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Titrimetrie
8. Titrimetrie
ACHTUNG: In den Kapiteln 5 - 8 dieses Skripts werden - ausser wenn explizite etwas Anderes erwähnt
ist - Gleichgewichtskonstanten immer in empirischer Form angenommen, d.h. in den MWG's werden
Ionenaktivitäten durch Konzentrationen ersetzt. Der Einfluss der Ionenstärke auf die Gleichge-
wichtslage wird vernachlässigt.
Analyseprinzip
• Quantitative chemische Umsetzung des Analyten in einer bekannten Menge Messprobe mit ei-
nem Reagens (das Titrationsmittel) in genau definierter und bekannter Stöchiometrie. Sobald
der gesamte Analyt reagiert hat (Äquivalenzpunkt EP), muss eine messbare Eigenschaft des
Systems schlagartig ändern, z.B. die Farbe (Indikation des EP, Endpunktstitration), oder die
ändernde Eigenschaft muss kontinuierlich gemessen werden können (Aufnahme der Titrati-
onskurve).
• Analytisches Signal: Verbrauch Titrationsmittel, z.B. Volumen in ml (Volumetrie) oder Elektri-
sche Ladung in As ( 1 As = 1 Coulomb; Coulometrie)
• Auswertung: Aus der bis zum EP verbrauchten Stoffmenge Titrationsmittel wird via die Stöchi-
ometrie er zugrunde liegenden Reaktion auf die vorgelegte Stoffmenge Analyt zurückgerechnet.
Titrationskurven
Die grafische Darstellung der ändernden Messgrösse (Beispiele s.u.) als Funktion der zugegebenen Men-
ge Titrationsmittel wird als Titrationskurve bezeichnet. In der Methodenentwicklung und -validierung
wird dabei als Abszisse meist nicht die absolute Menge Titrationsmittel (z.B. ml) aufgetragen, sondern
der Titrationsgrad τ.
ntot (T)
Definition des Titrationsgrades: τ := (G67)
ntot (X)
0
0 1.0 τ 0
0 1.0 τ
• Je grösser die Gleichgewichtskonstante der relevanten Reaktion ist, desto präziser ist die End-
punktsbestimmung
• Wird auf der Ordinate die Konzentration statt der Stoffmenge aufgetragen, sehen die Kurven nur
gleich aus, wenn die Volumensvergrösserung durch die Zugabe des Titrationsmittels vernachlässigt
werden kann.
Ionenkonzentrationen
Ionenkonzentrationen c(Cl-) c(NO3-) c(Ag+)
0
0 1.0 τ
λ∝ ∑ Ionenkonzentrationen
0
0 1.0 τ
Logarithmierte Darstellung
Wird als Ordinate der Titrationskurve eine Konzentration aufgetragen, so kann diese während der Titrat-
ion um viele Zehnerpotenzen ändern, wodurch viele Informationen unsichtbar werden können. Deshalb
wir in vielen Fällen die Ordinate dekadisch logarithmiert:
c(X) logc(X)
-1
-2
-3
-4
-5
0
0 1.0 2.0 τ -6
0 1.0 2.0 τ
ml T
0 EP
B. Ordinate logarithmisch
Der Endpunkt liegt am steilsten Punkt der Titrationskurve, bei einem Wendepunkt. Liegen die Daten
digital vor, kann auch hier numerisch differenziert werden, (vgl. Modul InC) die 1. Ableitung der Titra-
tionskurve hat an jedem Aequvalenzpunkt ein Maximum (Beispiel pH-Titration von Cystein):
O
pH-Wert
pH-Wert H2N
CH C
HS CH2 OH
10.0
5.0 VT (ml)
0
1. Ableitung: dpH/dVT
0 VT (ml)
0 EP1 EP2
Ist die Stufe in der Titrationskurve genügend ausgeprägt und symmetrisch, kann der Endpunkt auch
grafisch mit der Tangentenmethode ermittelt werden: Hierzu werden an die Biegungen auf beiden Sei-
ten des EP zwei parallele Tangenten gelegt. Zwischen den beiden Tangenten wird eine weitere Parallele
genau in der Mitte gezogen. In ihrem Schnittpunkt mit der Titrationskurve liegt der Aequivalenzpunkt
(vgl. Grafik auf der nächsten Seite).
