Waldrand gingen, um auf den Waldweg abzubiegen – und kurz
bevor Sophie sie aus den Augen verlor, sah sie, wie Anna nach
Connors Hand griff.
Kapitel 3
Sophie wartete voller Ungeduld im Café auf die Rückkehr von Anna
und Connor. Sie ging fest davon aus, dass die beiden sich ihre
Gefühle füreinander endlich von der Seele redeten und aus ihnen ein
Paar wurde, aber die Bestätigung dafür würde sie erst bekommen,
wenn der romantische Waldspaziergang beendet war.
Kurz überlegte Sophie sogar, ob sie sich Silberstern schnappen
und in den Wald reiten sollte, um den beiden rein zufällig – was in
Wahrheit natürlich vollkommen kalkuliert war – über den Weg zu
laufen. Sie verwarf den Gedanken allerdings wieder.
„Was ist los?“ Ethan, der gerade seine Reitstunde beendet hatte,
schneite in Carolins Café vorbei, um sich eine Zwischenmahlzeit in
Form von Cupcakes zu gönnen.
Sophie öffnete den Deckel der gekühlten Auslage und reichte ihm
einen Schokoladencupcake mit Sahnehaube und dunklen Streuseln.
„Ich warte auf Anna und Connor, das ist alles.“
Irritiert zog Ethan die Augenbrauen in die Höhe. Sie waren allein
im Café und da Carolin hinten in der Küche fleißig war, konnten sie
ungestört miteinander plaudern. „Ich dachte, Connor wäre bei euch.
Eigentlich sollte er mir dabei helfen, die Halle wieder aufzuräumen.
Jetzt bleibt die ganze Arbeit an mir hängen.“
„Ich kann dir helfen, sobald wir aufgegessen haben“, bot Sophie
an. „Wenn du nichts dagegen hast.“ Die Ablenkung konnte sie
gebrauchen.
„Klar, gern. Aber sag mal, drückt Connor sich etwa vor der Arbeit?
Er kam mir den ganzen Tag schon so lustlos vor und hat viel länger
als sonst zum Ausmisten gebraucht.“
„Nein, nein, alles gut“, verteidigte Sophie ihn sofort. „Das ist auf
meinen Mist gewachsen, glaube ich.“
„Inwiefern?“
Sophie stopfte sich den letzten Bissen ihres Cupcakes in den
Mund, kaute ordentlich und schluckte alles herunter, ehe sie Ethan
antwortete. „Du weißt bestimmt, dass Connor in Anna verknallt ist,
oder?“
Ethan schmunzelte. Er nickte, während er sich
Schokoladenkrümel aus den Mundwinkeln wischte. „Sollte das ein
Geheimnis sein?“
Sophie grinste. „Jeder weiß davon, also nein, kein Geheimnis. Na
ja, jedenfalls ist das so: Connor ist in Anna verliebt und Anna in
Connor.“
„Ach, sie erwidert seine Gefühle also?“, unterbrach er sie.
Überrascht zog der Reitlehrer die Augenbraue in die Höhe.
Normalerweise beteiligte er sich nicht am Klatsch und Tratsch auf
der Ranch, doch dieses Mal beugte er sich neugierig nach vorn;
immerhin ging es um einen guten Freund von ihm.
„Das ist etwas kompliziert“, erklärte Sophie. Bevor sie fortfuhr,
kontrollierte sie, ob die Tür zur Küche auch wirklich zu war, damit
Carolin nichts mithören konnte. „Sollen wir draußen weiterreden?“
Ethan, der soeben seinen Cupcake vollständig verspeist hatte,
zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Meinetwegen. Je schneller die
Reithalle aufgeräumt ist, desto besser.“ Trotz seiner Worte schnappte
er sich noch einen zweiten Cupcake für unterwegs und aß ihn, bis er
mit Sophie die Reithalle erreichte, auf.
Sophie schaute sich um. Sie hatten die gesamte Halle für sich –
und hier konnte sie sicher sein, auch wirklich nicht belauscht zu
werden. Während sie gemeinsam mit Ethan das erste Hindernis des
Parcours abbaute und die Stangen am Rand der Halle stapelte,
weihte sie ihn in den neusten Stand der Dinge ein. „Anna hat mir
verraten, dass sie auch in Connor verliebt ist. Allerdings kann sie sich
die Gefühle die ganze Zeit nicht eingestehen, weil sie befürchtet, von
ihm alleingelassen zu werden.“
„Wieso sollte Connor sie alleinlassen?“
„Er ist doch diesen Sommer mit der High School fertig und Anna
hat Angst, dass sie mit einer Fernbeziehung total unglücklich wird.“
„Verständlich, für mich wäre das auch nichts“, warf Ethan
verständnisvoll ein.
„Sie will nicht, dass es so endet wie bei Anthony und mir“, fügte
Sophie etwas leiser hinzu. Noch immer war es ihr unangenehm, mit
Ethan über ihre erste Liebe und die riesengroße Enttäuschung zu
sprechen, obwohl sie sich in seiner Nähe so unfassbar wohl fühlte –
und im nächsten Moment fragte Sophie sich, wieso sie eigentlich das
Gefühl hatte, Ethan mit diesem Thema zu verletzen. Es war
schließlich nicht das erste Mal, dass sie ihm ihr Herz ausschüttete
oder über ihre Gefühle und die Sache mit Anthony sprach. Was war
auf einmal anders?
„Anthony hat sich wie ein Idiot benommen. Connor würde
niemals mit Annas Gefühlen spielen.“
Sophie schluckte. „Ich weiß. Du bist auch nicht so wie er.“ Der
letzte Satz war ihr schneller herausgerutscht, als sie es aufhalten
konnte. Sogleich biss Sophie sich auf die Unterlippe und wandte sich
dem nächsten Hindernis zu. Oh Gott, wieso war sie auf einmal nur
so nervös?
Ethan schwieg und machte es dadurch nur noch schlimmer.
Mit schwitzigen Händen packte Sophie die nächste Stange, die ihr
entglitt und dumpf auf den sandigen Hallenboden knallte.
„Alles in Ordnung?“
„Ja, ja, alles bestens“, antwortete sie eine Spur zu hastig. Ihr
Herz klopfte immer schneller. Was war denn plötzlich mit ihr los?
Sophie ermahnte sich gedanklich zur Ruhe und zwang sich zu einer
gleichmäßigen, langsamen Atmung, um ihren Puls zu
entschleunigen. Es half nur bedingt, aber was blieb, waren die
Schmetterlinge, die wie ein wilder Sturm in ihrem Bauch tanzten.
„Sicher? Du hast so einen glasigen Blick.“
Als Sophie aufschaute, blickte sie genau in Ethans braune Augen
– und zum ersten Mal sah sie ihn in einem ganz anderen Licht.
Es war, als hätte sich ein Schalter in ihrem Kopf und in ihrem
Herzen umgelegt.
Sophie erkannte, was für ein Traumtyp Ethan eigentlich war. Er
war nicht nur äußerlich hübsch, sondern auch innerlich. Mit seiner
hilfsbereiten, ruhigen, charmanten Art hatte er ihr durch so manche
Krise geholfen. Sie waren gute Freunde, konnten sich blind
aufeinander verlassen und lachten über dieselben Witze. Sie
trainierten zusammen, teilten Freud und Leid miteinander.
Es war nicht so, als wüsste sie nicht, was für ein perfekter Freund
er wäre, aber in genau diesem Augenblick kam die Erkenntnis tief in
ihrem Herzen an. Irgendwann – Sophie wusste nicht einmal, wann
genau es geschehen sein musste – war aus ihren rein
freundschaftlichen Gefühlen für ihn mehr geworden.
Ihre Wangen wurden rot, sodass sie sich schnell wieder der
Stange auf dem Boden widmete.
Wieso war es ihr nie früher aufgefallen?
Ethan und sie … würden ein wirklich gutes Paar abgeben – und
genau das stürzte Sophie schlagartig in heillose Überforderung.

