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Die sog.

ursprüngliche
Akkumulation

 Ideengerüst bedarf einer der kapitalistischen


Produktionsweise vorausgehende,
ursprüngliche Akkumulation

 Erklärungen reichen von einem dem Sündenfall


in der Bibel vergleichbaren Fehlgehen bis hin zu
der Annahme, dass die ursprünglichen
Kapitalisten allein durch wirtschaftliche
Weitsicht in ihre Machtstellung gelangten

 Marx distanziert sich von diesen Ansätzen und


findet die Erklärung allein in der Historie der
Menschheit verwurzelt

Referent: Kai Thum


Grundbedingungen der
kapitalistischen Produktion
 Die relevante Entwicklung beginnt nach Marx im
ausklingenden, späten Mittelalter mit der Auflösung der
feudalen Gesellschaft und deren Strukturen
 Arbeiter wurden von Sklaverei und Knechtschaft befreit
und konnten damit über ihre Arbeitskraft frei verfügen
(Herrschaft über eigene Produktionsmittel)
 Allerdings verblieb den verarmten Enteigneten nichts
außer ihrer Arbeitskraft, was sie anbieten konnten, so
dass sie gezwungen waren, auf fremde Rechnung zu
arbeiten, um zu überleben („vogelfreie“ Lohnarbeiter)
 Dieser doppelt „freie“ Arbeiter wurde so förmlich in die
Lohnarbeit getrieben und der Verfügbarkeit über seine
eigene Arbeitskraft beraubt, dadurch Entstehung des
industriellen Proletariats
 Die Knechtschaft der Sklaverei wurde durch die
Knechtschaft der industriellen Kapitalisten abgelöst
 Weiter gelang es den frühen Kapitalisten durch rigorose
Ausnutzung besonderer geschichtlicher Umstände
(Kriege, Revolutionen), die Feudalherren aus ihrer
Machtstellung zu vertreiben und diese zu übernehmen
Das Beispiel Englands I

 Umwandlung von Ackerland in Schafsweiden aufgrund


steigender Wollpreise (16. Jh.) und damit Enteignung
der Bauern im Interesse höherer Wertschöpfung
 „Raub der Kirchengüter“ im Zuge der Reformation (16.
Jh.) und damit endgültige Auflösung der bestehenden
Grundbesitzstrukturen (Kirche als letzte Bastion der
alten Strukturen!)
 Ausverkauf der Staatsgüter durch Privatisierung unter
Missachtung jedweder bestehenden Gesetze
 Bodenreform zur Zusammenführung kleinerer in
wenigen großen Grundbesitzen (16. / 17. Jh.)
 „Blutgesetzgebung“ als Instrument der zwanghaften
Eingliederung der enteigneten Landarbeiter (harte
Strafen für Arbeitslose, Maximallöhne, Verbot des
Zusammenschlusses von Arbeitern) zum Schutz der
Unternehmer
 Anhäufung von Reichtum bei neuen Pächtern wegen
Entwertung des Geldes, weil einmal niedrige langfristige
Pacht und zum anderen geringer Preis der Arbeit und
höhere Wertschöpfung
Das Beispiel Englands II

 Hochphase der ursprünglichen Akkumulation im 17.


Jahrhundert durch Erschließung neuer Märkte und der
Einführung eines weltumspannenden Handels
 Kolonialsystem als unerschöpfliche Quelle des
Reichtums (Gold und Silber Amerikas, Ausbeutung
Ostindiens, Sklavenhandel in Afrika) und Katalysator,
Radikales Gewinnstreben als oberste Maxime
 Einführung des Staatsschuldensystems und damit
Ermöglichung selbst für diejenigen, die nichts hatten,
durch Anleihen Kapital zu erlangen (dadurch Notwendig-
keit von Finanziers und Entwicklung eines internatio-
nalen Börsensystems)
 Um Liquidität für Schulden zu erlangen, bedurfte es
eines Steuersystems, das die Abhängigkeit des Staates
weiter verstärkte und die Arbeiter belastete
 Weiter Protektionismus (Schutzzölle, Exportprämien)
und Handelskriege zur Durchsetzung von Marktmacht
 Durch Enteignungen Verringerung der Eigenproduktion
der Arbeiter und damit Herstellung eines inneren
Marktes durch Kapitalisierung von Nahrungsmitteln und
Rohstoffen (Trennung von Ackerbau und Industrie)
Schlussfolgerung

 Voraussetzungen der kapitalistischen Produktionsweise:


