E xtrablatt
zur Landtagswahl
linke liste  solidarische stadt
Was soll die Linke im Landtag?
Fragen an Wilfried Telkämper, Landtagskandidat der WASG
n Für die Linke ist die Beteiligung an Landtags-
wahlen nicht üblich. Normalerweise kandidieren
linke Kandidaten für den Bundestag. Seit einigen
Jahren wird auch die Kommunale Ebene als direktes
Praxisfeld bevorzugt. Was treibt die WASG und auch
dich dazu jetzt für den Landtag zu kandidieren?
Telkämper: Die diesjährigen Aschermittwochsver-
anstaltungen wurden dahingehend kommentiert,
dass die im Landtag vertretenen Parteien Schwie-
rigkeiten haben, sich voneinander abzugrenzen. Ob
Schwarz-Gelb, Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot,
Alternativen in der Wirtschafts- und Arbeitsmarkt-
politik, in der Bildungs- und Sozialpolitik sowie eine
zukunftsorientierte Ökologie- und Verkehrspolitik
gibt es nur noch in Nuancen.
Wir sind somit die einzige Wahlalternative, die z.B.
eine Landessteuer wie die Vermögenssteuer für
Reiche, einen dringend notwendigen Landesbil-
dungsplan oder Konzepte zum Erhalt des ÖPNV
vorstellen.
Zudem formiert sich nach kommunalen Erfolgen wie
mit der LISST in Freiburg und dem erfreulich starken
Ergebnis der neuen Linksfraktion im Bundestag eine
gesamtdeutsche parlamentarische Linke, die eng
mit außerparlamentarischen Gruppen wie z.B. attac
zusammenarbeitet. Das Projekt der sich entwickeln-
den neuen linken Partei ist mehr als eine Verbindung
aus WASG und Linkspartei. Immer mehr ehemalige
Grüne sowie ehemals parlamentarisch und au-
ßerparlamentarisch engagierte Menschen treffen
sich hier. Und auch ich bin gerne bereit mit meiner
Kandidatur dieses Projekt zu unterstützen, meine
Erfahrungen und meine Arbeitskraft einzubringen.
Viele meiner MitstreiterInnen erleben –wie ich- bei
den vielen gegenwärtigen Veranstaltungen, Info-
ständen oder in den politischen Gesprächen starken
Zuspruch, so dass wir von einem Wahlergebnis von
5-7% für die WASG ausgehen. Wir freuen uns, mit
einer neuen linken Landtagsfraktion in Stuttgart die
Brücke zwischen der kommunalen und bundespoli-
tischen Ebene schlagen zu können.
n In Freiburg und anderen Städten in BaWü gibt es
ein rege Tätigkeit von Linken Listen in den Gemein-
deräten. Wie kannst du dir eine Zusammenarbeit
zwischen der Arbeit im Landesparlament mit diesen
kommunalpolitischen Initiativen vorstellen?
Telkämper: Ganz konkret, eng und gut kann ich
mir diese Zusammenarbeit mit der LISST vorstellen,
denn Kommunalpolitik ist oft nur ein Aspekt von
Landespolitik. Haben wir kommunalpolitisch die
Notwendigkeit, Schulgebäude sanieren zu müs-
sen, steht dies in der Regel im Zusammenhang mit
dem pädagogischen Konzept; hier wollen wir nicht
einseitig eine Elitebildung, sondern alle Schülerin-
nen und Schüler nach ihren Möglichkeiten fördern.
Auch darf das in der Landesverfassung verbriefte
Recht auf Ausbildung für alle ohne Schulgebühren
bei einem manchmal weiten Weg zur Schule nicht
den Eltern indirekt mit Transportkosten gleichsam
als verdeckte Ausbildungsgebühren aufgelastet
werden. Hier haben wir dann den Bezug zum
Erhalt des ÖPNV-Angebots und unserer Finanz-
vorschläge für den Landtag. Ähnlich verhält es sich
beim kommunalen Radwegeausbau und einem
Landesradwegeplan oder einer LKW-Maut bzw.
einem Transit-LKW-Fahrverbot bei gesundheits-
 talstr. 10  79102 freiburg
schädlicher Luft- und Staubpartikelbelastung z.B.
