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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 29.11.2007 23. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Frankfurt. Am 9. November
startete auf Gleis 1a des Frank-
furter Hauptbahnhofs der „Zug
„Zug der Erinnerung“
der Erinnerung“ zu einer 3000 Kilome-
ter langen Fahrt durch die Städte der
früheren Reichsbahn-Deportationen.
startete
Großes Interesse an allen bisherigen Stationen
Das ungewöhnliche Gedenken an die
deportierten Kinder und Jugendlichen beklagte das öffentliche Vergessen, in kermord: Erinnern an die Reichspogrom-
war mit einer bewegenden Zeremonie dem die Lebenszeugnisse der Deportier- nacht, an die Deportation Tausender Kin-
eröffnet worden, in deren Mittelpunkt ten unterzugehen drohen. Ihr Redebei- der mittels Reichsbahn, entmilitarisierter
trag auf dem Frankfurter Hauptbahnhof Volkstrauertag. Höhepunkt war zweifel-
wurde von Jugendlichen einer Hatters- los der Zug der Erinnerung. Nach Anga-
heimer Schule, den ersten Besuchern der ben der VeranstalterInnen drängten sich
fahrenden Ausstellung, mit großem Bei- in den vier Tagen 3.000 Menschen durch
fall bedacht. den Ausstellungszug, darunter ca. 50
Mitglieder des Vereins „Zug der Erin- Schulklassen bzw. Jugendgruppen. Ein
nerung“ führten Frau Simonsohn und sehr breites Bündnis unter Führung des
Frau Kleinberger anschließend durch die „AK Justiz und Geschichte des National-
Wagen, in denen Fotos und letzte Zeug- sozialismus in Mannheim“ und des DGB
nisse der deportierten Kinder zu sehen hatte den Aufenthalt des Zuges vorberei-
sind. Für die Schicksale der verschlepp- tet. Die Gemeinderatsparteien waren da-
ten Kinder und Jugendlichen interessier- bei, der AK Antifa, VVN-BdA, Jüdische
ten sich TV- und Radiostationen aus Gemeinde, Landesverband der Sinti und
Großbritannien, Griechenland, Polen so- Roma, Stadtarchiv, Stadtjugendring, der
wie aus der Ukraine. Betriebsrat von Roche Diagnostics, um

Einfahrt des „Zugs der Erinnerung“ in Frankfurt

zwei Überlebende des Massenmordes


standen.
Trude Simonsohn, die als 21-Jährige
in das Ghetto Theresienstadt und dann
in das KZ Auschwitz verschleppt wur-
de, erinnerte an die Ausgangsorte der
Deportationen, bei denen es sich meist
um Bahnhöfe handelte. Dass die Ver-
nichtung, die dort ihren Anfang nahm,
von den heutigen Wiedergängern der
Nazis öffentlich geleugnet oder sogar
gerechtfertigt werden kann, bezeichne- Begrüßung des Zugs in Mannheim
te Frau Simonsohn als empörend. Obwohl der „Zug der Erinnerung“ in nur einige Beispiele zu nennen. Die
Margot Kleinberger, die bei der De- Frankfurt a.M. ohne städtische Unter- Bahn zeigte sich anders als gegenüber
portation aus Hannover 12 Jahre alt war stützung blieb und nur mit geringen Mit- der von Beate Klarsfeld initiierten Aus-
und ebenfalls nach Theresienstadt ver- teln beworben werden konnte, war das stellung über 11.000 mit der Reichsbahn
schleppt wurde, berichtete von den ent- spontane Echo bereits in den ersten Stun- deportierte Kinder kooperativ. Der Ober-
würdigenden Umständen der Haft, aus den eindrucksvoll: Das Interesse mehre- bürgermeister begrüßte den Zug der Er-
der fast keiner ihrer Schulkameraden rer Schülergruppen, die den Zug am innerung an Bahnsteig 1 im Hauptbahn-
zurückkehrte. Auch Frau Kleinberger Mainkai besuchten, konnte von den pä- hof.
dagogischen Zugbegleitern nur teilweise Die Einbeziehung junger Menschen
aufgefangen werden – wegen Überfül- ist ein Kennzeichen aller Veranstaltun-
Inhalt: lung. gen dieser Woche des Erinnerns: Eine
Hans Mayer zum 100. . . . . . . 4 Mannheim: Eine Woche des Erinnern Gruppe junger Mannheimer Sinti verliest
Bericht vom IMI-Kongress: für die Zukunft beispielsweise die Namen der deportier-
Das Ausmaß der Militarisierung ten und meist auch ermordeten Kinder
sichtbar machen . . . . . . . . . . . . 7 Es war eine Woche des Gedenkens an die und Jugendlichen aus Roma- und Sinti-
Gräuel von Faschismus, Krieg und Völ- Familien. Fortsetzung Seite 2
Im Rahmen der Gedenkstunde des AK che technische Funktionalität und Mo- der in das Strafbataillon 999 gezwungen
Volkstrauertag in der Trauerhalle auf dernität gilt – als organisierte Effektivität wurde. Am Soldatenehrenmal schließ-
dem Hauptfriedhof berichten Schülerin- – stoppen wir heute symbolisch durch lich rezitierte die Schauspielerin Bettina
nen des Elisabethgymnasiums szenisch unsere Anwesenheit: für eine halbe Stun- Franke das Gedicht „Drei Minuten Ge-
über das vom Faschismus geprägte Le- de fahren hier keine Züge ab! hör“ von Kurt Tucholsky. Es endet mit
ben dreier jüdischer Künstler aus Mann- Warum hat damals vor fast 70 Jahren einem Appell an die Nachkriegsjugend:
heim. Eine Schülerin trägt ein eigens ge- niemand gestreikt? Niemand unterbrach „Und wenn sie euch kommen und
fertigtes Gedicht gegen den Krieg vor. den Fahrplan. Hier wurden die Weichen drohn mit Pistolen – Geht nicht!
Für alle Veranstaltungen gilt, was der für die Deportationen in die Vernich- Sie sollen euch erst mal holen!
OB auf Bahnsteig 1 sagte: Es darf keinen tungslager gestellt. Die Signale standen Keine Wehrpflicht! Keine Soldaten!
Schlussstrich geben. Die Erinnerung an auf Abfahrt. Es gab keinen Widerspruch, Keine Monokel- Potentaten!
das menschenverachtende Nazisystem ist kein Aufhalten und kein Innehalten… Keine Orden! Keine Spaliere!
grundlegend für die Zukunftsgestaltung. Damals sind die Deportationszüge Keine Reserveoffiziere!
9. November 1938: Reichspogrom- pünktlich und ungehindert abgefahren! Ihr seid die Zukunft!
nacht Die Menschen darin, die Alten, die Müt- Euer das Land!“
ter, Väter und ihre Kinder sind nicht VDK-Veranstaltung
In einer beeindruckenden Aktion ge- mehr zurückgekommen. Ihr Schicksal
dachten ca. 150 Menschen am Wegwei- war von vornherein besiegelt. Es wird ei- Am Nachmittag des Vokstrauertages
ser nach Gurs, einem der Deportationsor- nem bewusst, wie kurz diese Leben wa- führte der Volksbund Deutsche Kriegs-
te Mannheimer Juden, der Reichspo- ren, wenn man einen Blick auf die Koffer gräberfürsorge wieder seine „zentrale
gromnacht. Die Namen der jüdischen wirft, die am Gurs-Schild stehen.“ Veranstaltung der Stadt Mannheim“
und Sinti- Kinder, die aus Mannheim de- Entmilitarisierter Volkstrauertag 2007 durch, wie sich der VDK-Vorsitzende
portiert wurden, wurden verlesen. Teil- Klaus Dieter Reichardt MdL seit Jahren
nehmerInnen der Aktionen deponierten In der Trauerhalle des Hauptfriedhofs auszudrücken beliebt. Traditionsfahnen
während der Namensverlesung Koffer begrüßt Karola Pelzer (DGB) die Anwe- der „Marinekameradschaft“ und des Re-
mit den Lebens- daten vieler dieser Kin- senden mit dem Hinweis, dass neue servistenverbandes bestimmten das Bild
der am Gurs-Schild. Dieses Koffer- Kriege schon wieder neue Opfer kosten, in der Trauerhalle. Anstelle des verstor-
Denkmal blieb bis zur Abfahrt des Zuges und dass Kapitalinteressen es sind, um benen letzten Vertreters des „Deutschen
der Erinnerung am 19.11. vor dem die es geht. Die Gedenkstunde stand un- Afrikakorps“ sorgten Vertreter der Frei-
Hauptbahnhof stehen. ter Schirmherrschaft des Oberbürger- willigen Feuerwehr für weiteren Fahnen-
meisters, der allerdings nicht persön- schmuck. Der VDK hatte den Oberbür-
lich anwesend war. Industriepfarrer germeister zur Rede geladen. Dieser kam
Martin Huhn führte in seiner Anspra- auch und betonte die Bedeutung der Er-
che zum gestellten Thema: „Neue innerung an den Nationalsozialismus.
Kriege, neue Opfer – Sterben wo- „Ehrlicherweise muss man sagen: Die
für?“ unter anderem aus: deutschen Soldaten starben nicht für das
„Wer Menschen auf ihre ökonomi- Vaterland. Deutschland war verraten von
sche Nützlichkeit reduziert, ist im Be- einem Unrechtsregime, welches am
griff, ihnen ihr Leben und ihre Würde Ende das ganze Volk mit in den Abgrund
zu nehmen. Die neuen Kriege werden ziehen wollte.“ Als Oberbürgermeister
an vielen Stellen weltweit geführt könne er es im übrigen nicht gut heißen,
und sie machen viele zu ihren Opfern. dass am Volkstrauertag zwei Veranstal-
Und dort überall wird deutlich, wie tungen stattfinden. Ein gemeinsames
weit die Welt davon entfernt ist, Kon- Verständnis der deutschen Geschichte
flikte mit zivilen Mitteln zu lösen. und der gesellschaftlichen Grundwerte
Unser Gedenken erfüllt erst dann sei- sei erforderlich. tht ■
nen Sinn, wenn wir es als Aufforde-
rung zum Handeln verstehen.
„Auf dem Wege der Gerechtigkeit DARMSTADT - Lange Warteschlangen mit Besu-
chern jeden Alters standen auf dem Darmstädter
ist Friede“ – so lehrt uns die Weisheit Hauptbahnhof, um die Ausstellung im „Zug der Er-
Kofferdenkmal der hebräischen Bibel. Unser Einsatz innerung“ zu begutachten. „Das Interesse ist über-
für Gerechtigkeit ist ein Beitrag zum wältigend“, sagt Thomas Barth, pädagogischer Be-
Zug der Erinnerung Frieden. Denn es gibt keinen Frieden, wo gleiter im Zug, „ebenso überwältigend sind die
keine Gerechtigkeit ist. Und wer nach emotionalen Reaktionen.“ Der Darmstädter Zugauf-
Bei der Ankunft des Zuges der Erinne- Gerechtigkeit sucht, muss auch nach Tä- enthalt begann mit einer Begrüßung durch den
rung hält der DGBRegions-Vorsitzende tern fragen. Der „Zug der Erinnerung“ Oberbürgermeister Walter Hoffmann. „Es ist das
große Verdienst der Ausstellung, dass endlich jene
Stefan Rebmann die Begrüßungsanspra- nennt Namen von Opfern und wenige
Beachtung finden, die sich am wenigsten wehren
che, gefolgt von OB Peter Kurz und der Namen von Tätern. Sie gehören zur Erin- konnten“, sagte der OB, der an die Deportationen
Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, nerung dazu.“ des Jahres 1943 erinnerte. Damals waren zwischen
Orna Marhöfer sowie Nicolas Alt, Vorsit- Schülerinnen des Elisabeth-Gymnasi- März und September über 3000 Menschen vom
zender des Stadtjugendrings. Abschlie- ums stellten das Leben dreier Mannhei- Darmstädter Güterbahnhof in die Vernichtungsla-
ßend sprach Sabrina Guttenberger für mer jüdischer KünstlerInnen vor und be- ger verschleppt worden, darunter viele Sinti- und
den Landesverband der Sinti und Roma. gleiteten die Gedenkstunde mit Klezmer- Roma-Familien aus dem ehemaligen „Volksstaat
Sie stellte wichtige Fragen: „Um 8.42 musik. Der Schweigeweg führte in die- Hessen“. Für die Ehrung der Deportierten setzt sich
seit Jahren die Initiative Gedenkort Güterbahnhof
Uhr ist der „Zug der Erinnerung“ auf sem Jahr zum 48er-Denkmal. Hier erin- Darmstadt ein. Den Aktivitäten der Initiative ist ein
Gleis 1 des Mannheimer Hauptbahnhofs nerte die Freireligiöse Gemeinde an die Mahnmal zu verdanken, das wiederholt geschän-
angekommen. Er unterbricht heute für hingerichteten Demokraten der Revoluti- det worden ist. Peter Schmidt, Sprecher der Initiati-
einen Moment, einen Augenblick lang on von 1848. An der KZ-Gedenkstätte ve, berichtete, dass sich mehr als 50 Schulklassen
das Räderwerk auf Gleis 1. Dieses Rä- berichtete Elke Kamigan-Bentzinger für einen Besuch im „Zug der Erinnerung“ angesagt
derwerk, das als Metapher für erfolgrei- (VVN-BdA) von einem Mannheimer, hätten – ein kaum zu bewältigender Andrang.

2 :antifaschistische nachrichten 24-2007


: meldungen, aktionen
und Umgebung massenhaft Aufkleber
verbreitet, Hakenkreuze geschmiert und
LMO „alimentiert“ Freibund vermeintlich linke Gegner bedroht und
führt hatte. Zum Abschluss sprachen angegriffen.
Schnega/Hamburg. In seinem aktuel- Günter Rehak, ehemals persönlicher Se- Bei der Durchsuchung zahlreicher
len Lagebericht geht der Sprecher der kretär von Bruno Kreisky, dessen Beiträ- Wohnungen in Pulheim, sowie in Köln
„Landsmannschaft Ostpreußen“ (LMO), ge schon im NPD-Organ „Deutsche und Euskirchen, wurden Computer be-
Wilhelm von Gottberg, auch auf eine Zu- Stimme“ abgedruckt wurden und der schlagnahmt und neben Flugblättern
sammenarbeit mit dem „Freibund“ ein. belgische Publizist Robert Steuckers. auch ein Totschläger und eine Softair-
Demnach „alimentierte“ die LMO eine Der Mitgründer des neurechten Denkzir- waffe gefunden. Gegen die ANP ermit-
„große Sommerfahrt“ des „Freibund“ in kels „Europäische Synergien“, der über telt die Staatsanwaltschaft wegen des
das Gebiet des ehemaligen Ostpreußens die frühen Kontakte der „Zur Zeit“ zum Verdachts der „Verwendung von Kenn-
mit einer Summe von 1000 Euro. Gut 80 rassistischen „Vlaams Blok“ sprach, war zeichen verfassungswidriger Organisa-
Kinder, Jugendliche und junge Erwach- auch schon bei der neofaschistischen tionen“, der „Volksverhetzung“, des
sene im Alter bis zu 22 Jahren zelteten „Gesellschaft für freie Publizistik“ als Diebstahls, der Sachbeschädigung sowie
zwölf Tage am Dadai-See, reparierten Referent aufgetreten. hma ■ der „gemeinschädlichen Sachbeschädi-
auf einem alten Friedhof Eisenkreuze gung“.
und führten u.a. eine „Feierstunde“ für „Kerzenabend“ im Unter- Südlich von Pulheim, in Köln, agieren
die „Opfer von Flucht und Vertreibung“ seit einiger Zeit die „Autonomen Natio-
durch. Der LMO-Jugendverband BJO sei allgäu nalisten Köln“ als lokaler Ableger der
dabei mit eingebunden worden und habe Unterallgäu. In der „Deutschen Na- „Aktionsgruppe Rheinland“. Der hatten
durch BJO-Chef Jochen Zauner (Vier- tionalzeitung“ (46-2007) wird ein „Ker- sich im Juli dieses Jahres Mitglieder des
sen) an der Programmgestaltung „mitge- zenabend“ beworben, der am 1. Dezem- aufgelösten „Stützpunktes“ des NPD-Ju-
wirkt“. Vorgänger des „Der Freibund“ ber im „Raum Unterallgäu“ stattfinden gendverbandes „Junge Nationaldemo-
war der 1958 gegründete neofaschisti- soll. Ehrengast und Festredner auf der kraten“ (JN) angeschlossen. Als eines
sche „Bund Heimattreuer Jugend“ „traditionellen überparteilichen Vorweih- der führenden Mitglieder der Kölner
(BHJ). Über viele Jahre arbeitete der nachtsfeier der Deutschgesinnten“ ist Gruppe gilt der siebzehnjährige Michael
BHJ auch mit der an der „Hitler-Jugend“ Prof. Dr. Walter Marinovic aus Wien. Brück aus Bensberg in Bergisch-Glad-
orientierten „Wiking-Jugend“ und ande- Der ehemalige Bundesobmann des „Ver- bach. Brück war zuvor Funktionär der
ren neofaschistischen Organisationen zu- bands der Professoren Österreichs“ war „Jungen Nationaldemokraten“ in Köln.
sammen. in der Vergangenheit wiederholt als Red- abk ■
1993 war Wilhelm von Gottberg von ner bei Gliederungen der NPD aufgetre-
der „Freibund“-Zeitschrift „Na Klar“ in- ten. Für nähere Auskünfte zur Veranstal-
terviewt worden („Ostpreußenblatt/PAZ“ tung wird eine Münchner Telefonnum-
10.11.07) hma ■ mer angegeben. hma ■

