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80 Virtuelle Welten

realworld-game

Das ist aber lieb von dir


Jeden Tag eine gute Tat: Das machten sich bereits vor mehr als 100 Jahren die Pfadfinder zum
Motto. Jetzt versucht auch das Spiel „Akoha“, Menschen zum Nettsein zu motivieren. Wer damit
anfängt, merkt: Das ist gar nicht schwer. Vor allem, wenn es dafür Punkte gibt Text: Moses Grohé

erade hat mich unsere extrem unfreundliche Teamassistentin zu

G einer Tasse Kaffee eingeladen. Das ging so: Erst stellt sie mir nett
lächelnd eine große Tasse Latte Caramel Macchiato auf den
Tisch. Danach steckt sie mir auch noch eine Karte zu. Spätestens
dann war mir klar: Da stimmt etwas nicht. „Lade jemanden auf einen
Kaffee ein“ steht in Englisch auf der Karte, darunter ein Bild von einer
Tasse Kaffee und ein kryptischer Code. Sieht aus, als würde hier jemand
Spielchen mit mir spielen. Und tatsächlich: Das Spiel nennt sich „Akoha“.
Es funktioniert wie folgt: Neben der Einladung zum Kaffee gibt es eine
ganze Reihe verschiedener Aufgaben, allesamt nette kleine Gesten. Ver-
schenke ein Buch. Bring jemanden zum Lachen. Ordere Drinks für ein
Liebespaar. 24 solcher Missionen bekommen Spieler, die das Starter-Kit
für fünf Dollar ordern. Nachdem der Kartensatz auf der Website regist-
riert wurde, kann es losgehen mit der Nettigkeitsoffensive: Man macht
Mit diesen Karten gewinnt man kei- einfach das, was auf der ersten Karte draufsteht. Ein Überraschungsge-
nen Stich, aber viele neue Freunde
schenk überreichen zum Beispiel. Dann gibt man dem Beschenkten die
entsprechende Karte und gibt auf einer Webseite ein paar Details zum
Vorgang ein: wer beglückt wurde, wie das ganze abgelaufen ist und wo. Je
mehr man verrät, desto mehr Karmapunkte wandern auf das persönli-
che Konto. Wer Fotos oder Videos von seiner netten Geste hochlädt, be-
kommt dafür Bonuspunkte. Das geht alles ganz schnell und einfach,
denn das Interface der Webseite ist verständlich und modern.
Karmapunkte durch Erfüllen von Missionen auf dem eigenen Kartenblatt
zu sammeln, ist aber nur der erste Teil des Spiels. Die Karten verlieren
nämlich nicht ihre Gültigkeit. Per E-Mail wird der neue Karteninhaber
aufgefordert, die Angaben zu bestätigen und mit seiner Seite der Ge-
schichte zu ergänzen. Dann ist es an ihm, die Mission zu spielen und die
Karte weiterzugeben. Und so soll das immer weiter gehen. Eine einzige
Karte macht so eine ganze Reihe Menschen glücklich.
Das Tolle: Der Weg der Karte kann auf der Website nachvollzogen wer-
Putzen für Punkte den. Es ist ein schönes Gefühl, zu sehen, wie die Karte quer durch das
Land reist und vielen Leuten Freude macht. Dass selbstlose Taten durch
Auch das Online-Rollenspiel „Chore Wars“ (Hausarbeits-
dieses Spiel im Grunde nicht mehr selbstlos sind, lassen die Entwickler
krieg) verbindet virtuelle und reale Welt. Erfahrungspunkte,
die den eigenen Charakter voranbringen, gibt es nur für nicht gelten. „Solche Gesten machen dadurch nur noch mehr Spaß“, er-
echte Arbeit. Für ungeliebte Aufgaben wie Müll rausbrin- klären sie, „viele Spieler haben bereits berichtet, dass sie nun viel öfter
gen, Fenster putzen oder Boden wischen. Wer faule Mitbe- die Gelegenheit wahrnehmen, nett zu sein als früher – auch wenn sie da-
wohner hat, motiviert sie vielleicht mit www.chorewars.com für keine Karmapunkte kriegen.“ Wie schön, wie einfach. Jetzt muss ich
aber los und ganz schnell Kaffee kaufen. www.akoha.com

++ news ++ news ++ news ++ news ++


02 01 Schön werden sie geholfen Das Projekt „Exploring Virtual Environments“ der Professur
Mediennutzung an der TU Chemnitz erforscht soziales Verhalten in virtuellen Welten. Da-
bei wurde bestätigt, was viele sich schon dachten: Schöne Avatare haben es leichter. Bei ei-
ner Studie wurde attraktiven weiblichen Figuren deutlich häufiger von anderen Spielern
geholfen als hässlichen. www.snipurl.com/vorteil
02 Autostadt Zum Pixar-Film „Cars“ kommt im Sommer ein Multiplayer-Online-Game
heraus: „The World of Cars Online“. Da kann man Rennen fahren und mit anderen Autos
01 Blech reden. An die Optik des Films kommt das Spiel nicht heran, es wirkt eher wie „Mic-
ro Machines“. Zu Testfahrten lädt die Website aber jetzt schon ein. http://worldofcars.go.com

April 2009

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E-Sport 81

management

Heuern, feiern, „Warcraft 3“-Stehaufmännchen: Der


Holländer Manuel Schenkhuizensen
als „Grubby“ spielt wieder für MYM

feuern, heuern
Sie waren angetreten, der erfolgreichste Clan der Welt zu werden, mit
den teuersten Spielen und in so vielen Disziplinen wie möglich. Zuerst
lief es auch gut für Meet Your Makers – doch im Januar kam das Aus.