rund um die B 31. Mit Initiativen in Freiburg habe
ich als EU-Parlamentarier immer eng zusammen-
gearbeitet, mit den LISST-StadträtInnen verstehe
ich mich gut und von einem gemeinsamen Stadt-
rats- und Landtagsbüro zur Abstimmung unserer
politischen Aktivitäten gehe ich nach dem Einzug
in den Landtag aus.
n In den verschiedenen Orten gibt es eine Ausei-
nandersetzung um die Privatisierung von Gütern
und Dienstleistungen z.B. Abfallentsorgung Schu-
len, Schwimmbäder usw. Welche Positionen hast
du zum Stichwort ‚Privat Public Partnership (PPP)‘
? Gäbe es andere Möglichkeiten die leeren Kassen
der Kommunen zu füllen?
Telkämper: Die Frage ist doch: Warum sind die
Kassen leer? Ohne die rot-grüne Hartz IV- und Steu-
erpolitik der letzten Bundesregierung hätten wir die
fehlenden € 60 Mia zum Ende des letzten Jahres
mehr gehabt. Wenn die Kassen leer sind, dann ist
das eine Folge der neoliberalen Denkweise und ih-
rer entsprechenden Politik der anderen im Landtag
vertretenen Parteien. Wir haben in diesem hoch
produktiven Deutschland, das Exportweltmeister
ist, die niedrigste Steuerquote in Europa. Das müs-
sen wir uns klar machen! Sie liegt in Deutschland
bei 34%, in Schweden und Dänemark bei 50%. Auf
Deutschland übertragen wären das pro Jahr € 300
Mia mehr mit denen ich eine aktive Arbeitsmarkt-
politik machen könnte; mit denen ich Stellen im
Öffentlichen Dienst finanzieren und abgesicherte
Arbeitsplätze schaffen könnte statt 1€-Jobs.
Zur Finanzierung öffentlicher Güter und Dienst-
leistungen stehen wir vor der Herausforderung
unser Steuersystem zu modernisieren etwa durch
Wertschöpfungssteuern oder die Wiedereinfüh-
rung der Vermögenssteuer für Vermögen über € 1
Mio/Person. Allein das würde unserem Land € 2,5
Mia jährlich mehr an Einnahmen erbringen. Nicht
... und die Menschen bleiben auf der Strecke
Wie ist das Verhältnis von Landes- und Kommu-
nalpolitik ? Welche Bedeutung hat überhaupt das
Land und damit die anstehende Landtagswahl ?
Warum meldet sich lisst mit einem Extrablatt zur
Landtagswahl zu Wort? Die Antwort ist schlicht
und einfach: weil es unserer politischen Arbeit
nur nutzen könnte, wenn endlich Linke im Landtag
sitzen würden.
Widerspruch gegenüber der Landespolitik von
CDU/FDP ist ebenso dringend nötig wie gegen die
„grüne“ Politik Salomons vor Ort. Wie eng beide
zusammenwirken und wie groß die Gefahr ist, daß
dabei die Interessen der Kommunen und der in ihr
lebenden Menschen untergebuttert werden, zeigt
die Meldung über ein Treffen des Ministerpräsi-
denten Oettinger, seines Finanzministers Stratthaus
und der Vertreter der kommunalen Landesverbän-
de am 03.03.2006 in Stuttgart. Da heißt es in der
gemeinsamen Erklärung über das Treffen, daß sich
die Teilnehmer darauf verständigt hätten, den
Länderfinanzausgleich unter Einbeziehung der
kommunalen Finanzkraft und die Beteiligung der
Kommunen an der Kosten der Deutschen Einheit
vertieft zu erörtern. Das hört sich ungut an und lässt
am 26. März 2006
 www.lisst.de  kontakt: lisst-freiburg@ web.de
umsonst steht in unserem Grundgesetz „Eigentum
verpflichtet“. Hier muss der demokratische Staat
Handlungskompetenz zeigen und sich dem allge-
meinen Gejammer aller im Landtag vertretenen
Parteien über die leeren Kassen entziehen; denn
Geld ist genug da. Die Frage stellt sich nach der
gesellschaftlichen Verteilung. PPP ist hier grund-
sätzlich kein genereller Lösungsansatz nach dem
jetzt viele rufen. Und öffentliche Verantwortung ist
nicht betriebswirtschaftlich kalkulierbar.