„Zur Zeit“ feierte Jubiläum Naziübergriffe im Rhein-


Österreich/Wien. Im Wiener Palais land
Palffy feierte die extrem rechte Wochen- Rheinland. Im Anschluss an eine Ge-
zeitung „Zur Zeit“ Ende Oktober ihr denkdemonstration anlässlich des Jah-
zehnjähriges Bestehen. Etwa 200 Besu- restags der Reichspogromnacht am 9.
cher, darunter zahlreiche Mandatsträger November überfielen etwa 20 Neonazis
der FPÖ, nahmen an der Veranstaltung am Bahnhof Leverkusen-Opladen eine
gegenüber der Wiener Hofburg teil. „Zur Gruppe vermeintlicher Teilnehmer der
Zeit“-Chefredakteur Andreas Mölzer, Gedenkveranstaltung.
der für die FPÖ ins Europaparlament ge- Die Angegriffenen flüchteten in einen
wählt wurde, bezeichnete die Wochen- Kiosk und wurden dort mit sandbefüllten Hamburger Aufruf
zeitung in seinen einleitenden Worten als Bierflaschen beworfen. Eine unbeteiligte „Keine Stimme den Nazis“
„Sturmgeschütz der Meinungsfreiheit“. Passantin trug durch einen Flaschenwurf Hamburg. Unter dem Motto „Keine
Neben zahlreichen anderen Teilnehmern schwere Gesichtsverletzungen davon Stimme den Nazis“ hat das Hamburger
war auch Verlagsleiter Walter Tributsch und musste ins Krankenhaus eingeliefert Bündnis gegen Rechts eine Unterschrif-
in den Farben seiner studentischen Ver- werden. Die teilweise vermummten Tä- tenkampagne initiiert, um in Hamburg
bindung erschienen. Gemeinsam lausch- ter, die dem Umfeld der militant-neona- ein Klima zu schaffen, in dem die Wahl
te man den Worten des Festredners Dr. zistischen „Aktionsgruppe Rheinland“ von DVU oder anderen rechtspopulisti-
Otto Scrinzi. Der war einst SA-Sturm- zugerechnet werden, konnten flüchten. schen Parteien nicht stattfindet kann. Das
führer und Mitglied der NSDAP und hat- Am selben Abend und in den folgenden Bündnis fordert alle Hamburgerinnen
te viele Jahre für die FPÖ im österrei- Tagen gab es in der Stadt weitere Über- und Hamburger auf, sich an dieser Kam-
chischen Nationalrat gesessen. Als zwei- griffe von Neonazis auf Passanten, die pagne zu beteiligen, den Hamburger
ter Redner sprach Rechtsanwalt Dr. Her- von ihnen für „Linke“ gehalten wurden. Aufruf „Keine Stimme den Nazis“ zu un-
bert Schaller. Der als Anwalt von Neona- Noch im Oktober hatten Neonazis der terzeichnen und ihn weiterzuverbreiten.
zis bekannte Schaller hatte zuletzt noch „Aktionsgruppe Rheinland“ eine Veran- Als Erstunterzeichnerinnen und Erstun-
den britischen Geschichtsrevisionisten staltung der Partei „Die Linke“ in Leich- terzeichner konnten Menschen aus den
David Irving verteidigt. Im Anschluss lingen verhindert und Hetzflugblätter in verschiedensten Zusammenhängen, wie
wurde dem Publikum auf einer Groß- der Stadt verbreitet. Die Anhänger des Wissenschaft, Kultur, Kirche oder Ge-
bildleinwand ein etwa 20minütiges Inter- Pulheimer Ablegers der „Aktionsgruppe werkschaft gewonnen werden. Es han-
view mit Irving gezeigt, das der „Zur Rheinland“, die „Autonomen Nationalis- delt sich um Esther Bejarano, Klaus Bul-
Zeit“-Redakteur und Mitarbeiter Möl- ten Pulheim“ (ANP), wurden am 14. No- lan, Fanny Dethloff, Sieglinde Friess,
zers im Europaparlament, der Soziologe vember mit Hausdurchsuchungen kon- Manfred Getzmann, Ira Gloe-Semler,
Dimitrij Grieb, unlängst in London ge- frontiert. Die Gruppe hatte in Pulheim Anne Harms, Hannelore Hoger, Bernt

: antifaschistische nachrichten 24-2007 3


Kamin-Seggewies, Wolfgang Kirstein, und menschenverachtenden Ziele zu tivkrieg dargestellt wird. Post referiert
Prof. Dr. Timm Kunstreich, Prof. Dr. Mi- missbrauchen. gern beim extrem rechten „Kulturkreis
chael Lindenberg, Corny Littmann, Peter Doch der Gräfenberger Marktplatz ge- Münchner Bürgerverein“, der ihn als
Lohmeyer, Antje Möller, Fanny Müller, hörte erneut nur den Gräfenberger De- Beirats- bzw. Ehrenmitglied führt. So zu-
Prof. Dr. Norman Paech, Gül Pinar, Lisa mokraten, die sich im Gedenken an die letzt am 25. September 2007 mit einem
Politt, Wolfgang Rose und Dr. Gerhard 20 Millionen Menschen, die von den Na- Vortrag zum Thema „Die Ursprünge des
Strate. tionalsozialisten in den Konzentrations- Kalten Krieges“ in der Gaststätte „Alt-
Mitte November wird die Kampagne und Vernichtungslagern umgebracht Münchner Gesellenhaus“. 2005 nimmt
durch eine eigene Homepage unterstützt, worden waren, auf dem Marktplatz ver- Post an dem so genannten „Freiheitli-
auf welcher über die Entwicklung der sammelt hatten. Der schnell vorüber zie- chen Kongress“ der NPD-Zeitung „Deut-
Unterschriftenaktion sowie über antifa- hende Zug der alt- und neofaschistischen sche Stimme“ im Arvenahotel in Bay-
schistische Aktivitäten berichtet werden Hohlköpfe wurde übertönt von dem ein- reuth teil und hält einen Vortrag zum
wird. Wer aktiv bei der Kampagne mit- drucksvollsten Totengedenken, das in Thema „Dresdner Bombenholocaust“.
machen möchte, schreibt bitte an: Gräfenberg wohl bisher stattgefunden Ob Post wirklich als Kandidat an der
kontakt@keine-stimme-den-nazis.org. hat: schweigend hörten die Demokraten Wahl zum Münchner Stadtrat teilnehmen
Keine Stimme für DVU, NPD und alle den alles Trommeln übertönenden Khad- kann hängt davon ab, ob es „Pro Mün-
anderen Parteien der extremen Rechten. disch. Das jüdische Totengebet empfing chen“ gelingt 1000 Unterstützungsunter-
Kein Platz für Nazis – weder in den ihre einstigen Mörder und trieb sie schriften zusammen zu bringen.
Parlamenten noch im Stadtteil oder Be- schnell wieder aus der Stadt hinaus, www.aida-archiv.de ■
trieb. Mach mit: durch haushohe Bilddarstellungen aus
www.keine-stimme-den-nazis.org ■ Theresienstadt, Bergen-Belsen und ande- Neues Verbotsverfahren
ren Konzentrationslagern hindurch, an
Bergen von ermordeten Menschen vor- gegen die NPD gefordert
Es mügelt in unseren
bei. Und das Transparent „Denkmäler Nürnberg. Am 17.11. erschien in den
Städten sind für Denkende“ stand dabei über al- Nürnberger Nachrichten eine große An-
Dortmund. Rund 30 Neonazis haben in len Köpfen. Die wortlose, aber ein- zeigemit dem Text: „Auch wir sagen:
der Nacht zum Samstag mit „Scheiß Tür- drucksvolle Gestik vieler Demokraten, Die NPD ist eine verbrecherische Partei!
ken“- und „Scheiß Ausländer“-Rufen die sich auf den Boden legten und mit Wir fordern das sofortige Einbringen ei-
und unter Einsatz von Schlagstöcken, weißen Leichentüchern überdeckten, nes neuen Verbotsverfahrens gegen die
Pflastersteinen und einer Schusswaffe verstärkten die innere Wut und den Mut, NPD.“ Unterzeichnet haben diese Forde-
eine von vielen Migranten besuchte sich diesem braunen Verbrecherpack rung Michael Bammessel, Stadtdekan
Gaststätte in der Dortmunder Innenstadt weiterhin entgegen zu stellen. der Ev.-Lutherischen Kirche in Nürn-
angegriffen. Es gab Verletzte. Wenn An- Der Tag zeigte einmal mehr, dass der berg; Hans Reeg, Stadtdekan der Katho-
tifa-Initiativen dies nicht gemeldet hät- Gräfenberger Widerstand gegen Alt- und lischen Stadtkirche Nürnberg; Prof. Dr.
ten, bliebe dieser skandalöse Vorfall un- Neofaschisten nicht nachlässt. Im Ge- Klaus Wübbenhorst, Präsident der IHK
beachtet. Der neue Angriff – nach vielen genteil – trotz heftigster Graupelschauer, Nürnberg; Heinrich Mosler, Präsident
anderen – zeigt, dass die Dortmunder Po- eisiger Kälte und Sturm standen wieder der Handelskammer für Mittelfranken;
lizei nicht fähig oder nicht willens ist, 300 Demokraten eng und friedlich zu- Stephan Doll, Vorsitzender DGB Mittel-
derartige Straftaten zu verhindern und sammen und zeigten, dass diese gewalt- franken; Werner Schatz, Geschäftsführer
die Täter zu verfolgen. Auch die Politiker freie Form des Widerstands Zukunft hat der Bürgerbewegung für Menschenwür-
der Stadt und des Landes gingen nicht für die Demokratie, auch wenn dieser ge- de in Mittelfranken; Prof. Dr. Jörg Wies-
etwa sofort an den Ort des Geschehens, duldige Widerstand langen Atem se, Vorsitzender Forum Jüdische Ge-
um sich mit den Betroffenen zu solidari- braucht. „Fackeln, Stahlhelm und Trom- schichte und Kultur in Nürnberg; Heri-
sierten. meln“ haben auf dem Gräfenberger bert Schmitz, Deutsch-Israelische Ge-
Es mügelt in unseren Städten. Wäh- Marktplatz und nirgendwo auf der Welt sellschaft, AG Nürnberg-Mittelfranken;
rend der Überfall von Mügeln wenigs- etwas zu suchen, denn Faschismus ist Hans Hesselmann, Leiter des Menschen-
tens noch beachtet wurde und auch bei keine Meinung, sondern ein Verbrechen. rechtsbüros der Stadt Nürnberg; Fried-
Politikern – nicht bei allen – Betroffen- gpi ■ rich Popp, Geschäftsführer des Auslän-
heit auslöste, geschieht dies in Dortmund derbeirates der Stadt Nürnberg; Gabriele
und Nordrhein-Westfalen nicht. Man Dr. Post kandidiert für „Pro Sörgel, Vorstandsmitglied der Stadtmis-
geht zur Tagesordnung über. Die Zustän- sion Nürnberg; Roland Werber, Direktor
de machen uns Angst. Aber es hilft nur: München“ Caritasverband Nürnberg; Herbert Döt-
Sich wehren, nicht wegsehen – jeder von München. Wie aida-archiv München schel, Bayerischer Landesportbund, Vor-
uns ist aufgerufen. meldet, will die extrem rechte „Bürger- sitzender des Sportkreis Nürnberg und
Ulrich Sander ■ bewegung Pro München“ mit dem Histo- Achim Mletzko, Vorsitzender des Kreis-
riker Dr. Walter Post in den Münchner jugendrings Nürnberg-Stadt.
Erneut Protest gegen Nazis Kommunalwahlkampf 2007/2008 zie- Was war dieser Anzeige vorausgegan-
hen. Walter Post gehört zu einem Kreis gen?
in Gräfenberg neurechter Historiker, die eine Revision Der erste Vorsitzende der israeliti-
„Wir sind ziemlich fassungslos, dass die der Geschichtsschreibung betreiben. Aus schen Kultusgemeinde Nürnberg, Arno
NPD mit Fackeln, Stahlhelmen und deutschen Tätern wird bei ihnen immer Hamburger, hatte die NPD als „braunes
Trommeln wie zu Zeiten des Dritten Rei- öfter eine Gemeinschaft von deutschen Pack“ und „Verbrecher-Partei“ bezeich-
ches kriegerisches Heldentum in unserer Opfern beschworen. Post (Jahrgang 54) net; darauf hin hat der der NPD angehö-
Stadt feiern darf“, so hatte Monika Mi- war einige Jahre lang Lehrbeauftragter rende Nürnberger Stadtrat Ollert Anzei-
chael vom Gräfenberger Bürgerforum an der Ludwig-Maximilians-Universität ge wegen Beleidigung erstattet. Der
den Aufzug von 100 Neofaschisten am 9. München (LMU). 1995 schrieb er sein Schuss ging insoweit nach hinten los, als
November kommentiert. Die NPD plante Buch „Unternehmen Barbarossa – deut- es eine breite Solidarisierung mit Ham-
für diesen Tag zum wiederholten Male, sche und sowjetische Angriffspläne burger gab. So schloss sich Konstantin
den Gräfenberger Marktplatz für ihre re- 1940/41“, in dem wieder einmal Hitlers Wecker bei einem Konzert in Erlangen
vanchistischen, geschichtsfälschenden Angriff auf die Sowjetunion als Präven- dieser Charakterisierung der NPD an.