 Enteignung der Landbevölkerung und damit
Freisetzung von „vogelfreien“ Lohnarbeitern, die
nichts besitzen und sich somit fremden Arbeits-
bedingungen unterwerfen müssen
 Umwandlung von auf eigener Arbeit beruhenden
Privateigentums in kapitalistisches Privateigentum,
das auf der Ausbeutung fremder, nur formell freier
Arbeitskraft beruht
 Zusammenfassend bedarf es einer Scheidung von
Lohnarbeit und Kapital, von Produzent und
Produktionsmitteln
 Nach Marx reproduziert sich dieser Prozess fortwährend
selbst, so dass Konzentration und Monopolisierung
voranschreiten und das Elend der Masse wächst
 Am Ende löst sich der Kapitalismus selbst auf, indem er
sich selbst negiert und durch ein sozialistisches System
abgelöst wird
Frage 1

Haltet ihr die Kernaussagen und die Kritik von Marx am


Kapitalismus für plausibel? Ist der Turbokapitalismus
wirklich so menschenverachtend und rücksichtslos nach
Gewinn strebend wie Marx ihn in seiner historischen
Abhandlung skizziert?

„Und die Geschichte dieser ihrer [der Landarbeiter]


Expropriation ist in die Annalen der Menschheit eingeschrieben
mit Zügen von Feuer und Blut.“

„Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit


einer neuen schwanger geht. Sie selbst ist eine ökonomische
Potenz.“

Sklavenhandel:
Transport von Sklaven
aus Afrika
Frage 2

Wie beurteilt ihr die ursprüngliche Akkumulation und deren


Methoden im modernen Kontext? Ist nicht die Globalisierung
ein weiterer Schritt auf der Linie der gezielten Ausbeutung
oder gar die moderne Weiterführung der Kolonisation?

„Der einzige Teil des sog. Nationalreichtums, der wirklich in den


Grundbesitz der modernen Völker eingeht, ist ihre Staatsschuld.
Mit den Staatsschulden entstand ein internationales
Kreditsystem, das häufig eine der Quellen der ursprünglichen
Akkumulation bei diesem oder jenem Volk versteckt.“

„Die Kolonisation bezeichnet die Morgenröte der


kapitalistischen Produktionsära. Sie proklamierte die
Plusmacherei als letzten und einzigen Zweck der Menschheit.“

Top 5 der Global Player


Konzern Umsatz Mrd. $ Land BSP Mrd. $
General Motors (US) 176,6 Türkei (22) 188,4
WalMart (US) 166,8 Dänemark (23) 174,4
Exxon Mobil (US) 163,9 Polen (24) 154,1
Ford (US) 162,6 Norwegen (25) 145,4
DaimlerChrysler (D) 160,0 Indonesien (26) 141,0
Quelle: Institute for Policy Studies, Dec. 2000
Frage 3

Marx erwähnt die historische „Blutgesetzgebung“, die die


Vagabunden rigoros zwangen, sich in das Arbeitsleben
einzugliedern. Ist nicht die heutige Brandmarkung von
Arbeitslosen und die intendierte Zuführung ihrer Arbeitskraft
an die Unternehmen eine moderne Form der „Blutgesetze“?

„Die Gesetzgebung behandelte sie [die Enteigneten] als


‚freiwillige’ Verbrecher und unterstellte, dass es von ihrem
guten Willen abhänge, in den nicht mehr existierenden alten
Verhältnissen fortzuarbeiten.“
„Die Organisation des ausgebildeten kapitalistischen
Produktionsprozesses bricht jeden Widerstand, die beständige
Erzeugung einer relativen Überbevölkerung hält das Gesetz der
Zufuhr von und Nachfrage nach Arbeit, und daher den
Arbeitslohn in einem den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals
entsprechenden Gleise, der stumme Zwang der ökonomischen
Verhältnisse besiegelt die Herrschaft des Kapitals über den
Arbeiter.“

Kinderarbeit: „Arbeiter“
in einer Textilfabrik
Die ursprüngliche Akkumulation (Karl Marx)

Grundbedingungen der kapitalistischen Produktion


• Die relevante Entwicklung beginnt nach Marx im ausklingenden, späten Mittelalter mit der Auflösung der feudalen Gesellschaft
und deren Strukturen
• Arbeiter wurden von Sklaverei und Knechtschaft befreit und konnten damit über ihre Arbeitskraft frei verfügen (Herrschaft über
eigene Produktionsmittel)
• Allerdings verblieb den verarmten Enteigneten nichts außer ihrer Arbeitskraft, was sie anbieten konnten, so dass sie gezwungen
waren, auf fremde Rechnung zu arbeiten, um zu überleben („vogelfreie“ Lohnarbeiter)
• Dieser doppelt „freie“ Arbeiter wurde so förmlich in die Lohnarbeit getrieben und der Verfügbarkeit über seine eigene
Arbeitskraft beraubt, dadurch Entstehung des industriellen Proletariats
• Die Knechtschaft der Sklaverei wurde durch die Knechtschaft der industriellen Kapitalisten abgelöst
• Weiter gelang es den frühen Kapitalisten durch rigorose Ausnutzung besonderer geschichtlicher Umstände (Kriege,
Revolutionen), die Feudalherren aus ihrer Machtstellung zu vertreiben und diese zu übernehmen