***

Kurz darauf kehrten Anna und Connor auf den Hof zurück. Ihr
Waldspaziergang hatte genau so lange gedauert, wie Sophie und
Ethan schweigend die Reithalle aufgeräumt hatten.
Sophie wusste noch immer nicht, wie sie mit ihren Gefühlen
umgehen sollte. Alles fühlte sich so lebendig und neu an; gleichzeitig
erinnerte es sie an Anthony und den Kuss mit ihm.
Im Gegensatz dazu reichte die Vorstellung, Ethan zu küssen, aus,
um Sophies ganzen Körper in helle Aufregung zu versetzen. Sie
konnte kaum einen klaren Gedanken fassen und sagte lieber nichts,
was auf Ethan sicherlich umso seltsamer wirkte.
Sobald Sophie Anna erblickte, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Sie
ließ Ethan einfach stehen und eilte auf ihre beste Freundin zu, die
händchenhaltend mit Connor vor der Reithalle zum Stehen kam.
Anna strahlte bis über beide Ohren und Connor sah aus, als hätte
er den Jackpot im Lotto gewonnen – was er gewissermaßen auch
hatte.
„Da seid ihr ja wieder!“, sagte Sophie.
In Annas Blick flackerte eine stumme Frage auf. Sie sah Sophie
sofort an, dass irgendetwas nicht stimmte, doch ihr eigenes Glück
übernahm sogleich wieder die Oberhand.
„Ich muss jetzt leider los“, sagte Connor. Er hatte nur Augen für
Anna. „Ich kann meine Oma nicht lange warten lassen.“
„Ist gut. Wir sehen uns ja morgen.“
„Und wir schreiben. Kann ich dich heute Abend anrufen?“
„Natürlich“, hauchte Anna wie das verliebte Schulmädchen, das
sie war.
Zum Abschied beugte Connor sich zu Anna runter und drückte ihr
einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.
Sophie konnte ein freudiges Quietschen kaum unterdrücken.
Sobald Connor sich umgedreht und halbwegs außer Hörweite war,
hüpfte Sophie wie ein Flummi auf und ab, griff nach Annas Händen
und sagte mit viel zu hoher Stimme: „Er hat dich geküsst!“
Anna hüpfte mit ihr auf und ab. „Ich weiß! Beim Spaziergang
auch schon! Ah ich bin so aufgeregt!“
„Und ich erst!“ Sophie war klar, was für ein albernes Bild sie beide
abgaben, doch sie konnte nicht aufhören, vor lauter Freude und
Aufregung durch die Gegend zu hopsen. „Du bist mit Connor
zusammen!“, sprach sie das Offensichtliche aus.
„Ja!“
„Ich kann es nicht fassen!“
„Ja!“ Annas Stimme schraubte sich ebenfalls immer höher, bis sie
sich verschluckte und hustend zum Stillstand kam. „Es war so dumm
von mir, zu glauben, unsere Beziehung hätte erst gar keine Chance.
Connor wird hier in der Nähe aufs College gehen und wir sehen uns
dann einfach jedes Wochenende. So wie Sarah und ihr Freund es
auch machen. Das zählt quasi nur als halbe Fernbeziehung.“
Sophie grinste selig. Sie freute sich so unendlich doll für ihre
beste Freundin. „Klingt es doof, wenn ich dir zu deiner Beziehung
gratuliere?“
Anna lächelte noch immer mit der Sonne um die Wette. „Nein,
absolut nicht. Ich nehme deine Glückwünsche dankend an.“
„Du klingst wie eine echte Königin“, kicherte Sophie.
Anna hakte sich mit dem rechten Arm bei Sophie unter, während
sie sich mit der linken Hand frische Luft zufächelte „Ich kann an
nichts anderes mehr denken.“
„Wie war der Kuss?“, raunte Sophie neugierig.
Anna steuerte aus Gewohnheit den Stall an, blieb dann jedoch
vor der Tür stehen und änderte den Kurs in Richtung Wohnhaus.
„Feucht?“ Sie kicherte in sich hinein. „Himmel, mein Mund ist so
trocken. Vor Nervosität habe ich jegliche Flüssigkeit aus meinem
Körper geschwitzt, glaube ich. Kann ich was trinken?“
„Klar doch.“ Sophie hakte sich aus, überholte Anna und schloss
die Haustür auf. Danach bog sie sofort links in die Küche ab, öffnete
den Kühlschrank und holte eine Karaffe mit Eistee hervor.
Derweil nahm Anna sich ein Glas aus einem der Oberschränke.
„Ich dachte, ich sterbe, als wir losgelaufen sind. Aber dann ging alles
wie von selbst. Wir sind bis zur ersten Lichtung gekommen, haben
uns alles von der Seele geredet und … na ja …“ Sie lief genauso rot
an wie Sophie zuvor in der Reithalle. „Dann standen wir einfach eine
Weile da rum und haben rumgeknutscht.“
„Anna, du alte Draufgängerin!“, witzelte Sophie und schlug ihr
spielerisch gegen den Oberarm.
Die Rothaarige schenkte sich Eistee ins Glas und leerte es in
einem Zug. „Puh. Besser.“
„Habt ihr wirklich so wild rumgeknutscht?“, wollte Sophie wissen.
Annas Grinsen war Antwort genug. „Jupp, haben wir. Ich hätte
mich am liebsten nie aufgehört“, seufzte sie. „Aber dann hat
Connors Mutter auf seinem Handy angerufen. Seine Oma sitzt bei
einer Freundin und die Mitfahrgelegenheit ist ausgefallen. Er musste
leider sofort los, um sie abzuholen.“
„Oh nein“, erwiderte Sophie mitfühlend. „Was für ein blödes
Timing.“
„Das kannst du laut sagen. Aber egal. Ich schätze, ich kann
offiziell verkünden, dass ich vergeben bin.“
„Das ist so cool, Anna!“
„Ich weiß!“, quietschte sie erneut los. „Entschuldige. Ich kann
wirklich an nichts anderes denken. Du musst mich ablenken. Bitte!
Ich kann nur noch an Connor denken.“
„Öhm…“, machte Sophie und dachte nach. „Wie sieht es mit
Spring Break aus? Die Frühlingsferien starten übernächste Woche.
Wir haben es schon fast bis dahin geschafft.“
Anna nickte dankbar, goss sich ein zweites Glas ein und setzte
sich an den Tisch. „Ferien sind ein gutes Thema. Ich würde so gern
wieder einen Tagesritt mit dir machen.“
„Das wäre toll“, schwärmte Sophie und setzte sich ebenfalls hin.
Letzten Sommer waren Anna, Blue, Sophie und Silberstern
gemeinsam unterwegs gewesen. Leider hatte Blue sich am Ende des
Ritts verletzt – und bis heute war es ein offenes Geheimnis, dass
genau jene Verletzung die Schwäche in Blues Bein und damit
vermutlich auch den tödlichen Sturz im Wald verursacht hatte.
„Es geht nur leider nicht“, führte Anna das Thema weiter. „Alaska
traut sich kaum raus ins Gelände und ich muss ehrlich zugeben, dass
ich mich auch noch nicht bereit dafür fühle.“
„Das macht doch nichts“, beruhigte Sophie sie. „Wir finden
einfach etwas anderes, das wir gemeinsam unternehmen können.“
„Wenn wir doch bloß nicht bis zu den Ferien diese zwei mega-
langen Aufsätze schreiben müssten“, stöhnte Anna. „Hast du schon
angefangen?“ Sie warf Sophie einen Seitenblick zu. „Oh Mann,
natürlich hast du schon damit angefangen. Seit du deine
Mittagspausen in der Bibliothek verbracht hast, bist du so
enthusiastisch bei der Sache, wenn es um Geschichte und Aufsätze
geht.“
Verlegen zuckte Sophie mit den Schultern. Es stimmte, dass sie
im Fach Geschichte zu den Klassenbesten gehörte, seit sie letzten
Herbst den großen Streit mit Anna gehabt hatte. Irgendwie hatte sie
Spaß daran gefunden, die historischen Fakten in den Büchern oder
im Internet zu recherchieren, alles ordentlich zu gliedern und
darüber einen Aufsatz zu schreiben. Es fiel ihr nicht einmal schwer –
es verbrauchte nur Zeit, die sie lieber bei ihren Pferden verbringen
würde.
„Bist du schon fertig?“ Anna las die Antwort in Sophies Gesicht
ab. „Du olle Streberin“, scherzte sie und vergrub das Gesicht in ihren
Händen. „Ernsthaft, wie kannst du so viel lernen und für die Schule
arbeiten und trotzdem ständig im Stall unterwegs sein? Sarah ist
genauso schlimm wie du. Ihr zwei seid wie übermenschliche
Monster, was das angeht.“
„So schlimm ist es gar nicht“, verteidigte Sophie sich. „Außerdem
bin ich noch nicht ganz fertig; es fehlt noch der Feinschliff. Mit dem
zweiten Aufsatz habe ich noch gar nicht angefangen. Ich bin also
nicht viel weiter als du.“
„Es ist lieb, dass du mir Mut zusprechen willst, aber dein Plan
schlägt leider fehl“, konstatierte Anna. „Mir geht das Schreiben leider
nicht so einfach von der Hand wie dir. Ich muss wirklich bald damit
anfangen, aber jetzt muss ich ständig an Connor denken … und den
Naturwissenschaftsclub gibt’s ja auch noch.“
„Was hat der denn damit zu tun?“
Anna schaute auf. „Der Ausflug.“
Sophie zog die Augenbrauen hoch.
„Mist, habe ich dir nichts davon erzählt? Tut mir leid. Wir haben
nur eine Woche Frühlingsferien und davon fallen zwei Tage für den
Naturwissenschaftsclub weg. Wir machen gemeinsam einen Ausflug
mit Übernachtung, schauen uns ein paar Museen an und besuchen
ein Labor an der University of Oregon in Eugene. Wenn du willst,
frage ich bei der Lehrerin nach, ob du uns begleiten kannst. Das
wird voll cool!“
„Das ist lieb, aber ich möchte nicht zwei volle Tage auf der Ranch
verpassen. Außerdem würde ich mich komisch dabei fühlen, wenn
ich als Nicht-Clubmitglied mit zu eurem Ausflug komme.“
„Stimmt auch wieder“, murmelte Anna. „Uns bleibt also gar nicht
so viel gemeinsame Zeit auf der Ranch. Tut mir wirklich leid.“
„Quatsch, das muss dir nicht leidtun. Der Naturwissenschaftsclub
macht dir doch total viel Spaß und ist wichtig für dich, wenn du
später ein Stipendium kriegen willst.“
Anna nickte. „Danke, dass du das so locker siehst.“
„Beim nächsten Mal erzählst du mir aber gleich davon.“
„Mache ich.“
Einen Moment saßen sie noch schweigend nebeneinander, bis
Sophie leise die Handflächen auf die Tischplatte schlug und
aufstand. „Egal. Du hast noch eine halbe Stunde, bis du auch zurück
nach Hause musst, oder?“
„Ja.“
„Dann schlage ich vor, dass wir hier nicht tatenlos rumsitzen,
sondern du mir noch einmal in allen Einzelheiten erzählst, wie genau
du mit Connor McGrath zusammengekommen bist. Ich bin schließlich
deine beste Freundin.“
„Aye, Captain Sophie!“ Anna stand ebenfalls auf – und nur eine
Minute später verließen die beiden Mädchen mit Chips und Eistee
bewaffnet die Küche, um in Annas Romanze abzutauchen.
Kapitel 4
Als das erlösende Klingeln der Schulglocke ertönte, brach ein
Freudentaumel in den Klassenräumen und auf den Fluren der Honey
Hill Senior High School aus.
Endlich hatten sie es geschafft und die Frühlingsferien konnten
beginnen.
Sophie stopfte den Collegeblock, ihr Mäppchen mit den Stiften
und ihre Trinkflasche in den Rucksack.
Anna war bereits aufgesprungen und auf dem Weg raus auf den
Flur, wo sie, wie jeden Tag, mit Connor verabredet war.
Mit etwas Abstand folgte Sophie ihrer besten Freundin. Sie
gönnte Anna ihr persönliches Liebesglück und war kein bisschen
eifersüchtig oder neidisch, aber an manchen Tagen nervte es sie,
wie sehr Anna und Connor aneinanderklebten. Es schien, als
könnten die beiden gar nicht mehr ohne einander sein.
„Ich werde dich so vermissen!“, hauchte Anna ihrem Freund zu.
Sophie rollte mit den Augen. Connor hatte freitags nur einen
Raum weiter Unterricht und sobald das verliebte Pärchen sich auf
dem Flur traf, konnte nichts und niemand sie mehr trennen.
„Ich dich auch“, säuselte Connor zurück, ehe er sich
runterbeugte, um Anna inmitten all der herumwuselnden Schüler zu
küssen.
„Nehmt euch ein Zimmer!“, rief ein Junge aus ihrem Kurs
lachend, woraufhin seine Freunde ebenfalls zu lachen begannen,
doch weder Anna noch Connor störten sich daran.
„Ich muss jetzt los“, meinte Connor traurig, nachdem er sich
widerwillig von Annas Lippen gelöst hatte. Er war für das
Wochenende mit seiner Familie verabredet, denn seine drei älteren
Brüder besuchten seine Eltern und seine Großmutter, sodass das
Haus aus allen Nähten platzen würde. „In einer Stunde ist Abfahrt.“
„Viel Spaß bei eurem Wochenendausflug“, sagte Anna, schlang
die Arme um seinen Nacken und stahl sich noch einen letzten Kuss.
Dann musste sie Connor gehen lassen.
Sophie stellte sich stirnrunzelnd neben sie. „Wohin fahren die
nochmal? Zum Angeln?“
„Ja, seine Eltern haben eine Hütte gemietet. Sie fahren alle
zusammen und verbringen das Wochenende draußen in der Natur.
Es ist so gemein, dass ich nicht mitkommen darf. Seine Brüder
haben alle ihre Freundinnen dabei.“
„Und wieso darfst du nicht mitkommen?“
„Connor möchte mich noch etwas vor der geballten Kraft seiner
irischen Großfamilie beschützen, sagt er.“ Anna seufzte, schlüpfte in
ihre Jacke und zog sich den Rucksack auf den Rücken. „Aber sie
kommen Sonntagmittag zurück und seine Großmutter hat mich zum
Abendessen eingeladen. Dort werde ich alle kennenlernen.“
„Mit seinen Eltern verstehst du dich aber schon gut, oder?“
„Ja, total. Sie finden mich super nett und meine Eltern mögen
Connor auch. Demnächst wollen wir uns alle zum Grillen treffen,
damit sich unsere Eltern auch kennenlernen können.“
Sophie sprach den Gedanken, der ihr durch den Kopf schoss,
nicht laut aus. Wenn es darum ging, gegen knutschende, verliebte
Pärchen zu wettern, war Anna immer ganz vorn mit dabei gewesen.
Nun hatte Anna selbst einen Freund und benahm sich genauso
schlimm. Außerdem dämmerte es Sophie, dass ihre beste Freundin
in Zukunft wohl weniger Zeit für sie und die Ranch hatte. Sie musste
Anna mit Connor teilen – und das war etwas, woran Sophie sich erst
gewöhnen musste. „Wollen wir uns dann am Wochenende treffen?
Du könntest Tornado reiten und wir machen mal wieder einen richtig
großen Ausritt.“
Anna setzte sich in Bewegung. „Klar, das würde ich liebend gern,
aber ich muss noch ein paar Sachen für den Ausflug mit dem
Naturwissenschaftsclub vorbereiten.“
„Oh.“ Die Enttäuschung stand Sophie ins Gesicht geschrieben.
„Aber ich komme nachher vorbei, um mit Alaska spazieren zu
gehen. Ich glaube, das gefällt ihm sehr gut. Morgen kann ich auch
kurz vorbeischauen, bevor meine Mutter mit Tobias und mir
einkaufen fahren will. Sie ist der Meinung, dass wir eine neue
Garderobe brauchen und da sage ich nicht nein.“
„Und Sonntag?“, fragte Sophie vorsichtig nach.
Anna überlegte eine Weile. Sobald sie die Tür nach draußen auf
den Schulhof aufstieß, schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß nicht
genau. Das Abendessen mit Connors Familie ist total wichtig für
mich. Vielleicht schaffe ich es mittags mal zur Ranch.“
„Okay. Also sehen wir uns erst nächste Woche.“
„Ja, leider. Aber wir schreiben auf jeden Fall und ich rufe dich
nach dem Abendessen an, versprochen!“ Mit diesen Worten rauschte
Anna zum Parkplatz davon und ließ Sophie allein zurück.
Verdutzt schaute Sophie ihr hinterher. „Anna?“, rief sie mit viel zu
leiser Stimme.
„Wow, was war das denn?“, fragte Brian, der alles aus dem
Hintergrund mit angesehen hatte. „Nimm sie dich sonst nicht mit
und fährt dich mit ihrem Auto nach Hause?“
„Ja, eigentlich schon“, gestand Sophie.
Theresa schloss mit einem Berg Büchern bewaffnet zu ihnen auf.
„Ärger im Paradies?“
Sophie schmollte. „Ich gönne es ihr wirklich sehr, dass sie mit
Connor glücklich ist, aber seit die beiden zusammen sind, hat sie nur
noch Augen für ihn und vergisst alles andere. Sie hat nicht einmal
eingeplant, dass wir in den Ferien zusammen Zeit auf der Ranch
verbringen. Stattdessen redet sie nur noch von Connor oder dem
Ausflug mit dem Naturwissenschaftsclub.“ Frustration machte sich in
ihr breit. „Das ist blöd.“
Theresa grinste über den Bücherstapel hinweg. „Mach dir keine
Sorgen. Du bist immer noch Annas beste Freundin und daran wird
sich nichts ändern. Dass man am Anfang einer Beziehung nur Augen
für seinen Partner hat und am liebsten jede einzelne Sekunde mit
ihm verbringen möchte, ist normal.“
„Stimmt genau“, sagte Brian und nahm derweil Theresa die
Bücher ab. „Sollen wir dich nach Hause fahren? Ich bin mit dem
Auto da.“
„Das wäre nett.“
„Dann spring rein.“
Sophie folgte den beiden zum Parkplatz. Sie hielt nach Anna
Ausschau, konnte den silbernen Pick-up allerdings nirgendwo mehr
entdecken. Anna war tatsächlich ohne sie gefahren.