ml T
0 EP
Abs. 410nm
0.5
O2N O
O2N OH
0.0
400 500 600
Wellenlänge (nm) 0
0 1.0 τ
14 pH
pH
Umschlags- 13
bereich
+1pH 12
pKS 11
-1pH 10
9
Alizaringelb
8
Resultat: τ = 1.6 bis 2.2
bzw. τ = 1.9 ± 0.3
7 ⇒ Syst. Abweichung = −0.1τ =ˆ - 5%
⇒ Messunsicherheit = ±0.3τ =ˆ ± 15%
6
5 τ
0 1 2 3 4
Eine weitere Ursache für eine systematische Abweichung ist der sog. Indikatorfehler: Im obigen Bei-
spiel ist der Indikator Alizaringelb auch eine Säure, wenn auch eine schwächere als der Analyt. Der In-
dikator wird also - nachdem der Analyt austitriert ist - ebenfalls noch mit dem Titrationsmittel reagie-
ren und deshalb einen zu hohen Verbrauch vortäuschen. Es ist deshalb wichtig, möglichst kleine
Stoffmengen (verglichen mit der Analytmenge) Indikator in die einzelnen Messproben zu geben.
8.2 Säure-Base-Titrationen
c(HB+ ) K (B)
B + H3O+ HB+ + H2O K= +
= B
c(B) ⋅ c(H3O ) KW
+ -
Messgrösse: pH-Wert = -logc(H (aq)) = 14 + logc(OH (aq))
Sensoren: pH-Elektrode
Indikatoren: Farbstoffsäuren oder -basen
Probleme: - schlechte Selektivität bei Gemischen mit ähnlichen pKS-Werten
- ungenügende Präzision für sehr schwache Protolyte
Beispiel 1: Titration einer 0.1 molaren Essigsäure mit 0.1 molarer Natronlauge
Stöchiometrie: HAc + OH− Ac− + H2O , pKS(HAc) = 4.76
14 pH
pH
12
10
0 τ
0 0.5 1 2 3
Beispiel 2: Titration von 10-5 mol/l Cyanid mit 10-5 molarer Perchlorsäure
Stöchiometrie: CN− + H3O+ HCN + H2O , pKS(HF) = 9.4
14 pH
pH
12
10
0 τ
0 0.5 1 2 3
-
Titration 0.1molarer Säuren mit 1mol/l OH
14 pH
pH
pKS(X)
12
14
12 10
10
8
8
6 6
4 4
2
2
0
0 τ
0 0.5 1 0.5 2
14
14
12
12
10
10
88
pH-Wert
pH-Wert
66
14
14
12
12
44
10
10
88
22 66 pKs pKs
44
00 22
0.0
0.0 00
1.0
1.0
Titrationsgrad
Titrationsgrad
14 pH
pH
12
10
0 τ
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4
8.3 Fällungstitrationen
Literatur zum Thema: - Kunze, Kapitel 8
- Vogel A.I.: 'A Textbook of Quantitative Inorganic Analysis', Longman, New
York 1979
8.4 Redoxtitrationen
Literatur zum Thema: - Kunze, Kapitel 10
- Vogel A.I.: 'A Textbook of Quantitative Inorganic Analysis', Longman, New
York 1979
Reaktionen: Mz+
+ H2EDTA 2−
{MEDTA}(aq)
(4 − z)−
+ 2H +
KK =
(
c {MEDTA}
(4 − z)−
)
z+ 4−
c(M ) ⋅ c(EDTA )
(aq) (aq) (aq)
z+
Messgrösse: log c(M )
Sensoren: Ionensensitive Elektroden
Indikatoren: vgl. Kunze, angegebene Primärliteratur
Probleme: - pH-Abhängigkeit des Komplexbildungsgleichgewichtes
- schlechte Selektivität gegenüber andern Komplexbildnern (Maskierung notwen-
dig)