4 :antifaschistische nachrichten 24-2007


Am 17. November erschien dann die An- missbraucht und die Arbeit des Anne die Nazis sofort vom Parkplatz ver-
zeige in den „Nürnberger Nachrichten“, Frank Zentrums dadurch in Misskredit scheuchte.
eine im Großraum Nürnberg weit ver- bringt“, sagte Günter Pierdzig in einem Am Samstag 16.11. hatte die NPD-
breitete Tageszeitung. the ■ Gespräch mit Nachrichten-aus-Hassfurt. Standgenehmigungen ab 8 Uhr sowohl in
nah ■ Bad Fallingbostel und in Walsrode. Le-
VVN nicht erwünscht diglich eine kleine Nazigruppe, u.a. aus
NPD hatte kaum Aktions- Rotenburg/Wümme ging ohne Propa-
Bamberg. In Bamberg wird seit dem 9. gandazeug auf der Vogteistraße umher.
November eine Wanderausstellung des raum – 3-Tage-Widerstand Die NPD verzichtete auf Stände in bei-
Anne Frank Zentrums Berlin gezeigt. des Bündnisses erfolgreich den Orten. Stattdessen hielten mehr als
Für die Durchführung und Erkundung Walsrode/Bad Fallingbostel. Am Mitt- 50 junge AntifaschistInnen auf vielen
von Finanzierungsmöglichkeiten der woch 14.11.07 wurde bekannt, dass die Straßen und Plätzen in beiden Orten
Ausstellung hat sich vor Ort die CSU NPD an den folgenden 3 Tagen Info- Ausschau nach Nazis. In Walsrode hatten
Landtagsabgeordnete Melanie Huml en- Stände in Walsrode durchführen wollte. an zwei Stellen DGB, SPD und
gagiert und eine breite Gruppe interes- Am 15.11. gab es von SPD-GRÜNE- VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten
sierter Menschen als Mitträger und Geld- DGB nur Beobachter und kritische Ju- des Naziregimes/ Bund der Antifaschis-
geber gefunden. Wie nun bekannt wurde, gendliche, die die 5 - 6 KameradInnen tInnen) Info-Stände aufgebaut. Die
hat die CSU Politikerin die VVN- BdA von Passanten fernhielten. GRÜNEn hielten eine Mülltonne zum
Bamberg aus dem Mitveranstalterkreis Dann wurde bekannt, dass die Nazis Entsorgen von Nazi-Propaganda bereit.
mit einem Hinweis auf Verfassungs- am 16.11. vormittags in Bad Fallingbos- Am Samstag beteiligten sich in beiden
schutzverzeichnisse gelöscht. Der DGB tel und nachmittags 8 km entfernt in Orten insgesamt 80 Menschen an den
zog daraufhin aus Solidarität mit der Walsrode Stände machen wollten. Protesten gegen die NPD.
VVN-BdA die Finanzierungszusagen Am 16.11. morgens in Bad Falling- Neben NPD-Hetzschriften hatten die
zurück. Den Rahmen der kommenden bostel waren 8 NPDler vor Ort. Sie ga- Kameraden auch ein Blatt der Nazi-Ka-
Ausstellung wird eine Vielzahl von Ver- ben Jugendlichen reichlich Propaganda- meradschaft „Snevern Jungs“ dabei. Die
anstaltungen
verschiedens-
ter Organisa-
tionen und In-
stitutionen
bilden. Zwei
solcher Veran-
staltungen hat
das DGB-Bil-
dungswerk in
Kooperation
mit der VVN-
BdA Bam-
berg für das Rahmenprogramm angemel-
det: Am 23. November 2007 eine Veran-
staltung mit Michael Weiß vom Apabiz
aus Berlin zum Thema „Das Versteck-
spiel der Neonazis, Symbole, Codes und
Lifestyle“. Am 25. November 2007 einen
Friedhofsrundgang mit dem Thema: „Er-
innern statt Vergessen. Zeugnisse von
Verfolgung und Widerstand im Bamber-
ger Friedhof“.
Der Vorsitzende der VVN-Bda Bam-
berg, Günter Pierdzig, kritisierte scharf,
Auf den Fotos von links: H-D Charly Braun und Steffen Lübbert, beide: DGB- und ver.di-Funktionäre
dass die CSU-Politikerin dabei jedoch
ihre Organisatorenkompetenz der örtli-
chen Anne Frank Ausstellung miss- material, welches demonstrativ in einem „Prominenten“ vor Ort waren Peter Marx
braucht, denn die von Frau Huml prakti- Müllsack mit der Aufschrift „brauner / NPD-Bundesvorstand und der Soltauer
zierte Ausgrenzung und Diffamierung Dreck“ landete. Bis auf 2 Passanten, NPD-Landtagskandidat Matthias Beh-
der VVN/BdA ist ein Hohn gegen jegli- warfen alle die erhaltenen NPD-Blätter rens alias „Kamerad Matten“, der zu-
che Art eines ehrlich und konsequent in diesen Müllsack. Die Nazis sprachen gleich Führer der „Snevern Jungs“ ist.
praktizierten Antifaschismus. Zugleich handfeste Drohungen aus und packten H-D Charly Braun / DGB bedankte
ist diese diffamierende Ausgrenzung und ihren Stand frühzeitig ein. sich mittags bei einer Abschlusskundge-
Diskriminierung eine Beleidigung aller Am 16.11. nachmittags in Walsrode, bung besonders für das „pfiffige und ent-
Opfer des Faschismus – damit auch der hatte sich die NPD auf 12 verstärkt, da- schiedene Vorgehen zahlreicher junger
Person der Anne Frank selbst – sowohl runter Kameraden aus Verden. Sie hatten AntifaschistInnen“. SPD-Ratsherr Jür-
der Ermordeten, der mittlerweile Ver- dank vieler Antifa-Jugendlicher wieder gen Beichler freute sich über den „3-
storbenen, als auch der noch Lebenden, keine Chance und brachen schon nach 90 Tage-Erfolg“, rief auf wachsam zu blei-
meint Pierdzig. „Es ist bedauernswert Minuten um 15 Uhr ab (sie hatten Stand- ben und sagte: „Seit 25 Jahren haben Na-
und untragbar, dass Frau Huml durch ihr genehmigung bis 18.30 Uhr). Stattdessen zis im Südkreis von Soltau-Fallingbostel
diskriminierendes Ansinnen gegenüber versuchten 4 Nazis vorm REWE-Markt nur ganz selten Veranstaltungen durch-
der VVN/BdA die hervorragende Arbeit in Bad Fallingbostel Unterschriften für führen können. Diese 3 Tage setzen diese
des Anne Frank Zentrums selbst zur ihre Landtagskandidatur zu bekommen. antifaschistische Tradition fort.“
Durchsetzung ihrer persönlichen Politik Eine Kundin holte den Marktleiter, der PM DGB ■

: antifaschistische nachrichten 24-2007 5


Hans Mayer, geboren 1907 in
Köln, Jurist, Literaturwissen-
schaftler, Autor, politischer Essay-
„Er kam rein [... und]
ist, Antifaschist, Sozialist, Jude und Ho-
mosexueller – es gibt viele Gründe, ihn
zu ehren, an ihn zu erinnern. Dies haben
war sofort politisch“
(Dr. Jost Hermand)
wir am 8. November in Köln in der VHS
getan. Als Einführung zur Person Hans Veranstaltung in Köln zum 100. Geburtstag von Hans Mayer
Mayer wurde ein Film gezeigt – Mayer
im Interview mit Günter Gaus. Anschlie- Als ihm als Erstem 1980 der neue Köl- wird er von den Nazis in Köln auf offe-
ßend las Andreas Rummler, Autor, Jour- ner Literaturpreis verliehen wurde, ging ner Straße zusammengeschlagen. Die
nalist und ehemaliger Schüler Hans er auf sein spezielles Verhältnis zur Va- Furcht, so etwas noch einmal erleben zu
Mayers aus „Ein Deutscher auf Wider- terstadt ein: die gezeichnet bleibe, von müssen, verließ ihn Zeit seines Lebens
ruf“. Claudia Wörmann-Adam, Vorsit- nicht mehr.
zende des ver.di-Arbeitskreises Antifa- Unmittelbar nach Ablegung seines 2.
schismus/ Antidiskriminierung, stellte Staatsexamens – bei der mündlichen
die wichtigsten Stationen aus dem Leben Prüfung hospitierte Roland Freisler – er-
Prof. Mayers vor. In der anschließenden hielt er aufgrund des „Gesetzes zur Wie-
Podiumsdiskussion, moderiert von Hein- derherstellung des Berufsbeamtentums“
rich Bleicher Nagelsmann, Geschäfts- – dem Gesetz, dass die Juden aus dem
führer des VS in ver.di, berichteten Ex- öffentlichen Dienst vertrieb – seine Ent-
perten über ihre Erlebnisse mit Hans lassungsurkunde aus dem preußischen
Mayer: Dr. Inge Jens, Autorin u.a. „Über Justizdienst.
Hans Mayer“, mit Hans Mayer langjäh-
rig befreundet; Prof. Dr. Jost Hermand, Dr. Inge Jens:
Literaturwissenschaftler aus Wiscon- „Es wäre Aufgabe der Stadt Köln,
sin/USA & Berlin, Autor, der Hans May- den Nachlass Hans Mayers für For-
er für ein Jahr nach Wisconsin holte; Dr. schungen zugänglich zu machen.“
Mark Lehmstedt, Herausgeber/Autor:
„Der Fall Hans Mayer“ & „Hans Mayer:
Briefe“ und Kurt Groenewold, Nachlass- Am 27.2.1938 wird ihm die deutsche
verwalter von Hans Mayer. Neben Ver.di Staatsbürgerschaft aberkannt. Am 14.5.
Köln – Arbeitskreis Antifaschismus/An- 1938 wird ihm von der Kölner Universi-
tidiskriminierung gab es zahlreiche Mit- tät die Doktorwürde entzogen: „Weil
veranstalter bei dieser gut besuchten Ver- dem Tun derer, die dafür sorgten, dass er ausgebürgert.“ Am 1.9.1981 – nach 43
anstaltung. Wir dokumentieren Auszüge Köln 1933 verlassen musste; – wie hätte Jahren! – erhält er sein Diplom zurück!!!
aus dem Eingangsreferat von Claudia er sich entsetzt und empört angesichts Mit Hilfe seines Vaters flieht er 1933
Wörmann-Adam. der Tatsache, dass die Braunen jetzt unter erst nach Frankreich, dann in die
Hans Mayer und Köln dem Tarnnamen „Pro Köln“ wieder im Schweiz, pendelt eine Zeitlang zwischen
Stadtrat sitzen! – und er reflektierte das Genf und Paris, schreibt Artikel für linke
Hans Mayer wurde am 19.3.1907 in Verhältnis seiner Stadt zur Literatur, das Zeitungen, arbeitet mit am ‚Collège de
Köln, in der Genter Straße im belgischen eigentlich keins sei….; womit er wohl Sociologie‘, arbeitet u. a. mit Walter
Viertel geboren. 5-6 Jahre später zog die Recht hat, denkt man an die unwürdige Benjamin und vielen anderen bedeuten-
Familie nach Neuehrenfeld zum heuti- Diskussion um die Verleihung der Ehren- den Geistesgrößen, darunter vielen
gen Ehrenfeldgürtel in die Nähe der bürgerwürde an Heinrich Böll und denkt Emigranten. Er wird in der Schweiz in
Großeltern. Die Familie war jüdisch und man daran, dass der ganze wissenschaft- den Kriegsjahren als sog. „feindlicher
großbürgerlich. Sein Vater Rudolf war liche und literarische Nachlass von Hans Ausländer“ in diversen Lagern interniert.
Kaufmann und sehr kultur- und kunstin- Mayer: 72 Kartons voll Bücher, Schrif- In dieser Zeit schreibt er sein Werk über
teressiert. Er sammelte moderne Malerei, ten, Korrespondenzen (!) noch uner- Büchner, das seinen Ruf nach Leipzig
beraten von Josef Haubrich. Die Mutter, forscht im historischen Archiv der Stadt begründete. Seine Eltern wurden von
Ida, gab Abendessen für bedürftige auf seine Aufarbeitung wartet! Köln nach Lodz deportiert und ermordet
Künstler/innen, zu ihnen gehörte u. a. Der politische Hans Mayer – seine Familie vernichtet.
auch Else Lasker Schüler, die regelmä- 1945, im Oktober, kommt er nach
ßig zum Abendessen kam. Hans Mayer Hans Mayer war bis zum Lebensende Deutschland, nach Frankfurt, zurück. Er
hat ihr als Junge oft die Tür geöffnet. Er bekennender Marxist, Sozialist, Antifa- arbeitet auf Vermittlung von Golo Mann
besuchte das Kölner Schiller Gymnasi- schist – oder, wie seine Schülerin, Chris- als politischer Chefredakteur bei Radio
um; studierte Jura in Köln und zwischen- ta Wolf, schrieb: „Ein ‚Deutscher auf Wi- Frankfurt später beim Vorläufer von dpa
durch in Berlin; legte 1930 seine Promo- derruf‘ ist er gewesen, auch auf Wider- und bei der AdA, der Akademie der Ar-
tion in Köln beim von ihm sehr geschätz- spruch, ein Linker, weitab von dogmati- beit der Gewerkschaften. Er ist einer der
ten Prof. Hans Kelsen ab und 1932 das schen Maximen – das musste ihn in Kon- Mitbegründer der VVN, der Vereinigung
2. Staatsexamen. flikte stürzen, hüben wie drüben…“ der Verfolgten des Naziregimes, und de-
Hans Mayer hatte einen sehr engen Mit 20 Jahren begann seine politische ren 1. hessischer Landesvorsitzender. Er
Bezug zu seiner Heimatstadt; er stand Arbeit, als Mitglied einer marxistischen bleibt Zeit seines Lebens VVN Mitglied;
dazu, in dem er sagte: „Ich habe eine Studentengruppe. Die SPD wollte ihn zuletzt als Ehrenvorsitzender der
Landschaft, dies ist der Rhein. Ich habe nach einem Jahr Probe nicht aufnehmen. VVN/BdA Tübingen. Mitglied einer Par-
eine Sprache, das ist das Deutsche. Ich Er wurde Mitglied der SAPD; später tei ist er nach 1935 nicht mehr geworden.
habe eine Stadt und das ist Köln“ und: Mitglied der KPO, die er 1935 wieder (...) Hans Mayer blieb zeitlebens sei-
„Köln, diese Stadt mit der Atmosphäre verließ. nen politischen Überzeugungen treu; be-
von Weihrauch und Rebellion kann ich Wegen seiner Teilnahme als Referen- zog klar Position gegen jede Form von
nicht abschütteln.“ dar beim Prozess gegen Robert Ley 1932 Antisemitismus und Faschismus; Er

6 : antifaschistische nachrichten 24-2007


Kongressbericht der Informationsstelle Militarisierung (IMI):

Das Ausmaß der deutschen


Militarisierung sichtbar machen
Die Tübinger Informationsstelle So führt die Transformation der Bun- auch über die verschiedenen Rüstungs-
Militarisierung (IMI) e.V. hat deswehr zu einer massiven Aufwertung standorte. Darüber hinaus wurde mehr-
sich auf ihrem zehnten Kon- der Marine, auf welche auch die teuers- fach eine Anti-Rekrutierungskampagne
gress am 10. und 11. November mit ten Rüstungsprojekte entfallen, und die, sowie die Vernetzung der einzelnen
der Transformation der Bundeswehr gemessen an ihrem Anteil an der Ge- Kämpfe gegen Militärstandorte gefor-
und deren Einsätzen im In- und Aus- samtstärke der Bundeswehr, überdurch- dert, wie sie durch das „Netzwerk gegen
land beschäftigt. Mit über 100 Besu- schnittlich oft zum Einsatz kommt. Auch Militärstandorte und ihre Auswirkun-
cherInnen wurde dabei auch über die Nachwuchsgewinnung spielt mittler- gen“ angestrebt wird. Den Kongress er-
verschiedene Gegenstrategien disku- weile für die „Armee im Einsatz“ eine öffnete IMI-Vorstandsmitglied Tobias
tiert. immer wichtigere Rolle, da die Bereit- Pflüger, der zugleich dem Europäischen
schaft, sich für lebensgefährliche Aus- Parlament angehört.
Ziel des diesjährigen Kongresses war es landseinsätze zu verpflichten, deren Sinn Tobias Pflüger: Kriegsführungsfähi-
aufzuarbeiten, was die Militarisierung der den Rekruten zunehmend schleierhaft ge Strukturen abschaffen!
deutschen Außenpolitik tatsächlich be- ist, sinkt. Besonders sicht- und angreif-
deutet, was die Bundeswehr in ihren Aus- bar wird die Militarisierung der deut- Auch die Transformation der Bundes-
landseinsätzen eigentlich macht und wel- schen Außenpolitik durch den Aufbau wehr zur Armee im Einsatz schreite vo-
che Rüstungsprojekte sie dafür voran- oder die Aufwertung zentraler Militärba- ran, ohne von der Öffentlichkeit wahrge-
treibt. Im Anschluss an jeden Vortrag ent- sen, die im Inland als Kommandozentra- nommen oder debattiert zu werden. Im
standen Diskussionen, in denen auch erör- le (Einsatzführungskommando Pots- Mittelpunkt stehe die „Kriegsführungs-
tert wurde, was zu tun sei. Am zweiten dam), Trainingsgelände (Gefechts- fähigkeit“, für welche die Truppe gerade
Tag des Kongresses wurden verschiedene übungszentrum Magdeburg, „Bombo- komplett neu aufgestellt werde. Das
Initiativen vorgestellt, die versuchen, eine drom“) oder im In- und Ausland als Lo- Weißbuch sehe zum Beispiel die Auftei-
zivile Opposition gegen die „Armee im gistikdrehkreuz (Flughafen Halle- Leip- lung aller Soldaten in Einsatzkräfte, Sta-
Einsatz“ aufzubauen. Aus dem gesamten zig, Termez in Usbekistan) dienen. Da bilisierungskräfte und Unterstützungs-
Bundesgebiet waren entsprechende Akti- diese Entwicklungen weitgehend außer- kräfte vor, woran man erkennen könne,
vistInnen angereist, stellten ihr Schwer- halb des öffentlichen Bewusstseins und dass die Landesverteidigung nicht mehr
punkte und Perspektiven vor. Einige ohne entsprechende Debatte vorangetrie- „strukturbildend“ sei. Speerspitze der
Schwerpunkte kristallisierten sich über ben werden, ist es in erster Linie wichtig, Armee im Einsatz und notwendig für
den gesamten Kongress heraus. über sie zu informieren, beispielsweise ihre Kriegsführungsfähigkeit sei das