Ich bin hier aber auch nicht dogmatisch und
plädiere für Einzelfallprüfungen. Punktuell kann
PPP vielleicht entbürokratisieren und zusätzliches
Engagement oder Geld bewegen.
n Breiten Raum nimmt in den letzten Monaten die
Diskussion um die Baden-Württembergischen Ein-
bürgerungsleitfaden ein. Welche Positionen hat die
WASG zu diesem Leitfaden. Unterstützt die WASG
z.B. die Politik der Grünen hier vor den Europäischen
Gerichtshof gegen den Leitfaden zu klagen?
Telkämper: Auch wir halten den Leitfaden für
verfassungsrechtlich bedenklich. Er ist sofort
abzuschaffen. Einbürgerungspolitik muss Integra-
tionspolitik sein. Das fängt schon bei der Vorschul-
förderung und den dortigen Möglichkeiten zum
Spracherwerb und zur sozialen Integration an.
n Die „Festung Europa“ verschließt sich verstärkt
gegen Flüchtlinge. Nun werden schon „Auffangla-
ger“ für Flüchtlinge in Afrika unter europäischer
Verwaltung ausgedacht. Wie sind da die Positionen
der WASG zu Ausländer und Flüchtlingspolitik ?
Telkämper: Politische Flüchtlinge müssen ein
Recht auf Asyl durch demokratische Staaten haben!
Warum entstehen ansonsten Flüchtlingsströme?
Doch wohl, weil es eine dramatisch und katastro-
phale Ungerechtigkeit an Reichtum und den Zugang
zu Ressourcen auf dieser Welt gibt, die durch die
befürchten, daß Oettinger die Kommunen verstärkt
zur Kassen bitten will, was nichts anderes heißen
kann, als weiter Landeszuschüsse zu kürzen.
Wie das, wo doch bereits jetzt in Freiburg ständig
gestrichen, gekürzt, verschoben wird. Das neue
Zauberwort kennen wir aus der hiesigen aktuellen
Debatte um die Verwaltungsreform: „Wir sind uns
darüber einig, daß dem Aufgabenabbau, insbe-
sondere auch im kommunalen Bereich, eine zen-
trale Bedeutung zukommt. Das Land wird daher die
Folgerungen aus seiner Aufgabenkritik und die in
diesem Zusammenhang zu stellenden Fragen eines
Verzichts oder einer möglichen Verlagerung von
Aufgaben ..mit den kommunalen Landesverbän-
den abstimmen“ (PE v. 03.03.06). Aufgabenkritik,
Aufgabenabbau, - diese Stichworte kennen wir aus
der Freiburger Verwaltungsreformdebatte. Und sie
verheißen nichts Gutes. Das Land will mit „seiner
Aufgabenkritik“ den Druck auf die Gemeinden ver-
stärken, damit in den Kommunen der Zwang zur
Einstellung von Leistungen verstärkt wird.
In Freiburgs Gemeinderat ist bereits die Debatte
über „Aufgabenkritik“, Stellenabbau und Leistungs-
kürzung – kurz: Verschlankung – in vollem Gange.
neoliberale Denk- und Handlungsweise verschärft
wird. Wir fordern hier eine soziale und ökologisch
ausgerichtete neue Welthandelspolitik.
n Du hast lange Jahre als Europaparlamentarier
gearbeitet. Wie siehst du den Einfluss der EU-Ge-
setzgebung auf die Landes und Kommunalpolitik?
Ist es in Zukunft überhaupt noch Möglich eine
eigenständige Politik auf Landes und kommunaler
Ebene zu führen oder werden die Handlungsmög-
lichkeiten durch die Entscheidungen auf EU-Ebene
nicht obsolet gemacht?
