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ANTISPEZIESISMUS - UTILITARISMUS
Eberhard Schockenhoff (1953 – 2020 | Prof. Dr. theol., Moraltheologie / Albert-Ludwig-Universität, Freiburg)
Die Würde eines Wesens gründet in seinem Vermögen zum sittlichen Subjekt-Sein
Sittliches Subjekt-Sein ist unter der Bedingung der realen Welt an die biologische Voraussetzung der Zugehörigkeit zur menschlichen Art
gebunden.
Würde muss also vorbehaltslos anerkannt werden; es widerspricht dem Gedanken der Würde, ihre Anerkennung an den Grad ihrer
faktischen Realisierung zu binden oder einem Bestätigungsurteil durch die Gesellschaft zu unterwerfen.
Damit erteilt es dem Präferenz-Utilitarismus eine klare Absage, weil dieser dem Personkriterium widerspricht
Speziesmus
Der Begriff wurde als Gegenbegriff zu dem des „Speziesismus“ entwickelt, einem Neologismus, der erstmals 1970 von dem britischen Psychologen RICHARD
RYDER verwendet wurde.
prangert das Überlegenheitsgefühl an, das der Mensch sich in Bezug auf die Tierwelt anmaßt, indem er, in Missachtung der Darwinschen Arbeiten, behauptet,
nicht zu ihrer Welt zu gehören.
Basiert auf der Idee, dass die systematische Klassifizierung eines Tieres kein geeignetes Kriterium für die Art und Weise darstellt, wie es behandelt werden sollte .
Aus ethischer Sicht kommt es nur darauf an, was ein Lebewesen empfinden kann, und nicht, welcher Art es angehört. Der Vertreter des Antispeziesimus
sprechen sich deshalb für eine Ausweitung der Ablehnung aller ontologischen Diskriminierung aus und stellen den Speziesismus dem Sexismus und Rassismus
gleich.
Folglich verurteilt der Antispeziesismus alle Praktiken, die Tierleid verursachen: die Fleischproduktion (der A. spricht sich für Veganismus aus und lehnt die
industrielle Massentierhaltung entschieden ab), Laborversuche, die Jagd, alle Arten von Tierquälerei, und bei ihren überzeugtesten Vertretern wie dem
Amerikaner Tom Regan, dem Pionier der Tierrechte, auch Zirkusvorstellungen mit Tieren und Zoos. Die Auffassung ist heute weit verbreitet und wird von ihren
Befürwortern bis in die politische Sphäre getragen (daher das Aufkommen von „Tierschutzparteien“). Die Gegner der Bewegung sehen darin eine Form des
Antihumanismus.
Ontologie: Lehr vom Sein, Seienden.
a) Was gibt es → Existenz? … was heißt es, dass es etwas gibt?
b) Welche Kategorien von Objekten existieren? … in welchem Verhältnis steht Existierendes zueinander?
Vgl.: Identität … Rolle von Identitätskriterien? … im Vergleich zu anderen Identitäten Wirklichkeit: … was ist wirklich existent? … auch mögliches?
Antispeziesismus lehnt Formen der Unterdrückung und Diskriminierung von Individuen ab, da die Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Spezies sich - genau wie Geschlecht, Aussehen, Hautfarbe, Bildungsgrad usw. - als irrelevante und willkürliche
Merkmale herausstellen, wenn es um eine ethische Berücksichtigung von den Interessen von Individuen geht. Ebenso wie z.B.
bei „Geschlecht“ und „Rasse“ ist die Existenz von „Spezies“ als solche anzuzweifeln und entlarvt sich zumeist als
gesellschaftliches Konstrukt.
Die Kategorisierung der Lebewesen in Arten erfolge durch willkürliche Kriterien (vgl. Personale Kategorisierung) wie
insbesondere die Abgrenzung des Menschen vom restlichen Tierreich. Vor allem der Mensch-Tier-Dualismus, welcher dem
„Menschen“ alle anderen „Tiere“ gegenüberstellt und eine unüberwindbare Kluft zwischen diesen beiden Polen proklamiert,
wird als Konstrukt, das die Ausbeutung von Tieren legitimiert, angegriffen. Um zu betonen, dass der Mensch auch eine
tierische Spezies ist, wird in Abgrenzung häufig der Ausdruck nichtmenschliche Tiere verwendet.
Der Legitimierung, Erhaltung und Förderung dieser Ausbeutung liegen laut Sozialpsychologin MELANIE JOY Mechanismen
zugrunde, die auf einem unsichtbaren gesellschaftlichen Konstrukt basieren, das sie Karnismus nennt. Der Begriff wird
teilweise fälschlich als konkurrierendes oder alternatives Definitionsmodell verstanden und dahingehend als verwirrend
kritisiert.[3] Der Begriff benennt jedoch vielmehr den ideologischen Rahmen, der die speziesistischen Handlungen ermöglicht
und aufrechterhält.[4] Als eine Konsequenz der Ablehnung des Speziesismus wird der Veganismus betrachtet.