zeigte Rückgrat: In der DDR: wenn er Eine seiner Hannoveraner Studentin- DDR mobbten. Und sie hatten ja Recht:
sogenannte „Republikflüchtlinge“ wie nen, Pieke Biermann, schrieb hierzu: Mayer war für sie ein Risiko: einer, der
Uwe Johnson verteidigte; „Hans Mayer war schwul. Alle wussten sich Joyce, Proust, Montaigne, Beckett,
In der BRD: z. B. wenn er politisch es. Aber er wollte noch nicht einmal wis- Musil und Kafka, um nur wenige zu nen-
Stellung bezog, als Hochhuth die NS- sen, daß man es ruhig wissen kann - nen, nicht aus seinem persönlichen Ka-
Vergangenheit des damaligen baden Zeit seines Lebens nicht. Die politische non streichen lässt, weil die Herrschen-
württembergischen Ministerpräsidenten Dimension dieser „Außenseiter“-Seite den diese für „dekadent“ hielten; der
Filbinger als uneinsichtigen NS-Marine- an sich hat er nie gesehen, sich nie ge- konnte in deren Augen nur gefährlich
richter aufdeckte; oder, als er für den traut zu sehen, vielleicht. Man sieht nur, sein!
vom Berufverbot betroffenen Hannove- was man verarbeiten kann. Der Jude in (...)
raner Professor Brückner Partei ergriff; ihm war vielleicht zu tief verwundet Was prägt das Werk von Hans Mayer?
Und auch, als er in Köln auf eine Teil- worden, als dass der Schwule in ihm Le- Wo ist der „rote Faden“?: Sowohl sein
nahme an einer Ehrung zu seinem 85. benslust hätte entwickeln können“. politisches Bewusstsein als auch sein
Geburtstag verzichtete, weil, wie er sag- Der Literaturwisssenschaftler Hans Umgang mit Literatur ist geprägt von der
te, es gäbe im Moment einen Streik Mayer Auseinandersetzung mit Geschichte und
der ÖTV, er sei als alter Sozialist auf Geschichtsbewusstsein.
Seiten derer, die im Gürzenich die Stühle ist sicherlich der in der Öffentlichkeit be- In einem Interview antwortet er 1993
rücken sollten und er würde in einer sol- kannteste Teil von ihm. ... Er hatte zu auf die Frage, ob es richtig sei, „vom
chen Situation nicht als Streikbrecher praktisch allen bedeutenden Autor/innen Ende der Geschichte“ zu sprechen:
auftreten, das sei die Essenz seines Le- der deutschen und einiger anderer Spra- „Ich habe sehr oft, auch weil es meine
bens! chen, direkte persönliche manchmal Meinung ist, Walter Benjamin zitiert, der
Hans Mayer war homosexuell, aber auch sehr freundschaftliche Beziehun- einmal geschrieben hat, ,wenn man beim
die Gesellschaft ließ ihn das nicht leben: gen... Vielen DDR Schriftsteller/innen Denken der Gegenwart von der Ge-
nicht das katholische Köln seiner Ju- war er Lehrer: Uwe Johnson, Christa schichte absieht, dann werden auch die
gend, nicht die Nazizeit, nicht die DDR Wolf, Christoph Hein, um nur einige zu Toten nicht mehr sicher sein – in ihren
und das von Adenauer geprägte Nach- nennen. Er selbst bezeichnete Ernst Gräbern‘. Das haben wir nun wahrlich
kriegswestdeutschland ebenfalls nicht. Bloch als „mir der liebste Lehrer“ und si- erlebt und erleben es täglich. Das Ende
Der § 175 des StGB wurde erst unter cher einer seiner engsten Freunde. der Geschichte, das ist Feuilletonge-
Kanzler Willy Brandt teilweise aufgeho- Bekanntlich folgte er ihm 1963 nach schwätz, ebenso das Ende der Utopie,
ben. Die Diskriminierung Homosexuel- Tübingen, nachdem die Machthabenden das Ende der Aufklärung, der Dialektik
ler hat nachgelassen, ist aber immer noch in der DDR ihn mit ihrer Aussage über der Aufklärung. Die Dialektik sitzt in der
– teils latent, teils offen – vorhanden. ihn: „Eine Lehrmeinung zuviel“! aus der Ecke und grinst….“ ■

: antifaschistische nachrichten 24-2007 7


Kommando Spezialkräfte (KSK), das diesem Zusammenhang zunächst irritie- von hoheitlichen Aufgaben im Inland
sich zudem der parlamentarischen Kon- renden Feststellung, dass die deutschen letztlich eine Verschwendung von Res-
trolle entziehe, und die Division Speziel- Ausgaben für Forschung und Entwick- sourcen sehe.
le Operationen (DSO). Zwar strebe Pflü- lung im Bereich der Rüstung offiziell Podium zu den weltweiten Einsätzen
ger die Abschaffung der Armee als Gan- rückläufig sind. der Bundeswehr
zes an, der erste Schritt sei jedoch, die Dieses Phänomen erläuterte IMI-Beirat
kriegsführungsfähigen Strukturen der Martin Hantke im unmittelbaren An- Der Samstagabend wurde abgeschlossen
Bundeswehr und damit auch das KSK schluss. Mit der so genannten „Sicher- durch ein Podium, bei dem verschiedene
und das DSO aufzulösen. heitsforschung“ würden unbemerkt von ExpertInnen kurz die Einsätze der Bun-
Beispielhaft anhand einer Rede einer der Öffentlichkeit Rüstungsausgaben aus deswehr im Kosovo, Afghanistan und der
CDU-Abgeordneten im Verteidigungs- zivilen Haushalten querfinanziert. Sowohl Demokratischen Republik Kongo (DRK)
ausschuss wies Pflüger nach, dass in Re- auf europäischer als auch auf deutscher sowie die jüngsten Entwicklungen in den
gierungskreisen die Durchsetzung wirt- Ebene sei 2007 erstmals ein Sicherheits- jeweiligen Regionen darstellten. Ein
schaftlicher Interessen mit militärischen forschungsetat eingerichtet worden, der vierter Beitrag erläuterte die verschiede-
Mittel ganz offen propagiert wird. An- auf deutscher Ebene mit Geldern aus dem nen Einsätze der Marine vor dem Liba-
hand einer Studie der Stiftung Wissen- Forschungsministerium und auf EU-Ebe- non (UNIFIL), im Mittelmeer (Active
schaft und Politik (SWP) beschrieb Pflü- ne aus dem 7. Forschungsrahmenpro- Endeavour) und um die arabische Halb-
ger die für die Bundeswehr diskutierten gramm finanziert werde. Unter dem insel (Enduring Freedom). Entgegen
Kampf- und Kriegsführungsoptionen. Deckmantel einer Forschung für „zivile dem offiziellen Mandat zielten diese Ein-
Dort wird das brutale Einkesseln der ira- Sicherheit“ seien auf EU-Ebene bis 2013 sätze auf Schmuggel und Piraterie, also
kischen Stadt Falludscha mit vielen Zivil- mehr als 2 Mrd. Euro und auf deutscher auf die Sicherung der Transportwege ab.
toten als Beispiel diskutiert, warum die Ebene 200 Mio. für rüstungsrelevante Zudem seien die Einsätze der Marine
Bundeswehr in Zukunft Kampf im städti- Forschung eingestellt worden. Dabei räumlich kaum eingegrenzt und völlig
schen Raum beherrschen müsse. komme es zu einer gravierenden Verzah- übermandatiert, was bedeute, dass die
Ein Beispiel der zunehmenden zivil- nung ziviler und militärischer Forschung, Bundeswehr ihre Präsenz ohne weiteres
militärischen Zusammenarbeit sei die ge- insbesondere an den Universitäten. „Die Mandat vor allem in nord- und ostafrika-
fährliche Entwicklung der „Neuen Terri- Universitätsforschung wird zunehmend nischen Ländern sowie vor den Küsten
torialen Wehrstruktur“. Offiziell, um auf auf Krieg ausgerichtet“, so Hantkes Fazit. der Golfstaaten bei Bedarf erheblich er-
Terroranschläge und für Naturkatastro- Frank Brendle: Einsatz der Bundes- höhen könne. Eine Befriedung hätten all
phen vorbereitet zu sein, soll beginnend wehr im Innern diese Einsätze bislang nicht gebracht.
mit dem ersten Halbjahr 2007 jedem Von KSK bis Rekrutierung
Landratsamt in Deutschland ein Beauf- Der Vortrag von Frank Brendle vom Lan-
tragter für die Zivilmilitärische Zusam- desverband Berlin-Brandenburg der Den Sonntagmorgen eröffnete Claudia
menarbeit (BeaBWZMZ) der Bundes- DFG-VK zum Einsatz der Armee im In- Haydt mit einem Beitrag zum Komman-
wehr beigestellt werden, der nun von Be- nern betonte dessen lange Tradition als do Spezialkräfte (KSK), das sie als
ginn an an der Planung von Katastrophen- alltägliches Mittel der Stabilisierung von Speerspitze und Achillesferse der Bun-
schutzübungen und Großereignissen be- Herrschaft, zur Durchsetzung von Ver- deswehr zugleich beschrieb. Hannelore
teiligt ist. Hierfür werden Reservisten mo- waltungsangelegenheiten, bei der sie Tölke vom „Netzwerk gegen Militär-
bilisiert, um die zivile Verwaltungsstruk- aber im Zuge des flächendeckenden Auf- standorte und ihre Auswirkungen“
tur militärisch zu durchdringen. baus der Polizei sukzessive abgelöst (NEMA) stellte drei deutsche Militärba-
Claudia Haydt: Rüstungshaushalt worden sei. Später nahmen Soldaten v.a. sen und die Kämpfe gegen sie ins Zen-
steigt in der Aufstands- und Aufruhrbekämp- trum ihres Vortrages. Jonna Schürkes,
fung eine zentrale Rolle ein. Die Armee Mitarbeiterin der IMI, begann den letz-
Claudia Haydt vom IMI-Vorstand be- sei dabei etwa im Kaiserreich seit 1871 ten Einzelbeitrag über „Sozialabbau als
schrieb anschließend zahlreiche neue fast ausnahmslos gegen streikende und Rekrutierungshilfe der Bundeswehr“, in-
Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Die demonstrierende Arbeiter eingesetzt dem sie als zentrales Dilemma beschrieb,
Transformation zur Einsatzarmee habe ei- worden. Auch der heute wieder in der dass die steigenden Auslandseinsätze,
nen enormen Bedarf nach neuem Militär- Diskussion auftauchende Schutz „kriti- Todesopfer und insbesondere Traumati-
material generiert, so Haydt. Aus diesem scher Infrastruktur“ durch das Militär sierungen den Soldatenberuf immer
Grund werde der Rüstungsetat, im Gegen- habe seine Anwendung in dieser Epoche unattraktiver machen würden. Vor die-
satz zu anderen Budgets, insbesondere etwa zum Schutz der Reichsbank, aber sem Hintergrund fiele es der Bundes-
dem Sozialhaushalt, nicht reduziert, son- auch von Gefängnissen erlebt. Die recht- wehr zunehmend schwerer, an junge Re-
dern im Gegenteil im Jahr 2008 um eine lichen Grundlagen waren Brendle zufol- kruten zu gelangen, um den Bedarf zu
weitere Milliarde auf 29.3 Mrd. Euro er- ge schon damals auf Konstruktionen des decken. Um dem entgegenzuwirken sei
höht. Gleichzeitig steige auch der Anteil Notstands gestützt, gegen die dann meist eine aggressive Werbekampagne in Me-
für Investitionen in neue Rüstungsgüter. keine oder keine effektiven juristischen dien, Schulen und Universitäten angelau-
Insgesamt plane die Bundeswehr in den und parlamentarischen Mittel mehr ein- fen, mit dem Ziel, den Dienst in der
nächsten zehn Jahren für insgesamt etwa gelegt werden konnten. Truppe „schmackhaft“ zu machen.
80 Mrd. Euro neues Kriegsgerät zu be- Die Situation in der BRD, wo nach Tobias Pflüger regte abschließend an,
schaffen, wobei besonders der steigende dem Ende des Zweiten Weltkriegs der die gesammelten Ideen und vertretenen
Anteil der Marine auffällig sei. Weitere Einsatz von Streitkräften im Inneren ex- Gruppen auf der Homepage der Informa-
Investitionen seien in den Bereichen Mo- plizit durch das Grundgesetz verboten tionsstelle Militarisierung zu dokumen-
bilität und „Wirksamkeit im Einsatz“ ge- wurde, sei vor diesem Hintergrund eine tieren. Er wies auf die Bedeutung des
plant, während an Personalkosten gespart vollkommen neue gewesen. Unter dem EU-Reformvertrages hin: „Wir müssen
werden solle. Indem hierdurch sämtliche Schlagwort der „Vernetzten Sicherheit“ das Ausmaß der Militarisierung, die
Gelder bereits auf Jahre hinaus fest ge- und vorangetrieben von Personen wie nicht nur durch die Transformation der
bunden seien, werde bewusst Druck er- Wolfgang Schäuble und einer großen Bundeswehr bereits umgesetzt ist, son-
zeugt, den Rüstungshaushalt noch weiter Zahl sicherheitspolitischer Think-Tanks dern im neuen Reformvertrag festge-
als bislang geplant zu erhöhen. Claudia dominiere nun aber ein funktionaler An- schrieben werden soll, sichtbar ma-
Haydt beendete ihren Vortrag mit der in satz, der im Ausschluss der Bundeswehr chen!“ IMI-Bericht (gekürzt) ■

8 :antifaschistische nachrichten 24-2007


Front National: nisse für die Führungsmitglieder wurden
nicht in absoluten Zahlen, sondern in
Prozentergebnissen bekannt gegeben. Rechts-
Der Kongress Übrigens blieb auch die Zahl der Teilneh-
mer an dem Kongress, der dieses Mal
populismus
in Gestalt

vor dem Sturm? mitgliederoffen war, geheimnisumwoben


– die Parteiführung unterließ jedes (offi-
einer
„Bürger-
bewegung“
ziell angekündigte) Auszählen, französi-
Als „bedeutungsloses Ereignis“ (non- sche bürgerliche Medien bezifferten die
événement) qualifiziert die rechtsextre- anwesenden Aktivisten jedoch auf rund Struktur und
me, doch relativ parteiunabhängige Wo- 200. politische
chenzeitung ‚Minute‘ in ihrer jüngsten ‚Minute‘, die bei grundsätzlicher Sym- Methodik von
Ausgabe vom 21. November 07 die Wie- pathie für den FN eine gewisse Unabhän- PRO NRW und
derwahl von Parteichef Jean-Marie Le gigkeit gegenüber seiner aktuellen Partei- PRO DEUTSCHLAND
Pen an der Spitze des Front National führung unter Beweis stellt, gibt nunmehr
(FN). Es hatte keinen Gegenkandidaten die Anzahl der durch die Abstimmung zu Expertise der Arbeitsstelle
für die „Präsidentschaft“ der rechtsextre- Tage getretenen Mitglieder des FN mit Neonazismus / Forschungsschwerpunkt
Rechtsextremismus und Neonazismus
men Partei, die Jean-Marie Le Pen seit ih- „13.000 bis 15.000“ an. (Die Parteifüh- der Fachhochschule Düsseldorf

rem Gründungskongress im Oktober rung behauptet offiziell, sie liege zwi-


Verfasser: Alexander Häusler
1972 anführt, gegeben. Noch einmal schen 40.000 und 80.000. Die letzten ver- Mitarbeit: Jürgen Peters