Telkämper: Pauschalisierungen halte ich immer
für falsch. Die EU-Politik kann natürlich als über-
geordnete durch die verbindlich abgeschlossenen
Verträge bis auf die kommunale Ebene wirken. An-
dererseits wird sie bestimmt durch die jeweiligen
Nationalregierungen, das EP, das Engagement der
Bürgerinnen und Bürger. Hier können die Länder
Einfluss nehmen, vor allem aber die sozialen Bewe-
gungen. Das wäre jetzt aber eine ganz neue breite
Debatte. Das Zusammenspiel der gesellschaftlichen
Kräfte von der Kommune über das Land und den
Bund nach EU-Europa ist mir hier wichtig.
(Die Fragen stellte die Redaktion)
Letzte Opfer dieser Politik sind das Jugendzentrum
Chummy, das Völkerkundemuseum und ein eigen-
ständiges Baudezernat. Und weil die auf Grund der
Steuerpolitik geschaffene kommunale Finanznot
immer weiter forciert wird, während gleichzeitig
die Aktienkurse und Dividenden zu immer neuen
Höhenflügen ansetzen, werden die Kommunen in
den Ausverkauf getrieben. Freiburg ist nicht imstan-
de, aus eigener Kraft seine Schulen zu sanieren, das
Freibad West ist weiterhin unbenutzbar, im Theater
und anderen Kultureinrichtungen sind technische
Investitionen überfällig. Bund und Land verstärken
die Daumenschrauben und vor Ort finden sie will-
fährige Politiker, die die Konsequenzen daraus zu
ziehen bereit sind.
Wir brauchen auf allen Ebenen, auch auf Landes-
ebene, Menschen, die sich dieser Logik verwei-
gern, die sich leiten lassen von dem Recht eines
jeden auf ein menschenwürdiges Leben, sowohl
in sozialer wie kultureller Hinsicht. Um dafür ein-
zutreten wären auch Linke im Stuttgarter Landtag
wichtig.
Michael Moos
Stadtrat der Linken Liste/Solidarischen Stadt (lisst)
 linke liste  solidarische stadt zur Landtagswahl am 26. März 2006

Mehr Konkurrenz mit weniger Demokratie Gleiche Bedingungen

Das neue Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg (LHG)
Ende 2005 sollte an der Universität in Tübingen
ein neuer Rektor gewählt werden, der jetzt Vor-
standsvorsitzender heißt; das Aktiengesetz stand
hier wie bei vielen weiteren Begriffen und Vorstel-
lungen Pate. Dem neuen LHG entsprechend schlug
der universitäre Aufsichtsrat dem Senat seinen
Kandidaten vor – jedoch, der Senat weigerte sich
diesen zu bestätigen. Denn der Tübinger Senat be-
vorzugte einen Kandidaten aus den eigenen Reihen
und wollte sich dem Votum des Aufsichtsrates nicht
beugen, der mehrheitlich aus universitätsexternen
Personen zusammengesetzt ist. Die Universität war
ratlos – diese Verweigerungshaltung hatte das Ge-
setz nicht vorgesehen.
Der Vorfall zeigt, dass die erklärten Ziele der Re-
form von den Hochschulen nicht unbedingt geteilt
werden..
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und
Kunst Baden-Württemberg definiert als Leitgedanken
für das neue LHG:
1. Zusammenfassung der vier Hochschulgesetze
und des bisherigen Berufsakademiegesetzes zu
einem einheitlichen und übersichtlichen Landes-
hochschulgesetz
2. Abbau normativer Vorgaben durch Deregulie-
rung und Delegation
3. weitere Verbesserung der Handlungsfähigkeit
der Hochschulen durch Stärkung der Leitungs-
strukturen
4. die Nachwuchsförderung durch die Einführung
der Juniorprofessur
5. gestufte Studienstruktur in Bachelor- und Mas-
terstudiengänge
6. Fortentwicklung des Finanzierungssystems der
Hochschulen.
Die Zusammenlegung von ehemals fünf Gesetzen zu
einem LHG spiegelt die Verschiebung der Gewich-
tung auf die berufliche Ausbildung (1). Entsprechend
macht der Bachelorstudiengang (5) schnell für den
Beruf tauglich – kritisch ist, dass die Möglichkeit sich
weiter zu qualifizieren mit einem Masterabschluss
schon jetzt nur einem geringen Anteil der Studie-
renden möglich gemacht werden soll.
