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Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 17.6.

2010
PS Kulturgeschichte islamischer Länder
SS 2010
Leitung: Prof. Dr. Ralf Elger
Referentin: Katarina Rempe

Sufi-Wahhâbismus? - Kritik am Begriff Neo-Sufismus

1. Überblick Sufismus

1.1 Entwicklung des Sufismus


1.2 Zum Begriff „Sufismus“
1.3 Sufi-Praktiken
1.4 Die Initiation durch den Meister
1.5 Die Stufen des Sufi-Weges
1.6 Mystische Gottesliebe

2. Kritik am Sufismus: Sufismus und die Reform von Ibn cAbd al-Wahhâb

- Forderung der wahhâbistische Bewegung, begonnen durch Ibn cAbd al-Wahhâb (1792
gest.): Rückzug zum ursprünglichen Glauben, frei von Neuerungen und Aberglaube
- Gleichzeitig entwickelt sich ein reformistischer Sufismus: stärkerer Bezug auf das Ideal
des Propheten, tarîqa muhammadiyya: wichiger Weg der Erkenntnis
- Gemeinsamkeiten: Annäherung der Gesellschaft an das Ideal der ersten muslimischen
Gesellschaft in Medina, Berufung auf Ibn Taymiyya (13.Jh.)
- Divergenzen: Die Wahhâbisten sind gegen jegliche innerliche Dimension des Islam und
seine symbolische Riten, Kritik an der Verehrung des Meisters durch die Jünger  gegen
Einheit Gottes. Einzige Wissensgrundlage über Gott: Koran und die Sunna  schriftlich
- Die Opposition zu Praktiken der Sufis speist sich vor allem aus der Angst, sie könne die
Rituale und Gesetze der Scharia ersetzen durch die Behauptung der Sufis, sie seien
unfehlbare Autoritäten für Rechtsfragen, da sie direkte Antwort von dem Propheten
selbst erhielten und nicht auf den menschlichen, fehlbaren Verstand angewiesen seien

Forschungsstand: Die interne Entwicklung der Wahhâbiyya ist noch unzureichend erforscht,
die Kenntnisse der Texte ziemlich oberflächlich. Deshalb sollte man sich auch hüten, die
absolute Inkompatibilität von Wahhâbismus und Sufismus vorschnell zu behaupten.
3. Die Debatte um den Neo-Sufismus

- Zusammenfassung des Konsens über die Eigenschaften des Neo-Sufismus:


a) Ablehnung der volkstümlichen ekstatischen Sufipraktiken, wie Tanz
b) Ablehnung der Lehren des Ibn al-cArabî
c) Ablehnung der Meister/Schüler-Beziehung; Betonung moralischer und sozialer
Lehren
d) Vereinigung mit dem Geist des Propheten, mit einer Betonung der tarîqa
muhammadiyya
e) Legitimation der Position des Ordensgründer durch seine direkte Beziehung zu
Muhammad
f) Bildung von hierarchisch strukturierten Massenorganisationen unter Autorität des
Gründers
g) Erneuerung der Betonung des Studiums der Hadîth
h) Ablehnung des taqlîd und Geltendmachung der richtigen Ausübung des ijtihâd
i) Das Bestreben politische und militärische Maßnahmen zur Verteidigung des Islam zu
ergreifen
- Radtke: Diese Punkte sind nicht nachweisbar, bzw. stellen keine Abgrenzung zur älteren
Sufi-Tradition dar. Der Begriff Neo-Sufismus ist weitesgehend nutzlos und zu einem
Klischee ohne wissenschaftl. Fundament geworden. Es kann in der neueren Sufik
höchstens eine Steigerung des Autoritätsanspruchs des Mystikers und dessen
Heilsgewissheit festgestellt werden, welches mit der stärkeren Betonung der tarîqa
muhammadiyya als Erkenntnisquelle einhergeht

Forschungsstand: Die Kritik am Begriff wurde positiv aufgenommen und Radtke bestätigt
nach erneuter Überprüfung die Validität der Argumentation weiterhin

Literatur
De Jong, Frederick, und Bernd Radtke (Hrsg.). Islamic Mysticism contested. Thirteen Centuries of
Controversies and Polemics. Leiden: Brill, 1999.

Geoffroy, Éric. Le soufisme. Voie intérieure de l'islam. Paris: Fayard, 2009.

Radtke, Bernd. „A Reconsideration Reconsidered.“ In Neue kritische Gänge. Zu Stand und Aufgaben
der Sufikforschung, von Bernd Radtke, 293-302. Utrecht: Houtsma, 2005.

Radtke, Bernd, und R.S. O'Fahey. Neo-Sufism reconsidered. Bd. IV, in Sufism. Critical Concepts in
Islamic Studies, von Lloyd Ridgeon (Hrsg.), 1-34. London [u.a.]: Routledge, 2008.

Schimmel, Annemarie. Sufismus. Eine Einführung in die islamische Mystik. München: C.H.Beck, 2000

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