blieb „der Kapitän“, wie Le Pen (Sohn ei- fügbaren Zahlen, die nachprüfbar sind,
nes 1942 auf eine Mine aufgelaufenen betreffen den letzten Moment unmittelbar
bretonischen Fischmeisters) sich gerne vor der großen Spaltung des FN im De-
selbst bezeichnet, alleiniger Herr an zember 1998 – Le Pen/Mégret –, in deren Die Landesarbeitsgemeinschaft der
Bord. Ein letztes Mal. Dieses Mal hatte Verlauf Gerichtsdiener die Mitgliederak- kommunalen Migrantenvertretun-
der alternde Parteichef, der im Juni kom- ten überprüften: Damals gab es 42.000 gen NRW (LAGA) hat eine Expertise
menden Jahres 80 wird, immerhin erklärt, Beitrag zahlende Parteimitglieder. Seit- der Arbeitstelle Neonazismus an
dass es sein letztes dreijähriges Mandat dem, so lautet ein offenes Geheimnis, ist der Fachhochschule Düsseldorf he-
an der Parteispitze sein werde. Seine die Mitgliederzahl stark zurückgegan- rausgegeben zum Thema: Rechtspo-
„letzte Amtszeit“ für die Jahre 2007-2010 gen.) Gleichzeitig ist zu erfahren, dass pulismus in Gestalt einer „Bürger-
läutet damit auch offiziell eine „Über- die Teilnahmequote an der Wahl von Par- bewegung. Struktur und politische
gangsphase“ ein. teichef und Vorstand, gemessen an der of- Methodik von PRO NRW und PRO
97,67 % der Stimmen für seine Wie- fiziellen Mitgliederzahl, bei 51,4 % liege. Deutschland. Sie ist kostenlos zu
derwahl hatte Jean-Marie Le Pen bekom- Also mutmaßlich irgendwo zwischen beziehen über LAGA NRW, Helm-
men. Der Rest entfiel auf (in der Regel 6.000 und 8.000 Abstimmenden. Damit holtzstr. 28, 40215 Düsseldorf,
bewusst) ungültig abgegebene Stimmen, dürfte unterdessen klar sein, dass die rea- email: info@laga-nrw.de
da, mangels Gegenbewerber, keine Ge- le Mitgliederzahl des FN, nach Abzug
genstimmen abgegeben werden konnten. von Karteileichen, heute eindeutig im
Das wäre alles nicht weiter der Rede einstelligen Tausenderbereich liegen auch wenn seine Linie „in der Sache“–
wert, gäbe es da nicht eine wichtige dürfte. Also eine vierstellige, und nicht die auf eine Wiedervereinigung der fran-
Neuerung in der Form: Es waren die ein- mehr länger eine fünfstellige Anzahl sein zösischen extremen Rechten, also mit
zelnen Parteimitglieder, die (in der Regel dürfte. den 1999 zusammen mit Bruno Mégret
per Briefwahl) vor dem Kongress ihre Unter den prominenten Vorstandsmit- abgegangenen Aktivisten, abzielt – unter
Stimme für den neu-alten Parteichef oder gliedern, die zur (Wieder)Wahl standen, den Kongressteilnehmern populär zu sein
auch für die künftigen Mitglieder des erhielt Bruno Gollnisch mit 85,14 % das schien. Denn der Marine-Vertraute und
„Zentralkomitee“ genannten Leitungs- höchste Ergebnis, und Marine Le Pen mit jetzige Generalsekretär des FN, Louis
gremiums abgaben. Und nicht, wie in der 75,76 % das zweithöchste. ‚Minute‘ in- Aliot, erhielt nicht nur ein schlechtes
Vergangenheit, die (theoretisch) gewähl- terpretiert dieses Ergebnis dergestalt, Wahlergebnis zum Vorstand, sondern
ten, aber in der Praxis oft durch die Be- dass „fast alle ‚Marinisten‘ für Bruno wurde noch zusätzlich (bei der Verkün-
zirkssekretäre ernannten Kongressdele- Gollnisch gestimmt haben, aber ein klei- dung der Stimmergebnisse) ausgepfiffen.
gierten, die früher in offener Abstimmung ner Teil der ‚Gollnischianer‘ nicht für sie Ihm wird allem Anschein nach durch die
per erhobener Hand den Chef „zu 100 (die Le Pen-Tochter) votierte“. Die bei- Kader vorgeworfen, dass er – im Namen
Prozent“ im Amt bestätigten. Diesen den künftigen großen Rivalen haben nun, der Bedürfnisse der „Modernisierung“ –
Wandel hatte die Cheftochter Marine Le aller Wahrscheinlichkeit nach, dergestalt eine Wiederannäherung an die dereinst
Pen durchgesetzt, da sie vermutete, unter Aufstellung bezogen. Zwar galt Goll- mit Mégret aus der Partei ausgetretenen
den „einfachen Mitgliedern“ populärer zu nisch in den letzten Monaten als „aus Rassenkundler und Neuheiden verhin-
sein als unter den Altfunktionären und dem Rennen geworfen“, nachdem er im dern möchte. „Wenn er allein so stark ist,
langjährigen Kadern der Partei, die ihren August eine schwere Herzoperation erlit- dann soll er sie doch selbst alleine auf-
„Modernisierungs“bestrebungen skep- ten hatte. In jüngster Zeit hat er allerdings stellen, seine Listen zu den Kommunal-
tisch gegenüber stehen. dennoch seinen Willen bekräftigt, doch wahlen (im März 2008)!“, tönte etwa ein
Ein großer Nachteil dabei: Diese Wahl- künftig im Rennen um den FN-Vorsitz Kongressdelegierter, der Aliot zusammen
methode erlaubt, bei der Auszählung dabei zu sein. Als dritter Mann könnte mit anderen ausgebuht hatte.
auch festzustellen, wie viele Parteimit- eventuell ein anderer langjähriger Kader, Zwischen Marine Le Pen und Bruno
glieder der FN wirklich hat. Und dies in der – ebenso wie Altfunktionär Gollnisch Gollnisch dürfte damit nunmehr, hinter
einer Phase, wo die rechtsextreme Partei – „Marines“ Kurs potenziell zu moderat den Kulissen, alsbald der Erbfolgekrieg
in echten Schwierigkeiten und Engpässen und zu „modernisierungsfreudig“ findet, entbrennen.
steckt. Die reale Anzahl der Mitglieder in Gestalt von Carl Lang noch mitmi- Ausführlicheres zum Kongress und
wurde darum auch beim FN-Parteitag in schen. Allerdings hört man nicht mehr seinen Hintergründen berichten wir noch
Bordeaux (17./18. November) wie ein viel vom vierten Anwärter auf die „Präsi- in der kommenden Ausgabe der AN.
Staatsgeheimnis gehütet: Die Wahlergeb- dentschaft“ des FN, Jean-François Touzé, BhS, Paris ■

: antifaschistische nachrichten 24-2007 9


Hannoversches Congress Lindner, Sprecher von Oxfam Deutsch- Kundgebung am Columbiadamm ange-
Centrum spendet Einnah- land. „Dies zeigt, dass Absichtserklärun- meldet. Wir werden die Einhaltung des
gen alleine nicht reichen. Nur mit welt- Teilnahmeverbots überprüfen.
men aus NPD-Veranstaltung weit verbindlichen Kontrollstandards Frage und Antwort unter www.ulla-
Hannover. Am 15.9.07 führte die NPD lassen sich unverantwortliche Rüstungs- jelpke.de, Infos zur Kundgebung:
eine Auftaktwahlveranstaltung zu den transfers künftig verhindern.“ Auf Kritik http://www.bamm.de/termine/Flug-
Landtagswahlen in Niedersachsen 2008 stößt auch die Entscheidung der Bundes- blatt_Heldengedenken.pdf
durch. Die Vermietung der städtischen regierung, im Rüstungsexportbericht Ulla Jelpke, MdB, Innenpolitische
Räume konnte nicht verhindert werden. nicht über militärisch wie auch zivil Sprecherin Fraktion DIE LINKE ■
Den gesamten Gewinn aus der Vermie- nutzbaren („dual use“) Güter sowie soge-
tung des Congress Centrums (HCC) an nannte Sicherheitstechnologie (Elektro- Wichtiger Erfolg der antifa-
die NPD hat die Stadt Hannover dem schockwaffen u.a.) zu berichten. Die Or-
Projekt „Exit“ gespendet. Die Hannover- ganisationen haben dokumentiert, dass schistischen Proteste gegen
sche Allgemeine Zeitung schreibt dazu: insbesondere letztere immer wieder bei Naziaufmarsch am 1.12.
„Exit unterstützt Menschen, die aus der Menschenrechtsverletzungen eingesetzt Berlin. Am 1. Dezember will die neofa-
rechtsextremen Szene aussteigen wollen. werden. ai, Oxfam und das Internationa- schistische NPD gemeinsam mit ihren so-
Im Werksausschuss stimmte auch die le Aktionsnetz zu Kleinwaffen setzen genannten „Kameradschaften,“ eine gro-
CDU für einen rot-grünen Antrag, 2.500 sich mit der Kampagne „Waffen unter ße Kundgebung und evtl. Demonstration
Euro an die Amadeu Antonio Stiftung zu Kontrolle“ für ein weltweit verbindliches in Berlin-Treptow/Neukölln organisieren.
überweisen, die „Exit“ unterstützt. Nur Waffenhandelsabkommen ein. Dafür wird von ihnen weit über Berlin hi-
die FDP lehnte es ab, den Gewinn abzu- Quelle: Pressemitteilung amnesty in- naus mobilisiert. Dagegen haben sich
geben. ternational, Oxfam Deutschland ■ breite Proteste entwickelt. Die Aufrufe
Quelle: „Hannoversche Allgemeine der „Antifaschistischen Initiative 1. De-
Zeitung“, 21.11.07 ■ Rechte Veranstaltung zember“, vom Bündnis für Demokratie
und Toleranz und der „Antifaschistischen
am Volkstrauertag ohne Linken“ werden von einem breiten gesell-
Deutsche Rüstungstransfers
Bundeswehr schaftlichen Spektrum unterstützt. Die
gefährden Menschenrechte Berlin. Die rechte „Heldengedenkfeier“ Personalversammlung der Treptower und
Berlin, 7.11.2007. Mit Kritik haben am- des „Ringes Deutscher Soldaten“ in Ber- Köpenicker Lehrer und Erzieher hat am
nesty international (ai) und Oxfam lin fand dieses Jahr ohne die Bundes- 29.10. einstimmig ein Verbot der NPD so-
Deutschland auf den Rüstungsexportbe- wehr statt. „Die Teilnahme von Soldaten wie der Nazi-Kundgebung/Demonstration
richt 2006 der Bundesregierung reagiert. der Bundeswehr an den Feierlichkeiten am 1.12. gefordert und zur Unterstützung
Wie in den Vorjahren zeige das späte am Volkstrauertag auf dem alten Garni- einer Gegenkundgebung, Demonstration
Veröffentlichungsdatum, dass zeitnahe sonsfriedhof am Columbiadamm in Ber- und eines Straßenfestes um 10.30 Uhr am
Transparenz nicht gewollt sei, kritisier- lin ist durch das Standortkommando Ber- Sterndamm/Ecke Großberliner Damm
ten die Organisationen. Besorgniserre- lin untersagt worden. Reservisten wurde (Nähe S-Bhf-Schöneweide) aufgerufen.
gend seien insbesondere die Genehmi- für diese Veranstaltung das Tragen der Aufgrund der angekündigten vielfälti-
gungen für Exporte von Kleinwaffen, Uniform auch außerhalb eines Wehr- gen Proteste der Antifaschisten hat die Po-
Panzern, Kriegsschiffen und anderen dienstverhältnisses untersagt.“ Das teilte lizei bei dem Anmeldergespräch am 19.11
Rüstungsgütern in Staaten mit bedenkli- die Bundesregierung auf Anfrage der erklärt, dass sie nicht in der Lage sei die
cher Menschenrechtslage und Krisenge- Abgeordneten Ulla Jelpke mit. von den Nazis angemeldete Demonstrati-
biete. So lieferte Deutschland an die Tür- Seit einigen Jahren versammeln sich on vom S-Bhf Schöneweide über den
kei Leopard-2-Panzer, die möglicherwei- auf dem Friedhof rechte bis rechtsextre- Sterndamm zur Rudower Spinne, die not-
se im aktuellen Konflikt im türkisch-ira- me Vereinigungen: NPD, DVU, Kame- wendige Begleitung und den Schutz von
kischen Kurdengebiet eingesetzt werden radschaftsangehörige, Stahlhelm, Bur- deren „Demonstrationsrecht“ zu gewähr-
könnten. Auch für Pakistan wurden be- schenschaftler, Vertriebenenverbände. leisten. Eine wichtige Rolle spielt dabei
trächtliche Lieferungen von Rüstungsgü- Bei den Ansprachen wurden außerdem die Erfahrung des letzten Jahres, wo hun-
tern genehmigt. Organisationen wie die Hilfsgemein- derte von Menschen mit einer couragier-
Obwohl die Bundesregierung eine res- schaft auf Gegenseitigkeit der Angehöri- ten Blockade des Sterndamms die Nazi-
triktive Rüstungsexportpolitik für sich gen der ehemaligen Waffen-SS (HIAG) demonstration auf dieser Strecke verhin-
beansprucht, genehmigte Deutschland und die Ordensgemeinschaft der Ritter- derten. Dass diese deshalb ihre Demons-
2006 den Export von fast 5.800 Maschi- kreuzträger aufgerufen. Zu diesen gesell- tration jetzt nicht auf ihrer in verschiede-
nenpistolen und etwa 10.000 Schnellfeu- te sich in der Vergangenheit die Bundes- nen Jahren genutzten Strecke durch die
ergewehren. Empfänger waren unter an- wehr, die einen Trompeter stellte und Wohngebiete in Treptow/ Johannestal
derem Malaysia, die Philippinen, Saudi- ausländische Militärattachés betreute. durchführen können, ist ein Ergebnis der
Arabien und Thailand. „Erneut stellt sich Die Fraktion DIE LINKE. hatte dies in breiten antifaschistischen Proteste.
die Frage, was die Bundesregierung be- einer Kleinen Anfrage bereits im Vorjahr Am 1. Dezember werden die Antifa-
wogen hat, diese Rüstungstransfers in thematisiert (Drucksache 16/3963). „In schisten nicht nur Treptows und Neu-
Staaten mit einer so problematischen Form einer Schriftlichen Frage habe ich köllns für ein Verbot der NPD und gegen
Menschenrechtslage zu genehmigen“, mich danach erkundigt, ob bzw. wie die deren für diesen Tag geplante Aktivitäten
kritisierte Mathias John, Rüstungsexper- Bundeswehr sich in diesem Jahr von die- demonstrieren. Machen wir nach dem
te von ai. “Wir brauchen deutlich mehr ser Veranstaltung distanzieren wolle“, so großen Erfolg der Unterschriftensamm-
Transparenz. Die Empfänger und die ge- Ulla Jelpke. „Gut, dass nun tatsächlich lung der VVN, diesen Tag zu einem Sig-
lieferten Waffentypen müssen genau be- ein Teilnahmeverbot ausgesprochen nal, den Kampf für ein Verbot der NPD
nannt werden.“ Die Bundesregierung un- wird. Zu hoffen wäre, dass sich die Bun- und gegen die Nazi-Aktivitäten zu ver-
terstütze zwar ein restriktives internatio- deswehr nun endlich von jeglicher wehr- stärken! Keinen Fußbreit den Faschisten!
nales Kontrollabkommen für konventio- machtsverherrlichender Traditionspolitik Treffpunkt 1.12. um 10 Uhr 30, Trep-
nelle Rüstungsgüter. „Bei der eigenen frei macht. Da hat sie allerdings noch tow, Sterndamm/Ecke Großberliner
Exportpraxis geht sie aber leider nicht viel zu tun. Wir geben da gerne Nachhil- Damm (Nähe S-Bhf-Schöneweide)
mit gutem Beispiel voran“, sagte Robert fe. Für den Volkstrauertag habe ich eine Prof. Dr. Heinrich Fink, Dieter Ilius ■