DGB: Tarifpolitik hat im Landtagswahlkampf
nichts zu suchen
Die Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden der
CDU, Stefan Mappus, am 2. März 2006 zur lau-
fenden Tarifauseinandersetzung im öffentlichen
Dienst stoßen auf heftige Kritik beim DGB in Baden-
Württemberg. „Wenn man keine Ahnung vom Ab-
lauf von Tarifverhandlungen hat, sollte man lieber
den Mund halten”, rät der DGB-Landesvorsitzende
Bliesener. Für ihn sind die Äußerungen von Mappus
in Stil und Inhalt weder ausgewogen, noch hilfreich
zur Lösung des Tarifkonflikts.
Einseitige Solidaritätsadressen an die Arbeitge-
berseite aus der Politik heizen den Tarifkonflikt
weiter an. Wenn Mappus mit seinen Äußerungen
Mehr Autonomie für die Hochschulen (2) – darauf
hatte sich die Führung der Hochschulen gefreut.
Tatsächlich kann sie jetzt sehr viele Detailfragen
in einer eigenen Grundordnung regeln, die früher
im Gesetz festgelegt waren. Allerdings behält sich
das Ministerium entscheidende Eingriffsmöglich-
keiten vor.
Die Stärkung der Leitungsstrukturen (3) heißt
u.a., die Befugnisse des Vorstands (Rektorats) zu
erweitern auf Kosten des Senats. Der Senat wird
immerhin zur Hälfte von allen Mitgliedern der
Universität demokratisch gewählt. Die Stärkung
der Leitungsstruktur heißt auch die Einsetzung des
Aufsichtsrates. Dieser bestimmt entscheidend das
Profil der Hochschule: er wählt einen Großteil der
Leitungspersonen – allerdings müssen diese vom
Senat bestätigt werden, was nicht unbedingt
gelingen muss, wie sich in Tübingen gezeigt hat.
Außerdem beschließt er über die Struktur von
Warum wir keine Sonntagöffnung brauchen
Die deutsche Wirtschaft leidet unter der Kaufzu-
rückhaltung des Konsumenten – so kann man es
allenthalben in den Medien lesen, hören und sehen.
Der Käufer gibt kein Geld aus, er spart lieber für
schlechtere Zeiten – vorausgesetzt er hat was zum
Sparen.
Ein angeblich probates Mittel dagegen haben die
Großfilialisten des Einzelhandels wie Karstadt/
Quelle, die Metro-Gruppe, Rewe usw. wieder mal
entdeckt: die Geschäftsöffnungszeiten verlängern.
Nur: hat der Käufer dadurch auch mehr Geld zum
Ausgeben?
Der aktuelle Strukturwandel im Einzelhandel, stag-
nierende Umsätze und eine verschärfte Konkurrenz-
situation machen die geplanten neuen gesetzlichen
Rahmenbedingungen zu einem Instrument der
Marktauseinandersetzung und der Konkurrenz-
kämpfe. Die Nachteile tragen die Beschäftigten. Da
es bisher auch durch die Spätöffnung kaum zu Um-
satzzuwächsen und Neueinstellungen kam, fand in
beabsichtigt, den Tarifkonflikt zum Wahlkampfthe-
ma zu machen, so kann ich davor nur warnen, so
Bliesener. Die unerträgliche Stimmungsmache ist
auch inhaltlich völlig daneben. Den kommunalen
Arbeitgebern war klar, dass ihr Angebot eine Pro-
vokation ist und zum Abbruch der Verhandlungen
führen wird. Mappus Versuch, die Verantwortung
dafür jetzt ver.di zu geben, ist durchsichtig und trägt
nicht zur Lösung bei.
Die persönliche Diffamierung der Gewerkschaft
ver.di und ihrer Repräsentanten geht in Richtung
einer gezielten Hetze, die das Maß an Anstand
verloren hat.
Ausbildung und Forschung, über die Verteilung
der Mittel, kann Einrichtungen schließen lassen
u.v.a.. Dabei muss dieses Gremium mehrheitlich
aus universitätsexternen Personen bestehen.
Neben dem geringeren Einfluss der Hochschul-
mitglieder – dazu gehört auch, dass es nach wie
vor keine verfasste Studierendenschaft geben
darf – ist die Finanzierung äußerst kritisch (6).