***

„Wenn du dich so gekränkt fühlst, musst du das Anna sagen“, riet


Theresa ihr, während sie auf dem Beifahrersitz platznahm.
Sophie setzte sich hinten auf die Rückbank.
Brian startete das Auto, das klappernd und röchelnd zum Leben
erwachte. „Sorry, die alte Dame hat ihre besten Tage hinter sich. Ich
kann mir die Reparatur im Moment nur leider nicht leisten, aber
keine Sorge, sie bringt uns heil ans Ziel.“ Gut gelaunt fuhr er vom
Parkplatz auf die Straße.
Lächelnd drehte Theresa sich nach hinten zu Sophie um. „Bei
Brian und mir war es nicht anders. Nachdem wir
zusammengekommen sind, klebten wir förmlich ununterbrochen
aneinander. Das geht wirklich jedem so.“ Auf einmal setzte sie
diesen ganz besonderen Gesichtsausdruck auf, der zeigte, dass sie in
den Wissenschaftsmodus wechselte. „Daran sind die Hormone
schuld“, erklärte sie. „Sie steigen einem regelrecht zu Kopf. Nach
den ersten Monaten wird das besser und irgendwann geht diese
krasse Verliebtheit vorbei.“
„Ach echt?“, fragte Sophie überrascht. „Und dann?“
„Danach folgt die Liebe. Die ganze Beziehung verändert sich. Die
Hormone verändern sich. Viele Paare trennen sich dann auch, aber
ich glaube nicht, dass Anna und Connor davon betroffen sein
werden. Die Beziehung wird stabiler und alles beruhigt sich wieder.
Dieser Rausch der ersten Verliebtheit ist dann vorbei. Spätestens
dann wird Anna bestimmt wieder mehr Zeit für ihre Freunde und die
Ranch haben.“
„So sieht’s aus“, brummte Brian. „Hat sie nicht kürzlich erst
Alaska gekauft?“
„Ja, hat sie“, bestätigte Sophie.
„Siehst du? Dann ist Alaska ihr wichtig. Das Reiten, die Ranch,
das alles ist ihr immer noch wichtig. Sie kann nur im Moment gar
nicht anders, als sich wie ein Vollidiot zu benehmen.“ Theresa
Lächeln wurde süffisant. „Am besten lehnst du dich ganz entspannt
zurück und hältst ihr später bei Gelegenheit vor, dass sie wie ein
verliebter Trottel ausgesehen hat.“
Die Vorstellung ließ auch Sophie lächeln. „Ich muss zugeben, dass
das sehr verlockend klingt.“
„Und bis dahin sind wir für dich da“, versicherte Theresa ihr.
„Muss ich hier abbiegen?“
Sie drehte sich zu ihrem Freund um. „Meine Güte, Brian. Wie oft
bist du schon zur Ranch gefahren? Du müsstest den Weg doch
langsam auswendig kennen.“
Sophie grinste in sich hinein. Zwischen Theresa und Brian wirkte
immer alles so locker und entspannt. Die beiden waren einfach ein
angenehmes Pärchen und stellten ihre Beziehung niemals vor den
anderen zur Schau. Es wirkte ganz normal, die beiden zusammen zu
sehen.
Theresa drehte sich wieder zu Sophie um. „Jedenfalls kannst du
darauf vertrauen, dass Anna im Zweifelsfall immer für dich da sein
wird. Natürlich gibt es auch manchmal den Fall, dass jemand für
eine Beziehung seine Freundschaften opfert, aber so jemand ist
Anna auf gar keinen Fall.“
„Du kannst uns glauben, bei jedem hört diese Verliebtheit
irgendwann auf.“
Ein wenig erleichterte das Gespräch Sophie. „Na schön, dann
glaube ich euch. Es ist nur …“ Sie senkte den Blick. Gerade jetzt, wo
ihre eigenen Gefühle Kopf standen und sie nicht wusste, wie sie mit
den Schmetterlingen im Bauch umgehen sollte, hätte sie den Rat
und Trost ihrer besten Freundin dringend gebraucht.
„Weißt du was?“, unterbrach Brian sie. „Wieso unternehmen wir
nächste Woche nicht zusammen etwas?“
„Ja, das ist eine gute Idee“, fand auch Theresa. „Kino und
Eiscafé? Wie klingt das?“
Sophie schaute auf. „Das klingt gut.“ Es war schon eine gefühlte
Ewigkeit her, seit sie etwas mit Brian und Theresa unternommen
hatte. Meistens sahen sie sich nur in der Schule.
„Am Montag?“
Sie nickte auf Brians Frage hin. „Montag klingt gut.“
„Sehr schön, dann holen wir dich am Montag ab und fahren
zusammen in die Stadt. Das wird richtig gut. Welchen Film wollen
wir schauen?“
Sophie beteiligte sich nur halbherzig an der Diskussion über den
Film. Es war ihr egal, solange sie Zeit mit ihren Freunden verbringen
konnte. Viel wichtiger war es ihr nämlich, sich von Ethan
abzulenken. Es war schon schwer genug, ihm auf der Ranch aus
dem Weg zu gehen. Die Hauptsache war, dass sie ein paar Stunden
von ihm fortkam, um sich nicht länger mit ihren eigenen Gefühlen
herumschlagen zu müssen – und so zögerte sie nicht, zuzustimmen,
als Brian und Theresa sich auf den neusten Superheldenfilm geeinigt
hatten.