10 :antifaschistische nachrichten 24-2007


: ausländer- und asylpolitik
gibt, er stamme aus dem Irak und sei z.B.
aus touristischen oder familiären Grün-
Nur 20.000 erhielten Bleibe- Die Union zeigt ein völlig falsches Ver- den gekommen und gegen seine Ab-
recht ständnis von Menschenrechten und der schiebung keine Einwände erhebt, der
Rolle des Staates. Ordnungspolitik legiti- darf einreisen. Denn in diesem Fall ist
Die Fraktion DIE LINKE. hat eine Kleine miert sich nicht aus sich selbst heraus. Sie Deutschland für ihn zuständig und hier-
Anfrage zur Umsetzung des Bleiberechts- dient der Durchsetzung von Menschen- zulande besteht ein Abschiebungsstopp
beschlusses der Innenministerkonferenz rechten. Das unterscheidet den Rechts- in den Irak.
(IMK) vom November 2006 gestellt. Zur staat vom Obrigkeitsstaat des 19. Jahr- Allein im Zuständigkeitsbereich der
jetzt eingetroffenen Antwort der Bundes- hunderts. Das sollte auch die Union lang- für den Flughafen München zuständigen
regierung erklärt die innenpolitische Spre- sam begriffen haben. Ausländerbehörde Erding saßen nach In-
cherin der Fraktion, Ulla Jelpke: Die Forderungen von Menschenrechts- formationen des Bayerischen Flücht-
Nach den nun vorliegenden Zahlen war gruppen sind richtig und zuunterstützen: lingsrates vor Kurzem gleichzeitig 25
der Bleiberechtsbeschluss wie befürchtet Die umfassende Wahrnehmung der sozia- Iraker in Haft, denen die Rücküberstel-
ein Schlag ins Wasser. Die meisten Be- len Menschenrechte muss auch für Men- lung nach Griechenland droht. Unter ih-
troffenen bleiben von einem dauerhaften schen ohne regulären Aufenthaltstitel ge- nen sind viele Christen, die schildern,
Aufenthaltstitel ausgeschlossen. sichert sein. Dazu gehören der Kindergar- dass die Situation für sie im Irak immer
Mit dem Stichtag 30. September 2007 ten- und Schulbesuch und die Einklagbar- bedrohlicher wurde. Dies interessiert
endete die Bleiberechtsregelung, auf die keit von vorenthaltenem Lohn. Übermitt- Deutschland nicht. Es wird auch nicht
sich die Innenminister der Länder vor ei- lungspflichten von Behörden und Gerich- geprüft, ob die Betroffenen in Griechen-
nem Jahr geeinigt hatten. Damals, am 30. ten an die Ausländerbehörden verhindern land Zugang zu einem Asylverfahren
Oktober 2006, hielten sich über 100.000 effektiv den Menschenrechtsschutz. Sie hatten und unter welchen Umständen sie
Personen länger als sechs Jahre in haben in einem Rechtsstaat nichts verlo- sich dort aufgehalten haben.
Deutschland auf, deren Aufenthalt nur ge- ren. PRO ASYL hat vor Kurzem einen Be-
duldet wurde. Im Rahmen der IMK-Rege- Es ist nicht zuletzt die restriktive richt veröffentlicht, der belegt, dass
lung stellten 72.000 von ihnen einen An- Flüchtlings- und Abschiebepolitik, die Griechenland neu ankommende Flücht-
trag auf ein Bleiberecht. Von diesen er- Menschen in Deutschland in die aufent- linge regelmäßig inhaftiert, in den meis-
hielten weniger als 20.000 eine Aufent- haltsrechtliche Illegalität drängt. Gerade ten Fällen kein Zugang zum Asylverfah-
haltserlaubnis, fast 30.000 wurden ledig- die von der Union forcierte Ordnungspoli- ren gegeben ist und die Lebensumstände
lich weiter geduldet, um sich einen Ar- tik trägt daran eine Mitschuld. Wenn die in den griechischen Haftlagern men-
beitsplatz zu suchen. 8.000 Anträge wur- Unionsfraktion es ernst meint mit den schenrechtswidrig und unerträglich sind.
den abgelehnt, zumeist wegen fehlender Menschenrechten, dann sollte sie hier ei- PRO ASYL hat bei In-Kraft-Treten
Passpapiere. Über 19.000 Menschen war- nen Politikwechsel einleiten. des Zuwanderungsänderungsgesetzes
ten bis heute darauf, dass über ihren An- Ulla Jelpke, MdB prognostiziert: Es werden mehr Men-
trag entschieden wird. Innenpolitische Sprecherin schen in Abschiebungshaft landen. Die
In der Konsequenz werden nach dem Fraktion DIE LINKE ■ Zukunft hat schon begonnen: Haft bis
Auslaufen der IMK-Regelung immer zur Rücküberstellung nach Griechen-
noch 81.500 Menschen, die länger als Irakflüchtlinge in Deutsch- land, in ein Land, das ausweislich seiner
sechs Jahre in Deutschland leben, ledig- Asylstatistik fast niemandem Schutz ge-
lich geduldet. Da die Bleiberechtsrege- land: Haft statt Schutz währt und in dem Flüchtlinge das Frei-
lung nach dem neuen § 104 Aufenthalts- Flüchtlinge aus dem Irak sind ohne wild der Behörden sind.
gesetz wie die IMK-Regelung lediglich Zweifel schutzbedürftig und nach ihren PRO ASYL fordert: Das Asylbegehren
eine Stichtagsregelung ist, wird diese Fluchterlebnissen oft in einem erbärmli- muss in jedem Fall als Erstes vom
Zahl mittelfristig wieder steigen. Das Pro- chen psychischen Zustand. Dennoch BAMF geprüft werden.
blem der Kettenduldungen ist nicht beho- kommen sie immer häufiger in Deutsch- Ingewahrsamnahme/Haft darf nur
ben worden. Eine großzügige und dauer- land in Haft. Der Hintergrund: Vermutet noch nach den Regeln des Flughafena-
hafte Bleiberechtsregelung steht daher für man, dass sie bereits den Boden eines an- sylverfahrens (§ 18 a AsylVerfG) ver-
DIE LINKE. weiterhin auf der Tagesord- deren EU-Staates betreten haben, sollen hängt werden.
nung. sie nach den europäischen Zuständig- Haft muss die Ausnahme bleiben und
Die Kleine Anfrage und die Antwort keitsregelungen der Dublin-II-Verord- darf nur für kurze Zeit verhängt werden.
können auf meiner homepage abgerufen nung dorthin rücküberstellt werden. Bis Eine Rücküberstellung nach Grie-
werden: http://www.ulla- zur Rückführung werden sie in Zurück- chenland darf nicht durchgeführt wer-
jelpke.de/news_detail.php?newsid=701 schiebungshaft genommen. den, solange dort die Lebensbedingun-
Ulla Jelpke, MdB, Innenpolitische Ihr Asylantrag wird nicht geprüft, gen für Schutzsuchende unerträglich
Sprecherin Fraktion DIE LINKE ■ auch nicht im sog. Flughafenverfahren. sind und ein ordnungsgemäßes Asylver-
Obwohl nach internationalem Recht Haft fahren nicht gewährleistet ist.
Durchsetzung von Men- die Ausnahme und im Übrigen auf ein Quelle: PRO ASYL, Bayerischer
Mindestmaß beschränkt bleiben soll, Flüchtlingsrat ■
schenrechten ist Aufgabe greift hier praktisch ein Automatismus.
des Staates Wer ein Schutzbedürfnis äußert, muss Abstellgleis Sonderschule:
Berlin. Die Unionsfraktion hat Forde- mit monatelanger Haft rechnen.
rungen der SPD-Fraktion und von Men- Da die Zuständigkeitsregelung der Roma in der Slowakei ha-
schenrechtsgruppen nach einem erleich- Dublin-II-Verordnung nur für diejenigen ben kaum Bildungschancen
terten Zugang von „Illegalen“ zur Ge- gilt, die einen Asylantrag stellen, ergibt Berlin, 9. November 2007. Keine
sundheitsversorgung abgelehnt. Sie be- sich ein absurdes Ergebnis: Wer seine Chance auf Bildung, keine Chance auf
tont das ordnungsrechtliche Interesse des Verfolgung schildert und damit ein Asyl- Integration, keine Chance auf eine besse-
Staates, das über den Menschenrechten zu begehren äußert, dem droht fast aus- re Zukunft: So beschreibt ein heute ver-
stehen habe. Dazu erklärt Ulla Jelpke, in- nahmslos die Haft, falls es Anhaltspunk- öffentlichter Bericht von amnesty inter-
nenpolitische Sprecherin der Fraktion te dafür gibt, dass er in einem anderen national (ai) das Schicksal vieler Roma-
DIE LINKE. im Bundestag: EU-Staat gewesen ist. Wer lediglich an- Kinder in der Slowakei. Überdurch-

: antifaschistische nachrichten 24-2007 11


schnittlich viele Roma werden in Son- Integration und Arbeit“, sagte Katharina nahmen gegen Diskriminierung und Ar-
derschulen für geistig behinderte und Spieß, ai-Expertin für wirtschaftliche, mut sind bei weitem nicht ausreichend“,
lernschwache Schüler oder in reine soziale und kulturelle Menschenrechte. sagte Spieß. So scheitert Bildung oft be-
Roma-Schulen mit vereinfachtem Lehr- „Die Ausgrenzung im slowakischen Bil- reits am Schulweg, weil es für die Roma-
plan abgeschoben. ai fordert die slowaki- dungswesen verstärkt die Armut und Kinder keine Busse gibt. Doch nicht nur
sche Regierung auf, das grundlegende Perspektivlosigkeit der Roma.“ Ein Drit- die Slowakei sei gefragt, eine entschei-
Menschenrecht auf Bildung frei von jeg- tel der etwa 500.000 Roma lebt in Bara- dende Rolle komme auch der Europäi-
licher Diskriminierung für die Roma um- cken-Siedlungen am Rande der großen schen Union zu. „Die EU muss die Slo-
zusetzen. Städte, meist ohne Zugang zu Wasser- wakei technisch und finanziell unterstüt-
„Roma-Kinder in der Slowakei erhal- und Stromversorgung, ohne Sanitärein- zen.“ Darüber hinaus müsse die Roma-
ten eine deutlich schlechtere Schulbil- richtungen und ohne gepflasterte Stra- Gemeinschaft in alle Entscheidungen ak-
dung als ihre slowakischen Altersgenos- ßen. „Die Regierung in Bratislava muss tiv einbezogen werden.
sen und verlieren so die Chance auf wei- die massive Benachteiligung der Roma Quelle: Pressemitteilung amnesty
terführende Bildung, gesellschaftliche endlich bekämpfen. Die bisherigen Maß- international ■

„Ihr müsst uns als Menschen Täglich begeben sich die Flüchtlinge der Kirche (Essen) und vom griechischen
betrachten!“ auf einen neuen Ausreiseversuch mit ei- Roten Kreuz in Patras, welches als einzi-
ner kleinen Tüte oder Tasche ihrer gesam- ge NGO ein Programm für Minderjährige
Ein Bericht aus Athen, Patras ten Habe zum Hafen. Sie warten am Zaun trägt.
– November 2007 auf den richtigen Augenblick, klettern hi- Forderungen der afghanischen Flücht-
„Keine Flüchtlinge sollen nach Griechen- nüber, rennen zu den LKWs und verste- linge in Patras
land einreisen, aber es sollen auch keine cken sich in Containern und zwischen den
ausreisen“, so liest sich zur Zeit die grie- Reifen. Oftmals versuchen sie es täglich Nach einem ersten Treffen des Netzwer-
chische Asylpolitik. In der Praxis heißt bis zu 30 Mal und nicht selten lassen sie kes zur Unterstützung von Flüchtlingen
das, dass viele Flüchtlinge beim Versuch ihr Leben auf dem Weg in ein besseres und Migranten mit den Flüchtlingen in
die Grenzen zu überqueren ihr Leben las- Europa. Auf dem Friedhof in Patras sind Patras haben sie uns bei einem folgenden
sen. Sie ertrinken zwischen dem türki- 11 Afghanen begraben. Der letzte Tote Plenum in Anwesenheit anderer lokaler
schen Festland und den griechischen In- konnte nicht mehr begraben werden, weil Unterstützergruppen eine Liste mit ihren
seln, nicht nur weil viele nicht schwim- die Friedhofsverwaltung sich weigerte Forderungen übergeben:
men können, sondern auch weil die grie- weiteren Flüchtlingen einen Platz zu ge- 1. Zugang zu Informationen über unsere
chische Küstenwache mit ihren gefährli- währen. Die Flüchtlinge sahen sich ge- Rechte als Flüchtlinge in Griechenland
chen Seemanövern die Boote der Asylsu- zwungen untereinander Geld zu sammeln, und Europa
chenden aus den griechischen Gewässern um ihn in Afghanistan begraben zu lassen. 2. Hilfe zur Stellung von Asylanträgen
in die türkischen abdrängt, ihnen die Pad- Stellt einer der Flüchtlinge Asylantrag, 3. Psychologische Hilfe für die Traumati-
del wegnimmt und sie auf hoher See be- so begegnet er anderen Schwierigkeiten. sierten
droht. In anderen Fällen setzt die Küsten- Asylanträge werden theoretisch von der 4. Kontakt zur Gesellschaft und speziell
wache die Flüchtlinge auf unbewohnten Ausländerpolizei bearbeitet, jedoch sind zu Solidaritätsgruppen, um Ansprechpart-
Inseln aus und überlässt sie dort ihrem die Behörden unterbesetzt und ungewillt ner zu finden und Probleme sofort lösen
Schicksal. Wer es trotzdem schafft grie- zu helfen, was zu langen Wartezeiten oder zu können
chischen Boden zu betreten wird in der gar völlig unsorgsamer Bearbeitung der 5. Verbesserter Zugang zu Krankenhäu-
Regel festgenommen, Herkunft und Per- Anträge führt. In den letzten 8 Monate ha- sern
sonalien werden aufgenommen und Fin- ben 550-600 Personen Asyl beantragt. 6. Mehr Übersetzer (Nur wenige von uns
gerabdrücke in Eurodac registriert, nur Davon haben 120 die rosa karte bekom- können Griechisch. Das sind diejenigen,
um dann ohne jeglichen Hinweis von Sei- men (Duldung mit Arbeitserlaubnis). Den die Arbeit haben. Sie müssen sich bei ih-
ten der Behörden auf das Recht auf Asyl Übrigen wurde sogar die rosa Karte abge- rem Chef freinehmen, um die anderen zu
in ein Abschiebelager gebracht zu wer- lehnt und sie wurden aufgefordert inner- begleiten und zu übersetzen und verlieren
den. halb eines Monats das Land zu verlassen. oft dadurch ihre Arbeitsstellen.)
Die aktuelle Situation in Patras In den letzten Wochen haben offizielle 7. Informationen über die rechtliche Si-
Stimmen gegen die Flüchtlingssiedlung tuation von Flüchtlingen in anderen euro-
Seit mehr als 10 Jahren existiert in Patras wieder Konjunktur. „Die Rechte der päischen Ländern
nur 15 Minuten Fußmarsch vom Hafen Flüchtlinge hören dort auf, wo die der 8. Unterstützung gegen die Hetzstim-
entfernt eine informelle Barackensiedlung Lokalbevölkerung anfangen!“ verkündete mung in der Stadt, zu ihrer Abarbeitung
von Flüchtlingen. Zunächst in kurdischer der Bürgermeister von Patras erst kürz- und dem Wecken von mehr Verständnis
Hand leben dort ohne Wasser- und Strom- lich. Auf politischer Ebene wird lokal da- für unsere Lage in der Bevölkerung
anschluss und ohne jeglichen Sanitäranla- rüber debattiert, wohin „das Problem“ 9.Verbesserung unseres Bildes in den
gen seit einigen Jahren ausschließlich Af- verlagert werden könnte, ob man die Af- Massenmedien von Patras auf realistische
ghanen auf einem Privatgrundstück. Ak- ghane verdrängt, ob man ihnen einen al- und aufklärende Weise
tuell ist die Zahl der Flüchtlinge auf 700- ternativen Ort anbietet und wie man ver- 10. Die Situation in Afghanistan bekann-
1 000 gestiegen. In der Mehrheit ist die hindern kann, dass noch mehr kommen. ter machen, damit es nachvollziehbarer
Siedlung ein Transitort für die Durchreise Die Lösung erscheint den Politikern na- wird, warum wir fliehen und Asyl suchen
nach Italien. Aber es leben auch einige heliegend: Militarisierung des Hafens als 11. Verbesserung der Infrastruktur in der
Flüchtlinge dort, die entweder Asylantrag abschreckende Abwehrmaßnahme. Auch Siedlung (Strom- und Wasserversorgung,
gestellt haben oder andere die aufgrund der Vereinigung der Händler fordert das Sanitäranlagen etc.)
der Dublinkonvention aus einem anderen die Afghanen gehen müssen. Auch die „Wir wollen nicht viel vom griechischen
Schengen-Mitgliedsstaat wieder nach Medien hetzen gegen die afghanischen Staat und auch nicht von der Bevölke-
Griechenland als Erstaufnahmeland ab- Flüchtlinge und verbreiten ein Negativ- rung. Wir wollen nur unsere Menschen-
geschoben wurden und jetzt entweder pa- bild in der Bevölkerung. rechte!“
pierlos oder mit rosa Karte (Duldung mit Die einzige organisierte Unterstützung Cconni Gunsser, Auszüge an Bericht
Arbeitserlaubnis) in Griechenland leben. in Patras erfahren die Flüchtlingen von Pro Asyl ■