Zielsetzungen und Leistungen der Hochschulen
sollen zu Kriterien der öffentlichen Mittelvergabe
werden – die Bewertungskriterien legt allein das
Ministerium fest. Mit dem Anheizen der Konkur-
renz zwischen den Hochschulen (z.B. Eliteuniver-
sität) werden die Gelder anders verteilt, aber nicht
aufgestockt. Die Erhebung von Studiengebühren
wird die finanzielle Not der Hochschulen nur we-
nig mildern, aber die soziale Auswahl unter den
Studierwilligen verstärken.
wuni
den Betrieben eine Verringerung der ohnehin schon
dünnen Personaldecke statt, ein radikaler Abbau
von Vollzeitstellen und nur ein teilweiser Ersatz
durch Teilzeitarbeit und geringfügig Beschäftigte.
Die verlängerten Ladenöffnungszeiten haben zu
gravierenden Arbeitszeitverschlechterungen ge-
führt; unsoziale, familienfeindliche und belastende
Arbeitszeiten haben deutlich zugenommen. Die
Neuverteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ist bei
allen Beschäftigten mit gravierenden Einbußen der
Arbeits- und Lebensqualität verbunden: Freizeitver-
luste, Unvereinbarkeit von Familie und Beruf und
erhebliche gesundheitliche Risiken sind die Folge.
Nun möchte die CDU-Landesregierung in Baden-
Württemberg, die nach der Föderalismus-Reform im
Frühsommer diesen Jahres für die Ladenöffnungs-
zeiten zuständig sein wird, diese vollkommen freige-
ben. „Ein einziger großer Echtversuch“ (BZ 24.2.06)
soll dazu die Fußballweltmeisterschaft im Juni/Juli
sein, insgesamt acht Wochen Einkaufsrausch satt
– zu Lasten des kleinen und mittleren Einzelhan-
dels, der sich kaum ausgedehntere Öffnungszeiten
leisten kann und zu Lasten der Beschäftigten: es
ist familienfeindlich, gesundheitsschädlich, macht
zusätzlichen Stress. Die VerkäuferInnen sind einer
Dauerbelastung ausgesetzt, die in der Folge dann
auch nicht gerade verkaufsfördernd ist. Da mehr als
zwei Drittel der Beschäftigten Frauen sind, kommt
zu deren Doppelbelastung die weitere Verknappung
der gemeinsamen Erholungszeit mit Familie, Freun-
den und Bekannten.
Sonntagsarbeit sollte auf die wenigen Bereiche be-
grenzt bleiben, in denen dies absolut notwendig ist,
z.B. Krankenhäuser. Sonntagsarbeit heißt in unserer
Kultur immer noch Verlust von Ruhezeiten. Sonn-
tagsarbeit bedeutet eine weitere Zerstörung noch
vorhandener sozialer Bindungen.
Die schleichenden Arbeitszeitverschlechterungen
im Einzelhandel der letzten Jahre wurden immer mit
für alle Schüler/innen
garantieren
Die Bildungsgewerkschaft GEW warnt davor,
dass in Zukunft Kinder in reicheren Kommunen
bessere Lernmittel erhalten könnten als Schüler
in Gemeinden mit knappen Kassen. „Wenn Land
und Kommunen versuchen, die in der Landes-
verfassung garantierte Lernmittelfreiheit auf-
zuweichen, greifen sie in die Mottenkiste der
50er Jahre. Sollen in Zukunft die Lernerfolge
der Schülerinnen und Schüler davon abhängig
sein, ob die Stadtkasse in ihrer Gemeinde gut
gefüllt ist. Die Landesregierung plant Lern-
mittel-Modellversuche, bei denen Gemeinden
selbst entscheiden können, auf welche Anschaf-
fungen Schulen verzichten können, ohne dem
Unterricht zu schaden.
In Baden-Württemberg geben die Kommunen
80 Millionen Euro für Bücher, Taschenrechner
und andere Lernmittel pro Jahr aus. Das sind
knapp 50 Euro pro Schüler/in im Jahr.