***

Erschöpft warf Sophie den Rucksack auf den Boden ihres Zimmers
und sich selbst auf ihr Bett. Seufzend vergrub sie das Gesicht im
Kopfkissen und schloss die Augen. Normalerweise müsste sie sich
angesichts der Frühlingsferien unendlich freuen, doch stattdessen
machten sich gemischte Gefühle in ihr breit.
Sophie wollte die Woche bestmöglich genießen, nachdem sie in
der Schule immer ihr Bestes gegeben hatte, aber die Arbeit auf der
Ranch ging immer unentwegt weiter. Die Pferde mussten versorgt
werden und Carolin zählte auf ihre Mitarbeit.
Nicht, dass Sophie es anders gewollt hätte. Sie liebte die Honey
Hill Ranch mehr als alles andere.
Wäre da nicht Ethan.
Das Kribbeln in ihrem Bauch wurde stärker.
Sie rollte sich hin und her, bis sie sich unter die Bettdecke gedreht
hatte. Anschließend zog sie sich die Decke bis zum Kinn hoch und
kuschelte sich darin ein.
Das Vibrieren ihres Handys riss sie aus ihren Gedanken.
Es war Anna. Es tut mir so leid, ich habe dich total vergessen! Ich
weiß auch nicht, wie mir das passieren konnte! Schande über mein
Haupt!
Zähneknirschend tippte Sophie eine Antwort. Schon okay.
Nein ist es nicht!
Sophie schürzte die Lippen, drehte sich auf die Seite und tippte
weiter. Connor ist dir wohl etwas zu Kopf gestiegen. Dem fügte sie
noch einen Smiley hinzu, der die Zunge rausstreckte. Aber keine
Sorge, ich freue mich für dich.
Kommt nicht nochmal vor, versprochen! So viele Ausrufezeichen
hatte Anna schon seit längerer Zeit nicht mehr benutzt. Bist du
wirklich nicht sauer?
Kurz überlegte Sophie, zu bejahen. Alles gut. Dafür gibst du mir
beim nächsten Mal einen aus.
Das ist eine faire Strafe. Anna tippte noch weiter. Tut mir echt
furchtbar leid, dass ich nicht so viel Zeit für die Ranch habe. Ich
habe mir die Ferien auch anders vorgestellt. Wir wollten so viel
zusammen machen.
Kann man nichts machen. Sophie kniff die Augen zusammen. Sie
klang doch betroffener, als sie es gewollt hatte. Aber wenn du von
deinem Ausflug zurückkommst, unternehmen wir doch was
zusammen, oder?
Klaro! Wir reiten mit Tornado und Silberstern zusammen aus und
gehen ganz viel mit Alaska spazieren.
Bist du dir denn sicher, dass du dich so viel von Connor trennen
kannst?
Anna schickte ebenfalls einen Smiley, der die Zunge
herausstreckte. Bin ich wirklich so schlimm?
Sophie begann zu schmunzeln. Ein bisschen?
Sorry! Ich bin eine schlechte beste Freundin! Ich versuche mich
zu bessern. Entschuldige bitte. Ich will nicht so sein.
Ich weiß. Theresa und Brian haben mir alles erklärt. Ich freue
mich wirklich für Connor und dich.
Ganz sicher? Du bist nicht sauer oder so?
Nein, wieso sollte ich? Connor würde es niemals wagen, dich
schlecht zu behandeln.
Stimmt. Wenn er sich mir gegenüber blöd verhält, würden ihm
seine großen Brüder bestimmt die Beine brechen. Es folgte ein
lachender Smiley. Irischer Ehrenkodex oder sowas. Also sehen wir
uns dann später kurz im Stall?
Klar, ich werde da sein. Solange sie Gesellschaft im Stall hatte,
konnte sie nicht mit Ethan allein sein, was gut war. Sophie entwich
ein Quietschen. Sie legte das Handy auf ihren Nachttisch und zog
sich anschließend die Bettdecke über den Kopf. Konnten diese
blöden Schmetterlinge im Bauch noch schlimmer werden?
Kapitel 5
Das Wochenende verging und der Montag kam.
Sophie freute sich bereits den ganzen Tag auf das Treffen mit
Brian und Theresa, als sie sich am frühen Nachmittag in ihrem
Badezimmer schminkte. Sie legte unauffälliges Makeup auf: ein
wenig Wimperntusche, etwas Puder und ein Hauch Rouge. Dazu
deckte sie den einzelnen Pickel, der sich seit gestern an ihrem Kinn
entwickelte, mit Concealer ab.
Carolin brütete derweil in ihrem Arbeitszimmer über dem
monatlichen Papierkram der Ranch, stellte Schecks für Ethan, Emily,
Connor und Kimberley aus und wälzte die Unterlagen für die
Bauarbeiten, die außerhalb des Waldes auf dem Gelände der Honey
Hill Ranch voranschritten.
Zufrieden betrachtete Sophie sich im Spiegel. Die Haare trug sie
in einem einfachen Pferdeschwanz und auch ihr Outfit – Jeans und
ein dünner, blauer Pullover mit Zopfmuster – war ganz leger. Gut
gelaunt schnappte sie sich ihr Handy. Leider hatte Brians Auto am
Wochenende tatsächlich den Geist aufgegeben und stand nun in der
Werkstatt, sodass sie mit dem Fahrrad zu dem Treffen fahren
musste. In zehn Minuten musste sie los. Sophie ging raus in den Flur
und weiter bis zum Arbeitszimmer ihrer Tante. Vorsichtig klopfte sie
an die Tür.
„Ja?“
Sophie öffnete die Tür. „Ich bin gleich weg.“
Carolin schaute vom Computerbildschirm und ihren Unterlagen
auf, blinzelte und rieb sich über die Augen. „Ach, ist es schon so
spät?“
„Hast du überhaupt etwas zu Mittag gegessen?“, fragte Sophie
besorgt.
Schuldbewusst speicherte Carolin das geöffnete Dokument ab
und stand auf. „Nein, dazu bin ich nicht gekommen. Es gibt einfach
so viel zu erledigen. Einer möchte dies, ein anderer möchte das. Ich
muss noch die letzten Anträge für die Baugenehmigungen ausfüllen.
Mrs. Callahan von der Bank sitzt mir seit Tagen im Nacken, weil
irgendwelche Nachweise fehlen, wobei ich mir aber sicher bin, dass
ich sie fristgerecht eingereicht habe. Dabei entschuldigt sie sich
tausend Mal dafür, dass sie mich immer wieder anruft und daran
erinnern muss. Du weißt ja, wie sie ist. Sie liebt die Ranch und bangt
darum, dass Aubrey und Edward womöglich mit dem Reitunterricht
aufhören wollen. Mrs. Auburn von der Stadtverwaltung hat mir heute
auch schon zwei Mal eine Mail geschrieben. Ich sage dir, ich bin
urlaubsreif, wenn diese ganzen Bauarbeiten endlich beendet sind.“
Sie streckte sich, bis ihre Gelenke knackten und sie wie eine alte
Frau ächzte. „Himmel, bin ich eingerostet – und auf Toilette muss ich
auch ganz dringend.“
„Du solltest dir mehr Pausen gönnen, wenn du am Computer
arbeitest“, ermahnte Sophie ihre Tante. Normalerweise war Carolin
es, die ständig ihre Besorgnis um Sophie äußerte, doch manchmal
waren ihre Rollen auch vertauscht.
„Ja, ich weiß.“ Carolin rauschte an ihr vorbei zum Badezimmer.
„Viel Spaß im Kino!“
„Bis später!“, rief Sophie ihrer Tante hinterher.
Die Badezimmertür fiel etwas zu laut zu.
Seufzend drehte Sophie sich weg und ging die Treppe runter ins
Erdgeschoss.

***

Der Superheldenfilm, den Brian und Theresa sich ausgesucht hatten,


wurde durch ein riesiges Plakat an der Fassade des Gebäudes
beworben. Das Kino selbst war eher klein und unscheinbar, verfügte
über insgesamt drei Kinosäle und einen Snack-Bereich, in dem
Popcorn aus einer alten, roten Maschine verkauft wurde.
Sophie hatte so viel Spaß wie schon lange nicht mehr.
Mit Popcorn, Nachos und Getränken bewaffnet hatten sie den
Kinosaal an diesem Nachmittag ganz für sich allein. Aus diesem
Grund ließen es sich Brian und Theresa nicht nehmen, jede lustige
Szene entsprechend zu kommentieren. Dabei brachten sie Sophie,
die nicht jeden Film der Reihe gesehen hatte, spielend leicht auf den
aktuellsten Stand. Während des Abspanns quatschten sie zwanglos
über dies und das und teilten das restliche Popcorn untereinander
auf. Es endete jedes Mal gleich. Vor dem Film stopfte Sophie sich
eine Hand nach der anderen mit Popcorn in den Mund, aber
während des Films ließ sie die Finger davon.

***

Nach dem Besuch im Kino ging es weiter ins Eiscafé.


„Der Film war so gut!“, schwärmte Brian. „Zuerst war ich sauer,
weil ich den Film nicht sofort nach Veröffentlichung sehen konnte,
aber eigentlich ist es doch ganz gut so gewesen. Jetzt läuft er schon
einen Monat im Kino.“
„Stimmt. Es ist das erste Mal, dass ich in einem so leeren Saal
gesessen habe“, meinte Sophie.
„Echt?“, fragte Theresa überrascht. „Ach, wobei, hier kommt das
gar nicht so selten vor. Bei euch in Kalifornien sind die Kinos
bestimmt größer, oder?“
„Nicht unbedingt überall in Kalifornien“, verbesserte Sophie sie.
„Aber in der Stadt natürlich schon. Dafür haben wir aber auch viel
mehr Auswahl bei den Snacks und Getränken.“
„Ja, sie könnten ruhig mehr als nur süßes und salziges Popcorn
anbieten“, stimmte Theresa ihr zu. „Ich habe mal gelesen, dass es
woanders auch richtig abgefahrene Sorten gibt. Popcorn mit
Schokolade oder Käse oder Chili zum Beispiel.“
„Das klingt echt cool“, fand auch Brian. „Hast du sowas schonmal
probiert?“
Sophie grinste. Es kam nicht oft vor, aber in manchen Momenten
wurde ihr bewusst, wie dörflich die Kleinstadt Honey Hill in Wahrheit
war. „Klar habe ich das. Popcorn mit Käse ist gar nicht mal so übel.
Ich weiß, es klingt zuerst eklig, aber ihr müsst das probieren.“
„Bei dem Gedanken schüttelt es mich.“ Brian verzog das Gesicht.
Sophie schüttelte den Kopf. „Nein, ehrlich. Beim nächsten Mal
nimmst du einfach süßes Popcorn und tunkst es in die Käsesoße von
deinen Nachos, okay?“
„Ernsthaft?“
„Ja doch.“
Er runzelte die Stirn. „Gut, ich werde es beim nächsten Mal
probieren, aber jetzt gibt es ein Eis. Mann, habe ich einen Hunger.“
Theresa und Sophie tauschten einen Blick miteinander aus. Brian
war ein Sportler und konnte essen, so viel und was er wollte, ohne
davon zuzunehmen. Dennoch achtete er auf seine Figur und legte
stets vorbildlich eine extra Trainingseinheit ein, wenn er es mal
wieder übertrieben hatte.
„Er ist so ein Angeber“, raunte Theresa Sophie zu. Etwas lauter
fügte sie hinzu: „Du hast dir doch gerade erst im Kino den Bauch
vollgeschlagen. Wie kannst du schon wieder hungrig sein?“
Er zwinkerte ihr zu und legte den Arm um Theresas Schultern, um
sie näher an sich zu ziehen. „Ich liebe dich, mein Schatz.“
„Ich liebe dich auch, du Spinner“, sagte sie lachend. „Und weil du
mich so sehr liebst, hast du bestimmt nichts dagegen, mich im
Eiscafé einzuladen, nicht wahr?“