Foto: Richelle van der Valk / VU University Amsterdam


Nun sind sie schon wieder da. Wie geht das? Text: Mathias Hamann

s sind die goldenen Jahre des E-Sports, in Dortmund: Auf der einen Seite der solide ge-

E denen im Jahr 2000 der „Counter-Strike“-


Clan „Meet Your Makers“ (MYM) gründet
wird. Die Zahl der Turniere wächst da-
mals sprunghaft, Sponsoren pumpten Millionen
in Clans, Ligen und Preisgelder. Das lockt Inves-
wachsene Titelabonnent, auf der anderen die
neureichen MYM. Hohe vierstellige Gehälter soll
der Clan gezahlt haben, dazu Reisekosten nach
China, Dubai oder die USA. „Meet Your Makers“
sammelt dort Titel bei internationalen Turnie-
toren an: 2006 kauft die dänische Firma ESNati- ren und expandiert auch 2008: ESNation leistet
on das Team und will MYM zum besten E-Sport- sich „Warcraft 3“-Spieler „Grubby“ alias Manuel
Clan der Welt machen – in unterschiedlichsten Schenkhuizen. Der Holländer ist der einzige
Disziplinen: Bald hat „Meet Your Makers“ eine Nichtasiate, der mit Chinesen und Koreanern
ganze Reihe von Mannschaften unter Vertrag, auf Augenhöhe spielt. Für MYM läuft das Jahr
Teams für „Counter-Strike“, für „Fifa“, für „Star- wunderbar: Moon und Grubby stehen auf den
craft“. Nur die teuersten Spieler sind gut genug, vorderen Plätzen großer E-Sport-Turniere, im
2006 unterschreibt der koreanische „Warcraft November duellieren sie sich im „Warcraft 3“-Fi-
3“-Meister Jang „Moon“ Jae-Ho seinen Vertrag. nale der World Cyber Games in Köln. Die MYM-Besitzer gehen noch weiter und ent-
„Erst haben sie die Preise für ‚Warcraft 3‘-Spieler Doch dann der Schock: Ende Januar diesen Jahres lassen nicht nur einige Spieler, sondern in gewis-
vervielfacht, dann die Gehälter für ‚Fifa‘-Profis“, kündigt MYM den beiden Champions und entlässt ser Weise den ganzen Clan: ESNation macht aus
sagt Alexander Müller, Manager von SK Gaming das komplette „Warcraft 3“- und „Starcraft“-Team. MYM ein Franchise und vermietet die Namens-
– „darunter haben alle anderen Clans gelitten, Gerriet Ohls von der E-Sport-Website Fragster.de rechte und die übrigen Spieler an eine andere
die auf einmal ein Vielfaches für Spieler ausge- vermutet Finanzprobleme hinter der Kündigung: Firma. Bei normalen Franchises übernimmt der
ben mussten“. „SK Gaming“ verhält sich zu „Meet „Die Aufwendungen alleine für das ‚Warcraft-3‘- Vermieter die Werbung, der Mieter zahlt für den
Your Makers“ wie Bayern München zu Borussia Team summieren sich auf mehrere zehntausend Namen und tritt etwas vom Gewinn ab. Der
Euro pro Monat.“ Kein neue MYM-Betreiber darf diesen jedoch kom-
Sponsor könne das ausglei- plett behalten. Für ESNation ist das dennoch ein
SK Gaming: die Bodenständigen chen, trotz aller Erfolge. gangbarer Weg, denn so erhält die Firma garan-
Der deutsche Clan SK Gaming tritt international mit Mannschaften Dem Clan fehlt Geld. Wie tierte Zahlungen bei weniger Kosten. Das min-
aus verschiedenen Ländern an. Sein schwedisches „Counter-Stri- bei Borussia Dortmund zu- dert die Risiken. Und das neue Management hat
ke“-Team ist Legende. Der Clan agiert dabei wie eine Sportmarke- vor geht auch dieses Mal mit „Meet Your Maker“ schon wieder Großes vor.
ting-Agentur, die verschiedene Clubs an Sponsoren vermittelt. Der der Plan nicht auf. Auch Als erstes kündigten sie einen Star als Neuan-
Einstieg von Finanzinvestoren kam für SK Gaming niemals in Frage: dort trennten sich die Ei- stellung an: „Warcraft 3“-Spieler „Grubby“ ist
„Wir wollen unabhängig bleiben und aus dem wachsen, das wir auch gentümer erst von teueren wieder da. Was für eine Karriere: Gefeiert, ge-
erwirtschaften“, sagt Team-Manager Alexander Müller. Spielern und schließlich feuert und neu angeheuert – und das in nur ein
vom Management. paar Wochen. E-Sport ist eine schnelle Szene.

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01 01 NCON 8bit In Wolfsburg treffen sich vom 27. bis 29. März Nintendo-Spieler
zum laut Veranstalter größten Nintendo-Fantreffen Europas. Es finden nicht
nur zahlreiche Turniere in aktuellen Games wie „Super Smash Bros. Brawl“
statt, sondern auch ein Retro-Wettbewerb rund um das NES. http://8bit.ncon.org
02 Dokumentation „Generation Online“ ist ein Dokumentarfilm, der sich
kenntnisreich und unvoreingenommen mit dem Thema E-Sport auseinan-
dersetzt. In der Doku kommen Spieler, Sponsoren und andere bekannte E-
02 Sport-Größen zu Wort. Den leider nur 20 Minuten langen Film gibt es als kos-
tenlosen Download auf www.snipurl.com/esportdoku

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