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realworld-game
G einer Tasse Kaffee eingeladen. Das ging so: Erst stellt sie mir nett
lächelnd eine große Tasse Latte Caramel Macchiato auf den
Tisch. Danach steckt sie mir auch noch eine Karte zu. Spätestens
dann war mir klar: Da stimmt etwas nicht. „Lade jemanden auf einen
Kaffee ein“ steht in Englisch auf der Karte, darunter ein Bild von einer
Tasse Kaffee und ein kryptischer Code. Sieht aus, als würde hier jemand
Spielchen mit mir spielen. Und tatsächlich: Das Spiel nennt sich „Akoha“.
Es funktioniert wie folgt: Neben der Einladung zum Kaffee gibt es eine
ganze Reihe verschiedener Aufgaben, allesamt nette kleine Gesten. Ver-
schenke ein Buch. Bring jemanden zum Lachen. Ordere Drinks für ein
Liebespaar. 24 solcher Missionen bekommen Spieler, die das Starter-Kit
für fünf Dollar ordern. Nachdem der Kartensatz auf der Website regist-
riert wurde, kann es losgehen mit der Nettigkeitsoffensive: Man macht
Mit diesen Karten gewinnt man kei- einfach das, was auf der ersten Karte draufsteht. Ein Überraschungsge-
nen Stich, aber viele neue Freunde
schenk überreichen zum Beispiel. Dann gibt man dem Beschenkten die
entsprechende Karte und gibt auf einer Webseite ein paar Details zum
Vorgang ein: wer beglückt wurde, wie das ganze abgelaufen ist und wo. Je
mehr man verrät, desto mehr Karmapunkte wandern auf das persönli-
che Konto. Wer Fotos oder Videos von seiner netten Geste hochlädt, be-
kommt dafür Bonuspunkte. Das geht alles ganz schnell und einfach,
denn das Interface der Webseite ist verständlich und modern.
Karmapunkte durch Erfüllen von Missionen auf dem eigenen Kartenblatt
zu sammeln, ist aber nur der erste Teil des Spiels. Die Karten verlieren
nämlich nicht ihre Gültigkeit. Per E-Mail wird der neue Karteninhaber
aufgefordert, die Angaben zu bestätigen und mit seiner Seite der Ge-
schichte zu ergänzen. Dann ist es an ihm, die Mission zu spielen und die
Karte weiterzugeben. Und so soll das immer weiter gehen. Eine einzige
Karte macht so eine ganze Reihe Menschen glücklich.
Das Tolle: Der Weg der Karte kann auf der Website nachvollzogen wer-
Putzen für Punkte den. Es ist ein schönes Gefühl, zu sehen, wie die Karte quer durch das
Land reist und vielen Leuten Freude macht. Dass selbstlose Taten durch
Auch das Online-Rollenspiel „Chore Wars“ (Hausarbeits-
dieses Spiel im Grunde nicht mehr selbstlos sind, lassen die Entwickler
krieg) verbindet virtuelle und reale Welt. Erfahrungspunkte,
die den eigenen Charakter voranbringen, gibt es nur für nicht gelten. „Solche Gesten machen dadurch nur noch mehr Spaß“, er-
echte Arbeit. Für ungeliebte Aufgaben wie Müll rausbrin- klären sie, „viele Spieler haben bereits berichtet, dass sie nun viel öfter
gen, Fenster putzen oder Boden wischen. Wer faule Mitbe- die Gelegenheit wahrnehmen, nett zu sein als früher – auch wenn sie da-
wohner hat, motiviert sie vielleicht mit www.chorewars.com für keine Karmapunkte kriegen.“ Wie schön, wie einfach. Jetzt muss ich
aber los und ganz schnell Kaffee kaufen. www.akoha.com
April 2009
management
feuern, heuern
Sie waren angetreten, der erfolgreichste Clan der Welt zu werden, mit
den teuersten Spielen und in so vielen Disziplinen wie möglich. Zuerst
lief es auch gut für Meet Your Makers – doch im Januar kam das Aus.
s sind die goldenen Jahre des E-Sports, in Dortmund: Auf der einen Seite der solide ge-
April 2009