***

„Danke für den tollen Nachmittag, ihr seid die Besten.“ Sophie
umarmte sowohl Brian als auch Theresa zum Abschied. „Das müssen
wir unbedingt bald wiederholen.“ Sie hatte sich wirklich köstlich
amüsiert und musste kein einziges Mal an Anna, Ethan oder die
Ranch denken. Obwohl Brian und Theresa ein Paar waren, gaben sie
Sophie nie das Gefühl, eine Art fünftes Rad am Wagen zu sein.
„Ja, finde ich auch.“ Theresa erwiderte die Umarmung, ehe sie
den Arm locker um Brians Taille legte. „Spätestens in den
Sommerferien planen wir wieder so einen Nachmittag.“
„Abgemacht.“
Theresa schaute die Straße runter. „Wir müssen dort entlang. Wo
hast du dein Fahrrad geparkt?“
„Am Fahrradständer neben dem Kino.“ Glücklicherweise war das
gleich um die Ecke, nur in der anderen Richtung.
„Dann mach’s gut.“
„Ja, bis dann. Wir sehen uns.“ Sie winkte den beiden noch kurz
zu, bevor sie sich umdrehte und zurück in Richtung Kino spazierte.
Es war früher Abend und sie hatte auf eine Jacke verzichtet, was
sich nun rächte. Obwohl es tagsüber nach wie vor zu warm für den
März war, kühlte es abends, sobald sich die Sonne dem Horizont
entgegen neigte, sehr schnell ab. Wenn sie nicht frieren wollte,
musste sie gut in die Pedale treten und schnell zurück nach Hause
fahren.
Es waren nur ein paar Dutzend Meter die Straße entlang, bis
Sophie das Kino sehen konnte. Der Parkplatz mit dem
Fahrradständer lag auf der Rückseite des Gebäudes. Sie schaute
nach links und rechts, ob ein Auto kam, und überquerte dann die
Straße.
Gelächter und männliche Stimmen schallten zwischen den
Hauswänden zu ihr.
Instinktiv vergrub Sophie die Hände in den Hosentaschen. Ihre
Handtasche, sie sie mit einem Schultergurt trug, klatschte bei jedem
Schritt gegen ihre Hüfte. Die Abendvorstellung begann in einer
halben Stunde. Vermutlich trudelten bereits die ersten Zuschauer
ein.
Eine Gruppe junger Männer stand zwischen den Autos und setzte
sich gerade in Bewegung, als Sophie um die Hausecke bog. Die
Männer schenkten ihr keinerlei Beachtung, sondern lachten laut über
irgendeinen Witz, den einer von ihnen gerissen hatte.
Sophie ging an ihnen vorbei – und Gänsehaut kroch ihr die Arme
empor.
„Geht schonmal vor.“ Diese Stimme. Einer der Männer löste sich
von der Gruppe.
Sophie drehte sich um.
Anthony.
Es war wie ein Schlag in die Magengrube – ganz anders, als sie
sich das Wiedersehen vorgestellt hatte. Mit großen, blauen Augen
stand sie wie erstarrt. Ihre Knie wurden so weich, dass sie sich
keinen Millimeter von der Stelle bewegen konnte.
„Hallo, Sophie.“ Sein strahlendes Lächeln machte noch immer
jeder Zahnpastawerbung Konkurrenz, doch seine Ausstrahlung, sein
Kleidungsstil, seine Frisur, all das hatte sich verändert. Seine Haare
waren gestylt – etwas, das er früher nie gemacht hatte – und statt
lässigem Shirt trug er trotz der kühlen Abendtemperaturen ein
Polohemd, um seine definierten Oberarmmuskeln zu betonen. Im
Gegensatz zu früher sah er nicht einfach nur sportlich und athletisch
aus, sondern richtig muskulös.
„Du machst Krafttraining, oder?“ Die Worte purzelten viel zu
schnell aus Sophies Mund.
Anthony lachte und es klang, als würde er sie auslachen oder sich
über ihren Kommentar amüsieren.
Das gefiel Sophie überhaupt nicht. Sie zog die Hände aus den
Hosentaschen, um die Arme vor ihrem Körper zu verschränken.
Sobald sein Lachen verstummte, lächelte er sie wieder an. „Ja, ich
trainiere drei- oder viermal in der Woche. Man sieht schon richtig
gute Fortschritte.“ Er ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und
spannte den linken Oberarm an, um seine Muskeln zu präsentieren.
Danach lehnte er sich ganz entspannt an die Hauswand. „Es ist echt
schön, dich hier zu treffen. Wir haben uns wirklich lange nicht mehr
gesehen.“
Sophie musste schlucken. Anthony sah immer noch gut aus, wie
ein richtiger Mädchenschwarm, aber er war so … erwachsen. Nein,
er war kein Mädchenschwarm, er war ein Frauenschwarm. Die Zeit in
Harvard hatte ihn nicht nur äußerlich verändert, das verriet Sophies
Gespür ihr – und so sehr sie sich dafür hasste, konnte sie nicht
anders, als wieder für ihn zu schwärmen. Der Kuss mit ihm drängte
sich mit aller Gewalt zurück in ihre Erinnerung. Ihr ganzer Körper
begann zu kribbeln. „Was machst du hier?“ piepste sie.
Er lächelte noch immer, war sich seiner Wirkung auf sie
vollkommen bewusst. „Spring Break. Die Frühlingsferien. Was denn
sonst? Ich treffe mich mit ein paar Freunden von früher. Wir gehen
gleich ins Kino, aber ein paar von uns wollen vorher noch schnell ein
Eis essen. Es ist echt warm geworden.“
Natürlich war Anthony wegen der Ferien zurück in Honey Hill,
darauf hätte Sophie auch selbst kommen können. Sie biss sich auf
die Zunge. Wieso hatte Anna nicht erwähnt, dass ihr Bruder wieder
in der Stadt war? Sie hatte es bestimmt vergessen, weil sie tagein,
tagaus nur noch an Connor dachte.
Sophie war unendlich wütend auf sich selbst, weil Anthonys
Präsenz sie vollkommen machtlos werden ließ. Er musste nichts
weiter tun, als einfach nur da zu sein, um sie vollkommen aus dem
Konzept zu bringen. Außerdem plauderte er mit ihr wie mit einer
alten Freundin, was sie zunehmend verunsicherte. „Und wie ist es so
in Harvard?“, fragte sie schließlich. Ihr Hals fühlte sich ganz trocken
an.
Er verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere. „Es ist so
viel besser, als ich es mir vorgestellt habe. Im Wohnheim lebe ich mit
einem total abgefahrenen Typen zusammen. Seine Eltern sind
stinkreich. Ihnen gehören mehrere Fitnessstudios an der Ostküste.
Sogar Promis trainieren dort.“ Er grinste. „Dank ihm bezahle ich
keinen Cent für die Mitgliedschaft, ist das nicht cool?“
„Also bist du nur mit ihm befreundet, weil er reiche Eltern hat?“,
hakte Sophie verwirrt nach.
„Was?“ Anthony sah ebenso verwirrt aus. „Nein, wir verstehen
uns richtig gut. Man findet auf dem Campus und beim Sport wirklich
schnell neue Freunde. Du würdest es lieben.“
„Ach, würde ich das?“ Sie zog die Augenbrauen zusammen.
„Klar doch. Vor allem die Partys sind die beste Gelegenheit, um
Anschluss zu finden. Mann, diese Verbindungspartys sind der
Wahnsinn! Wenn alles läuft wie geplant, treten mein Mitbewohner
und ich im Sommer auch einer Studentenverbindung bei. Wenn man
es später zu etwas bringen will, ist das quasi ein Muss. Dort knüpft
man die besten Kontakte, von denen man ein Leben lang profitieren
kann. Kleiner Tipp am Rande.“
„Das klingt, als würdest du Honey Hill gar nicht vermissen“,
schlussfolgerte Sophie.
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in design they have nothing.[302] Therefore although all processes and
styles are good, that is best by which every lost thing is recovered and
every difficult thing becomes easy: as we shall see in reading the
Lives of the artists, who, aided by nature and by study have done
superhuman things solely by means of design. And thus, making an
end of the Introduction to the three Arts, treated perhaps at too great
length, which in the beginning I did not intend, I pass on to write the
Lives.
NOTES ON ‘INTRODUCTION’ TO PAINTING

FRESCO PAINTING.

[§ 81, The Fresco Process, ante, p. 221.]