Das Beispiel Englands


 Umwandlung von Ackerland in Schafsweiden aufgrund steigender Wollpreise (16. Jh.) und damit Enteignung der Bauern im
Interesse höherer Wertschöpfung
 „Raub der Kirchengüter“ im Zuge der Reformation (16. Jh.) und damit endgültige Auflösung der bestehenden
Grundbesitzstrukturen (Kirche als letzte Bastion der alten Strukturen!)
 Ausverkauf der Staatsgüter durch Privatisierung unter Missachtung jedweder bestehenden Gesetze
 Bodenreform zur Zusammenführung kleinerer in wenigen großen Grundbesitzen (16. / 17. Jh.)
 „Blutgesetzgebung“ als Instrument der zwanghaften Eingliederung der enteigneten Landarbeiter (harte Strafen für Arbeitslose,
Maximallöhne, Verbot des Zusammenschlusses von Arbeitern) zum Schutz der Unternehmer
 Anhäufung von Reichtum bei neuen Pächtern wegen Entwertung des Geldes, weil einmal niedrige langfristige Pacht und zum
anderen geringer Preis der Arbeit und höhere Wertschöpfung
 Hochphase der ursprünglichen Akkumulation im 17. Jahrhundert durch Erschließung neuer Märkte und der Einführung eines
weltumspannenden Handels
 Kolonialsystem als unerschöpfliche Quelle des Reichtums (Gold und Silber Amerikas, Ausbeutung Ostindiens, Sklavenhandel in
Afrika) und Katalysator,
Radikales Gewinnstreben als oberste Maxime
 Einführung des Staatsschuldensystems und damit Ermöglichung selbst für diejenigen, die nichts hatten, durch Anleihen Kapital
zu erlangen (dadurch Notwendig-keit von Finanziers und Entwicklung eines internatio-nalen Börsensystems)
 Um Liquidität für Schulden zu erlangen, bedurfte es eines Steuersystems, das die Abhängigkeit des Staates weiter verstärkte
und die Arbeiter belastete
 Weiter Protektionismus (Schutzzölle, Exportprämien) und Handelskriege zur Durchsetzung von Marktmacht
 Durch Enteignungen Verringerung der Eigenproduktion der Arbeiter und damit Herstellung eines inneren Marktes durch
Kapitalisierung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen (Trennung von Ackerbau und Industrie)

Schlussfolgerung
 Voraussetzungen der kapitalistischen Produktionsweise:
 Enteignung der Landbevölkerung und damit Freisetzung von „vogelfreien“ Lohnarbeitern, die nichts besitzen und sich somit
fremden Arbeitsbedingungen unterwerfen müssen
 Umwandlung von auf eigener Arbeit beruhenden Privateigentums in kapitalistisches Privateigentum, das auf der Ausbeutung
fremder, nur formell freier Arbeitskraft beruht
 Zusammenfassend bedarf es einer Scheidung von Lohnarbeit und Kapital, von Produzent und Produktionsmitteln
 Nach Marx reproduziert sich dieser Prozess fortwährend selbst, so dass Konzentration und Monopolisierung voranschreiten und
das Elend der Masse wächst
 Am Ende löst sich der Kapitalismus selbst auf, indem er sich selbst negiert und durch ein sozialistisches System abgelöst wird

Politische Ökonomie, Eißel Referent: Kai Thum


Fragen
Fragen

Frage 1
Haltet ihr die Kernaussagen und die Kritik von Marx am
Kapitalismus für plausibel? Ist der Turbokapitalismus
wirklich so menschenverachtend und rücksichtslos nach
Gewinn strebend wie Marx ihn in seiner historischen
Abhandlung skizziert?

Frage 2
Wie beurteilt ihr die ursprüngliche Akkumulation und deren
Methoden im modernen Kontext? Ist nicht die Globalisierung
ein weiterer Schritt auf der Linie der gezielten Ausbeutung
oder gar die moderne Weiterführung der Kolonisation?

Frage 3
Marx erwähnt die historische „Blutgesetzgebung“, die die
Vagabunden rigoros zwangen, sich in das Arbeitsleben
einzugliedern. Ist nicht die heutige Brandmarkung von
Arbeitslosen und die intendierte Zuführung ihrer Arbeitskraft
an die Unternehmen eine moderne Form der „Blutgesetze“?

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