Benutzt wird der Begriff meist von Anhängern der Tierrechts- oder Tierbefreiungsbewegung, vor allem, um den Umgang der
Gesellschaft mit sog. „Nutztieren“ zu kritisieren, aber auch, um etwa Tierschützern vorzuwerfen, dass sie einige Tierarten
bevorzugt behandelten und andere Arten für Nahrungs- und Materialgewinnung ausbeuteten (kulturell bedingt ist
beispielsweise die Tötung und der Verzehr von Schweinen und Rindern in der westlichen Welt weitgehend akzeptiert. Das
Töten von Hunden und Katzen und der Verzehr von Katzen- oder Hundefleisch wird jedoch abgelehnt und für illegal erklärt).
3. Begriff in der antispeziesistischen politischen Linken/Tierbefreiungsbewegung
Für die politische Tierbefreiungsbewegung ist Speziesismus jene Ideologie, durch welche „die Ausbeutung der Tiere in der menschlichen Gesellschaft ideologisch
gerechtfertigt und verschleiert“ wird.[10] MATTHIAS RUDE, Autor des Buches Antispeziesismus. Die Befreiung von Mensch und Tier in der Tierrechtsbewegung
und der Linken, schreibt, obwohl die Entwicklung der Produktivkräfte „inzwischen einen Stand erreicht hat, der es ohne Weiteres ermöglichen würde, auf die
traditionell in der westlichen Kultur verankerte Tierausbeutung und das damit verbundene Leid zu verzichten, wird sie fortgesetzt. Gerechtfertigt wird das obsolet
gewordene Ausbeutungsverhältnis mit speziesistischer Ideologie.“[11]
Die politische Tierbefreiungsbewegung verwirft moralphilosophische Ansichten wie jene Singers als „metaphysisch“[12] und fordert stattdessen eine historisch-
materialistische Betrachtung des Mensch-Tier-Verhältnisses, die unvereinbar sei mit moralphilosophischen Ansätzen, die davon ausgehen, es handle sich beim
Speziesismus um ein moralisches Vorurteil, welches bestimmte Handlungen hervorbringe. Das Gegenteil sei der Fall: „Wir beuten Tiere nicht aus, weil wir sie für
niedriger halten, sondern wir halten Tiere für niedriger, weil wir sie ausbeuten.“[13]
Statt auf moderne Autoren (P. SINGER| KAPLAN) greift die politische Tierbefreiungsbewegung auf genuin linke Theorietraditionen zurück (insb. die Kritische
Theorie [14]), aber auch auf LEONARD NELSON, den INTERNATIONALEN SOZIALISTISCHEN KAMPFBUND[15], ROSA LUXEMBURG[16], MOSHE ZUCKERMANN und
COLIN GOLDNER. - Die Solidarität mit den Tieren solle endlich integrales Element sozialistischer Programmatik und Praxis werden. Die Bewegung kämpft gegen
Tierausbeutung, ohne dabei die Befreiung der Menschen aus dem Auge zu verlieren, und übt damit eine umfassende „Solidarität mit den quälbaren Körpern“
(THEODOR W. ADORNO), der den kapitalistischen Gesellschaftsbau 1963 als eine große „Aktiengesellschaft zur Ausbeutung der Natur“, MAX HORKHEIME
(1934); Haus, dessen Keller ein Schlachthof“ ist. MATTHIAS RUDE/CHRISTIAN STACH: „Die Kritik des Speziesismus und der politische Kampf für die Befreiung der
Tiere aus ihrem Joch im Keller unseres Gesellschaftsbaus ist der Kern des antispeziesistischen Projekts.“[18]
Kern des Gleichheitsprinzips ist, „dass wir in unseren moralischen Überlegungen den ähnlichen Interessen all derer, die von unseren Handlungen
betroffen sind, gleiches Gewicht geben“ [5]
Gleichheit verstehe er nicht als deskriptive Gleichheit von Zuständen, sondern als präskriptive Norm zur gegenseitigen Behandlung
Dieses Gleichheitsprinzip dürfen wir aber nicht auf den Umgang mit unseren Mitmenschen beschränken
betont, „dass wir - wenn wir das Prinzip der Gleichheit als eine vernünftige moralische Basis für unsere Beziehungen zu den Mitgliedern unserer
Gattung akzeptiert haben - auch verpflichtet sind, es als eine vernünftige moralische Basis für unsere Beziehungen zu denen außerhalb unserer
Gattung anzuerkennen.“[6]
Der Mensch ist nicht berechtigt, die vorhandenen Interessen von Wesen geringer zu schätzen,
a) weil sie zu einer anderen Rasse oder zu einem anderen Geschlecht gehören,
„Speziesismus […] ist ein Vorurteil oder eine Haltung der Voreingenommenheit
zugunsten der Interessen der Mitglieder der eigenen Spezies
und gegen die Interessen der Mitglieder anderer Spezies.“