The fresco process is generally regarded as one of several methods
for the production of pictures. It is better to consider it in the first
place as a colour finish to plaster work. What it produces is a
coloured surface of a certain quality of texture and a high degree of
permanence, and it is a secondary matter that this coloured surface
may be so diversified as to become a picture.
The history of the process is involved in obscurity, and it is not
known who first observed the fact that colours mixed only with water
when laid on a wet surface of lime plaster dried with the plaster and
remained permanently attached to it. The technique was however
known to the Romans, and we obtain the best idea of its essential
character from the notice of it by Vitruvius in the third chapter of his
seventh book. It is there treated in intimate connection with plaster
work, as only the last stage in the technical treatment of a wall. The
wall is constructed of stone or brick; it is then plastered; and the
plaster is, or can be, finally finished with a wash of colour. Of the
character of this antique plaster work something has already been
said in a note to § 72, in connection with Sculpture (ante, p. 171). It
could be finished either in a plain face of exquisite surface that might
even be polished, or with stamped ornaments in relief or figures
modelled by hand; but it could also be completed with colour in the
form either of a plain tint or a picture, and this colour would be
applied by the fresco process.
Painting ‘a fresco’ means painting on the freshly laid and still wet
final coat of plaster. The pigments are mixed with nothing but pure
water, and the palette of the artist is limited by the fact that
practically speaking only the earth colours, such as the ochres, can be
used with safety; even the white has to be made from lime—the
Italians called it ‘bianco San Giovanni’—as lead white, called ‘biacca,’
is inadmissible. Vegetable and metallic pigments are as a rule
excluded from use. The reason why pigments mixed with water only,
without any gum or similar binding material, adhere when dry to the
plaster is a chemical one. The explanation of it was given by Otto
Dönner in an Appendix to Helbig’s Campanische Wandgemälde,
Leipzig, 1868, and is to be found also in Professor Church’s
Chemistry of Paints and Painting. When limestone is burnt into
lime all the carbonic acid is driven out of it. The result of the slaking
of the lime by water, which is preliminary to its use in plastering, is
that the material becomes saturated with an aqueous solution of
hydrate of lime. This hydrate of lime rises to the surface of the
plaster, and when the pigment is laid on, to use Professor Church’s
phrasing, it ‘diffuses into the paint, soaks it through and through,
and gradually takes up carbonic acid from the air, thus producing
carbonate of lime, which acts as the binding material.’ To put the
matter in simpler language, lime when burnt loses its carbonic acid,
but gradually recovers it from the air, and incidentally this carbonic
acid, as it is re-absorbed, serves to fix the colours used in the fresco
process. It is a mistake to speak of the pigment ‘sinking into the wet
plaster.’ It remains on the surface, but it is fixed there in a sort of
crystalline skin of carbonate of lime which has formed on the surface
of the plaster. This crystalline skin gives a certain metallic lustre to
the surface of a fresco painting, and is sufficient to protect the
colours from the action of external moisture, though on the other
hand there are many causes chemical and physical that may
contribute to their decay. If however proper care have been taken
throughout, and atmospheric conditions remain favourable, the
fresco painting is quite permanent.
The process of painting, it will be easily seen, must be a rapid one,
for it must be completed before the plaster has time to dry, which it
would do if left for a night. Hence only a certain portion of the work
in hand is undertaken on each day and only so much of the final coat
of plaster, called by the Italians ‘intonaco,’ is laid by the plasterer as
will correspond to the amount the artist expects to cover before
nightfall. At the end of the day’s work, the plaster not painted on is
cut away round the outline of the work actually finished, and the next
morning a fresh patch is laid on and joined up as neatly as possible
to that of yesterday. In the making of these joints the ancient
plasterer seems to have been more expert than the Italians of the
Renaissance, and the seams are often pretty apparent in frescoes of
the fifteenth and sixteenth centuries, so that they can be discerned in
a good photograph. When they can be followed, they furnish
information, which it is often interesting to possess, as to the amount
that has been executed in a single day.
To prevent loss of time it is necessary to have a full-sized cartoon
in readiness so that the drawing can be at once transferred to the
coat of wet plaster as soon as it has been laid. Vasari speaks of these
cartoons in § 77, in the second chapter on Painting, ante, p. 213. The
use of the iron stylus for impressing the lines of the drawing on the
wet plaster is to be traced in some of the later Italian frescoes.
Another process for carrying out the transfer was called ‘pouncing.’
For this the lines of the cartoon were pricked and dabbed with a
muslin bag filled with powdered black, so as to show in dotted
contours upon the wall.
Vasari is eloquent, both here and in a passage in his ‘Proemio’ to
his whole work, on the judgement, skill, and decision necessary to
paint successfully in fresco under these conditions and within these
limits of time. The ideal of the process was to complete each portion
absolutely at the one sitting. When the wall is once dry, any
retouching, reinforcement of shadows, and the like, must be done ‘a
secco,’ ‘on the dry,’ that is with pigments mixed with size, egg, or
some other tempera, which will bind them to the surface. These
after-touches lack the quality of texture and permanence of the true
fresco (buon fresco). If size or gum have been used, they can be
washed off the wall, and having been laid on a dry surface by a kind
of hatching process they are harsh and ‘liney.’ It is often possible in
good large-scale photographs to distinguish between the broad soft
touches of the frescoist laid on while the ground was wet, and the
hard dry hatchings of the subsequent retouching.
The illustration, Plate XV, has been chosen as a good example of
the fresco technique. It shows the head of Mary from Luini’s fresco of
the ‘Marriage of the Virgin’ at Saronno. The painting is executed in a
broad and facile manner, the tints and tones which give the colour
and the modelling being deftly fused while the whole is wet, and the
darker details, such as the locks of the hair, are struck over the moist
ground so that the touches seem soft and have no appearance of
hatching. The light-coloured leaves of the garland round the head
show the same softness, and they are laid in with a full brush in thick
pigment. On the other hand there are marks of retouching where the
shadows round the eyes, the corner of the mouth, etc., have been
reinforced ‘a secco,’ perhaps by a restorer. These show as thin, hard,
wiry lines, and have quite a different appearance from the work on
the wet plaster.
It was only in the palmy days of Italian painting, from the latter
part of the fifteenth century onwards, that artists were able to
dispense almost entirely with retouching. In the earlier period of
Giotto and his successors much more was left to be done ‘a secco,’
but the Giottesques fully understood the importance of doing all they
could on the wet plaster, and Cennini in the 67th chapter of his
Trattato insists that ‘to paint on the fresh, that is a fixed portion on
each day, is the best and most permanent way of laying on the
colour, and the pleasantest method of painting.’ The truth is that the
technique of ‘buon fresco,’ while apparently understood by the
Romans, was lost in the west during the early middle ages, though it
may have been maintained in the Byzantine cloisters. In the course
of the progressive improvements in the art of painting in the
fourteenth and fifteenth centuries the old technique was gradually
recovered. Recently Ernst Berger, in his Beiträge zur Entwicklungs-
Geschichte der Maltechnik, I and II, München, 2nd ed., 1904, has
denied that the Romans used the fresco technique, and has evolved
an ingenious theory of a derivation of fresco painting from the mural
work in mosaic which flourished in the Early Christian centuries. See
note, ante, p. 255. Into the question thus raised it is not necessary to
enter, because no reader of Vitruvius or Pliny can have the shadow of
a doubt that they knew and were referring to the fresco process. The
words of Vitruvius (VII, iii) ‘Colores autem, udo tectorio cum
diligenter sunt inducti, ideo non remittunt sed sunt perpetuo
permanentes, quod calx,’ etc., and those of Pliny (XXXV, 49) ‘udo
inlini recusant’ employed of certain colours which are known not to
be admissible in fresco are quite conclusive on this point, and it does
not advance science to build up elaborate theories on a denial of
obvious facts.
Plate XV

HEAD OF MARY, FROM LUINI’S FRESCO OF


THE ‘MARRIAGE OF THE VIRGIN’ AT
SARONNO

(From a photograph by Giacomo Brogi)

TEMPERA PAINTING.

[§ 82, Painting in Tempera, ante, p. 223.]


In his appreciation of technical processes Vasari, it will be seen,
reserves his enthusiasm for fresco painting, but gives oil the
advantage over tempera (ante, p. 230) in that it (1) ‘kindles the
colours,’ i.e., gives them greater brilliancy; (2) enables the artist to
blend his pigments on the panel or canvas so as to secure a melting,
or as the Italians say a ‘sfumato’ or ‘misty’ effect; (3) admits of a force
and liveliness in execution which makes the figures seem in relief
upon the surface, and finally (4), as he says at the beginning of
chapter VII, is a great convenience, ‘una gran comodità all’arte della
pittura.’ The only corresponding advantages on the side of tempera,
as detailed in § 82, ante, p. 223 f., are the facts that all pigments can
be used in it, and that the same media serve for work on grounded or
ungrounded panels or on the dry plaster of walls; and that paintings
in tempera are very lasting. When Vasari came to write of his own
works at the end of the Lives in the second edition, his conscience
seems a little to have smitten him, and he gives the process a word of
special commendation. He speaks of using it for some mural
paintings in his private house which he had just built at Arezzo, and
says, ‘I have always reverenced the memory and the works of the
ancients, and seeing that this method of colouring “a tempera” has
fallen out of use, I conceived the desire of rescuing it from oblivion.
Hence I did all this work in tempera, a process that certainly does
not merit to be despised or neglected’ (Opere, VII, 686).
If antiquity and wide diffusion be criteria of rank among painting
processes, then tempera may claim the first place of all. The
Spaniard Pacheco, the father-in-law and teacher of Velasquez,
remarks on the veneration due to it because it had its birthday with
art itself. As a fact all the wall paintings in ancient Egypt and
Babylonia and Mycenaean Greece, all the mummy-cases and papyrus
rolls in the first-named country, are executed in tempera, and the
same is probably true of all the wall paintings in Italian tombs, as
well as of the lost mural work of Polygnotus and his school, and the
panel paintings of all the Greek artists save those who, in the later
period after Alexander, adopted encaustic. Though fresco was known
as a mural process to the Romans it was not used in the Early
Christian catacomb paintings, nor in the mediaeval wall paintings
north of the Alps, for all these were in tempera. For panel painting,
both in the East and the West, save for a doubtful and in any case
limited use of oil, tempera was in constant employment till in the
fifteenth century it began to be superseded by the new oil media
popularized by the van Eycks. Even then tempera maintained its
ground, and it is not always realized that artists like Mantegna,
Botticelli and Dürer were as a rule in their panel work tempera
painters. In the case of mural work at any period fresco can really
never have wholly superseded tempera, for fresco can only be worked
on fresh plaster, while the artist must often have to decorate walls
already plastered and long ago dry. In this case there would be a
choice between replastering for fresco and the more economical
alternative of employing some form of tempera.
It is however with tempera painting on panels rather than with
mural work that we are here concerned. Vasari’s summary treatment
of the process in § 82 ante, p. 223, contrasts with Cennini’s far more
elaborate directions, and is a measure of the destructive effect of the
inroad of oil painting on the more venerable system. At the outset of
his Trattato Cennini gives a list of the processes the panel painter
has to go through. The preliminary ones, before painting actually
begins, will take him six years to learn and Cennini needs about a
hundred chapters to describe them. The artificer must know how to
grind colours, to use glue, to fasten the linen on the panel, to prime
with gesso, to scrape and smooth the gesso, to make reliefs in gesso,
to put on bole, to gild, to burnish, to mix temperas, to lay on
grounding colours, to transfer by pouncing through pricked lines, to
sharpen lines with the stylus, to indent with little patterns, to carve,
to colour, to ornament the panel, and finally to varnish it! All this
suggests, what was actually the case, that the process of tempera
painting was a very precise and methodical one, proceeding by
regular stages according to traditional methods and recipes. The
result was from the point of view of modern painting something very
limited, but within its range, and in the hands of artists of the
fifteenth century, it was a very finished and exquisite artistic product,
one indeed to which we return with ever-renewed delight after our
yearly visits to the Salon or to Burlington House. A certain natural
reaction, that some artists of to-day have felt against the slashing
impressionistic style, has led to a revival of the old precise technique,
which is now cultivated in London in a Society of Painters in
Tempera. It should be remembered that it is perfectly possible to
paint ‘a tempera’ in a free and loose fashion with a full impasto and
individualistic handling. If dry powdered colours be mixed with the
yolk or whole inside of an egg without dilution, the resulting pigment
is as full of body as oil paint and can be manipulated in the same
fashion. What is generally understood however by the tempera style
is the painting of the fifteenth century on panel, in which, as Cennini
indicates, the egg would be diluted with about its own bulk of water.
This rendered the pigment comparatively thin and as a result
transparent, and allowed coat to be laid over coat, so that Cennini
contemplates seven or eight or even ten coats of colour tempered
with egg yolk diluted with water. These are laid over an
underpainting in a monochrome of terra verte, and are so
transparent that even at the end the ground will remain slightly
visible (c. 147) and so help the modelling. It is however a difficulty in
tempera that it dries very quickly, too quickly to admit of that fusing
of the tints while the impasto is wet, which Vasari mentions as an
advantage in the oil process, § 83, ante, p. 230. Hence the usual ways
to model in tempera are (1) to superimpose coats varying in tone,
and (2), to use hatching, a process very observable in early Italian
temperas, such as some ascribed to Botticelli in the National Gallery.
Another drawback, not so marked however in egg tempera as in the
size tempera with a basis of whitening used by scenic artists, is that
the colours dry lighter than they appear when wet. Those who in the
present day are enamoured of the tempera process say that these
inconveniences do not trouble them, while they delight in the purity
of the tints, the precision of the forms, which it enables them to
preserve, and in a certainty and reposefulness which seem to belong
to it. One of these writes as the result of her experience ‘In tempera
you work with solid paints, and blending must be extremely rapid, or
a substitute for this must be found in thin washes or in hatching.
Crisp work is again a great beauty, but from the rapid drying of the
paint in the brush, and its un-tenacious quality, it is a difficulty.
Vasari is right in saying oil is a great convenience, but its
introduction does not seem to have been in all respects a gain.’

OIL PAINTING.