12 :antifaschistische nachrichten 24-2007


Frankreich: Programmrede von „Einwanderungs- und Identitätsminister“ Brice Hortefeux
Arbeitsmarkt & Einwanderung werden zum Gegen-
stand neuer Regulierung
In seiner programmatischen An- dung zu vervollständigen. Generell ist an rufsgruppe und Herkunftsstaat) könnten
sprache vom 7. November 2007 ein Rotationssystem gedacht, wobei be- immerhin, ohne ständig unter den politi-
rechtfertigte der französische Mi- stimmte Länder oder Ländergruppen für schen Bedingungen des Iran leben zu müs-
nister „für Zuwanderung, Integration und eine „prioritäre (vorrangige) Solidarität“ sen, durch Hin- und Herreisen an medizini-
nationale Identität“ Brice Hortefeux die definiert werden sollen. Die Staatsbürger schen Programmen in ihrem Land teilneh-
Existenz seines umstrittenen Ministeriums der letztgenannten Länder sollen sich ma- men usw.
sowie die von ihm festgelegten Sollziffern. ximal sechs Jahre, also konkret mit einem Stattdessen findet das exakte Gegenteil
Insbesondere jene von 25.000 durchzufüh- Aufenthaltstitel für drei Jahre und einmali- statt: Auch die Hochqualifizierten werden
renden Abschiebungen von illegalisierten ger Erneuerbarkeit, zu Arbeitszwecken in in kurzfristige Aufenthaltsstatuten hinein-
Einwanderern im Jahr 2007 (wovon laut Frankreich aufhalten dürfen. Gerechtfertigt gezwängt, die zwar kurzfristig relativ
Angaben des Amtsinhabers in den ersten wird dies damit, dass man diese Länder hochkomfortabel ausfallen, verglichen mit
zehn Jahresmonaten 18.600 effektiv durch- nicht „ihrer Eliten berauben“ möge, indem dem Status anderer Ausländer/innen – die
geführt werden konnten). Daneben sprach man die „Flucht der Gehirne“ organisiere – Höchstqualifizierten, Inhaber des Aufent-
der Minister auch zum Thema Arbeits- während man in Wirklichkeit genau dies haltstitel „Kompetenzen und Talente“, sol-
markt & Immigration. Hortefeux kündigte tut, da man diesen Ländern ihre Ausbil- len etwa legal, einfach und ohne allzu viel
dabei eine doppelte Stoßrichtung der Re- dungseliten (deren Bildung Frankreich bürokratische Schikanen ihre Familienmit-
gierungspolitik an: nicht selbst bezahlen musste) zugunsten glieder nach Frankreich holen können –,
1) Die „unteren“ Bereiche des Arbeits- des nationalen Standortstaats abwirbt, und aber nach drei Jahren bzw. mit einmaliger
markts, von der Bauindustrie bis hin zu sei es nur auf Zeit, während man die „un- Erneuerung nach sechs Jahren auslaufen.
Jobs als landwirtschaftliche Helfer oder qualifizierte“ Migration nur unter „illega- Dies wird dafür sorgen, dass diese Perso-
als Gaststättenpersonal, sollen verstärkt len“ Bedingungen zulässt. Dabei bildet ge- nen sich umso enger an ihren, prekären,
für osteuropäische Bürger/innen aus den rade Letztere, aufgrund der hohen Sum- Aufenthaltsstatus in Frankreich klammern
neuen Beitrittsländern der Union geöff- men der Überweisungen von Arbeitsmi- und dieses Land also nicht für mehrmona-
net werden. Statt bislang 61 Berufen grantInnen in ihre Herkunftsländer (rund tige oder gar -jährige Aufenthalte bspw. in
(welche 25 Prozent des Arbeitsmarkts 15 % im Durchschnitt pro Kopf), eine der ihrem Herkunftsland verlassen werden.
umfassen), für die laut Brice Hortefeux wichtigsten Devisen- und damit Entwick- Während der Dauer ihres legalen, aber pre-
seit 2006 rund 2.000 Arbeits-und Aufent- lungsquellen für die Herkunftsländer. Und kären Aufenthalts werden sie vielmehr al-
haltsgenehmigungen für Osteuropäer/in- die „gering qualifizierten“ Arbeitsmigran- les tun, um in Frankreich zu leben, und
nen erteilt worden sind, sollen ihnen tInnen überweisen dabei pro Nase oft ei- also ihren Herkunftsländern nicht oder
nunmehr 150 Berufe oder theoretisch 40 nen wesentlich höheren Anteil an ihrem kaum von Nutzen sein können. Auch wenn
% des französischen Arbeitsmarkts ge- Einkommen, da die Hochqualifizierten die „Entwicklungszusammenarbeit“ (le
öffnet werden. 89 Berufe sollen also der schneller eigene, persönliche Bedürfnisse codéveloppement) beständig durch den
Liste der etwa für PolInnen, RumänIn- entwickeln und sich schneller in die Auf- Minister Hortefeux und die von ihm vorge-
nen und BulgarInnen geöffneten Berufs- nahmegesellschaft integrieren. legten Gesetzentwürfe beschworen wird.
sparten, die zum 1. Mai 2006 definiert Kritische ExpertInnen sind der Auffas- In Wirklichkeit dient diese Formel, und der
worden ist, hinzugefügt werden. Dabei sung, dass einerseits die Grenzöffnung für Hinweis auf die Notwendigkeit, nicht die
geht es vor allem um solche Tätigkeiten, Arbeitsmigration – die ja nunmehr grund- Herkunftsländer durch die Organisierung
die von Französinnen und Franzosen, sätzlich auch, erstmals seit 1974, offiziell einer „Flucht der Gehirne“ zu plündern,
überwiegend aufgrund der dort „angebo- stattfinden darf – über die Hochqualifizier- nur als Rechtfertigung für die Organisie-
tenen“ Lohn- und/oder Arbeitsbedingun- ten hinaus auch für andere soziale Schich- rung eines Rotationssystems: Die Arbeits-
gen, „ungern“ verrichtet werden. ten der Herkunftsgesellschaften in den Aus- kräfte, auch die qualifizierten, sollen (an-
2) Hingegen soll für die außereuropäische wanderungsländern erfolgen müsse. So ders als die „fordistische“ Massenarbeits-
Immigration nur ein kleiner Bereich (30 werde der ruinöse Effekt der gezielten Ab- kraft in den 1950er, 60er und frühen 70er
Berufssparten) von entweder hochqualifi- wanderung der Ausbildungseliten aus Sicht Jahren) nicht für eine Niederlassungs- und
zierten Tätigkeiten oder ausgesprochenen der Herkunftsländer kompensiert. Anderer- Lebensperspektive in Frankreich – mit-
Mangelberufen geöffnet werden. Dabei seits müssten für die Hochqualifizierten samt ihren Familien, die allerdings im Fal-
setzt Hortefeux, neben einer höchst selekti- stabile rechtliche Aufenthaltsbedingungen le der früheren Arbeitsmigration der Wirt-
ven generellen Öffnung – die eine schmale geschaffen werden, die ihnen genügend Si- schaftswunderjahre meist erst nach dem
Sparte des Arbeitsmarkts betrifft –, auf bila- cherheit geben, damit sie ungehindert zwi- Anwerbestopp von 1974 nachgeholt wur-
terale Abkommen mit ausgewählten Her- schen den Herkunfts- und den Aufnahme- den – angeworben werden. Und da ihre
kunftsländern von Migranten, um bestimm- staaten hin- und herreisen können. Denn längerfristige Perspektive nicht auf Ein-
te spezifische Bedürfnisse abzudecken. besonders auf diese Weise wird es den gliederung in die französische Gesellschaft
Beispielhaft führte Hortefeux ein Ab- „Qualifizierten“, die noch zu einem Min- gerichtet werden soll, werden sie im Ideal-
kommen mit den Philippinen, die zur Zeit destmaß mit ihren Herkunftsländern ver- fall auch keine gesellschaftlichen Forde-
der größte „Exporteur“ qualifizierten Pfle- bunden sind, ermöglicht, gleichzeitig in rungen erheben, sondern sich überwiegend
gepersonals weltweit – etwa in die USA – Frankreich oder Europa zu arbeiten und ih- darauf orientieren, in dem ihnen zugestan-
sind, für die Arbeitserlaubnis für eine klei- ren Ursprungsländern nützlich zu werden: denen Zeitraum weniger Jahre ihre Arbeit
nere Anzahl ausgesuchter Pflegekräfte an. Ein kongolesischer Ingenieur könnte so- besonders gut zu verrichten.
Auch nannte Hortefeux ein in Kürze abge- wohl auf französischem Boden seinen er- Französisches Veto gegen „massive
schlossenes Abkommen mit der Demokra- forderlichen Lebensunterhalt verdienen als Legalisierungswellen“
tischen Republik Kongo (Ex-Zaire), das es auch seine Kenntnisse für Infrastrukturpro-
100 oder 150 jungen Ingenieuren oder jekte im Kongo einbringen. Iranische Ärz- Brice Hortefeux kündigte zugleich an,
Führungskräften erlauben soll, zeitweise in tInnen (deren Auswanderungsquote über nicht nur in Frankreich, sondern auch in al-
Frankreich zu arbeiten und ihre Ausbil- 80 % beträgt, die höchste der Welt pro Be- len benachbarten EU-Ländern „massive

: antifaschistische nachrichten 24-2007 13


Legalisierungsoperationen“ für illegalisier- Jahren Aufenthaltserlaubnis aufwärts – markt und zur Zuwanderung, nur im Kon-
te Immigranten (wie zuletzt in Spanien) in verfügen.) Hortefeux schlug in diesem Zu- text der Politikentwicklung auf der Ebene
naher Zukunft verhindern zu wollen. „Was sammenhang vor, unter der im kommen- der gesamten EU betrachtert werden. Denn
ein Staat der Europäischen Union auf die- den Jahr anstehenden französischen EU- in dieser Hinsicht steht die Politik Sarko-
sem Gebiet tut, hat notwendig auch Aus- Ratspräsidentschaft – im zweiten Halbjahr zys und Hortefeux’ durchaus im Einklang
wirkungen auf seine Nachbarn“, verkünde- 2008 – einen „Europäischen Zuwande- mit der gesamteuropäischen Politik. Auch
te Hortefeux. Denn in seiner Logik könn- rungspakt“ zu verabschieden. In diesem wenn ein Spezifikum der derzeitigen fran-
ten die in Italien oder Spanien „legalisier- soll unter anderem eine „Disziplin“ der je- zösischen Regierung darin besteht, dass sie
ten“ Einwanderer dann ja massenhaft nach weiligen Mitgliedsländer in Sachen „Lega- das Ganze (also das utilitaristische Heran-
Frankreich kommen. (Wo sie freilich nach lisierung“ von Migranten, „aufgrund der gehen an Arbeitsmigration zur Stärkung
geltendem Gesetz nur dann ein Anrecht auf Auswirkungen auf die Nachbarn“, festlegt des jeweiligen nationalen bzw. EU-Stand-
einen legalen Aufenthaltsstatus haben, werden. orts) mit einem mächtigen ideologischen
wenn sie in ihrem ersten Aufnahmeland in Selbstverständlich kann auch die sonsti- Brimborium auf der Tonleiter der „nationa-
der EU über einen längerfristigen, verfes- ge Politik Hortefeux’, etwa im Hinblick len Identität“ begleitet.
tigten Aufenthaltstitel – ab mindest fünf auf die neuen Bestimmungen zum Arbeits- Bernhard Schmid ■

Urteil des französischen Verfassungsgericht blik Kongo (ex-Zaire), die bis in jüngster Vergangenheit von einem grausa-
zum neuen Ausländergesetz ,Lex Hortefeux’ men Bürgerkrieg – bzw. internationalen Krieg, in den die Staaten des halben
Kontinents sowie auswärtige (auch westliche) Mächte verwickelt wurde- ge-
Artikel Nr. 1: Entscheidung zum neuen Ausländergesetz schüttelt wurde. In Kongo/Zaire wurden in den letzten zehn Jahren rund 4,5
Seine Entscheidung war viel erwartet worden, enthält aber nicht, was viele Millionen Menschen getötet. Man darf deswegen davon ausgehen, dass
Beobachter vermutet hatten. Am 15. November fiel die Entscheidung des zahlreiche Kinder bei erwachsenen Personen aufwachsen, die nicht ihre leibli-
Conseil Constitutionnel (C.C.), des französischen Verfassungsgerichts, zum chen Eltern sind, da Letztere oft tot, verstümmelt, verschollen oder „verschwun-
neuen Ausländergesetz. Das Gesetzeswerk, das vom neuen Minister „für Im- den“ sind. Aber ebenso kann man annehmen, dass nicht in all diesen Fällen
migration und nationale Identität“ Brice Hortefeux ausgearbeitet worden war, rechtsgültige Adoptionsurteile vorliegen. In solchen Fällen aber wäre es aber
wurde am 23. Oktober 2007 definitiv durch die beiden Kammern des franzö- für eine betroffene Familie unmöglich, die Zusammenführung mit einem Famili-
sischen Parlaments verabschiedet. Die parlamentarische Opposition hatte da- enmitglied (Elternteil) zu erreichen, das in Frankreich Zuflucht gefunden hat.
raufhin den C.C. angerufen, um die Verfassungswidrigkeit des Gesetzeswerks Die beiden Kongo-Staaten werden durch die französischen Behörden offiziell
erklären zu lassen. (Vgl. http://www.labournet.de/internationales/fr/dna- zu jenen Ländern gerechnet, deren Standesamtsdokumente „unzuverlässig“
tests4.html) seien. Und falls der Gentest angeordnet wird und die betroffene Person ihn
Wie sich jetzt herausstellt, hat die – überwiegend sozialdemokratische - entweder verweigert, oder aber das Ergebnis nicht auf „Blutsverwandtschaft“
parlamentarische Opposition zwar erklärt, sie wolle „das gesamte Gesetz“ lautet, dann dürfte das Visum unerreichbar werden.
überprüfen lassen und ggf. zu Fall bringen. Es geht aber aus dem jetzigen Ur-
teil des Verfassungsgerichtshofs hervor, dass nur zwei Artikel des aus 63 Arti- „Experimentelle“ schwarze Länderliste
keln bestehenden Gesetzeswerks mit juristischen Argumenten angegriffen Der Vorbehalt, dass etwa Adoptivurteile aus fremden Staaten akzeptiert wer-
worden waren, denn in dem Urteil steht: „Die Urheber der Anrufung des C.C. den müssen, ist ein wichtiger Auslegungsvorbehalt des Conseil Constitution-
bestreiten die Verfassungsmäßigkeit der Artikel 13 und 63...“ Beim erstge- nel. Allerdings erklärt der C.C. gleichzeitig das Herangehen der französi-
nannten Gesetzesartikel handelt es sich um jenen, der die Durchführung von schen Regierung für gültig, für bestimmte Staaten pauschal Zweifel an der
DNA-Untersuchungen für Visabewerber im Rahmen der Familienzusammen- Gültigkeit oder Echtheit der im Umlauf befindlichen standesamtlichen Doku-
führung erlaubt (Artikel 13). Beim anderen geht es um die Einführung „ethni- mente wie etwa Geburtsurkunden anzumelden. Eine Liste solcher Länder, bei
scher Statistiken“ in die Datenerfassung, die bislang nach französischem denen systematische Zweifel geltend gemacht werden dürfen, wird „auf ex-
Recht nicht zulässig waren (Artikel 63). perimentale Weise“ (um später alljährlich Bilanz zu ziehen, und das Gesetz
Vielfach war vermutet worden, dass der C.C. zumindest die heftig (und bis selbst nach 18 Monaten von jetzt ab zu überprüfen) durch die Regierung und
ins Regierungslager hinein) umstrittenen Gentests zu Fall bringen werde. Dem ihre Ministerialbehörden festgelegt werden. Der Verfassungsgericht erklärt
war aber nicht so. Das Verfassungsgericht macht zwar einige Auslegungsvor- dieses Vorhaben für gültig und erblickt keinen Bruch des durch Artikel 1 der
behalte geltend. Es wird das Element der Freiwilligkeit betont, also die Tatsa- Verfassung vorgeschriebenen Grundsatz der „Gleichheit vor dem Gesetz“ –
che, dass kein/e Visumsbewerber/in im Rahmen der Familienzusammenfüh- da die französische Verfassung es zulasse, „experimentale Regelungen“ ein-
rung zur Durchführung des Gentests gezwungen werden könne. (Allerdings zuführen, deren Praxiserfolg nach absehbarer Zeit einer Bilanzierung zu un-
kann auch niemand das Konsulat zwingen, ihm oder ihr ein Visum zu erteilen, terziehen ist.
falls die Person „nicht mitspielt“.) Das Zivilgericht in Nantes, das frankreich- Die sozialdemokratischen Antragsteller auf die Überprüfung der Verfassungs-
weit für alle standesamtlichen Angelegenheiten von Ausländer/inne/n oder widrigkeit dieser neuen Regel erklärten sich jedoch, überraschenderweise,
im Ausland geborenen Franzosen zuständig ist, soll die Anordnungen bzw. zufrieden. Die konkreten Bedingungen, die die Bestimmung über die Gentests
„Angebote“ zum Gentest kontrollieren. Der Verfassungsgerichtshof betont umgeben, sorgten dafür – so ihre Argumentation – dass diese in der Praxis
jetzt zusätzlich, dass das französische Konsulat im Ausland zunächst überprü- so gut wie nicht Anwendung finden könne.
fen müsse, welche standesamtlichen Dokumente der oder die Visumsbewer- „Ethnische Statistiken“ (vorläufig?) passé
ber/in (oder dessen gesetzlicher Vormund) und Antragsteller/in auf Nachzug Hingegen hat das Verfassungsgericht die umstrittenen „ethnischen Statisti-
zu einem Frankreich lebenden Familienmitglied präsentiert. Gültige standes- ken“, also die Durchführung von Datenerhebungen unter Einbeziehung von
amtliche Dokumente eines ausländischen Staates müssen akzeptiert werden. (anonymisierten) Daten zur Herkunft, „Rasse“ oder Konfession von Personen
Auch – und diese Präzisierung ist wichtig – verpflichtet das Verfassungs- in der Bezugsgruppe, untersagt. Zu diesem Punkt – dem Artikel 63 des Geset-
gericht den französischen Staat dazu, solche (nachgewiesenen) Familienver- zeswerks – ist seine Entscheidung kurz und knapp. Es stellt lakonisch fest,
hältnisse, die nach dem Recht des ausländischen Staats gültig sind und dabei dass „die ‚Rasse‘ oder ethnische Zugehörigkeit‘“ der Individuen nicht Gegen-
keine „Blutsverwandtschaft“ voraussetzen, zu akzeptieren. Beispielsweise stand einer Datenerhebung sein dürften. Ferner konstatiert das französische
muss ein ausländisches Adoptionsurteil aus dem Herkunftsland der betroffe- Verfassungsgericht – etwas ausführlicher -, dass dieser Artikel 63 ohne Bezug
nen Familie, das in diesem Staat gültig ist und eine Eltern-Kind-Beziehung zum Rest des Gesetzespakets sei. Tatsächlich hatten zwei konservative Abge-
ohne „Blutsabstammung“ begründet, von den französischen Visums- und Aus- ordnete, die Mitglieder der Nationalen Datenschutzkommission CNIL sind
länderbehörden angenommen werden. Voraussetzung allerdings ist, dass der (die, im Zuge der Ernennungen von Mitgliedern durch die Regierung, eine zu-
Nachweis auf Papier glückt, und dass es sich um das Ergebnis einer rechtlich nehmende konservative Wende erfährt und sich der Datensammelwut gegen-
geregelten Prozedur handelt. In vielen afrikanischen Ländern (wo die Erzie- über „offener“ zeigt als noch in jüngerer Vergangenheit), diese Bestimmung
hung der Kinder in der Regel nicht als Privatsache der leiblichen Eltern, son- in allerletzter Minute in das Gesetzeswerk mit hinein flicken lassen. Es ging
dern als kollektive Angelegenheit der Nachbarschaft, des Dorfes, der erwei- hier offenkundig darum, von der Gelegenheit der Annahme des neuen Aus-
terten Verwandtschaft aufgefasst wird) ist es aber in der Praxis üblich, dass ländergesetzes zu profitieren, um auch zu diesem Thema der Datenerhebung
Kinder, die von ihren „biologischen“ Eltern aufgegeben sind oder nicht von zu Herkunft oder Konfession neue Pflöcke einzuschlagen. Das Thema dürfte
ihnen versorgt werden können, unter die Obhut anderer Erwachsener genom- damit möglicherweise nicht vom Tisch sei, und es wird fraglich sein, wie es
men werden. Ob Tanten, Onkel, u.U. Nachbarn... Besonders hoch ist die Be- aussieht, falls es je zum Gegenstand einer eigenständigen gesetzlichen Rege-
deutung dieser Tatsache bspw. in einem Land wie der Demokratischen Repu- lung erhoben wird.