Marktmacht, Strukturwandel und einer verschärf-
ten Konkurrenz vor Ort begründet, die auf dem Rü-
cken der Beschäftigten ausgetragen wurden. Doch
außer einer sehr flexiblen, nämlich kaum planbaren
Arbeitzeit, hat dies nichts weiter gebracht. Wozu
brauchen wir daher noch einen verkaufsoffenen
Sonntag? Anne Reyers
Justizpolitik
rückwärts gewandt
Wenn es um Abbau von Bürgerrechten und
Stärkung des starken Staates geht, dann ist
Justizminister Goll (FDP) immer vorne dabei. Aus
seinem Hause kommen zahlreiche Vorlagen, die
immer wieder auf Zerschlagung gewachsener
rechtsstaatlicher Strukturen zielen. So ging
jetzt von Goll die Initiative im Bundesrat aus,
Heranwachsende (zwischen 18 und 21 Jahren)
in aller Regel nach dem Erwachsenenstrafrecht
zu bestrafen. Der Rechtszustand im geltenden
JGG sieht es anders: das Gericht prüft, ob ein
Heranwachsender einem Jugendlichen (bis 18)
gleichzustellen ist, etwa weil er noch in der Aus-
bildung steckt, bei den Eltern wohnt, aus einem
anderen Sprach- und Kulturkreis kommt. Ist dies
der Fall, dann muß das Gericht nicht nach dem
starren Erwachsenenrecht urteilen, es kann das
sehr flexible und an dem Beschuldigten und sei-
ner Entwicklung orientierte Jugendstrafrecht an-
wenden. Tatsächlich müsste der Altersbereich, in
dem das Gericht variieren kann, ausgedehnt wer-
den. Golls Justizpolitik ist rückwärts gewandt, sie
setzt auf schärferes Strafen und hebelt in letzter
Konsequenz den Erziehungsgedanken des Ju-
gendstrafrechtes aus. Es wäre gut, wenn Linke
im Stuttgarter Landtag dagegen auftreten.

BUCH-EMPFEHLUNG:
Arbeitsdienst – wieder salonfähig!
Autoritärer Staat, Arbeitszwang und Widerstand
Fachhochschulverlag (Hrsg.) Frankfurt, 2005; 9,- €
Bestellung per mail: bestellung@fhverlag.de oder telefonisch: 069-1533-2820
In diesem Büchlein (136 S.) leisten 7 AktivistInnen der bundesweiten Erwerbslo-
senbewegung einen qualitativ hochwertigen Beitrag zur Einordnung der Arbeits-
verpflichtung als sog. „Fördermaßnahme“ der neuen Sozialgesetze unter Hartz
IV. Ausgehend von Bestandsaufnahme und Einschätzung der 1-Euro-Jobs unter
verschiedenen Problemstellungen wird der Bogen gespannt zu geschichtlichen
Parallelen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Widerstandsfor-
men damals („Wilde Cliquen“) und heute („Montagsdemos“) werden beleuchtet
und Veränderungen aufgezeigt. Die Besonderheit der Proteste Erwerbsloser wird
herausgearbeitet und problematisiert. Ein Ausblick auf Zukunftsperspektiven
basierend auf den Erfahrungen der letzten 30 Jahre fehlt auch nicht.
Die Lektüre ist sowohl für Betroffene als auch jeden (sozial-) politisch interessierten
Bürger empfehlenswert, weil sie Mut machend ist.
ingrid wagner, ELO-Ausschuss ver.di Südbaden

Impressum
Herausgegeben von
Linke Liste - Solidarische Stadt, Talstr. 10, 79102 Freiburg
mail: lisst-freiburg@web.de
Demonstration und Kundgebung in Stuttgart Auflage: 3.000 / März 2006
Der erste Applaus galt der Teilnehmerzahl: 25.000 - von Konstanz bis Mannheim, von Freiburg bis Ulm - sind am 6. März Redaktion: Ulrike Schubert, Anne Reyers und Hardy Vollmer
zur zentralen Demonstration und Kundgebung des ver.di-Landesbezirks Baden-Württemberg nach Stuttgart gekommen Satz: Jürgen Baumeister / Druck: April und Tochter
um gegen Arbeitszeitverlängerung und Lohnkürzungen zu demonstrieren.