[§ 83, Oil Painting, its Discovery and Early History, ante, p. 226.]
The bare fact of the invention of oil painting by John of Bruges,
recorded by Vasari in 1550 in chapter VII of his ‘Introduction’ to
Painting, is in the Life of Antonello da Messina, in the same edition,
retold in the personal anecdotic vein that accords with Vasari’s
literary methods. Here the ‘invention’ followed on the splitting of a
particular tempera panel, varnished in oil, that according to
traditional practice van Eyck had put out in the sun to dry. The said
artist then turned his attention to devising some means for avoiding
such mischances for the future, and, in Vasari’s words, ‘being not less
dissatisfied with the varnish than with the process of tempera
painting, he began to devise means for preparing a kind of varnish
which should dry in the shade, so as to avoid having to place the
pictures in the sun. Having made experiments with many things both
pure and in compounds, he at last found that linseed and nut oil,
among the many which he had tested, were more drying than all the
rest. These therefore, boiled with other mixtures of his, made him
the varnish which he had long desired.’ This varnish, Vasari goes on
to say, he mixed with the colours and found that it ‘lit up the colours
so powerfully that it gave a gloss of itself,’ without any after-coat of
varnish.
If we ask What is the truth about this ‘invention’ of van Eyck, or of
the brothers van Eyck (see ante, p. 226, note 1), the first answer of
any one knowing alike the earlier history of the oil medium and
Vasari’s anecdotal predilections would be ‘there was no invention at
all.’ The drying properties of linseed and nut oil, and the way to
increase these, had been known for hundreds of years, as had also
the preparation of an oil varnish with sandarac resin. There is
question too of a colourless spirit varnish, and of the process of
mixing varnish with oil for a painting medium, in documents prior to
the fifteenth century. The technique of oil painting is described by
Theophilus, about 1100 A.D.; in the Hermeneia or Mount Athos
Handbook; and in the Trattato of Cennini, while numerous accounts
and records of the thirteenth and fourteenth centuries establish
incontestably, at any rate for the lands north of the Alps, the
employment of oils and varnishes for artistic wall and panel painting.
The epitaphs for the tombs of the two van Eycks make no mention of
such a feat as Vasari ascribes to them, and it is quite open to any one
to argue, as is the case with M. Dalbon in his recent Origines de la
Peinture à l’Huile, Paris, 1904, that it was no special improvement in
technique that brought the van Eycks their fame in connection with
oil painting, but rather an artistic improvement that consisted in
using a traditional process to execute pictures which in design,
finish, beauty, and glow of colour, far surpassed anything previously
produced in the northern schools. There is a good deal of force in this
view, but at the same time it is impossible to deny to the van Eycks
the credit of technical improvements. They had a reputation for this
long before the time of Vasari. In 1456, fifteen years after the death
of the younger brother Jan, Bartolomeo Facio of Spezia wrote a tract
De Viris Illustribus in which he spoke of John van Eyck as specially
‘learned in those arts which contributed to the making of a picture,
and on that account credited with the discovery of many things in the
properties of colours, which he had learned from ancient traditions
recorded by Pliny and other writers.’ The Florentine Filarete, c. 1464,
knew of the repute of Jan van Eyck in connection with the oil
technique. Hence we may credit the van Eycks with certain technical
improvements on traditional practices and preparations in the oil
technique, though these can hardly be termed the ‘invention of oil
painting,’ while their artistic achievement was great enough to force
into prominence whatever in the technical department they had
actually accomplished.
The question of the exact technique of the van Eycks, in its relation
to the oil practice before their time, is one that has occupied many
minds, and is not yet satisfactorily settled. Most of those who have
enunciated theories on the subject have proceeded by guess-work,
and have suggested media and processes that may possibly have
been used, but for the employment of which there is no direct
evidence. The most recent suggestion is that of Principal Laurie of
Edinburgh, and this is founded on scientific analysis. The
experiments with oils and varnishes and other media, which this
investigator has been carrying on for many years, have taught him
that the most secure substance for ‘locking-up’ pigments as the
phrase goes, that is for shielding them from the access of moisture or
deleterious gases, is a resin, like our Canada balsam, that may be
used as a varnish or painting medium when dissolved in an essential
oil. As he believes he can detect in the van Eycks’ extant pictures
pigments that would only have lasted had they been shielded by a
preparation of the kind, he conjectures that the use of a natural pine
balsam, with probably a small proportion of drying oil and rendered
more workable by emulsifying with egg, may be the real secret of
which so many investigators have been in search. For example, the
green used for the robe of John Baptist and other figures in the
‘Adoration of the Lamb’ at Ghent can be matched, as we lately found
by experiment, with verdigris (dissolved in pine balsam which is a
much finer green than verdigris ground in oil) and yellow ochre or
orpiment, and the only known way of rendering verdigris stable is to
dissolve it in these pine balsams, according to a recipe that is actually
preserved in the de Mayerne MS., which Berger has lately printed in
full in the fourth Part of his Beiträge.
Be this as it may, one thing is certain, that the oil painting of the
van Eycks and other painters of the early Flemish school did not
differ greatly if at all in its artistic effect from the tempera that had
preceded it, and that is described in the last note. Oil painting, in the
sense that we attach to the term, is really the creation not of the
Flemings, nor of the Florentines and other Italians who were the first
to try experiments with the new Flemish process, but of Giovanni
Bellini and the other Venetians who adopted the oil medium in the
last quarter of the fifteenth century. According to Vasari, ante, p.
229, and Life of Antonello da Messina, Opere, II, 563 f., it was the
last named artist who acquired the secret of the invention of van
Eyck through a visit to Flanders, and brought it to Venice. Vasari has
been proved to be wrong in the chronology he gives of the life of
Antonello, who was born about 1444 and was therefore much
younger than Vasari makes him, and many critics have been
disposed to relegate his whole account of the Sicilian painter to the
realm of myth. The most recent authority on the subject however, Dr
von Wurtzbach, in his Niederländisches Künstler-Lexicon, vindicates
Vasari’s accuracy in the main points of the visit to Flanders and the
introduction of the new process at Venice, which event may be fixed
about 1475. It was taken up with avidity by the Bellini and by other
Venetians of the time, and it is to the younger Bellini more than to
any other painter that is due the apprehension of the possibilities
latent in the oil medium. Giovanni Bellini began to manipulate the
oil pigments with a freedom and a feeling for their varied qualities of
which earlier oil painters had possessed little idea, and the way was
prepared for the splendid unfolding of the technique in the hands of
Giorgione, Palma, and Titian.

ENRICHED FAÇADES.

[§§ 90–92, ante, p. 240 f.]


The external decorations, of which Vasari writes in chapters XI, XII,
and XIII of his ‘Introduction’ to Painting, have come down to us in a
very dilapidated condition, but there are still to be seen specimens of
all the work he there describes, as well as of the decorative carvings
in stone noticed in the ‘Introduction’ to Architecture, under the head
of Travertine (at Rome) § 12, Istrian stone (at Venice) § 15, and
Pietra forte (at Florence) § 17; ante, pp. 51, 56, 60. The most common
technique is monochrome painting ‘a fresco’ on the plaster, and a
good deal that passes as sgraffito is really only painted work in which
there is no relief. One of the best existing displays is that on the
façade of the Palazzo Ricci, at Rome, a little to the west of the Palazzo
Farnese. Here on the top floor are painted trophies of armour in
bronze colour (ante, p. 241) with grotesques (ante, p. 244) in yellow
and brown on the story below. On the piano nobile there is a frieze of
figures in grisaille monochrome, with some single figures on a larger
scale between the windows. Above the door is another frieze of
figures on a black ground. More extensive, but less varied and not so
well preserved, are the figure compositions on the back of the
Palazzo Massimi, in the Piazza dei Massimi, at Rome, where the
whole wall is covered with figure monochromes on a large scale on
dark grounds. There are many more fragmentary specimens, as in
the Via Maschera d’ Oro, No. 7; the Via Pellegrino, No. 66, etc. The
work of Maccari, Roma, Graffiti e Chiaroscuri, Secolo XV, XVI, gives
a large collection of reproductions of work that has now to a great
extent perished.
Sgraffito-work, in which the effect is produced by differences of
plane in the plaster itself (see ante, p. 243), resists the weather much
better than mere painting, but it takes longer to execute and was not
so much used as the more rapidly wrought fresco. The Palazzo
Montalvo, in the Borgo degli Albizzi at Florence, offers a good
example of a compromise. The work, at any rate in the lower part, is
not true sgraffito as the plaster in the backgrounds is not scraped
away, but the outlines of the figures and ornaments are marked by
lines incised in the plaster, the brush, with light and dark tints,
accomplishing the rest. On the other hand the house of Bianca
Capello, 26 in the Via Maggio, is decorated in the true sgraffito
technique as described by Vasari, ante, p. 243. The same may be said
of a house in Rome, Via Maschera d’ Oro, No. 9, where the difference
of the two planes of plaster is about an eighth of an inch. This work is
clogged up with buff lime-wash and would be worth cleaning, as it
seems in fair preservation.
Of modelled stucco figure designs and grotesques the Cortile of the
Palazzo Spada, near the Campo di Fiore at Rome, presents the most
extensive display. A more interesting piece of work will however be
found not far away in the Via de’ Banchi Vecchi, Nos. 22–24, the
house of the goldsmith Pietro Crivelli of Milan, of the first half of the
sixteenth century. Here between the windows of the first floor are
boldly designed trophies of arms carved in travertine, while between
and above the windows of the second floor there are figures and
grotesques effectively modelled in stucco. These are outlined with an
incised line in the stucco and there is no colour. For free but not
over-florid Renaissance enrichment the façade is noteworthy. The
abundant stone carving at Florence in the form of the ‘stemmi’ has
been already referred to, ante, p. 61.