14 antifaschistische nachrichten 24-2007


: neuerscheinungen, ankündigungen

Mörderisches Finale Es entstand erstmals eine – wenn auch


unvollständige – Gesamtdarstellung der
Die Verbrechen des NS-Regimes im Vorgänge in jener Zeit.
Frühjahr 1945. Von Ulrich Sander. He- Ulrich Sander, geb. 1941 in Hamburg,
rausgegeben vom Internationalen ist Journalist und Autor. Der Bundesspre-
Rombergparkkomitee cher der VVN-BdA hat bei papyrossa
Kurz vor der Befreiung von Krieg und veröffentlicht: „Die Macht im Hinter-
Faschismus wurden im Frühjahr 1945 grund – Militär und Politik in Deutsch-
Tausende Nazigegner „ausgeschaltet“ land.“ In das neue Buch hat er zahlreiche
und ermordet. Während seit Monaten bisher unveröffentlichte Beiträge von
zahlreiche geheime Bemühungen von Geschichtswerkstätten und VVN-Grup-
Nazioberen um eine Wende des Krieges pen eingearbeitet. Damit liegt nach
– eine Wende zu einer Einigung mit dem „Mord im Rombergpark“ wieder der Tat-
Westen zur Fortsetzung des Krieges ge- sachenbericht über die Kriegsendverbre-
gen den Osten - unternommen wurden, chen vor – diesmal erweitert um die
ist gleichzeitig ein Mordfeldzug gegen reichsweite Darstellung.
deutsche und ausländische Antifaschis- Das Buch erscheint Anfang Februar
ten und gegen deutsche Soldaten, die 2008 bei papyrossa, Köln – ca. 160 Sei-
dem Wahnsinn ein Ende bereiten woll- ten – EURO 12,90 – Vorverkaufspreis ziehungen, die Bewegungen und die in-
ten, in Gang gesetzt worden. So sollte ihr EURO 10,- Wir rufen auf zur Vorbestel- dividuellen Lebenssituation (z .B. Kon-
Mitgestalten an einer grundlegenden lung und zu Spenden, um dieses Projekt takte zu Rechtsanwälten, Ärzten, Journa-
Wende und an einer Nachkriegszeit ohne zu sichern. Bestellen bei Internationales listen usw.) von über 80 Millionen Bun-
Nazis und Militaristen verhindert wer- Rombergparkkomitee, Gisa Marschef- desbürgerInnen gesammelt werden, (sog.
den. Mit einem großen Knall wollten ski, Caesariusstr. 3, 44309 Dortmund. Vorratsdatenspeicherung).
sich die NS-Verbrecher verabschieden. Einzahlungen erwünscht bei Kto. Einmal ins Visier staatlicher Überwa-
Viele haben sich nicht verabschiedet, 1009258500 bei der SEB AG BLZ chungsorgane geraten, (ob auf Demos,
aber sie beteiligten sich am Knall. SS, 44010111. E Mail Verbindung: vvn- Gegen alte und neue Faschisten, gegen
Gestapo, aber auch einfache NSDAP- bdanrw@freenet.de Kriegseinsätze der Bundeswehr in Af-
Mitglieder und Volkssturmmänner wie ghanistan oder bei Veranstaltungen zum
auch Hitlerjungen beteiligten sich an den 13. Antifaschistischen Ju- G 8-Gipfeltreffen und sei es auch nur zu-
Massakern im Ruhrkessel, den Erschie- fällig, besteht demnach Datenschutz für
ßungen in vielen Städten und Dörfern, gendtreffen der VVN-BdA nichts und niemanden mehr. Staatlicher
dem Mord an Gefangenen auf Todesmär- am 12. Januar 2008, Berlin, STATT- Willkür und Repression sind somit Tür
schen, den Standgerichten gegen Deser- HAUS Böcklerpark, Prinzenstraße 1. und Tor geöffnet.
teure. Die Täter tauchten zumeist unter, Am 12. Januar 2008 findet das 13. Anti- „Einem Präventionsstaat in perma-
viele machten Nachkriegskarrieren. faschistische Jugendtreffen der VVN- nentem Ausnahmezustand, in dem
Die Kriegsendphasenverbrechen wa- BdA unter dem Motto statt: Rechtsgehalt und Vertrauen verloren ge-
ren sowohl örtliche Amokläufe als auch Keine Lust? auf Überwachung! hen, in dem Angst und Endsolidarisie-
geplanter Massenmord im Rahmen der Für Freiheit. Für Leben. rung gedeihen, sollte sich eine breite Op-
Überlebensstrategie des deutschen Fa- „Die Gedanken sind frei...“ Von wegen! positionsbewegung mit Phantasie und
schismus. Erstmals haben sich die Hin- Nach den Vorstellungen der Bundesre- Macht entgegenstellen“ (Rolf Gössner).
terbliebenen solcher Verbrechen von den gierung soll ab 2008 über Monate hin- Rund um diese Thematik finden bei
verschiedensten Tatorten getroffen, um weg gespeichert werden, wer mit wem unserem Jugendtreffen Arbeitsgruppen
das Ausmaß des Verbrechens zu bilanzie- per Telefon, Handy oder E-mail in Ver- mit namhaften ReferentInnen statt,
ren und die Opfer dem Vergessen zu ent- bindung gestanden hat. Erstmals sollen ◗ u.a. mit dem Wissenschaftler aus
reißen, aber auch die Täter zu benennen. ohne jeden Verdacht einer Straftat, sensi- Afghanistan, Matin Baraki zu : „Wessen
Ihre Berichte werden hiermit vorgelegt. ble Informationen über die sozialen Be- Freiheit wird am Hindukusch verteidigt-
Bundeswehr raus aus Afghanistan“
◗ dem Chaos Computer Club aus
Hamburg (CCC) zu: „Online Überwa-
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Venloer Str. 440, 50825 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. chung -NEIN DANKE! Dem Schäuble
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de auf die Finger haun!
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Venloer Str. 440, 50825 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach Eröffnung: Prof. Dr. Heinrich Fink,
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, Vorsitzender VVN-BdA & Sahra Wagen-
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, knecht, MdEP (Menschenrechte in
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart, Tel.
0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. Europa).
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. Inhalte und Diskussionsergebnisse aus
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Venloer Str. 440, 50825 Köln. Sonderbestellungen sind den Arbeitsgruppen können von den
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. Teilnehmerinnen und Teilnehmern der
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- AG’s anschließend in die Podiumsdis-
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung kussion eingebracht werden.
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. ◗ DiskussionsteilnehmerInnen: Ulla
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie Bun-
tenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemeinschaf-
Jelpke, MdB (zugesagt); Ulrich Sander,
ten); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., Leip- Journalist und VVN-BdA Bundesspre-
zig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke (MdB); Marion Bentin, Edith Berg- cher (zugesagt); Prof. Dr. Wolfgang
mann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–
Förderverein Antifaschistische Nachrichten); Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in
Richter, Vorsitzender GBM (angefragt);
der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Gabriele Heinicke, RA (angefragt); Dr.
Strasdeit; Volkmar Wölk. Max Stadler, MdB (angefragt) ■

: antifaschistische nachrichten 24-2007 15


: aus der faschistischen Presse
Europa schalten und walten konnte, ohne
eine interne Einmischung der Bevölke-
JF baut Internet aus JF empört über SPD-Partei- rung zu provozieren, leugnet er. uld ■
tag
Junge Freiheit, Nr. 47, 16.11.2007 Die Aula für Holocaustleug-
Das Blatt baut seinen Internetauftritt aus. Junge Freiheit, Nr. 48, 23.11.2007
„Die neugestaltete Netzseite bietet den Der SPD-Parteitag hat u. a. einen Antrag ner
JF-Lesern erstmals die Möglichkeit, zeit- gegen Rechtsextremismus befasst. Die- Österreich. Seit einiger Zeit nähert sich
nah über aktuelle Ereignisse zu diskutie- ser Beschluss enthält neben der Forde- die „Aula“ immer mehr dem äußersten
ren. Daneben erhält der runderneuerte rung nach einem Verbot der NPD auch rechten Rand des Rechtsextremismus an.
Internetauftritt viele zusätzliche Angebo- folgende Passage: „Gleichzeitig ächten Jüngstes Beispiel: „Schriftleiter“ Martin
te bereit: Ob faktenreiche Dossiers, in- wir eventuell vorhandene Kontakte zwi- Pfeiffers hymnische Besprechung von
formative Newsletter oder die Rubrik schen SPD-Mitgliedern zu zweifelhaften David Irvings Bekenntnisbüchlein „Mei-
Blick nach Links – die Junge Freiheit rechten Gruppierungen und Initiativen ne Gefängnisse“. Der britische Neonazi
schlägt ein neues Kapitel auf.“ Mit dem sowie zu rechten Presseorganen wie der und Holocaustleugner gerät Pfeiffer zum
Ausbau des Internetportals werden sich Jungen Freiheit.“ Dies kommentiert He- „renommierten [...] Historiker“ und das
die Antifaschistischen Nachrichten in der rausgeber Dieter Stein: „Betrieben wird Verbotsgesetz zum „Relikt aus dunkels-
nächsten Ausgabe befassen – in der Ru- diese stupide ,Kampf gegen Rechts’-Po- ter Besatzungszeit, das als Instrument
brik „Blick nach Links“ will das Blatt litik von SPD-Linksaußen, die strate- zur Niederhaltung unliebsamer Meinun-
„die wachsende Bedrohung durch den gisch auf eine Allianz zwischen Links- gen missbraucht wird“. Irving habe nicht
Extremismus von links“ beobachten und partei und SPD hinarbeiten.“ Der Gegen- nur das Leben in österreichischer Haft
dokumentieren. zug des Blattes: Es hat eine Broschüre eindringlich dargestellt, sondern auch
herausgebracht, die sich mit dem baden- eine „Hommage“ an den „Verbotsgesetz-
Für Verstaatlichung der württembergischen Landtagsabgeordne- spezialisten Herbert Schaller“ abgelie-
ten der SPD, Stephan Braun, befasst und fert. Der Neonazi-Verteidiger sei eine
Stromnetze? nachweisen soll, „wie tief Braun höchst- „Ausnahmepersönlichkeit, die in weni-
Junge Freiheit, Nr. 47, 16.11.2007 selbst in linksextreme Verbindungen ver- gen Monaten auf ihr 60jähriges Rechts-
Das Blatt sinniert über die Monopolstel- strickt ist.“ anwaltsjubiläum zurückblicken“ könne.
lung der Energiekonzerne und die be- Tatsächlich ist Schaller bereits seit 1995
trachtet die Kritik an den Preissteigerun- Olaf Henkel fürchtet um die kein Anwalt mehr. Auch ließe sich darü-
gen im Wesentlichen als Wahlkampfge- ber streiten, ob der unlängst von Spanien
tümmel, die nach den Landtagswahlen Nation ausgelieferte Neonazi Gerd Honsik ein
verstummen wird. Junge Freiheit, Nr. 48, 23.11.2007 „Dichter und Dissident[en]“ ist. (Die
Zu den Vorschlägen der EU-Kommis- Für das große Interview konnte das Blatt Aula 10/2007, S. 41)
sarin Neelie Kroes kommentiert Jens den ehemaligen Vorsitzenden des BDI, In einem Bericht über den umstritte-
Jessen: „Weil die Energieanbieter so- Olaf Henkel, gewinnen. Der stellt sein nen „Turmkommers“ deutscher Bur-
wohl das Stromleitungsnetz besitzen, auf neues Buch „Der Kampf um die Mitte“ schenschafter in Linz wird aus der Rede
der ihr Produkt zum Verbraucher beför- vor, in dem er einen Linksruck in der des ehemaligen FPÖ-Landesobmannes
dert wird und sie gleichzeitig über ein Bundesrepublik konstatiert, der weit bis Hans Achatz (aB! Libertas, Wien) zitiert.
Gebietsmonopol verfügen, bleibt wohl in die Reihen der CDU gehe. Ohne Not Auch er sieht in der polizeilichen und ju-
nichts anderes übrig, als die Netze zu erklärt er im Interview mit dem Blatt: ristischen Verfolgung von Neonazis und
verstaatlichen. Ein Verkauf an private „Kein anderes Volk hat uns so sehr mit Holocaustleugnern eine „zunehmende
Betreiber wäre aber sicher ebenso der der Nazi-Vergangenheit zugesetzt wie Einschränkung der Meinungsfreiheit“:
falsche Weg wie eine Privatisierung der wir selbst. Durch die staatliche Kultivie- „Das geht im Falle der öffentlichen Be-
Autobahnen. Die Verstaatlichung würde rung der Holocaust-Erinnerung hat man kundung abweichender Geschichtsbilder
dem Staat neben dem Nutzungsentgelt den Deutschen die Nation vermiesen bis zum Strafprozess. Es ist ein Armuts-
auch Steuerungsmöglichkeiten an die wollen, die angeblich dafür verantwort- zeugnis für die Demokratie, den Glauben
Hand geben, die einen Preiswettbewerb lich ist.“ Wer „man“ ist, unterschlägt an mehr als 60 Jahre zurückliegende Ver-
in Gang brächten – und das ohne verlo- Henkel. Dass Nationalismus eine Ursa- brechen vorzuschreiben, indem der daran
genen Populismus.“ che dafür war, dass das NS-Regime in geäußerte Unglaube unter Strafe gestellt
wird.“ (Ebenda, S. 32)
Neues von ganz Rechts Nov. 2007
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O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro Spendenkampagne
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
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und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). Bis zum 26.11.
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten wurden bereits
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung)

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Unterschrift Spendenkonto: GNN-Verlag,
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Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507
Kto.Nr. 10419507

16 :antifaschistische nachrichten 24-2007

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