STUCCO ‘GROTESQUES.’
[§ 92, Grotesques or fanciful devices painted or modelled on walls,
ante, p. 244.]
Vasari touches on the subject of plaster work in all three
‘Introductions,’ to Architecture (§ 29), to Sculpture (§ 73) and to
Painting (§ 92). In the former passages he deals with the material
itself and with what may be called its utilitarian employment; in the
last he has in view the artistic forms into which the material can be
moulded, and which he calls by the curious name ‘grotesques.’ What
these ‘grotesques’ are will presently be seen, but it is worth while first
casting a glance back on the artistic use of plaster in its historical
aspects.
It is not a little remarkable that although all the great ancient
nations were familiar with this material, it was not till the late Greek
and Greco-Roman periods that any general use was made of it as an
independent vehicle of artistic effect. The Egyptians coated their
walls with plaster of exquisite quality, which they brought to a fine,
almost a polished, surface for their tempera paintings. The
inhabitants of Mesopotamia protected their mud-brick walls with
thin coats of lime plaster, sometimes only about a quarter of an inch
in thickness but perfect in durability and weather-resisting
properties. The Phoenicians at Carthage plastered the interior walls
of their tombs, and the expression ‘whited sepulchres’ shows that
Jewish tombs were coated in the same fashion. All through the
historical period of Greek art plaster was at the command of the
architect, to cover, and fill up inequalities in, the rough stone of
which so many of the Hellenic temples were built, and fragments of
the pre-Persian buildings of the Athenian Acropolis, still preserved
on the rock, show how finely finished and how adhesive was this
stucco film. So far as we know however none of the peoples just
named seem to have modelled in the material, or used it for any of
the decorative purposes for which the Greeks at any rate employed so
largely the material of burnt clay. The exception is in the case of the
older Aegean peoples, for the Cretans of Knossos made, as all the
world now knows, a most effective artistic use of modelled stucco.
This Aegean work may be connected technically with Egypt, for in
the latest Egyptian period a considerable use was made of modelled
plaster for sepulchral purposes, in the form of mummy-cases in
which the features of the deceased, with headdress, jewels, etc., were
represented in this material. The technique may go back in Egypt to
the remoter times and may have been carried thence to the Aegean
lands. The process however was apparently not inherited by the
historical Greeks, who did not begin to use plaster freely and
artistically till the later Hellenistic or Greco-Roman period.
Some late Greek private houses of the second or first century B.C.,
on Delos, show a beginning of modelled plaster work in the form of
drafted ashlar stones imitated in the material, and it may be
conjectured that the technique was developed at Alexandria, for the
earliest existing mature works in the style, the famous stucco reliefs
and mouldings found near the Villa Farnesina at Rome, resemble in
many respects the so-called ‘Hellenistic’ reliefs, with landscape
motives, that are ascribed to the school of Alexandria. In these
stuccoes, now preserved in the Terme Museum at Rome, there are
bands of enrichment stamped with wooden moulds, after the fashion
described by Vasari in the ‘Introduction’ to Sculpture, § 73, that
enclose fields wherein figure compositions with landscape adjuncts,
or single figures, have been modelled by hand. Many of these last are
of great beauty of form, and the whole have been executed with the
lightest but firmest touch and the most delightful freedom. Some
ceiling decorations in two tombs on the Via Latina, of the second
century A.D., are almost as good in execution, and are interesting as
giving in typical form ancient models that have been much copied at
the Renaissance and in more modern times.
Early Christian artists, both in the West and in the East kept up
the artistic use of stamped or modelled stucco. The Arabs inherited
the technique, and at Cairo, and in the East and in Spain, they made
a very extensive and tasteful use of the tractable material in their
own style of artistic decoration. This style, like that of Byzantium,
from which in great part it was derived; and that of the familiar
Indian work in the exquisite marble-dust plaster or chunam, is
chiefly surface decoration, without much plastic feeling, and relying
mainly on geometrical, or at any rate inorganic, motives and forms.
Bold modelling of forms accentuated by light and shade, as we are
kindly informed by Dr James Burgess, does occur in old Buddhist
work in northern India, and some excellent examples have recently
been published in Ancient Khotan (Chinese Turkistan) Oxford, 1907,
vol. I, p. 587 and pl. liii ff. The work however belongs essentially to
the West rather than to the East, and the middle ages in Western
Europe produced some remarkable works in this style. There is some
modelled stuccowork of early date in the Baptistry at Ravenna, but
the most interesting examples of the period in Italy are the large
figures of saints and the archivolt enriched with very bold and
effective vine scrolls, that are to be seen in the interior of the little
oratory of S. Maria in Valle (or Peltrude’s chapel) at Cividale in
Friuli. These very remarkable works, with which may be connected
the stuccoes of the altar ciborium at S. Ambrogio, Milan, date about
1100, and may be paralleled by similar figures, equally plastic in
treatment, and of about the same period, north of the Alps, in St.
Michael’s at Hildesheim. Signor Cattaneo calls the Cividale work
‘Byzantine,’ but life-sized plastically-treated figures in high relief
represent a form of decorative art that was not practised at
Byzantium, and the work, like a good deal else that is too lightly
dubbed ‘Byzantine,’ is no doubt of western origin, and is a proof that
the tradition of modelling in plaster was handed down without a
break through the mediaeval period.
At the Renaissance the tradition was revived, and this style of
decoration was developed in Tuscany and North Italy, while one of
its most conspicuous triumphs was the adornment by Italian artists
in the first half of the sixteenth century of the Galerie François
Premier and Escalier du Roi at Fontainebleau in France. It spread
also to our own country, where artists of the Italian school carried
out work in the same thoroughly plastic style in the now destroyed
palace of Nonsuch, under the patronage of Henry VIII.
This is not however the style that Vasari has in view when he
speaks of ‘stucco grotesques.’ What he means is an imitation of
ancient stamped and modelled plaster decoration, of the type of that
represented in the tombs on the Via Latina just referred to. Here the
scale is small, though the work may cover large spaces, and the
design is on the whole of a light and fanciful kind. The impulse to it
dates from the early years of the sixteenth century when considerable
discoveries were made at Rome, in the Baths of Titus and elsewhere,
of antique apartments or sepulchral chambers decorated in this
fashion. As these interiors, when discovered, were all underground
they were called ‘caves’ or ‘grottoes,’ and for this reason, as
Benvenuto Cellini informs us in the 6th chapter of his
Autobiography, the decoration characteristic of them was called
‘grotesque.’ The fact that the designs were so commonly of the
fantastic or so-called ‘Pompeian’ order has given to the word
‘grotesque’ its modern meaning of bizarre or semi-ludicrous.
According to Vasari, the painter Morto da Feltro (c. 1474–c. 1519)
was the first to study these antique decorations. ‘Our first thanks and
commendations’ he says (Opere, ed. Milanesi, V, 205 f.) ‘are due to
Morto, who was the first to discover and restore the kind of painting
called “arabesques” and “grotesques,” seeing that they were for the
most part hidden among the subterraneous portions of the ruins of
Rome, whence he brought them, devoting all his study to this branch
of art.’ He spent many months also, Vasari tells us, at Tivoli among
the ruins of Hadrian’s Villa, and made a journey to Pozzuoli near
Naples, all on the same quest. Stucco reliefs in this revived antique
style were used at the beginning of the sixteenth century by
Pinturicchio in the Appartamenti Borgia in the Vatican, and from
that time onwards they become exceedingly common.

TARSIA WORK, OR WOOD INLAYS.

[§ 100, Inlays in Wood, ante, p. 262.]


The covering of one kind of material by another, for reasons of a
constructive or an aesthetic kind, is so primitive and so universal
that Gottfried Semper made it the fundamental principle of
decoration in general, and developed this view in his famous
‘Bekleidungstheorie,’ which dominates der Stil. Semper’s philosophy
of art was sufficiently profound for him to see that this process is not
to be accused of insincerity because the more costly or beautiful
material appears only on the outside, while the mass of the structure
may be of commoner fabric. The materials in question are as a rule
limited in quantity and it would be bad economy to employ them in
positions where their beauty would not be seen. To build a thick wall
of rare finely-veined and coloured marble in solid blocks would be to
behave like degenerate Roman Emperors. Such material is far more
suitably treated when it is exposed in thin layers over as large a
superficial area as possible. Hence though there is nothing in the
world to equal the fine ‘isodomon’ masonry of the earlier Greeks,
which is the same throughout, there is much to be said in
justification of the late Greek and Roman technique, so largely used
in mediaeval Italy, of incrusting a common material with one of finer
grain and colour.
In the case of wood inlays, it may be claimed for the craft that it
originates in material need and not in any aesthetic considerations.
Wood, of which the grain always runs one way, needs sometimes to
be overlaid, braced, and prevented from warping by a slip of the
same material placed with the grain at right angles to the first, after
the fashion seen in our common drawing-boards. The great variety in
colours and markings shown by different woods must however at a
very early date have led to the employment of inlays and veneers for
reasons of artistic effect, and in this craft the old Oriental peoples
were proficient. It is worthy of notice that some Greek wood inlays
have survived, and may be seen in the Kertch room at the Hermitage
in St. Petersburg. The motives of all early inlays are either
geometrical patterns or simple conventional ornament, like the olive
sprays which are represented in the Greek work just mentioned. In
these forms the craft was preserved through the mediaeval period,
and though in the West, at any rate north of the Alps, the mediaeval
epoch was one in which ornamentation was plastic rather than
graphic, that is to say, in carving more often than in inlay, yet in
Moorish lands, and in parts of Italy, inlays, both in stone and wood,
were freely developed.
The history of Italian tarsia work takes a new start with the
beginning of the Renaissance, and it became as Bode has termed it ‘a
true child of the art of the Quattrocento’ or fifteenth century. The
earliest examples seem to be in geometrical schemes, influenced by
the so-called ‘Cosmati’ work, or inlays of small pieces of coloured
stones and gilded pastes, so common in Italy from the twelfth to the
fourteenth century. The painted borders to the frescoes of Giotto and
other pre-Renaissance masters imitate this kind of work and show
how familiar it must have been. Next come conventional ornaments
in the so-called ‘Italian’ manner, consisting in acanthus scrolls,
swags of fruit and flowers, with classical motives such as horns of
plenty and candelabra, among which are soon introduced ‘putti’ or
Cupids, terminal figures, etc. As the fifteenth century advanced there
was developed the curious penchant, noticed ante, p. 264, for
introducing perspective delineations of buildings and articles of
furniture into the tarsia designs. Vasari in his Life of Filippo
Brunelleschi Opere, ed. Milanesi, II, 333 (see also the text ante, p.
262), distinctly intimates that this was due to the influence of this
artist, whose enthusiasm for perspective studies is well known. The
only existing works in wood inlay which might claim to be designed
or inspired by Brunelleschi are those in the old sacristy of S. Lorenzo
at Florence, but these do not display perspectives, and the subjects
comprise only ‘putti’ with candelabra, rosettes, and other simple
ornaments. The influence of Brunelleschi on the advancement of the
study of perspective was however so great, that Vasari’s view of his
general responsibility for the perspectives is credible.
With the perspective designs of the latter part of the fifteenth and
beginning of the sixteenth century, was developed the elaborate
delineation of objects of still-life, as well as more ambitious work in
the representation of the human figure, alone or in groups. These
inlays were abundantly displayed in wall panelling and on the doors
of presses, and more especially on the backs and frames of choir
stalls in the churches. It is characteristic of Italian decoration as
opposed to that prevailing at an earlier date north of the Alps, to find
choir stalls, which in northern churches are made the occasion of the
most splendid display of wood carving in the boldest architectural
and plastic styles which the world has to show, decorated in Italy for
the most part in a pictorial style with flat inlays.
The number of extant examples, both in the case of presses and of
choir stalls, is so great that no enumeration is possible, and the
reader is referred for a critical account of the chief monuments of the
art to the small book by Dr Scherer, Technik und Geschichte der
Intarsia, Leipzig, 1891. The artists who fostered the work were also
very numerous, and represent many centres in the northern parts of
Italy. We learn for instance that in Florence alone in the year 1478
there were no fewer than 84 botteghe where tarsia work was in full
practice. The names actually mentioned by Vasari will suffice to
represent the chief phases of the craft. If Brunelleschi may have
started the idea of perspective designs, these were carried out to
great perfection by Fra Giovanni da Verona, whose master-works,
the stalls and presses in S. Maria in Organo at Verona, dating from

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